Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Couscous
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5621 Beitrag von Couscous » Freitag 20. Januar 2017, 12:39

Einmal abgesehen davon, dass immer alles vom Einzelfall abhängt, kann man doch versuchen, die Vorteile beider Alternativen gegenüberstellen:

"Schweigende Verteidigung"
- geringere Gefahr, einen juristischen Fehler zu begehen (lediglich mod. UE muss erstellt werden)
- man braucht nicht unbedingt einen RA und spart dadurch zunächst Kosten
- man gibt der Gegenseite keine Informationen an die Hand, die möglicherweise gegen einen verwendet werden können
- man macht keine vorschnellen Angaben zur Sache, die evtl. im Widerspruch zu später vor Gericht vorgebrachten Argumenten stehen könnten

detaillierte Einlassung
- die Darstellung einer Fallkonstellation, die dem Abmahner eine geringere Erfolgschance vor Gericht aufzeigt, kann dazu führen, dass die Sache fallengelassen wird (und stattdessen "klarere" Fälle weiterverfolgt werden) oder dass der Abmahner sich leichter auf einen Vergleich einlässt
- man hat (auch im Nachhinein vor Gericht) glaubhaft dargelegt, dass man alles erforderliche getan hat, um den Sachverhalt aufzuklären, seiner sekundären Darlegungslast zu genügen und eine Wiederholung auszuschliessen
- allgemein wirkt es glaubwürdiger, wenn ein Unschuldiger eine Beschuldigung zurückweist, als wenn er sich einigelt und nichts mehr sagt

Für mich wäre es nach wie vor interessant, welche Auswirkungen es im Stadium des Gerichtsverfahrens hat, wenn man sich frühzeitig detailliert eingelassen hat. Gibt es dazu Erfahrungswerte aus abgeschlossenen Verfahren?

Ciao, Couscous

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5622 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Januar 2017, 16:02

[quoteemCouscous]detaillierte Einlassung
- die Darstellung einer Fallkonstellation, die dem Abmahner eine geringere Erfolgschance vor Gericht aufzeigt, kann dazu führen, dass die Sache fallengelassen wird (und stattdessen "klarere" Fälle weiterverfolgt werden) oder dass der Abmahner sich leichter auf einen Vergleich einlässt
- man hat (auch im Nachhinein vor Gericht) glaubhaft dargelegt, dass man alles erforderliche getan hat, um den Sachverhalt aufzuklären, seiner sekundären Darlegungslast zu genügen und eine Wiederholung auszuschließen
- allgemein wirkt es glaubwürdiger, wenn ein Unschuldiger eine Beschuldigung zurückweist, als wenn er sich einigelt und nichts mehr sagt

Für mich wäre es nach wie vor interessant, welche Auswirkungen es im Stadium des Gerichtsverfahrens hat, wenn man sich frühzeitig detailliert eingelassen hat. Gibt es dazu Erfahrungswerte aus abgeschlossenen Verfahren?[/quoteem]


Hallo @Couscous,

ich kann dir nur meine persönliche Meinung mitteilen. Ob diese richtig ist, sei erst einmal dahingestellt.

Ich gehe immer vom Ottonormalabgemahnten aus. Eltern = AI; kümmern sich wenig um das World Wide Web (bessere Umschreibung für keine Ahnung) bzw. nutzen es selbst nur für Amazon (= Einkauf) oder eBay (= Ein- / Verkauf) und Thunderbird (= E-Mail). Meistens nutzen es intensiv die minderj. / vollj. Kinder. Erhalten jetzt das erste Mal ein Schreiben einer Anwaltskanzlei sowie Abmahnung für etwas, was sie selbst nicht tätigten, vielleicht nicht einmal wissen was Filesharing ist.

Dieser Abgemahnte soll jetzt - außer der Abgabe einer mod. UE i.V.m. ohne Beauftragung eines Anwaltes - mit dem Abmahner fernmdl. / schrftl. kommunizieren und sich erklären i.V.m. allen weiterfolgenden Kommunikation. Denn es stehen dann meist Fragen an oder müssen Unklarheiten ausgeräumt werden.

Das hieße ja auch jetzt schon - alles - kann und wird gegen einen verwendet werden, was man jetzt ohne Anwalt z.B. schriftlich vorträgt und wo man nicht einmal bewusst ein Schuldanerkenntnis vornimmt. Und je mehr man sich dann außergerichtlich mit dem Abmahner austauscht, desto größer werden dann die Folgen und Risiken, die keiner zum "status quo" überblicken kann.

Und man sollte den emotionalen Faktor nicht unterbewerten. Insbesondere wenn die Kinder dann sagen, das sie es - ganz ehrlich - nicht waren. Was kommen dann für Argumente, die den Abmahner überzeugen (sollen)?

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Sie müssen sich irren, die Abmahnung ist rechtswidrig, ich war es nicht, tätige kein Filesharing und habe sowieso gelesen, das sie ahnungslose Opfer suchen, die sie mittels Abmahnung abzocken wollen. Dann sagt der BGH am 06.10.2016, dass ich keinerlei Aufsichts- und Überwachungspflichten gegenüber meinen Kinder habe. Ich muss diese weder belehren noch ausspionieren, noch ans Messer liefern. Es könnten noch weitere Personen das Internet mit nutzen, die selbst kein Filesharing tätigen, fallen aber unter dem grundgesetzlichen Schutz der Familie. Außerdem müssen sie beweisen, das ich es war, dieses können sie nicht, weil ich es nicht war. Ihre Beweise müssen sie offenlegen, genau wie den Werkvertrag des RI sowie den Vertrag zwischen RI und ihrer Kanzlei. Und sie vergessen auch, dass die Kosten der Abmahnung auf 145,- € gedeckelt sind. Die bin ich bereit ihnen Notfalls zu überweisen. Nur am Rande, das Amtsgericht Köln hat sowieso festgestellt dass alle IP-Ermittlungen falsch sind. Und sollten sie dann nicht aufhören mich weiter zu belästigen, werde ich gegen sie Strafanzeige erstatten. Soderle, aber jetzt!
Vielleicht übertrieben, (oder auch nicht,) aber der Abmahner gibt sich damit nicht zufrieden.


Fazit:

Wer sich juristisch qualifiziert berufen fühlt, sollte sich erklären. Die Masse der Abgemahnten - außer der mod. UE - sollten nur Kontakt aufnehmen, wenn diese einen Abschluss mittels Vergleich wollen. Der Rest sollte lieber erst einmal sich mit einem Anwalt unterhalten.

VG Steffen

blub
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5623 Beitrag von blub » Mittwoch 25. Januar 2017, 18:20

Hallo Forum-Gemeinde,

Erstmal ein großes Dankeschön an Steffen und sein Engagement in den letzten Jahren, zumindest mir und wahrscheinlich vielen anderen hier hat das sehr geholfen, da du die Sache beim Namen nennst und uns nicht das sagst, was wir gerne hören möchten (z.B. "Alles ignorieren nach mod. UE, wird schon irgendwie werden"),
Wie so viele war ich bis zum heutigen Tag nicht registriert und habe als Besucher einige Beiträge in diesem Forum durchforstet. Ich weiß nicht, inwiefern es für einigen eine Hilfe sein wird, aber ich möchte euch gerne meinen Fall schildern und welche Entscheidung ich letztendlich getroffen habe.

Meine Abmahnungen von Waldorf Frommer gingen Ende 2014 ein; nahezu zeitgleich zwei verschiedene Abmahnungen zum gleichen Zeitraum, indem angeblich ein Film über P2P oder wie das nun heißt angeboten wurde. Die Forderungen sind die Gleichen wie bei den Meisten auch : Unterlassungserklärung und Zahlungsansprüche (einmal 815 Euro und nochmal ca. 1500 Euro). Selbstverständlich habe ich das wie so viele nicht eingesehen, da ich diese Tat nicht begannen hab. Ich wohne in einer 2er-WG, in der mein Mitbewohner/Mitbewohnerin (mit Wechsel zwischendrin) stets Zugang zum WLAN hatten, welches auf meinen Namen lief. Ich habe natürlich die Person direkt angesprochen; besagte Person war es natürlich auch nicht, ändert aber nichts an der Situation, dass mein Name auf der Abmahnung steht. Ich entschied mich bei damaligem Stand der Dinge für mod. UE und Aussitzen, insbesondere da der Onkel eines guten Kumpels, der Anwalt ist, mir dazu geraten hat ( er hat natürlich noch ein Schreiben beigefügt, aber im Nachhinein betrachtet, hat das an dem Fall nicht viel verändert, da kaum Bezug auf Medienrecht und Filesharing oder die Wohnsituation eingegangen wurde).
Jedenfalls kamen die nächsten zwei Jahre in unregelmäßigen Abständen "Bettelbriefe"; teilweise wurde sogar eine geringere Summe vorgeschlagen (so als Geste des Entgegenkommens). Ich habe alle Schreiben ignoriert bis Ende 2016 und Anfang des Jahres, wo die Frequenz zugenommen hat und ich die etwas verschärften Briefe erhalten hab ("Klagevorbereitung abgeschlossen"). Nun war bereits die Rede von ca. 2200 Euro die Rede (zuvor ca. 1500 Euro) . Einen Mahnbescheid hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erhalten. So, das war für mich der Moment, indem ich wieder Hilfe im Forum gesucht habe und ich erschreckend feststellen musste, dass die Frequenz von Mahnbescheiden zugenommen hat und die damit verbundenen Klagen (die oft erwähnte 50:50 zwischen Verjährung und Klage). Für mich war klar, dass ohne weitere Erläuterung der Situation irgendwann der Mahnbescheid kommt und wahrscheinlich auch die Klage; selbst wenn es nicht zur Klage käme, hätte ich mit höheren Kosten bei einem Vergleich rechnen müssen.
Also blieb für mich nur eine Option: Vergleichen. Einen Anwalt aufsuchen für einen Vergleich? Nein danke, das wird mich wieder mehr kosten. Ich habe bei Waldorf Frommer einfach angerufen. Ich habe letztendlich die Situation erklärt, dass ich einfach keine Lust mehr habe mich neben meiner Vollzeitarbeit mit sowas zu beschäftigen und ich einen Vergleich suche, jedoch mir die Kanzlei entgegen kommen muss, da ich defintiv nicht schuldig bin und bei einem schlechten Angebot dann doch lieber vor Gericht gehe statt mich darauf einzulassen. Selbstverständlich habe ich den Ausgangswert als Basis genommen (mein genauer Wortlaut zu den 2200 Euro war glaub ich: "die 2200 Euro, die sie sich in dem letzten Brief zusammengereimt haben, können Sie gleich vergessen" :D ). Am Ende hab ich mich auf ca. 1500 Euro für beide Fälle geeinigt ( sicherlich, da ging bestimmt noch mehr, aber nach Lesen einiger Beiträge hielte ich dieses Angebot für fair).
Warum letztendlich doch Vergleich? Sicher, ich hätte vor Gericht gehen können oder es aussitzen können. Aber das wäre mit viel Zeitaufwand, extra Urlaubstage und vielen schlaflosen Nächten einhergegangen; ich hatte zum Glück keinen Mahnbescheid erhalten, natürlich kann man da fristgerecht Widersprechen, aber man lebt ständig mit der Angst, dass ein Bescheid im Briefkasten liegt und man im Urlaub ist und letztendlich einen Eintrag bei der Schüfa erhält. Klar will das hier niemand hören, aber es wurde hier oft genug erwähnt, dass Klagen und Bescheide nun häufiger vorkommen. Ich kann zwar nicht die Zunkunft voraussehen, aber in der Zeit mit Amazon Prime und Netflix wird die Zahl der Abmahnungen sinken und die bereits Abgemahnten werden wahrscheinlich härter ran genommen. Das Leben ist zu kurz, um dreieinhalb Jahre in Furcht und Angst vor einer Klage zu leben, die Kosten und Zeitaufwand mit sich bringt . Letztendlich muss das jeder für sich selbst entscheiden, ich jedenfalls erwarte in den nächsten Tagen den schriftlichen Vergleich und werde die vergleichte Summe zahlen und in Ruhe das neue Jahr verbringen.

Beste Grüße,
ein ehemaliger Leidensgenosse

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5624 Beitrag von Steffen » Mittwoch 25. Januar 2017, 23:03

Hallo @blub,

danke für dein Posting. Für zwei Fälle einen Vergleich i.H.v. 1.500,- € ist immer noch viel, aber auch Anwälte beißen sich bei dem Abmahner die Zähne aus.

Letztendlich ist sowieso wichtig, nicht was ein Forum darüber meint zu denken, sondern ob Du damit leben kannst. Du kannst, also ist alles in Ordnung.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5625 Beitrag von blub » Mittwoch 25. Januar 2017, 23:43

Anzumerken sei diesbezüglich, dass insgesamt 3 Filme abgemahnt wurden. Zwei Filme in einer Abmahnung für ca. 1500 Euro und in einer separaten Abmahnung ein weiterer Film für 815 Euro. Also letztendlich statt 2300 Euro habe ich mich auf 1550 Euro verglichen.

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Steffen
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LG München I, Az. 21 S 21085/15

#5626 Beitrag von Steffen » Freitag 27. Januar 2017, 00:11

WALDORF FROMMER: Das Landgericht München I hebt Urteil des Amtsgericht München auf und verurteilt Beklagten in Filesharingverfahren nach Sachverständigengutachten - strenge Anforderungen an sekundäre Darlegungslast



00:10 Uhr



Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Das Landgericht München hat ein Urteil des Amtsgerichts München aufgehoben, in welchem die Klage einer Rechteinhaberin trotz Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme zunächst abgewiesen wurde.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... undaere-d/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 085_15.pdf





Autorin:

Rechtsanwältin Carolin Kluge



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der beklagte Anschlussinhaber hatte erstinstanzlich nahezu sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen bestritten. Dies führte dazu, dass in dem über Jahre andauernden Rechtsstreit eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme - mit der entsprechenden Kostenfolge - durchgeführt werden musste.

Unter anderem wurden ein Sachverständigengutachten sowie Ergänzungsgutachten zur Frage der Korrektheit der streitgegenständlichen Ermittlungen eingeholt sowie ein Ortstermin durchgeführt. Im gesamten Verlauf des Rechtsstreits war das Amtsgericht München der Ansicht, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt. Dieser hatte insoweit vorgetragen, dass zum Tatzeitpunkt auch weitere Familienmitglieder auf den Internetanschluss zugreifen konnten; er selbst sei "nicht zu Hause" gewesen.

Einen Täter habe er jedoch nicht ermitteln können. Kurz vor Abschluss des Verfahrens in erster Instanz änderte jedoch das Amtsgericht München aufgrund eines Richterwechsels seine Meinung und wies die Klage überraschend ab.

Die Berufung der Klägerin vor dem Landgericht München I hatte nunmehr vollumfänglich Erfolg und das Urteil wurde zugunsten der Rechteinhaberin abgeändert.


Zur Fehlerfreiheit der Ermittlungen führt das Landgericht München I in seiner Entscheidung aus:
  • "Das Amtsgericht München hat über die Ermittlung der IP-Adresse durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Die Kammer ist von der Richtigkeit der dadurch gewonnenen Erkenntnisse überzeugt, da bei doppelter Überprüfung eindeutig die IP-Adresse [...] des Beklagten als Verursacher der Rechtsverletzung ermittelt werden konnte.
    [...]
    Die Tests kamen jeweils zu dem Ergebnis, dass das benutzte "PFS-System" der Firma ipoque GmbH fehlerfrei arbeitet und sowohl die Übermittlung der fraglichen Dateien eindeutig nachgewiesen werden kann, als auch der dabei erforderliche Netzverkehr korrekt und in Echtzeit aufgezeichnet wurde. [...] Anhaltspunkte für Manipulationen waren nicht ersichtlich, insbesondere zeigte sich das System gegenüber manuell manipulierten (Zeit-) Einstellungen robust und lieferte trotzdem korrekte Ergebnisse. Hinweise für Fehler im genutzten System PFS oder andere Manipulationen sind für das Gericht nicht ersichtlich."
Im Ergebnis hat der Beklagte, so das Landgericht München I, den strengen Vorgaben des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts nicht genügt. Der Sachvortrag ließe nach Auffassung der Kammer bereits keine Rückschlüsse auf die Tatbegehung durch einen Dritten zu.


Auch genüge die bloße Nachfrage, insbesondere bei den erwachsenen Söhnen, den Nachforschungspflichten nicht:
  • "Der Beklagte hat sich hier darauf beschränkt, seine Angehörigen zur Verletzungshandlung zu befragen, was naturgemäß keine weiterführenden Erkenntnisse außer dem bei Jugendlichen nicht ungewöhnlichen Abstreiten der Tatbegehung erbracht hat. Weitergehende Nachforschungsmaßnahmen wie ein Auslesen des Routers oder eine Überprüfung der Rechner im Hinblick auf eine vorhandene Filesharingsoftware und auffindbare Spuren des Werks, wie sie nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht fordert (vgl. BVerfG, 2 BvR 1797/15, BeckRS 2016, 53290), hat der Beklagte nicht unternommen, geschweige denn deren Ergebnis mitgeteilt."
Das Landgericht München I hat die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten im Ergebnis als nicht widerlegt angesehen, das klageabweisende Urteil aufgehoben und den Beklagten nach Antrag verurteilt.

Der Beklagte hat nunmehr - neben den klageweise geltend gemachten Ansprüchen - auch Verfahrenskosten von über 10.000,00 EUR zu tragen.






LG München I, Urteil vom 14.12.2016, Az. 21 S 21085/15


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Landgericht München I
    Az. 21 S 21085/15
    111 C 29433/12 AG München




    IM NAMEN DES VOLKES!

    URTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name]
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Forderung


    erlässt das Landgericht München I, 21 Zivilkammer, durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht [Name] und den Richter am Landgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016 am 14.12.2016 folgendes



    Endurteil:


    I.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2015, Az. 111 C 29433/12, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 450,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.08.2012 sowie weitere 206,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.08.2012 zu zahlen.



    II.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte



    III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.




    Gründe:



    I.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2015, Az. 111 C 29433/12, Bezug genommen.

    Die Klägerin greift mit ihrer Berufung das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich an und verfolgt dessen Abänderung.

    In der Berufungsinstanz macht die Klägerin geltend, das Erstgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz in Hohe von 450,00 EUR und Ersatz der vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 206,00 EUR nicht bestünden.

    Das Ersturteil nehme unzutreffender Weise an, dass der Beklagte nicht als Täter der Verletzungshandlung hafte, da dieser darlegen könne, dass noch andere Personen als Täter für die konkrete Verletzungshandlung vom [Datum] in Betracht kämen.

    Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte lediglich pauschal eine abstrakte Nutzungsmöglichkeit seines Internetanschlusses durch Dritte schildere, ohne konkrete verletzungsbezogenen Äußerungen zu treffen, die den Schluss nahelegten, dass ausschließlich eine dritte Person als Täter in Betracht komme Dies sei nicht ausreichend, um der dem Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast nachzukommen.

    Die Äußerung des Beklagten, "nicht ortsanwesend" gewesen zu sein, sei zu pauschal, ebenso wie die Behauptung des Beklagten, zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung seien alle Familienmitglieder zu Hause gewesen und hatten das Internet nutzen können Dies könne keine Anhaltspunkte liefern, die gegen eine (Mit-) Täterschaft des Beklagten sprachen. Der Beklagte dürfe seine eigene Täterschaft nicht mit dem Verweis auf andere Nutzungsberechtigte abstreiten, wenn er deren Täterschaft mit seinem Vorbringen ebenfalls ausschließe.

    Außerdem habe der Beklagte keine ausreichenden Nachforschungen angestellt, um den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln Vielmehr habe er es bei einem einmaligen Nachfragen bei allen Familienmitgliedern belassen und behauptet, weitere Nachforschungen seien unmöglich und somit unnötig Ein plausibler Vortrag zu den konkreten Umständen der Verletzungshandlung sei nicht erfolgt.



    Die Klägerin beantragt,
    1. Die Beklagte und Berufungsbeklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgericht München vom 23.10.2015 zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.08.2012 zu zahlen, sowie
    2. 206,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.08.2012 zu zahlen.

    Hilfsweise das Endurteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2015, Az. 111 C 29433/12, aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs 2 ZPO an das Amtsgericht München zurückzuverweisen.



    Der Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen

    hilfsweise. die Revision für den Beklagten zuzulassen.

    Der Beklagte erwidert, die durch die Klägerin angegriffene Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts sei im Ergebnis zu Recht ergangen. Die Klage sei unbegründet, da der Klägerin weder Ansprüche auf Lizenzschaden noch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten zustunden.

    Der Beklagte ist der Ansicht, nicht als Täter zu haften. Ihn treffe keine sekundäre Darlegungslast, da diese nur dann bestehe, wenn sich die Klägerin auf die gesetzliche Vermutung der Täterschaft des Inhabers des Internetanschlusses, von dem die Verletzungshandlung begangen worden sei, berufen dürfe Dies sei gerade nicht der Fall, da der Internetanschluss ein Familienanschluss sei und somit bewusst Dritten zur Nutzung überlassen wurde, was die gesetzliche Vermutung - die sich nur auf die alleinige Nutzung des Anschlussinhabers beziehe - ausschließe.

    Er habe alles ihm Mögliche zur Ermittlung des Täters getan, da er seine Familienmitglieder ausreichend befragt und das Ergebnis dieser Befragung mitgeteilt hatte Weitere Nachforschungen seien aufgrund des langen Zeitraums zwischen Verletzungshandlung am [Datum] und der Abmahnung durch die Klägerin am 18.11.2009 nicht mehr möglich gewesen.

    Auch habe der Beklagte keine Belehrungs- und Überwachungspflichten gegenüber seinen volljährigen Familienmitgliedern.

    Das Sachverständigengutachten ermögliche keine Rückschlüsse auf die Täterschaft des Beklagten, da die Verletzungshandlung im Jahr [Jahreszahl] begangen worden sei und der Sachverständige lediglich die technischen Anlagen des Jahres 2014 habe begutachten können Ein Rückschluss auf die Umstande im Jahr Insel nicht möglich.

    Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsatze der Parteivertreter nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



    II.


    1.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.


    2.

    Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus §§ 97 Abs. 2 Satz 1, Abs 1, 85, 19a UrhG in Höhe von 450,00 EUR gegen den Beklagten zu.


    a)

    Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin bezüglich des Tonträgerherstellerrechts, so dass ihr nach §§ 85, 19a UrhG das alleinige Recht der öffentlichen Zugänglichmachung an dem Musikalbum [Name] der Musikgruppe [Name] zusteht. Sie leitet ihr Recht von der [Name] ab, für die entsprechend Anlage K1 der auf den körperlichen Vervielfältigungsstücken vorhandene Copyright-Vermerk streitet (§§ 85 Abs 4 i.V m 10 Abs. 1 UrhG) Die Rechteeinräumung ergibt sich aus der Aussage des erstinstanzlich vernommen Zeugen [Name] (Bl. 198/199 d A ), der bestätigt hat, dass zwischen der [Name] und der Klägerin ein sog. Repertoireaustauschvertrag bzw. Intercompanyvertrag besteht und das streitgegenständliche Album [Name] diesem Repertoireaustauschvertrag unterfällt, so dass damit auch das Tonträgerherstellerrecht an diesem Album eingeräumt worden ist.


    b)

    Dieses Recht wurde dadurch widerrechtlich verletzt, dass das Musikalbum am [Datum] auf der Filesharing-Plattform "BitTorrent" unautorisiert zum Download angeboten wurde, da das Musikalbum dadurch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist Ein dementsprechendes Recht war dem Beklagten nicht eingeräumt, ebenso wenig bestand eine Ausnahme nach § 44a UrhG.


    c)

    Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts München ist der Beklagte als Täter anzusehen Der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast ist er nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.


    (1)

    Die Verletzungshandlung wurde über den Internetanschluss des Beklagten begangen.


    (a)

    Das Amtsgericht München hat über die Ermittlung der IP-Adresse durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben Die Kammer ist von der Richtigkeit der dadurch gewonnenen Erkenntnisse überzeugt, da bei doppelter Überprüfung eindeutig die IP-Adresse [IP] des Beklagten als Verursacher der Rechtsverletzung ermittelt werden konnte. Dabei wurden im Rahmen mehrerer Tests Transaktionen, wie sie auf Filesharing Plattformen betrieben werden, simuliert.

    Die Tests kamen jeweils zu dem Ergebnis, dass das benutzte "PFS-System" der Firma ipoque GmbH fehlerfrei arbeitet und sowohl die Übermittlung der fraglichen Dateien eindeutig nachgewiesen werden kann, als auch der dabei erforderliche Netzverkehr korrekt und in Echtzeit aufgezeichnet wurde Im Rahmen des Sachverständigengutachtens vom 15.10.2013 konnten dabei die Originalaufzeichnungen des Netzverkehrs aus dem Jahre [Jahreszahl] rearchiviert und unabhängig überprüft werden.

    Dadurch konnte festgestellt werden, dass am [Datum] von der IP Adresse des Beklagten [Name] ein Dateiordner mit dem Hashwert [Hash] nicht nur angeboten, sondern auch übertragen wurde. Dieser Hashwert entspricht dem Wert des zur Überprüfung überlassenen Musikalbums [Name] der Musikgruppe [Name].

    Das Gericht geht deshalb davon aus, dass inhaltlich alle 28 Musiktitel des in Frage stehenden Musikalbums übertragen werden konnten, da schon kleinste Veränderungen der Datei auch den Hashwert verändern wurden. Bei einem am 03.12 2014 durchgeführten Ortstermin bei der Firma ipoque GmbH in Leipzig konnte zuverlässig ermittelt werden, dass die dem Sachverständigen zur Bearbeitung überlassenen Kopien den Originaldateien vollständig entsprachen. Auch von einer ordnungsgemäßen Archivierung der Daten wird ausgegangen, da sich die einzelnen Magnetbänder in einem abgeschlossenen Stahlschrank in einem verschlossenen Raum mit beschränktem Zutritt befanden. Anhaltspunkte für Manipulationen waren nicht ersichtlich, insbesondere zeigte sich das System gegenüber manuell manipulierten (Zeit-) Einstellungen robust und lieferte trotzdem korrekte Ergebnisse Hinweise für Fehler im genutzten System PFS oder andere Manipulationen sind für das Gericht nicht ersichtlich.


    (b)

    Für die richtige Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten besteht ein Anscheinsbeweis, da dieser zwei Mal unabhängig als der Anschluss beauskunftet wurde, von dem die Rechtsverletzung ausging. Wird das Anbieten desselben Werks unter dynamischen IP-Adressen jeweils demselben zuvor unbekannten Anschlussinhaber zugeordnet, so liegen Fehler bei der Zuordnung so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (vgl. OLG Köln, MMR 2012, 549). Gegenbeweis anzutreten hat der Beklagte keinerlei Versuche unternommen.


    (2)

    Den Beklagten trifft daher nach der Rechtsprechung eine sekundäre Darlegungslast (BGH GRUR 2016, 1280, Rn. 34 - "Everytime we touch"). Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast muss der Beklagte nachvollziehbar vortragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH GRUR 2016, 1280, Rn 34 - "Everytime we touch"). Bloß pauschale Behauptungen, dass der Internetanschluss grundsätzlich auch von Dritten genutzt werden kann, reichen dazu nicht aus, da es lediglich auf den konkreten Zeitpunkt der Verletzungshandlung ankommt, so dass darzulegen ist, dass genau zu diesem Zeitpunkt Dritte den Internetanschluss genutzt haben und somit als Täter der Verletzungshandlung in Betracht kommen (OLG München WRP 2016, 385, Rn 41 - "Loud").

    Nach dem Vortrag des Beklagten kommt kein Dritter ernsthaft als alleiniger Täter der Verletzungshandlung in Betracht. Zwar wird der Internetanschluss von allen Familienmitgliedern genutzt, das Nutzerverhalten der einzelnen Personen lasst aber keine Rückschlüsse auf mögliche Aktivitäten auf Filesharing-Plattformen zu Der Beklagte gab an, seine Ehefrau nutze das Internet in erster Linie für Einkäufe im Internet, seine volljährigen Sohne hauptsachlich im Rahmen ihres Studiums oder für soziale Medien. Zum Nutzerverhalten der noch minderfahrigen Tochter selbst äußert sich der Beklagte gar nicht Aus diesem Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine dieser Person als alleiniger Täter in Betracht kommt.

    Auch die vermeintliche Ortsabwesenheit des Beklagten steht seiner täterschaftlichen Haftung nicht entgegen, da Musikdateien über einen mit dem Internet verbundenen Rechner auch bei Abwesenheit des Nutzers zum Download bereitgestellt werden können (vgl. BGH, GRUR 2016, 176, Rn 52 - "Tauschbörse I"; BGH GRUR 2016, 1280, Rn 54 - "Everytime we touch").

    Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Beklagte auch ihm zumutbare Nachforschungen anstellen, um den Tathergang und ernsthaft in Betracht kommende Täter zu ermitteln (BGH GRUR 2016, 1289, Rn 28 - "Silver Linings Playbook", BGH GRUR 2016, 1280, Rn 33 - "Everytime we touch"). Die Ergebnisse dieser Nachforschungen sind mitzuteilen (OLG München WRP 2016, 385, Rn. 36 - "Loud"). Der grundrechtliche Schutz des Familienfriedens nach Art 6 GG steht dieser Nachforschungspflicht nicht entgegen, da kein schrankenloser Schutz gegen jede Beeinträchtigung familiarer Belange gewahrt wird. Vielmehr sind auch gegenläufige Belange der Klägerin, die ihrerseits in Art 14 GG verankert sind, zu berücksichtigen. Andernfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzungen durch von Familien genutzten Internetanschlüsse ihre Anspruche regelmäßig nicht durchsetzen (OLG München WRP 2016, 385, Rn. 41 - "Loud").

    Der Beklagte hat sich hier darauf beschränkt, seine Angehörigen zur Verletzungshandlung zu befragen, was naturgemäß keine weiterführenden Erkenntnisse außer dem bei Jugendlichen nicht ungewöhnlichen Abstreiten der Tatbegehung erbracht hat. Weitergehende Nachforschungsmaßnahmen wie ein Auslesen des Routers oder eine Überprüfung der Rechner im Hinblick auf eine vorhandene Filesharingsoftware und auffindbare Spuren des Werks, wie sie nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht fordert (vgl. BVerfG, 2 BvR 1797/15, BeckRS 2016, 53290), hat der Beklagte nicht unternommen, geschweige denn deren Ergebnis mitgeteilt Aufgrund der nicht erfüllten sekundären Darlegungslast, greift - unabhängig von der Frage, ob er den Anschluss anderen Personen zur Nutzung überlassen oder diesen nicht ausreichend gesichert hat - die tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft (BGH GRUR 2016, 1280, Rn 34 - "Everytime we touch").


    d)

    Auf eine Störerhaftung des Beklagten und die Frage von Aufklärungspflichten gegenüber volljährigen oder minderjährigen Familienmitgliedern kommt es nicht an, da eine Haftung des Beklagten als Täter feststeht.


    e)

    Die tatsächliche Höhe des entstandenen Schadens ist im Rahmen des § 287 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu beachten, dass in Filesharing-Netzwerken in sehr kurzer Zeit sehr große Schaden entstehen können, da ein rechtswidriger Download durch eine unbegrenzte Anzahl andere Nutzer erfolgen kann. Das Album [Name] würde entsprechend der inhaltlich unstreitigen Anlage K 9 in bekannten Musikdownloadportalen wie z.B iTunes oder Amazon mindestens 6,99 EUR kosten Das Gericht schatzt, dass es durchaus zu ca. 5 bis 10 Downloads pro Minute, in einem Zeitraum von ca. 6,5 Minuten also ca. 50 Downloads kommen kann, so dass ein Schadensersatzanspruch in Hohe von 450,00 EUR vor diesem Hintergrund angemessen erscheint.


    3.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 18.11.2009 aus § 97a Abs 1 Satz 2 (in der vom 01.09.2008 bis 08.10.2013 geltenden Fassung) UrhG zu.


    a)

    Die Abmahnung der Klägerin nach § 97a Abs 1 Satz 2 UrhG war berechtigt, da der Beklagte der Klägerin, wie oben dargestellt, als Täter auf Schadensersatz aus §§ 97 Abs 2 Satz 1, Abs 1, 85, 19a UrhG haftet.


    b)

    Die Höhe bemisst sich nach Nr 2300 Anlage I RVG bei einem Streitgegenstandswert von 10.000,00 EUR. Eine Gebühr betrug im Jahre [Jahreszahl] 486,00 EUR. Die Klägerin hat nur einen Gebührenwert von 1,0 inklusive Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR eingeklagt, woran das Gericht nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gebunden ist. Somit kann die Klägerin Zahlung in Hohe von insgesamt 506,00 EUR verlangen. Da der Beklagte davon bereits 300,00 EUR gezahlt hat, steht der Klägerin ein weiterer Zahlungsanspruch nur in Höhe von 206,00 EUR zu.


    c)

    Ein Anspruch auf Verzinsung in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs 2 Nr. 1 BGB.



    III.


    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs 1, 97 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr 11, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs 2 Nr. 1 ZPO hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Nr 2 ZPO erfordern Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung unter Anwendung der vom BGH zuletzt in den Entscheidungen vom 12.05.2016 (BGH GRUR 2016, 1280 - "Everytime we touch"; BGH GRUR 2016, 1289 - "Silver Linings Playbook" und BGH GRUR 2016, 1275 - "Tannöd") aufgestellten Grundsatze.

    Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 26 Nr 8 EGZPO nicht statthaft.



    gez.
    [Name]
    Vorsitzender Richter am Landgericht


    gez.
    [Name]
    Richterin am Landgericht

    gez.
    [Name]
    Richter am Landgericht




    Verkündet am 14 12.2016.

    gez.
    [Name] JAng
    Urkundsbeamte(r) der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG München I, Urteil vom 14.12.2016, Az. 21 S 21085/15,
Vorinstanz: AG München, Urteil vom 23 10.2015, Az. 111 C 29433/12,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Mehrfachermittlung,
Sachverständiger,
Sachverständigengutachten,
Ortstermin,
ipoque GmbH;
PFS-System,
sekundäre Darlegungslast,
theoretische Möglichkeit,
pauschales Bestreiten,
Nachforschungspflicht,
Artikel 6 Grundgesetz,
Art. 6 GG

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#5627 Beitrag von Steffen » Samstag 28. Januar 2017, 00:06

WALDORF FROMMER: Das Landgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaber - pauschale Verweise auf unberechtigte Nutzung des Internetanschlusses oder Spekulationen zu Dritten reichen nicht aus



00:05 Uhr



Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Das Landgericht Leipzig hat in diesem Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Leipzig bestätigt und den Beklagten wegen des illegalen Angebotes eines Filmwerks zur Zahlung von Schadensersatz, Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen verurteilt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte


Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nicht-aus/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 144_16.pdf





Autorin:

Rechtsanwältin Carolin Kluge




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Beklagte hatte sich insbesondere damit verteidigt, dass er die Rechtsverletzung nicht begangen habe und zum Tatzeitpunkt auch nicht zu Hause gewesen sei. Zwei seiner Mitbewohner hätten eigenständig auf seinen Internetanschluss zugreifen können. Zudem hatte der Beklagte die Fehlerfreiheit der Ermittlungsergebnisse bestritten und auch auf mögliche Dritte verwiesen, die sich theoretisch Zugriff auf den Internetanschluss hätten verschaffen können.

Bereits das Erstgericht hielt diesen Vortrag für zu pauschal, um die sekundäre Darlegungslast des Inhabers eines Internetanschlusses als erfüllt anzusehen.

Das Landgericht Leipzig hat die rechtliche Bewertung des Erstgerichts nunmehr ausdrücklich bestätigt und unter anderem die Einwände des Beklagten gegen die Ermittlungsergebnisse als nicht hinreichend konkret zurückgewiesen. Insoweit heißt es in den Gründen:
  • "Die Klägerin hat die Rechtsverletzung durch Angabe der Tatzeit, des Hashwertes der Datei zum streitgegenständlichen Film, der IP-Adresse des Anschlusses, über den die Rechtsverletzung nach ihren Ermittlungen begangen worden ist, sowie ferner durch die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzten IP-Adresse dargelegt.

    Sie hat zudem beschrieben, dass sie die Daten über das PFS der Firma ipoque GmbH hat ermitteln lassen. Die Zuverlässigkeit der Identifizierung und die Richtigkeit der Zuordnung hat der Beklagte lediglich pauschal bestritten. Da er keine fallbezogene Fehleranfälligkeit der Software zu Ermittlung und Dokumentation der Rechtsverletzung aufgezeigt hat, ist sein Bestreiten unerheblich (OLG Köln, Urteil vom 02.08 2013, Az. 6 U 10/13 Tz. 18). [...] Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass die ermittelte IP-Adresse nach Auskunft des zuständigen Internet-Providers zum ermittelten Tatzeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war, der dessen Inhaber ist."
Das Landgericht stellte zudem klar, dass der Beklagte Nachforschungen hätte anstellen müssen. Der bloße Verweis auf Dritte reiche nicht aus, um der Täterhaftung zu entgehen:
  • "Der Anschlussinhaber ist im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet, ob andere und wenn ja welche andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetzugang gehabt hätten und als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O, Tz 18). Allein die Behauptung einer Möglichkeit, wie hier, des Zugriffs durch Dritte genügt gerade nicht [...]"
Das Gericht bestätigte auch die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes sowie der anwaltlichen Abmahnkosten. Dabei erachtet das Gericht insbesondere den in Ansatz gebrachten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR als angemessen.






LG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016, Az. 05 S 144/16



  • (...) Ausfertigung

    Landgericht Leipzig

    Zivilkammer



    Aktenzeichen: 05 S 144/16[/u][/b]
    Amtsgericht Leipzig, 102 C 5298/15

    Verkündet am: 30.11.2016
    [Name], Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
    Justizangestellte




    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigter:
    [Name],


    wegen Forderung



    hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch Richter am Landgericht [Name] als Einzelrichter


    für Recht erkannt:


    1.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 10.02.2016 (Az. 102 C 5298/15) wird zurückgewiesen.


    2.

    Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.


    3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


    4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Beschluss:

    Der Streitwert wird auf 1.006,00 EUR festgesetzt



    Gründe:



    I.

    Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug auf das angefochtene Urteil vom 10.02.2016 (Bl. 170 d.A.). genommen. Im Übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EG ZPO abgesehen.

    Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Die Klägerseite hat eine schriftliche Vollmacht ihres Geschäftsführers zu Protokoll gereicht (Bl. 256 d.A.).

    Das Amtsgericht hat der auf den Vorwurf des illegalen Filesharing gestützten Zahlungsklage insgesamt stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 600,00 EUR Schadensersatz und noch 406,00 EUR Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe seine Täterschaft nicht hinreichend bestritten. Als vorgerichtlicher Streitwert seien 10.000,00 EUR angemessen. Der lizenzanalog berechnete Schaden könne auf 600,00 EUR festgesetzt werden.

    Das Urteil ist dem Beklagten am 12.02.2016 zugestellt worden. Er legte dagegen mit beim Landgericht Leipzig am 11.03.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung ein, die er mit Schriftsatz vom 11.04.2016 auch begründet hat.

    Er ist der Auffassung, die Klägerin habe keine Prozessvollmacht vorlegen können, weswegen die Klage unzulässig sei. Überdies sei ihre Aktivlegitimation nicht bewiesen worden. Der Beklagte sei weder Täter noch Störer, er habe zum Tatzeitpunkt in einer Wohngemeinschaft gelebt, beide Mitbenutzer hätten Internetzugang gehabt.

    Die Klägerin verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Der Beklagte habe jedenfalls seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt und keine ernsthaften Nachforschungen angestellt.



    II.


    1.

    Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).


    2.

    Die Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten zu.


    a)

    Die Klage ist zulässig. Die Prozessvollmacht der Klägervertreter ist nach § 80 ZPO gegeben und nachgewiesen, da die Klägerin die Erteilung einer Vollmacht durch eine Vollmachtskette, ausgehend von ihrem Geschäftsführer, unter Vorlage von Originalvollmachten, zuletzt in der Verhandlung vom 09.11.2016, nachgewiesen hat.


    b)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.


    aa)

    Der streitgegenständliche Film genießt nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG urheberrechtlichen Schutz. Von der Aktivlegitimation der Klägerin im Hinblick auf exklusive Nutzungsrechte für die Auswertung im Internet (§ 19a UrhG) ist die Kammer aufgrund der glaubhaften Aussage des glaubwürdigen Zeugen [Name] überzeugt. Dabei ist sich die Kammer eines Eigeninteresses des Zeugen, bedingt durch seine Stellung als Angestellter der Klägerin, bewusst. Dennoch war die Aussage insgesamt widerspruchsfrei, plausibel, detailliert und nicht zuletzt daher glaubhaft.


    bb)

    Der Beklagte ist auch passivlegitimiert.


    (1)

    Die Klägerin hat die Rechtsverletzung durch Angabe der Tatzeit, des Hashwertes der Datei zum streitgegenständlichen Film, der IP-Adresse des Anschlusses, über den die Rechtsverletzung nach ihren Ermittlungen begangen worden ist, sowie ferner durch die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzten IP-Adresse dargelegt. Sie hat zudem beschrieben, dass sie die Daten über das PFS der Firma ipoque GmbH hat ermitteln lassen. Die Zuverlässigkeit der Identifizierung und die Richtigkeit der Zuordnung hat der Beklagte lediglich pauschal bestritten. Da er keine fallbezogene Fehleranfälligkeit der Software zu Ermittlung und Dokumentation der Rechtsverletzung aufgezeigt hat, ist sein Bestreiten unerheblich (OLG Köln, Urteil vom 02 08 2013, Az. 6 U 10/13 Tz. 18, zitiert nach juris).

    Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass die ermittelte IP-Adresse nach Auskunft des zuständigen Internet-Providers zum ermittelten Tatzeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war, der dessen Inhaber ist.


    (2)

    In dieser Eigenschaft besteht zu Lasten des Beklagten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er als Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen, die über den Anschluss begangen worden sind, als Täter (und nicht nur als Störer) verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12, Tz. 33, zitiert nach Juris, zuletzt Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15, Tz. 40 bis 44; 50 - "Everytime we touch", zitiert nach Juris, ebenso schließlich BVerfG, Beschluss vom 23.09.2016, Az. 2 BvR 2193/15, Tz. 24; ferner BVerfG, Beschluss vom selben Tag, Az. 1797/15, Tz. 18, zitiert nach der Homepage des BVerfG).

    Beruft sich der Anschlussinhaber darauf, dass dritte Personen Zugang zum Anschluss gehabt hätten, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az. I ZR 169/12, Tz. 10 - "BearShare"). Diese sekundäre Darlegungslast muss erfüllt werden, um die tatsächliche Vermutung zu entkräften. Das setzt voraus, dass der Inhaber eine ernsthafte Möglichkeit aufzeigt, wonach allein ein Dritter und nicht auch er selbst den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung benutzt hat (BGH, a a.0., Tz 34). Der Anschlussinhaber ist im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet, ob andere und wenn ja welche andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetzugang gehabt hätten und als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O., Tz 18). Allein die Behauptung einer Möglichkeit, wie hier, des Zugriffs durch Dritte genügt gerade nicht (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14 - "Tauschbörse III", zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 12 05 2016, Az. I ZR 48/15 - "Everytime we touch", zitiert nach juris).

    Eine derartig konkrete, sowohl werk- als auch datumsbezogene sekundäre Darlegung hat der Beklagte nicht vorgelegt. Auch die ihm obliegende Nachforschungspflicht ist nicht erfüllt, indem er keine näheren Angaben etwa zum Nutzungsverhalten seiner Mitbewohner gemacht hat.


    cc)

    Als Rechtsfolge schuldet der Beklagte Schadensersatz, der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden kann (§§ 249 ff. BGB; 287 ZPO). Denn die Anspruchstellerin war nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme rechtlich in der Lage, die genutzte Lizenz auch zu erteilen. Die zu schätzende Schadenshöhe (600,00 EUR) für ein Filmwerk entspricht ständiger Rechtsprechung der Kammer.


    c)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten ferner Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich durch Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in begehrter Höhe gemäß § 97a Abs. 1 UrhG a.F.


    aa)

    Für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung zu Grunde zu legen. Die Beschränkung der einklagbaren Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. findet vorliegend keine Anwendung. Bei der hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer so genannten Tauschbörse handelt es sich um eine erhebliche Rechtsverletzung, da das Angebot zum unentgeltlichen Download unbegrenzt ist und durch eine unkontrollierte Verbreitung im Internet die Rechte des Urhebers oder der Verwerter massiv beeinträchtigt werden.

    Der von der Klägerin zu Grunde gelegte Gegenstandswert der Abmahnung in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Das Unterlassungsbegehren ist ausgehend vom Interesse des Anspruchsinhabers zu bewerten. Der von der Klägerin gegebene Wert ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechungspraxis in ähnlich gelagerten Fällen angemessen, die Berechnung einer Geschäftsgebühr mit einer 1,0-Gebühr gemäß Nr. 2300 VVRVG sowie gemäß Nr 7002 RVG ist nicht zu beanstanden.


    bb)

    Erfüllung (§ 362 BGB) in Höhe von 100,00 EUR ist unstreitig.



    III.


    1.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. § 93 ZPO kommt schon deshalb nicht zu Gunsten des Beklagten im Hinblick auf die Vorlage des Vollmachtsnachweises erst in zweiter Instanz zur Anwendung, da die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift (sofortiges Anerkenntnis) nicht vorliegen.


    2.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.


    3.

    Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache zum einen keine grundsätzliche Bedeutung hat und zum anderen weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, da zwischenzeitlich eine konkrete und gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung der entscheidungserheblichen Fragen vorliegt (s.o.).

    Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO



    [Name],
    Richter am Landgericht



    Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
    Leipzig, 30 11.2016

    [Name],
    Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016, Az. 05 S 144/16,
Vorinstanz: AG Leipzig, Urteil vom 10.02.2016, Az. 102 C 5298/15,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Abgemahnter,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales Bestreiten,
Nachforschungspflichten,
theoretische Möglichkeit,
Originalvollmacht

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AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Az. 387 C 1062/16 (98)

#5628 Beitrag von Steffen » Montag 30. Januar 2017, 16:33

WALDORF FROMMER: AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst) - Anschlussinhaber nach bloßem Bestreiten der klägerischen Forderung verurteilt


16:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die in Anspruch genommene Beklagte beschränkte ihren Vortrag auf ein pauschales Abstreiten der klägerischen Ansprüche. Ihr Sachvortrag erschöpfte sich in der Behauptung: "der Klägerin steht die Klageforderung nicht zu, weil die Beklagte keinen Urheberrechtsverstoß begangen hat, denn sie hat die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung bereitgestellt."



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... erurteilt/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 216_98.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Cornelia Raiser



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht beurteilte diesen Vortrag als nicht annähernd ausreichend, um die einen Anschlussinhaber treffenden Vortragsobliegenheiten zu erfüllen. So ließen diese Ausführungen "das Ziel des Bestreitens im Unklaren". Die Beklagtenseite lasse offen, ob sie mit bereits bestreiten wolle, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung überhaupt über ihren Internetanschluss begangen wurde; oder ob sie sich damit verteidigen wolle, die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben.

Die tatsächliche Vermutung der persönlichen Verantwortlichkeit lässt sich nicht durch ein rein pauschales Bestreiten erschüttern.

Das Gericht bestätigt zudem die Höhe der gelten gemachten anwaltlichen Kosten in Höhe von 506,00 EUR. Dabei erachtet das Gericht sowohl den in Ansatz gebrachten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR sowie die berechnete 1,0 Gebühr als angemessen. Die Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG a.F. lehnte das Gericht ab, da es sich bei der vorliegenden Materie gerade nicht um einfach gelagerte Fälle handle.

Das Amtsgericht ging zurecht davon aus, dass bereits die vorgelagerten Ermittlungen der jeweiligen Rechtsverletzungen einen Aufwand erfordern, der über einen einfach gelagerten Fall hinausgeht. Zudem komme es im Rahmen von Filesharing zu einer "unkontrollierten massenhaften illegalen Nutzung."

Schließlich wurde der Klägerin ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zugesprochen. Aufgrund der Tatsache, dass das Einstellen eines Filmwerkes in einer illegalen Tauschbörse zu einer "lawinenartigen illegalen Weiterverbreitung" führt, sah das Gericht den geforderten Mindestbetrag als angemessen an.





AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98)


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Amtsgericht Frankfurt am Main
    Außenstelle Höchst
    Aktenzeichen: 387 C 1062/16 (98)



    Verkündet lt. Protokoll am:
    02.12 2016

    [Name],
    Urkundsbeamtin/-beamter der Geschäftsstelle



    Im Namen des Volkes

    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf u. Koll., Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigter:
    [Name],



    hat das Amtsgericht Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst durch den Richter am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2016

    für Recht erkannt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.10.2014 zu zahlen.

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, an'die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2014 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand:

    Die Klägerin hat für das Filmwerk [Name] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Sie behauptet, dass über den Internetanschluss der Beklagten das Filmwerk vom [Datum,Uhrzeit] bis zum [Datum, Uhrzeit] Uhr über die illegale Tauschbörse BitTorrent zum illegalen Herunterladen (Download) angeboten worden sei. Eine tatsächliche Vermutung spreche dafür, dass die Beklagte die Tat begangen habe. Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom Mn u.a. zur Abgabe einer strafbewertenden Unterlassungserklärung auffordern lassen. Die Beklagte hat sich daraufhin uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen verpflichtet. Die Klägerin verlangt angemessenen Schadenersatz für die Urheberrechtsverletzung. Sie meint, dass ein Betrag von nicht weniger als 600,00 EUR angemessen sei. Außerdem verlangt sie Erstattung der Kosten für die Abmahnung Sie meint, der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR sei angemessen.

    Wegen des Vortrags der Klägerin im Einzelnen, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung des Internetanschlusses der Beklagten sowie die Begründung der Höhe des Schadensersatzes und des Gegenstandswertes der anwaltlichen Abmahnung, wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Klägerin verwiesen.



    Die Klägerin beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermitteln des Gerichtes gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2014 zu zahlen;

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2014 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie bestreitet den Urheberrechtsverstoß. Sie habe die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung zur Verfügung gestellt.

    Die Beklagte erhebt Einwände gegen die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes sowie gegen den Streitwert für das Anwaltschreiben vom [Datum].

    Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung der Bevollmächtigten der Beklagten vom 09.05.2016, Bl. 98 ff. der Gerichtsakte, verwiesen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin, die unstreitig die Inhaberin sämtlicher Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk ist, kann gemäß §§ 97 Abs. 2, 19a Urhebergesetz von der Beklagten Schadenersatz verlangen und gemäß § 97a Urhebergesetz Ersatz der Rechtsverfolgungskosten, da die Beklagte das Filmwerk über die illegale Tauschbörse BitTorrent zum elektronischen Abruf über das Internet angeboten hat. Es handelt sich dabei um die illegale öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19a Urhebergesetz. Die Täterschaft der Beklagten steht fest, da sie sich zu den dahingehenden Ausführungen der Klägerin nicht in der prozessual erforderlichen vollständigen Weise erklärt hat. Sie hat ausgeführt:

    "Der Klägerin steht die Klageforderung nicht zu, weil die Beklagte kein Urheberrechtsverstoß begangen hat, denn sie hat die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin werden bestritten."

    Diese Ausführungen lassen das Ziel ihres Bestreitens im Unklaren. Der Anspruch der Klägerin setzt zum einen voraus, dass die Beklagte Inhaberin des Anschlusses ist, von dem aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, zum anderen, dass sie selbst den Anschluss genutzt hat. Zu ersterem hat die Klägerin substantiierten Vortrag gehalten, zu letzterem weist sie zu Recht auf eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten hin. Offen bleibt nun, ob die Beklagte bestreiten möchte, dass die Urheberrechtsverletzung über ihren Internetanschluss begangen wurde oder ob sie sich damit verteidigen will, dass sie für die über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung nicht verantwortlich sei. Der klägerische Vortrag ist damit nicht in prozessual wirksamer Weise bestritten.

    Die Klägerin kann einen Schadensersatzbetrag gemäß § 97 Abs. 2 Urhebergesetz in Höhe von 600,00 EUR verlangen. Das Gericht bestimmt den Schadensersatz im Wege einer Lizenzanalogie, und zwar ausgehend von einer Lizenz für das Abrufen des Filmwerkes. Die Klägerin hat unbestritten angegeben, dass die Lizenz für das Abrufen eines entsprechenden Filmwerkes regelmäßig nicht weniger als 5,87 EUR beträgt. Ob dieser Betrag zu erhöhen ist, kann dahinstehen, da ein Schaden von 600,00 EUR, ausgehend von einem Lizenzbetrag von 5,87 EUR für den Einzelfall bereits bei nicht mehr als 100 Abrufen erreicht wird. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Tathandlung der Beklagten wenigstens zu einem zweihundertfachen Herunterladen führt, da das Einstellen in die illegale Tauschbörse zu einer "lawinenartigen illegalen Weiterverbreitung" führt.

    Die Beklagte schuldet gemäß § 97a Urhebergesetz Erstattung der Rechtsverfolgungskosten, also die Kosten für das Anwaltsschreiben vom [Datum] mit dem sie u.a. zur Abgabe einer strafbewertenden Unterlassungserklärung aufgefordert wurde. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben eine 1,0 Geschäftsgebühr angesetzt, was nicht ei beanstanden ist. Dasselbe gilt von dem Streitwert von 10.000,00 EUR. Vor dem Hintergrund, dass streitgegenständlich die Zugänglichmachung eines gesamten Filmwerkes, die zu einer unkontrollierbaren lawinenartigen Verbreitung führt, ist der Gegenstandswert nicht zu beanstanden.

    Der Anspruch der Klägerin wird auch nicht durch § 97a Urhebergesetz in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung beschränkt. Danach sind in einfach gelagerten Fällen nur 100,00 EUR zu erstatten. Hier ist allerdings nicht von einem einfach gelagerten Fall auszugehen, da zum einen aufwendige Ermittlungen erforderlich waren, um die Beklagte als Täterin der Verletzungshandlung festzustellen, auf der anderen Seite die Tathandlung zu einer unkontrollierbaren massenhaften illegalen Nutzung des Werkes führen kann.

    Die Klägerin hat Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Frankfurt am Main,
    Gerichtsstraße 2,
    60313 Frankfurt am Main.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



    [Name],
    Richter am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98),
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Cornelia Raiser,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5629 Beitrag von Calm » Mittwoch 1. Februar 2017, 14:00

Liebe Spezialisten,

nach einer WF-Abmahnung habe ich unverzüglich die modifizierte Unterlassungserklärung abgeschickt. WF hat die Unterlassungsansprüche ihres Mandanten nach wenigen Wochen auch als erfüllt erklärt und mich auf die ausstehende Summe hingewiesen.
Ich habe mich dafür entschieden, es mit einem Vergleich zu versuchen. Ein Telefonat mit WF war auch „erfolgreich“: eine Summe wurde akzeptiert.
Nun kam die Zahlungsaufforderung mit neuer Gesamtsumme + beigefügter Erklärung. In dieser Erklärung steht nur der Gesamtbetrag, die Frist und die Folgen bei Fristverletzung. Die muss unterschrieben wieder an WF zurück.

Meine Fragen:
1. Muss ich meinerseits nochmals und hier im Zusammenhang mit der Zahlung schriftlich klarstellen, dass diese Zahlung kein Schuldeingeständnis oder ähnliches bedeutet? (Hab ich ja zwar schon einmal mit der U-Erklärung getan – aber jetzt nochmal?)
2. Muss die Gesamtsumme nochmal in die einzelnen Forderungen gegliedert werden, damit erkennbar wird, was damit bezahlt bzw. erfüllt wird? In der Erklärung von WF steht nicht direkt, wofür die Summe gilt. Lediglich „Zahlung der Gesamtforderung“ und „Der zu erstattende Gesamtbetrag“, aber nicht noch einmal gegliedert „Unterlassungsanspruch; Schadensersatzanspruch; Aufwendungsersatz….“ oder so etwas wie: damit sind alle Ansprüche erfüllt. (Aktennummer, Mandantschaft, „Vergehen“ stehen aber schon auf dem Schreiben)

Die Frist für den Zahlungseingang ist in ein paar Tagen. Über eine baldige Antwort würde ich mich sehr freuen.
Besten Dank schon mal!

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5630 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. Februar 2017, 15:09

Hallo @Calm,

eigentlich sollte man einen Vergleich erst abschließen, wenn beiderseits - alle - Unklarheiten beseitigt sind. Warum? Ein geschlossener Vergleich = ein Vertrag! Diese Fragen hättest Du auch dem Abmahner stellen können und sollen.

Ein Vergleich ist erst einmal im Grundsatz kein Schuldanerkenntnis, sondern dient zu einer schnellen und unkomplizierten außergerichtlichen Streitneiderlegung. Deshalb muss man nichts explizit klarstellen.

Zahlt man die (neue) thematisierte Gesamtsumme, ist der Rechtsstreit damit erledigt. Normalerwiese, ich kenne aber nicht den Inhalt zu 100%.

Wo wieder beim Ausgangspunkt wären, dass man erst einen Vergleich abschließt, wenn alle Unklarheiten beseitigt sind. Und ein Vertrag sollte schon einmal anwaltlich geprüft werden.

VG Steffen

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AG München, Az. 242 C 18776/16

#5631 Beitrag von Steffen » Freitag 3. Februar 2017, 20:38

WALDORF FROMMER: AG München verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren - Spekulationen zu vermeintlichem Hackerangriff reichen nicht aus


20:35 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In diesem Verfahren hat das Amtsgericht München den Inhaber des Internetanschlusses zur Leistung von Schadensersatz, zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nicht-aus/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 776_16.pdf



Autor:

Rechtsanwalt David Appel




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Maßgeblicher Einwand des beklagten Anschlussinhabers war, dass womöglich unbekannte Dritte seinen geschützten Internetanschluss widerrechtlich genutzt und die Rechtsverletzung begangen hätten. Zudem sei es nicht auszuschließen, dass es bei der Ermittlung der Rechtsverletzung und der Zuordnung der IP-Adresse durch den Provider zu Fehlern gekommen sei.

Das erkennende Gericht sah den Vortrag des Beklagten als nicht geeignet an, die klägerischen Ansprüche zu erschüttern. An der Fehlerfreiheit der Ermittlungen konnte kein Zweifel bestehen:
  • "Die Richtigkeit der technischen Ermittlungen durch die Firma Digital Forensics GmbH, die zu den IP-Adressen führten, die dem Rechner des Beklagten zu den zwei Uploadzeitspannen zugeordnet wurden, steht aus Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die richtige Anschlussinhaberermittlung [...]

    Die Beauskunftung der so ermittelten IP-Adressen führte zum Anschluss des Beklagten.

    Wurden in vielfachen Fällen, die sich zeitlich zueinander fügen, stets der gleiche Anschlussinhaber ermittelt, ist nach Ansicht des Gerichts von einer richtigen Anschlussinhaberermittlung über zutreffende technische Ermittlungen der IP-Adressen auszugehen, da ein Übertragungsfehler angesichts von zwei zeitlich nahe beieinander liegenden Ermittlungen, die jeweils unabhängig voneinander zu Beauskunftungen mit jeweils gleichem Ergebnis führten, ausgeschlossen erscheint [...]"
In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht weiterhin aus, dass Spekulationen über vermeintliche Hacker keine ernsthafte und wahrscheinliche Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen. Es sei nicht ersichtlich, wie,
  • "wenn nicht durch den Beklagten, es zu den gegenständlichen Rechtsverletzungen gekommen sein kann. Zugriff anderer Personen, die Zugang zu seiner Wohnung hatten, schließt der Beklagte selbst ausdrücklich aus. Zwar hat der Beklagte darauf verwiesen, dass kein WLAN-Netzwerk sicher sei und man daher einen Fremdzugriff nicht ausschließen könne. Auch im Hinblick auf die hohe Sicherung des Anschlusses erscheint aber ein derartiger Missbrauch durch unbefugte Dritte nicht ernsthaft wahrscheinlich [...]"
Sowohl den beantragten Mindestschadensersatz als auch den angesetzten Gegenstandswert von 10.000,00 EUR erachtete das Gericht als angemessen.






AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    Amtsgericht München

    Az. 242 C 18776/16




    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen


    [Name],
    - Beklagter -


    wegen Forderung



    erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 04.01.2017 auf Grund des Sachstands vom 20.12.2016 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes


    Endurteil


    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 970,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.02.2016 zu zahlen.
    2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
    4. Der Streitwert wird auf 970,20 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen des Angebots eines urheberrechtlich geschützten Spielfilms in einer Internettauschbörse.

    Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Rechte an dem Spielfilm [Name].

    Zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen hat die Klägerin die Firma Digital Forensics GmbH mit der Überwachung der P2P Internet-Tauschbörsen beauftragt. Die Firma Digital Forensics GmbH ermittelte Urheberrechtsverletzungen an dem Werk, begangen am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr sowie am gleichen Tag zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr, jeweils unter der IP-Adresse [IP].

    Der WLAN-Anschluss des Beklagten war mit einem 16-stelligen WPA2-Passwort verschlüsselt.

    Aufgrund eines Beschlusses des Landgericht München I, Az. 7 0 17063/13, wurde der Beklagte durch seinen Internetprovider Telefónica als Inhaber des betreffenden Internetanschlusses identifiziert.

    Die Bevollmächtigten der Klägerin mahnten den Beklagten wegen dieser Urheberrechtsverletzungen an dem gegenständlichen Werk mit Schreiben vom [Datum] ab und forderten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadensersatz und den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung. Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab und zahlte Schadensersatz in Höhe von 65,00 EUR sowie anteilige Rechtsanwaltskosten in Höhe von 142,80 EUR. Weiter Zahlungen wurden nicht geleistet.

    Die Klägerin hält den Beklagten als Anschlussinhaberin für die Rechtsverletzungen verantwortlich. Sie verlangt weitere 535,00 EUR Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie sowie Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 435,20 EUR, wobei sie eine 1,0-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zugrunde legt, zuzüglich Auslagenpauschale.


    Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.



    Die Klägerin beantragt:
    1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 535,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.02.2016 sowie
    2. 435,20 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2016 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt:
    Klageabweisung.

    Der Beklagte trägt vor, er habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Er sei seit Ende April [Jahreszahl] im Besitz der Blu-ray [Name] und sei nicht darauf angewiesen, den Titel herunterzuladen. Es sei technisch für Privatanwender nicht möglich, den Missbrauch eines Internetanschlusses per WLAN abzuwehren. Es sei für einen Hacker möglich, sich in jedes WLAN-Netzwerk einzuschalten Er könne keine konkrete Person als möglichen Täter benennen.


    Zur Ergänzung des jeweiligen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage erweist sich als begründet.



    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz in Höhe von weiteren 535,00 EUR.


    1.

    Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie verfügt über die Rechte an dem Spielfilm [Name] und ist damit ausschließlich zur Vervielfältigung und ordentlichen Zugänglichmachung befugt.


    2.

    Das Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Spielfilms wurde durch den Beklagten verletzt.


    a)

    Die Teilnahme an Internettauschbörsen beinhaltet eine Vervielfältigungshandlung wie auch eine öffentliche Zugänglichmachung des betroffenen Films, § 19 a UrhG. Beim sog. Filesharing werden Dateien, die sich ein Nutzer herunterlädt zeitgleich im Rahmen eines Uploads den anderen Netzwerkteilnehmern zum Download angeboten. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte eine Blu-ray des streitgegenständlichen Films besitzt. Anders als beim sog Streaming, bei dem das betroffenen Werk im Regelfall nur kurzzeitig und in Teilen im Arbeitsspeicher des Internetnutzers gespeichert ist und damit eine Vervielfältigungshandlung i.S.v. § 16 UrhG im Regelfall nicht gegeben sein wird, wird beim Filesharing die Datei auf den persönlichen Rechner heruntergeladen und verbleibt dort mit der Möglichkeit der Nutzung auch zu späteren Zeitpunkten.

    Zugleich findet eine öffentliche Zugänglichmachung statt, indem die Datei bereits im Zeitpunkt des Herunterladens anderen Netzwerkteilnehmern zum Download und damit zur Vervielfältigung angeboten wird. Dieser Vorgang fällt nicht unter die Schranke von § 44a UrhG. Ungeachtet der Frage, ob der Upload integraler und wesentlicher Teil des technischen Verfahrens des Downloads i.S.v. § 44a UrhG ist, wird beim Filesharing eine offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet. Diese Schranke des § 53 UrhG ist insoweit in § 44a UrhG hineinzulesen. Wahrend bei anderen visuellen Angeboten im Internet, wie z.B. dem Streaming, im Regelfall nicht per se davon ausgegangen werden kann, dass eine rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Quelle in das Internet eingestellt wurde und zur visuellen Betrachtung angeboten wird, ist beim Filesharing hinlänglich bekannt, dass ganz überwiegend der Uploader nicht über die entsprechenden Nutzungsrechte verfügte. Durch die Teilnahme an dem Filesharing-Netzwerk, das ein aktives Handeln des Users, mithin das Herunterladen eines entsprechenden Filesharing-Programms erfordert, muss ihm im Sinne zumindest von Fahrlässigkeit bewusst sein, dass Urheberrechte verletzt werden können. Anders wäre der Fall beim Streaming zu beurteilen, dass idR abgesehen von der allgemeinen Internetnutzung keine besonderen Aktionen des Users erfordert, die ihm die potentielle Gefahr einer Urheberrechtsverletzung erkenntlich machen würden.


    b)

    Die Richtigkeit der technischen Ermittlungen durch die Firma Digital Forensics GmbH, die zu den IP-Adressen führten, die dem Rechner des Beklagten zu den zwei Uploadzeitspannen zugeordnet wurden, steht aus Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die richtige Anschlussinhaberermittlung: Zu zwei unterschiedlichen, sich jedoch zeitlich aneinander anfügenden Zeitspannen am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr sowie am gleichen Tag zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr wurde durch die Ermittlungssoftware der Firma ipoque, deren grundsätzlich korrekte Funktionsweise bereits in mehreren gerichtlichen Sachverständigengutachten nachgewiesen wurde (z.B. Az. 155 C 20289/12, Az. 158 C 17155/12) , Verletzungshandlungen festgestellt. Die Beauskunftung der so ermittelten IP-Adressen führte zum Anschluss des Beklagten. Wurden in vielfachen Fällen, die sich zeitlich zueinander fügen, stets der gleiche Anschlussinhaber ermittelt, ist nach Ansicht des Gerichts von einer richtigen Anschlussinhaberermittlung über zutreffende technische Ermittlungen der IP-Adressen auszugehen, da ein Übertragungsfehler angesichts von zwei zeitlich nahe beieinander liegenden Ermittlungen, die jeweils unabhängig voneinander zu Beauskunftungen mit jeweils gleichem Ergebnis führten, ausgeschlossen erscheint (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 01.10.2012, Az. 6 W 1705/12; OLG Köln, 15.05.2012, Az 6 U 239/11). Diese Annahme kann auch der Vortrag des Beklagten, der pauschal Ermittlungsfehler in den Raum stellt, nicht entkräften.


    c)

    Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über den Anschluss des Beklagten damit fest, so besteht die tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch für hierüber begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens"). Aus dieser Vermutung ergibt sich für die Beklagte zwar keine Beweislastumkehr, wie der Beklagte zu Recht vorträgt, sondern eine sekundäre Darlegungslast, die es ihm verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zu beschränken. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung erfordert vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte Sachvortrag, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH, 15.11.2012, Az. ZR 74/12, "Morpheus"). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des im Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs - nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des besagten Internetanschlusses - ergibt (OLG Köln, 02.08.2013, Az. 6 U 10/13). An die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen ist hierbei bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (LG München I, 22.03.2013, Az. 21 S 28809/11). Den so skizzierten Anforderungen genügt der Vortrag des Beklagten nicht.


    (1)

    Der Beklagte hat die Unterlassungserklärung - ebenso wie auch die Vornahme der Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 65,00 EUR und Anwaltskosten in Höhe von 142,80 EUR ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben. In diesen Erklärungen liegt deshalb kein Anerkenntnis des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten (BGH, 24.9.2013, Gz. I ZR 219/12).


    (2)

    Der Beklagte behauptet, in seinem Haushalt habe niemand den Film über die Internet-Tauschbörse heruntergeladen, vielmehr sei ein Fremdzugriff möglich gewesen. Dem Beklagten war bekannt, dass dieser Vortrag den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt. Der Vortrag ist nicht hinreichend detailliert und kann die feststehenden Rechtsverletzungen über den Anschluss des Beklagten nicht plausibel erklären. Es ist nicht ersichtlich, wie, wenn nicht durch den Beklagten, es zu den gegenständlichen Rechtsverletzungen gekommen sein kann Zugriff anderer Personen, die Zugang zu seiner Wohnung hatten, schließt der Beklagte selbst ausdrücklich aus. Zwar hat der Beklagte darauf verwiesen, dass kein WLAN-Netzwerk sicher sei und man daher einen Fremdzugriff nicht ausschließen könne. Auch im Hinblick auf die hohe Sicherung des Anschlusses erscheint aber ein derartiger Missbrauch durch unbefugte Dritte nicht ernsthaft wahrscheinlich, zumal dieser unbekannte Dritte im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich eine Urheberrechtsverletzung begangen hat - weitere Manipulationen an seinem Netzwerk, die auf einen Hackerangriff schließen lassen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Dieser Vortrag ist überdies auch deshalb wenig plausibel, da kaum anzunehmen ist, dass der Beklagte - wenngleich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - 207,80 EUR an die Klägerin zugunsten eines unbekannten Dritten, der seinen Anschluss gehackt hat, gezahlt hat.

    Eine ernsthafte und plausible Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs besteht somit nicht. Ist der Beklagte damit den Anforderungen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, gilt der Vortrag der Klägerin gem. §138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (Greger in Zähler, ZPO, §138, Rz. 8b).


    3.

    Der Beklagte handelt auch fahrlässig, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Wer ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit bestand eine Prüf- und Erkundigungspflicht des Beklagten (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, §97, Rdn. 57). Der Beklagte hätte sich daher über die Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse und auch über die Rechtmäßigkeit der Angebots kundig machen und vergewissern müssen. Hierzu wird vom Beklagten nichts vorgetragen.


    4.

    Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Spielfilms verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR schätzt. Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Beweisschwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie). Der Verletzte hat das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatz berechnen will. Vorliegend hat die Klägerin die Berechnung im Wege der Lizenzanalogie gewählt. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte. Damit läuft die Lizenzanalogie auf die Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinaus. In welchem Ausmaß und Umfang es konkret zu einem Schaden gekommen ist, spielt keine Rolle. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Das Gericht schätzt daher die angemessene Lizenz gemäß § 287 ZPO auf weitere 535,00 EUR.



    II.

    Daneben kann die Klägerin von dem Beklagten Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von weiteren 435,20 EUR gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen.


    1.

    Eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten hinsichtlich des Leistungsschutzrechtes der Klägerin liegt, wie oben dargestellt, vor. Der Beklagte wurde daraufhin mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] zu Recht abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten die Kosten der Abmahnung nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen, da dies die erforderlichen Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung darstellen.


    2.

    Der Streitwert eines Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem Interesse des geschädigten Rechteinhabers an der künftigen Unterlassung gleichartiger Verletzungshandlungen. Im Hinblick auf das hohe Verletzungspotential, dem die Urheberrechte in Filesharing-Netzwerken ausgesetzt sind, erscheint vorliegend ein Streitwert von 10.000,00 EUR angemessen (§ 287 ZPO). Gegen die geltend gemachte 1,0-Geschäftsgebühr bestehen im Hinblick darauf, dass die Abmahnung in Bezug auf ein vollständiges Album erfolgte, Unterlassungserklärung sowie auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht wurden, keinerlei Bedenken.



    III.

    Die Entscheidung zu den Nebenforderungen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB.



    IV.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht München l
    Prielmayerstraße 7
    80335 München


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



    gez.
    [Name],
    Richterin am Amtsgericht (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16,
Rechtsanwalt David Appel,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Vornahme Zahlung,
Beklagter ohne Prozessbevollmächtigten,
Selbstverteidigung,
Hackerangriff,
ernsthafter und plausibler Sachvortrag,
sekundäre Darlegungslast

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#5632 Beitrag von Steffen » Mittwoch 15. Februar 2017, 18:25

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Augsburg - Anschlussinhaber haftet für Rechtsverletzungen über eine Tauschbörse, wenn er nach nur unzureichenden Nachforschungen keinen konkreten Dritten als möglichen Täter benennen kann


18:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Augsburg in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, dass neben ihm auch dessen Ehefrau sowie drei minderjährige Kinder Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Die Kinder seien bereits im Vorfeld belehrt worden, keine "Medien" aus dem Internet herunterzuladen. Zudem habe der Beklagte nach Erhalt der Abmahnung zwei der im Haushalt vorhandenen Computer auf Tauschbörsensoftware untersucht, wobei er jedoch nicht fündig geworden sei.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... oeglichen/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 369_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Augsburg bestätigte, dass ein Anschlussinhaber mit solchen pauschalen Ausführungen seinen Darlegungslasten nicht nachkommen kann. Die bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit weiterer Personen weise keinen konkreten Bezug zur Rechtsverletzung auf. Dem Beklagten habe es vielmehr oblegen, die Umstände der Rechtsverletzung aufzuklären und im Anschluss mitzuteilen, welche andere Person konkret für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen sein könnte bzw. sei. Da er dies versäumt habe, sei von dessen eigener Täterschaft auszugehen:
  • "Dieser Behauptung ist der Beklagte zu 1) entgegengetreten, er hat aber nicht die Anforderungen der ihn insoweit treffenden sekundären Darlegungslast erfüllt. Ihm oblag es nach den bereits dargestellten Maßstäben, mitzuteilen, welche Kenntnisse er über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hatte, also welches der jugendlichen Haushaltsmitglieder die Verletzungshandlung begangen hatte. [...] Damit beruft der Beklagte sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit der weiteren Haushaltsmitglieder auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung. Dies genügt nicht der sekundären Darlegungslast. Deswegen ist von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses der Träger der Rechtsverletzung ist."
Im Übrigen habe der Beklagte für die Umstände, die zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung führen könnten, auch keinen Beweis angeboten.

Das Amtsgericht verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.





AG Augsburg, Urteil vom 24.11.2016, Az. 23 C 1369/16


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    Amtsgericht Augsburg
    Az. 23 C 1369/16




    IM NAMEN DES VOLKES



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen



    [Name]
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Urheberrecht


    erlässt das Amtsgericht Augsburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 24.11.2016 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2016 folgendes


    Endurteil


    I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 16.01.2015 zu bezahlen.
    II. Der Beklagte wird des Weiteren verurteilt, 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2015 zu bezahlen.
    III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Ansprüche auf Schadens- und Aufwendungsersatz wegen unerlaubter Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerkes.

    Die Klägerin wertet den Film [Name] exklusiv in Deutschland aus. Sie ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk ausdrücklich als Rechteinhaberin ausgewiesen.

    Zur Ermittlung der Rechtsverletzungen wurde das Peer to Peer Forensic System (PFS) eingesetzt. Dieses ermittelte im vorliegenden Fall Verletzungen bezüglich des Films [Name] vom [Datum]. Hinsichtlich der genauen Daten wird auf Seite 12 der Klageschrift Blatt 21 d.A. Bezug genommen. Auf Grundlage des Gestattungsbeschlusses des LG [Name] erteilte der für die Beauskunftung zuständige Internetprovider Auskunft über die Identität des verantwortlichen Anschlussinhabers, nämlich des Beklagten. Die verfahrensgegenständliche Rechtsverletzung konnte dabei über die jeweilige IP-Adresse in Verbindung mit dem Verletzungszeitpunkt eindeutig und ausschließlich dem Internetanschluss der Beklagtenseite zugeordnet werden. Mit Schreiben vom [Datum] forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadenersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung auf. Der Beklagte verpflichtete sich daraufhin uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen.

    Die Klägerin behauptet, der Beklagte hätte über seinen Internetanschluss als Nutzer eines Peer to Peer Netzwerkes, nämlich der Teilnahme an der Tauschbörse BitTorrent, den Film [Name] am [Name] um [Uhrzeit] Uhr heruntergeladen Aufgrund dessen stehe der Klägerin gem. § 97 Abs. 2 Urhebergesetz ein Schadenersatz nach Lizenzanalogie in Höhe von mind. 600,00 EUR zu. Des Weiteren hätte der Beklagte die hinsichtlich der Abmahnung angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen in Höhe von insgesamt 506,00 EUR zu tragen.



    Die Klägerin beantragt:
    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerin,
    1. Einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gericht gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.01.2015 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.01.2015 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt:
    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Beklagte bestreitet dahingehend, er habe weder den Film per Download bezogen noch im Internet bereitgestellt. Er nutze keine Filesharing Netzwerke. Der Beklagte habe zum maßgeblichen Zeitpunkt die Wohnung zusammen mit seiner Ehefrau, seinen Söhnen [Name] (damals 17) und sowie zweier Pflegekinder [Namen] (damals 13 und 16 Jahre alt) bewohnt. In der Wohnung sei ein WLAN Netzwerk zum eigenen Gebrauch betrieben worden. Dieses sei auch zum damaligen Zeitpunkt durch die nach dem damaligen Stand der Technik für privatgenutzte WLAN Router üblichen Verschlüsselungstechniken geschützt gewesen. Der Sohn [Name] habe über einen eigenständigen Rechner verfügt. Das Pflegekind [Name] habe ein eigenes Notebook gehabt. Der Beklagte habe die Kinder vor Freischaltung des WLAN-Zugangs darauf hingewiesen, dass ein Herunterladen von Medien aus dem Internet nicht erlaubt sei. Alle Personen hätten den Internetanschluss genutzt. Nach Eingang der klägerischen Abmahnung habe der Beklagte die Rechner seiner Kinder noch einmal kontrolliert und dabei keine Filesharing-Programme festgestellt. Allerdings habe er festgestellt, dass von Dritter Seite ein sogenanntes "rootkit" installiert gewesen sei, welches offensichtlich durch einen Trojaner oder ähnliches auf den Rechner gelangt sei.

    Das Gericht hat den Beklagten formlos angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2016. Hinsichtlich weiteren Sachvortrags der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.



    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von pauschal 600,00 EUR § 97 Abs. 2 Satz 1, § 19 a Urhebergesetz.


    1.

    Die Klägerin ist unstreitig Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte bezüglich des Film [Name].


    2.

    Dass der Film im Zeitraum [Datum, Uhrzeit]Uhr über den Internetanschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurde, ist unstreitig. Darin liegt eine Verletzung der genannten Nutzungsrechte. Die Urheberrechtsverletzung erfolgt durch das Angebot zum Download über das Internet im Rahmen des Peer to Peer Netzwerkes, § 19a Urheberrechtsgesetz, wobei maßgebliche Verwertungshandlung das Zugänglichmachen für den interaktiven Abruf ist. Durch Download des Films im Filesharing-Netzwerk wird dieser gleichzeitig zum Abruf im Internet für andere Nutzer bereitgestellt und damit öffentlich zugänglich gemacht.


    3.

    Der Beklagte ist als Täter dieser Rechtsverletzung anzusehen. Der Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin bestritten, er sei Täter der Rechtsverletzung. Auch wenn den Anschlussinhaber im Hinblick auf die Nutzung seines Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast trifft, genügt nach der Rechtsprechung des BGH bereits ein einfaches Bestreiten durch den Anschlussinhaber, um die Behauptung seiner Täterschaft beweisbedürftig werden zu lassen. Vorliegend ist von einer Täterschaft des Beklagten auszugehen. In Filesharingfallen trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller, d.h. die Klägerin, die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen eines geltend gemachten Schadenersatzanspruches erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich seine Sache, nachzuweisen, dass der in Anspruch genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Wenn allerdings ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (BGH GRUR 2013, 511 Morpheus; GRUR 2010, 633 Sommer unseres Lebens). Eine tatsächliche Vermutung begründet einen Anscheinsbeweis, zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs ergeben soll, die gegebenenfalls vom Beweisgegner zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden müssen (BGH NJW 2012, 2435 tz. 36). Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung ist allerdings nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung, sondern im Fall der hinreichenden Sicherung des Anschlusses auch, dass der Anschluss nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH vom 11.06.2015 1 ZR 75/14 Tauschbörse 3; BGH GROR 2014, 657 BearShare, OLG München vom 14.01.2016, 29 U 2593/15). Will sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, deren Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. In diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloßen theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seine Internetanschluss nicht gerecht (BGH vom 11.06.2015 1 ZR 75/14 Tauschbörse III) Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht, so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zulegen (BGH NJW 2010, 2506, OLG München 29 U 2593/15), das die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers begründet. Dann muss zu deren Widerlegung der Anschlussinhaber den Beweis führen, dass auch andere als Täter in Betracht kommen. Vorliegend hat die Klägerin schon bestritten, dass die weiteren im Haushalt des Beklagten lebenden Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten nehmen können. Damit hat sie vorgetragen, dass allein der Beklagte auf den Internetanschluss hätte zugreifen können. Dieser Behauptung ist der Beklagte zu 1) entgegengetreten, er hat aber nicht die Anforderungen der ihn insoweit treffenden sekundären Darlegungslast erfüllt. Ihm oblag es nach den bereits dargestellten Maßstäben, mitzuteilen, welche Kenntnisse er über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hatte, also welches der jugendlichen Haushaltsmitglieder die Verletzungshandlung begangen hatte. Der Beklagte musste indes formlos angehört einräumen, dass er die Jugendlichen nicht einmal befragt hatte, ob sie die Rechtsverletzung begangen hätten. Damit beruft der Beklagte sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit der weiteren Haushaltsmitglieder auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung. Dies genügt nicht der sekundären Darlegungslast. Deswegen ist von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses der Träger der Rechtsverletzung ist. Diese tatsächliche Vermutung hat der Beklagte nicht erschüttert. Es fehlt hier auch bereits an einer Benennung der den Internetanschluss nutzenden Jugendlichen als Zeugen.


    4.

    Der Beklagte handelte auch schuldhaft, da sich die Beteiligung an einer Internettauschbörse als zumindest fahrlässig darstellt.

    Der Klägerin steht somit ein nach Lizenzanalogie gern. § 97 Abs. 2 Satz 3 Urhebergesetz angemessener Schadensersatzanspruch in Höhe von 600,00 EUR zu, § 287 ZPO zu. Die Klägerseite hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die übliche Lizenzgebühr für einen Film bei legalen Downloadportalen nicht weniger als 5,87 EUR beträgt (BI 35 d.A.), wobei dieser Wert je nach Laufzeit, Bekanntheit und Aktualität des Werkes auch deutlich hoher liegen kann. Allerdings müssen die Tauschbörsen spezifischen Risiken sich bei einer Übertragung auf illegale Tauschbörsen lizenzerhöhend auswirken. Geht man vom doppelten Wert einer branchenüblichen Mindestabruflizenz, d.h. 11,75 EUR aus, würde bei 250 Abrufen eine Lizenzgebühr von mehr als 2.900,00 EUR anfallen, so dass nach Ansicht des Gerichts der beantragte Pauschalbetrag von 600,00 EUR als Mindestschaden angesetzt werden kann, § 287 ZPO.



    II.

    Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Hohe von 506,00 EUR, §§ 97 Abs. 2, 97 a Urhebergesetz.


    1.

    Der Anspruch besteht unabhängig vom Verschulden, § 97a Urhebergesetz.


    2.

    Der Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr ist nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden, ebenso wenig der zugrundegelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR, da dieser sich an der ständigen Rechtsprechung orientiert. Erstattungsfähig ist somit die geltend gemachte Summe von 506,00 EUR.


    3.

    Die Begrenzung des § 97 a Abs. 3 Satz 2 Urhebergesetz Neufassung ist nicht anwendbar, da zum Zeitpunkt der Abmahnung diese Vorschrift noch nicht in Kraft getreten war.



    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.



    IV.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht München 1
    Prielmayerstraße 7
    80335 München


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung



    gez. [Name]
    Richterin am Amtsgericht



    Verkündet am 24.11 2016
    gez. [Name]
    JHSekr
    Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (...)



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AG Augsburg, Urteil vom 24.11.2016, Az. 23 C 1369/16,
sekundäre Darlegungslast,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5633 Beitrag von Fischli » Donnerstag 16. Februar 2017, 10:59

Diesen Dienstag ist bei mir auch eine Abmahnung eingetroffen wegen eines Films. Kosten: 915,00€.
Konnte diese um etwas mehr als 50% drücken durch einen Vergleich. Case closed. Ärger und schlaflose Nächte gespart.

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5634 Beitrag von Steffen » Donnerstag 16. Februar 2017, 15:39

Es ist zwar sehr schön für dich, abe reher ungewöhnlich (Höhe des Vergleich). Kannst Du mir bitte darüber Näheres per E-Mail oder PN schreiben? Danke im Voraus und natürlich vertraulich.

VG Steffen

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AG Oldenburg, Az. 6 C 6124/16 (VI)

#5635 Beitrag von Steffen » Samstag 18. Februar 2017, 10:33

WALDORF FROMMER (München): Amtsgericht Oldenburg - Zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast bedarf es der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Täterschaft eines Dritten


10:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Oldenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte eine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, dass auch ihr Ehemann sowie der minderjährige Sohn im Tatzeitraum selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Auf die Ausführungen der Klägerin zur Ermittlung der Rechtsverletzung sowie zur Zuordnung zum Internetanschluss hatte die Beklagte sich mit Nichtwissen erklärt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... s-dritten/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _16_VI.pdf



Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



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Das Amtsgericht Oldenburg bestätigte zunächst, dass ein einfaches Bestreiten mit Nichtwissen angesichts der substantiierten Ausführungen zur Ermittlung und Zuordnung unerheblich sei.
  • "Vorliegend hatte die Klägerin nachvollziehbar erläutert, auf welche Weise sie die dem Anschluss der Beklagten zuzuordnende IP-Adresse ermittelt hat. (...) Konkrete Fehler in dieser Ermittlungstätigkeit sind seitens der Beklagten trotz Hinweis des Gerichts nicht vorgetragen worden. Das allgemeine unsubstantiierte Bestreiten, dass die eingesetzte Ermittlungssoftware geeignet sei, zuverlässig Urheberrechtsverletzungen über Tauschbörsen zu ermitteln, ist unbeachtlich. Hier substantiiert ein Vortrag der Klägerseite, umso substantiiert muss auch das Bestreiten der Beklagtenseite ausfallen."
Weiterhin führte das Amtsgericht Oldenburg aus, dass es einem Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast obliege, konkrete Anhaltspunkte vorzutragen, die einen abweichenden Geschehensverlauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten ernsthaft möglich erscheinen lässt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei es dabei gerade nicht ausreichend, bloß auf einen selbstständigen und generellen Zugriff Dritter zu verweisen - auch wenn dieser "im Tatzeitraum" gegeben sein soll. Da die Beklagte sich insbesondere nicht geäußert habe, welcher der potentiellen Mitnutzer aufgrund des Nutzungsverhaltens, der Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht als Täter in Betracht komme, sei in der Konsequenz von ihrer eigenen Verantwortlichkeit auszugehen.
  • "Weder trägt die Beklagte vor, dass sie ihren Sohn eingehend nach dem streitgegenständliche Film und einem möglichen illegalen Download befragt hat, noch trägt die Beklagte zu Nutzungsverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten in zeitlicher Hinsicht betreffend die potentiellen Nutzer des Internetanschlusses (Ehemann und Sohn) vor."
Da es insoweit bereits an ausreichendem Sachvortrag der Beklagten gefehlt habe, sehe das Gericht keine Veranlassung, den Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen.

Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.






AG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, Az. 6 C 6124/16 (VI)



  • (...) - Abschrift -


    Amtsgericht
    Oldenburg



    6 C 6124/16 (VI)


    Verkündet am 20.12.2016
    [Name] Justizobersekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Im Namen des Volkes

    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf & Partner, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen

    [Name],
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat das Amtsgericht Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 26.09.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

    für Recht erkannt:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem einen 20.11.2014 zu zahlen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem einen 20.11.2014 zu zahlen.
    3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
    5. Der Streitwert wird auf bis zu 1.500,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche sowie Abmahnkosten wegen eines illegalen Downloads eines Films über eine Tauschbörse.

    Die Klägerin hat sämtliche exklusiven Nutzung-bzw. Verwertungsrechte unter anderem an dem Film [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben.

    Am 11.05.2012 ist die Beklagte seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert worden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und Schadensersatz zu zahlen sowie Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu übernehmen. Ihr ist vorgeworfen worden, den Film [Name] illegal über ihren Internetanschluss durch eine Tauschbörsensoftware illegal zum Download bereitgestellt zu haben.

    Die Klägerin behauptet, die streitgegenständliche Rechtsverletzung sei mit Hilfe des Peer zu Peer Forensic Systems (PFS) ermittelt worden. Die PFS habe vorliegend erfolgreiche Datenübermittlungen aufgezeichnet. Damit sei sichergestellt, dass der Client über den Anschluss der Beklagtenseite tatsächlich Daten übertragen habe. Diese Daten würden bitweise mit der jeweiligen Referenzdatei abgeglichen und stimmten mit dieser exakt, also1:1 überein.

    Es könne daher festgehalten werden, dass über den Anschluss der Beklagtenseite tatsächlich konkrete Daten zu den streitgegenständlichen Bild / Tonaufnahmen nicht nur illegal angeboten, sondern auch übertragen und über das P2P-Netz verteilt worden seien. Auf Basis der durch das PFS ermittelten Angebotsdaten sei ein zivilgerichtliches Gestattungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG durchgeführt worden. Die verfahrensgegenständliche Rechtsverletzung sei dabei über die jeweilige IP-Adresse samt genutzten Port in Verbindung mit dem Verletzungszeitpunkt eindeutig und ausschließlich dem Internetanschluss der Beklagten zuzuordnen.

    Sie behauptet weiter, die entsprechende Lizenz für den aktuellen Spielfilm betrage regelmäßig nicht weniger als 5,88 EUR. Im Interesse einer maßvollen Anspruchs für sei von dem doppelten Wert einer branchenüblichen Mindest-Abruflizenz, also von 11,76 EUR ausgegangen. Somit würde bereits bei 400 Abrufen eine Lizenzgebühr von mehr als 4.700,00 EUR pro Werk anfallen.



    Die Klägerin beantragt,
    1 Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.11.2014 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.11. 2014 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

    Sie behauptet, sie habe zu keiner Zeit eine Tauschbörse genutzt, eine solche habe sie auch nicht auf Ihrem Computer. Der Internetanschluss werde ebenfalls von ihrem Ehemann Herrn [Name] genutzt. Auch zum angeblichen Tatzeitpunkt am [Datum] bzw. [Datum] habe er selbstständig Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten (über seinen eigenen Computer) gehabt. Nach Kenntniserlangung von dem angeblichen Verstoß habe die Beklagte ihren Ehemann hierauf angesprochen und gefragt, ob dieser für den Verstoß verantwortlich sei. Dieser habe die Frage verneint. Neben der Beklagten habe auch der damals neunjährige Sohn erden Internetanschluss der Beklagten genutzt. Dieser sei von seinen Eltern belehrt worden, "keine illegalen Downloads zu machen und auch sonst nichts Verbotenes über den Anschluss zu machen". Die Beklagte selbst habe lediglich rudimentäre PC-Kenntnisse. Sie nutze im Internet ausschließlich- und dies in geringem Umfang- ein soziales Netzwerk, ansonsten nutze sie den Computer nicht. Sie wisse nicht einmal, wie sie auf einem Computer ein Programm installieren solle und wäre überfordert, wenn sie eine Tauschbörsensoftware herunterladen bzw. installieren oder aber einen Film aus dem Internet herunterladen solle.


    Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz sowie Erstattung der Abmahnkosten in geltend gemachter Höhe, §§ 97, 97a UrhG.

    Die Klägerin ist unstreitig aktivlegitimiert, sie besitzt das ausschließliche Verwertungsrecht für den streitgegenständlichen Film [Name] § 10 Abs. 1 UrhG.

    Weiter ist davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung von dem Anschluss der Beklagten aus begangen worden ist. Bei seinen tatsächlichen Feststellungen hat das Gericht auch ohne förmliche Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier Überzeugung zu entscheiden, welchen vorgetragenen Sachverhalt es als wahr oder nicht wahr erachtet (§ 286 ZPO). Substantiierten, schriftlichen oder bildlich belegten Darstellungen kommt dabei eine beträchtliche Indizwirkung zu. Sie sind nicht allein deshalb, weil sie von der Klägerin vorgelegt wurden und nicht jeden einzelnen Ermittlungsschritt fälschungssicher dokumentieren, nicht glaubhaft. Erklärt sich die Beklagtenseite zu diesen Ermittlungen zulässigerweise mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO), hat das Gericht frei zu würdigen, inwieweit es die Darstellung der Klägerin für plausibel erachtet. Es muss nicht ohne stichhaltigen Grund ergänzend Beweis erheben, OLG Köln,GRUR-RR 2014.

    Vorliegend hatte die Klägerin nachvollziehbar erläutert, auf welche Weise sie die dem Anschluss der Beklagten zuzuordnende IP-Adresse ermittelt hat. So wird zunächst über eine entsprechende Software im Internet nach unerlaubt zum Download angebotenen Daten des streitgegenständlichen Films gesucht. Nach Auffinden einer solchen Datei wird ein Download durchgeführt, und ein Mitarbeiter vergewissert sich, ob es sich tatsächlich um eine voll funktionsfähige Version der Originaldatei handelt. Sodann werden die IP-Adresse sowie der exakte Angebotszeitpunkt gesichert.

    Konkrete Fehler in dieser Ermittlungstätigkeit sind seitens der Beklagten trotz Hinweis des Gerichts nicht vorgetragen worden. Das allgemeine unsubstantiierte Bestreiten, dass die eingesetzte Ermittlungssoftware geeignet sei, zuverlässig Urheberrechtsverletzungen über Tauschbörsen zu ermitteln, ist unbeachtlich. Hier substantiiert ein Vortrag der Klägerseite, umso substantiiert muss auch das Bestreiten der Beklagtenseite ausfallen. Die Klägerin hat detailliert dargelegt, wie der vorgetragene Verstoß ermittelt worden ist. Dazu hatte die Beklagte keine Stellung bezogen. Es wäre ihr indes zumutbar gewesen, konkrete Schritte der Ermittlungstätigkeit anzugreifen, dem ist sie nicht nachgekommen.

    Es steht weiter fest, dass die Beklagte als Täterin für die behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Hierfür trägt die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller an die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urteil vom 12.05.2010 - ZR 121/08, BGHZ 185,330 - Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013,511 Rn. 32 - Morpheus; BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12, BGHZ 700,76 Rn. 14 - BearShare). Vorliegend spricht die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft der Beklagten. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, a.a.O.) spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einem Anschluss zugeordnet war. Diese tatsächliche Vermutung ist jedoch entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat. Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, da die Urheber regelmäßig keine nähere Kenntnis der häuslichen Umstände haben und dem Anschlussinhaber nähere Angaben dazu ohne weiteres zumutbar sind. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH-BearShare, a.a.O.).

    Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung stehen nicht ausschließend nebeneinander, sondern greifen wie folgt ineinander: die sekundäre Darlegungslast betrifft die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Loud - Az. 29 U 2593/15).

    Vorliegend hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend entsprochen. Sie hat insbesondere keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die einen abweichenden Geschehenslauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten mindestens ebenso wahrscheinlich erscheinen lassen.

    Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15 - Everytime we touch- kommt ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebotes haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an, vgl. BGH,GRUR 2016,191 Rn. 39 - Tauschbörse III. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen, vgl. BGH a.a.O. Rn. 34.

    Vorliegend spricht tatsächliche Vermutung für die täterschaftliche Verantwortlichkeit der Beklagten. Die Beklagte trägt vor, sie habe unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung ihren Ehemann, der ebenfalls den Internetanschluss nutze, gesprochen. Dieser habe die Urheberrechtsverletzung abgestritten. Weder sie, die Beklagte, noch ihr Ehemann hätten zu irgendeinem Zeitpunkt den Film [Name] illegal heruntergeladen. Auf Hinweis des Gerichts, dass nicht hinreichend vorgetragen ist, dass ein anderer konkreter Täter für die Rechtsverletzung in Betracht kommt, erklärte der Beklagte ergänzend, dass ihrem Ehemann ein Computer zum Tatzeitpunkt zur Verfügung gestanden hätte und er zu diesem Zeitpunkt auch das Internet genutzt habe. Des Weiteren nutze auch der Sohn [Name] damals neunjährig, den Internetanschluss, dieser sei aber darauf hingewiesen worden, "keine illegalen Downloads zu machen und auch sonst nichts Verbotenes über den Anschluss zu machen".

    Weder trägt die Beklagte vor, dass sie seinen Sohn eingehend nach dem streitgegenständlichen Film und einen möglichen illegalen Download befragt hat, noch trägt die Beklagte zu Nutzerverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten in zeitlicher Hinsicht betreffend die potentiellen Nutzer des Internetanschlusses (Ehemann und Sohn) vor. Es wäre der Beklagten aber durchaus zumutbar gewesen, immerhin zum Nutzungsverhalten des Ehemannes in Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitpunkt vorzutragen. Trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts, ist ein solcher Vortrag indes nicht erfolgt Der Beklagten oblag es aber nach den oben dargestellten Maßstäben mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat, nach ihrem eigenen Vorbringen also, welche Person die Verletzungshandlung begangen hat. Im Ergebnis beruft sich die Beklagte damit lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit des Ehemannes bzw. des Sohnes auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung und genügt damit ihrer Darlegungslast nicht.

    Die Grundrechtsverbürgung gemäß Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz, nach der Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, stehen dieser zivilprozessualen Obliegenheiten nicht entgegen, denn Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz gewährt keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange; vielmehr sind auch die gegenläufigen Belange der Klägerin, deren Ansprüche ihrerseits den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG genießen, zu berücksichtigen. Diesen kommt im Streitfall ein Gewicht zu, das es rechtfertigt, dass sich der Beklagte im Einzelnen dazu erklären muss, wie es zu den - unstreitig - über seinem Internetanschluss erfolgten Rechtsverletzung aus der Familie heraus gekommen ist; anderenfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzung vermittelst von Familien genutzte Internetanschlüsse ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen (OLG München a.a.O.). Nichts anderes fuhrt der BGH im Urteil vom 11.06.2015 Tauschbörse III - aus. Der BGH ist der Auffassung, dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch genügt, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang sei der Anschlussinhaber, so der BGH weiter, im Rahmen des zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet (BGH Urteil vom 11.06.2015 - AZ I ZR 75/14, Rz. 37-Tauschbörse III) Dies wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf die die Klägerin im letzten Schriftsatz vom 12.12.2016 richtigerweise Bezug nimmt. Danach führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht genüge, sofern vorgetragen wird, dass es zwar theoretisch möglich sei, dass ein Familienmitglied die Rechtsverletzung begangen habe, der Anschlussinhaber jedoch nicht davon ausgehe, weil er deren Auskunft glaube, aber nicht mit Sicherheit wisse, ob die Auskunft zutreffend sei, vgl. BVerfG 2 BvR 1797/16. Der genannten Nachforschungspflicht ist die Beklagte gerade nicht nachgekommen. Soweit die Beklagte keinen konkreten Geschehensablauf darlegt, wonach die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten besteht, war auch den Beweisanträgen nicht weiter nachzugehen.

    Gemäß § 97 Abs. 2 UrhG schuldet der Beklagte sogenannten lizenzanalogen Schadensersatz, den das Gericht hier gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR schätzt. Für die Schätzung eines angemessenen lizenzanalogen Schadens durch eine widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke im Wege des Filesharing sind zunächst nach der Rechtsprechung des Landgerichts Oldenburg folgende Gesichtspunkte wesentlich und zu berücksichtigen:


    "die Anzahl der Downloads ist nicht bekannt und Filesharingprogramme sind nicht auf eine Erfassung der Anzahl der Downloads angelegt. Die Zahl möglicher Tauschbörsenteilnehmer und Downloads ist unkontrollierbar. Die Ermöglichung eines Download in einem Filesharing-Netzwerk führt mittelbar zu einer Vervielfachung der Verbreitung, da die Filesharing-Programme in ihren Grundeinstellungen vorsehen, dass eine heruntergeladene Datei ihrerseits wieder zum Abruf bereitgehalten wird (Amtsgericht Hamburg GRUR-RR 2014,107 90). Auf der anderen Seite ist auch zu berücksichtigen, dass in zeitlicher Hinsicht nur eine punktuelle Nutzungshandlung über den Internetanschluss der Beklagten vorgetragen wurden und ohne weitere Anhaltspunkte nicht von einer längeren Nutzungsdauer als maximal 2 Tagen ausgegangen werden kann. Einer Schätzung des Lizenzanalogie-Schadens nach § 287 ZPO spielt nämlich die Zeitdauer der Verletzungshandlung eine nicht nur untergeordnete Rolle (vgl. Schricker / Loewenheim / Wild, Urheberrecht, 4. Aufl , § 7 90 Nummer 158). Weiter ist im Rahmen der Schätzung des sogenannten lizenzanalogen Schadensersatzes zu berücksichtigen, dass das Angebot in einem Filesharing Netzwerk von vornherein gerade nicht an eine unbegrenzte "weltweite Öffentlichkeit" gerichtet ist, sondern lediglich an die Teilnehmer eben dieses konkreten Netzwerkes, mag deren Anzahl selbst auch nicht Beziehung weise schwer feststellbar oder begrenzt bei sein, die nicht legale Angebote im Internet nutzen. Dieser Personenkreis ist von vornherein erheblich eingeschränkt"
    (Landgericht Oldenburg Urteil vom 14.1.2015, Aktenzeichen 5 S 482/14).


    Unter Anwendung dieser Grundsätze erscheint hier ein Betrag in Höhe von 600,00 EUR noch als angemessen.

    Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (Abmahnkosten) in Höhe von 506,00 EUR (Gegenstandswert 10.000,00 EUR). Aufgrund der täterschaftlichen Haftung der Beklagten, hat diese der Klägerin als Schaden auch die ihr entstandenen vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten. Nachdem die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit der Geltendmachung eines Unterlassung-und Schadensersatzanspruchs beauftragt hat, sind auf Basis eines Streitwerts von 10.000,00 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 506,00 EUR entstanden. Insoweit ist auch der zugrunde gelegte Streitwert nicht zu beanstanden, vielmehr liegt dieser im Bereich der nach der ständigen Rechtsprechung anzusetzenden Streitwerthöhe.

    Die Einrede der Verjährung greift nicht. Unabhängig davon, dass nach der neuen Rechtsprechung des BGH die Verjährungsfrist bezüglich des Schadensersatzanspruches nicht mehr drei Jahre sondern mittlerweile zehn Jahren Anwendung von § 852 BGB beträgt ist der Anspruch bereits deshalb nicht verjährt, weil die Klägerin im Jahre [Jahreszahl] Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung erlangt hat, ein entsprechender Mahnbescheid ist bereits am 21.01.2015 erlassen worden, somit sogar noch innerhalb der Dreijahresfrist.

    Es ist auch davon auszugehen, dass die Beklagte das Abmahnschreiben erhalten hat. Die pauschale Behauptung, sie habe keines erhalten, dürfte eine Schutzbehauptung darstellen, zumal die Beklagte selbst vorträgt, dass aufgrund einer Abmahnung der Klägerin sie ihren Ehemann auf die Behauptung des Urheberrechtsverstoßes angesprochen habe. Darüber hinaus trägt die Klägerin unwidersprochen vor, dass der Ehemann der Beklagten selbst nach Erhalt des sechsten Schreibens vom 01.12.2014 bei der Klägerin angerufen habe, um eine Neuzustellung der Abmahnung zu bewirken, was dann auch erfolgt ist.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280,286,288 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1,708 Nr.11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Oldenburg,
    Elisabethstraße 7,
    26135 Oldenburg.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

    Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden



    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Oldenburg, Urteil vom 21.12.2016, Az. 6 C 6124/16 (VI),
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast
tatsächliche Vermutung der Täterschaft,
Einrede Verjährung,
Abmahnschreiben nicht erhalten,
Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz,
unsubstantiiertes Bestreiten,
Nutzungsverhalten,
Minderjährige (9 Jahre),
Belehrung Minderjährige

rumpl
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5636 Beitrag von rumpl » Samstag 18. Februar 2017, 13:45

Bei meiner Recherche zum Erhalt und Versand von Mahnbescheiden lese ich widersprüchliche Sachen.
Es geht hierbei um einen negativen Schufa-Eintrag. Der Widerspruch zum Mahnbescheid geht ja an ein Amtsgericht, nicht an den Kläger. Sollte man den Kläger über den Widerspruch eines Mahnbescheids also in Kenntniss setzen? Das rauszufinden ist sicherlich deren Problem, aber ein potentieller Schufa-Negativeintrag ist ein Problem des Angeklagten. Man liest hier im Forum, dass "Einträge in der Schufa bei widersprochenen Forderungen nicht vorgenommen werden dürfen."

Diese Kanzlei-Webseite behauptet aber, dass die Gefahr deren Erfahrung nach durchaus besteht:
Soll ich die Gläubigerseite über meinen Widerspruch informieren?

Nach meiner Erfahrung ist es sehr wichtig, die Gläubigerseite schriftlich zu kontaktieren, nachdem man einen Mahnbescheid erhalten hat. Zusätzlich zur Rücksendung des Widerspruchsformulars an das Amtsgericht sollten Sie in jedem Fall ein Widerspruchsschreiben an den Gläubiger richten. In diesem teilen Sie mit, dass Sie dem Mahnbescheid widersprochen haben und begründen diesen Widerspruch. Dieses zusätzliche Widerspruchsschreiben hat vor allem die Funktion, einen Schufa-Negativeintrag zu verhindern. Immer dann, wenn gegen Sie eine Forderung geltend gemacht wird, egal ob berechtigt oder unberechtigt, droht die Gefahr eines solchen Negativeintrags. Es gibt vielfältige Möglichkeiten und Konstellationen, die es der Gläubigerseite ermöglichen, einen Schufa-Eintrag vornehmen zu lassen. Um mit größtmöglicher Sicherheit einen Negativeintrag zu verhindern, ist ein zusätzliches Widerspruchsschreiben unablässig. Damit tun Sie alles, was im Bereich Ihrer Möglichkeiten liegt, um einen Eintrag in der Schufa zu verhindern.
Ich verstehe, dass es ratsam ist den Kläger zu benachrichtigen, um nicht mit Feuer zu spielen. Mehr interessiert mich, was denn die tatsächliche Rechtslage ist. Weiß das jemand?

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5637 Beitrag von Steffen » Samstag 18. Februar 2017, 18:37

Im Grundsatz hat nur der Gläubiger Einfluss betreffs eines Eintrages in der Schufa. Ich werde diese Frage aber einmal weitergeben, kenne aber solche Maßnahmen bislang nicht.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5638 Beitrag von rumpl » Samstag 18. Februar 2017, 22:34

Steffen hat geschrieben:Im Grundsatz hat nur der Gläubiger Einfluss betreffs eines Eintrages in der Schufa. Ich werde diese Frage aber einmal weitergeben, kenne aber solche Maßnahmen bislang nicht.
Das wäre nett, danke Steffen.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5639 Beitrag von Yapeter » Samstag 18. Februar 2017, 23:24

Hallo allerseits,

auch ich habe heute eine Abmahnung von W+F im Briefkasten gefunden. Es geht um zwei Filme, die mittels Filesharing weitergegeben worden sein sollen. Dementsprechend wird pauschal ein Schadens- und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 1681,30 € eingefordert.

Nun habe ich mich bereits etwas im Internet, vor allem hier im Forum, informiert, und tendiere zu folgendem Vorgehen:

- Zuerst mod. UE (mit Einschreiben, zunächst auch per Email, da die Frist bereits bald abläuft),

- dann ein Vergleich (telefonisch und persönlich, in der Hoffnung, die Kosten um ca. 40-50% zu drücken).

Gründe dafür sind:

1. Ich sehe in meinem Fall kaum eine Möglichkeit, meine Unschuld zu beweisen.
2. Ich will mich ungern die nächsten drei (oder sind es jetzt 10?) Jahre mit der Sache befassen müssen.
3. Wenn ich nach meiner kurzen Recherche den Verlauf der letzten paar Jahre richtig interpretiert habe, dann wird es immer unwahrscheinlicher, ganz ohne Zahlungen davonzukommen (speziell wenn man nicht klar seine Unschuld beweisen kann).

Meine Fragen an alle sind jetzt:
1. Ist ein Vergleich zu diesem Zeitpunkt sinnvoll, oder sollte ich zunächst weitere Zahlungsaufforderungen abwarten? (Ist denn bereits bei der zweiten Aufforderung mit einer Erhöhung zu rechnen?)
2. Sollte ich einen Vergleich lieber schriftlich vorschlagen, oder sogar einen Anwalt dazu beauftragen?

Vielen Dank für eure Antworten und vor allem für euer jahrelanges Engagement!

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5640 Beitrag von Steffen » Sonntag 19. Februar 2017, 00:54

Man muss ja erst einmal eines sehen. Es geht um zwei Filme, wo wahrscheinlich mehrere Ermittlungsdatensätze vorliegen werden, sicherlich über einen große Zeitraum, vielleicht sogar mit unterschiedlichen IP-Adressen. Gerade aktuelle Entscheidungen zeigen, dass man mit einem Ermittlungsdatensatz nicht mehr hinkommt. Ergo, je mehr Datensätze, desto ungewöhnlicher, dass die Beweiserhebung fehlerhaft wäre. Richter nennen es dann als lebensfremd, dass jeder Ermittlung falsch ist.

Das bedeutet, man muss die Täterschaftsvermutung durchbrechen. Dieses geht nur über Mitnutzer oder ein unzureichend gesicherten Zugang. Hierzu sollte man aber mit einem Anwalt reden.

Sieht man seine Felle davonschwimmen, sollte man gerade bei der Forderungshöhe und Anzahl einen Vergleich anstreben. Keiner weiß, was in drei Jahren ist und in welcher Höhe der Schadensersatz noch ansteigt. In einem Gerichtsverfahren wären wir jetzt schon bei ca. 1.000,- € für - einen - Film.

Wenn man sofort einen Vergleich anstrebt, ist ein Anwalt zwar der sichere Weg, aber man muss dann seine Kosten aufaddieren. Nach m.E. sollte man einfach beim Abmahner anrufen und einen Vergleich aushandeln. Wenn man selbst einen gewisse Höflichkeit an den tag legt, kann man mit jedem Abmahner reden und einen Weg finden. Sicherlich kann man auch den schriftlichen Weg wählen, aber ob man da mit 40 - 50 % bei zwei Filmen rechnen kann, ist wohl eher unwahrscheinlich, wenn man kein - nachweisbarer - Härtefall ist.

VG Steffen

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