Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#981 Beitrag von Steffen » Mittwoch 6. Januar 2016, 16:38

Oberlandesgericht München - Terminsbericht


06.01.2016


Das OLG München hat am 03.12.2015 über einen spannenden Filesharing Fall verhandelt, in dem es darum geht, ob Eltern als Anschlussinhaber ihre Kinder als Täter benennen müssen (29 U 2593/15).


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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies


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Die von uns verteidigten Eltern hatten sich gegen die Klage des von Raschs Rechtsanwälten vertretenen Tonträgerherstellers damit verteidigt, dass ihre drei Kinder, die sie altersgerecht belehrt hatten, Zugang zu ihrem Internet hatten und eines ihrer Kinder nach Eingang der Abmahnung wegen Filesharings auf die Nachforschungen der Eltern hin den Vorfall ihnen gegenüber gestanden hat. Sie waren aber auch rechtlich davon überzeugt, dass sie nicht verpflichtet wären, die Identität des verantwortlichen Kindes preiszugeben, da dieses ja ansonsten in die Gefahr geriete, selber zivil- oder strafrechtlich verfolgt zu werden und dies schon vor dem Hintergrund des grundgesetzlich verankerten Schutzes der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht statthaft sei. Ähnlich hatte das Landgericht Berlin mit Urteil vom 09.12.2014 (Az. 15 S 12/14) schon geurteilt, dass Eltern eben gerade nicht verpflichtet sind, ihre Kinder “ans Messer zu liefern”. Vor dem Landgericht hatten die Kinder der Beklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Das Landgericht hatte die Beklagten daraufhin zur Zahlung verurteilt (LG München vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14).

Wie das OLG München den Rechtsfall beurteilen wird, erscheint im Moment noch völlig offen, da dem Senat die schriftlichen Urteilsbegründungen in den drei Filesharing Verfahren vor dem BGH aus dem Sommer diesen Jahres (Filesharing I-III) noch nicht vorlagen, die just an diesem Tage von der Kanzlei Rasch veröffentlicht worden waren.


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Eine Entscheidung des OLG München ist insofern erst für den 14.01.2016 angekündigt und wird mit Spannung erwartet.

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Quelle: new-media-law.net
Link: http://www.new-media-law.net/olg-muench ... nsbericht/


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OLG MÜnchen

#982 Beitrag von Steffen » Donnerstag 14. Januar 2016, 11:35

Antenne Bayern - Aktuell

Wie der Radiosender Antenne Bayern eben berichtet, wurde am OLG München ein Urteil zugunsten der Plattenfirma gefällt.

  • (...) Ja, sie müssen bezahlen, so die Richter am Vormittag. Die Eltern wüssten zwar, welches der Kinder ein "Rihanna"-Album illegal angeboten hat, wollten aber nicht verraten welches und argumentierten, man könne ihnen nicht zumuten, die eigenen Kinder zu belasten. Die hatten vor Gericht, von ihrem Schweigerecht gebrauch gemacht. Somit fällt die Schuld zurück auf die Inhaber des Internetanschlusses. Rund 3.500,- € sollen sie jetzt an die Plattenfirma zahlen, wenn sie nicht weiter vor dem Bundesgerichtshof ziehen. (...)

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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#983 Beitrag von Steffen » Donnerstag 14. Januar 2016, 12:23

Oberlandesgericht München - Pressemitteilung Zivilsachen 02/16:

Filesharing - Zur Haftung von Eltern für Urheberrechtsverletzungen, die aus der Familie heraus begangen wurden




Den Leitsatz des Urteils, welches das Oberlandesgericht München am 14.01.2016 verkündet hat, können sich wirklich nur Juristen ausgedacht haben.

Er lautet:
  • "In Filesharing-Fällen betrifft die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, er sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen."


Was heißt das nun auf Deutsch?

Was eine Internettauschbörse ist, werden viele wissen: Ein Nutzer stellt anderen Nutzern über das Internet eine Auswahl seiner Dateien zur Verfügung (= Filesharing) und erhält im Gegenzug die Möglichkeit, auf Dateien anderer Teilnehmer zuzugreifen. Wenn dies illegal geschieht und Rechte Dritter verletzt werden, stellt sich für diese bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen oft das Problem, den Verantwortlichen ausfindig zu machen.

Über eine solche, schwierige Frage der sogenannten Darlegungs- und Beweislast und sogar Fragen nach dem Umfang der Geltung von Grundrechten aufwerfende Fallkonstellation hatte das Oberlandesgericht München zu entscheiden.

Die Klägerin, eine Tonträgerherstellerin, der die ausschließlichen Verwertungsrechte an einem bestimmten Musikalbum und den dort enthaltenen elf Musiktiteln zustehen, hatte vor dem Landgericht München I gegen ein Ehepaar Schadensersatzansprüche in Höhe von mindestens 2.500,- EUR und Ersatz ihrer Abmahnkosten in Höhe von über 1.000,- EUR geltend gemacht, da dieses Album mit sämtlichen Titeln an einem bestimmten Tag über einen Internetanschluss, dessen Inhaber die beklagten Eheleute sind, mittels einer Filesharing-Software im Rahmen einer Internettauschbörse ohne Zustimmung der Klägerin unberechtigt zum Herunterladen angeboten worden war. Das Vorbringen der Beklagten, sie hätten drei Kinder und diese hätten Zugang zu dem Internetanschluss gehabt, bestritt die Klägerin.

Die Beklagten hatten zu ihrem Antrag auf Klageabweisung vorgetragen, sie selbst hätten zur fraglichen Zeit einen gemeinsamen, normalerweise im Wohnzimmer stehenden Rechner besessen. Sie hätten mit ihren drei damals bereits volljährigen Kindern zusammengewohnt, die jeweils eigene Rechner gehabt hätten. Mit einem Router der Telekom hätten sie einen drahtlosen Internetzugang betrieben, der durch ein auch den Kindern bekanntes Passwort gesichert gewesen sei. Die Verletzungshandlung sei von einem ihrer Kinder vorgenommen worden; sie wüssten zwar, welches Kind dafür verantwortlich sei, wollten dieses jedoch nicht benennen.

Mit Urteil vom 01.07.2015 (Gz.: 37 O 5394/14) hatte das Landgericht die Beklagten dazu verurteilt, an die Klägerin 3.544,40 EUR nebst Zinsen zu bezahlen.

Das Oberlandesgericht bestätigte nun das landgerichtliche Urteil und wies die Berufung des beklagten Ehepaares insoweit zurück. Es sah das Ehepaar als Täter der begangenen Rechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) an.

In seinem Urteil stellte das Oberlandesgericht zunächst die für den Nachweis der Täterschaft in Filesharing-Fällen in der Rechtsprechung gelten Grundsätze dar:
  • - Grundsätzlich ist es danach Sache des Anspruchstellers, nachzuweisen, dass der von ihm auf Schadensersatz in Anspruch Genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Wenn allerdings ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers. Halten mehrere Personen, etwa - wie im Streitfall - Eheleute, den Internetanschluss mit der betreffenden IP-Adresse gemeinsam, so gilt die Vermutung zulasten aller Anschlussmitinhaber. Eine tatsächliche Vermutung begründet einen sogenannten Anscheinsbeweis, zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt; es müssen vielmehr besondere, gegebenenfalls vom Anspruchsgegner - hier dem Anschlussinhaber - nachzuweisende Umstände hinzukommen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs ergeben soll.

    - Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Inhabers eines Internetanschlusses ist allerdings nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung, die von diesem Internetanschluss ausging, sondern - im Falle der hinreichenden Sicherung des Anschlusses - auch, dass der Anschluss nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Will sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, deren Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Beweisbedürftig werden die entsprechenden Darlegungen des Anspruchstellers jedoch nur, wenn der Anschlussinhaber sie nicht nur pauschal bestreitet, sondern ihnen mit konkreten Angaben entgegentritt. Dieser sogenannten sekundären Darlegungslast genügt der Anschlussinhaber nur dann, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht. Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen. Entspricht der Anschlussinhaber dagegen seiner sekundären Darlegungslast nicht, so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zu legen.

    - Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung stehen daher, so das Oberlandesgericht, nicht einander ausschließend nebeneinander, sondern greifen wie folgt ineinander: Die sekundäre Darlegungslast betrifft die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen.
Nach diesen Grundsätzen, so das Oberlandesgericht, sei das Landgericht in dem nun entschiedenen Fall zu Recht von der Täterschaft der Beklagten ausgegangen.

Die Beklagten hätten die Anforderungen der sie insoweit treffenden sekundären Darlegungslast nicht erfüllt. Ihnen habe es oblegen mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hatten, nach ihrem eigenen Vorbringen also, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hatte. Sie hätten sich indes geweigert, diese Kenntnis mitzuteilen. Damit hätten sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer drei Kinder auf den Internetanschluss berufen, ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung zu machen. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe die Grundrechtsverbürgung des Art. 6 Abs.1 GG, nach der Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen, dieser zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen. Denn Art. 6 Abs.1 GG gewähre keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange; vielmehr seien auch die gegenläufigen Belange der Klägerin, deren Ansprüche ihrerseits den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG genießen würden, zu berücksichtigen. Diesen komme im Streitfall ein Gewicht zu, das es rechtfertige, dass sich die Beklagten im Einzelnen dazu erklären müssen, wie es zu den - unstreitig über ihren Internetanschluss erfolgten - Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen sei; andernfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzungen vermittels von Familien genutzter Internetanschlüsse ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen.

Da die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast zum Zugriff Dritter auf ihren Internetanschluss nicht nachgekommen seien, sei von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Inhaber des Anschlusses die Täter der Rechtsverletzung seien. Diese tatsächliche Vermutung hätten die Beklagten nicht erschüttert. Sie haben sich zwar darauf berufen, dass auch ihre Kinder zum Zeitpunkt der rechtsverletzenden Handlung Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten, und diese zum Beweis dafür benannt. Sie seien jedoch beweisfällig geblieben, weil sich die als Zeugen benannten Kinder auf ihr ihnen jeweils gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben.

Das Oberlandesgericht hat, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, die Revision gegen seine Entscheidung zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dies deshalb, da die Rechtsfrage, durch welche Angaben ein Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nachkommen kann, über den Streitfall hinaus für eine Vielzahl von Filesharing-Fällen Bedeutung hat.

Das Geschäftszeichen des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht München lautet 29 U 2593/15.


Wilhelm Schneider
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht
Pressesprecher des Oberlandesgerichts München für Zivilsachen



Quelle: https://www.justiz.bayern.de/gericht/ol ... /index.php

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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#984 Beitrag von Steffen » Donnerstag 14. Januar 2016, 23:39

Rechtsanwälte Knies & Albrecht:
Oberlandesgericht München - Filesharing - Az. 29 U 2593/15



23:38 Uhr


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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies


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Das OLG München hat mit Urteil vom 14. Januar 2016 (Az. 29 U 2593/15) geurteilt, dass beklagte Eltern als Anschlussinhaber ihre Kinder als Täter benennen müssen, um ihrer sekundären Darlegungslast Genüge zu tun. Die von der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" vertretene Tonträgerherstellerin konnte damit einen streitigen und aufsehenerregenden Rechtsfall zumindest in zweiter Instanz für sich entscheiden.

Dabei verfolgt das OLG München allerdings einen dogmatisch kuriosen Ansatz, der aus Sicht der Beklagten in klarem Widerspruch zu den bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den prozessualen Pflichten eines Anschlussinhabers stehen. Doch worum geht es im Fall:



Sachverhalt:

Über das Internet der Beklagten war am 02. Januar 2010 ein urheberrechtlich geschütztes Album einer bekannten amerikanischen Sängerin in einer Tauschbörse illegal getauscht worden. Das Ermittlungsunternehmen "proMedia Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH" hatte im Auftrag der Tonträgerherstellerin und der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" diesen Vorgang mit protokolliert. Die Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" hatte in der Folge die Beklagten abgemahnt und neben einer Unterlassungserklärung den Ersatz von Anwaltskosten und Schadensersatz von den Beklagten verlangt. Die von uns verteidigten Eltern hatten sich im Prozess gegen die Klage des von "Rasch Rechtsanwälte" vertretenen Tonträgerherstellers damit verteidigt, dass ihre drei Kinder, die sie altersgerecht belehrt hatten, Zugang zu ihrem Internet hatten und eines ihrer Kinder nach Eingang der Abmahnung wegen Filesharings auf die Nachforschungen der Eltern hin den Vorfall ihnen gegenüber gestanden hat.

Sie waren aber auch rechtlich davon überzeugt, dass sie rechtlich nicht verpflichtet wären, die Identität des verantwortlichen Kindes preiszugeben, da dieses ja ansonsten in die Gefahr geriete, selber zivil- oder strafrechtlich verfolgt zu werden und dies schon vor dem Hintergrund des grundgesetzlich verankerten Schutzes der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht statthaft sei. Ähnlich hatte das Landgericht Berlin mit Urteil vom 09.12.2014 (Az. 15 S 12/14) schon geurteilt, dass Eltern eben gerade nicht verpflichtet sind, ihre Kinder "ans Messer zu liefern". Vor dem Landgericht hatten die Kinder der Beklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Das Landgericht hatte die Beklagten daraufhin zur Zahlung verurteilt (LG München vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14).

Der Fall ist juristisch von hohem Interesse, da es darum geht, wie weit die sekundäre Darlegungslast eines verklagten Anschlussinhabers geht und wie sich diese beweisrechtlich zu der sogenannten tatsächlichen Vermutung verhält, zwei Beweiserleichterungen, die der BGH in Filesharing Fällen den klagenden Rechteinhabern gewährt und wie sie in der aktuellen Entscheidung "Tauschbörse III" vom BGH noch einmal präzisiert wurden.



Die Entscheidung des OLG München:

Mit Pressemitteilung 02/16 vom 14. Januar 2016 hat das OLG München seine Entscheidung auch gegenüber der Presse bekanntgegeben.

Das rechtlich komplizierte Verhältnis der tatsächlichen Vermutung zur sekundären Darlegungslast wird in dem Urteil des OLG völlig neu und aus Sicht der Beklagten nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH bewertet: In der Pressemitteilung (und im Urteil) führt das OLG aus:
  • "In Filesharing-Fällen betrifft die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, er sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen."

Die etwas Langatmige und für Laien nicht ohne weiteres verständliche Pressemitteilung des OLG wirft an dieser Stelle selber die Frage auf, "was das nun auf Deutsch heiße"?

Bringt man es auf den Punkt, dann geht es darum, ob Eltern ihre Kinder verraten müssen, um einen Filesharing-Prozess gewinnen zu können.


Rechtlich geht es um die Beweislast und darum, wer im Filesharing Prozess was beweisen muss, also um das Verhältnis der tatsächlichen Vermutung zur sekundären Darlegungslast, zwei Beweiserleichterungsregeln zugunsten der klagenden Rechteinhaber, deren Verhältnis wir in einem Online-Aufsatz zur sekundären Darlegungslast einmal genauer untersucht haben.

Daraus ergibt sich auch klar, dass der BGH sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung in all seinen Entscheidungen anders ins Verhältnis setzt: Denn in der Entscheidung "Tauschbörse III" (I ZR 75/14 v. 11.06.2015) hat der BGH klargestellt, dass die tatsächliche Vermutung dann widerlegt ist, wenn der Anschlussinhaber vorträgt, dass zum Tatzeitpunkt andere seinen Anschluss nutzen konnten. In diesen Fällen und somit im Anschluss trifft den Anschlussinhaber dann aber eine sekundäre Darlegungslast, die aber eben gerade nicht zu einer Umkehr der Beweislast führt, wie wir auch in unserem Aufsatz zur tatsächlichen Vermutung und sekundären Darlegungslast ausgeführt haben. Wörtlich hat der BGH darauf hingewiesen, dass den Anschlussinhaber aber eben gerade "keine Verpflichtung trifft, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg notwendigen Informationen zu verschaffen (BGH I ZR 75/14, Rz. 37)".

Diese Systematik des BGH verkennt das Urteil des OLG München eindeutig. Das Urteil des OLG München ist noch nicht rechtskräftig und muss auch nicht das letzte Wort darstellen. Um die in vielen Fällen auftretende Rechtsfrage bundeseinheitlich zu klären, hat das OLG München erfreulicherweise die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.


SAT.1 hat hierzu einen TV-Beitrag mit einem Statement von Dr. Bernhard Knies ausgestrahlt, den Sie hier abrufen können. Die Bayern 3 Rundschau hat ebenfalls mit einem Kurzstatement berichtet.


Lesen hierzu auch die Berichterstattungen der Abendzeitung München und der Süddeutschen Zeitung.



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Autor: Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies
Quelle: http://www.new-media-law.net
Link: http://www.new-media-law.net/olg-muench ... nsbericht/

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OLG München, Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15

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OLG München, Az. 29 U 2593/15

#985 Beitrag von Steffen » Freitag 15. Januar 2016, 09:39

Rasch Rechtsanwälte:
OLG München Urteil vom 14.01.2016 Az. 29 U 2593/15 (Filesharing)



09:40 Uhr


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Rasch Rechtsanwälte
An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de


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Bei einer Rechtsverletzung müssen Inhaber eines Internetanschlusses - egal ob Familie oder Wohngemeinschaft - alle bekannten Fakten zum verantwortlichen Verletzer darlegen. Wenn sie das nicht tun, haften sie selbst. Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15) hat die Chance genutzt und sowohl für Inhaber eines Internetanschlusses als auch für die Rechteinhaber neue Klarheit geschaffen.

Rasch Rechtsanwälte hatten für einen führenden Tonträgerhersteller wegen illegalen Filesharings des Musikalbums "Loud" der Künstlerin Rihanna Schadensersatzansprüche gegen Anschlussinhaber beim Landgericht München geltend gemacht und vom Landgericht zugesprochen bekommen (Landgericht München Urteil vom 01.07.2015 Az. 37 O 5394/14). Wir berichteten darüber.

Die Rechtsverletzung über den Internetanschluss der Beklagten Eheleute war unstreitig. Die Beklagten bestritten jedoch, selbst verantwortlich zu sein. Sie trugen vor, eins ihrer drei volljährigen Kinder habe die Rechtsverletzung begangen. Sie wüssten, wer es war, wollten aber nicht mitteilen, wer.



Umfangreiche Mitteilungspflichten aufgrund der sekundären Darlegungslast

Nach zutreffender Auffassung des OLG München, welches im Berufungsverfahren heute ein Urteil fällte, reicht das nicht aus, der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast zu genügen. In der Pressemitteilung des OLG München vom heutigen Tage heißt es:
  • "Nach diesen Grundsätzen (...) sei das Landgericht in dem nun entschiedenen Fall zu Recht von der Täterschaft der Beklagten ausgegangen.

    Die Beklagten hätten die Anforderungen der sie insoweit treffenden sekundären Darlegungslast nicht erfüllt. Ihnen habe es oblegen mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hatten, nach ihrem eigenen Vorbringen also, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hatte. Sie hätten sich indes geweigert, diese Kenntnis mitzuteilen. Damit hätten sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer drei Kinder auf den Internetanschluss berufen, ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung zu machen. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe die Grundrechtsverbürgung des Art. 6 Abs.1 GG, nach der Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen, dieser zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen. Denn Art. 6 Abs.1 GG gewähre keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange; vielmehr seien auch die gegenläufigen Belange der Klägerin, deren Ansprüche ihrerseits den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG genießen würden, zu berücksichtigen. Diesen komme im Streitfall ein Gewicht zu, das es rechtfertige, dass sich die Beklagten im Einzelnen dazu erklären müssen, wie es zu den - unstreitig über ihren Internetanschluss erfolgten - Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen sei; andernfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzungen vermittels von Familien genutzter Internetanschlüsse ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen.

    Da die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast zum Zugriff Dritter auf ihren Internetanschluss nicht nachgekommen seien, sei von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Inhaber des Anschlusses die Täter der Rechtsverletzung seien. Diese tatsächliche Vermutung hätten die Beklagten nicht erschüttert. Sie haben sich zwar darauf berufen, dass auch ihre Kinder zum Zeitpunkt der rechtsverletzenden Handlung Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten, und diese zum Beweis dafür benannt. Sie seien jedoch beweisfällig geblieben, weil sich die als Zeugen benannten Kinder auf ihr ihnen jeweils gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben."


Tatsächliche Vermutung wird wie ein Anscheinsbeweis behandelt

Das Urteil des OLG München räumt auch mit anderen Missverständnissen auf. Es stellt - wie schon in der Entscheidung des BGH vom 15.11.2015 (Az. I ZR 74/12) zu lesen war - klar, dass die tatsächliche Vermutung der eigenen Verantwortlichkeit auch dann gilt, wenn zwei Inhaber eines Internetanschlusses existieren. Zudem ist - so das OLG München zutreffend - die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers prozessual wie ein Anscheinsbeweis zu handhaben mit der Folge, dass der / die Anschlussinhaber die Tatsachen, die die tatsächliche Vermutung erschüttern können, vom Anschlussinhaber selbst zu beweisen sind.



Verhältnis von sekundärer Darlegungslast und tatsächlicher Vermutung

In einem obiter dictum nimmt das OLG München schließlich ohne Not eine dogmatisch nicht nachvollziehbare Verlagerung der sekundären Darlegungslast vor die tatsächliche Vermutung vor. Das OLG München konstruiert dies auf Grundlage der BGH-Entscheidungen "Tauschbörse III" und "BearShare" (BGH Urteil vom 11.06.2015 Az. I ZR 75/14, Tz. 37 und BGH GRUR 2014, 657, ferner auch: BGH Urteil vom 31.05.2010 Az. II ZR 30/09, Tz. 26 = BGH NJW 2010, 2506 m.w. Nachw.). Dies lässt sich den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs jedoch nicht entnehmen.

Dem BGH ging es in seinen Entscheidungen zu Tauschbörsen erkennbar um Folgendes:
  • »Kann der Anschlussinhaber durch Darlegung und Beweis eines möglichen alternativen Geschehensablaufs die tatsächliche Vermutung seiner Verantwortlichkeit erschüttern, hat der geschädigte Rechteinhaber im Bereich des Zumutbaren das Recht, vom Anschlussinhaber dargelegt zu bekommen, wie es zu den Rechtsverletzungen hat kommen können, damit er seine Rechte gegen die verantwortliche Person durchsetzen kann.«


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OLG München Urteil vom 14.01.2016 Az. 29 U 2593/15
Urteil im Volltext als PDF-Download


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Autor: Rechtsanwalt Werner Jansen
Quelle: www.raschlegal.de
Link: http://www.raschlegal.de/news/olg-muenc ... lesharing/


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OLG München Urteil, vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15

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Skandalurteil OLG München

#986 Beitrag von Steffen » Sonntag 17. Januar 2016, 14:26

Das "Skandalurteil" des Oberlandesgericht München (Az. 29 U 2593/15), jedenfalls aus Sicht der Foren-Fachleute!


14:25 Uhr


Voranstellend und einführend eine chronologische Abfolge, die auffallende Ähnlichkeiten zu den Einschätzungen der "Fachleute" in den Foren vor und nach dem Termin 11.05.2015 betreffs den BGH-Entscheiden "Tauschbörse I - III" aufweist. Ich verzichte hier - bewusst - auf Namensnennung und werde diese auch nachfolgend abändern, entpersonalisieren. Auf die Beleidigungen in den Zitaten verzichte ich dabei.



05.12.2015, Forum B:
  • (...) Eines der besten Beispiele der letzten Monate ist die aktuelle "OLG-München-Affaire".

    Zitat aus Forum A:
    "Mit dem Volltext zum BGH-Entscheid "Tauschbörse III" wird nur in einem Satz klar, was der BGH wirklich meint."


    Problematisch für rka / [Forum A] jedoch eine zufällig am 03.12.2015 statt findende mündliche Verhandlung am OLG München, in der die Gegenpartei, vertreten durch Rasch - Hamburg, den einen Satz nebst identischer These zu rka / [Forum A] vorlegte (vgl. Terminsbericht). Das OLG München fand den Satz aber gar nicht so klar, sondern war (noch mehr) "sehr verunsichert". Gerade abgeleitete Thesen ("Kein Zeugnisverweigerungsrecht ...") aus dem Satz von nun Rasch / [Forum A] / rka "verunsicherten". Das Gericht will umfangreich und sorgsam prüfen.

    Andersherum: Wenn der Satz so klar wäre, hätte das Gericht schlicht dem Dr. Knies empfohlen, die Berufung zurückzunehmen.

    Das die Abmahner dennoch ihre These aufrechterhalten und sicherlich auch da und dort Gehör finden werden - logisch. Jedoch markiert bereits der 03.12.2015 die erste große Pleite, die allerdings in einem sicher superinteressanten Urteil münden wird. Und nicht LG! OLG! (...) Fazit: für die "Fachleute" sehr leicht erkennbar. Aber nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, da ein Großteil der Abgemahnten es nicht erkennt. (...)


14.01.2016, Termin OLG München (Az. 29 U 2593/15),
Verlauf, aus unserer Sicht eher suboptimal


Nach bewusster Stille und Zeit des Nachdenkens der "Fachleute" ...


14.01.2015, Forum B:
  • (...) Wie zu erwarten hat das OLG München verfügt, dass die Rechte der Unterhaltungsindustrie höher wiegen als Grundrechte deutscher Bürger. Zudem hat es verfügt, das eine Zeugnisverweigerung eines Zeugen bei dem jeweiligen Beklagten "Beweisfälligkeit" auslöst - er also den Beweis dann nicht erbracht hat.

    Man ist gespannt - wie / ob das noch weiter geht. Mehr eventuell später. (...)

Und die Drohung "eventuell später mehr" wurde von uns Fachleuten umgesetzt. Denn, als der rettende Strohhalm: "Wir ziehen vor den BGH!" in den Medien kursierte - wieder mit Oberwasser - hieß es jetzt ...



16.01.2015, Forum B:
  • (...) Seitenskandal: Der Bayrische Rundfunk lässt Wilhelm Schneider, Sprecher des Oberlandesgerichts München zu Wort kommen. (...) Der Junge hat dabei wohl nicht erwartet, dass die Kanzlei Rasch das Urteilsfax so schnell veröffentlichen wird. Auf den Seiten 8/9 wird schnell klar, dass der Sprecher des OLG die Öffentlichkeit hier anlügt. (...) Dabei sollte man auch weiterlesen! Insbesondere die Fantasien zum Verhalten der Beklagten während eines Bekanntenbesuches stellen die Denkrichtung Münchens klar. Es wird krampfhaft und unverständlich jede noch so idiotische Möglichkeit an den Haaren herbei gezerrt. So müsse man keine Besucher-Zeugen hören, da diese sich sicherlich nicht daran erinnern könnten, wie sich einer der Anschlussinhaber schnell aus dem Wohnzimmer geschlichen habe, um schnell eine Internettauschbörse zu aktivieren. (...)


Dann, wieder auf den Gipfel der "Überlegenheit" ...


16.01.2016, Forum B:
  • (...) Vergleichbar und bekannter ist aktuell die Klärung Rechtsfrage der Interpretation des §102 UrhG - also die Rechtsfrage der Verjährung. In der Rechtsfrage der Verjährung spielt sogar noch nicht einmal mehr eine Rolle, ob man der Täter ist. Es geht hierbei niemals um "dumm gelaufen", oder "toll gelaufen". Ungeklärte Rechtsfragen gehören ... geklärt. Ein Täter, der z.B. die ungeklärte Rechtsfrage vor dem BGH klären lässt, ist nicht "dumm" wenn er verliert, oder "ganz schlau" wenn er gewinnt. Er hat schlichtweg die Eier die ungeklärte Rechtsfrage klären zu lassen. (...)


Mit einem polemischen Abschließen des "Gedankengutes" der Forenwelt:
  • (...) Es mangelt wie immer an der (für Erfolge) notwendige Solidarität unter Abgemahnten! (...)


..................................................



Was stellt das OLG München (Az. 29 U 2593/15) für mich dar?


Natürlich möchte auch ich meinem Standpunkt darlegen, der aber auf keiner nachgewiesen qualifizierten oder studierten Meinung beruht, sondern auf meinen wirren und unstrukturierten Gedanken. Dabei werde ich versuchen, unparteiisch zu bleiben. Sicherlich ist das Urteil des OLG München aus der Sicht der Beklagten erst einmal schlecht ausgegangen. Punkt. Schnell wurden die "Rufer aus der Wüste" laut: den bajuwarisch anders tickenden Uhren; Rechtsbruch der Oberlandesrichter; Grundgesetz (Art. 6) wird mit den Füßen getreten; Irrsinn, dass man seine Kinder "verpetzen" muss!; aber der BGH wird hier die Entscheidung fällen!


Nur was sagt denn das OLG bzw. was war der Auslöser?


Vorinstanz: LG München - Az. 57 O 5394/14
  • (...) Die Beklagten beantragen:
    Klageabweisung.


    Sie tragen zur Begründung vor, (...)
    (..) Am 02.01.2011 hätten die Beklagten ab 16:00 Uhr bis ca. Mitternacht Gäste gehabt, der PC der Beklagten im Wohnzimmer sei ausgeschaltet gewesen. Die Kinder seine ebenfalls im Hause gewesen und der illegale Download sei von einem der Kinder der Beklagten verursacht worden. (...)

    (...) Die Beklagten sind der Auffassung, dass sie ihrer sekundären Darlegungslast genügt hätten.
    Da die sekundäre Darlegungslast nicht zu einer Umkehr der Beweislast führe, sei es nicht Sache der Beklagten zu beweisen, dass ihre Kinder zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung Zugriff auf das Internet gehabt hätten und als Täter in Betracht kämen. Daher seien sie auch nicht beweisfällig geblieben. (...)


OLG München - Az. 29 U 2593/15
  • (...) Die Klägerin trägt vor, die Beklagten hätten die Verletzungshandlungen vorgenommen. Sie vertritt die Auffassung, sich insoweit auf eine tatsächliche Vermutung stützen zu können; das Vorbringen der Beklagten, sie hätten drei Kinder und diese hätten Zugang zu dem Internetanschluss gehabt, werde bestritten. (...)

Warum bestreitet man seitens des Klägers, dass die Beklagten drei Kinder hätten, die Zugang zum Internet gehabt hätten, obwohl die Beklagten es schon vor dem Landgericht vortragen?
  • Bestreiten (§§ 138, 288 ZPO):
    Bestreiten kann nur diejenige Partei im Prozess, die nicht die Behauptungs- und Beweislast trägt (Schellhammer, ZPO, 9. Auflage Rnr. 297 ff). Das bedeutet, die Beklagten sind in der Beweislast.

Jetzt muss man wissen - egal ob strategisch günstig, oder nicht - am 02.12.2015 (Spätabends) wurde durch die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte der Volltext zu den BGH Entscheiden "Tauschbörse I - III" veröffentlicht, die zum Zeitpunkt des Termins 03.12.2015 dem OLG Verfahrens noch nicht vorlagen. Dieser Fakt wird von den "Fachleuten" gern negiert.


Prozessbevollmächtigter der Beklagtenseite in seinem Terminsbericht vom 06.12.2015:
  • (...) Wie das OLG München den Rechtsfall beurteilen wird, erscheint im Moment noch völlig offen, da dem Senat die schriftlichen Urteilsbegründungen in den drei Filesharing Verfahren vor dem BGH aus dem Sommer diesen Jahres (Filesharing I-III) noch nicht vorlagen, die just an diesem Tage von der Kanzlei Rasch veröffentlicht worden waren. (...)

Interessant hierbei sowieso erst einmal nur der BGH-Entscheid - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"

Auszugsweise:
  • (...) dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt. (...)
    (...) ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 20 - BearShare; BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, TransportR 2013, 437 Rn. 31). (...)
    (...) Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht. (...)


Mein viel kritisierter Standpunkt:

BGH-Entscheid - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"
(...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vor-trägt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang. (...) dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt. (...)

  • Mit dem Volltext zum BGH-Entscheid "Tauschbörse III" wird nur in einem Satz klar, was der BGH wirklich meint.

    BGH-Entscheid - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"
    • (...) In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 20 - BearShare; BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, TransportR 2013, 437 Rn. 31). Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht. (...)

    Summa summarum:

    Wenn eine pauschale Behauptung nicht ausreicht - muss dies bewiesen werden (und das können / wollen wir nicht) + das es nicht mehr ausreicht pauschal nur zu sagen, das Personen den Anschluss mitnutzen ...
    ... sondern "wer - wann - wie" den Anschluss zum jeweiligen Log nutze! Resultierend wird sich niemand mehr auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen werden können.


............................................



Was ist nun mit dem grundgesetzlich verbrieften Schutz der Familie (Art. 6 GG)?

Unhöflich, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworte. Ich weiß! Was ist aber mit dem grundgesetzlich verbrieften Schutz der Privatautonomie (Art. 2 GG) und des Eigentums (Art. 14 GG) des Klägers? Man sollte hier - im Zivilrecht - doch einmal versuchen ausgehen von,


Untermaßverbot (minimaler Schutz) i.V.m. der Abwägung widerstreitender Grundrechte

Beklagten
  • Artikel 6 GG
    • Schutz der Familie
      • (Zeugnisverweigerung;
        Es muss niemand "verpetzt" werden)
.
.

Kollision der Grundrechte
  • Schutzbedürftigkeit
  • Ausgleich aller Belange
.
.

Kläger
  • Artikel 2
    • Privatautonomie
      • effektiver Rechtsschutz
    Artikel 14
    • Eigentum
Ich persönlich denke, man sollte, bevor man eine Grundgesetzverletzung in den Mund nimmt, diese Aufstellung bedenken. Und nicht einmal weiter aus den Blickwinkeln der Wahrheitsfindung in einem Verfahren und der Aufklärungspflicht der Parteien heraus.

Egal ob der Kläger jetzt - in den Fall OLG München (Az. 29 U 2593/15) - doch alle Benannte verklagen könnte, oder die Beklagten sich auf den Art. 6 GG berufen i.V.m. der Ausklammerung der Täteridentifizierung durch die Beklagten selbst - haben wir einmal die vorbenannten Grundsätze des BGH-Entscheides "Tauschbörse III" zur sekundären Darlegungslast.

Natürlich muss - obwohl man seitens der Beklagten den Täter kennt und dieses vorträgt - diesen nicht "verpetzen" sowie die Kinder sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Nur muss man dann keine Krokodilstränen vergießen, wenn man sagt:


OLG München (Az. 29 U 2593/15):
  • (...) Die Klägerin hat schon bestritten, dass die Beklagte Kinder hätten, insbesondere aber auch, dass die Behauptung der Beklagten zutreffe, die Kinder hätten Zugang auf den Internetanschluss nehmen können. Damit hat sie vorgetragen, allein die Beklagten hätten auf den Internetanschluss zugreifen können. (...)

    (...) Dieser Behauptung sind die Beklagten zwar entgegengetreten, haben dabei die Anforderungen der sie insoweit treffenden sekundären Darlegungslast nicht erfüllt. Ihnen oblag es nach den oben genannten Maßstäben mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hatten, nach ihrem eigenen Vorbringen also, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hatte. Sie haben sich indes geweigert, diese Kenntnis mitzuteilen. Damit berufen sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer drei Kinder auf den Internetanschluss ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung und genügen ihrer Darlegungslast. (...)

    (...) Da die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast zum Zugriff Dritter auf ihren Internetanschluss nicht nachgekommen sind, ist von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Inhaber des Anschlusses die Täter der Rechtsverletzung sind. (...)


............................................



17.01.2016, Forum B:
  • (...) "Lustigerweise" lässt das OLG die Berufung sogar zu dem "im Tenor ersichtlichen" Umfang zu. Und dies ist der gesamte Berufungsumfang.
    Ansonsten würde ich ganz einfach mal den Bericht von Dr. Bernhard Knies lesen. Der freut sich ja schon sehr auf die Revision. (...)

Nun scheint es ja heute Hipp zu sein, das man sofort nach Karlsruhe zieht und irgendeine "Spendenaktion" wird dann zumindest die Kosten des sich freuenden Anwalts der Beklagten begleichen. Nur sollte man hier dann genau mit dem Mandanten - alle - Risiken und - besonders - Kosten besprechen, wenn das erhoffte Ergebnis nicht eintrifft.


Natürlich kann man den Sachverhalt auch folgendermaßen sehen:
  • Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist es völlig ausreichend, einen Vortrag zu benennen, aus dem sich ergibt, dass eine Rechtsverletzung durch andere - also durch die Kinder - denkbar ist.

    Warum sollte es hierfür erforderlich sein, die Namen der Kinder zu nennen?

    Die Frage, wer konkret das Recht verletzt hat, mag die materiellen Interessen des Rechteinhabers befriedigen und eine weitere Rechtsverfolgung erleichtern; für die Feststellung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers halte ich sie jedoch für nicht erheblich.

Sicherlich wird - wie angekündigt - letztlich Revision eingelegt und die Bundesrichter revidieren (warum auch immer) ihre Ermessensgrundlage aus dem BGH-Entscheid "Tauschbörse III" oder präzisieren die Kriterien zur sekundären Darlegungslast i.V. m. Art. 6 GG - ist es für nachfolgende Filesharing-Verfahren eine gute Sache. Wenn nicht, erleben wir einen zweiten 11. Juni 2015. Und der Verlierer zahlt alles und wird nicht belustigt sein!



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Steffen Heintsch für AW3P

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LG Düsseldorf, Az. 12 S 34/14

#987 Beitrag von Steffen » Sonntag 20. März 2016, 08:14

Rasch Rechtsanwälte:
Landgericht Düsseldorf
korrigiert Sonderweg
des Amtsgericht Düsseldorf



08:10 Uhr


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Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon: 040 244 297-0 | Fax: 040 244 297-20
Mail: kanzlei@raschlegal.de | Web: www.raschlegal.de



Bericht
Autor: Rechtsanwalt Mirko Brüß
Link: http://www.raschlegal.de/aktuelles/file ... esseldorf/


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Eine Abteilung des Amtsgerichts Düsseldorf (AG) hat wiederholt durch eher exotische Rechtsansichten auf sich aufmerksam gemacht, unter anderem bei der Berechnung des Schadensersatzes im Wege der sogenannten Lizenzanalogie. Damit dürfte nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts (LG) Schluss sein.

Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 16.03.2016 (Az. 12 S 34/14) den Nutzer einer "Tauschbörse" verurteilt, an das geschädigte Musiklabel 2.500,00 EUR Schadensersatz und 651,80 EUR Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Damit hebt das Gericht das vorangegangene Urteil des AG Düsseldorf vom 14.10.2014 (Az. 57 C 4661/13) auf, welches dem Label lediglich 263,12 EUR Schadensersatz und keinerlei Anwaltskosten zusprach.



Haftung aufgrund tatsächlicher Vermutung

Amts- und Landgericht sind sich insofern einig, das der Beklagte als Täter anzusehen und somit schadensersatzpflichtig ist. Zwar hatte er vorgetragen, acht Personen hätten seinen Internetzugang nutzen können. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme stand jedoch für das Gericht nicht fest, dass die benannten Personen überhaupt als Täter in Betracht kommen, was jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Voraussetzung für eine Entlastung ist (http://www.raschlegal.de/aktuelles/ra-c ... rse-i-iii/).



Falsche Berechnung des Schadensersatzes

Das Amtsgericht kam in einer komplizierten Berechnung auf einen Betrag von 10,12 EUR pro Tonaufnahme, den es wegen der "Besonderheiten des Filesharings" verdoppelte. Für das angebotene Album sprach es somit lediglich 263,12 EUR statt der beantragten 2.500,00 EUR zu. Zur Begründung führte das Gericht an, der "private Filesharer" sei nicht mit einem "kommerziellen Lizenznehmer" gleichzusetzen. Dem "privaten Filesharer" handle lediglich aus dem Interesse, den Kaufpreis zu sparen, an der Weiterverbreitung an Dritte habe er keinerlei finanzielles Interesse. Mit dieser Einschätzung verkennt das Amtsgericht grundlegende Prinzipien der sog. Lizenzanalogie. Der Rechteinhaber soll für den erfolgten Eingriff in sein Recht entschädigt werden, die innere Motivation des Rechtsverletzers kann daher bei der Berechnung keine Rolle spielen.



Verbotene "Amtsermittlung" durch das Amtsgericht

In Zivilprozessen haben die Gerichte über den Sachverhalt zu entscheiden, den die Parteien vortragen. Sie dürfen keine eigenen Nachforschungen anstellen und deren Ergebnisse zur Grundlage ihrer Entscheidung machen. Daran hat sich das AG Düsseldorf im vorliegenden Fall nicht gehalten, was das LG wie folgt quittierte:
  • (...) Die Kammer vermag sich der Schätzung durch das Amtsgericht deshalb nicht anzuschließen, weil das Amtsgericht überwiegend von nicht vorgetragenen Tatsachen (DSL6000-Anschlus, geringer Anteil des deutschsprachigen Raumes, Größe der Dateien, durchschnittlich zu erwartende tägliche Nutzung des Filesharing-Netzwerkes) ausgeht, denen die Klägerin erst im Rahmen der Berufungsbegründung entgegentreten konnte und die diese in Abrede gestellt hat. Der Annahme des Amtsgerichts, es müsse vorliegend von der durchschnittlichen täglichen Nutzungsdauer des Filesharing-Systems ausgegangen werden, die es mit drei Stunden beziffert, kann ebenfalls nicht beigetreten werden. Unabhängig davon, dass das Amtsgericht auch insoweit von nicht vorgetragenen Tatsachen ausgeht, wäre wegen der - hier aufgrund der nicht erschütterten tatsächlichen Vermutung zugrunde zu legenden - Täterschaft des Beklagten von diesem ohne weiteres zu verlangen gewesen zur Dauer der Zurverfügungstellung des Werkes konkret vorzutragen. (...)


Knapp 200,00 EUR pro Tonaufnahme angemessen

Das Landgericht stellt fest, dass dem Musiklabel 2.500,00 EUR als Schadensersatz für das Angebot des Musikalbums mit 13 Aufnahmen in einer "Tauschbörse" zustehen. Zwar hatten Landgericht und Oberlandesgericht den Schaden zuletzt auf 100,00 EUR pro Aufnahme geschätzt, im vorliegenden Fall sei jedoch ein Betrag von rechnerisch 192,31 EUR pro Aufnahme angemessen, da das Album ca. 4 Monate nach seiner Veröffentlichung und somit in der aktuellen Verwertungsphase angeboten wurde. Daneben hatte die Klägerin festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung fast 1 Million Nutzer in der "Tauschbörse" online waren, was ebenfalls eine Erhöhung des Betrages rechtfertige.



Keine gänzlich unbrauchbare Abmahnung

Das Amtsgericht hatte der Klägerin zudem keinerlei Anwaltskosten zugesprochen, weil es sich bei der Abmahnung um eine "gänzlich unbrauchbare Leistung" handele. Auch dieser Auffassung erteilt das LG eine Absage:
  • (...) Die Abmahnung war auch wirksam. Eine Unwirksamkeit der Abmahnung ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umfang der geforderten Unterlassung, die sich auf sämtliches geschütztes Musikrepertoire der Klägerin bezog (...)

Dies entspricht seit vielen Jahren der Rechtsprechung der Obergerichte, das Amtsgericht wollte jedoch unter dem Gesichtspunkt vermeintlichen "Verbraucherschutzes" andere Wege gehen:
  • (...) Eine Filesharing-Abmahnung ist an den Empfängerhorizont einer nicht rechtlich erfahrenen verbraucherähnlich handelnden Person auszurichten. (...)

Auch dieser Ansicht hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung: "Tauschbörse II" (Az. I ZR 7/14) eine Absage erteilt:
  • (...) Formulierungen in der Unterlassungserklärung können die Berechtigung einer Abmahnung i.S.v. § 677 BGB nicht infrage stellen, weil die Klägerinnen schon nicht verpflichtet waren, überhaupt eine solche Erklärung vorzuformulieren. (...)


Keine geheime Vergütungsvereinbarung

Der Beklagte hatte sich schließlich gegen die Verpflichtung zur Zahlung der Anwaltskosten mit dem Argument gewehrt, die Klägerin habe mit ihren Anwälten eine pauschale Vergütungsvereinbarung oder ein (verbotenes) Erfolgshonorar vereinbart. Das Landgericht führte hierzu eine Beweisaufnahme durch und kam zu dem Ergebnis, dass der Fall nach dem RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) abgerechnet wurde und der Beklagte die hierdurch entstandenen Kosten zu tragen hat.



Ergebnis

Wieder einmal zeigt sich, dass es aus Sicht des Abgemahnten wirtschaftlich sinnvoller ist, eine gütliche außergerichtliche Lösung zu finden, als sich verklagen zu lassen. Betrug das außergerichtliche Vergleichsangebot hier ursprünglich 1.200,00 EUR, muss der Beklagte nun die ausgeurteilten 3.151,80 EUR sowie mehr als 3.000,00 EUR zusätzliche Prozesskosten zahlen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2016, Az. 12 S 34/14
Vorinstanz:
AG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2014, Az. 57 C 4661/13

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AG Potsdam, Az. 20 C 53/15

#988 Beitrag von Steffen » Freitag 25. März 2016, 13:34

Rasch Rechtsanwälte Klage - "Universal Music GmbH" - Kein Kostenvorschuss für Sachverständigengutachten daher Klageabweisung - Urteil des AG Potsdam vom 17.02.2016 - Az.: 20 C 53/15


Karfreitag 2016; 13:30 Uhr


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Bild

Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M.
Fachanwalt für IT-Recht
(Urheberrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht)



Rechtsanwaltskanzlei DURY
Beethovenstr. 24 | 66111 Saarbrücken
Telefon: +49 (0) 681 940 054 30 | Telefax: +49 (0) 681 940 054 333
E-Mail: kanzlei[at]dury.de | Internet: www.dury.de



Bericht

Link: http://www.dury.de/urheber-und-medienre ... 20-c-53/15


Autor:
Rechtsanwalt Marcus Dury LL.M.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Erneut ist es passiert! RASCH Rechtsanwälte bzw. die von RASCH vertretene "Universal Music GmbH" hat in einer von DURY Rechtsanwälte als Prozessvertreter geführten Filesharing-Klage erneut keinen Kostenvorschuss für ein Sachverständigengutachten eingezahlt und damit die Klage verloren. Die Anträge von RASCH wurden von dem Amtsgericht Potsdam aus Beweisgründen abgewiesen (Urteil vom 17.02.2016 (Az. 20 C 53/15) - noch nicht rechtskräftig.

Das Amtsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 17.02.2016 die durch die Kanzlei RASCH Rechtsanwälte gegen unsere Mandantin geführte Filesharing-Klage, aufgrund einer angeblichen Urheberrechtsverletzung abgewiesen. Die ihr zu Last gelegten Urheberrechtsverletzungen konnte die Klägerin, die "Universal Music GmbH" nicht eindeutig nachweisen.

Wir berichteten bereits am 05.01.2016 in einem Blog-Beitrag von diesem Fall.

Nunmehr hat das Amtsgericht Potsdam auch das Urteil ausgefertigt. Mit Urteil vom 17.02.2016 wurde die Filesharing-Klage der "Universal Music GmbH", vertreten durch die Kanzlei RASCH Rechtsanwälte, abgewiesen (Az. 20 C 53/15).

Laut Ansicht des Gerichts konnte die Klägerin nicht eindeutig nachweisen, dass die von der eingeschalteten Ermittlungsfirma zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen verwendete Software "WINDUMP" der "promedia GmbH" die IP-Adresse unserer Mandantin fehlerfrei ermittelt hat. Eine bloße Zeugenaussage eines Mitarbeiters der Ermittlungsfirma, der von der "Universal Music GmbH" benannt wurde (Zeuge F.), scheint das Amtsgericht Potsdam nicht wirklich überzeugt zu haben. Der Zeuge F. sollte entscheidungserhebliche Details zum Hergang der Ermittlungen schildern. Der Zeuge F. konnte aber offensichtlich nicht zur Überzeugung des Gerichts ausreichend beitragen.

Einen entsprechenden Beweis der Zuverlässigkeit der Ermittlungen mittels der eingesetzten Ermittlungssoftware "WINDUMP" der "promedia GMbH" hätte laut Ansicht des Gerichts lediglich ein Sachverständigengutachten erbringen können, da die durch das OLG-Köln (16. Mai 2012, Az. 6 U 239/11) begründete Zuverlässigkeitsvermutung nur dann eingreift, wenn mehrere Verstöße derselben IP-Adresse im Hinblick auf ein und dasselbe Werk erfasst werden.

Im vorliegenden Fall war zwar die IP-Adresse unserer Mandantin durch das Ermittlungsprogramm "WINDUMP" der "promedia GmbH" mehrfach ermittelt worden, jedoch nicht im Hinblick auf dasselbe Werk. Ein Ermittlungsfehler durch die Software sei somit nicht auszuschließen, führte das Amtsgericht Potsdam aus.



Fazit:

Abgemahnte, die von RASCH Rechtsanwälte im Namen der "Universal Music GmbH" abgemahnt wurden und bei deren Abmahnungen die Software "WINDUMP" als Ermittlungssoftware zum Einsatz gekommen ist, sollten erwägen, es auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen. Dies gilt um so mehr, da bei den von RASCH Rechtsanwälte geführten Klagen meist recht hohe Beträge eingeklagt werden (meist zwischen 3.500,00 und 5.000,00 Euro) und Vergleiche entsprechend kostspielig sind.

Es ist unklar, weshalb die "Universal Music GmbH", den Kostenvorschuss nicht eingezahlt hat. Vielleicht scheuen die "Universal Music GmbH" oder RASCH Rechtsanwälte eine kritische Auseinandersetzung mit der im Rahmen der Filesharing-Abmahnungen eingesetzten Ermittlungssoftware.

Zumindest besteht nun die Hoffnung, dass - sofern es gelingt, das Gericht von der Anordnung eines Sachverständigengutachtens zu überzeugen - entsprechende Klagen abgewiesen werden könnten, jedenfalls dann, wenn die durch das OLG-Köln (16. Mai 2012, Az. 6 U 239/11) begründete Zuverlässigkeitsvermutung nicht eingreift und Universal Music GmbH" bzw. RASCH Rechtsanwälte weiterhin die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Zuverlässigkeit der eingesetzten P2P-Ermittlungssoftware scheuen.



Den Volltext des Urteils des AG Potsdam finden Sie nachfolgend:



Amtsgericht Potsdam, Urteil vom 17.02.2016, Az. 20 C 53/15

  • (...) Im Namen des Volkes Urteil

    In dem Rechtsstreit

    [Name]
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name]

    [Name]
    - Beklagte -

    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt Marcus Dury, Beethovenstraße 24, 66111 Saarbrücken

    wegen Filesharing

    hat das Amtsgericht Potsdam im schriftlichen Verfahren auf den Sach- und Streitstand vom 27. Januar 2016 durch den Richter am Amtsgericht XXXXXX für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Verwertung geschützter Tonaufnahmen über ein Filesharing-Netzwerk und Kostenersatz wegen der durch der durch eine Abmahnung entstandene Rechtsanwaltskosten geltend. Die Klägerin ist auf dem CD-Einleger des Albums "[Name]" der Künstlergruppe "[Name]" als exklusive Lizenznehmerin bezeichnet ("P-Vermerk"). Innerhalb der großen Online-Verkaufsplattformen von mp3-Musikdateien, z.B. iTunes oder Amazon ist die Klägerin als Rechteinhaberin angegeben. Die Klägerin beauftragte die "proMedia GmbH" damit, Verletzungen ihrer Leistungsschutzrechte durch unautorisierte Internetangebote im Internet zu ermitteln. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellten beim Landgericht Köln einen Antrag über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten, dem das Gericht durch Beschluss vom 22. Februar 2011 statt gab. Der Internetserviceprovider [Name] erteilte die Auskunft, dass die IP-Adresse [IP-Adresse] am 07. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr dem Internetzugang der Beklagten zugewiesen war; der WLAN-Router der Beklagten war durch mehrstelliges Buchstaben-Zahlen-Passwort gesichert und besass eine werkseitige WPA2-Verschlüsseiung, die ein Herr [Name] nach der Installation abänderte. Computer bzw. Router waren mit Firewall und Virenschutzprogramm abgesichert.

    Mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 20. Mai 2011 mahnte die Klägerin die Beklagte ab, weil sie am 07. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr über ihren Internetanschluss das Musikalbum "[Name]" der Künstlergruppe "[Name]" sowie am 07. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr die Tonaufnahmen des Musikalbums "[Name]" der Künstlergruppe [Name2] und am 08. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr die damals aktuellen Top 100 Single-Charts und andere Aufnahmen der Klägerin zum Herunterladen im Internet im Rahmen des Filesharingsystems "eDonkey2000" zum Herunterladen angeboten und öffentlich zugänglich gemacht habe.

    Die Klägerin forderte in dem Schreiben die Beklagte zur Unterlassung und dazu auf, 2.100,00 EUR zu zahlen. Am 30. Mai 2013 gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung wegen des Albums "[Name]" ab. Die Klägerin macht gegen die Beklagte folgende Ansprüche geltend, weil sie das Album "[Name]" im Internet zur Verfügung gestellt habe:

    1. Schadenersatz {Lizenzanalogie) = 2.500,00 EUR

    2. Rechtsanwaltskosten aus einem Wert von 50.000 EUR: 1,3 Geschäftsgebühr gemäß VV 2300 RVG = 1.359,80 EUR
    zzgl. Auslagenpauschale gemäß VV 7002 RVG 20. 00 EUR

    3.879,80 EUR


    Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

    Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte der Tonträgerhersteller an dem Album "[Name]" von dem Zeugen F. für die "proMedia GmbH" entwickelte softwarebasierte Ermittlungen hätten ergeben, dass am 7. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr über einen Internetanschluss, der damals die IP-Adresse [IP-Adresse] zugewiesen war, mit einer auf dem "eDonkey2000"-Protokoll basierenden Filesharing-Software das Musikalbum "[Name]" der Künstlergruppe "[Name]" in Form von Audiodateien ohne Zustimmung der Klägerin anderen Teilnehmern des Filesharing-Systems zum Herunterladen angeboten und somit öffentlich zugänglich gemacht worden sei.

    Zum Beweis, dass das Musikalbum auch über die IP-Adresse heruntergeladen werden konnte, habe, die "proMedia GmbH" einen Probedownload durchgeführt; der dabei entstandene Datenverkehr sei zur Beweissicherung während der Ermittlungen mit dem Paketfilterprogramm "WINDUMP" protokolliert worden. Es habe auch die weiteren Rechtsverletzungen über den Internetzugang der Beklagten am 07. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr und am 08. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr wie im Abmahnschreiben genannt gegeben, weiterhin am 04. April 2011 um [Uhrzeit] Uhr auch hinsichtlich der Tonaufnahme des Musikalbums "[Name]" von"[Name3]".

    Aus dem von dem Zeugen F. festgestellten User-Hashwert ergebe sich, dass alle Rechtsverletzungen von demselben Computer aus begangen worden seien und die Ermittlung zuverlässig sei.

    Ein von der Beklagten angegebener Zeuge R. sei jedenfalls nicht der Täter gewesen.

    Die Klägerin ist der Auffassung, eine Vermutung für ihre Aktivlegitimation ergebe sich schon aus dem "P"-Vermerk auf dem CD-Einleger und aus den Online-Datenbanken. Eine fehlerhafte Ermittlung durch den Zeugen F. sei hier ausgeschlossen, weil der Internetzugang der Beklagten wiederholt bei Rechtsverletzungen entdeckt worden sei. Die Beklagte hafte als Täterin; gegen sie spreche eine tatsächliche Vermutung als Inhaberin des Internetanschlusses, dass sie die Rechtsverletzung selbst begangen habe.

    Sie müsse konkrete Umstände dafür vortragen und ggf. beweisen, die für die ernsthafte Möglichkeit der Alleintäterschaft eines Dritten sprächen, was sie, wenn sie (nur) den Zeugen R. als Mitbewohner nenne, der jedenfalls Zugriff auf den Internetanschluss gehabt habe, nicht ausreichend getan habe. Die Beklagte habe zur Schadensentstehung recherchieren und vortragen müssen.

    Den Zeugen R. habe sie jedenfalls belehren müssen. Aus der Unterlassungserklärung ergebe sich ein Anerkenntnis bzw. eine Beweislastumkehr. Die Rechtsverletzung sei verschuldet.

    Aus Lizenzanalogie ergebe sich ein Anspruch i.H.v. 2.500,00 EUR Schadenersatz. Weiterhin sei die Kostenerstattung aus einem Wert von 50.000,00 EUR und eine 1,3-Rechtsanwaltsgebühr angemessen. Die Abmahnung sei berechtigt und ordnungsgemäß gewesen. Eine Rechtsanwaltsgebührenrechnung, um die entstandenen Kosten in Rechnung stellen zu können, sei nicht erforderlich und es komme auch nicht darauf an, ob sie, die Klägerin, die Kosten im Innenverhältnis ausgeglichen habe.

    Eine Deckelung auf einen zugrunde zu legenden Wert von 1.000,00 EUR für die Rechtsanwaltskosten finde nicht statt, da auf die Gesetzeslage zur Zeit der Abmahnung abzustellen sei. Verjährt sei der Anspruch nicht. Für den Schadenersatzanspruch gelte im Übrigen eine 10jährige Verjährungsfrist.

    Die Klägerin hat aufgrund ihres am 11. Dezember 2014 bei dem Amtsgericht Wedding eingegangenen Antrags hin einen Mahnbescheid vom 15. Dezember2014 über eine Kostenerstattung wegen Abmahnung vom 20. Mai 2011 i.H.v. 1.379,80 EUR und einen Lizenzschadenersatz i.H.v. 2.500,00 EUR zzgl. Zinsen erwirkt, der der Beklagten am 17. Dezember 2014 zugestellt worden ist und gegen den sie mit bei dem Mahngericht am 23. Dezember 2014 eingegangenem Schriftsatz Widerspruch eingelegt hat. Nach der Nachricht über den Gesamtwiderspruch vom 29. Dezember 2014 an die Klägerin hat das Amtsgericht Wedding das Verfahren am 23. Mai 2015 an das Amtsgericht Potsdam zur Durchführung des streitigen Verfahrens abgegeben.



    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie Wertersatz i.H.v. 2.500,00 EUR und 1.379,80 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Sie bestreitet, dass die Software der proMedia GmbH zuverlässig ermittle und behauptet, sie ermittle auch die IP-Adressen, von denen kein Upload stattfinde. Sie, die Beklagte, hafte nicht, weil sie keine Fileshare-Software genutzt und die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Damals habe auch ihr Ehemann, der Zeuge R., in ihrer Wohnung gewohnt, der Zugang zum Internetanschluss gehabt habe.


    Die Beklagte meint, für die Aktivlegitimation der Klägerin spreche keine Vermutung.

    Eine tatsächliche Vermutung für ihre, der Beklagten, Täterschaft, bestehe nicht (mehr), da sie ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt habe. Als Störerin hafte sie nicht, weil es keine Pflicht gebe, volljährige Familienangehörige zu belehren oder zu überwachen.

    Eine Unterlassungserklärung sei auch kein Schuldanerkenntnis.

    Ein Schadenersatzanspruch von 2.500,00 EUR sei zu hoch.

    Die Rechtsanwaltskosten seien nicht zu ersetzen, da die Abmahnung eine ungerechtfertigte Mehrfachabmahnung gewesen sei, die primär dem Gebühreninteresse gedient habe.

    Der Anspruch sei jedenfalls verjährt; die Verjährungsfrist belaufe sich auf drei Jahre.

    Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 13. September 2015, Bl. 195 rückd.A., indem es die Zeugen F. und Zeugen R. uneidlich vernommen hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme nimmt das Gericht auf das Sitzungsprotokoll vom 30. September 2015, Bl. 195 - 197 d.A., Bezug. Auf den Beschluss des Gerichts vom 18. November 2015 (Bl. 214/215 d.A.) hin, durch den es eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, ob die Ermittlung des Zeugen F. zuverlässig gewesen sei, angeordnet hat, hat die Klägerin erklärt, sie werden den Gebührenvorschuss nicht einzahlen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch gemäß §§ 97 II Urhebergesetz, 97 a l S. 2 Urhebergesetz a.F. i.H.v. 3.879,80 EUR zu, denn es steht jedenfalls nicht fest, dass die Rechtsverletzung am 7. Februar 2011 über den Internetanschluss der Beklagten begangen worden ist. Der Zeuge F. hat zwar glaubhaft bekundet, dass und wie er mit der Software "WINDUMP" und einem Ermittlungsroboter die IP-Adresse für den 07. Februar 2011 um [Uhrzeit] Uhr ermittelt hat, nur steht damit, dass der Zeuge den Ermittlungsablauf schildert, eben noch nicht fest, dass, was die Beklagte ausdrücklich bestreitet, diese Ermittlung auch zuverlässig und fehlerfrei war, was nur ein Sachverständigengutachten ergeben könnte.

    Es spricht hier auch keine Vermutung dafür, dass es die Software zuverlässig ermittelt hat, wie die Klägerin mehrfach - viermal - Rechtsverletzungen über IP-Adressen hat ermitteln lassen, die laut Auskunft der [Name] dem lnternetanschluss der Beklagten zuzuordnen sind, denn eine solche Vermutung, siehe etwa OLG Köln vom 16. Mai 2012, Az. 6 U 239/11 - greift nur, wenn die Mehrfachermittlung, anders als hier, dasselbe Werk betrifft und nicht jeweils andere.

    Dafür, dass die IP-Adresse zuverlässig worden ist, ist die Klägerin letztlich beweisfällig geblieben, nachdem ein Sachverständigengutachten nicht einzuholen war, weil sie den Sachverständigenvorschuss nicht eingezahlt hat.

    Die Beklagte hat einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung auch nicht dadurch anerkannt, dass sie eine Unterlassungserklärung abgegeben hat.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711 ZPO. (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Potsdam, Urteil vom 17.02.2016, Az. 20 C 53/15
Rechtsanwalt Marcus Dury,
Rasch Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Rechtsanwaltskanzlei DURY,

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#989 Beitrag von Steffen » Mittwoch 30. März 2016, 19:51

Rechtsanwälte Knies & Albrecht:
Amtsgericht Bad Urach - keine
Haftung für Filesharing von Kindern



19:50 Uhr


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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies


Rechtsanwälte Knies & Albrecht
Widenmayerstraße 34 | 80538 München
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Bericht

Link: http://www.new-media-law.net/ag-bad-ura ... n-kindern/

Urteil als PDF: http://www.new-media-law.net/wp-content ... 193-15.pdf


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Eltern haften nicht für illegales Filesharing von Kindern, das hat das Amtsgericht Bad Urach mit Urteil vom 10.3.2016 (Az. 2 C 193/15) in einem spannenden Verfahren gegen Rasch Rechtsanwälte festgestellt.

Der Beklagte ist Familienvater, er konnte nachweisen, dass er zum Tatzeitpunkt im Dezember 2010 mit Arbeitskollegen mittags im Wald beim Joggen war, während sich seine drei Kinder zu hause aufhielten und dort Zugang zu seinem häuslichen Internet hatten. Die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte hatte dem Beklagten im Februar 2011 eine Abmahnung wegen Filesharing geschickt, der Beklagte hatte aber die von Rasch geforderte Abgeltungssumme von 1.200,00 EUR nicht bezahlt, so dass die Kanzlei - wie so häufig - erst Jahre später vor Gericht zog um nunmehr eine deutlich höhere Forderung geltend zu machen. Dem hat das AG Bad Urach aber eine Absage erteilt.

Der Beklagte verteidigte sich damit, dass er schon auf Grund seiner Abwesenheit für die Tat nicht verantwortlich sein könne. Seine Kinder habe er in Bezug auf die Gefahren des illegalen Filesharings belehrt, selbst auf intensive Nachfrage habe aber keines seiner Kinder zugegeben, für den Tausch des Musikalbums verantwortlich zu sein.

Im Prozess hatten die drei Kinder ebenfalls allesamt nicht zugegeben, dass sie für die Rechtsverletzung verantwortlich seien.

Das Gericht war aber dennoch der Meinung, dass der Beklagte seine sekundäre Darlegungslast erfüllt habe. Durch die Einvernahme der Arbeitskollegen und der Kinder des Beklagten habe der Beklagte eindeutig die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes dargelegt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Bad Urach, Urteil vom 10.03.2016, Az. 2 C 193/15,
sekundäre Darlegungslast,
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#990 Beitrag von Steffen » Dienstag 12. April 2016, 20:44

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte: Amtsgericht Leipzig - Abweisung einer Klage der Rasch Rechtsanwälte wegen Tauschbörsen Urheberrechtsverletzung


20:45 Uhr


In einem Urteil vom 6. April 2016 - Aktenzeichen: 113 C 3374/15 hat das Amtsgericht Leipzig die Klage Universal Music GmbH, vertreten durch Rasch Rechtsanwälte, abwiesen. Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte hat den Anschlussinhaber erfolgreich vertreten.


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Bild

Rechtsanwalt Alexander Grundmann LL.M.


Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Gustav-Adolf-Straße 17 | 04105 Leipzig
Telefon: 0341/2 15 39 46 | Telefax: 0341/2 15 39 84
E-Mail: post [at] hgra.de | Web: http://www.urheberrecht-leipzig.de/



Bericht

Link: http://www.urheberrecht-leipzig.de/amts ... tzung.html



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Es ging um die Haftung des Anschlussinhabers, der im Rahmen der sekundären Darlegungslast nach Meinung des Amtsgerichts Leipzig ausreichend die Täterschaftsvermutung erschüttert hat.

Die Entscheidung liegt auf der Linie, die der BGH mit Tauschbörse III vorgegeben hat und entspricht auch der Auffassung des Landgerichts Leipzigs zur sekundären Darlegungslast.


Rasch Rechtsanwälte können gegen das Urteil Berufung einlegen. Hier der Text:



Amtsgericht Leipzig, Urteil vom 06.04.2016, Az. 113 C 3374/15

  • (...) Amtsgericht Leipzig

    Aktenzeichen: 113 C 3374/15

    Verkündet am: 06.04.2016


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL



    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat das Amtsgericht Leipzig

    Richter am Amtsgericht ...

    aufgrund der Aktenlage am 24.03.2016 gemäß § 128 Abs. 2 ZPO am 06.04.2016 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 3.599,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Bezahlung von Schadenersatz wegen des unerlaubten Anbieten von Tonaufnahmen.

    Die Klägerin behauptet, ausschließliche Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Musikalbum "Born this Way" zu sein. Die Ermittlungen der pro Media GmbH hätten ergeben, dass über den Internetanschluss des Beklagten am 20.05.2011 und 16.07.2011 das Musikalbum anderen Teilnehmern des Filesharingsystems zum Herunterladen angeboten und somit öffentlich zugänglich gemacht worden wäre. Der Beklagte sei als Täter in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte hätte die ernsthafte Möglichkeit der Alleintäterschaft eines Dritten nicht dargetan, und sei diesbezüglich seiner sekundären Darlegungslast nach wie vor nicht gerecht geworden.

    Der Klägerin stünde ein Anspruch auf Schadenersatz und Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu.

    Im Übrigen wird Bezug genommen im vollen Umfang auf die schriftsätzlichen Darlegungen.


    Die Klägerin stellte folgenden Antrag:
    Der Beklagte wird verurteilt, einen angemessenen Wertersatz in Höhe von 2.500,OO EUR, 1.099,00 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragte,
    die Klage abzuweisen.


    Der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei. Die bisher dazu erfolgten Ausführungen würden selbiges nicht beweisen.

    Die Passivlegitimation des Beklagten wurde bestritten. Er sei nicht Täter, Teilnehmer oder Störer. Am 20.05.2011 hätte er sich in Berlin zu einem Kundentermin befunden und am 21.05.2011 hätte er sich mit ... in Dresden getroffen. Am 16.07.2011 wäre der Beklagte familiär mit ... in ... gewesen. Es werde auf die diesbezüglichen Beweisangebote verwiesen. Der Beklagte habe seinen Internetanschluss im fraglichen Zeitraum zur selbständigen Nutzung seinem volljährigen Sohn, seinen mit im Haus lebenden Eltern sowie den genannten Mitarbeitern seines Unternehmens zur Vertagung gestellt.

    Nach der Abmahnung habe der Beklagte alle die von ihm aufgeführten Personen befragt, ob sie das Internet zur Urheberrechtsverletzung missbraucht oder Tauschbörsen genutzt hätten.

    Dies wäre von allen verneint worden. Auch würden die Feststellungen hinsichtlich der IP-Adresse und des Umfangs der behaupteten Pflichtverletzung bestritten.

    Des weiteren sei der geltend gemachte Schadenersatz überhöht.

    Im übrigen wird Bezug genommen im vollen Umfang auf das schriftsätzliche Vorbringen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch auf Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von 2.500,00 EUR, noch ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR gemäß der §§ 97, 19a UrhG zu.

    Nach neuester Rechtssprechung des BGH lässt sich die Indizwirkung der Auflistung des streitgegenständlichen Werkes in der Katalogdatenbank "Media-Cat" der Phononet GmbH nicht durch pauschales Bestreiten der Aktivlegitimation zerstören, sondern es müssen konkrete Anhaltspunkte gegen die Rechtsinhaberschaft vorgebracht werden, die sich ohne weiteres auch durch eigene Recherchen zu den streitgegenständlichen Musiktiteln gewinnen lassen.

    Auch hinsichtlich der Ermittlung der IP-Adresse genügt ein pauschales Bestreiten nicht, wenn mehrere, hier zwei Rechtsverletzungen, vorgeworfen werden.

    Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht festzustellen, dass der Beklagte Täter der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen ist. In seiner Entscheidung vom 11.06.2015 (Az. I ZR75/14) hat der BGH festgestellt: "Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen."

    Der Beklagte hat detailliert dargelegt, dass er sich am 20.05.2011 in Berlin befunden hat. Er legte die entsprechende Rechnung (BI. 127 d. A) vor, aus der sich ergibt, dass der Beklagte vom 20.05.2011 bis 21.05.2011 zu Gast in diesem Hotel gewesen ist.

    Weiter hat er substantiiert dargelegt, dass er sich am ... mit ... zu einem Sommerfest in ... befunden hat und dort auch übernachtete. Dafür hat er Zeugenbeweis angeboten.

    Letztendlich legt er dar, dass er seinen Internetanschluss im fraglichen Zeitraum zur selbständigen Nutzung seinem Sohn, seinen mit im Haus lebenden Eltern sowie aufgeführten Mitarbeitern seines Unternehmens zur Verfügung gestellt hat. Auch diesbezüglich hat er Beweis angeboten und darüber hinaus dargelegt, dass er nach der Abmahnung alle die genannten Personen befragte, ob sie das Internet zur Urheberrechtsverletzung missbraucht oder Tauschbörsen genutzt hätten, und dass dies von allen verneint wurde.

    Damit ist der Beklagte entsprechend der oben zitierten Entscheidung des BGH seiner sekundären Darlegungslast im vollen Umfang nachgekommen.

    Die Klägerin hat keine Beweis dafür angeboten, dass dennoch der Beklagte Täter der von der Klägerin bezeichneten Pflichtverletzung ist.

    Da keine Urheberrechtsverletzung vorliegt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadenersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe, so dass die Klage abzuweisen war. Es bedurfte auch diesbezüglich keiner Entscheidung zur Höhe der geltend gemachten Forderung.

    Mangels Anspruch in der Hauptsache kann die Klägerin auch keine Nebenforderungen geltend machen. Diese waren ebenso abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO entsprechend dem Unterliegen der Klägerin im Rechtsstreit

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708, 711 ZPO und die Höhe des Streitwertes gemäߧ 3 ZPO aus der Höhe der geltend gemachten Forderung. (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Leipzig, Urteil vom 06.04.2016, Az. 113 C 3374/15,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Alexander Grundmann,
sekundäre Darlegungslast

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#991 Beitrag von Steffen » Freitag 15. April 2016, 22:47

WBS-Law: Filesharing Sieg gegen Rasch Rechtsanwälte -
Mutter feierte Weihnachten



22:45 Uhr


Die Kanzlei Rasch hat in einem Filesharing Verfahren vor dem Amtsgericht Köln eine Niederlage erlitten. Wir konnten das Gericht davon überzeugen, dass unsre Mandantin die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung gar nicht begangen haben konnte.


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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.

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Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln



Bericht

Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ten-67091/



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In der Filesharing Abmahnung wurde der Mutter als Anschlussinhaberin vorgeworfen, dass sie ausgerechnet am ersten Weihnachtstag das Album "Lioness: Hidden Treasures" der Künstlerin "Amy Winehouse" illegal über eine Tauschbörse zum kostenlosen Download angeboten haben soll.



Rasch macht hohe Forderungen geltend

Schließlich verklagte sie Rasch im Auftrag von der Musical Music GmbH als mutmaßlicher Rechteinhaberin auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 1.005,40 Euro sowie Schadensersatz wegen urheberrechtswidriger Verbreitung des Musikalbums in Höhe von 2.400,00 Euro.



Filesharing - Keine Heranziehung als Täter möglich

Doch das Amtsgericht Köln erteilte dem eine Abfuhr und wies die Klage mit Urteil vom 04.04.2016 (Az. 148 C 66/15). Das Gericht begründete dies damit, dass die Anschlussinhaberin gar nicht als Täterin infrage kam. Denn unsere Mandantin hielt sich zum mutmaßlichen Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung zusammen mit einem befreundeten Ehepaar im Wohnzimmer auf, das sich im Erdgeschoss des Einfamilienhauses befand. Der Rechner für den Internetzugang befand sich jedoch in ihrem Büro im 3. Stock. Dort hielt sich ihre volljährige Tochter mit ein paar Freunden auf. Infolgedessen hatte sie zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung Zugang zum Internet und kommt als Täterin infrage. Insofern ist zumindest die Vermutung der Täterschaft hinsichtlich der Mutter erschüttert.



Störerhaftung scheidet aus mangels Belehrungspflicht

Eine Heranziehung im Rahmen der Störerhaftung scheidet ebenfalls aus, weil gegenüber volljährigen Angehörigen normalerweise keine Belehrungspflicht besteht.



Fazit

Diese von uns erstrittene Entscheidung des Amtsgerichtes Köln zeigt, dass zu Recht viele Gerichte die höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend verstehen, dass an die Verteidigung des Anschlussinhabers im Rahmen der sekundären Darlegungslast keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Daran hat sich nach unserer Ansicht auch nichts durch die kürzlich veröffentlichte Entscheidung Tauschbörse III (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14) geändert. Dies hat das Amtsgericht Köln in einem ähnlich gelagerten Filesharing Fall klargestellt (Urteil vom 04.04.2016 Az. 137 C 362/15). Darüber hinaus dürfen glaubwürdige Zeugenaussagen von Familienmitgliedern nicht einfach infrage gestellt werden.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Köln, Urteil vom 04.04.2016, Az. 148 C 66/15,
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#992 Beitrag von Steffen » Freitag 22. April 2016, 12:44

WAGNER HALBE Rechtsanwälte - Köln: Landgericht Düsseldorf - Filesharing-Klage abgewiesen! Keine Rechte der Klägerin an den Musikwerken nachgewiesen!


12:45 Uhr


Mit Berufungsurteil vom 23.03.2016 hat das Landgericht Düsseldorf die auf Zahlung von 3.505,40 Euro gerichtete Filesharing-Klage eines "führenden deutschen Tonträgerherstellers" abgewiesen (Urteil des LG Düsseldorf vom 23.03.2016, Az. 12 S 31/14). Die beklagte Inhaberin eines Internetanschlusses, der in dem Prozess die Teilnahme an einer illegalen Internettauschbörse vorgeworfen wurde, muss nach der Entscheidung des Berufungsgerichts weder Schadensersatz noch Kostenersatz zahlen. Sämtliche Verfahrenskosten wurden dem klagenden Musikunternehmen auferlegt.


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Rechtsanwalt Thilo Wagner


WAGNER HALBE Rechtsanwälte - Köln

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http://www.wagnerhalbe.de/
http://rechtsanwaltsblog.blog.de/



Bericht

Link: http://www.wagnerhalbe.de/news-und-ratg ... iesen-hat/


Autor:
Rechtsanwalt Thilo Wagner



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Die aktuelle Filesharing-Entscheidung des LG Düsseldorf ist insbesondere für Juristen interessant, da sie sich im wesentlichen mit der Frage der so genannten Aktivlegitimation auseinandersetzt. Die Aktivlegitimation betrifft im Zivilprozess die Frage, ob dem Kläger ein behauptetes Recht tatsächlich überhaupt zusteht.

Vorliegend hatte die klagende Plattenfirma behauptet, dass ihr umfassende Rechte an dem Musikwerk "Große Freiheit" des Künstlers "Unheilig" zustünden. Dies wurde von der Beklagten bestritten.

Nach einem mehrjährigen Prozess kam das Landgericht Düsseldorf letztlich zu dem Schluss, dass die Klägerin die von ihr behaupteten Rechte an dem Tonträger nicht hinreichend bewiesen habe. Damit gewann die Beklagte das lange geführte Gerichtsverfahren.




Das Urteil des Landgericht Düsseldorf vom 23.03.2016, Az. 12 S 31/14 im Wortlaut:


  • (...) Gründe


    I.


    Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz nach Grundsätzen der Lizenzanalogie sowie Erstattung von Abmahnkosten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von Musik-CD-Alben in einem Internet-Filesharing-Netzwerk.

    Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

    Mit Urteil vom 01.10.2014 hat das Amtsgericht die Beklagte zur Zahlung von 1.600,00 EUR Wertersatz sowie 755,80 EUR Kostenersatz verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Klägerin könne sich auf die Vermutung ausschließlicher Rechtsinhaberschaft nach §§ 85, 10 UrhG wegen eines "P-Vermerks" auf dem Einleger der betroffenen CD-Alben berufen. Das pauschale Bestreiten der Beklagten greife auch wegen der abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung und trotz des Umstandes, dass diese ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben wurde, nicht durch, Anhaltspunkte für Fehler bei der Anschlussermittlung geben es nicht, zumal der Anschluss der Beklagten unter der Nutzung derselben Tauschbörse innerhalb von vier Monaten viermal ermittelt worden sei.

    Die Beklagte habe die Vermutung ihrer Täterschaft nicht widerlegt und ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Insbesondere habe sie nicht mitgeteilt, ob auch im relevanten Zeitraum eine weitere Person eigenständig Zugang zu ihrer Wohnung hatte. Den Wertersatz schätzt das Gericht auf je 100 EUR für jedes der 16 Musikstücke auf der CD. Eine Überkompensation der Klägerin erfolgt nicht, Tauschbörsenteilnehmer hafteten nicht als Gesamtschuldner. Es sei auch keine Verjährung eingetreten. Die Abmahnkosten seien nach § 97a Abs. 1 ZPO zu ersetzen unter Zugrundelegung des 10-fachen Werts des Lizenzschadens als Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch.

    Gegen ihre Verurteilung wendet sich die Beklagte mit der Berufung und begehrt die Klageabweisung. Die Klägerin verfolgt mit der eingelegten Anschlussberufung das Ziel, die Beklagte über die Verurteilung hinaus entsprechend ihrer Anträge erster Instanz zum Ersatz weiterer 900,00 EUR Schadensersatz und Erstattung weiterer 249,60 EUR Abmahnkosten, jeweils nebst Zinsen, zu verurteilen.

    Wegen der genauen Anträge erster Instanz und des ergänzenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.


    II.


    A.

    Berufung der Beklagten

    Die Berufung der Beklagten ist zulässig, Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt, §§ 511, 517, 519 ZPO und begründet worden, § 520 ZPO.

    In der Sache hat die Berufung Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Urteil erster Instanz war daher auf die Berufung der Beklagten hin abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.


    I.

    Die Klägerin hat schon ihre Aktivlegitimation nicht schlüssig dargelegt. In der Darstellung des "Sachverhalts" in der Klageschrift (S. 2-7) findet sich - ebenso wie in den weiteren Schriftsätzen und der Berufungserwiderung - keinerlei tatsächliches Vorbringen zum Entstehen eines Rechts der Klägerin. Weder hat die Klägerin vorgetragen, welche Handlungen bezüglich des Entstehens des streitgegenständlichen Tonträgers auf sie zurückgehen, noch hat sie behauptet, Verträge mit ursprünglich Berechtigten geschlossen zu haben.


    II.

    Einzig unter der Überschrift "Rechtliche Bewertung" (S. 7-19 der Klageschrift) gibt die Klägerin an, ihr stünden Rechte hinsichtlich des gegenständlichen Tonträgers zu. Die Rechtsausführungen sind aber bereits in sich widersprüchlich.


    1.

    Einerseits meint die Klägerin, ihr stünden "ausschließliche Verwertungsrechte im Sinne der §§ 85, 16, 17, 19a UrhG" zu. Ausweislich der Begrifflichkeit der "Verwertungsrechte" und des Inhalts der zitierten Normen stützt sich die Klägerin damit auf Rechte, die allein der Hersteller eines Tonträgers innehat. Dass ihr Vorbringen diesen tatsächlichen Kern hat, wird weiter durch das Zitat des § 10 Abs. 1 UrhG in der (anwaltlich erstellten) Klageschrift und der Berufungserwiderung gestützt, denn diese Norm betrifft allein die originäre Rechtsinhaberschaft, während bei Bestehen von abgeleiteten Rechten (Nutzungsrechten) allein § 10 Abs. 3 UrhG einschlägig wäre.

    Andererseits weist die Klägerin darauf hin, auf dem CD-Einleger des streitgegenständlichen Albums sei sie als "exklusive Lizenznehmerin" bzw. als "Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte" bezeichnet, womit sie andeutet, dass ihr (lediglich) abgeleitete bzw. übertragene Rechte zustehen.

    Die Klägerin kann sowohl bezogen auf die Rechte aus § 85 UrhG, wie auf die Rechte des Werkschöpfers jedoch nicht zugleich Tonträgerherstellerin (sowie Urheberin) und zugleich lediglich Nutzungsberechtigte Lizenznehmerin sein.

    Erläuternden Vortrag, insbesondere zu der Rechtekette, enthalten - wie ausgeführt - weder die Klageschrift, noch das sonstige Parteivorbringen.


    2.

    Die Klägerin kann sich zum Nachweis ihrer Aktivlegitimation auch nicht auf die Vermutung des § 10 UrhG i.V.m. mit dem Vermerk auf dem CD-Einleger stützen.

    Zwar findet § 10 Abs. 1 UrhG gemäß § 85 Abs. 4 UrhG auch auf die Berechtigung des Tonträgerherstellers Anwendung, so dass anhand des p + c- Vermerks grundsätzlich auf die Tonträgerherstellereigenschaft zu schließen ist (kritisch: Sricker / Loewenheim / Vogel, UrhR, 4. Aufl., § 85 UrhG, Rn. 30 wegen der auch in der Entscheidung BGH GRUR 2003, 228 beschriebene Mehrdeutigkeit des ?- Vermerks).

    Auf der mit Anlage K5 vorgelegten Kopie eines CD-Covers lauten jedoch sowohl der Urhebervermerk ©, als auch der Tonträgerherstellervermerk "p" nicht auf die Klägerin, sondern auf die Firma "I. " als teil einer "F. GbR", und es ist dort in englischer Sprache angegeben, dass eine exklusive Lizenz an die "U." als Teil der Klägerin eingeräumt ist. Weist der auf dem CD-Cover befindliche Vermerk lediglich auf eine Lizenznehmereigenschaft der Klägerin hin, so steht einer aus dem Vermerk abgeleiteten Vermutung einer Berechtigung nach § 85 UrhG schon entgegen, dass in § 85 Abs. 4 UrhG allein auf die Vorschrift des § 10 Abs. 1 UrhG, die den (originären) Urheber bzw. Hersteller betrifft verweisen ist, nicht jedoch auf den § 10 Abs. 3 UrhG, der im Falle bloßer Nutzungsrechtsinhaberschaft anwendbar ist.

    Aber auch soweit unbeschadet des Vorausgeführten § 10 Abs. 3 UrhG unmittelbar für den Inhaber abgeleiteter Tonträger-Rechte anwendbar ist (so wohl: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 85, Rn. 62A: kritisch: Schrcker / Loewenheim / Vogel, a.a.O.), findet sich in § 10 Abs. 3 UrhG zugleich die Beschränkung, dass die Vermutung nur in Bezug auf Unterlassungsansprüche und den einstweiligen Rechtsschutz, nicht aber, wie hier, zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen Anwendung findet. Insoweit bleibt es bei dem Grundsatz, dass die Klägerin ihre Berechtigung darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss. Wie ausgeführt, fehlt es an einer solchen Darlegung.


    3.

    Die Behauptung, die Klägerin sei bei großen deutschen Online-Verkaufsplattformen von mp3-Dateien als "Rechtsinhaberin" angegeben, genügt zur Darlegung des Rechteerwerbs und des Umfangs der Berechtigung ebenso wenig wie die - auch nicht erfolgte - Vorlage eines Auszugs aus der Katalogdatenbank "Media-Cat" der Phononet GmbH. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass Eintragungen in eine Katalogdatenbank grundsätzlich ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft an Tonträgerherstellerrechten bilden (vgl. BGH GRUR 2016, 176 - "Tauschbörse I"). Die Klägerin hat aber, anders als in dem von dem BGH entschiedenen Sachverhalt nicht nur den Auszug der Datenbank nicht vorgelegt, sondern auch keine ergänzenden Umstände vorgetragen, die der Katalogdatenbank dahingehend ein besonderes indizielle Gewicht zukommen lassen, etwa, dass Umstände für die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten sprechen. Zudem findet sich in dem Katalog nach dem Klägervortrag lediglich die Angabe, die Klägerin sei "Inhaberin der Auswertungsrechte".

    Die in diesem Zusammenhang angebotenen Beweise "Inaugenscheinnahme der jeweiligen Musiktitelinformation innerhalb einer großen deutschen Online-Verkaufsplattform von mp3-Musikdateien, ggf. ersatzweise Inaugenscheinnahme von entsprechenden Bildschirmausdrucken" sowie "Vorlage der relevanten Vertragsauszüge" sind, ohne dass substantiiert zum Inhalt der Angaben auf den Verkaufsplattformen oder zu den Verträgen Vortrag erfolgt, unbestimmt. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, welche tatsächliche Wahrnehmung der Zeuge [Name] bezeugen soll oder bezeugen kann.


    4.

    Allein, dass die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, macht die Darlegung der Berechtigung durch die Klägerin nicht entbehrlich.

    Die Erklärung erfolgt "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" und mit einem Begleitschreiben, in dem die Beklagten dargestellt hat, sie habe die behauptete Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Weder stellt sie sich als Anerkenntnis dar, noch ist sie durch sie der Rechtsstreit um die Verletzung präjudiziert (BGH GRUR 2013, 1252). Die Klägerin ist zudem der Darstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 07.05.2014, die Angaben der Unterlassungserklärung sei mit dem Ziel, ein kostenintensives Unterlassungsverfahren mit drohendem sehr hohen Streitwert zu vermeiden, nicht entgegentreten.


    III.

    Die Klägerin war, obwohl das Berufungsgericht der amtsgerichtlichen Beurteilung, eine Vermutung der Rechtsinhabereigenschaft ergeben sich schon auf Grund des P-Vermerks auf dem CD-Einleger, nicht beigetreten ist, auf die Schlüssigkeitsmängel der Klage nicht gesondert hinzuweisen (§ 139 ZPO). Die Kammer verkennt nicht, dass die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei drauf schützt, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrags erforderlich sein kann (vgl. BGH NJW-RR 2010, 70). Die Frage der Rechtsinhaberschaft ist aber in beiden Instanzen zwischen den Parteien erörtert worden. Die Klägerin hatte mithin Anlass, zur Natur ihrer Berechtigung (originäres oder abgeleitetes Recht), deren Herleitung und zu dem Umfang, der auch für die Höhe des Schadensersatzverlangens von Bedeutung ist, vorzutragen. Die Klägerin hat jedoch im Berufungsrechtszug lediglich auf den P- und C-Vermerk auf dem CD-Cover verwiesen und zudem darauf, dass dann, wenn das Gericht das Bestreiten der Beklagten für ausreichend erachtete, entsprechend ihres umfassenden Beweisangebots erster Instanz Beweis erhoben werden müsste (Schriftsatz v. 25.03.2015, S. 1).


    B.

    Anschlussberufung der Klägerin

    Aus vorgenannten Gründen ist die Anschlussberufung der Klägerin unbegründet.


    III.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.



    Streitwert (Berufung+Anschlussberufung):
    3.505,40 EUR (...)



Fazit Rechtsanwalt Thilo Wagner - Richtige Reaktion bei Filesharing-Abmahnung:

Bereits bei Erhalt einer urheberrechtlichen Filesharing-Abmahnung sollten Sie einen in diesen Fällen erfahrenen Rechtsanwalt zur Rate ziehen. Die hierdurch entstehenden geringen Kosten lohnen sich doppelt: Zum einen können Gerichts- und Strafverfahren in fast allen Fällen vermieden werden und zum anderen können die von der Gegenseite geforderten Geldzahlungen häufig vollständig abgewehrt werden.

Wer diesen Rat nicht berücksichtigt hat und eine Filesharing-Klage im Briefkasten vorfindet, sollte sich gegen die Inanspruchnahme anwaltlich verteidigen. Ein im Urheberrecht erfahrener Anwalt wird Ihnen den ersten Schrecken nehmen, die Chancen und Gefahren des Filesharing-Klageverfahrens realistisch einschätzen und dafür sorgen, dass der Prozess optimal geführt wird. In dem gerichtlichen Verfahren sollte stets auch die Aktivlegitimation bestritten werden. Wie das vorliegende Berufungsurteil zeigt, kann bereits dadurch der Filesharing-Prozess gewonnen werden.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2016, Az. 12 S 31/14,
Aktivlegitimation,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Thilo Wagner,
WAGNER HALBE Rechtsanwälte - Köln,
c + p-Vermerk

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LG Berlin, Az. 15 O 171/15

#993 Beitrag von Steffen » Sonntag 22. Mai 2016, 13:52

Rechtsanwälte für Urheberrecht Andreas Ernst Forsthoff | Nina Berg: Landgericht Berlin - Kostenpflichtige Abweisung einer Filesharing-Klage der Kanzlei Rasch (Universal Music GmbH)


13:51 Uhr


Filesharing-Klagen sind derzeit in aller Munde. Vor wenigen Tagen hat der BGH einige Grundsatzurteile gefällt, von denen bislang lediglich Pressemitteilungen vorliegen. Doch auch wenn die Entscheidungsgründe der neuen BGH-Urteile veröffentlicht sind, dürften noch nicht alle Unklarheiten beseitigt sein. Der BGH hat festgelegt, in welchen Fällen Anschlussinhaber nicht für ein durch Dritte begangenes Filesharing haften. Hier gibt es eine ganze Reihe von Konstellationen, in denen eine Haftung nicht gegeben ist (Familienmitglieder, WLAN, WG, Besucher).


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwälte für Urheberrecht Andreas Ernst Forsthoff | Nina Berg

Landhausstraße 30 | 69115 Heidelberg
Fon: 06221 434030 (Mo-Fr: 09:00 - 18:00 Uhr)
Fon: 06221 3262121 (außerhalb der Geschäftszeiten)
Fax: 06221 4340325
Web: www.rechtsanwaltskanzlei-urheberrecht.de
E-Mail: info@rechtsanwaltskanzlei-urheberrecht.de



Bericht

Link:
http://www.rechtsanwaltskanzlei-urheber ... sung_Rasch

Urteil als PDF:
http://www.rechtsanwaltskanzlei-urheber ... 3.2016.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


So weit, so gut. Doch in der Praxis der Instanzgerichte stellt sich immer die Frage, welchen Vortrag der Anschlussinhaber bringen muss, um sich zu entlasten. Hier spielt die so genannte sekundäre Darlegungslast eine Rolle. Wenn ich als Anschlussinhaber weiß, wer den Verstoß begangen hat, kann ich diesen benennen und die gegen mich gerichtete Klage dürfte in vielen Fällen abgewiesen werden. Dann wendet sich der Rechteinhaber jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit an den Täter und stellt diesem gegenüber die Forderungen. Dies will man naturgemäß bei Angehörigen vermeiden. Daher stellt sich die Frage, was genau man vortragen muss. In vielen Fällen wird man nicht einmal genau wissen, wer denn genau der Täter war. Wie ist in solchen Fällen zu entscheiden?

Klagende Rechteinhaber wie die Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" aus Hamburg verweisen immer gerne auf Urteile, in denen ein Gericht eine Haftung bejaht hat. So hat die Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" aus München vor kurzem ein Verfahren vor dem Landgericht Berlin gewonnen, nachdem noch in erster Instanz die Klage abgewiesen worden war (Landgericht Berlin, Urteil vom 10.03.2016, Aktenzeichen 16 S 31/15). In diesem Verfahren hatte der beklagte Anschlussinhaber auf die Zugriffsmöglichkeit Dritter verwiesen. Dies war aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend, da der Anschlussinhaber nicht weiter nachgeforscht hatte, nachdem seine Haushaltsangehörigen den Verstoß bestritten hatten. Vielmehr hätte der Anschlussinhaber nachfragen oder den Sachverhalt selbst aufklären müssen. Das Filesharing-Urteil des Landgerichts Berlin können Sie auf der Homepage der Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" einsehen:

http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... -erfuellt/




Klageabweisung Landgericht Berlin: Urteil vom 01.03.2016 (Aktenzeichen: 15 O 171/15)

Kanzleien wie "Rasch Rechtsanwälte" oder "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" verweisen naturgemäß gerne auf dieses aktuelle Urteil. Doch dies ist sicherlich nur die eine Seite der Medaille. Unsere Kanzlei hat vor kurzem eine Klageabweisung in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin erreichen können. Die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte aus Hamburg hat wegen des vorgeworfenen Filesharings an 2 Musikalben im Namen der Universal Music GmbH Klage vor dem Landgericht Berlin erhoben und Zahlung von insgesamt 5.379,80 EUR beantragt. Das Landgericht Berlin ist jedoch unserer Rechtsauffassung gefolgt und hat die Klage abgewiesen, die Firma "Universal Music GmbH" hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Anders als die 16. Zivilkammer lässt die 15. Zivilkammer des Landgerichts Berlin in diesem Filesharing-Prozess den Vortrag des Anschlussinhabers ausreichen, dass ein Haushaltsangehöriger (in unserem Falle die Lebensgefährtin) des Anschlussinhabers den Anschluss zum konkreten Verstoßzeitpunkt mitnutzen konnte. Wenn der Haushaltsangehörige - auf die Abmahnung angesprochen - den Vorwurf bestreitet und eine Überprüfung seines Computers ablehnt, kann kein weiterer Sachvortrag von dem beklagten Anschlussinhaber verlangt werden. Vielmehr hat dann der klagende Rechteinhaber (hier also die Firma "Universal Music GmbH", vertreten durch die Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte"), eine Täterschaft des Anschlussinhabers nachzuweisen. Gelingt dies nicht, ist die Klage abzuweisen.

Es ist also nach wie vor nichts eindeutig bei Filesharing-Klagen. Auch wenn einige Gerichte nach wie vor sehr streng urteilen (vgl. die Münchner Gerichte), kann ganz bestimmt nicht generell gesagt werden, dass ein Anschlussinhaber den konkreten Täter immer benennen muss, um sich selbst zu entlasten. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, wie das aktuelle Filesharing-Urteil des Landgerichts Berlin vom 01.03.2016 zeigt. Aus unserer Sicht besonders erfreulich ist das Urteil auch deshalb, weil der Richter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Berlin noch eine deutlich strengere Ansicht geäußert hatte.




Landgericht Berlin, Urteil vom 01.03.2016, Az 15 O 171/15


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Geschäftsnummer: 15 0 171/15

    verkündet am : 01.03.2016
    [Name], Justizbeschäftigte


    Landgericht Berlin

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Rechtsstreit


    [Name]
    - Klägerin -

    - Prozessbevollmächtigte: [Name]

    gegen den Herrn [Name]
    - Beklagter -,

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F3S Rechtsanwälte, Landhausstraße 30, 69115 Heidelberg,-



    hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in Berlin - Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name] als Einzelrichter für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.




    Tatbestand

    Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus vermeintlich unerlaubter Verwertung geschützter Tonaufnahmen über ein Filesharing-Netzwerk sowie Kostenersatz wegen der durch die erfolgte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

    Die Klägerin ist eine deutsche Tonträgerherstellerin. Sie ist Inhaberin von zahlreichen Leistungsschutz- und Urheberrechten an verschiedenen Musikstücken.

    Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses. Die klägerseits beauftragte Firma [Name] stellte zwei über die IP-Adresse "[IP-Adresse] " am [Datum] um [Urzeit] Uhr vermeintlich begangene Urheberrechtsverletzungen fest, und zwar den mittels einer Filesharing-Software namens "BitTorrent" angebotenen Musikalben "[Name] " der Künstlergruppe [Name] sowie das Musikalbum "[Name] " der Künstlerin [Name] mit 26 Musikaufnahmen.

    Auf die Abmahnung vom 26.05.2011 gab der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin macht geltend, die genutzte IP-Adresse "[IP-Adresse] " sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt dem Internetzugang des Beklagten zugeordnet gewesen. Dieser habe auch die ihm vorgeworfene Urheberrechtsverletzung selbst begangen.


    Die Klägerin beantragt,
    • den Beklagten zu verurteilen, an sie Wertersatz in Höhe von 4.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.01.2015 sowie Kostenersatz in Höhe von 1.379,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2015 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.

    Er behauptet, er habe die streitgegenständlichen Musikalben nie über eine Tauschbörse heruntergeladen. Seine damalige Lebensgefährtin [Name] habe mit ihm in einer Wohnung gelebt und selbständig mittels ihres Computers auf den Internetanschluss zugreifen können. Am fraglichen Abend habe sie den Internetanschluss genutzt, als sie mit einer Freundin Umzugskisten gepackt habe. Er habe sie nach den streitgegenständlichen Rechtsverletzungen befragt, was diese verneint habe. Eine Prüfung ihres Laptops habe Frau [Name] abgelehnt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihren Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Dem Beklagten ist nachgelassen worden, auf den letzten Schriftsatz der Klägerin bis zum 02.022016 zu erwidern.

    Der Beklagte hat am 25.02.2016 einen weiteren Schriftsatz vom selben Tage nachgereicht.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten kein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG zu.

    Der Klägerin ist es nicht gelungen, eine etwaige Täterschaft des Beklagten hinreichend substantiiert darzulegen.

    Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH GRUR 2010, 633 - Sommer unseres Lebens, Rn. 12, Beck-online). Eine solche tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers ist hingegen nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH GRUR 2014, 657 - BearShare, Rn. 15 m.w.N. - Beck-online).

    Dem Beklagten als Inhaber des Internetanschlusses trifft für die Frage der Überlassung an Dritte nach der zuletzt genannten Entscheidung des BGH eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Diese führt allerdings weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 ZPO) hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob und ggf. welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH a.a.O. Rn. 16 f, m.w.N.; Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14, Rn. 42 f m.w.N. - Tauschbörse III, zitiert nach juris).

    Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang dargelegt, die seinerzeitige Lebensgefährtin [Name] habe zum angeblichen Verstoßzeitpunkt einen eigenen Computer (Laptop) gehabt, mit welchem sie selbständigen Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt habe. Am 16.05.2011 sei die Zeugin zu Hause gewesen und habe bis zu seinem Eintreffen gegen 22.45 Uhr mit einer Freundin zusammen Umzugskisten gepackt und zu dieser Zeit auch das Internet benutzt. Nach Erhalt der Abmahnung auf den Vorfall angesprochen, habe Frau [Name] bestritten. Sie habe ihm, dem Beklagten, jedoch nicht erlaubt, ihren Computer zu überprüfen.

    Mit diesem Vortrag ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungs- und Beweislast sowie einer ihm etwaig obliegenden Nachforschungspflicht nachgekommen. Auch die Vernehmung der [Name] war nicht angezeigt, da die Klägerin die Behauptung des Beklagten, seine frühere Lebensgefährtin habe die Urheberrechtsverletzung in Abrede gestellt, unstreitig gestellt hat. Selbst wenn die Zeugin in der mündlichen Verhandlung bekunden würde, sie habe die fraglichen Musikstücke nicht von einer Internet-Tauschbörse über die IP-Adresse des Beklagten auf ihren Laptop heruntergeladen, wäre damit nicht im Umkehrschluss die Täterschaft des Beklagten bewiesen. Die Aussage der Zeugin ist mithin nicht entscheidungserheblich.

    Aufgrund der Darlegungen des Beklagten wäre es vielmehr Aufgabe der Klägerin gewesen, ihrerseits durch Beweisantritt eine Täterschaft des Beklagten hinreichend substantiiert darzulegen. An einen derartigen Beweisantritt fehlt es jedoch, da die Zeugin [Name] dem Vortrag der Klägerin zufolge keinerlei Angaben über etwaige Tathandlungen des Beklagten machen kann.

    Nach alledem war die Klage abzuweisen.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91; 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Für die Richtigkeit der Abschrift
    Berlin, den 07.03.2016

    [Dienstsiegel]

    [Name]
    Justizbeschäftigte (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Berlin, Urteil vom 01.03.2016, Az 15 O 171/15,
sekundäre Darlegungslast,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Klage Universal Music GmbH,
Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff,
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FS3 Rechtsanwälte Heidelberg,

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#994 Beitrag von Steffen » Freitag 3. Juni 2016, 10:50

Universum / Rasch Rechtsanwälte unterliegen am Amtsgericht Erfurt: Mitarbeiter der IP-Ermittlungsfirma war nur in der Lage die erfolgten Arbeitsschritte darzulegen. Fehlerfreiheit hätte lediglich durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden können!


10:50 Uhr


Die Berliner Kanzlei "JACOB METZLER Rechtsanwalt" berichtet am 27.05.2016 auf dem Online Anwaltssuch-Portal "Anwalt24.de" über die Zurückweisung einer unbegründeten Rasch-Klage durch das Amtsgericht Erfurt. Interessant, dass durch die Klägerin weder bewiesen werden konnte, dass die Beklagte für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist noch, dass die Rechtsverletzung vom Anschluss der Beklagten aus erfolgte.

Auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens hat die Klägerin diesbezüglich verzichtet, obwohl anfänglich noch selbst angeboten wurde aber dann davon abgesehen den Auslagenvorschuss einzuzahlen. Auch der eingeholte Zeuge der IP-Ermittlungsfirma konnte nicht plausibel machen, dass die Zuordnung der IP-Adresse fehlerfrei erfolgte, sondern nur allein zu den Arbeitsschritten zur Zuordnung vortragen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Jacob Metzler


JACOB METZLER Rechtsanwalt
Friedrichstraße 153a | 10117 Berlin
Fon: +49 30 60 98 53 70 0 | Fax: +49 30 60 98 53 70 5
E-Mail: kontakt@rechtsanwalt-metzler.de | Web: http://www.rechtsanwalt-metzler.de/



Bericht

Link -www.anwalt24.de-:
http://www.anwalt24.de/beitraege-news/f ... begruendet

Wolters Kluwer Deutschland GmbH
Sitz der Gesellschaft
Luxemburger Straße 449 | 50939 Köln

Direkter Kontakt zum Team von anwalt24.de:
Tel. +49 (0) 221 94373-7250 | E-Mail: info@anwalt24.de



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





Amtsgericht Erfurt, Urteil vom 25.02.2016, Az. 2 C 214/15


  • (...)

    Amtsgericht Erfurt

    Verkündet am 25.02.2016
    Geschäftsnummer: 2 C 214/15

    Ausfertigung
    gez. [Name], Justizangestellte
    Urkundsbeamter der Geschäftsstelle


    IM NAMEN DES VOLKES


    URTEIL


    In dem Rechtsstreit


    Universal Music GmbH ...,
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Rasch ...,


    gegen


    [Name]
    - Beklagte -

    - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Jacob Metzler, Friedrichstraße 153a, 10117 Berlin,


    hat das Amtsgericht Erfurt durch Richterin am Amtsgericht [Name] im schriftlichen Verfahren am 25.02.2016

    für Recht erkannt:

    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand:

    Die Klägerin macht mit ihrer Klage gegen die Beklagte wegen unerlaubten Anbietens des urheberrechtlich geschützten Musikalbums der Künstlergruppe "Mando Diao" im Internet einen Schadensersatzanspruch sowie Ersatz von Rechtsanwaltskosten geltend.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.03.2011 mahnte die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf einen Urheberrechtsverstoß ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

    Die Klägerin behauptet, von dem Internetanschluss der Beklagten seien die streitgegenständlichen Musikaufnahmen am 31.12.2010 um 16:19:00 Uhr im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden. Die Ermittlung der IP-Adresse der Beklagten sei zuverlässig erfolgt. Die Rechtsverletzung sei unter der IP-Adresse xx.43.xx.45 erfolgt. Diese IP-Adresse sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt dem Internetanschluss der Beklagten eindeutig zuzuordnen gewesen.

    Hier sei ein Schaden in Höhe von 2.500,00 EUR entstanden. Die Beklagte sei darüber hinaus auch verpflichtet, die durch die Abmahnung entstandenen Kosten zu tragen. Diese würden sich auf 1.379,80 EUR belaufen. Die Beklagte sei für die Rechtsverletzung auch verantwortlich.


    Die Klägerin beantragt,
    • die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.879,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie weitere Kosten in Höhe von 1,35 EUR zu zahlen.


    Die Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.


    Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt heraus ein Anspruch auf Schadensersatz oder Erstattung der Abmahnkosten zu.

    Insbesondere besteht kein Anspruch gern. §§ 97 Abs. 2, 97 Abs. 1. S. 2 a.F. UrhG i.V.m. §§ 683, 670 BGB.

    Grundsätzlich ist die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches auf Erstattung der Abmahnkosten und auf Schadensersatz vorliegen.

    Insbesondere ist es Sache der Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist und die Rechtsverletzung vom Anschluss der Beklagten aus erfolgt ist. Der Klägerin oblag es, einen entsprechenden Beweis zu führen. Dies hat sie nicht getan, was letztlich zu ihren Lasten geht.

    Die Beklagte hat zunächst die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung substantiiert bestritten. Der Beklagten oblag vor dem Bestreiten des Urheberverstoßes eine Nachforschungspflicht in ihrem Rechtskreis. Dieser Pflicht ist die Beklagte nachgekommen. Diesbezüglich hat sie vorgetragen, dass sich die im Schriftsatz vom 08.04.2015 einzeln benannten Familienmitglieder zum streitgegenständlichen Zeitpunkt in der Wohnung aufgehalten hätten. Sie selbst habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Anhaltspunkte für eine Rechtsgutsverletzung durch die übrigen Familienmitglieder habe es nicht gegeben. Weitere Nachforschungen sind ihr nicht zuzumuten, insbesondere hat sie nicht die Beweisführung der Gegenseite zu erleichtern.

    Aufgrund des substantiierten Bestreitens der Beklagten oblag es der Klägerin zu beweisen, dass über den vorliegenden streitgegenständlichen Internetanschluss ein Urheberrechtsverstoß tatsächlich begangen wurde. Darüber hinaus oblag es ihr auch zu beweisen, dass dieser Urheberrechtsverstoß am 31.12.2010 um 16:19:00 Uhr festgestellt wurde und dass der streitgegenständliche Internetanschluss zu diesem Zeitpunkt auch der Beklagten zuzuordnen war. Die Klägerin hat den Beweis, dass zum streitgegenständlichen Tatzeitpunkt ein Urheberrechtsverstoß über den streitgegenständlichen Internetanschluss der Beklagten begangen wurde, nicht erbracht.

    Dies geht auf Grund der bestehenden Beweislast zu ihren Lasten.

    Zwar hat die Klägerin zunächst auf Hinweis des Gerichts die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten, im folgenden aber davon abgesehen, den Auslagenvorschuss einzureichen und damit auf die Einholung des Gutachtens verzichtet.

    Der angebotene Zeugenbeweis durch Einvernahme des Zeugen [Name] ist nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet, tatsächlich nachvollziehen zu können, ob eine Zuordnung der streitgegenständlichen Daten aufgrund der verwandten Software tatsächlich zuverlässig erfolgt. Der angebotene Zeuge wäre hingegen lediglich in der Lage, die erfolgten Arbeitsschritte, die zu einer Zuordnung zu einer IP-Adresse erfolgen, darzulegen. Inwieweit eine solche fehlerfrei erfolgt, hätte lediglich durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden können.

    Nach alledem war die Klage abzuweisen.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    Rechtsmittelbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Berufungsgegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von 1 Monat bei dem

    Landgericht Erfurt
    Domplatz 37
    99084 Erfurt


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss schriftlich durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass die Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen 2 Monaten durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt schriftlich begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



    gez. [Name]
    Richterin am Amtsgericht


    [Dienstsiegel]


    Ausgefertigt:
    99092 Erfurt, 26.02.2016


    [Name] Justizangestellte
    Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Erfurt, Urteil vom 25.02.2016, Az. 2 C 214/15,
JACOB METZLER Rechtsanwalt,
fehlerfreie Ermittlung der IP-Adresse,
Klage Universum,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Jacob Metzler,
sekundäre Darlegungslast,
Gutachten,
Ermittlung IP-Adresse,

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Steffen
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LG Köln, Az. 14 S 21/14

#995 Beitrag von Steffen » Donnerstag 9. Juni 2016, 17:23

Rasch Rechtsanwälte:
Das Landgericht Köln hebt die 10-Euro-Entscheidung
des Amtsgericht Köln (Az. 125 C 495/13) auf!



17:25 Uhr


Große Wellen hatte es geschlagen, das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10.03.2014 (Az. 125 C 495/13). Das Gericht hatte als Schadensersatz nur 10,00 Euro für jede in ein Filesharing-System eingestellte Tonaufnahme zugesprochen. Vielfach hatte es Applaus dafür gegeben. Juristisch fundiert war das Urteil nicht - das zeigt die am 02.06.2016 ergangene Berufungsentscheidung des Landgerichts Köln (Az. 14 S 21/14).


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon: 040 244 297-0 | Fax: 040 244 297-20
Mail: kanzlei@raschlegal.de | Web: http://www.raschlegal.de



Bericht

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/land ... idung-auf/

Urteil als PDF:
http://www.raschlegal.de/uploads/media/ ... _21-14.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Anja Heller



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Dem von uns vertretenen Tonträgerhersteller ist damit nun der beantragte Schadensersatz von 2.500,00 EUR in vollem Umfang zugesprochen worden. Angesichts der seit Jahren beim Land- und Oberlandesgericht Köln zugesprochenen erheblichen Schadensersatzbeträge ist das Berufungsurteil zwar alles andere als überraschend, zumal auch der Bundesgerichtshof die Rechtsprechung aus Köln zuletzt in vier unserer Verfahren bestätigt hatte (BGH Urteile vom 11.06.2015 "Tauschbörse I - III"; BGH Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15).

Bemerkenswert ist die Entscheidung aber deshalb, weil sie sich mit der Verwertbarkeit der Auskunft eines Resellers befasst, über die der betroffene Tonträgerhersteller letztlich Kenntnis von der Person des Beklagten erlangt hatte.

In Übereinstimmung mit der von Rasch Rechtsanwälte vertretenen Ansicht, die nicht zuletzt die Bundesdatenschutzbeauftragte teilt, hat das Landgericht Köln ausgeführt, dass die von einem Reseller zu verarbeitenden Daten wie Benutzerkennung, Name und Anschrift keine Verkehrsdaten sind, da sie von Art und Umfang der genutzten Telekommunikationsdienste unabhängig sind. Nachdem eine richterliche Gestattung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG aber nur im Falle von Verkehrsdatenverwendung vorgesehen ist, bedurfte die Auskunft des Resellers einer solchen Gestattung nicht und konnte ohne Weiteres verwendet werden.






Landgericht Köln, Urteil vom 02.06.2016, Az. 14 S 21/14



  • (...) hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07,04.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht[Name], die Richterin am Landgericht [Name] und den Richter am Landgericht [Name]

    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 19. November 2014, Az. 125 C 495/13, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10. März 2014, Az. 125 C 495/13, wird aufrechterhalten, soweit der Beklagte darin im Wege des Teil-Versäumnisurteils kostenpflichtig verurteilt worden ist, an die Klägerin 260,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. September 2013 zu zahlen.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.370,00 EUR Schadensersatz sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 521,30 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. September 2013 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz tragen die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, die der Beklagte allein trägt.

    Dieses Urteil und die Urteile des Amtsgerichts Köln vom 10. März 2014 sowie vom 19. November 2014, Az. 125 C 495/13, jeweils in der vorstehenden Form, sind vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Gründe

    Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ihrer Tonträgerherstellerrechte an dem Musikalbum [Name] der Künstlerin [Name] gegenüber dem Beklagten urheberrechtliche Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.379,80 EUR geltend.

    Die Klägerin ist in der Katalogdatenbank "Media-Cat" der Phononet GmbH als "Lieferant" des streitgegenständlichen Musikalbums eingetragen (Anlage K5, BI. 34 der Akte).

    Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses mit W-LAN-Verbindung in seiner Wohnung, die er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Zeugin [Name], bewohnt. Die Verbindung zum Internet für den Computer des Beklagten erfolgte (auch) über einen WLAN-Router, der schon zur Zeit der von der Klägern geltend gemachten Rechtsverletzungen im September 2010 vorhanden war. Das WLAN war mit einer WPA2-Verschlüsselung gesichert. Der Beklagte war Kunde bei der 1&1 Internet AG, die ihm den Internetzugang als Reseller dieses Anschlusses der Deutschen Telekom AG bereitstellte.

    Im Rahmen des von der Klägerin veranlassten Ermittlungsverfahren wegen der unberechtigten Nutzung des streitgegenständlichen Musikalbums in illegalen Filesharing-Tauschbörsen ermittelte die Pro Media GmbH für den 15. Juli 2010 unter der IP-Adresse [IP] einen Anbieter des Musikalbums. Die Deutsche Telekom AG erteilte der Klägerin aufgrund eines von dieser bei dem Landgericht Köln zu Az. 220 0 208/10 erwirkten Gestattungsbeschlusses vom 03. August 2010 die Auskunft, dass die IP-Adresse zu dem angegebenen Tatzeitpunkt der 1&1 Internet AG zugeordnet war, und zwar mit der Anschlusskennung [Kennung]. Die 1&1 Internet AG erteilte der Klägerin die Auskunft, dass die zum Tatzeitpunkt verwendete Benutzerkennung dem Internetzugang des Beklagten zugewiesen war, indem sie zu der Benutzerkennung Namen und Anschrift des Beklagten mitteilte.

    Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 15. Februar 2011 (Anlage K3, BI. 25 ff. der Akte) ab.


    Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie
    1. einen angemessenen Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500,00 EUR;
    2. 1.379,80 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.


    Der Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei. Insbesondere ergebe sich aus dem von der Klägerin selbst als Anlage K 13 (Bl. 340 der Akte) vorgelegten Einleger der CD, dass nicht die Klägerin, sondern die Tonträgerherstellerin sei. Daran ändere auch nichts, dass sich um eine Konzerngesellschaft der Klägerin handele.

    Der Beklagte hat bestritten, dass die Ermittlung des Anschlusses zutreffend ist. Dazu hat er auch das ordnungsgemäße Funktionieren der Software der Pro Media GmbH bestritten.

    Der Beklagte ist ferner der Auffassung, dass die von der 1&1 Internet AG erteilte Auskunft rechtswidrig sei, da insofern eine richterliche Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht vorliege. Daraus folge ein Beweisverwertungsverbot.

    Der Beklagte ist der Auffassung, es liege keine Urheberrechtsverletzung vor, da nur Teile des Werkes vom Anschluss des Beklagten heruntergeladen worden sei. Dabei handele es sich jedoch nicht um urheberrechtlich geschütztes Material, sondern nur um Datenmüll.

    Der Beklagte hat behauptet, nach seiner Erinnerung sei sein Sohn, der in Hamburg gelebt habe, am 15. Juli 2010 nicht bei den Eltern zu Besuch gewesen. Wenn er sich zu Besuch bei den Eltern befinde, habe er jedoch auch mit einem eigenen Computer Zugang zum Internet über den Internetanschluss des Beklagten.

    Das Amtsgericht hat gegen den Beklagten am 10. März 2014 ein "Versäumnisurteil und unechtes Versäumnisurteil" erlassen. mit dem es den Beklagten im Wege des Teil-Versäumnisurteils verurteilt hat, an die Klägerin 260,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. September 2013 zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage durch streitiges Endurteil, so genanntes unechtes Versäumnisurteil, gegen die erschienene Klägerin abgewiesen.

    Die Klägerin hat gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10. März 2014, soweit die Klage abgewiesen ist, form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Der Beklagte hat gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 10. März 2014, soweit gegen ihn durch Teil Versäumnisurteil entschieden worden ist, form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

    Daraufhin sind die Parteien mit Verfügung des Berufungsgerichts vom 29. April 2014 darauf hingewiesen worden, dass im vorliegenden Fall, in dem in einem Urteil teilweise aufgrund der Säumnis einer Partei entschieden, über andere Teile dagegen ohne Rücksicht auf die Säumnis die Klage abgewiesen worden ist, dieses Urteil teils mit dem Einspruch und teils mit der Berufung anfechtbar ist. Das bis dahin zusammengefasste Verfahren fällt in solchen Fällen in 2 getrennte Verfahren auseinander. Im Hinblick darauf, dass das Amtsgericht im Rahmen des Einspruchsverfahrens auch über den Anspruchsgrund der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung durch die Klägerin befinden müsse, hat das Berufungsgericht angeregt, zunächst das Einspruchsverfahren vor dem Amtsgericht durchzuführen, das Berufungsverfahren hingegen zunächst nicht weiter fortzuführen, bis über den Einspruch von dem Amtsgericht abschließend entschieden worden sei. Zur Vermeidung einer Berufungsbegründung vor der Entscheidung des Amtsgerichts hat das Berufungsgericht beide Parteien um ausdrückliche Zustimmungserklärung zu diesem Vorgehen gebeten. Dem sind beide Parteien nachgekommen und haben schriftsätzlich ihre Zustimmung zu diesem Vorgehen erklärt. Daraufhin hat das Berufungsgericht mit Verfügung vom 12. Mai 2014 die Akten dem Amtsgericht mit der Bitte um Durchführung des Einspruchsverfahrens übersandt und auf die vorstehende Verfügung vom 29. April 2014 hingewiesen.

    Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name].


    Die Klägerin hat beantragt,
    das Versäumnisurteil vom 10. März 2014 aufrechtzuerhalten.


    Der Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.


    Mit Urteil vom 19. November 2014 hat das Amtsgericht Köln unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage insgesamt abgewiesen und die Kosten des Versäumnisurteils dem Beklagten, die übrigen Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.

    Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, es vermöge nicht festzustellen, dass der Beklagte dieses Filesharing begangen habe. Eine Vermutung der Täterschaft bestehe nicht, da der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen sei und vorgetragen habe, dass auch seine Frau und sein Sohn Zugang zu dem Internetanschluss gehabt hätten. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass der Beklagte die Tat begangen habe. Vielmehr habe die Zeugin [Name], die Ehefrau des Beklagten ausgesagt, sie und der Beklagte könnten mit dem Computer gar nicht umgehen, um Filesharing zu begehen. Es spreche zumindest eine deutlich größere Wahrscheinlichkeit für eine Täterschaft des Zeugen [Name], der die Aussage verweigert habe, und als 30-jähriger offensichtlich interneterfahrener Mann dem Täterprofil sehr viel eher entspreche als der 72-jährige Beklagte. Der Beklagte hafte auch nicht als Störer, weil als Täter zum Tatzeitpunkt der volljährige Sohn des Beklagten in Betracht komme.

    Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

    Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung enthält das Urteil des Amtsgerichts vom 19. November 2014 nicht; auch eine Streitwertfestsetzung ist im Urteil nicht erfolgt.

    Gegen das ihr am 8. Januar 2015 zugestellte Urteil des Amtsgerichts vom 19. November 2014 hat die Klägerin ebenfalls Berufung eingelegt, und zwar mit am 07. Februar 2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 06. Februar 2015.

    Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt insbesondere die Auffassung, dass der Beklagte die gegen ihn als Anschlussinhaber sprechende tatsächliche Vermutung, die Rechtsverletzung selbst begangen zu haben, nicht widerlegt habe.


    Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 19. November 2014 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Köln (Az. 125 C 495/13) zu verurteilen, an die Klägerin
    1. einen angemessenen Wertersatz in Höhe von 2.500,00 EUR und
    2. 1.379,80 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, dass die Täterschaftsvermutung widerlegt sei. Der Internetanschluss des Beklagten war sowohl für den Beklagten selbst als auch für seine Ehefrau, die Zeugin [Name] zugänglich, so dass beide in objektiver Hinsicht als Täter in Betracht kämen. Sie seien allerdings beide aus subjektiver Sicht nicht zur Bedienung von Filesharing Software in der Lage. so dass sie beide subjektiv als Täter ausschieden, was für die Zeugin [Name] unstreitig ist. Der Sohn des Beklagten hingegen, der Zeuge [Name] sei subjektiv in der Lage zur Tatbegehung gewesen. Ob bei jedoch zum Tatzeitpunkt bei seinen Eltern gewesen sei und daher objektiv Zugriff auf den Internetanschluss gehabt habe, könne der Beklagte nicht sagen.

    Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27. August 2015 (Bl. 442 der Akte) durch Vernehmen des Zeugen [Name].

    Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2016 (Bl. 457 ff. der Akte) Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die inhaltlich vorgetragenen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

    Die Berufung ist zulässig und in der Sache bis auf die von Klägerseite geltend gemachten Ermittlungskosten begründet.


    A.

    Die Berufung ist zulässig.


    1.

    Soweit sie sich gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10. März 2014 richtet, ist sie ohne weiteres statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und - nach entsprechender Verlängerung mit Zustimmung des Beklagten gemäß § 520 Abs. 2 ZPO - begründet worden.


    2.

    Die Berufung ist auch zulässig, soweit sie sich gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 19. November 2014 richtet. Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile (Abs. 1) nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO lässt das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (Nr. 1) und die unterlegene Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600,00 EUR beschwert ist (Nr. 2).

    Die Entscheidung des Amtsgerichts im Urteil vom 19. November 2014 betraf nur die durch das Teil-Versäumnisurteil vom 10. März 2014 zugesprochenen Schadensersatzbeträge von 130,00 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 130,50 EUR, insgesamt also 260,50 EUR. Damit lag der Wert des Beschwerdegegenstandes betreffend das Urteil vom 19. November 2014 unterhalb von 600,00 EUR und war eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO erforderlich. Unterlässt das erstinstanzliche Gericht die Entscheidung über die Zulassung nach § 511 Abs. 4 ZPO, hat das Berufungsgericht die Entscheidung darüber nachzuholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO erfüllt sind. Selbst wenn das Berufungsgericht die Prüfung unterlässt, jedoch die Revision zulässt, überprüft das Revisionsgericht anstelle des Berufungsgerichts die Gründe für die Zulassung der Berufung (vergleiche dazu BGH, Urteil vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06 - Rn. 9, juris).

    Im vorliegenden Fall war die Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO erforderlich. Denn eine Entscheidung des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, auch wenn die Klägerin durch die Aufhebung des Teil-Versäumnisurteils mit nicht mehr als 600,00 EUR beschwert war. Denn nachdem das Amtsgericht durch Teil-Versäumnisurteil und Urteil vom 10. März 2014 entschieden hatte, war im Hinblick darauf, dass das Amtsgericht nach dem Einspruch des Beklagten gegen das Teil-Versäumnisurteil erstmals auch eine Entscheidung zur Haftung des Beklagten dem Grunde nach zu treffen hatte, eine zeitlich vorrangige Entscheidung des Amtsgerichts Köln angeregt worden, damit im Berufungsverfahren einheitlich zum Grunde und zur Höhe entschieden werden konnte.

    Nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme ist das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten bereits dem Grunde nach nicht in Betracht kämen. Da bezüglich des noch bei dem Amtsgericht anhängigen Teils der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche in Höhe von insgesamt 260,50 EUR die Berufungssumme von 600,00 EUR nicht erreicht war, wäre diese Entscheidung des Amtsgerichts ohne die Zulassung der Berufung rechtskräftig geworden, Hinsichtlich der von der Klägerin bereits zulässigerweise eingelegten Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 10. März 2014, soweit damit die Klage abgewiesen worden war, hätte das Berufungsverfahren durchgeführt werden müssen. Zu entscheiden gewesen wäre jedoch allein über die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Lizenzschadensersatz bzw. Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, nicht aber zum Grunde dieser Ansprüche. Deshalb hätte das Amtsgericht die Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zulassen müssen, um eine einheitliche Entscheidung in dem Fall für die Parteien zu erreichen.

    Hinzu kommt, dass angesichts der Fassung des amtsgerichtlichen Urteils vom 19. November 2014 auch davon ausgegangen werden kann, dass die Zulassung der Berufung nur versehentlich unterblieben ist. Denn das Amtsgericht hat ersichtlich die Sache nochmals umfassend bescheiden wollen. Dies folgt bereits aus der Formulierung im Hauptsachetenor, wonach das Amtsgericht unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 10. März 2014 die Klage insgesamt abgewiesen hat und die Kosten des Rechtsstreits (insgesamt) der Klägerin auferlegt hat.

    Die Zulassung der Berufung holt die Kammer nunmehr nach.


    B.

    Die Berufung ist überwiegend begründet.


    1.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen der unberechtigten Nutzung des streitgegenständlichen Musikalbums in Form der öffentlichen Zugänglichmachung aus §§ 97 Abs. 2, 15 Abs. 2 i.V.m. 19a UrhG in Höhe von 2.500,00 EUR zu.


    a)

    Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums aktivlegitimiert, § 85 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 UrhG. Im Rahmen tatrichterlicher Würdigung ist nach dem Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte des Tonträgerherstellers ist. Maßgeblich stützt sich die Kammer dabei auf den Umstand, dass die Klägerin als Lieferant in dem Medienkatalog der Phononet GmbH aufgeführt ist. Einer Eintragung in diesen Katalog, bei dem es sich um den zentralen Einkaufskatalog für den Einzelhandel handelt, kommt eine erhebliche Indizwirkung zu (vergleiche BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 - Tauschbörse I). Diese ist auch im vorliegenden Fall gegeben und nicht etwa durch das Vorbringen des Beklagten eingeschränkt oder gar erschüttert. Zwar trifft zu, dass auf dem Einleger der DVD, den die Klägerin als Anlage K 13 vorgelegt hat, nicht die Klägerin selbst, sondern mit [Name]ein Label der [Name]in einem CD-Vermerk angegeben ist. Bei der [Name] handelt es sich jedoch unstreitig um eine Konzerngesellschaft des Konzerns, dem auch die Klägerin angehört. Damit stellt der C-Vermerk schon ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Rechte beim Konzern liegen. Wenn dann wiederum in der Katalogdatenbank der Phononet GmbH die Klägerin als Inhaber der Tonträgerherstellerrechte angegeben ist, und eben nicht die zum selben Konzern gehörende [Name], spricht alles für den Vortrag der Klägerin, dass in einem konzerninternen Repertoireaustauschvertrag die Rechte auf die Klägerin übertragen worden sind. Denn es liegt im einheitlichen Interesse des Konzerns und seiner Konzerngesellschaften, dass die Verwertungsrechte jeweils der Gesellschaft zugeordnet sind, die die Verwertung auch vornehmen soll, im vorliegenden Fall mithin der Klägerin.


    b)

    Der Beklagte ist passivlegitimiert.

    Nach dem Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass von dem Internetanschluss des Beklagten aus die von der Klägerin vorgetragene Rechtsverletzung erfolgte, dass also zu dem angegebenen Zeitpunkt das Musikalbums [Name] der Künstlerin [Name] über den Anschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden ist.


    aa)

    Dabei steht zunächst zur Überzeugung der Kammer fest, dass die von der Pro Media GmbH durchgeführten Ermittlungen zutreffend waren. Insofern stützt sich die Kammer zunächst maßgeblich auf das Ergebnis der Beweisaufnahme und auf die Aussage des Zeugen [Name]. Dieser hat in einer ausführlichen Beweisaufnahme Schritt für Schritt die Ermittlungen gut nachvollziehbar und im Detail insbesondere anhand von ihm vorgelegter Screenshots, welche die tatsächliche Ermittlung im Jahre 2010 dokumentieren, erläutert Der Zeuge hat zunächst erläutert, dass es sich bei dem Screenshot auf Seite 1 der von ihm überreichten Unterlagen um eine Darstellung der einzelnen Titel des streitgegenständlichen Musikalbums handelt, die zuvor von dem Zeugen und seinem Unternehmen ermittelt worden waren. Dazu haben sich der Zeuge und die Firma Pro Media GmbH des Computerprogramms Vuze bedient. Dabei handelte es sich zum damaligen Zeitpunkt um eines der gängigen so genannten Tauschbörsenprogramme, die für die Tauschbörse BitTorrent von deren Nutzern eingesetzt wurden. Der Zeuge hat ferner auch noch auf Seite 1 der von ihm überreichten Unterlagen den BitTorrent Hashwert angegeben. Auf der Seite 2 der von ihm überreichten Unterlagen ist ein Screenshot der Programmoberfläche von Vuze dargestellt. Dazu hat der Zeuge erklärend darauf hingewiesen, dass wiederum der Hashwert des streitgegenständlichen Musikalbums aufgeführt ist, wodurch zu ersehen ist, dass mit dem Programm Vuze nach einer Datei mit diesem Hashwert gesucht wurde. Dadurch erschließt sich ohne weiteres, dass die Suche mit einem der üblichen Tauschbörsenprogramme nach dem streitgegenständlichen Musikalbum erfolgte.

    Ferner hat der Zeuge über den Screenshot auf Seite 3 der von ihm überreichten Unterlagen plausibel erläutert, dass es sich hier um die Daten des Anbieters der streitgegenständlichen Musikdatei handelt, die von dem Zeugen mithilfe des von ihm eingesetzten Programms festgestellt worden waren. Aus diesem Screenshot ergibt sich zum einen, dass die Musikdatei von einem Rechner mit der streitgegenständlichen IP-Adresse angeboten wurde, zu der die Deutsche Telekom AG und die 1&1 Internet AG die Auskunft erteilt haben, dass diese zu dem maßgeblichen Zeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet war. Darüber hinaus ist erkennbar, dass die Datei zu 100 % vorhanden war und dass ein Download mit einer Datenmenge von 2,05 MB von dem Rechner, der hinter der IP-Adresse [IP] vorhanden war, auf den von dem Zeugen und der Pro Media GmbH eingesetzten Ermittlungsrechner erfolgt ist.

    Gut nachvollziehbar und überzeugend hat der Zeuge [Name]weiter bekundet, dass eine 2. Art von Information die Netzwerkkommunikation zwischen den betroffenen Computern betrifft. Diese Informationen sind in einem so genannten Capture-File festgehalten und belegen, welche Daten zwischen dem Ermittlungsrechner einerseits und dem Rechner des Anbieters, der hinter der IP, Adresse [IP] vorhanden war, andererseits ausgetauscht wurden. Auch dies hat der Zeuge gut nachvollziehbar anhand der Seite 4 der von ihm überreichten Unterlagen erläutert. So hat er ausgeführt, dass zunächst einmal der so genannte Handshake zwischen den betroffenen Rechnern erfolgt. Mit dieser "Begrüßung" klären die Rechner, welche Datei gesucht und heruntergeladen werden soll. Dazu hat der Zeuge [Name] überzeugend erläutert, dass der weitere Inhalt dieser in der Übersicht oben auf der Seite 4 der von ihm überreichten Unterlagen in dem unteren Bereich angegeben ist und sich dort erneut der Hashwert der betroffenen Datei findet. Dadurch ist klar, dass die Anfrage dem streitgegenständlichen Musikalbums galt.

    Überzeugend hat der Zeuge [Name] weiter ausgeführt, dass bei dem Download-Prozess immer nur Teile, so genannte Pieces, geladen werden, die ebenfalls auf dem Screenshot auf Seite 4 der von dem Zeugen überreichten Unterlagen aufgeführt sind. Dass nicht nur ganze Dateien an einem Stück in Filesharing-Netzwerken geladen werden, entspricht nach Kenntnis der Kammer aus zahlreichen anderen Verfahren, die Rechtsverletzungen im Hinblick auf Filesharing-Netzwerke betreffen, den technischen Gegebenheiten beim Filesharing.

    Die Kammer ist auch überzeugt, dass es sich bei diesen Datenpaketen (Pieces) um Teile des streitgegenständlichen Musikalbums handelt. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Zeuge glaubhaft bekundet hat, sich einzelne Pieces aus dem damaligen Ermittlungsvorgang vor dem Termin zur Beweisaufnahme nochmals angesehen und die Übereinstimmung festgestellt zu haben. Die Kammer hat auch keinen Zweifel, dass es sich dabei um eine Übereinstimmung gehandelt hat. Der Zeuge hat dazu dargelegt, dass er nicht etwa einen Hörvergleich vorgenommen hat, sondern die Daten technisch abgeglichen hat, indem er nämlich Bit für Bit jedes Piece verglichen hat. Die Art und Weise dieser Überprüfung hat der Zeuge anschaulich erklärt, indem er zum Vergleich ein Beispiel angeführt hat, dass eine bestimmte Seite aus einem Buch aufgeschlagen wird, dieselbe Seite aus einem kopierten Buch danebengelegt wird und dann Buchstabe für Buchstabe die Seiten verglichen werden. Ergibt sich eine Übereinstimmung, ist von einer Kopie auszugehen.

    Aufgrund dieser Umstände hat die Kammer keine Zweifel, dass der von dem Zeugen [Name] initiierte Ermittlungsvorgang zutreffend war. Damit steht fest, dass die Datei auf dem Computer, dem zu dem Zeitpunkt am 15. Juli 2010 die IP-Adresse [IP] zugeordnet war, vollständig vorhanden war und zum Herunterladen im BitTorrent-Netzwerk bereitgehalten wurde.

    Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Einwand des in der mündlichen Verhandlung vom 07. April 2016, dass das BI. 4 der von dem Zeugen während seiner Vernehmung zur Akte gereichten Unterlagen nicht in der prozessual korrekte Form von der Klägerseite eingereicht oder in den Prozess eingeführt worden sei. Die Klägerin hat diese Unterlage nicht in den Prozess eingeführt. Der Zeuge hat die Unterlage vorgelegt und seine Aussage anhand der Unterlagen erläutert. Es handelt sich mithin um einen Teil des Beweisergebnisses, das in vollem Umfang verwertet werden kann und verwertet werden muss.
    Entgegen der Auffassung des Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. Mai 2016 ist es auch nicht erforderlich, ein Sachverständigengutachten betreffend das von dem Zeugen [Name] eingesetzte Programm Vuze einzuholen. Dies gilt schon deshalb, weil es sich dabei nicht um ein speziell für die Ermittlung derartiger Rechtsverletzungen entwickeltes Programm handelt, sondern Vuze gerade für den Zweck programmiert worden ist, um es jedermann zu ermöglichen, das Filesharing-Netzwerk BitTorrent zu benutzen. Wäre das Programm nicht oder nur eingeschränkt in der Lage, die zutreffenden Musikdateien zu identifizieren, die Nutzer des BitTorrent Netzwerkes suchen, wäre es ungeeignet und würde das Filesharing-Netzwerk BitTorrent nicht funktionieren. In Anbetracht dessen liegt die diesbezügliche Bekundung des Zeugen [Name] auf der Hand, dass er davon ausgehen kann, dass die Informationen des Programms Vuze richtig gewesen sind.


    bb)

    Die Kammer ist darüber hinaus davon überzeugt, dass die Auskunfterteilung, der Internetanschluss des Beklagten sei derjenige gewesen, dem zum streitgegenständlichen Zeitpunkt am 15. Juli 2010 um 14:23:00 Uhr die von dem Zeugen [Name] ermittelte IP-Adresse [IP] zugeordnet war, richtig war. Die Klägerin hat die Auskunft von der Deutschen Telekom AG aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 03. August 2010, Az. 220 OH 208/10, erhalten, wie sie bereits in der Klagebegründung im Einzelnen dargestellt und durch ihre Prozessbevollmächtigte versichert hat. Dies stellt auch der Beklagte nicht infrage, sondern geht ebenfalls davon aus, dass die automatisierte Auskunft durch die Deutsche Telekom AG jedenfalls insofern zuverlässig ist, als die Zuordnung der IP-Adresse zu einer bestimmten Benutzerkennung erfolgt.

    Im Anschluss an die Deutsche Telekom AG erteilte die 1&1 Internet AG die Auskunft, dass die von der Deutschen Telekom AG angegebene Benutzerkennung der 1&1 Internet AG dem Internetzugang des Beklagten zugewiesen war. Der Beklagte hat keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, wonach diese Auskunfterteilung unzutreffend gewesen sein könnte. Er hat lediglich allgemein Bedenken im Hinblick darauf formuliert, dass ein Netzbetreiber die Richtigkeit und Aktualität der ihm von dem Reseller mitgeteilten Bestandsdaten nicht prüfen könne. Diese Bedenken spielen im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rolle, da nicht die Deutsche Telekom AG die Auskunft erteilt hat, dass die streitgegenständliche IP-Adresse dem Anschluss des Beklagten zur fraglichen Zeit zugeordnet war, sondern die 1&1 Internet AG, also der Reseller, selbst. Diese Auskunft der 1&1 Internet AG war auch zutreffend; dass nämlich die Benutzerkennung [Kennung] die Benutzerkennung des Beklagten zum Verletzungszeitpunkt gewesen ist, stellt auch der Beklagte nicht in Abrede.

    Schließlich bestehen entgegen der Auffassung des Beklagten auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die 1&1 Internet AG ohne eine gesonderte Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG die Auskunft erteilt hat. Insbesondere ist kein Beweisverwertungsverbot gegeben. Bei den Daten, über die die 1&1 Internet AG Auskunft erteilt hat, nämlich die Zuordnung von Name und Anschrift des Beklagten zu der von der Deutschen Telekom AG bereits im Rahmen des Gestattungsverfahrens mitgeteilten Benutzerkennung der 1&1 Internet AG, handelt es sich um Bestandsdaten im Sinne von § 3 Nr. 3 TKG. Bestandsdaten sind nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 3 TKG Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden. Bei den Namen und Anschriften der Nutzer, denen die in der Anlage aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren, handelt es sich um Daten, die für die Begründung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden, und damit um Bestandsdaten (vergleiche BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 77/11). Ein Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG ist jedoch nur dann erforderlich bleibt insbesondere während des gesamten Vertragsverhältnisses unabhängig von Art und Umfang der von dem Beklagten genutzten Telekommunikationsdienste, wenn es sich um Verkehrsdaten im Sinne von §§ 3 Nr. 30, 96 TKG handelt (vergleiche OLG Köln, Beschluss vom 27. November 2012 - 6 W 181/12 - Gestattungserfordernis für Reseller), mithin um solche, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, also etwa das Datum und die Uhrzeit der Verbindung (vergleiche BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 77/11). Die Zuordnung der Namen und Anschriften eines Anschlussinhabers zu einer Benutzerkennung geschieht nicht bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes, sondern betrifft das gesamte Vertragsverhältnis zwischen dem Reseller und dem Anschlussinhaber, im vorliegenden Fall also zwischen der 1&1 Internet AG und dem Beklagten, bleibt insbesondere unabhängig von Art und Umfang der von dem Beklagten in Anspruch genommenen Telekommunikationsdienste während des Vertragsverhältnisses unverändert.


    cc)

    Damit ist von der Klägerin im Wege des Indizienbeweises bewiesen, dass die Ermittlungen der Pro Media GmbH und die Angaben der Deutschen Telekom AG sowie der 1&1 Internet AG zutreffend waren. Aus diesem Beweisergebnis folgt ferner, dass wenigstens einer der mit dem Internetanschluss des Beklagten verbundenen Computer im Haushalt der Beklagten zu dem hier streitgegenständlichen Zeitpunkt am 15. Juli 2010 mit dem Internet verbunden gewesen war. Denn andernfalls hätte die Pro Media GmbH das streitgegenständliche Musikalbum nicht über den Internetanschluss des Beklagten (teilweise) herunterladen können.


    c)

    Der Beklagte ist auch täterschaftlich dafür verantwortlich, dass das streitgegenständliche Musikalbum zu dem hier fraglichen Zeitpunkt am 15. Juli 2010 öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Zwar trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-) Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74112, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare, Urteil vom 11. Juni 2015 - 175114 - Tauschbörse III).

    Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Tauschbörse III).

    Im vorliegenden Fall greift nach dem Sach- und Streitstand, insbesondere auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, zulasten des Beklagten die tatsächliche Vermutung seiner täterschaftlichen Verantwortlichkeit ein. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist nicht anzunehmen.

    Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass andere Personen zum Tatzeitpunkt selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzungen in Betracht kommen.


    aa)

    Nach dem Vortrag des Beklagten war das von ihm verwendete WLAN mit einer WPA2-Verschlüsselung versehen, wobei eine individuelle Verschlüsselung von mehreren Zeichen gewählt worden sei; auch der Router sei passwortgesichert gewesen. Damit war der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt hinreichend gesichert.


    bb)

    Der Beklagte geht - insbesondere nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht - davon aus, dass seine Ehefrau nicht als Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Betracht kommt.


    cc)

    Der Beklagte hat ferner nicht vorgetragen, dass sein Sohn [Name], der Zeuge [Name] ernsthaft als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt. Bereits mit der Klageerwiderung hat der Beklagte vorgetragen, dass der Sohn sich zwar gelegentlich bei den Eltern aufhalte und dann auch Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten habe, dies jedoch soweit dem Beklagten erinnerlich am 15. Juli 2010 nicht der Fall gewesen sei. Damit hat der Beklagte bereits nicht vorgetragen, dass sein Sohn als Alleintäter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Denn maßgeblich kommt es konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an, nicht darauf, ob und inwieweit die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen besteht (vergleiche BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III). Es ergeben sich weiterhin keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn anderweitig die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten hätte begehen können.


    dd)

    Schließlich ergibt sich auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht nichts anderes. Belastbare Feststellungen des Amtsgerichts, wonach die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat, fehlen.

    Dies betrifft zum einen die Ehefrau des Beklagten. Aus ihrer Aussage ergibt sich nicht, dass sie ais Täterin in Betracht käme. Denn bereits objektiv ist ihre Aussage insofern unergiebig, da die Zeugin bekundet hat, nicht mit dem Internet umgehen zu können. Dies ist jedoch grundlegende Voraussetzung für die Nutzung von Filesharing-Netzwerken.

    Auch hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass der Sohn des Beklagten als alleiniger Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Vielmehr hat die Zeugin [Name] dazu keine konkrete Aussage getroffen; sie konnte sich vielmehr nicht erinnern, ob ihr Sohn am 15. Juli 2010 überhaupt bei ihr und dem Beklagten gewesen sei und damit auf den Anschluss des Beklagten hätte zugreifen können. Da der Zeuge [Name] zulässigerweise von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ergibt sich auch insoweit nichts zu der Frage, ob und inwieweit er als Alleintäter der Rechtsverletzung in Betracht kommt.


    ee)

    Ist - wie hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - nicht feststellbar, dass ein Dritter selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt (vergleiche Urteil der Kammer vom 11. Februar 2016 - 14 S 23/14; OLG Köln, Urteil vom 06. Februar 2015 - 6 U 209/13). Daher spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte als Täter für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare). In einem solchen Fall fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger - Tatherrschaft begangen haben (vergleiche BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III).


    ff)

    Es ist schließlich auch nicht bewiesen, dass der Beklagte nicht der Täter gewesen wäre. Soweit die Ehefrau des Beklagten die Vorstellung als lächerlich abgetan hat, steht diese Aussage einer Täterschaft des Beklagten selbst nicht entgegen. Dies verkennt das Amtsgericht. Denn wenn mit dem Amtsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeuge und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage angenommen wird, steht fest, dass die Zeugin mit dem Internet nicht umgehen kann, demzufolge also auch in keiner Weise beurteilen kann, auf welche Weise und für welche Zwecke der Beklagte seinen Internetanschluss nutzen konnte und genutzt hat. Denn im Unterschied zu der Zeugin ist der Beklagte grundsätzlich in der Lage, "mit dem Internet umzugehen". Diesen Aspekt hat das Amtsgericht nicht gewürdigt. Weil aber die Zeugin gar nicht beurteilen kann, ob der Beklagte das streitgegenständliche Musikalbum in einem Filesharing-Netzwerk angeboten hat, ist ihre Aussage schon deshalb unergiebig und daher ungeeignet, die Überzeugung des Amtsgerichts zu tragen.

    Das Urteil des Amtsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Denn soweit das Amtsgericht allgemeine Erwägungen über Wahrscheinlichkeiten anstellt, ob der Zeuge [Name] oder der Beklagte als Täter in Betracht kommen, lässt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Dies gilt vor allem deshalb, weil schon auf der Grundlage des Vortrages des Beklagten gerade nicht feststeht, dass der Zeuge [Name] überhaupt als Täter in Betracht kommt geschweige denn, dass festgestellt wäre, dass er in dem konkreten Fall Alleintäter sein könnte.


    d)

    Das dem Beklagten zur Last fallende Verschulden im Sinne von § 276 BGB liegt darin, dass der Beklagte zumindest fahrlässig verkannt hat, zum Angebot eines Musikalbums im Internet zum Download durch Dritte im Rahmen von Filesharing-Tauschbörsen, an dem er keine Lizenzrechte erworben hatte, nicht berechtigt zu sein.


    e)

    Der Höhe nach steht der Klägerin wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung ihrer Leistungsschutzrechte durch den Beklagten nach der von ihr gewählten Schadensberechnungsart der so genannten Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe von 2.500,00 EUR zu.

    Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine Lizenzierung vorzunehmen; die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als schlechthin undenkbar erscheint (vergleiche etwa BGH GRUR 1993,55 - Tschibo/Rolex II) oder ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321).

    Zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts auf den Beklagten vereinbart hätten, damit dieser das streitgegenständliche Filmwerk im Internet im Rahmen eines Netzwerks für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereit halten durfte.

    Der Ansatz eines fiktiven Lizenzentgelts von 2.500,00 EUR ist im vorliegenden Fall angemessen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz für den Regelfall anzusetzen. Diese Rechtsprechung entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, vergleiche etwa OLG Köln (zusammenfassend etwa Urteil vom 6. Februar 2015 - 6 U 209/13), OLG Hamburg (Urteil vom 05. November 2013 - 5 U 222/10) und OLG Frankfurt (Urteil vom 15. Juli 2014 - 11 U 115/13; Urteil vom 16. Dezember 2014 - 11 U 27/14). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof bestätigt (siehe dazu Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Tauschbörse III).

    Vor diesem Hintergrund hält die Kammer die geltend gemachten 2500,00 EUR für die 13 Musikstücke auf dem streitgegenständlichen Musikalbum im vorliegenden Fall für angemessen.


    2.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten ferner Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 651,80 EUR gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F..

    Bei der Ermittlung der Rechtsverletzung in so genannten Internet-Tauschbörsen wegen eines zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Filmes wie im vorliegenden Fall und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche handelt es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97 a UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. etwa Urteil vom 28. Mai 2015 - 14 S 33/14; bestätigend etwa OLG Köln, Beschluss vom 13. September 2013 - 6 W 152/13), weshalb eine Begrenzung des Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Abmahnung gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. nicht in Betracht kommt.

    Der Anspruch der Klägerin berechnet sich nach einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR, was einen Betrag von 631,80 EUR ausmacht, zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7300 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR, insgesamt mithin 651,80 EUR.

    Der Ansatz eines Gegenstandswertes von 10,000,00 EUR für den Unterlassungsanspruch wegen der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen Musikalbums orientiert sich an dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der Unterbindung der Rechtsverletzung und der erheblichen Angriffsintensität des jeweiligen Rechtsverletzers, die mit der Beteiligung an illegalen Filesharing-Tauschbörsen verbunden ist. Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer sowie des Senates des Oberlandesgerichts Köln.

    Besondere Umstände, die gegebenenfalls ein Abweichen von diesem Ansatz rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Soweit sie im Schriftsatz vom 23. Juni 2015 auf die Tauschbörsen-Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hingewiesen hat, kann sie daraus nicht ableiten. Die Berechnung der dortigen Gegenstandswerte ist in Anbetracht der 3-stelligen Anzahl der dort gegenständlichen Musikstücke gerechtfertigt gewesen. Im vorliegenden Fall geht es um ein Musikalbum mit 13 Musikstücken.


    3.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291, 247 BGB. Rechtshängigkeit ist mit Zustellung der Klage an den Beklagten am 3. September 2013 eingetreten, §§ 253 S. 1, 261 Abs. 1 ZPO.


    4.

    Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO war nicht angezeigt. Dies gilt auch im Hinblick auf den Schriftsatz des Beklagten vom 25. Mai 2016, mit dem er vorträgt, die Klageforderung (überwiegend) ausgeglichen zu haben. Mit neuem Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist der Beklagte ausgeschlossen, § 296 a ZPO. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war auch nicht aus prozessökonomischen Gründen angezeigt. Wenn und soweit der Beklagte die berechtigte Forderung der Klägerin ausgeglichen hat, sind derartige Erfüllungsleistungen im Rahmen der Vollstreckung zu berücksichtigen. Geschieht dies nicht, kann der Beklagte - wie alle Schuldner in einer solchen Situation - auf die dafür in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe zurückgreifen.


    5.

    Die Kostenentscheidung beruht §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO und entspricht dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr 8 EGZPO.


    6.

    Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (543 Abs. 2 ZPO).

    Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze in einem Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des konkreten Sachverhaltes.

    Die Beschwer im Berufungsverfahren wird für beide Berufungen auf insgesamt 3879,80 EUR festgesetzt. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Köln, Urteil vom 02.06.2016, Az. 14 S 21/14,
Vorinstanz: AG Köln, Teil-Versäumnis- und Urteil vom 10.03.2014, Az. 125 C 495/13,
Rasch Rechtsanwälte,
Berufung Rasch Rechtsanwälte,
Schadensersatz,
10-Euro-Entscheidung,
Auskunft Reseller,
Reseller,
Beweismittelverbot

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AG Charlottenburg, Az. 231 C 65/1

#996 Beitrag von Steffen » Samstag 11. Juni 2016, 10:40

Jüdemann Rechtsanwälte (Berlin): Amtsgericht Charlottenburg - Keine Belehrungspflicht für volljährige Mitarbeiter - Volljährige Mitarbeiter sind wie Wohngemeinschaften, volljährige Besucher oder Gäste einzuordnen - Kläger hat gegen den Beklagten - keinen - Anspruch auf Zahlung von insgesamt 3.405,75 EUR!


10:40 Uhr


In einem aktuellen Filesharing Fall waren wir gegen eine Klage der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" für "Universal" erfolgreich. Diese hatte den Inhaber eines Schmuckgeschäfts wegen Filesharing abgemahnt und auf Zahlung vor dem Amtsgericht Charlottenburg verklagt. Nach Ansicht des Gerichts treffen den Dienstherrn jedoch in Bezug auf volljährige Mitarbeiter keine Belehrungspflichten hinsichtlich des Internetanschlusses. Ihn treffen auch keine anlasslosen Prüf- und Kontrollpflichten. Das Gericht folgt damit einer aktuellen Pressemeldung des BGH. Zudem folgte uns bei der Wertung des Schlussantrages des Generalanwaltes am EuGH in der Rechtssache C-484/14, der eine Haftung für offenes WLAN ablehnt.

  • Amtsgericht Charlottenburg:
    (...) Es handelt sich vorliegend aber gar nicht um einen privat genutzten Anschluss, sondern um einen solchen für ein Ladengeschäft mit Werkstatt, so dass bereits äußerst fraglich ist, ob die von der Rechtsprechung entwickelte tatsächliche Vermutung, die auf der nachvollziehbaren Erwägung beruht, dass der private Anschlussinhaber im Zweifel selbst seinen Anschluss nutzt, überhaupt entsprechend anwendbar ist. (...)

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Bild

Rechtsanwalt Kai Jüdemann


Jüdemann Rechtsanwälte

Schlüterstraße 37 | 10629 Berlin
Fon: 030 88 70 23 80 | Fax: 030 88 70 23 85
E-Mail: kanzlei@ra-juedemann.de | Web: http://www.ra-juedemann.de



Bericht

Link:
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~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~






AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06.2016, Az. 231 C 65/16


  • (...)

    In dem Rechtsstreit

    der [Name],
    - Klägerin -

    - Prozessbevollmächtigte: [Name] -,


    gegen


    [Name]
    - Beklagter -

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Jüdemann, Schlüterstraße 37, 10629 Berlin,-


    hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 231, auf die mündliche Verhandlung vom 11.05.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

    für Recht erkannt:

    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin ist eine der führenden deutschen Tonträgerherstellerinnen und als solche Inhaberin ausschließlicher Verwertungsrechte an dem Musikalbum "Lioness: Hidden Treasures" der Künstlerin "Amy Winehouse" enthaltenen Musiktiteln zu, und zwar den folgenden:
    • "1. Our Day Will Come,
      2. Between The Cheats,
      3. Tears Dry,
      4. Will You Still Love Me Tomorrow,
      5. Like Smoke,
      6. Valerie,
      7. The Girl From Ipanema,
      8. Half Time ,
      9. Wake Up Alone,
      10. Best Friends, Right?,
      11. Body and Soul,
      12. A Song For You."
    Sie beauftragte die "proMedia GmbH" mit der Überwachung von Internet-Tauschbörsen zwecks Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen.

    Der Beklagte war im Jahr 2012 Inhaber eines Internetanschlusses der "Deutsche Telekom AG" in dem von ihm betriebenen Ladengeschäft mit Werkstatt für sein [Name-]label "[Name]".

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.03.2012 mahnte die Klägerin den Beklagten wegen Anbietens des o.g. Musikalbum in einem Peer-to-Peer-Netzwerk ab und forderte ihn zur Zahlung von Schadensersatz und Ersatz von Anwaltskosten auf (Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24-26 d.A.). Der Beklagte reagierte mit Schreiben vom 08.06.2012 (Anlage B1 zur Klageerwiderung, Bl. 57-58 d.A.).

    Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte das Musikalbum am 07.01.2012 um 12:33:17 Uhr über die IP-Adresse 91.**.**.72 zum Download für Dritte zur Verfügung gestellt habe. Dies stehe fest aufgrund der in ihrem Auftrag durchgeführten Ermittlungen der "proMedia GmbH" und der Auskunft der "Deutsche Telekom AG" aufgrund von des Klägerin erwirkten Beschlusses des Landgerichts Köln vom 02.02.2012, wonach die ermittelte IP-Adresse zu der genannten Zeit dem Anschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei; was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet. Die Ermittlungssoftware arbeite fehlerfrei und werde regelmäßig überprüft. Das Zutreffen der Ermittlungen folge insbesondere daraus, dass noch zu einem zweiten Zeitpunkt, am 03.03.2012, um 14:35:56 Uhr, über die ebenfalls dem Anschluss des Beklagten zu diesem Zeitpunkt zugeordnete IP-Adresse 87.***.***.199 ein Upload des aus 16 Titeln bestehenden Musikalbums "Born To Die" der Künstlerin "Lana del Rey" erfolgt sei. Insoweit ist unstreitig, dass diesbezüglich keine Abmahnung erfolgt ist.

    Nach Ansicht der Klägerin seien vom Beklagten für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe einer 1,3 RVG Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert in Höhe von 50.000,00 EUR zuzüglich Pauschale, somit in Höhe von 1.005,40 EUR, zu erstatten; außerdem Auslagen für das Auskunftsverfahren in Höhe von 1,35 EUR. Darüber hinaus stehe ihr ein Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von 2.400,00 EUR zu. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Klageschrift (dort Seite 15-20, Bl. 24-29 d.A.) verwiesen.


    Die Klägerin beantragt,
    • den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.400,00 EUR Wertersatz und 1.005,40 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins­satz seit Rechtshängigkeit und 1,35 EUR Auslagen zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.


    Er behauptet, er habe das Album zu keinem Zeitpunkt über das Internet Dritten zum Download zur Verfügung gestellt. In seinem Unternehmen arbeiteten regelmäßig bis zu zehn Mitarbeiter / innen, die Zugang zum Internet über den Anschluss des Beklagten hätten, u.a. die von ihm namentlich benannte [Name]. Er sei zum behaupteten Zeitpunkt, einem Samstag, gar nicht in der Werkstatt bzw. dem Ladengeschäft und sein dort befindlicher Computer sei ausgeschaltet gewesen. Hingegen sei die Zeugin [Name] in seiner Abwesenheit in den Geschäftsräumen gewesen. Die Zeugin [Name] habe auf Nachfrage die Tat bestritten, aber eingeräumt, mit Filesharing vertraut zu sein. Auch einige andere Mitarbeiter verfügten über eigene Schlüssel für die Werkstatt. Der Beklagte behauptet weiter, die Nutzung der Mitarbeiter sei mit der Maßgabe und Weisung erfolgt, dass keine illegalen Downloads erfolgen dürften. Der Router sei durch ein nutzereigenes WPA2-Passwort geschützt.

    Die Klägerin bestreitet all dies mit Nichtwissen.



    Entscheidungsgründe


    I.

    Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Das Amtsgericht Charlottenburg ist gemäß §§12,13 ZPO, §§ 104a, 105 UrhG i.V.m. mit der gerichtlichen Konzentration in Berlin für Urheberrechtsstreitigkeiten ausschließlich zuständig.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 3.405,75 EUR.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG gegen den Beklagten als Täter der von ihr der behaupteten Urheberrechtsverletzung.

    Sie ist zwar unstreitig aktivlegitimiert. Dass die Ermittlung der IP-Adresse und deren Zuordnung zu dem behaupteten Zeitpunkt zutreffend war, sowie, dass tatsächlich von dieser IP-Adresse ein Upload des streitgegenständlichen Musikalbums erfolgte, kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden. Hieran bestehen auch keine ernstlichen Zweifel angesichts der Darstellung der Klägerin, wonach noch ein anderes Musikalbum knapp zwei Monate später ebenfalls ermittelt und nach Auskunftsbeschluss und Auskunft der Deutsche Telekom AG dem Anschluss des Beklagten zugeordnet wurde.

    Die Täterschaft des beklagten Anschlussinhabers als anspruchsbegründende Tatsache ist aber nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen von der Klägerin darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az. I-6 U 239/11, 6 U 239/11, -juris, BGH, Urteil vom 15. November 2012, GRUR 2013, 511 - "Morpheus"), wobei allerdings nach der obergerichtlichen Rechtsprechung gewisse Beweiserleichterungen gelten sollen.

    Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so soll im Allgemeinen eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGHZ 185, 330 - "Sommer unseres Lebens"). Daraus wiederum folge auch eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, welcher geltend macht, nicht er sondern eine andere Person müsse die Rechtsverletzung begangen haben, da die betreffenden Vorgänge allein in seiner Sphäre liegen. Eine Umkehr der Beweislast ist damit aber ebenso wenig verbunden wie eine über seine prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, der Gegnerin alle für ihren Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (OLG Köln, a.a.O. m.w.N.). Der Anschlussinhaber genügt vielmehr der von der Rechtsprechung entwickelten sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und wenn ja, welche Personen im relevanten Zeitraum selbstständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen; in diesem Umfang kann der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet sein (vgl. BGH, Urteil vom 08. Januar 2014,1ZR 169/12 - "BearShare").

    Es handelt sich vorliegend aber gar nicht um einen privat genutzten Anschluss, sondern um einen solchen für ein Ladengeschäft mit Werkstatt, so dass bereits äußerst fraglich ist, ob die von der Rechtsprechung entwickelte tatsächliche Vermutung, die auf der nachvollziehbaren Erwägung beruht, dass der private Anschlussinhaber im Zweifel selbst seinen Anschluss nutzt, überhaupt entsprechend anwendbar ist.

    Jedenfalls aber spricht auch bei Zugrundelegung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze keine tatsächliche Vermutung (mehr) für eine Täterschaft des Beklagten, denn er ist seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem er vorgetragen hat, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch mindestens eine andere Person, nämlich die namentlich benannten Mitarbeiterin, diesen Anschluss mit seiner Kenntnis benutzen konnten (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014, a.a.O.). Es spricht aufgrund des erheblichen und in sich schlüssigen Gegenvortrags des Beklagten nicht mehr dafür, dass der Beklagte, nur weil er selbst als Geschäftsinhaber auch Anschlussinhaber ist, die - unterstellte - Rechtsverletzung begangen hat, als die den Anschluss in gleicher Art und Weise nutzende Mitarbeiterin. Vielmehr spricht eindeutig dagegen, dass der Beklagte angegeben hat, im Tatzeitraum gar nicht im Laden gewesen zu sein. Zwar setzt das Filesharing eine Anwesenheit nicht voraus, jedoch erscheint es schon nicht plausibel, dass jemand, bevor er für das Wochenende sein Geschäft verlässt, noch einen Download- (und damit zugleich Upload-)vorgang für ein Musikalbum in Gang setzt. Zudem gibt der Beklagte aber sogar an, dass der von ihm persönlich im Büro genutzte Computer ausgeschaltet gewesen sei; Voraussetzungen für die Nutzung der Tauschbörse wer aber jedenfalls eine bestehende Internetverbindung. Schließlich gibt der Beklagte konkret an, das im Gegensatz zu ihm die Zeugin [Name] zum behaupteten Tatzeitpunkt in der Werkstatt gewesen sei, so dass es jedenfalls nicht wahrscheinlicher erscheint, dass der Beklagte der Täter war als diese andere Person. Der Beklagte hat die andere Nutzerin nach seinen Angaben auch ergebnislos befragt, mehr ist ihm insoweit nicht zuzumuten. Beweis über die Behauptungen des Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zu erheben. Zur Erschütterung der von der Rechtsprechung entwickelten Vermutung reicht vielmehr schlüssiger Gegenvortrag aus. Unter diesen Umständen ist es wiederum Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 ff - "Morpheus"). Solche Umstände hat die Klägerin nicht dargetan; ein taugliches Beweisangebot erfolgt nicht. Sie bestreitet lediglich fast den gesamten Gegenvortrag mit Nichtwissen, was zwar nach § 138 Abs. 4 ZPO zulässig ist, aber nicht dazu führt, dass erheblicher Vortrag hinsichtlich der Täterschaft vorliegt; zudem ist insbesondere unstreitig geblieben, dass es sich eben gerade nicht um einen Privatanschluss, sondern einen Geschäftsanschluss handelt.

    Auch aus den neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus Juni 2015 (Urteile vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14, I ZR 21/14 und I ZR 75/14, - juris) folgt nicht, dass der Vortrag des Anschlussinhabers zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung von diesem bewiesen werden müsse. Der BGH hatte vielmehr in keinem der drei Rechtsstreite über die Beweislast im Falle ausreichenden Tatsachenvortrages zur Erschütterung der Vermutung zu entscheiden. Es ging in dem "Mallorca-Fall" (Az. I ZR 19/14) gerade nicht primär darum, dass die Beklagtenseite einen alternativen Geschehensablauf dargetan hatte. Vielmehr hat sie dort behauptet, niemand aus der Familie komme als Täter in Betracht, da sie sich die gesamte Familie im Urlaub befunden habe. Dies ist aber gerade kein Vortrag im Sinne der vorliegend in Bezug genommenen "BearShare"- Entscheidung. Denn damit wird lediglich die Richtigkeit der Ermittlung bestritten. Selbstverständlich war dann - wie geschehen - Beweis über die Ordnungsgemäßheit der Ermittlung zu erheben und die Familienmitglieder waren gegenbeweislich als Zeugen zu vernehmen.

    Dies hat jedoch entgegen der Ansicht der Klägerseite nichts mit der Erschütterung der Vermutung zu tun. Erst sozusagen hilfsweise stellte der dortige Beklagte in den Raum, eines seiner Kinder habe möglicherweise dies doch getan haben können, wobei der Vortrag auf Vermutungen beruhte, vage und in sich und insbesondere zum Hauptvortrag dort widersprüchlich war. All diese Besonderheiten fehlen hier. Es ist eine konkrete eigenverantwortliche Nutzungsmöglichkeit der erwachsenen Mitarbeiterin zum von der Klägerin behaupteten Tatzeitpunkt seitens des Beklagten dargetan. Ähnliches gilt für die beiden anderen vom BGH zu entscheidenden Fälle, bei denen es in einem Fall nur um die Belehrung der feststehenden minderjährigen Täterin ging (Az. I ZR 7/14) und in dem dritten Fall (Az. I ZR 19/14) ebenfalls nicht um einen alternativen Geschehensablauf, sondern - wie im "Mallorca-Fall" - um das Bestreiten der Täterschaft sämtlicher dortiger Familienmitglieder (und mithin auch dort um das Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlung).


    II.

    Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch gegen den Beklagten als so genannter Störer. Danach könnte sie nach §§ 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F, 683, 670 BGB ohnehin nur Aufwendungen ersetzt verlangen; Schadensersatz nach der sog. Lizenzanalogie, den sie in Höhe 2.400,00 EUR mit der Klage begehrt, scheidet insoweit von vornherein aus.

    Da die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und in wieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, "Morpheus" a.a.O.).

    Den Beklagten treffen in Bezug auf seine erwachsene Mitarbeiterin keine Belehrungspflichten hinsichtlich des Internetanschlusses (vgl. noch nicht im Volltext veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2016, Az. I ZR 86/15 betreffend Wohngemeinschaften, volljährige Besucher oder Gäste). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den anderen Nutzern um volljährige Mitarbeiter, hier kann daher nichts anderes gelten. Beweis war daher nicht zu erheben, es kann dahin stehen, ob der Beklagte wie behauptet eine Belehrung vorgenommen hat. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht nötig. In der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht - wegen der entsprechenden bisherigen Rechtsprechung des Berufungsgerichts - zwar noch angedeutet, dass ggf. hier eine Beweisaufnahme stattfinden müsse, jedoch hatte die Beklagtenseite bereits mit der Klageerwiderung unter Bezug auf das beim EuGH anhängige Verfahren zum Az. C-484/14 die Ansicht vertreten, dass dies nicht notwendig sei, und es verstößt daher nicht gegen das rechtliche Gehör der Klägerin, welche hierauf bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, wenn das Gericht sich aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen obergerichtlichen Entscheidung, nunmehr dieser Ansicht anschließt.

    Anlasslose Prüf- oder Kontrollpflichten hatte der Beklagte ebenso wenig. Denn bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Mitarbeiter / innen ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Erst wenn der Anschlussinhaber - etwa aufgrund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass die anderen Nutzer den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, a.a.O.). Dass der Beklagte vor dem streitgegenständlichen Vorfall Anlass hatte, einen Missbrauch des Internetanschlusses durch Mitarbeiter / innen zu befürchten, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Erst danach soll es nach ihrem Vortrag eine weitere Urheberrechtsverlet­zung zulasten der Klägerin gegeben haben. Diese soll am 03.03.2012 um 14:35:56 Uhr stattgefunden haben, das streitgegenständliche Abmahnschreiben ist allerdings erst auf den 02.03.2012 datiert, so dass es ausgeschlossen erscheint, dass der Beklagte dieses bereits am nächsten Tag vor dem maßgeblichen Zeitpunkt erhalten haben sollte, zumal auch der 03.03.2012 wieder ein Samstag war. Dies könnte allerdings ohnehin nur Auswirkungen auf eine Störerhaftung bezüglich des weiteren Verstoßes haben, der aber nicht streitgegenständlich ist; hingegen behauptet die Klägerin keine Abmahnung vor der hiesigen.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06.2016, Az. 231 C 65/16,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
proMedia GmbH,
Rasch Rechtsanwälte,
alternativen Geschehensablauf,
sekundäre Darlegungslast,
EuGH - C-484/14,
Gewerblicher Internetanschluss,
Mitarbeiter,
Ladengeschäft,
Rechtsanwalt Kai Jüdemann,
Jüdemann Rechtsanwälte

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LG Hamburg, Az. 308 S 1/15

#997 Beitrag von Steffen » Freitag 8. Juli 2016, 18:04

WBS-Law: Landgericht Hamburg - Filesharing Erfolg gegen Universal Music


18:05 Uhr


Filesharing-Erfolg unserer Kanzlei "WILDE BEUGER SOLMECKE" gegen "Universal Music", vertreten durch die Hamburger Abmahnkanzlei "Rasch Rechtsanwälte", vor dem Landgericht Hamburg (Urt. v. 24.06.2016, Az. 308 S 1/15). Die Richter am Landgericht Hamburg bestätigten das Urteil des Amtsgerichts Hamburg (Urt. v. 03.12.2014, Az. 32 C 23/13). "Universal Music" konnte unserem Mandanten nicht nachweisen, dass er Täter der ihm vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung gewesen ist.


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Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.


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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... sch-68239/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... S-1_15.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


"Universal Music", vertreten von der Rechtsanwaltskanzlei "Rasch Rechtsanwälte" verlangte von unserem Mandanten Schadensersatz sowie Erstattung von Abmahnkosten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von Tonaufnahmen über eine Internettauschbörse. Konkret ging es um ein Musikalbum der schwedischen Rock-Band "Mando Diao", die unser Mandant über seinen Anschluss in einem Filesharing-Netzwerk anderen zum Tausch angeboten haben soll.



"Universal Music" rügt rechtsfehlerhafte Erfassung der Tatsachengrundlage des Amtsgericht Hamburg

Im Verfahren vor dem Landgericht Hamburg hat "Universal Music" eine rechtsfehlerhafte Erfassung der Tatsachengrundlage des Amtsgerichts Hamburg gerügt. Das Amtsgericht habe unter anderem in seinem Urteil nicht berücksichtigt, dass "Universal Music" mehrere Verletzungszeitpunkte in den Rechtsstreit eingeführt habe. Zudem habe unser Mandant im Rahmen seiner Anhörung vor dem Amtsgericht mitgeteilt, dass seine Ehefrau nicht "IT-affin" (IT-affin auch IT-Experte) sei und in der Regel nur Word oder E-Mail-Programme nutze. Daher, so die Gegenseite, sei es lebensfern, dass die Ehefrau unseres Mandanten das Filesharing-Programm selbstständig benutzt haben könne. Da die Kinder zum vermeintlichen Tatzeitpunkt schliefen, schieden diese als Täter aus.



LG Hamburg - "Universal Music" ist es nicht gelungen Täterschaft nachzuweisen

Das Landgericht Hamburg war jedoch nach erneuter Prüfung ebenso wie zuvor bereits das Amtsgericht Hamburg zu Recht nicht davon überzeugt, dass einerseits die Ehefrau unseres Mandanten als Täterin gänzlich auszuschließen ist und andererseits allein unser Mandant selbst das Musikalbum der Band "Mando Diao" selbst öffentlich zugänglich gemacht haben soll.

Grundsätzlich gilt: Wenn der Anschlussinhaber im Filesharing Verfahren nachweisen kann, dass die ernsthafte Möglichkeit bestand, dass der Anschluss zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung von jemand anderem genutzt wurde, scheidet eine Haftung als Täter aus (sekundäre Darlegungslast). Die bestehende Möglichkeit, dass die Rechtsverletzung auch von jemand anderen hätte begangen werden können, reicht aus. Diese Möglichkeit ist immer dann gegeben, wenn zum Beispiel wie in diesem Fall andere Familienmitglieder (Ehefrau) selbstständig auf den Anschluss zugreifen können.

Die unseren Mandanten treffende sekundäre Darlegungslast hat er auch nach Ansicht der Richter des Landgerichts Hamburg erfüllt. Es bestand zu den geltend gemachten Verletzungszeitpunkten nicht nur die theoretische Möglichkeit des Zugriffs jedenfalls durch die Ehefrau unseres Mandanten. Im Haus unseres Mandanten befanden sich mehrere Computer und zumindest auf einen Laptop hatten alle Familienmitglieder zugriff. Auch trotz des geringen Computersachverstandes seiner Ehefrau hätte diese aufgrund der leichten Bedienung von Tauschbörsen diese zumindest theoretisch durchaus benutzen können, so dass sie als vermeintliche Täterin nicht auszuschließen ist.



Festzuhalten bleibt:

"Universal Music" gemeinsam mit "Rasch Rechtsanwälte" ist es auch vor dem Landgericht Hamburg nicht gelungen, die Täterschaft unserem Mandanten nachzuweisen. Das Gericht hat die Berufung der Gegenseite zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens muss nun die Gegenseite tragen. (TOS)





LG Hamburg, Urteil vom 24.06.2016, Az. 308 S 1/15

  • (...) Abschrift

    Landgericht Hamburg
    Az.: 308 S 1/15
    32 C 23/13 AG Hamburg

    Verkündet am: 24.06.2016
    [Name], Jufa als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Urteil


    IM NAMEN DES VOLKES


    In der Sache


    [Name]
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen

    [Name],
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,


    erkennt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 8 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. [Name], die Richterin am Landgericht Dr. [Name]und den Richter am Landgericht Dr. [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2016 für Recht:

    • 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 03.12.2014, Az. 32 C 23/13, wird zurückgewiesen.
      2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.



    Beschluss
    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.879,80 EUR festgesetzt.



    Gründe:


    I.

    Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz sowie Erstattung von Abmahnkosten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von Tonaufnahmen über eine Internet-Tauschbörse (Filesharing-Netzwerk).

    Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Insoweit wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen.

    Mit der Berufung rügt die Klägerin eine rechtsfehlerhafte Erfassung der Tatsachengrundlage. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin mehrere Verletzungszeitpunkte in den Rechtsstreit eingeführt habe. Dies ergebe sich aus der Aussage des Zeugen [Name], welche sich die Klägerin zu eigen gemacht hätte. Der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick auf diese weiteren Verletzungszeitpunkte nicht Genüge getan.

    Darüber hinaus greift die Klägerin die vom Amtsgericht vorgenommene Tatsachenwürdigung als rechtsfehlerhaft an. Insofern macht sie geltend, das Amtsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Beklagte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung mitgeteilt habe, dass seine Ehefrau nicht IT-affin sei, nur Standardprogramme wie Word oder E-Mail-Programme nutze und üblicherweise auch zu ihm komme, wenn es Probleme mit dem Computer gebe. Insoweit sei es lebensfern anzunehmen, die Ehefrau des Beklagten habe einen BitTorrent-Client selbstständig installiert. Zudem habe das Gericht nicht berücksichtigt, dass der Beklagte im Keller mehrere Server stehen habe, auf denen auch ein Torrent-Client installiert gewesen sei, welcher 24 Stunden mit dem Internet verbunden gewesen sei und dessen Verwaltung er auch allein betreut habe. Da die Kinder zu den Verletzungszeitpunkten geschlafen hätten und daher überhaupt keinen Zugriff auf diese Server gehabt hätten, scheide deren Täterschaft aus. Das Amtsgericht habe im Übrigen angesichts des schwankenden und widersprüchlichen Vortrags des Klägers zur Zahl der internetfähigen Endgeräte, zur Zahl der installierten Torrent-Clients und zu der Möglichkeit des Zugriffs durch Ehefrau und Kinder sowohl die Glaubhaftigkeit der Aussage des Beklagten im Rahmen seiner Parteivernehmung sowie dessen Glaubwürdigkeit unzutreffend beurteilt. Insbesondere sei es nicht glaubhaft, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Tonaufnahmen bei Überprüfung seiner Geräte angeblich nicht gefunden hätte. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass er die Aufnahmen sehr wohl auf den Rechnern seiner Frau oder der Kinder hätte finden müssen. Schließlich habe das Amtsgericht, worauf sich die Klägerin hilfsweise stützt, nicht beachtet, dass dem Beklagten soweit eine Täterschaft seiner Kinder in Betracht komme - eine Belehrungspflicht oblag, die er nicht erfüllt habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.


    Die Klägerin beantragt,
    das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin
    1. einen angemessenen Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500,00 EUR;
    2. 1.379,80 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Er verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.

    Die Kammer hat Beweis erhoben durch Parteivernehmung des Beklagten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2016 Bezug genommen.



    II.

    Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz oder Ersatz von Abmahnkosten zu.


    1.

    Die Klägerin hat nicht zu beweisen vermocht, dass der Beklagte Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung ist. Auch nach nochmaliger Durchführung der Beweisaufnahme durch Parteivernehmung des Beklagten ist die Kammer - ebenso wie das Amtsgericht - nicht davon überzeugt, dass einerseits die Ehefrau des Beklagten als Täterin auszuschließen ist und andererseits allein der Beklagte selbst das streitgegenständliche Musikalbum der Künstlergruppe [Name] selbst öffentlich zugänglich gemacht hat.


    a)

    Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 32 - "Morpheus"; BGHZ 200, 76 Rn. 14 = GRUR 2014, 657 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III").

    Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Insoweit trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH GRUR 2014, 657 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III" mwN).


    b)

    Die ihm danach obliegende sekundäre Darlegungslast hat der Beklagte, wie das Amtsgericht zutreffend angenommen hat, erfüllt. Es bestand zu den geltend gemachten Verletzungszeitpunkten nicht nur eine theoretische Möglichkeit des Zugriffs jedenfalls durch die Ehefrau des Beklagten. Der Beklagte hat dargelegt, dass sich in seinem Haus zum Tatzeitpunkt drei Rechner befanden, die Zugang zum Internet hatten und zudem mit Torrent-Software ausgestattet waren. Dazu zählten der Dienstrechner des Beklagten, ein kleiner Netzwerk-Rechner im Keller sowie möglicherweise der private Laptop des Beklagten. Daraus, dass der Beklagte nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, auf welchen Rechnern Tauschbörsensoftware installiert war, folgt nicht, dass er insoweit seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt hätte. Der Beklagte hat weiter dargelegt, dass sämtliche Familienmitglieder jedenfalls zum privaten Laptop des Beklagten jederzeitigen Zugang hatten. Diese Zugriffsmöglichkeit war nicht bloß theoretischer Art, wie der Beklagte in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht ausgeführt hat. Der Beklagte hat dargelegt, dass seine Ehefrau zwar nur über geringe Computerkenntnisse verfüge und sie auch nicht IT-affin sei, sie aber den Computer - wenn auch weniger als der Beklagte - für Internetanwendungen nutzte. Auch wenn er nicht davon ausgehe, dass seine Frau Täterin der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung sei, vermochte er eine solche Tatbegehung angesichts der einfachen Bedienung der Torrent-Software nicht auszuschließen.

    Dass der Beklagte im Prozess keine Angaben zu der Frage machen konnte, ob sich die streitgegenständlichen Musikalben auf den von ihm genutzten Rechnern befanden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei der sekundären Darlegungslast handelt es sich um eine prozessuale Vortrags- und Nachforschungslast, nicht jedoch um eine vorprozessuale Nachforschungspflicht.

    Der Beklagte war daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gehalten, bereits vor gerichtlicher Inanspruchnahme Nachforschungen auf seinen Rechnern durchzuführen oder für den Fall einer zukünftigen gerichtlichen Auseinandersetzung durch Aufbewahrung von Beweismitteln Sorge für die Erfüllung der dann bestehenden sekundären Darlegungslast zu tragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Tatzeitraum mittlerweile fast sieben Jahre zurück liegt (vgl. Hans. OLG, Beschluss vom 02.02.2015 - Az. 5 W 46/13). Der Beklagte hat bekundet, dass er seinen Dienstlaptop an seinen damaligen Arbeitgeber zurückgegeben hat und dass der private Laptop nicht mehr existiere. Dem Beklagten kann angesichts des Zeitablaufs auch nicht zum Nachteil gereichen, dass er zum jetzigen Zeitpunkt keine präziseren Angaben über die Anzahl der im Haushalt verfügbaren Rechner machen konnte, welche mit Torrent-Clients ausgestattet waren.

    Der Beklagte war auch nicht gehalten, gezielt zu den weiteren, ganz überwiegend nächtlichen Ermittlungszeiträumen vom 21., 22., 23., 25. und 26.10.2009 vorzutragen. Zwar hat sich die Klägerin vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht im Schriftsatz vom 08.10.2014 auf die weiteren Ermittlungszeitpunkte, wie sie der Zeuge [Name] in seiner Aussage vor dem Amtsgericht bekundete, gestützt. Allerdings kann aufgrund der unmittelbaren zeitlichen Nähe zum ursprünglich einzig geltend gemachten Verletzungszeitraum und des langen Zeitraums, der seit den Tatzeiten verstrichen ist, nach vorstehenden Ausführungen keine nach einzelnen Verstoßzeitpunkten gesonderte Darlegung verlangt werden. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die weiteren Verstöße über den Anschluss des Beklagten im Wesentlichen nachts ermittelt wurden, schließt dies die ernsthafte Möglichkeit einer Tatbegehung durch andere im Haushalt lebende Angehörige schon deswegen nicht aus, weil möglicherweise einer der im Haushalt befindlichen Rechner, auf den die Angehörigen Zugriff hatten, zu diesen Zeitpunkten mit dem Internet verbunden war. Nach den Bekundungen des Beklagten in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht war der private Laptop ständig am Strom angeschlossen. Nur dann, wenn der Beklagte es mitbekam, versuchte er regelmäßig, diesen Rechner auszuschalten. Auch war nach den Erläuterungen des Beklagten die für die WLAN-Verbindung genutzte "Fritzbox" immer eingeschaltet.


    c)

    War es danach Sache der Klägerin, die Täterschaft des Beklagten zu beweisen, so ist ihr dieser Beweis nicht gelungen.


    aa)

    Die Kammer glaubt nicht, dass die zum Tatzeitpunkt acht- und zehnjährigen Zeugen [Name] und [Name], die Kinder des Beklagten, als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen.


    bb)

    Allerdings kann die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Überzeugungsbildung ausschließen, dass die Zeugin [Name], die Ehefrau des Beklagten, als Täterin der Urheberrechtsverletzung auszuschließen ist. Die Kammer hält es mit der Klägerin zwar durchaus für wahrscheinlich, dass der Beklagte Täter der Urheberrechtsverletzung war, Dies beruht auf dem Umstand, dass der Beklagte selbst Tauschbörsensoftware - wenn auch nach eigenem Bekunden nur aus technischem Interesse - genutzt hat, die Mehrzahl der festgestellten Verstöße nachts erfolgten zu einer Zeit, zu der mit Sicherheit jedenfalls der allein im Verantwortungsbereich des Beklagten stehende Netzwerkrechner am Netz war, und der Beklagte selbst die technischen Fähigkeiten seiner Ehefrau als nicht besonders ausgeprägt darstellte. Gleichwohl ist die Kammer aufgrund der Parteivernehmung des Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass die Ehefrau des Beklagte die Tat nicht und dass umgekehrt der Beklagte selbst die Tat begangen hat. Der Beklagte hat bekundet, dass seine Frau den Computer auch für Internetanwendungen nutze. Er vermochte es trotz seiner eigenen erheblichen Zweifel zumindest nicht auszuschließen, dass seine Frau die vorgeworfene Tat begangen hat. Dies ist auch nicht aufgrund der nur beschränkten Computerkenntnisse der Zeugin [Name] ausgeschlossen, da es für die Aktivierung eines Links bei bereits - möglicherweise - vorinstallierter Tauschbörsen-Software am privaten Laptop des Beklagten keiner eingehenden IT-Kenntnisse bedurfte. Der Beklagte hat weiterhin bekundet, die Künstlergruppe [Name] vor Erhalt der Abmahnung nicht gekannt zu haben und insoweit nachvollziehbar auf seinen eigenen Musikgeschmack (Hip-Hop) verwiesen.

    Auch wenn einzelne, von der Klägerin mit der Berufung ins Feld geführte Gesichtspunkte, insbesondere der im Laufe des Prozesses widersprüchliche Vortrag zur Installation von Tauschbörsen-Software im Hause des Beklagten, die Glaubhaftigkeit dessen Aussage durchaus einschränken, so verhilft dies der Klägerin dennoch nicht zum Erfolg. Denn solche Zweifel können die umgekehrt erforderliche Überzeugung von der Richtigkeit der klägerischen Behauptung, der Beklagte sei der Täter, nicht positiv begründen. Da die in erster Linie ebenfalls als Täterin in Betracht kommende Ehefrau des Beklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, konnte die klägerische Behauptung auch durch weitere Beweismittel nicht weiter gestützt werden.


    2.

    Soweit die Klägerin ihr Klagebegehren - hilfsweise - auf eine fehlende Belehrung der Kinder stützt, war diese nach den gegebenen Umständen für die Rechtsverletzung nicht kausal. Zum einen ist die Kammer bereits davon überzeugt, dass die Kinder des Beklagten die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen haben. Zum anderen stünde angesichts der nicht auszuschließenden Täterschaft der Ehefrau des Beklagten aber auch dann, wenn die Kinder als Täter in Betracht kämen, nicht fest, dass sich diese mangelnde Belehrung auch ursächlich ausgewirkt hätte.



    III.

    Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO, diejenige über die vorläufige
    Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Landgericht Hamburg
    Sievekingplatz 01
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.


    Dr. [Name]
    Vorsitzender Richter am Landgericht

    Dr. [Name]
    Richterin am Landgericht

    Dr. [Name]
    Richter am Landgericht (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Hamburg, Urteil vom 24.06.2016, Az. 308 S 1/15,
Vorinstanz: AG Hamburg, Urteil vom 03.12.2014, Az.32 C 23/13,
Berufung Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Berufung Universal Music,
sekundäre Darlegungslast,
prozessuale Vortrags- und Nachforschungslast,

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Steffen
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#998 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. Juli 2016, 15:24

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte:
Filesharing über Familienanschluss -
Sieg vor dem Amtsgericht Rostock




15:20 Uhr



Eltern die als Anschlussinhaber eine Abmahnung wegen Filesharing erhalten, sollten sich nicht von der Musikindustrie einschüchtern lassen. Das gilt auch, wenn sich die volljährigen Kinder - etwa wegen eines Studiums - nur noch zeitweise zu Hause aufgehalten haben. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichtes Rostock, die zu Gunsten von unserem Mandanten ergangen ist.


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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



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Bericht

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https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ock-68372/



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Unserem Mandanten war im Rahmen einer Abmahnung von der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte vorgeworfen worden, dass er das Musikalbum "Back to Black" der Künstlerin "Amy Winehouse" illegal über eine Tauschbörse im Internet verbreitet haben soll. Obwohl seine Frau und die volljährige Tochter bei Besuchen während der Semesterferien den Anschluss frei nutzen konnten, verklagte Rasch Rechtsanwälte im Auftrage von der Universal Music GmbH unseren Mandanten. Er forderte 2.200,00 Euro Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von angeblich 1.005,40 Euro. Rasch Rechtsanwälte bestritt dabei, dass die Urheberrechtsverletzung durch einen Familienangehörigen begangen worden war.

Doch das Amtsgericht Rostock sah das anders und wies im Filesharing Verfahren die Klage von Rasch mit Urteil vom 29.06.2016 (Az. 49 C 42/15) ab.



Keine "kriminalistische Aufklärungsarbeit" gegenüber nahen Angehörigen

Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz scheitert daran, dass wir darauf verwiesen haben, dass sowohl die Ehefrau als auch die Tochter ebenfalls den Internetanschluss unseres Mandanten genutzt haben. Von daher kommen sie ebenfalls als Täter infrage. In diesem Zusammenhang gab der Gericht zu bedenken, dass vom Abgemahnten keine "kriminalistische Aufklärungsarbeit" gegenüber seinen eigenen Familienangehörigen erwartet werden darf. Denn dies verstößt gegen den besonderen Schutz der Familie, der im Grundgesetz verankert ist. Mit anderen Worten: Familienangehörige brauchen nichts ans Messer der Abmahnindustrie geliefert zu werden.



Filesharing Störerhaftung scheidet wegen Volljährigkeit aus

Darüber hinaus kommt eine Inanspruchnahme des Anschlussinhabers für die Abmahnkosten im Wege der Störerhaftung nicht infrage. Denn sowohl der Sohn wie die eigene Ehefrau sind volljährig gewesen. Hier besteht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewöhnlich weder eine Belehrungspflicht, noch eine Überwachungspflicht des abgemahnten Anschlussinhabers gegenüber seinen nahen Angehörigen.



Fazit

Aufgrund dieser Rechtsprechung von vielen Gerichten sollten wegen Filesharing abgemahnte Anschlussinhaber keinesfalls vorschnell zahlen. Vielmehr sollten sie sich umgehend mit einer Rechtsanwaltskanzlei oder einer Verbraucherzentrale in Verbindung setzen. Das gilt übrigens nicht für Inhaber von Familienanschlüssen, sondern auch für Abgemahnte, die in einer Wohngemeinschaft leben. Dies hat etwa jüngst das Landgericht Flensburg in einer ebenfalls von unserer Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erstrittenen Entscheidung klargestellt (LG Flensburg, Urteil vom 27.05.2016 - Az. 8 S 48/15), die mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Einklang steht (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - Az. I ZR 75/14).(HAB)



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AG Rostock, Urteil vom 29.06.2016, Az. 49 C 42/15,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Rasch Rechtsanwälte

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Steffen
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#999 Beitrag von Steffen » Mittwoch 17. August 2016, 21:52

Rasch Rechtsanwälte: Landgericht Düsseldorf - 303,60 EUR als Schadensersatz für 15 verfügbar gemachte Tonaufnahmen zu wenig


21.50 Uhr


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Rasch Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/land ... -zu-wenig/



Autorin:
Rechtsanwältin Anja Heller



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Die Urheberrechtskammer des Landgerichts Düsseldorf hat ein Urteil aufgehoben, mit dem das Amtsgericht Düsseldorf für illegales Filesharing eines Musikalbums mit 15 Titeln nur 303,60 EUR als Schadensersatz zugesprochen hatte (AG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014, Az. 57 C 3122/13).

Das Amtsgericht Düsseldorf hatte seine Ansicht zur geringen Höhe des Schadensersatzanspruches ausführlich begründet und sich dabei nicht nur auf umfangreiche technische Überlegungen gestützt sondern auch politische Fragen, etwa zum Verbraucherschutz, aufgeworfen. Dass das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 03.06.2015 (Az. 12 S 17/14) den vollen Schadensersatz von 2.500,00 EUR zugesprochen hat, zeigt, dass das Amtsgericht die anzuwendenden Rechtssätze nicht richtig angewendet hat.

Außerdem hat das Landgericht Düsseldorf mit seinem Berufungsurteil auch den Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten zugesprochen, so dass sich die amtsgerichtliche Verneinung jenes Anspruches ebenfalls als fehlerhaft erwiesen hat.



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LG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015, Az. 12 S 17/14,
Vorinstanz: AG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2014, Az. 57 C 3122/13,
Rechtsanwältin Anja Heller,
Berufung Rasch Rechtsanwälte,
Rasch Rechtsanwälte,
Schadensersatz Tonaufnahmen

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#1000 Beitrag von Steffen » Dienstag 6. September 2016, 23:27

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte: Filesharing Sieg gegen Rasch - Einmalige Ermittlung reicht nicht


23:25 Uhr


Immer häufiger sind Gerichte in Filesharing Verfahren nicht automatisch von der Ermittlung des richtigen Anschlussinhabers überzeugt. Dies gilt besonders, wenn die zugehörige IP-Adresse nur einmal ermittelt wurde. So war es auch in einem Fall, in dem die Kanzlei Rasch gegen einen unserer Mandanten vorgegangen war.


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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.


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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... cht-69052/



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Rasch hatte in der Filesharing Abmahnung unserem Mandanten vorgeworfen, dass er das Musikalbum "Hallo Welt!" des Künstlers Max Herre über eine Tauschbörse illegal zum Download angeboten haben soll. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Universal Music GmbH. Aufgrund der einmalig festgestellten Urheberrechtsverletzung über seine IP-Adresse sollte er für die Abmahnkosten in Höhe von angeblich 1.286,20 Euro sowie für den Lizenzschaden in Höhe von 2.500,00 Euro aufkommen.



Filesharing: Abmahner muss ordnungsgemäße Ermittlung der IP Adresse beweisen

Doch Rasch scheiterte mit seiner Filesharing Klage gegen unseren Mandanten. Das Amtsgericht Köln wies sie mit Urteil vom 01.09.2016 (Az. 137 C 65/16) ab. Das Gericht begründete das damit, dass Rasch hier keinen Nachweis bezüglich der Ermittlung des richtigen IP-Adresse erbracht hat. Dieser wäre aufgrund der Feststellung einer einzigen Urheberrechtsverletzung über eine einzige IP-Adresse jedoch notwendig gewesen. In dieser Situation kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es bei der Ermittlung und Zuordnung zu einem Fehler gekommen ist. Dieser kann viele Ursachen haben. Diese Unsicherheit geht zu Lasten des jeweiligen Rechteinhabers.



Unschuldige können schnell in die Fänge der Abmahnindustrie geraten

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Köln ist zu begrüßen. Ansonsten besteht gerade bei der einmaligen Ermittlung einer IP-Adresse schnell die Gefahr, dass Unschuldige zu Unrecht des Filesharing bezichtigt werden. Dies kann nur dadurch vermieden werden, dass hier die Musikindustrie die ordnungsgemäße Ermittlung mittels der eingesetzten Ermittlungssoftware nachweisen muss. Ebenso haben beispielsweise auch das Amtsgericht Köln mit Urteil vom 02.05.2016 (Az. 137 C 450/15) sowie das Amtsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 30.07.2015 (Az. 57 C 9677/14) entschieden. Das Amtsgericht Frankfurt hatte sogar in einem Fall Zweifel gehabt, in dem die IP-Adresse eines Anschlussinhabers innerhalb von wenigen Stunden mehrfach ermittelt worden war (AG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2016 (Az. 31 C 2860/15 (96)). (HAB)




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AG Köln, Urteil vom 01.09.2016, Az. 137 C 65/16,
sekundäre Darlegungslast,
Einfachermittlung,
Klage Rasch Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
einmalige Ermittlung einer IP-Adresse

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