Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9681 Beitrag von Steffen » Dienstag 30. September 2014, 16:48

Rechtsanwalt Dr. Wachs -
Turn Piracy into Profit:
Filesharing-Verwerter



Wir führen derzeit einige Gerichtsverfahren, in denen "Filesharing-Verwerter" Klage erhoben haben,
die sich das Recht haben einräumen lassen hinsichtlich bestimmter Werke (teilweise unbestimmt auf
den gesamten Rechtekatalog bezogen) Werke in Tauschbörsen zugänglich zu machen und Verletzungen
kostenpflichtig abzumahnen. Die Erlöse aus den Abmahnungen werden dann aufgeteilt zwischen dem
Rechteinhaber und dem "Filesharing-Verwerter". Nach der hier vertretenen Auffassung ist dieses
Geschäftsmodell, welches gern unter Varianten von "Turn Piracy into Profit" diskutiert wird,
abzulehnen. Es bestehen mithin weder Unterlassungsansprüche noch Schadensersatzansprüche.


1. Tauschbörsenverwertungsrecht eigenständiges ausschließliches Nutzungsrecht?

Es spricht einiges dagegen, das Recht einen Film oder ein Musikstück in Tauschbörsen anzubieten,
als ein eigenständiges Nutzungsrecht im Sinne des § 31 UrhG anzuerkennen welche Nutzungsarten im
Sinne des § 31 UrhG jeweils im Rahmen eines Nutzungsrechts übertragen werden können, hängt von
der wirtschaftlich-technischen Verwertungsmöglichkeit ab (Wandtke Bullinger 2. Auflage Vor §§ 31
ff. UrhG Rn. 27.


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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9682 Beitrag von Steffen » Donnerstag 2. Oktober 2014, 04:55

News


Abmahnwelle für den Tausch des Films “The Expendables 3″ in Sicht

(...) Lars Sobiraj berichtet über eine Masse von Abmahnungen, die auf Nutzer zukommen könnten, die sich den Film The Expendables 3 online angeschaut haben. Der Film war noch nicht mal in den Kinos gestartet und wurde bereits im Netz weiterverbreitet, da eine hochwertige Kopie des Actionsfilms im Vorfeld geleakt wurde. (...) 50.000 Schreiben wurden bereits verschickt. (...)

... weiterlesen


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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9684 Beitrag von Steffen » Sonntag 5. Oktober 2014, 10:24

Wide|Beuger|Solmecke:
AG Deggendorf, Urteil vom 06.08.2014,
Az. 2 C 204/14 - "Mitmieter"




Sieg im Filesharing Verfahren gegen Negele -
Mitmieter entlastet den Anschlussinhaber


Das Amtsgericht Deggendorf (AG) wies die Klage der Rechtsanwälte "Negele, Zimmer, Greuter, Beller" gegen unseren
Mandanten vollumfänglich ab (Urt. v. 06.08.2014, Az. 2 C 204/14). Die nachgewiesene Rechtsverletzung durch den
Mitmieter konnte unseren Mandanten als Anschlussinhaber vollständig entlasten. Auch die vorsorglich abgegebene
Unterlassungserklärung durch unseren Mandanten änderte nichts am Endergebnis.



Abmahnung für den Tausch des Films "Mom & Dad are fucking my friends Vol. 11"

Unser Mandant wurde von den Rechtsanwälten "Negele, Zimmel, Greuter, Beller" im Auftrag von der "MIRCOM International
Content Management & Consulting LTD" für den Tausch des Films "Mom & Dad are fucking my friends Vol. 11" abgemahnt.
Die Rechteinhaberin machte in der Abmahnung einen Schadensersatz in Höhe von 500 Euro und Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 651,50 Euro geltend.


Mitmieter verantwortlich für die Rechtsverletzung

Unser Mandant legte zu seiner Verteidigung dar, dass er zum Zeitpunkt der vermeintlichen Rechtsgutsverletzung einen
Mitmieter hatte und dieser die Rechtsverletzung begangen habe, obwohl er diesen darauf hingewiesen hatte, den Anschluss
nicht für illegale Zwecke zu nutzen. Der Mitmieter hat dies im Verfahren bestätigt. Die Rechtsanwälte reagierten auf
diesen Vortrag mit einer Erweiterung der Klage auf den Mitmieter. Die Klage gegen unseren Mandanten hielten sie mit
dem Argument aufrecht, dass dieser seine Überwachungspflichten verletzt habe. Zudem solle unser Mandant für alle
Rechtsanwaltskosten aufkommen, weil er nicht rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass er für die Rechtsverletzung
nicht verantwortlich ist.


Keine Prüfpflichten des Anschlussinhabers

Das AG Deggendorf wies die Klage gegen unseren Mandanten mit folgendem Argument ab: Da der Mitmieter die Rechts-
verletzung zugegeben hat und eine entsprechende Belehrung durch unseren Mandanten bestätigen konnte, ist dieser auch
voll verantwortlich für die Rechtsverletzung. Weitergehende Prüfungspflichten, etwa den Anschluss zu überwachen,
bestanden nicht, da der Anschlussinhaber erst zum Zeitpunkt der Abmahnung vom rechtswidrigen Verhalten des Mitmieters
erfuhr. Da unser Mandant beim Unterschreiben der Unterlassungserklärung ausdrücklich eine Anerkennung der Rechtspflicht
abgelehnt hatte mit dem Hinweis, dass er nicht zur Erstattung von Kosten verpflichtet sei, ist dieser nach richtiger
Ansicht des Gerichts auch nicht zur Übernahme der Rechtsanwaltskosten verpflichtet.


.......................

Hier das Urteil im Volltext:
AG Deggendorf, Urteil vom 06.08.2014, Az. 2 C 204/14 - "Mitmieter"

.......................


___________________________________________________

Autor:


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
50672 Köln
Fon: (0221) 95 15 63 - 0
info@wbs-law.de
www.wbs-law.de

Quelle: www.wbs-law.de
Link: http://www.wbs-law.de/abmahnung-filesha ... ber-56328/

___________________________________________________

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9685 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Oktober 2014, 13:10

LG München I: Grundsatzfrage der Haftungsbefreiung bei Betrieb eines offenen WLAN (durch Gewerbetreibenden) wird dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt

LG München, Beschluss vom 18.09.2014, Az. 7 O 14719/12
Art. 267 AEUV, § 148 ZPO, § 8 TMG, § 97 UrhG, § 97a UrhG


Das LG München hat dem Europäischen Gerichtshof im Verfahren nach Art. 267 AEUV die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der gewerblich handelnde Betreiber eines offenen WLANs als Diensteanbieter gemäß § 8 TMG von einer Haftung für Urheberrechtsverstöße, die über das offene WLAN begangen worden sind, freigestellt ist. Zum Volltext der Entscheidung:

... weiterlesen auf damm-legal.de


Quelle:

Dr. Damm & Partner Rechtsanwälte
Partnerschaftsgesellschaft
Senke 13
22393 Hamburg

Telefon: 040/35716-904
Telefax: 040/35716-905
E-Mail: info[at]damm-legal.de
Bitte ersetzen Sie die Zeichenkombination [at] durch das Zeichen @.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9686 Beitrag von der_heilige_judas » Donnerstag 9. Oktober 2014, 11:56

Kehrtwende des BGH in Sachen Einwurfeinschreiben?

Quelle: s. hier

Zitat: "... erwähnt der BGH zwischen den Zeilen, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht durch Verschicken eines Einwurfeinschreibens an die Postfachadresse des Unternehmens ausüben könne. Somit scheint der BGH das Einwurfeinschreiben als sichere Zustellungsmethode anzuerkennen. ..."

Urteil BGH: s. hier

Originalzitat aus BGH-Urteil: "... zumal für den Verbraucher (auch) bei Angabe einer Postfachanschrift als Widerrufsadresse die Möglichkeit besteht, seine Widerrufserklärung durch Einwurfeinschreiben an den Unternehmer zu übersenden. ..."

Zusammen mit einem Fax vorab ist man also mit einem Einwurf-Einschreiben auf der sicheren Seite. Das Geld für das teurere Einschreiben mit Rückschein kann man sich zukünftig sparen.

VG

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9687 Beitrag von Steffen » Freitag 10. Oktober 2014, 10:40

Presseinformationen AG Hannover:
Wirt zur Zahlung von GEMA Gebühren verurteilt



Zivilsache



Das Amtsgericht Hannover hat heute durch Frau RiinAG Cornelia Grünwald einen Gastwirt verurteilt,
an die GEMA 270,42 Euro zu zahlen. Das Gericht hat nach einer Beweisaufnahme festgestellt, dass
der Betreiber eines asiatischen Restaurants in der Zeit vom 01.12.2012 bis zum 25.06.2013 Tanz-
und Unterhaltungsmusik in seinem Lokal öffentlich abgespielt hat. Zwar gab die Ehefrau des
Beklagten, der in dem Lokal befindliche CD-Player habe nicht funktioniert, es sei keine Musik in
dem Lokal abgespielt worden. Dies überzeugte das Gericht jedoch nicht. Das Gericht folgte der
Aussage des GEMA-Mitarbeiters, der vor Gericht bekundete, schon bei seinem ersten Besuch am
18.12.2012 Musik in dem Lokal gehört zu haben. Er konnte sich noch daran erinnern, dass der
Beklagte keinen Vertrag habe schließen wollen, da er nur vietnamesische Musik höre. Sowohl beim
Besuch am 18.12.2012 als auch am 25.6.2013 sei auch eindeutig asiatische Musik gelaufen. Das
Gericht glaubte dem GEMA-Mitarbeiter, der auch angab, dass bei einem späteren dritten Besuch
keine Musik mehr gelaufen sei.

Das Gericht hat festgestellt, dass die GEMA auch für ausländische Unterhaltungsmusiktitel die
Wahrnehmungsbefugnis für die Aufführungsrechte ausübt. Aufgrund der gerichtlich festgestellten
öffentlichen Wiedergabe hat der Beklagte die von der Klägerin wahrgenommenen Verwertungsrechte
verletzt, so dass er gemäß § 97 UrhG schadensersatzpflichtig war. Der Schadensersatz beträgt
aus der üblichen Lizenzgebühr zzgl. eines 20%-igen Zuschlages für die Gebühren und einen 100%-igen
Zuschlages für die erforderliche Kontrolle.

Az: 422 C 12176/13

Ansprechpartner: Pressedezernat Amtsgericht Hannover,
jens.buck@justiz.niedersachsen.de,
Tel: 0511/347-2391; 0163/3 47 33 24

Buck
Richter am Amtsgericht
Pressedezernent

............................


Quelle: www.amtsgericht-hannover.niedersachsen.de
Link: http://www.amtsgericht-hannover.nieders ... _psmand=74

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9688 Beitrag von Steffen » Samstag 11. Oktober 2014, 09:11

Update 10/2014


Empfohlene Vorgehensweisen eines Abgemahnten:

  • 1. Beurteilung der Abmahnung

    1.1. Was ist eine Abmahnung?

    Ein rügender Hinweis gegenüber einem Inhaber eines Internetzuganges zu einem möglichen
    rechtswidrigen Verhalten bzw. zu einem möglichen rechtswidrigen Verhalten in seinem
    Verantwortungsbereich mit der Aufforderung, dieses Verhalten zukünftig zu unterlassen.


    1.2. Ist die Abmahnung berechtigt oder unberechtigt?

    1.2.1. Unberechtigte Abmahnung:
    • a) Die tatsächliche Ebene:
      Der Vorwurf trifft nicht zu.
      b) Die rechtliche Ebene:
      Die Abmahnung - anders als vom Abmahner geltend gemacht - begründet keinerlei Anspruch.
    Fallkonstruktionen
    • a) unbegründet
      - beanstandetes Verhalten ist nicht rechtswidrig (z.B. "RedTube-Abmahnungen" (Streaming))
      - dem Abmahner steht kein Unterlassungsanspruch zu (fehlende Aktivlegitimation; Ansprüche sind
      verjährt)
      b) rechtsmissbräuchlich
      - nur im Wettbewerbsrecht gesetzlich normiert (vgl. § 8 Abs. 4 UWG).
    Hinweis:
    Ein Neuabgemahnter kann meistens nicht beurteilen, ob eine Abmahnung berechtigt oder unberechtigt
    ist. Zur Klärung ist ein Anwalt zu beauftragen, oder man gibt zumindest sicherheitshalber erst
    einmal eine modifizierte Unterlassungserklärung (kurz: "mod. UE") ab, anstatt einen teuren
    Gerichtsprozess (EV, Unterlassungsklage) zu riskieren.

    Gegenmaßnahmen,
    • sofortige Zurückweisung der Abmahnung
    • keine Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung
    • Erhebung einer negativen Feststellungsklage (gerichtliche Feststellung das gewisse Ansprüche
      nicht bestehen; § 256 ZPO)
    Hinweis:
    - Von Gegenmaßnahmen - ohne - vorherigem Hinzuziehen eines Anwaltes ist abzuraten!
    - Die Abmahnung darf nicht ignoriert werden.


    1.2.2. Berechtigte Abmahnung:
    • a) Die tatsächliche Ebene:
      Der Vorwurf trifft voll oder teilweise zu (Störer und Täter; nur Störer; nur Täter)

      Beachte: Störerhaftung (verschuldensunabhängig)
      Die Unterbindung einer Urheberrechtsverletzung von einem bestimmten Internetzugang aus sowie
      die Erlangung von Schadenersatz. Liegt ein Fall der Störerhaftung vor, muss der eigentliche
      Täter nicht ermittelt werden.

      Einteilung:
      • Tätigkeits- bzw. Handlungsstörer => nimmt die Beeinträchtigung selbst vor.
      • Untätigkeits- bzw. Zustandsstörer => wer die Möglichkeit zur Beseitigung der Beeinträchtigung
        hat, die Gefahrenquelle geschaffen oder übernommen hat bzw. die Störung typisch ist und damit
        gerechnet werden muss (vgl. etwa Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2004/Medicus, § 1004,
        Rn. 42).
      b) Die rechtliche Ebene:
      Die Abmahnung - so wie vom Abmahner geltend gemacht - begründet einen bzw. mehrere Ansprüche.

      Ansprüche:
      • Unterlassung (§§ 97, 97a UrhG)
      • Beseitigung (§§ 14, 97 Abs. 1 UrhG)
      • Vernichtung (§ 98 UrhG)
      • Auskunft (§§ 101, 101a UrhG)
      • Schadensersatz (§ 97 Abs. 2 UrhG):
        • Ersatz der erlittenen Vermögenseinbuße einschließlich des entgangenen Gewinns
        • Zahlung einer angemessenen Lizenz oder
        • die Herausgabe des vom Schädiger erlangten Gewinns.

    1.3. Ist die Abmahnung wirksam oder unwirksam?

    Hierbei darf man "unwirksam" nicht mit "unberechtigt" verwechseln, da der Gesetzgeber zwischen
    beide Begriffe unterscheidet (vgl. § 97a Abs. 3 und 4 UrhG). Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes
    gegen unseriöse Geschäftspraktiken (kurz: GguGPr, 09.10.2013) wurden die Anforderungen normiert,
    wann eine Abmahnung wirksam oder unwirksam ist.

    § 97a Abs. 2 UrhG:
    • 1. Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein
      Vertreter abmahnt,
      2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
      3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche
      aufzuschlüsseln und
      4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist,
      anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte
      Rechtsverletzung hinausgeht.
    Eine Abmahnung, die nicht diesen Anforderungen entspricht, ist unwirksam.


    1.4. Muss ich eine Unterlassungserklärung abgeben oder nicht?

    Dieser Punkt ist in seiner Einschätzung mit der Umfangreichste. Die aktuelle Rechtsprechung,
    insbesondere die des Bundesgerichtshofes (BGH) hat hierzu schon Grundsatzentscheidungen
    getroffen.

    BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08: "Sommer unseres Lebens":
    - Haftung eines Inhabers eines unzureichendes WLAN-Netzwerk und die Voraussetzungen
    (Störer - ja, Täter - nein)
    - Erweiterung der Störerhaftung auf die Ermöglichungshandlung Dritter. Das bedeutet, die
    Notwendigkeit einer auf die Störerhaftung und die Ermöglichungshandlung ausgerichteten
    mod. UE.

    BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12: "Morpheus"
    - fehlende Haftung von Eltern minderjährigen Kindern - unter bestimmten Voraussetzungen -
    (Störer - nein, Täter - nein).
    - Das bedeutet = keine mod. UE!
    - Unklar, was mit eventuell namentlich benannten minderjährigen Tätern infolge passiert
    (UE?, SE?)

    BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az. I ZR 169/12: "BearShare":
    - fehlende Haftung von Eltern volljährigen Kindern - unter bestimmten Voraussetzungen -
    (Störer - nein, Täter - nein). Das bedeutet = keine mod. UE!

    Wohngemeinschaft (WG), Mitbewohner, Freunde (Personen außerhalb des Familienverbundes)
    - hierzu gibt es noch keine Entscheidungen des BGH.
    - obwohl sich einige Gerichte schon diesbezüglich äußerten, sind die Meinungen hierzu
    bundesweit noch zu unterschiedlich (Anwendung wie bei Personen im Familenverbund;
    Belehrung ausreichend, oder nicht usw.).

    Hinweis:
    Ein Neuabgemahnter kann meistens nicht beurteilen, ob in seinem konkreten Fall die Abgabe
    einer mod. UE überhaupt notwendig ist. Zur Klärung ist ein Anwalt zu beauftragen, oder man
    gibt zumindest sicherheitshalber erst einmal eine modifizierte Unterlassungserklärung (kurz:
    "mod. UE") ab, anstatt einen teuren Gerichtsprozess (EV, Unterlassungsklage) zu riskieren.


    1.5. Wann, inwieweit und in welcher Form, muss ich mich gegenüber
    dem Abmahner erklären?


    Sicherlich besteht mit Erhalt einer Abmahnung vonseiten des Abgemahnten aus schon eine
    sekundäre Darlegungslast (Erklärungspflicht). Dennoch ist diese Frage nicht eindeutig
    zu beantworten: wann, bei welchem Sachverhalt und in welcher Form man dem Abmahner was
    mitteilen sollte, oder nicht, da hierzu noch die unterschiedlichsten Meinungen bei Juristen
    vorherrschen.

    Hinweis:
    - Ohne anwaltliche Prüfung sollte man keinerlei Erklärungen in separaten Schreiben gegenüber
    dem Abmahner abfassen und versenden.
    - Wenn man auf anwaltliche Hilfe verzichtet, sollte man sich sicherheitshalber erst einmal
    "schweigend Verteidigen". Das bedeutet, man gibt nur eine mod. UE ab, um eben nicht Gefahr
    zu laufen, durch unbedachte Formulierungen selbst ein schriftliches Schuldanerkenntnis
    abzugeben.



    Für Betroffene, die auf anwaltliche Hilfe verzichten wollen,
    gilt weiterhin ...




    2. Abgabe einer mod. UE
  • Link: Unterlassungserklärung, ja oder nein oder gar antiquiert?
Beachte:
  • Nicht die originale Unterlassungserklärung unterzeichnen, sondern nur eine Modifizierte!


3. Nichtzahlen (Risiko) oder Zahlen (Sicherheit)

3.1. Man entscheidet sich für Nichtzahlen
Entschließt man sich für die Vorgehensweise: "mod. UE + Nichtzahlen", entscheidet man sich
für: Entweder Verjährung oder Klage. Bei dieser Vorgehensweise liegen die Chancen bei 50-50
.

Hinweis:
Die aktuellen Entwicklungen in den Klageverfahren nach Inkrafttreten des GguGepr (09.10.2013)
werden mit Kenntnis aktualisiert!


3.1.1. Man beantragt eine Akteneinsicht in die Beschlussakte
3.1.1.1. Ohne Anwalt

Einsichtnahme bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts am Wohnort des Betroffenen


Mustertext

._._._._._._._._._._._._._._._._._._.

Max Mustermann, Musterweg 04, 98987 Musterstadt
Landgericht [Name]
[Straße Nr.]
[PLZ Ort]
Fax: [Nummer]

Akteneinsicht gemäß § 13 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 147 Abs. 7 StPO

sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich, [Vor- und Zuname], wohnhaft in [Ortsname], ohne anwaltliche Vertretung gemäß
§ 13 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 147 Abs. 7 StPO den Antrag auf Einsichtnahme in die Beschlussakte
(§ 101 Abs. 9 UrhG) vom [Datum], Aktenzeichen [Nummer] bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts
meines Wohnortes. Mein Abmahnschreiben lege ich als Kopie bei.

[Ort], den [Datum]

Mit freundlichen Grüßen

____________________________________
(rechtsverbindliche Unterschrift)

Anlage
Kopie Abmahnung Aktenzeichen [Nummer]


._._._._._._._._._._._._._._._._._._.



Einsichtnahme durch Anforderungen von Kopien der Beschlussakte oder Aktenbestandteilen

Kosten:
50 Cent pro Blatt, ab der 51. Seite von 15 Cent pro Blatt!



Mustertext

._._._._._._._._._._._._._._._._._._.

Max Mustermann, Musterweg 04, 98987 Musterstadt
Landgericht [Name]
[Straße Nr.]
[PLZ Ort]
Fax: [Nummer]

Akteneinsicht gemäß § 13 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 147 Abs. 7 StPO

sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich, [Vor- und Zuname], ohne anwaltliche Vertretung gemäß § 13 Abs. 3 FamFG i.V.m.
§ 147 Abs. 7 StPO den Antrag auf Einsichtnahme in die Beschlussakte (§ 101 Abs. 9 UrhG) vom [Datum],
Aktenzeichen [Nummer]. Mein Abmahnschreiben lege ich als Kopie bei.

Ich erbitte um Übersendung von Kopien, was folgt
1. Antragsschrift,
2. Unterlagen zur Glaubhaftmachung mit Ausnahme, der ermittelten IP-Adressen, die dem Antragsteller
nicht zugeordnet wurden,
3. Beschluss im Volltext,
4. Zustellungsurkunden.

Bitte kopieren Sie nur den vorbenannten Inhalt sowie beachten Sie eine Kostenobergrenze von 35,00 EUR.

[Ort], den [Datum]

Mit freundlichen Grüßen

____________________________________
(rechtsverbindliche Unterschrift)

Anlage
Kopie Abmahnung Aktenzeichen [Nummer]


._._._._._._._._._._._._._._._._._._.



3.1.1.2. Mit Anwalt

Wenn ein Betroffener einen Anwalt, für die Bearbeitung seiner Abmahnung beauftragt hat, kann dieser,
bei der Geschäftsstelle des Beschlusslandgerichtes die Akte zur Einsichtnahme sich zusenden lassen.

Kosten:
ca. 60,- EUR


Was ist aber, wenn kein Aktenzeichen des LG Beschlusses in der Abmahnung enthalten ist?

Abmahnkanzlei anrufen oder anschreiben, damit diese zeitnah das Aktenzeichen für den jeweiligen LG
Beschluss zur Herausgabe von Verkehrsdaten nach § 101 IX UrhG mitteilen.

(...) Hallo, mein Name ist [Vor- und Zuname]. Ich wurde von Ihnen abgemahnt am [Datum] mit dem
[Aktenzeichen]. Bitte teilen Sie mir Aktenzeichen/Datum des Auskunftsbeschlusses zur Herausgabe von
Verkehrsdaten nach § 101 Absatz 9 Urheberrechtsgesetz mit, um angemessen reagieren zu können. Danke. (...)

Beachte:
Keine Angaben zum Sachverhalt. Es werden nur Abmahndatum und Aktenzeichen mitgeteilt. Auf alle weiteren
Anfragen der Kanzlei sagen Sie höflich, dass Sie keine Aussagen zum Sachverhalt am Telefon tätigen.



3.1.2. Sachverhalt: "Massenhafte Abmahnungen i.V.m. § 22 RVG"
Sammeln von Abmahnschreiben betreff des gleichen LG Beschluss § 101 IX UrhG

  • Innerhalb der Verjährungsfrist sammelt man selbstständig, so viele wie nur möglich, Abmahnschreiben
    des betreffenden LG-Beschlusses zur Herausgabe von Verkehrsdaten gemäß § 101 IX UrhG (Angaben dazu
    befinden sich im Abmahnschreiben) durch selbständige Aufrufe in den diversen Foren, HP's, Blogs etc.
  • Ziel: Soweit möglich einen lückenlosen Beweis für eine Sache in derselben Angelegenheit zu besitzen,
    um in einem möglichen späteren Klageerfahren in Richtung Zusammenfassung zu einem Auftrag und damit
    verbunden einen Gesamtstreitwert i.V.m. reduzierten Anwaltsgebühren mit seinem Rechtsbeistand
    argumentieren zu können.
  • Im Klageverfahren ist der beauftragte Anwalt zu diesem Sachverhalte hinzuweisen (§ 22 RVG) und in
    der Klageerwiderung mit aufzunehmen!
  • Zeit ist dafür genügend vorhanden (3 Jahre für die AG, 10 Jahre für den (Rest-)SE) gem. § 852 Satz 1
    BGB!


3.1.3. Sammeln von Beweisen, die eine mögliche Störer- und/oder/bzw. Täterhaftung
entkräften


Beachte:
  • Es ist wichtig jetzt mit Erhalt des Abmahnschreibens, eidesstattliche Erklärungen von Zeugen
    schriftlich, sowie andere Belege (Tickets, Rechnungen Hotel / Reiseveranstalter / Flug usw.) zu sichern
    sowie Screenshots von Hard- bzw. Softwarekonfiguration vorzunehmen.
  • Ein einfaches Bestreiten wie: "Ich war es nicht!" ist nicht ausreichend, alles muss bewiesen werden.
    Je mehr Beweise, desto besser.


3.2. Man entscheidet sich für Zahlen
  • Wer den außergerichtlichen Rechtsstreit erledigt wissen will, kann trotz Abgabe der mod. UE zahlen.
  • Wenn man diesen Sicherheitsweg aber einschlägt, sollte man versuchen, die Höhe des Pauschalbetrages
    zu drücken. Hier haben die meisten Kanzleien einen Spielraum.
Beachte:
Anwälte sind sensibel; höflich bleiben und vermeide ein Schuldeingeständnis (Link: Vergleich: Wie?).

Musterschreiben eines möglichen privaten Vergleich: Link



4. Verjährungsfristen (allgemein)

Beginnend am Ende des Jahres, mit Erhalt des Abmahnschreibens (Silvester; 24:00 Uhr):
  • 3 Jahre gemäß § 102 Satz 1 UrhG:
    anwaltliche Gebühren (AG), Schadensersatz (SE), Rechtsverfolgungskosten, Unterlassung,
  • 10 Jahre gemäß § 102 Satz 2 UrhG:
    Restschadensersatz gemäß § 852 Satz 1 BGB (setzt eine bewiesene Täterschaft voraus)

!
Hinweis: Eine genaue Überprüfung der Verjährung im Einzelfall kann nur ein Anwalt für Urheberrecht vornehmen.

5. Man legt monatlich ca. 50,- EUR in einen persönlichen "Klagetopf"

Wird man in den drei bzw. zehn Jahren verklagt, hat man eine Art “Sicherungsgeld”. Wird man nicht verklagt,
spendet man es für einen guten Zweck, oder gönnt sich einen erholsamen Urlaub!



6. Anwalt ist wichtig, insbesondere ab Erhalt einer Klageschrift

(Liste empfohlener Anwälte).[/list]

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9689 Beitrag von Steffen » Sonntag 12. Oktober 2014, 13:00

Hinweis


In der Regel halte ich nicht all zu viel von forenübergreifenden Postings. Nur wenn dies notwendig erscheint.


Gewerbliches Forum €-Gemeinschaft:

Alfred hat geschrieben:Hallo,
ich habe da mal 1.1 allgemeine Fragen.
1 Sollte ein Album Abgemahnter in einer m.UE die 12 Tracks aus der AM und das Album der 12tracks aus der AM
angeben? wenn JA: 1.1 Wenn das Album angegeben wird, müsste man es eigentlich entgegen AM Wortlaut zusätzlich
mit der Edition benennen. Da es noch Versionen mit anderen und anderer Anzahl von Tracks geben kann. Ohne
Edition könnten doch auch für fremde Tracks Forderungen gestellt werden. Z.B. Gleiches Album (doch XEdition)
mit 18 Tracks.
........
Steht nicht im Grundkurs *[hier ist der Grundkurs des gewerblichen Forums gemeint]. Den habe ich gestern gelesen.
Die Fragestellung bezieht sich auf die spätere Haftung (für das Album). Die Vorformulierung des RA hat später
bestimmt keine Gültigkeit. Die UE ist 30 Jahre gültig.
........
Bin in der Muster mod.UE von AW3P pfündig geworden.

* Angaben in rechteckigen Klammern wurden durch mich nachträglich eingefügt

........


Man sollte doch, wenn man etwas liest - dies ist schon sehr von Vorteil - es so begreifen und wiedergeben, wie
niedergeschrieben. Wenn man jetzt natürlich auch nicht unterstellt, dass der Foren-User "Alfred" es - bewusst -
falsch versteht.


Musterschreiben mod. UE - AW3P

Hinweise zur Nutzung des Musterschreibens einer modifizierten Unterlassungserklärung (kurz mod. UE)


Seite 8/10

V. 1 Musikalbum

Hinweis:
(...) Sollte nach Abgabe dieser mod. UE, von der abmahnenden Kanzlei eine Konkretisierung gefordert werden auf
alle beinhalteten Lieder, muss nochmals eine neue mod. UE abgegeben werden, wo alle einzelnen Lieder des Albums
aufgelistet werden. (...)

..................

Zuallererst und der guten Ordnung halber, die Unterlassungserklärung ist nicht nur 30 Jahre, sondern dauerhaft
bindend, da ein Unterlassungsvertrag ein Dauerschuldverhältnis darstellt. Natürlich unterliegen die Unterlassungs-
ansprüche den gesetzlich normierten Verjährungsfristen (§ 102 Satz 1 UrhG).


Ansonsten wird bei einer Abmahnung betreffs eines Musikalbums, natürlich - nur -
  • Spezifizierung des Streitgegenstandes
  • Name des/der Künstler, Interpreten, Gruppe usw. und
  • Name des Albums
in der mod. UE festgehalten.


Fiktives Beispiel:
(...) zu unterlassen,
das urheberrechtlich geschützte Musikalbum: "Shual - Der dumme Anwaltsanscheißer",
ganz oder Teile daraus (...)

Wenn der Abmahner - hier ist aber noch kein Fall bekannt - diese Formulierung immer noch zu allgemein abgefasst
ist und diese bemängelt, gibt man eine - neue - mod. UE ab, wo man zusätzlich die einzelnen Songs des Albums
auflistet.


Fiktives Beispiel:
(...) zu unterlassen,

das urheberrechtlich geschützte Musikalbum: "Shual - Der dumme Anwaltsanscheißer",

mit den beinhalteten Tonaufnahmen,

1. "Shual - Der dumme Anwaltsanscheißer",
2. "Shual - Der Eulen-Ikarus",
3. "Shual - Wenn ich gefuscht habe, müssen es Profis wieder richten",
4. "Shual - Da kann ja Jever kommen, aber Licher doch",
5. "Shual - P. Dumm aber geil",
6. "Shual - Arbeitsscheu und besoffen"
7. "Shual - Money, das ist für mich alles!"
8. "Shual - Verspreche viel, halte wenig"
9. "Shual - Baby, mach mir doch keine Angst


ganz oder Teile daraus (...)

Gerade der Foren-User "Alfred" macht deutlich: keinen Plan = Anwalt!


Natürlich ist dieses Posting sehr bissig abgefasst. Aber bei der Abfassung der mod. UE
sollte man schon korrekt bleiben, nichts aus dem Zusammenhang reißen und andere
vielleicht damit verwirren. Denn eine mod. UE wird zu einem Unterlassungsvertrag. Und
die Formulierung (...) Musikalbum: "Künstler x - Name" (...) stellt für beide (RI, Abge-
mahnten) Parteien eine Win-win-Situation dar. Einmal muss der Abgemahnte nicht
unbewusst eine falsche Edition des Albums auflisten, wo man letztlich vielleicht einen
Song zu viel, oder zu wenig auflistet. Zu wenig könnte zu einer erneuten Ablehnung
führen. Andermal wird die Vertragsstrafe - im Wiederholungsfall - auf alle Editionen
wohl fällig. Aber gleichzeitig erhält man auch nicht für jede Edition eine separate und
kostenpflichtige Abmahnung ... nur im Fall der Fälle (für Verstöße bis Abgabe
der mod. UE).

Danke für das sonntägliche Verständnis.



VG Steffen



Randbemerkung:
Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, anonymen Individuen und realen Handlungen
sind rein zufällig und nicht gewollt!

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9690 Beitrag von Steffen » Montag 13. Oktober 2014, 16:47

Amtsgericht Bielefeld weist Filesharing-Klage ab:
Gemeinsame Inhaber eines Internetanschlusses
trifft keine Vermutung der Täterschaft!




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Thilo Wagner
Rechtsanwalt


WAGNER HALBE Rechtsanwälte - Köln
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50674 Köln

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Fax + 49 (0)221. 3500 67 84
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....................



In einer aktuellen Entscheidung hat das Amtsgericht Bielefeld die Filesharing-Klage eines nach eigenem Bekunden "führenden deutschen Tonträgerherstellers" gegen zwei Eheleute abgewiesen (Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 07.10.2014, 42 C 396/13;  Rechtsverteidigung: WAGNER HALBE Rechtsanwälte - Köln).

Vor dem Prozess erhielten die Eheleute eine urheberrechtliche Abmahnung. In dem Abmahnungsschreiben wurde den Anschlussinhabern vorgeworfen, über ihren gemeinschaftlich betriebenen Internetanschluss geschützte Musikwerke mittels einer Filesharing-Software im Internet getauscht zu haben. In der Abmahnung wurde das Ehepaar aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, sowie Schadensersatz und Kostenersatz zu leisten.

Da sich die Eheleute standhaft weigerten, Geldzahlungen zu leisten, wurden sie schließlich vor dem Amtsgericht Bielefeld verklagt. Mit der Klage wurden insgesamt 2.500,00 Euro Schadensersatz, sowie weitere 1.379,80 Euro Kostenersatz eingefordert.

Das Amtsgericht Bielefeld hat die Klageforderung vollumfänglich abgewiesen und die Kosten des Verfahrens der Klägerin auferlegt.

Das Gericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass keine tatsächliche Vermutung dahingehend bestünde, dass einer der beiden Ehegatten die mögliche Urheberrechtsverletzung alleine begangen hätte. Schließlich sei es mit gleicher Wahrscheinlichkeit möglich, dass entweder der eine oder der andere Ehepartner die Urheberrechtsverletzung begangen habe. Tatsachen oder sogar Beweise, die für die Täterschaft einer Person oder sogar beider Ehegatten sprechen würden, habe die Klägerin nicht vorlegen können. Alleine deswegen war die Klage abzuweisen.

Diese Rechtsansicht ist insoweit beachtlich, als dass Sie sich bewusst gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt:

In der sogenannten "Morpheus"-Entscheidung (Urteil des BGH vom 15.12.2012 - I ZR 74/12) hatten die Richter des Bundesgerichtshofs nochmals ausgeführt, dass wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk von einer bestimmten IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 - "Sommer unseres Lebens"). In dem "Morpheus"-Urteil wandten die BGH-Richter diese höchst zweifelhafte Vermutungsregel ebenfalls auf eine Fallkonstellation an, in der der fragliche Internetanschluss gemeinschaftlich von den Eltern eines damals 13-jährigen Kindes betrieben wurde (aus dem Wortlaut der "Morpheus"-Entscheidung, Rn. 29: "... Da die Beklagten Inhaber des Internetanschlusses sind, über den die Musikstücke nach Darstellung der Klägerinnen in Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht wurden, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie für die von den Klägerinnen behauptete Verletzung ihrer Rechte verantwortlich sind. ").

Das Amtsgericht Bielefeld hat diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als falsch erkannt und ausdrücklich nicht angewendet. Schließlich sei die Ansicht des Bundesgerichtshofs mit den allgemeinen Regeln des Beweisrechts nicht vereinbar. Denn es bestünde kein allgemeiner Erfahrungsschatz dahingehend, dass gemeinsame Inhaber eines Internetanschlusses, den Internetzugang auch gemeinsam für mögliche Urheberrechtsverletzungen nutzten.
 

Das war der Fall (Tatbestand der Entscheidung im verkürztem Wortlaut):
"Die Klägerin ist ein Tonträgerhersteller. Sie macht gegenüber den Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Streithelferin ist die Tochter der Beklagten.

Die Klägerin ist Inhaberin der alleinigen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Album "X" der Künstlerin "Y". Das Album enthält 11 Aufnahmen ...

Die Beklagten bewohnen ein Zweipersonenhaushalt. Dieser verfügt über einen Internetanschluss, für den beide Beklagten als Inhaber angemeldet sind.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 28.01.2011 unter Verweis auf eine angeblich am 24.12.2010 begangene Verletzung ihrer Urheberrechte an dem oben genannten Musikalbum zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf ...

Die Beklagten gaben in der Folgezeit eine Unterlassungserklärung ab ...

Die Klägerin behauptet, dass die Beklagten am 24.12.2010 um 10:30 Uhr das oben genannte Album in Form von Audiodateien in einer sog. Internettauschbörse zum freien Herunterladen angeboten hätten. Softwarebasierte Ermittlungen hätten ergeben, dass die Rechtsverletzung über ein Internetanschluss mit der IP-Adresse "xxx.xxx.xxx.xxx" erfolgt sei. Auf der Grundlage einer - unstreitig erfolgten - Auskunft des Internetserviceproviders stehe fest, dass die IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr gegenüber vom Beklagten ein nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 2.500,00 Euro zustünde. Im Übrigen schuldeten diese auch den Ersatz der Kosten des vorgerichtlichen Abmahnungsschreibens vom 28.01.2011 in Höhe von 1.379,80 Euro. Insoweit sei von einem Gegenstandswert in Höhe von 50.000 Euro auszugehen ...
... Die Beklagten behaupten, dass die Streithelferin zum Zeitpunkt der angeblichen Rechtsverletzung zu Besuch gewesen sei. Diese habe über ihren auf den Internetanschluss zugreifen können ..."
 

Die Entscheidungsgründe des Urteils im originalen Wortlaut:
"Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten zu 1) keinen Schadensersatzanspruch aus § 97 II S. 1 UrhG.
Die Behauptung der Klägerin, das Angebot sei über den Anschluss der Beklagten erfolgt, kann als wahr unterstellt werden, dass sie hinsichtlich ihrer weiteren Behauptung, die Beklagte zu 1) habe das streitgegenständliche Musikalbum angeboten, beweisfällig geblieben ist.

Für eine Täterschaft der Beklagten zu 1) spricht kein Anscheinsbeweis, da im vorliegenden Fall ein Erfahrungssatz fehlt, der die Annahme eines Angebots der Audiodateien durch die Beklagte zu 1) als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt. Ein entsprechender Erfahrungssatz zulasten eines Anschlussinhabers ist nur bei Einpersonenhaushalten gerechtfertigt, da in diesen Fällen die Nutzung des Internetanschlusses typischerweise durch den Anschlussinhaber als den alleinigen Bewohner erfolgt, während die Nutzung durch eine dritte Person eine atypische Ausnahme darstellt. In Mehrpersonenhaushalten ist die Täterschaft eines Mitbewohners hingegen nicht wahrscheinlicher als die Täterschaft der anderen Mitbewohner. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Tatbegehung durch die Beklagte zu 1) nicht wahrscheinlicher erscheint als eine Tatbegehung durch den Beklagten zu 2). Unter Berücksichtigung dieser Ausgangswahrscheinlichkeiten fehlt für den vorliegenden Fall für die Annahme eines entsprechenden Erfahrungssatzes somit die notwendige Typizität.

Dem Gericht ist bekannt, dass eine tatsächliche Vermutung zulasten mehrerer Anschlussinhaber vonseiten des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 15.11.2012 zu Aktenzeichen I ZR 74/12 bejaht wurde. Das erkennende Gericht kann dieser Ansicht jedoch nicht folgen, da sie mit der gewohnheitsrechtlich verankerten Dogmatik des Anscheinsbeweises nicht zu vereinbaren ist.
Die Haftung der Beklagten zu 1) folgt auch nicht aus ihrer vorgerichtlichen Unterlassungserklärung, da diese ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt ist. Insoweit kann das Gericht hieraus auch nicht den Schluss ziehen, dass die Beklagte zu 1) zu dem damaligen Zeitpunkt die Tatbegehung eingeräumt hat und sich hiervon erst nachträglich distanziert hat.

Die Beklagte zu 1) ist auch ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem sie vorgetragen hat, dass neben ihr und dem Beklagten zu 2) auch die Streithelferin zum fraglichen Zeitpunkt einen Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Eine weitergehende Verpflichtung zur Ermittlung des Täters besteht nicht, da die sekundäre Darlegungslast nur Nachteile ausgleichen soll, die dadurch entstehen, dass die primär darlegungsbelastete Partei keinen Einblick in die Sphäre der Gegenseite hat. Diese Nachteile werden in Fällen der vorliegenden Art, in denen die geschädigte Partei mögliche Täter in der Sphäre des Anschlussinhabers nicht ohne weiteres identifizieren kann, bereits dadurch ausgeglichen, dass der Anschlussinhaber die Personen benennt, die aufgrund ihrer Anwesenheit zur Tatzeit als mögliche Täter infrage kommen. Eine weitergehende Verpflichtung zur eigenständigen Täterermittlung würde hingegen zu einer faktischen Beweislastumkehr führen, für die keine rechtliche Grundlage ersichtlich ist.

Die Klägerin hat auch gegenüber dem Beklagten zu 2) keinen Schadensersatzanspruch aus § 97 II S. 1 UrhG.

Die Klägerin hat für ihre Behauptung, der Beklagte zu 2) habe das streitgegenständliche Musikalbum im Internet zum freien Herunterladen angeboten, ebenfalls keinen Beweis angeboten.

Auch für die Täterschaft des Beklagten zu 2) spricht kein Anscheinsbeweis bzw. auch nicht der Inhalt der vorgerichtlich abgegebenen Unterlassungserklärung. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, die hier entsprechend gelten.

Der Beklagte zu 2) ist auch seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Insofern wird ebenfalls auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten zu 1) und zu 2) auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen angefallenen Anwaltskosten aus § 97 a I S. 2 UrhG a.F. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagten entweder als Täter oder als Störer für die streitgegenständliche Rechtsverletzung haften. Hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.

Bezüglich der nicht gegebenen Täterhaftung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Die Beklagten haften auch nicht als Störer. Als Störer kann bei einer Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 -, Juris ). Dies wurde vonseiten der Klägerin auch nicht hilfsweise behauptet ..."

Fazit:

Gemeinsame Inhaber eines Internetanschlusses, wie z.B. Eheleute, können sich im Falle einer Abmahnung oder bei einer Filesharing-Klage unter Hinweis auf die Rechtsansicht des Amtsgerichts Bielefeld erfolgreich verteidigen. Schließlich kann sich die Gegenseite im Falle eines Prozesses nicht darauf berufen, dass bereits eine bloße Vermutungsregel für die Täterschaft der Anschlussinhaber spricht. Vielmehr müssen die Anspruchsteller beweisen, dass einer oder sogar beide Anschlussinhaber tatsächlich die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen haben. Dies ist in aller Regel jedoch ausgeschlossen, da entsprechende Beweismittel fehlen.

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Quelle: rechtsanwaltsblog.blog.de
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9691 Beitrag von Steffen » Dienstag 14. Oktober 2014, 04:53

Rechts:News



Abmahnkanzlei muss Klage wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße/angeblichen Filesharings zurücknehmen

Es lohnt sich, Abmahnschreiben prüfen zu lassen und sich dagegen mit anwaltlicher Hilfe zur Wehr zu setzen.

Statt Forderungen im vierstelligen Bereich gerichtlich durchsetzen zu können, müssen immer mehr Abmahnkanzleien den Rückzug antreten. So musste nun der einschlägig bekannte Abmahnanwalt Bernd Rudolph auf Intervention durch das Büro des Verfassers seine Klage gegen einen angeblichen Rechteverletzer zurücknehmen, AG Hamburg, Az. 31c C 311/13 ...

... weiterlesen auf anwalt.de


Autor:

Rechtsanwalt Dirk Witteck
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63739 Aschaffenburg
Deutschland
Telefon: 06021/36580
E-Mail: post@rechtsanwalt-witteck.de
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9692 Beitrag von AxelF » Dienstag 14. Oktober 2014, 20:07

Das Weiterlesen lohnt nicht wirklich. Es gibt keinerlei Detailinformationen, warum die Klage zurückgenommen werden musste.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9693 Beitrag von Steffen » Mittwoch 15. Oktober 2014, 15:12

LG Hamburg: Sharehoster haftet auch, wenn Hinweis auf
Urheberrechtsverletzung per E-Mail zugegangen, aber noch
nicht zur Kenntnis gelangt ist


LG Hamburg, Urteil vom 02.10.2014, Az. 310 O 464/13


… weiterlesen


Quelle: Dr. Damm & Partner Rechtsanwälte
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9694 Beitrag von Steffen » Mittwoch 15. Oktober 2014, 16:44

AG Charlottenburg nimmt erneut Stellung zur Frage der sekundären Darlegungslast in einem Filesharing-Verfahren.


Das Amtsgericht Charlottenburg hat erneut eine Klage wegen einer vermeintlichen von einem privaten Internetanschluss aus begangenen Urheberrechtsverletzung über einen Pee-to-Peer-Netzwerk (Filesharing) vollumfänglich abgewiesen (Urteil vom 30.09.2014, Aktenzeichen - 225 C 112-14). Der Klägerin war es nicht gelungen, die Verantwortlichkeit der Beklagten Anschlussinhaberin für die Urheberrechtsverletzung nachzuweisen.


Abmahnung der Sony Music Entertainment Germany GmbH

In dem Fall ging es um eine Abmahnung der Kanzlei Waldorf & Frommer, die diese im Auftrag der Sony Music Entertainment Germany GmbH bereits im Jahre 2010 wegen einer vermeintlichen Urheberrechtsverletzung versendet hatte. Angeblich sollte die Beklagte das Musikalbum Ten (Legacy Edition) der Gruppe Pearl Jam über eine Internettauschbörse zum Download für Dritte angeboten haben.

Die Beklagte hat im Prozess vortragen lassen, selbst kein Filesharing zu betreiben und auch nicht über entsprechende Software auf dem Computer zu verfügen. Zudem sei sie in dem in der Abmahnung genannten Zeitraum nicht zu Hause gewesen. Allerdings habe ihr Sohn und ihre Mutter, sowie eine Mitbewohnerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum Zugriff auf das Internet von ihrem Anschluss gehabt. Zudem habe sie den Zugang auch den unter der Wohnung der Beklagten lebenden Nachbarn zur Verfügung gestellt. Im Übrigen habe die Beklagte sämtlichen Nutzern schriftlich Filesharing untersagt.


Was sagt das Amtsgericht Charlottenburg?

Das Gericht erkannte keine Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzung bei der Beklagten. Zwar gelte eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber auch der Täter der Urheberrechtsverletzung sei. Diese Vermutung habe die Beklagte jedoch widerlegt, da sie vorgetragen habe, dass weitere Familienangehörige, Nachbarn und Mitbewohner Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Der Beklagten obliege die sekundäre Darlegungslast, welcher sie jedoch nachgekommen sei, da sie hinreichend dargelegt habe, welche und dass überhaupt andere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Die von der Gegenseite angeführte Nachforschungspflicht der Beklagten sei diese in ausreichendem Maße nachgekommen, da Sie Namen und Anschrift der derjenigen Personen angab, die Zugang zum Internetanschluss hatten. Denn die sekundäre Darlegungslast dürfe nicht zu einer Umkehr der Beweislast führen und die Beklagte trage nicht die Verpflichtung der Klägerin die notwendigen Information für einen Prozesserfolg zu verschaffen.

Im Übrigen sei es der Beklagten nicht zuzumuten Familienangehörige zu belasten, insbesondere stehe ihr insofern schon ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.

Die Beklagte hafte überdies auch nicht als Störer, da die dem Anschlussinhaber obliegenden Prüfpflichten vorliegend nicht verletzt worden seien. Die Beklagte habe die Nutzer belehrt und darüber hinaus entfallen Prüfpflichten bei Volljährigen schon dann, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für ein Urheberrechtsverstoß ersichtlich waren.

Bereits wenige Wochen zuvor hatte das Amtsgericht Charlottenburg sich in einem ähnlich liegenden Fall zu der sekundären Darlegungslast geäußert und auch hier die Klage einer Rechteinhaberin (im dortigen Fall: MIG Film GmbH vertreten durch die Kanzlei Schulenberg und Schenk) abgewiesen.



___________________________________

Autor:


Müller Müller Rößner Rechtsanwälte Partnerschaft

Rechtsanwaltsbüro Mainz
Christofstr. 5| 55116 Mainz
Telefon 06131. 211 350 | Telefax 06131. 211 3529
info@sos-abmahnung.de

Rechtsanwaltsbüro Berlin
Mauerstr. 66 |10117 Berlin
Telefon 030.206 436 810 | Telefax 030.206 436 811

E-Mail: mailto:info@sos-abmahnung.de
Internet: www.sos-abmahnung.de

Quelle:
abmahnung-medienrecht.de
Link:
http://abmahnung-medienrecht.de/2014/10 ... verfahren/
http://abmahnung-medienrecht.de/wp-cont ... 112-14.pdf

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9695 Beitrag von Steffen » Donnerstag 16. Oktober 2014, 19:08

Rechtsanwalt Volker Küpperbusch:
Große Freiheit bei der Festsetzung unheiliger Streitwerte





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Rechtsanwalt Volker Küpperbusch, Notar
Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht



Kanzlei Dr. Stracke, Bielefeld
Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen
Rechtsanwälte und Notare

Marktstraße 07
33602 Bielefeld
Fon: 0521/966-57-22
Fax: 0521/966-5766
E-Mail: kuepperbusch@ra-stracke.de
http://www.ra-stracke.de




.....................




Große Freiheit bei der Festsetzung unheiliger Streitwerte


Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 01.10.2014
Aktenzeichen 5 S 53/14.



Das Album "Große Freiheit" der Gruppe "Unheilig" war im Jahr 2010 das erfolgreichste Album des Jahres. Dies gilt nicht nur für die Chartplatzierung und den Verkauf, sondern ebenso für die seinerzeit veranlaßte Abmahntätigkeit für dieses Album. Eine große Zahl Abgemahnter wurde wegen angeblicher Verletzung von Urheber- bzw. Tonträgerrechten von der Hamburger Kanzlei Rasch Rechtsanwälte im Auftrag der Firma Universal Music abgemahnt und auf Unterlassung, sowie Zahlung angeblicher Kosten und Schadensersatz in Anspruch genommen. Regelmäßig geschah dies damals unter Nennung einer Vergleichsmöglichkeit in Höhe von 1.200,00 Euro.

In der Folge wurde gegen Abgemahnte, die diese "Zahlungsvorschläge" nicht erfüllten, Forderungen geltend gemacht. Tatsächlich waren die dann gestellten Forderungen deutlich höher. Üblicherweise wurden angebliche Kosten aus einem Gegenstandswert von 50.000,00 Euro in Höhe von 1379,80 Euro und ein angeblicher Schadensersatz von 2.500,00 Euro geltend gemacht und vielfach gerichtlich eingefordert.


Dabei gibt es Gerichte, die dieser Streitwertvorstellung der Klägerin gefolgt sind.

Anders das Amtsgericht Oldenburg in seiner Entscheidung vom 18.12.2013, Aktenzeichen 1 C 1286/13, jetzt bestätigt durch Versäumnisurteil des Landgerichtes Oldenburg vom 01.10.2014, Aktenzeichen 5 S 53/14.

Das Landgericht Oldenburg hat die Berufung gegen die Teilabweisung die auf Erstattung angeblicher Kosten aus dem Gegenstandswert von 50.000,00 Euro gerichtet war insoweit abgelehnt, als ein Betrag oberhalb von 10.000,00 Euro Streitwert verlangt wurde. Die Berufung ist trotz Säumnis des Beklagten aus Rechtsgründen zurückgewiesen worden.

Das Landgericht Oldenburg hat damit bestätigt, dass der Klägerin kein höherer Ersatzanspruch zusteht. Die Kammer hat wie bereits vorher das Amtsgericht festgestellt, dass der Gegenstandswert der Abmahnung mit 10.000,00 Euro zutreffend und ausreichend bemessen ist.


Im Versäumnisurteil vom 01.10.2014 führt das Landgericht Oldenburg dazu folgendes aus:
"Die Kammer hat im Verfahren 5 O 3143/13, in dem die Klägerin ebenfalls beteiligt war, ausgeführt:

'Für den Unterlassungsantrag zu 1), der sich auf einen einzelnen Musiktitel bezieht, nimmt die Kammer einen Wert von 5.500,00 Euro an.

Die Kammer setzt für Unterlassungsklagen wegen Urheberrechtsverletzungen an Zeichnungen, Fotos, Bildern, einzelnen Büchern und Werbematerialien als Regelstreitwert 5.000,00 Euro an (Beschluss vom 06.07.06 - 5 O 1750/06; bestätigt durch OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.07.06 - 1 W 49/06). Damit bewegt sie sich in der Größenordnung vergleichbarer Entscheidungen (OLG Köln GRUR 2004, 499 = AfP 2004, OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 342):

Inzwischen geht die Kammer von einem durchschnittlichen Streitwert von 5.500,00 Euro aus (Beschl. vom 16.03.2012 - 5 O 296/12 best. durch OLG Oldenburg, Beschl. vom 03.07.2012 - 6 W 61/12). Dabei ist maßgebend, dass nicht allein auf die entgangenen Lizenzen abzustellen ist. Es muss viel mehr auch ein gewisser Abschreckungseffekt berücksichtigt werden. Zwar nimmt das OLG Schleswig den dreifachen Betrag einer zeitlich unbefristeten Lizenzerteilung als Größenordnung an (GRUR-RR 10, 126), da sich das Interesse des Gläubigers allein an der Unterlassung der Wiederholung des konkreten widerrechtlichen Eingriffs in sein Urheberrecht orientiere und der Streitwertfestsetzung keine Disziplinierungsfunktion hinsichtlich möglicher Nachahmer beikomme. Dem hält die Kammer entgegen, dass dem Betroffenen einer Urheberrechtsverletzung daran gelegen ist, jeden Eingriff in sein Recht nachhaltig abzuwehren. Jede Verletzungshandlung verwässert die ihm ggfls. auch ausschließlich zustehende Rechtsposition. Ist der Damm erst gebrochen, ist ein effektiver Rechtsschutz kaum noch möglich.

Für das Angebot eines einzelnen Musiktitels haben die Oberlandesgerichte Frankfurt (MMR 2011, 420) und Düsseldorf (CR 2013, 538) jeweils im einstweiligen Verfügungsverfahren einen Streitwert des urheberrechtlichen Unterlassungsbegehrens von 2.500,00 Euro angenommen. Die Kammer schließt sich den Erwägungen in den zitierten Entscheidungen an. Da die Kammer regelmäßig im einstweiligen Verfügungsverfahren die Hälfte des Wertes der Hauptsache ansetzt, folgt auch daraus für das hier vorliegende Hauptsacheverfahren der Wert von 5.000,00 Euro.'

An diesen Ausführungen ist festzuhalten. Für die Kammer scheint es auf der Hand zu liegen, dass bei der Verbreitung eines gesamten Albums - vorliegend mit 16 Titeln - der Wert nicht anhand einer simplen Multiplikation errechnet werden kann. Für den durchschnittlichen Musikliebhaber sind in aller Regel lediglich 2 - 3 Titel eines Albums so weit von Interesse, dass er bereit ist, Geld dafür auszugeben. Nicht selten anzutreffen ist die sog. "One-Hit-Wonder", also Künstler, bei denen ein einziger Titel breites Interesse trifft, und dir trotzdem auch Musikalben verkaufen. Die Phänomenologie der Musikalben reicht demnach von solchen schlichten Verkaufsvehikeln, bei denen die Bekanntheit eines (radiotauglichen) Titels kommerziell ausgewertet wird bis zu Konzeptalben, die gar nicht auf die Verwertung einzelner Titel angelegt sind, sondern erst als Gesamthörererlebnis ihre künstlerische Wirkung entfalten. Ihnen allen ist aber gemein, dass ihr kommerzieller Wert nicht aus der Multiplikation des Wertes der Einzeltitel errechnet werden kann, sondern es einen eigenen Wert des Albums als Ganzes gibt. Bei dem aktuellen Chart-Erfolg "Prayer in C" der Gruppe "Lilly Wood & the Prick" wird eine 2-Titel-CD für 2,99 Euro vermarktet, während das Album mit 16 Titeln für 9,99 Euro zu erwerben ist (Quelle: amazon, de; 24.09.2014). Der Wert der Unterlassung ist daher mit dem Doppelten des Einzeltitels, also 10.000,00 Euro, angemessen geschätzt."

Das Landgericht geht also in seiner Begründung davon aus, dass tatsächlich längst nicht alle Titel eines Albums von gleichem Interesse sind, sondern sich Hitstatus im Grunde nur auf einige Titel bezieht. Trotz des großen Erfolges des Albums "Große Freiheit" der Gruppe "Unheilig" geht das Landgericht davon aus, dass der Streitwert von 10.000,00 Euro ausreichend ist.

Bedenklich ist dabei allerdings die wiederholte Annahme des Landgerichts innerhalb der Begründung, dass ein Streitwert auch durch einen "gewissen Abschreckungseffekt" beeinflusst werde. Ein allgemeiner Abschreckungseffekt ist bei richtiger Betrachtung keine Grundlage der Bemessung eines Gegenstandswertes, bei dem es um die Frage der konkreten Unterlassung des jeweils in Anspruch Genommenen geht.


Zuzustimmen ist dem Landgericht Oldenburg aber darin, dass trotz des Erfolgs des Albums "Große Freiheit" der Künstlergruppe "Unheilig" der konkrete Streitwert von 10.000,00 Euro ausreichend hoch ist. Das Landgericht hat hierzu konkret noch folgendes festgestellt:
"Eine andere Wertfestsetzung ist auch nicht deshalb geboten, weil es sich bei dem hier zugrunde liegenden Album "Große Freiheit" - unstreitig - um ein wirtschaftlich besonders erfolgreiches Album handelt. Diese Sonderstellung ist der Kammer bekannt und bewusst. Die Kammer bezieht sich hierbei auf das von der Klägerin selbst vorgelegte Urteil des OLG Hamburg vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/19, in dem ausgeführt wird:

'Der Versuch, für jeden denkbaren Musiktitel einen individuellen ausgestalteten Schadenersatzbetrag zu finden, der den Besonderheiten dieses einzelnen Musikstücks gerecht wird (Alter, Hitparadenplatzierung, Verkaufszahlen, Bekanntheit der Gruppe usw.) kann angesichts der Vielzahl der verfügbaren Musiktitel nach Auffassung des Senats nicht gelingen bzw. würde einen unangemessen hohen zeitlichen Aufwand mit sich bringen. Deshalb muss sich die Bemessung an einer gewissen Pauschalierung des Schadensersatzbetrages pro Titel orientieren, um die Beurteilung handhabbar zu machen (...) Vor diesem Hintergrund kann es nicht entscheidend darauf ankommen, dass die Klägerinnen gerade zwei besonders bekannte Musikstücke zum Gegenstand ihres Schadensersatzbegehrens im vorliegenden Rechtsstreit gemacht haben. Dieser Umstand rechtfertigt hier keinen höheren Schadensersatzbetrag. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht zwar zurecht darauf abgestellt, dass gerade altere Musiktitel erfahrungsgemäß wesentlich seltener heruntergeladen werden als hochaktuelle Aufnahmen. (...) es entspricht allgemeiner Erkenntnis, dass selbst bei demselben Künstler keineswegs alle eingespielten Titel (auch nicht diejenigen ein und desselben Albums) gleichermaßen attraktiv erscheinen und deshalb in ähnlicher Weise im Filesharing heruntergeladen werden.'

Die Kammer tritt diesen Ausführungen bei. Die angefochtene Entscheidung ist daher vollumfänglich zu bestätigen."

Beachtlich ist an dem Urteil, dass das Landgericht Oldenburg damit seiner eigenen erst kürzlich ergangenen jüngeren Rechtssprechung widerspricht. Noch bis vor kurzem ist auch das Landgericht Oldenburg von einem überhöhten Streitwert von 50.000,00 Euro ausgegangen. Dieser wurde hier jetzt korrigiert.

Das Landgericht Oldenburg befindet sich damit auf eine Linie mit dem Beschluss des OLG Dresden vom 05.11.2013, Aktenzeichen 14 W 348/13. Auch das OLG Dresden ist von einem Streitwert von 10.000,00 Euro für das erfolgreiche Album im Rahmen des sogenannten Filesharing ausgegangen.

Noch unberücksichtigt ist im Urteil des Landgericht Oldenburg, dass tatsächlich selbst für den Fall, dass ein Album angeboten worden ist lediglich kleine Teile eines Werkes von einzelnen Teilnehmern solcher sogenannter Tauschbörsen angeboten werden und angesichts der niedrigen Uploadgeschwindigkeit niemals die Verantwortung eines einzelnen Teilnehmers für ein Gesamtangebot des Albums bzw. dessen Download besteht.

Durch diese Urteile des Amtsgerichts und Landgerichts Oldenburg bestätigt sich aber die zu begrüßende Tendenz, dass die Streitwerthöhen von den Gerichten zunehmend kritischer beurteilt werden und tendenziell die Streitwerte im Verhältnis zu den Jahren 2007 bis 2011 heute erheblich zurückgehen und sich damit einer sachgerechten gerichtlichen Beurteilung zumindest nähern.


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Autor:

Rechtsanwalt Volker Küpperbusch, Notar
Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht


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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9696 Beitrag von Steffen » Samstag 18. Oktober 2014, 10:19

Das Landgericht Hamburg nimmt Stellung
zur Frage der sekundären Darlegungslast
in einem Filesharingverfahren



10:15 Uhr

Das Landgericht Hamburg (Beschluss vom 18.09.2014, Az. 310 S 9/14) hat aktuell im Berufungsverfahren
entschieden, das man beabsichtigt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und bestätigt
erneut die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zur Frage der sekundären Darlegungslast.


Im Beschluss vom 18.09.2014 führt das Landgericht Hamburg dazu folgendes aus:
"Die Klägerin ist ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer Verantwortlichkeit des Beklagten
für die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht nachgekommen. Die Klägerin trägt nach allgemeinen
Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des
geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach
ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, daß der Beklagte für die von ihr behauptete
Urheberrechtsverletzung als Störer oder Täter verantwortlich ist.

Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich, die zum fraglichen
Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass
diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist diese
tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers jedoch nicht begründet, wenn zum
Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen könnten. Dies ist
insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht
hinreichend gesichert war oder bewusst andere Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urteil
vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare", Rz 15).

Will der Anschlussinhaber die gegen ihn sprechende tatsächliche Vermutung entkräften, so trifft ihn
allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Dazu hat der BGH ausgeführt: 'Die sekundäre Darlegungslast
führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und
Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem
Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschluss-
inhaber genügt deiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf.
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der
Rechtsverletzung in Betracht kommen (Nachweise). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen
des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (Nachweise)' (BGH, aaO, Rz 18).

Nachdem der Beklagte damit seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, war es wieder Sache der
Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung
sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, aaO, Rz 20). (...) Es reicht nicht aus,
den Vortrag des Beklagten (mit Nichtwissen) zu bestreiten. Die Klägerin war vielmehr gehalten, für die
Täterschaft des Beklagten sprechende Tatsachen vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Dies ist nicht
geschehen."
Wie der Prozeßbevollmächtigte des Berufungsbeklagten, die Hamburger Kanzlei "Dr. Wachs - Rechtsanwälte"
mitteilt, hat die Berufungsklägerin Gelegenheit binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen. AW3P wird hierzu
weiter berichten.


...................


In Bayern ist so gut wie alles anders, demnach ticken hier auch die Uhren anders. Das glauben Sie nicht?
Na, dann gehen Sie doch mal zur Münchner Prielmayerstraße 7. In einem aktuellen Berufungsverfahren (Urteil
vom 05.09.2014, Az. 21 S 28251/13) wurde über die Haftung des Anschlussinhabers bei der Nutzung einer
Internettauschbörse entschieden und das Urteil des AG München vom 21.11.2013, Az. 155 C 16379/13 aufgehoben.
Zwar führte das LG München I aus, dass die tatsächliche Vermutung, dass die Anschlussinhaberin die Tat
begangen hat, widerlegt ist, erklärt dann aber, dass sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt
hätte. Wenn die Angehörigen das Verbot der Nutzung der Internettauschbörsen befolgen, kommen sie also
nicht als Täter in Betracht, führen die Richter messerscharf aus. Die Anschlussinhaberin müsse nachforschen,
wer denn nun der Täter sei, sonst wäre ihr Vortrag nicht plausibel. Dass die Anschlussinhaberin aber unter
Beweisantritt vorgetragen hat, zur besagten Zeit nicht zu Hause gewesen zu sein und den PC nicht genutzt
zu haben, erachtete das Gericht als irrelevant.


Im Endurteil vom 05.09.2014 führt das Landgericht München I dazu folgendes aus:
"Den Anforderungen an eine plausible, auf den Verletzungszeitpunkt bezogene Darstellung genügt das Vorbringen
der Beklagten jedoch nicht. Die Beklagte hat vorgetragen, im Rahmen eines Abendessens im September 2009
gemeinsam mit ihrem Ehemann die volljährigen Kinder ... und ... sowie den Lebensgefährten der Tochter ...
darüber belehrt zu haben, das keine Internettauschbörsen benutzt werden dürfen, was diese zur Kenntnis
genommen und bestätigt hätten. Weiter führt sie aus: 'Dabei befolgen Frau ... und Herr ... als auch Herr ...
die Vorgaben der beklagten und deren Ehemanns' (Schriftsatz vom 02.07.2013, S. 3 Bl. 37 d.A.). Damit schließt
sie für diese Personen eine Tatbegehung aus. Da sie es für sich ebenfalls tut, kommt nur der Ehemann in Betracht.
Für diesen fehlt es an tatbezogenem Vorbringen, so dass schon aus diesem Grund den Anforderungen nicht Genüge
getan ist.

Eine Überspannung der Nachforschungspflichten kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil nicht ersichtlich
ist, ob und inwiefern eine Nachforschung i Bezug stattgefunden hat. Nimmt man zugunsten der Beklagten an, dass
sie auch ihren Ehemann als Täter ausschließt, so ist ihr Vorbringen nicht plausibel, weil es nicht möglich ist,
dass niemand aus dem Kreis der Nutzer für die Verletzung verantwortlich ist, die über den Anschluss der Beklagten
begangen worden ist.

3. Als täterschaftlich Verantwortliche ist die Beklagte zum Schadenserdsatz gem. § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG verpflichtet,
wobei sich das Verschulden daraus ergibt, dass sie das Werk öffentlich zugänglich gemacht hat, ohne sich über
die Rechtssituation Gewissheit verschafft zu haben."



Fundsache der Woche:

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Karikatur: SH-2014


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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9697 Beitrag von meindackelwaldi » Samstag 18. Oktober 2014, 13:29

Steffen hat geschrieben:... gemäß § 22 Abs. 2 ZPO ...
gibt es nicht !

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9698 Beitrag von Steffen » Samstag 18. Oktober 2014, 14:00

ups, danke. 5 vergessen. natürlich "gem. § 522 Abs. 2 ZPO".

vg steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9699 Beitrag von Steffen » Montag 20. Oktober 2014, 10:32

Ab dem 1. November 2014 gelten
strengere Vorschriften für Inkassobüros



10:35 Uhr


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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
50672 Köln
Fon: (0221) 95 15 63 - 0
info@wbs-law.de
www.wbs-law.de


Insbesondere Filesharing Mandanten werden häufig im Nachhinein mit Schreiben von Inkassobüros
wie beispielsweise Debcon konfrontiert. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hat auch
im Bereich des Inkassowesens neue Regelungen zugunsten der Verbraucher getroffen. Die Übergangs-
frist zur Umsetzung dieser neuen Vorschriften endet zum 1. November 2014. Zeit für einen kurzen
Überblick über die wichtigsten Änderungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (§11a RDG).

Die neuen Vorschriften gelten sowohl für registrierte Inkassodienstleister, als auch für Rechts-
anwälte, die als solches tätig sind.

Das Gesetz sieht zum einen weitergehende Informationspflichten vor, die in den Schreiben enthalten
sein müssen, als auch Informationspflichten, die auf Nachfrage des Verbrauchers bestehen. Sinn und
Zweck der neuen Vorschriften ist es den Verbrauchern die Einschätzung zu erleichtern, ob es sinnvoll
ist, sich gegen die Forderung zu wehren. Mehr Transparenz soll für mehr Rechtssicherheit sorgen.


Folgende Angaben müssen im Inkassoschreiben gemacht werden:
  • 1. Name oder Firma des Auftraggebers
    2. Der Forderungsgrund, bei Verträgen muss der Vertragsgegenstand konkret dargelegt werden und das
    Datum des Vertragsabschlusses genannt werden
    3. Gegebenenfalls eine genaue Zinsberechnung, wenn diese Teil der Forderung sind
    4. Ein Hinweis, wenn der Zinssatz über dem gesetzlichen Verzugszinssatz geltend gemacht wird
    5. Sonstige Kosten, die anfallen müssen genau dargelegt werden (Art, Höhe, Entstehungsgrund)
    6. Bei der Geltendmachung von Umsatzsteuerbeträgen muss eine Erklärung erfolgen, dass diese Beiträge
    nicht als Vorsteuer abgezogen werden können

Folgende Angaben müssen auf Nachfrage des Verbrauchers erfolgen:
  • 1. Eine ladungsfähige Anschrift der Auftraggeberin oder des Auftraggebers
    2. Der Name oder die Firma desjenigen, in dessen Person die Forderung entstanden ist
    3. Die wesentlichen Umstände des Vertragsschlusses

Konsequenz bei fehlenden Angaben

Wird ein Inkassoschreiben in Zukunft nicht mit den oben genannten Angaben versehen, oder sind die
Angaben unvollständig, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro
geahndet werden kann (Vgl. §20 RDG).

Zudem kann die zuständige Behörde bei einer Verletzung der Informationspflichten die Fortsetzung des
Betriebs verhindern, §15a RDG.

Noch haben viele Inkassobüros ihre Schreiben nicht nach den neuen Gesetzesvorgaben verfasst. In drei
Wochen sind viele dieser Schreiben, wenn sie nicht geändert werden, rechtswidrig.


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Quelle: www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ros-56987/
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The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9700 Beitrag von The Grinch » Montag 20. Oktober 2014, 11:48

Hagelt es dann Abmahnungen gegen Inkassobüros, oder werden die gleich ans Kreuz genagelt?

Ordnungswidrigkeiten, müssen die beim Staatsanwalt gemeldet werden, oder geht man damit zur Polizei,
wer Ahndet diese Ordnungswidrigkeiten?
Welche "Behörde" ist das denn, die dann die Fortsetzung des Betriebs verhindern kann?

Hier fehlen m.E. noch ein paar Informationen für "Betroffene".

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