Welserstr. 10-12
Amtsgericht Braunschweig Verkündet am 27.06.2014
119 C 162/14
Im Namen des Volkes Urteil
In dem Rechtsstreit ...
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: ...
gegen
...
Beklagter
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Kai Jüdemann, Weiser Straße 10-12, 10777 Berlin
hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 23.05.2014 durch
die Richterin am Amtsgericht "..." für Recht erkannt:
- 1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 14.03.2014 wird
aufrechterhalten und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v.
110 des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz und Abmahnkosten nach
Urheberrechtsverletzung.
Die Klägerin ist Herstellerin und Inhaberin aller Rechte am Film "Inzest 12". Sie
beauftragte die Firma Smaragd Service AG u.a. mit der Überwachung des o.g. Titels im
Internet. Diese stellte fest, dass das Filmwerk der Klägerin am 25.01.2010 um
13:57:04 Uhr und 18:40:23 Uhr durch den Nutzer einer bestimmten IP-Adresse mittels
einer Filesharingsoftware zum Download bereitgestellt wurde. Die Klägerin ermittelte
im Fortgang, dass die IP-Adresse, von der der unerlaubte Upload erfolgte, dem
Internetanschluss des Beklagten zugeordnet ist. Sie ließ daraufhin den Beklagten
anwaltlich abmahnen und forderte ihn u.a. zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Nach erfolgloser Abmahnung verfolgt
die Klägerin mit ihrer Klage Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR wegen des
unerlaubten Uploads nach Urheberrecht sowie den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von
859,80 EUR.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe den unerlaubten Upload vorgenommen. Die
IP-Adresse sei richtig ermittelt worden. Sie meint, der Beklagte hafte jedenfalls
nach den Regeln des Anscheinsbeweises sowie als Störer. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 14.03.2014 erschien für die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung
niemand, sodass antragsgemäß ein klagabweisendes Versäumnisurteil erging. Gegen
dieses Versäumnisurteil, welches der Klägerin am 21.03.2014 zugestellt wurde, legte
die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.04.2014, Eingang am 04.04.2014, Einspruch ein.
Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom
14.03.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.000,00 EUR sowie
außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 859,00 EUR jeweils zuzüglich Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom
14.03.2014 aufrechtzuerhalten, den Einspruch zurückzuweisen sowie die Klage endgültig
abzuweisen. Er behauptet, am Tattag infolge Arbeitstätigkeit nicht zuhause gewesen zu
sein. Sein Computer sei während seiner Abwesenheit ausgeschaltet gewesen. Im Übrigen
habe auch seine Ehefrau Zugriff auf das Internet des einzigen PC, der - unstreitig -
durch ein nutzereigenes Passwort und ein ausreichendes Verschlüsselungsprotokoll
gesichert ist. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.06.2014 trägt der Beklagte vor,
auch sein Sohn habe zum Tatzeitpunkt Zugriff auf seinen PC gehabt.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig
vom 14.03.2014 ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
IDie Klägerin kann von dem Beklagten keinerlei Schadensersatz wegen eines unerlaubten
Uploads verlangen. Auch wenn man unterstellt, dass die Ermittlungen der Klägerin zur
IP-Adresse des Urheberrechtsverletzters zutreffend sind, kann im Ergebnis nicht
festgestellt werden kann, dass der Beklagte persönlich den ihm zur Last gelegten
Upload vorgenommen hat oder daran beteiligt war. Dies wäre jedoch für seine Haftung
als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung nach den §§ 97, 97 a UrhG
erforderlich.
Der Klägerin ist zwar insofern Recht zu geben, als den Inhaber eines
Internetanschlusses, von dem aus ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne
Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden ist, eine sekundäre
Darlegungslast trifft, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die
Rechtsverletzung begangen (vgl. BGH I ZR 121/08). Dieser sekundären Darlegungslast
ist der Beklagte vorliegend jedoch nachgekommen.
Der Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, zum fraglichen Zeitpunkt infolge
Arbeitstätigkeit nicht zuhause gewesen zu sein. Sein Computer, auf den die Ehefrau
und sein Sohn ebenfalls Zugriff haben, sei ausgeschaltet gewesen und durch ein
nutzereigenes Passwort sowie ein ausreichendes Verschlüsselungsprotokoll gesichert.
Diesen Vortrag, der die persönliche Rechtsverletzung des Beklagten oder seine
Beteiligung daran ausschließt, hat die Klägerin unbestritten gelassen. Auch die
Abmahnkosten kann die Klägerin nicht ersetzt verlangen, da sie den Beklagten auch
nicht als Störer auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Als Störer kann bei der
Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne
Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal
zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über
Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, ist die Verletzung von Prüfpflichten
Voraussetzung.
Dabei kommt es auch darauf an, inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach
den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. So ist der private WLAN-Anschlussinhaber
verpflichtet, seinen Anschluss durch zumutbare und angemessene Sicherungsmaßnahmen
gegen die missbräuchliche Nutzung durch Außenstehende zu sichern (vgl. BGH a.a.O.
m.w.N.).
Auch haftet der Inhaber eines Internetanschlusses grundsätzlich nicht als Störer auf
Unterlassung, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen
Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber
konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung
erforderlichen Maßnahmen ergreifen (BGH I ZR 169/12). Der Beklagte hatte seinen PC -
unstreitig - durch ein ausreichendes Verschlüsselungsprotokoll und ein nutzereigenes
Passwort gegen Zugriff von außen gesichert.
Ob er daneben auch besondere Sicherungsmaßnahmen gegen eine missbräuchliche Nutzung
durch volljährige Familienmitglieder ergriffen hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt
nicht. Eine Verpflichtung dazu hatte der Beklagte aber auch nicht. Die Klägerin hat
nicht vorgetragen, dass und wenn ja welche konkreten Anhaltspunkte der Beklagte für
eine missbräuchliche Nutzung des Anschlusses durch seine Ehefrau in der Vergangenheit
gehabt hätte. Auf den Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes vom 10.06.2014 kommt es
danach nicht mehr entscheidungserheblich an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.