Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9501 Beitrag von The Grinch » Montag 30. Juni 2014, 15:19

Guten Tag RA Dr. Wachs

dazu mal eine Frage, zu Inhalt den Sie da anführen:
b) Verjährung beginnt erneut, wenn Rechteinhaber Klageauftrag erteilt (OLG Köln Urteil v. 2.8.2013 AZ 6 U C/13)
Wie kann die Verjährung für eine Abmahnung von vorne beginnen mit dem erteilen eines Klageauftrags?
Immerhin basiert der Streit doch auf diese Abmahnung!
Nach der Darlegung von Ihnen (Punkt "C") könnte ein RI ja nach Ablauf der, bisher üblich angenommenen Dauer der Verjährung,
selbst noch nach Jahren, bezogen auf die Abmahnung, Klage einreichen und das Verjährungsspielt beginn von neuem.

Was ist denn dann die vom Gesetzgeber deklarierte Verjährung überhaupt noch wert?

Danke für das Lesen dieses Beitrags.

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RA Dr. Wachs
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9502 Beitrag von RA Dr. Wachs » Montag 30. Juni 2014, 16:44

Sehr geehrter Herr Grinch,

die Rechtsauffassung des OLG Köln ist - milde formuliert - kontrovers. Es gibt auch Stimmen (Richter), die der Auffassung sind, dass das wirklich fernliegend ist.
Nur ist das OLG Köln nicht irgendwer. Hätte das AG Buxtehude (reines Beispiel) das genannte Zitat gebracht, ich hätte es offen gestanden ignoriert.
Nachdem üblicherweise kurz vor der Verjährung die Klage eingereicht wird, ist ein Verdoppeln der Verjährungszeit tatsächlich denkbar. Diese Rechtsauffassung wird derzeit in einer Vielzahl von uns gewonnen Verfahren ins Feld geführt, wir sind gespannt was die Landgerichte dazu sagen.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. A. Wachs

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RA Dr. Wachs
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9503 Beitrag von RA Dr. Wachs » Montag 30. Juni 2014, 22:27

Moin Moin Dackel,

ich versuche Ihnen das mal mit den Simpsons zu erklären. In einer Folge rast ein Meteor auf Springfield zu und am Ende der Folge schlagen die Bewohner vor,das Observatorium zu zerstören, damit so etwas nie wieder passiert.

Es ist doch völlig egal, ob ich (mit Zitaten von Rechtsprechung) ein Problem erläutere, entweder eine Forderung ist verjährt oder nicht. Als ich vor 2 Jahren anfing zu erläutern, dass die Anwaltskosten und SE Ansprüche unterschiedlich verjähren hat das auch niemand geglaubt, heute wird das (bis das auf das Amtsgericht Bielefeld von allen so gesehen). Welchen Vorteil habe ich denn davon, ob jemand glaubt eine Forderung sei verjährt oder die Forderung sei nicht verjährt. Ich bekomme die Akte ohnehin (erst) bei der Klage auf den Tisch.

Der einzige Grund sich darüber aufzuregen, wenn ich auf Diskussionen hinweise, ist der Glaube, dass das Problem nicht da ist, wenn man es nicht sieht. Und fühlen Sie sich schon ein wenig gelb?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Alexander Wachs
-Rechtsanwalt-

The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9504 Beitrag von The Grinch » Dienstag 1. Juli 2014, 05:53

Guten Morgen Doc Wachs!

Also muss man davon ausgehen das die Auslegung des OLG Köln zwingend vor den BGH gehört,
um hier für Rechtssicherheit zu sorgen? (Unsinn oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme?)
Denn wir reden ja hier nicht nur von einer Verdopplung der Verjährung!
Theoretisch ist es ja denkbar, dass wenn die vermeidliche Verjährung erreicht wurde und es weitere Zeit
verstrichen ist, der RI "irgend wann einmal" Klage einreichen lässt und die Verjährung von neuem Beginnt.
Anscheinend, so deute ich die Auslegung des OLG Köln, kann das ja "irgend wann" erfolgen.

Und auch wenn das OLG nicht "irgend Jemand" ist, das könnte man auch als Beugung geltendes Rechts deuten.

Sehr Merkwürdig.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9505 Beitrag von Steffen » Dienstag 1. Juli 2014, 10:15

Bundesgerichtshof,
Pressemitteilung Nr. 102/2014 vom 01.07.2014 -
Kein Anspruch auf Auskunft über Anmeldedaten
gegen den Betreiber eines Internetportals



Der für das Recht der unerlaubten Handlung zuständige VI. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hatte darüber zu befinden, ob der in seinem Persönlichkeitsrecht
Verletzte von dem Betreiber eines Internetportals Auskunft über die bei ihm
hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers beanspruchen kann.

Der Kläger, ein frei praktizierender Arzt, machte einen Auskunftsanspruch gegen die
Beklagte geltend. Diese ist Betreiberin eines Internetportals, das Bewertungen von
Ärzten ermöglicht.

Im November 2011 entdeckte der Kläger auf der Internetseite der Beklagten eine
Bewertung, in der über ihn verschiedene unwahre Behauptungen aufgestellt wurden. Im
Juni 2012 wurden weitere, den Kläger betreffende Bewertungen mit unwahren
Tatsachenbehauptungen veröffentlicht. Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen
jeweils von der Beklagten gelöscht. Am 4. Juli 2012 erschien (jedenfalls) bis
November 2012 erneut eine Bewertung mit den von dem Kläger bereits beanstandeten
Inhalten.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger
beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers
der Bewertung vom 4. Juli 2012 verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der
Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat einen Auskunftsanspruch des
Klägers gegen die Beklagte wegen der bei ihr hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers
gemäß §§ 242, 259, 260 BGB bejaht. § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG*, wonach ein
Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen
hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, schließe den allgemeinen
Auskunftsanspruch nicht aus.

Mit der vom Oberlandesgericht beschränkt auf den Auskunftsanspruch zugelassenen
Revision verfolgte die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage - im Umfang der
Zulassung - weiter.

Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf Auskunftserteilung
abgewiesen.

Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG grundsätzlich nicht befugt, ohne
Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines
Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu
übermitteln.

Nach dem Gebot der engen Zweckbindung des § 12 Abs. 2 TMG dürfen für die
Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur
verwendet werden, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Nutzer - was
hier nicht in Rede stand - eingewilligt hat. Ein Verwenden im Sinne des § 12 Abs. 2
TMG stellt auch eine Übermittlung an Dritte dar. Eine Erlaubnis durch
Rechtsvorschrift kommt außerhalb des Telemediengesetzes nach dem Gesetzeswortlaut
lediglich dann in Betracht, wenn sich eine solche Vorschrift ausdrücklich auf
Telemedien bezieht. Eine solche Vorschrift hat der Gesetzgeber bisher - bewusst -
nicht geschaffen.

Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite Betroffenen
kann allerdings ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter zustehen (vgl.
Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219), den das
Oberlandesgericht im Streitfall auch bejaht hat. Darüber hinaus darf der
Diensteanbieter nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4 Telemediengesetz (TMG) auf
Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs-
und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u. a. für Zwecke der Strafverfolgung
erforderlich ist.

Urteil vom 01. Juli 2014 - VI ZR 345/13

LG Stuttgart - Urteil vom 11. Januar 2013 - 11 O 172/12

OLG Stuttgart - Urteil vom 26. Juni 2013 - 4 U 28/13

Karlsruhe, den 1. Juli 2014

Quelle:
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Link: juris.bundesgerichtshof.de

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9506 Beitrag von Steffen » Dienstag 1. Juli 2014, 12:24

Es kommt doch zyklisch,
  • - Ende des Jahres,
    - Jahreswechsel,
    - Mitte des Jahres,
Fragen nach der Verjährung auf.

Letztlich, da auch verjährte Forderungen geltend gemacht werden könnten (was auch die Abmahnwahnpraxis regelmäßig bestätigt), ist die Frage erst einmal nicht relevant. Denn selbst wenn man denkt, dass seine Forderungen verjährt sind, könnten sie dennoch gerichtlich geltend gemacht werden.

Ganz zu schweigen, dass man sich nur dem Gewissen über anders fühlt. Es macht keinen Gong oder Ähnliches. Die meisten Betroffenen, wo Log und Abmahnung jahresmäßig auseinanderliegen, können ja nicht einmal 100pro sagen, wann wurde durch den Provider der Klarname an den Abmahner übermittelt.

Ich glaube die Faustregel (Abmahnschreiben + 3 J.; MB + 6 M.) sollte zunächst für jeden ausreichen. Wenn jemand völlige Klarheit wünscht, sollte er einen Anwalt beauftragen, der dieses abcheckt. Spätestens bei einer möglichen Klage.


[quoteemmeindackelwaldi]Na Doc, gehen die Geschäfte mittlerweile so schlecht, dass Sie anfangen müssen mit Nebelkerzen zu schmeißen und die Betroffenen zu verunsichern?[/quoteem]

\0//

Schwachfug. Seit 2006 beobachte ich dieses Kleinkarierte "Denken" schon. Einerseits wollen wir juristisch exakte Antworten, meldet sich dann ein Anwalt zu Wort, wird er -constantinisch- vergrault.

Sei doch froh, dass ein Anwalt sich blickenlässt und mitdiskutiert. Denn wenn DU DAS Wissen hättest, würden wir uns alle an dich halten und bräuchten keine Anwälte. Oder?

:ew

VG Steffen

The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9507 Beitrag von The Grinch » Dienstag 1. Juli 2014, 12:25

Aber nach wir vor ist es kein Freibrief um sich wie eine Wildsau in Foren zu benehmen!

@Steffen

Schon klar, das mit der Verjährung!
Das ist ja auch nicht der Stein des Anstoßes, sondern das hier das OLG Köln eine Entscheidung trifft die
genau die bekannte Verjährung aus sämtlichen Angeln hebt - und das, wie schon Doc Wachs zu Recht sagt,
es sich nicht um "irgend ein Gericht" handelt.
Es geht um die Tatsache das hier eine Verjährung im Grunde gar nicht mehr statt findet, was der Gesetzgeber
ganz sicher so nicht wollte.

Also wird sich, SCHON WIEDER, der BGH bemühen müssen einem OLG die rote Karte zu zeigen.

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RA Dr. Wachs
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9508 Beitrag von RA Dr. Wachs » Dienstag 1. Juli 2014, 12:54

Moin Moin,

ich habe ja schon in meinem Artikel geschrieben, dass dieses OLG Zitat als Mindermeinung zu deuten ist. Allerdings wird diese Rechtsauffassung an viele Gerichte herangetragen. Das war der Grund meiner Bestandsaufnahme. Zumal ich an zwei Stellen das LG Köln für eine differenzierende Rechtsprechnung zitiert habe.

Besten Gruß

Dr. Alexander Wachs
-Rechtsanwalt-

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9509 Beitrag von Angelinawer » Dienstag 1. Juli 2014, 16:38

Hat jemand Erfahrungen mit dem Beauftragen von Inkassofirmen als Privatperson. Ich denke, dass jemand meine Identität im Internet auf seiner Website nutzt. Mein Name und Bild ist im Impressum vorhanden, allerdings ist die Adresse nicht echt.
Bringt es was in dem Fall etwas zu machen mit einem Anwalt oder Inkassounternehmen. Ich kenne mich auf dem Gebiet leider überhaupt nicht aus. Ein Arbeitskollege hat mir culpa empfohlen, allerdings würde ich gerne mal eine Meinung von Fachexperten hören.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9510 Beitrag von Steffen » Mittwoch 2. Juli 2014, 01:57

Wenn jemand dem anderen seine Identität entwendet, dann sollte man Strafanzeige erstatten. Das ist das Sauberste.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9511 Beitrag von The Grinch » Mittwoch 2. Juli 2014, 05:51

Hallo Doc Wachs

Minderheitenmeinung?
Ein Gericht, hier ein OLG, sollte wohl eher nicht eine Meinung vertreten,
sondern, gem. geltendem Recht, Recht sprechen - im Namen des Volkes (wie es immer so schön heisst).

Noch einmal meine Frage:
Wie kann ein OLG die gesetzliche Verjährung ignorieren und die von neuem beginnen lassen,
wenn das Ende für den spezifischen Fall erreicht wurde?
Das ist doch Rechtsbeugung und nicht Rechtsprechung!

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9512 Beitrag von Steffen » Mittwoch 2. Juli 2014, 11:29

RA Dr. Alexander Wachs hat geschrieben: b) Verjährung beginnt erneut, wenn Rechteinhaber Klageauftrag erteilt (OLG Köln Urteil v. 2.8.2013 AZ 6 U C/13)
The Grinch hat geschrieben: Wie kann ein OLG die gesetzliche Verjährung ignorieren und die von Neuem beginnen lassen,
wenn das Ende für den spezifischen Fall erreicht wurde? Das ist doch Rechtsbeugung und nicht Rechtsprechung!
Ich verstehe hier nicht die Aufregung und den Ruf nach Rechtsbeugung! Ich nehme einmal an, dass auch die Entscheidung
OLG Köln Urteil v. 02.08.2013 Az. 6 U 10/13 gemeint ist. Zumindest ist darauf verlinkt.

Denn wenn man sich den Ablauf ansieht, gibt es nicht Aufregendes. Jedenfalls aus meiner Sicht.
  • 1. Log.: 03.03.2008
    2. Abmahnung: 15.05.2008
    3. Schriftverkehr Anwalt <-> Anwalt
    4. Abgabe mod. UE: 18.08.2011 (+ Bestreiten)
    5. Hemmung durch Eingang des Antrages MB: 07.12.2011
    6. Zustellung demnächst (falsche Adresse zu Ungunsten des Betroffenen): 17.01.2012
    7. Widerspruch MB: 30.01.2012
    8. 06.07.2012: Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens
    9. 12.07.2012: Einzahlung 2. Hälfte GK-Vorschuss
    7. Mitte Juli 2012: Abgabe des streitigen Verfahrens an das LG Köln
    8. Klage LG: 20.12.2012

    OLG Zusatz:
    + mindestens 4 Wochen durch Schriftverkehr Anwalt <-> Anwalt (i.S.d. Verhandlung v. § 203 S.1 BGB)
    sowie Hemmung durch MB angehalten, da innerhalb der 6 Monate das streitige Verfahren weiterbetrieben wurde.
(...) Die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB wird nicht dadurch berührt, dass eine alsbaldige“ Abgabe der
Streitsache im Sinne des § 696 Abs. 2 ZPO unterblieben und diese darum erst später rechtshängig geworden ist (vgl. BGH
NJW 2009, 1213 Rn. 19; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 696 Rn. 6). (...)

............................

Das Problem, das der Abgemahnte in der Regel von einem starren Schema-F-Denken ausgeht. Bsp.: Wenn gesagt wird:
“MB + 6 Monate“, dann wird auf Tag/Stunde/Minute/Sekunde ausgerechnet und nicht der Einzelfall und mögliche
Faktoren mit eingerechnet. Deshalb auch die ganzen Aufreger. Ein anderes Beispiel. Vor geraumer Zeit wurde ein
Ausnahmefall vorm LG Köln angesprochen. Hier wurde durch das Landgericht die Rechtsauffassung des Abmahners
bestätigt, das der Beginn der Verjährung nicht mit Übermittlung des Klarnamens beginnt, sondern erst wenn der RI
der abmahnenden Kanzlei den Auftrag zur Abmahnung erteilt. Andere Gerichtsstandorte teilen diese Rechtsauffassung
eben nicht!

Es zeigt aber nur, so verstehe ich persönlich das Posting von Herr Doktor, dass in der Rechtsprechung es auf den
Einzelfall bzw. Rechtsauffassung ankommt, der juristischen Prüfung, und man nicht alles (ein Forum sowieso nicht) auf
Tag/Stunde/Minute/Sekunde ausrechnen kann und darf. Das ist zu einfach, denn wenn der Betroffene ins Forum käme
und fragt:

Log: 2008, Abmahnung: 2008, Zustellung MB erst Ende Januar 2012 - wann verjährt?

Könnte man mit dem 100pro-Wissen (s.o.) keine genaue Antwort erteilen. Aber gerade das wird von uns verlangt.
Denn jeder möchte eine konkrete beruhigende Antwort auf seine Frage. Und das wird so nicht funktionieren.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9513 Beitrag von The Grinch » Mittwoch 2. Juli 2014, 11:37

Danke, so hab ich das nun, mit dieser Auflistung, auch ein bisschen besser verstanden!

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9514 Beitrag von Steffen » Mittwoch 2. Juli 2014, 12:10

Wettbewerbsrecht


OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.01.2014, Az. 6 W 62/13

(...) Hat der Unterlassungsgläubiger eine Abmahnung mit Einschreiben und Rückschein an den Schuldner abgesandt, welchen die Abmahnung aber deshalb nicht erreicht hat, weil die Sendung wegen der Abwesenheit des Schuldners niedergelegt und innerhalb der Abholfrist nicht abgeholt worden ist, ist dem Gläubiger ein weiterer Abmahnversuch grundsätzlich nicht zuzumuten; der Schuldner kann sich in diesem Fall daher nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 93 ZPO berufen. (...)

Quelle: openJur.de

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9515 Beitrag von Steffen » Mittwoch 2. Juli 2014, 13:02

AG Braunschweig
vom 27.06.2014 (Az. 119 C 162/14):
Klage Schulenberg und Schenk für
G&G Media Foto-Film GmbH
abgewiesen






Autor:

Bild
Rechtsanwalt Kai Jüdemann


Jüdemann Rechtsanwälte - Kanzlei in Berlin
Welserstr. 10-12
10777 BERLIN
Telefon: 030 69 04 15 15
Fax: 030 69 13 652
kanzlei@ra-juedemann.de
http://www.ra-juedemann.de

Quelle: http://www.ra-juedemann.de

Link: http://www.ra-juedemann.de/urheberrecht ... bgewiesen/

..................

Das AG Braunschweig hat am mit Urteil vom 27. Juni 2014 eine Klage der Hamburger
Kanzlei Schulenberg und Schenk für die G&G Foto-Film GmbH abgewiesen. Geklagte wurde
wegen einer Urheberrechtsverletzung auf Schadenersatz und Ersatz von
Rechtsanwaltskosten. Der Anschlussinhaber war nicht zu Hause, die Ehefrau und der
Sohn hatten beide Zugriff. Dies reichte aus, die Vermutung zu erschüttern, dass der
Anschlussinhaber auch Täter ist. Eine Störerhaftung bestand nicht, da eine allgemeine
Kontrollpflicht gegenüber Familienmitgliedern nicht besteht. Das Urteil ist nicht
rechtskräftig.


...................


Amtsgericht Braunschweig Verkündet am 27.06.2014

119 C 162/14


Im Namen des Volkes Urteil


In dem Rechtsstreit ...

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

...

Beklagter

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Kai Jüdemann, Weiser Straße 10-12, 10777 Berlin

hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 23.05.2014 durch
die Richterin am Amtsgericht "..." für Recht erkannt:
  • 1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 14.03.2014 wird
    aufrechterhalten und die Klage abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v.
110 des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe.


Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz und Abmahnkosten nach
Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist Herstellerin und Inhaberin aller Rechte am Film "Inzest 12". Sie
beauftragte die Firma Smaragd Service AG u.a. mit der Überwachung des o.g. Titels im
Internet. Diese stellte fest, dass das Filmwerk der Klägerin am 25.01.2010 um
13:57:04 Uhr und 18:40:23 Uhr durch den Nutzer einer bestimmten IP-Adresse mittels
einer Filesharingsoftware zum Download bereitgestellt wurde. Die Klägerin ermittelte
im Fortgang, dass die IP-Adresse, von der der unerlaubte Upload erfolgte, dem
Internetanschluss des Beklagten zugeordnet ist. Sie ließ daraufhin den Beklagten
anwaltlich abmahnen und forderte ihn u.a. zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Nach erfolgloser Abmahnung verfolgt
die Klägerin mit ihrer Klage Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR wegen des
unerlaubten Uploads nach Urheberrecht sowie den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von
859,80 EUR.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe den unerlaubten Upload vorgenommen. Die
IP-Adresse sei richtig ermittelt worden. Sie meint, der Beklagte hafte jedenfalls
nach den Regeln des Anscheinsbeweises sowie als Störer. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 14.03.2014 erschien für die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung
niemand, sodass antragsgemäß ein klagabweisendes Versäumnisurteil erging. Gegen
dieses Versäumnisurteil, welches der Klägerin am 21.03.2014 zugestellt wurde, legte
die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.04.2014, Eingang am 04.04.2014, Einspruch ein.
Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom
14.03.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.000,00 EUR sowie
außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 859,00 EUR jeweils zuzüglich Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom
14.03.2014 aufrechtzuerhalten, den Einspruch zurückzuweisen sowie die Klage endgültig
abzuweisen. Er behauptet, am Tattag infolge Arbeitstätigkeit nicht zuhause gewesen zu
sein. Sein Computer sei während seiner Abwesenheit ausgeschaltet gewesen. Im Übrigen
habe auch seine Ehefrau Zugriff auf das Internet des einzigen PC, der - unstreitig -
durch ein nutzereigenes Passwort und ein ausreichendes Verschlüsselungsprotokoll
gesichert ist. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.06.2014 trägt der Beklagte vor,
auch sein Sohn habe zum Tatzeitpunkt Zugriff auf seinen PC gehabt.


Entscheidungsgründe

Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig
vom 14.03.2014 ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

IDie Klägerin kann von dem Beklagten keinerlei Schadensersatz wegen eines unerlaubten
Uploads verlangen. Auch wenn man unterstellt, dass die Ermittlungen der Klägerin zur
IP-Adresse des Urheberrechtsverletzters zutreffend sind, kann im Ergebnis nicht
festgestellt werden kann, dass der Beklagte persönlich den ihm zur Last gelegten
Upload vorgenommen hat oder daran beteiligt war. Dies wäre jedoch für seine Haftung
als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung nach den §§ 97, 97 a UrhG
erforderlich.

Der Klägerin ist zwar insofern Recht zu geben, als den Inhaber eines
Internetanschlusses, von dem aus ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne
Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden ist, eine sekundäre
Darlegungslast trifft, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die
Rechtsverletzung begangen (vgl. BGH I ZR 121/08). Dieser sekundären Darlegungslast
ist der Beklagte vorliegend jedoch nachgekommen.

Der Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, zum fraglichen Zeitpunkt infolge
Arbeitstätigkeit nicht zuhause gewesen zu sein. Sein Computer, auf den die Ehefrau
und sein Sohn ebenfalls Zugriff haben, sei ausgeschaltet gewesen und durch ein
nutzereigenes Passwort sowie ein ausreichendes Verschlüsselungsprotokoll gesichert.
Diesen Vortrag, der die persönliche Rechtsverletzung des Beklagten oder seine
Beteiligung daran ausschließt, hat die Klägerin unbestritten gelassen. Auch die
Abmahnkosten kann die Klägerin nicht ersetzt verlangen, da sie den Beklagten auch
nicht als Störer auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Als Störer kann bei der
Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne
Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal
zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über
Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, ist die Verletzung von Prüfpflichten
Voraussetzung.

Dabei kommt es auch darauf an, inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach
den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. So ist der private WLAN-Anschlussinhaber
verpflichtet, seinen Anschluss durch zumutbare und angemessene Sicherungsmaßnahmen
gegen die missbräuchliche Nutzung durch Außenstehende zu sichern (vgl. BGH a.a.O.
m.w.N.).

Auch haftet der Inhaber eines Internetanschlusses grundsätzlich nicht als Störer auf
Unterlassung, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen
Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber
konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung
erforderlichen Maßnahmen ergreifen (BGH I ZR 169/12). Der Beklagte hatte seinen PC -
unstreitig - durch ein ausreichendes Verschlüsselungsprotokoll und ein nutzereigenes
Passwort gegen Zugriff von außen gesichert.

Ob er daneben auch besondere Sicherungsmaßnahmen gegen eine missbräuchliche Nutzung
durch volljährige Familienmitglieder ergriffen hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt
nicht. Eine Verpflichtung dazu hatte der Beklagte aber auch nicht. Die Klägerin hat
nicht vorgetragen, dass und wenn ja welche konkreten Anhaltspunkte der Beklagte für
eine missbräuchliche Nutzung des Anschlusses durch seine Ehefrau in der Vergangenheit
gehabt hätte. Auf den Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes vom 10.06.2014 kommt es
danach nicht mehr entscheidungserheblich an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9516 Beitrag von Steffen » Donnerstag 3. Juli 2014, 12:09

Das Motto von AW3P lautet: Information - Hilfe und Aufklärung. Getreu dem Motto möchte ich meiner erzieherischen Aufklärungspflicht nachkommen.

Liebe Leute,

“Waldmeister“ ist, wie die bayrische Kanzlei “Härlein + Kollegen Rechtsanwälte“ informiert, kein zulässiger Vorname. Eltern dürfen ihrem Kind diesen Vornamen nicht geben!

Der 1. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen entschied mit Beschluss vom 20.06.2014 - Az. 1 W 19/14, dass dem Gesetz Normen, die die Zulässigkeit von Vornamen verbindlich regeln (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG, § 1626 BGB, BVerfG - 1 BvR 576/07), zwar nicht zu entnehmen sind. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl sind allerdings Grenzen gesetzt. Da ein Kind den ihm von den Eltern gegebenen Namen grundsätzlich zeitlebens trägt, ihn nicht selbstbestimmt ablegen kann und mit dem Namen auch die Folgen trägt, die aus einem Vornamen der persönlichen Entwicklung eines Menschen drohen können, ist es die Pflicht der Eltern das treuhänderische Recht der Namenswahl im wohl verstandenen Interesse ihres Kindes auszuüben.

Das Wort “Waldmeister“ wird im deutschen Sprachraum unter anderem mit einer Bezeichnung für Speiseeis, einer Geschmacksrichtung in Erfrischungsgetränken, einem Beruf und vor allem mit einer Pflanze assoziiert. Dieser Kontrast der Verwendung des Wortes “Waldmeister“ als bekannte und gewöhnliche Bezeichnung von Sachen einerseits und der überraschenden Verwendung als Vorname andererseits ist der Grund dafür, dass ein solcher Vorname als lächerlich empfunden werden und seinen mit ihm verbundenen Träger lächerlich machen kann.

Darauf, ob “Waldmeister“ oder sein englisches Äquivalent in den Vereinigten Staaten von Amerika als Vorname bereits Verwendung gefunden hat, kommt es nicht an.

Quelle: “Härlein + Kollegen Rechtsanwälte“



Schade, “Waldmeister Heintsch“, das hätte schon was ...

.-:;

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profdrfr
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9517 Beitrag von profdrfr » Donnerstag 3. Juli 2014, 15:55

Und das völlig zurecht, wie kann man denn seinen Kindern so einen Quatsch antun wollen? Einfach unmöglich.
Es gab schon Fälle, da hätten die Standesämter sich ruhig mal auf den Gesetztestext berufen sollen.
Wohlan!

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9518 Beitrag von Steffen » Donnerstag 3. Juli 2014, 23:52

Erfreuliches von der Filesharing-Front:
AG Bielefeld weist Klage der
Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" ab





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Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff


Rechtsanwaltskanzlei Urheberrecht
Landhausstraße 30
69115 Heidelberg
Telefon: 06221/434030
NOTRUFNUMMER BEI ABMAHNUNGEN: 06221 3262121 (auch außerhalb der Geschäftszeiten)
Telefax: 06221/4340325
Email: info@rechtsanwaltskanzlei-urheberrecht.de
Web: www.rechtsanwaltskanzlei-urheberrecht.de


........................


Erfreuliches für alle abgemahnten Internetnutzer. Das Amtsgericht Bielefeld setzt die
Reihe nutzerfreundlicher Gerichtsurteile fort und hat mit Urteil vom 08.05.2014
(Aktenzeichen 42 C 435/13) eine gegen einen Mandanten unserer Kanzlei gerichtete Klage
auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von EUR 2.400,00 sowie Erstattung von
Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.379,80, insgesamt somit EUR 3.779,80 (!) in
vollem Umfang abgewiesen. Die Klage war eingereicht worden durch die Kanzlei "Rasch
Rechtsanwälte", die in der Vergangenheit in recht großem Umfang Filesharing-Abmahnungen
ausgesprochen hatte. Das Amtsgericht Bielefeld verurteilte die Mandantin der Kanzlei
"Rasch Rechtsanwälte", die "Universal Music GmbH", zur Tragung der gesamten
Verfahrenskosten.



"Rasch Rechtsanwälte" Klageabweisung: Der Fall des AG Bielefeld

Unser Mandant hatte von der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" im Jahr 2011 eine Abmahnung
erhalten. Ihm war vorgeworfen worden, das urheberrechtlich geschützte Musikalbum
"Unheilig - Große Freiheit" ohne Zustimmung der Firma "Universal Music GmbH" in einer
Tauschbörse verbreitet zu haben. Gefordert wurde die Abgabe einer
Unterlassungserklärung gegenüber der "Universal Music GmbH" sowie die Zahlung eines
Vergleichsbetrages in Höhe von EUR 1.200,00. Der Mandant gab eine modifizierte
Unterlassungserklärung ab und zahlte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht EUR 100,00 an
die Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte". Es folgten weitere Schreiben, in denen der Mandant
zur Zahlung aufgefordert wurde. Da der Mandant keine weitere Zahlung leistete, erhob
die Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" im Namen der "Universal Music GmbH" Klage vor dem
Amtsgericht Bielefeld. Das Amtsgericht Bielefeld wies die Klage jedoch ab.



"Rasch Rechtsanwälte" AG Bielefeld Klageabweisung: Das Urteil

Wir haben in diesem Verfahren die Rechtsverletzung bestritten und zwar sowohl, dass die
angebliche Verbreitung des Albums "Unheilig - Große Freiheit" überhaupt über den
Anschluss des Mandanten erfolgte, also auch vorsorglich dass der Mandant hierfür in
irgendeiner Weise verantwortlich ist. Neben dem Mandanten hatte auch seine Ehefrau
Zugriff auf den Internetanschluss.

Das Amtsgericht Bielefeld folgte unserer Argumentation und wies die Klage ab. Dies
begründete das Gericht damit, dass die Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" für die "Universal
Music GmbH" nichts dazu vorgetragen hatte, dass der Mandant tatsächlich die behauptete
Urheberrechtsverletzung begangen hat. Das Gericht setzte sich kritisch mit der vom BGH
in der Entscheidung "Sommer unseres Lebens" konstruierten tatsächlichen Vermutung für
eine Täterschaft des Anschlussinhabers auseinander, sofern eine Rechtsverletzung über
seinen Anschluss nachgewiesen wurde. Es gibt nach Ansicht des Amtsgerichts Bielefeld
keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass bei einem Mehrfamilienhaushalt vor allem der
Anschlussinhaber den Anschluss nutzt. Demzufolge gibt es auch keine tatsächliche
Vermutung dahin, dass der Anschlussinhaber für alle Rechtsverletzungen über seinen
Anschluss haftet.

Da hier die Ehefrau den Anschluss nutzte und die angebliche Urheberrechtsverletzung
genauso, wie der Mandant hätte begehen können, wies das Gericht die Klage der "Rasch
Rechtsanwälte" ab und legte der "Universal Music GmbH" die Kosten des Rechtsstreits
auf.



"Rasch Rechtsanwälte" Klageabweisung: Was folgt aus dem Urteil
des AG Bielefeld?


Wir begrüßen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 08.05.2014 natürlich sehr. Das
Urteil steht auch in einer Linie mit dem kurze Zeit später veröffentlichten Urteil des
BGH vom 08.01.2014. Auch der BGH sieht bei derartiger Sachlage keine tatsächliche
Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers. Aus der Sommer unseres Lebens
Entscheidung des BGH hatten zahlreiche Gerichte vor allem in München und Hamburg und
auch Abmahnkanzleien wie "Rasch Rechtsanwälte" immer wieder entnehmen wollen, dass der
Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen als Täter haftet. Er könne dieser Täterhaftung
(und demzufolge einer Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten) allenfalls
entgehen, wenn er einen Dritten als konkreten Täter benennt. Der BGH hat nunmehr
klargestellt, dass er diese Schlussfolgerung mit der Entscheidung "Sommer unseres
Lebens" niemals so ziehen wollte.

Das Amtsgericht Bielefeld hat ganz ähnlich argumentiert, wie kurze Zeit später
(veröffentlicht) der BGH. Insoweit ist diese sehr mutige Entscheidung des Amtsgerichts
Bielefeld sehr lobenswert. Gerade bei den Münchner Gerichten gab es zuvor quasi kaum
eine Chance, als Anschlussinhaber der Täterhaftung zu entgehen. Gedanken der Logik und
abweichende Rechtsansichten wurden als abwegig abgebügelt. Nunmehr kann endlich
festgehalten werden, dass diese Rechtsprechung der Münchener Gerichte selbst als
abwegig und nicht vertretbar bezeichnet werden muss.

Wir erhalten derzeit von der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" zahlreiche Schreiben im
Auftrag der "Universal Music GmbH", in denen eine Vergleichszahlung kurz vor Eintritt
der Verjährung gefordert wird. Anders als vor der aktuellen Rechtsprechung wird von der
Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" nicht mehr statisch auf die Phalanx an Gerichtsurteilen
verwiesen, die für die Abmahnindustrie in früheren Jahren positiv ausgegangen waren.
Dies wäre auch unglaubwürdig. Denn diese Phalanx ist inzwischen stark geschwächt, siehe
die aktuellen Urteile des Amtsgerichts Bielefeld und auch des BGH. Gleichwohl wird eine
Zahlung gefordert mit dem Hinweis, man sei sich sicher, dass man zumindest in einer
gewissen Zahl von Klagen obsiegen und damit einen guten Schnitt machen werde.
Bleibt abzuwarten, ob diese Rechnung aufgeht.


Es lohnt sich jedenfalls in zahlreichen Konstellationen, sich gegen eine solche Klage
zur Wehr zu setzen!


....................................................

Abweisung Klage "Rasch Rechtsanwälte": Das Urteil des AG Bielefeld
im Volltext


....................................................



____________________________________________

Autor: Rechtsanwalt Andreas Ernst Forsthoff
Quelle: www.rechtsanwaltskanzlei-urheberrecht.de
Link: http://www.rechtsanwaltskanzlei-urheber ... 08.05.2014
____________________________________________

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9519 Beitrag von Steffen » Freitag 4. Juli 2014, 10:13

[quoteemWerniman]Wenn die Klage gegen den Anschlussinhaber abgewiesen wird, weil er nicht der einzige Nutzer des Anschlusses war, welche Möglichkeiten verbleiben dann für den Abmahner? Müsste er dann den/die anderen potentiellen Täter abmahnen?[/quoteem]

Achtung: I.M.H.O.!

Das Problem, wenn durch den Anschlussinhaber kein Mitbenutzer namentlich als “Täter“ benannt wird, oder kein Mitbenutzer sich selbst (gar noch schriftlich) als “Täter“ outet, kann der Abmahner gegen diesen Mitbenutzer nicht erfolgreich vorgehen.

Bsp.: AI setzt alle zumutbaren Prüfpflichten (allgemein) gegenüber dem Internetzugang durch, benennt Ehefrau als Mitbenutzerin, hat sie belehrt sowie P2P verboten (ich weiß muss man nicht), keine Kenntnis von UrhR-Verletzungen und aus einer Befragung nach der Abmahnung heraus, wurde der Vorwurf durch die Ehefrau abgestritten.

Dann wurde lebensnah und schlüssig ein weiterer möglicher Geschehensablauf geschaffen. Das bedeutet, einmal wurde der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast gerecht, und die Beweislast liegt beim Abmahner. Dieser muss jetzt -substantiiert- darlegen: wer denn nun!?

Natürlich könnte der Abmahner nach einer Klagezurückweisung den benannten Mitbenutzer (nicht zu verwechseln mit einem benannten “Täter“) abmahnen und bei Weigerung der Forderungen diesen verklagen. Was passiert denn jetzt? Ehefrau gibt keine UE ab, verweigert die Zahlung und sagt im Klageverfahren: AI (Ehemann) wurde die Störer- und Täterhaftung verneint; ich wurde belehrt, P2P verboten, habe den Vorwurf nicht getätigt ... Wie soll denn der Abmahner substantiiert darlegen (beweisen), das die Ehefrau die wahre “Täterin“ ist? Dies geht so nicht und jeder Richter wird das Ding erneut zurückweisen.

.....

Anders, wenn jemand als “Täter“ namentlich benannt wird oder sich gar selbst outet. Dann ist für den Anschlussinhaber bei einer Klageabweisung Schicht im Schacht. Aber der Abmahner kann jetzt vom benannten/geouteten “Täter“ eine UE verlangen und diesen erfolgreich auf deftigen Schadensersatz verklagen. Deshalb reden wir ja gebetsmühlenartig, es sollte kein Mitbenutzer als “Täter“ namentlich präsentiert werden oder sich selbst outen. Außer, der Betreffende ist ein schnurzpiepegal.

.....


VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#9520 Beitrag von Steffen » Freitag 4. Juli 2014, 11:07

Freihof Rechtsanwälte erstreiten positives Urteil
am Amtsgericht München in einem Filesharingverfahren




Freihof Rechtsanwälte - Kanzlei für IP und Medien
Karl-Marx-Allee 85
10243 Berlin
Deutschland
Telefon:030/28505856
E-Mail:info@freihof-law.de
Web: www.freihof-law.de

.........................

Das Amtsgericht München weist Klage der “Tele München Fernseh GmbH & Co. Produktionsgesellschaft“
vertreten durch “Waldorf Frommer Rechtsanwälte“ ab



Urteil des AG München vom 20.06.2014, Az. 233 C 24673713

Freihof Rechtsanwälte erstreiten positives Urteil am Amtsgericht München in einem Filesharingverfahren für
einen Mandanten. Geklagt hat die “Tele München Fernseh GmbH & Co. Produktionsgesellschaft,“, vertreten
durch die Kanzlei “Waldorf Frommer Rechtsanwälte“. Gegenstand der Klage war ein angeblicher Tausch des
Film “Shutter Island“. Die Abmahnung datierte aus dem Jahr 2010.

Unser Mandant war Beklagter und Anschlussinhaber der Internetverbindung, wobei mehrere volljährige Kinder
zum streitgegenständlichen Zeitpunkt im Haushalt wohnten, den Computer mit Internetverbindung nutzten und
anwesend waren.
Die Klägerin beantragte einen angemessenen Schadensersatz in Höhe von 600,00 € sowie 406,00 € Aufwendungs-
ersatz für Abmahnkosten.

Das Gericht sah die sekundäre Darlegungslast auf Beklagtenseite durch den Vortrag, dass zum fraglichen Zeitpunkt
mehrere Personen, die im Haushalt leben Zugriff auf die Internetverbindung hatten als ausreichend an. Daraufhin
hat die Klägerin die Kinder des Beklagten als Zeugen zu der Tatsache vernehmen wollen, dass diese den illegalen
Download nicht begangen haben, dann hätte der Anschlussinhaber weitere Beweise dafür vortragen müssen, dass
er für die Tauschbörsennutzung nicht verantwortlich ist.

Die Kinder jedoch machten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, sodass der Beklagte zur Sache als
Partei vernommen wurde. Im mündlichen Verhandlungstermin hat der Beklagte dann zu dem bereits schriftsätzlich
vorgetragenen möglichen Alternativtäter mündlich vorgetragen.

In dem daraufhin ergangenen Urteil wurde die Klage abgewiesen und die Klägerin zu Kostentragung verurteilt.


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Quelle: www.anwalt.de

Link: http://www.anwalt.de/rechtstipps/freiho ... 60325.html
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