Falle: Schuldübernahmeerklärung
Montag, den 15.11.2010
Immer wieder kann man in den diversen öffentlichen Verbraucherforen nachlesen, das einerseits im Haushalt des abgemahnten Anschlussinhabers
lebende Familienmitglieder sich selbst als einzigen Benutzer des Internetanschlusses benennen, vom abgemahnten Anschlussinhaber benannt werden,
oder anderseits der abgemahnte Anschlussinhaber seine Verantwortung auf das Familienmitglied versucht abzudeligieren, meist mit den Worten:
“Ich habe es Dir immer gewarnt, Du kannst nicht hören, nun kümmere Dich darum!“ Zur Klärung dieser Thematik, wo genau Vorteile oder sogar
Gefahren liegen, habe ich mich mit Rechtsanwalt Dr. Sven J. Mühlberger verabredet.
Kurzes Biogramm
Rechtsanwalt Dr. Sven J. Mühlberger, LL.M. (Recht am geistigen Eigentum)
Dr. Sven J. Mühlberger ist begeisterter Rechtsanwalt. 2006 wurde er von Justizminister Prof. Dr. Goll als einer der besten Absolventen des zweiten
juristischen Staatsexamens in Baden-Württemberg ausgezeichnet. Dr. Mühlberger schrieb seine Doktorarbeit im Marken- und IT-Recht und schloss
den renommierten Masterstudiengang “LL.M. Intellectual Property Law” an der Technischen Universität Dresden und der University of Exeter mit
einer Arbeit zum Thema “Abmahnung bei Filesharing; Auskunftsanspruch und Störerhaftung” ab.
Lehrtätigkeit:
- Lehrbeauftragter für Patent- und Vertragsrecht an der “Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart”.
- Lehrbeauftragter für Werberecht an der “Hochschule für Ökonomie & Management Stuttgart”.
MS Concept Rechtsanwälte GbR
Gewerbestraße 11
71332 Waiblingen
Hotline: 07151/20955-28
Fax: 07151/20955-29
Email:
abmahnung@ms-concept.de
Web:
http://www.abgemahnt-hilfe.de
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SH: Sehr geehrter Herr Dr. Sven J. Mühlberger. Vielen dank, dass Sie Zeit gefunden haben, für die Beantwortung und Klarstellung einiger ausgewählter
Probleme des Abmahnwesens. Immer wieder ist zu lesen oder zu hören, dass Anschlussinhaber mit Erhalt des Abmahnschreibens, aus welchen Gründen
auch immer, zwar eine mod. UE abgibt, aber in einem Zusatzschreiben, einen anderen als alleinigen Internetzugangsbenutzer benennt. Ist es ratsam,
zum jetzigen Stand der Abmahnung (Abgabe mod. UE) einen anderen, sagen wir vorsichtig ausgedrückt, als einzigen Internetnutzer zu benennen und
sich zu verstecken hinter fehlenden technischen Kenntnissen. Was gilt es, allgemein zu beachten?
Dr. Sven J. Mühlberger: Guten Tag Herr Heintsch. Ich nehme mir die Zeit immer wieder gerne.
Zu Ihrer Frage:
Nein. Es macht keinen Sinn. Der Internetanschlussinhaber sieht sich bei einer Abmahnung regelmäßig drei Ansprüchen ausgesetzt. Erstens: Anspruch
auf zukünftige Unterlassung der behaupteten Urheberrechtsverletzung (§ 97 Abs. 1 UrhG). Zweitens Anspruch auf Schadensersatz (§ 97 Abs. 2 UrhG).
Drittens Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten (§ 97a UrhG).
Durch Abgabe der modifizierten Unterlassungserklärung hat der Anschlussinhaber in dem von Ihnen skizzierten Fallbeispiel den Unterlassungsanspruch
bereits ausgeräumt. Der Schadensersatzanspruch ist gegen den bloßen Anschlussinhaber nicht ohne weiteres durchsetzbar. Vorliegend muss sich der
Abmahnungs-Betroffene also jedenfalls noch mit den Kosten der Abmahnung auseinandersetzen. Diese Kosten versucht er durch Benennung des Dritten
als ausschließlichen Internet-Nutzer und dem Hinweis auf fehlende technische Kenntnisse abzuwälzen.
Was viele Anschlussinhaber dabei aber vergessen: Der Anschlussinhaber haftet nicht anstelle des tatsächlichen Verletzers, sondern neben dem Verursacher.
Durch den Hinweis auf den ausschließlichen Internet-Nutzer kommt der Anschlussinhaber also nicht frei. Vielmehr gewinnt der Abmahner u.U. noch
einen zweiten Schuldner hinzu.
Auch der Hinweis auf fehlende technische Kenntnisse ist nicht erfolgsversprechend. Die Rechtsprechung nimmt hierauf regelmäßig keine Rücksicht. Wer
eine Gefahrenquelle unterhält, so die Kernaussage der Rechtsprechung, der ist auch dazu verpflichtet, zumutbare Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um
Dritte vor Schaden zu bewahren. Auf das Fallbeispiel übertragen bedeutet das, dass der Anschlussinhaber zumutbare geeignete Sicherungsvorkehrungen
treffen muss, um illegales Filesharing zu verhindern, bzw. zu erschweren. Wir Anwälte streiten uns dann über die Frage der Geeignetheit und der
Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen. Der Einwand, man habe Sicherungsvorkehrungen gänzlich unterlassen aufgrund fehlender technischer
Kenntnisse ist in diesem Zusammenhang nicht zielführend.
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SH: Es sind Fälle bekannt, wo der Abgemahnte versucht seine Verantwortung abzudeligieren, auf ein im Haushalt lebendes und das Internet mit benutzendes
Familienmitglied. Meist mit den Worten: “Bub, ich habe es Dir immer gesagt, jetzt kümmre Dich mal schön alleine darum!“ In einigen Fällen scheinen die
Internetnutzer sogar noch minderjährig zu sein. Muss denn der Abgemahnte die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung selbst unterschreiben
oder kann es auch der Bub? Nach der Devise, egal, Hauptsache die bekommen irgendeine UE!
Dr. Sven J. Mühlberger: Die klare Antwort lautet wieder nein. Keinesfalls sollte ...
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