Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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LG Oldenburg, Az.5 O 1459/16

#5821 Beitrag von Steffen » Freitag 14. Juli 2017, 00:05

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Landgericht Oldenburg bestätigt in Unterlassungsklageverfahren volle Haftung der geständigen Ehefrau des Anschlussinhabers in einem Filesharing Verfahren


00:02 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In dem zunächst gegen den Anschlussinhaber geführten Verfahren wegen illegaler Tauschbörsenangebote zweier Filmwerke vor dem Amtsgericht Oldenburg reichte dieser zu seiner Entlastung ein schriftliches Geständnis seiner Ehefrau ein.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sinhabers/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 459_16.pdf





Autor:

Rechtsanwalt David Appel



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Der wesentliche Inhalt des schriftlichen Geständnisses der Ehefrau lautete wie folgt:

"Vom [...] bis [...] befand sich mein Mann auf einem Motorradtreffen in Thüringen [...]. Trotz seiner Belehrung habe ich am [...] die in der Klage genannten Filme für den Privatgebrauch heruntergeladen."


Da eine gütliche Beilegung der Angelegenheit mit Abgeltung der Ansprüche auch gegenüber der Ehefrau in dem amtsgerichtlichen Rechtsstreit nicht erzielt werden konnte, wurde die Klage gegen den Anschlussinhaber zurückgenommen.

In der Folge wurde die Ehefrau aufgrund der geständigen Einlassung abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, sowie zur Zahlung des entstandenen Lizenzschadens, der Kosten der Abmahnung gegenüber ihrem Ehemann sowie der weiteren Kosten ihrer eigenen Abmahnung aufgefordert.

Die Ehefrau jedoch verweigerte jegliche Erfüllung der Ansprüche, weshalb sie im Folgenden vor dem Landgericht Oldenburg auf Unterlassung und Zahlung in Anspruch genommen wurde.

Im Rahmen des Verfahrens revidierte die beklagte Ehefrau sodann ihr zuvor abgegebenes Geständnis und stützte ihre Verteidigung auf widersprüchliche Schutzbehauptungen. So behauptete sie u.a., einen der beiden streitgegenständlichen Filme lediglich "von einer ganz normalen 'Rechner-DVD' angesehen zu haben bzw. durch einen korrekten Download von irgendeiner Internetseite."


Das Landgericht Oldenburg fand zu diesem prozessualen Vortragsverhalten der beklagten Ehefrau deutliche Worte:

"Die Beklagte haftet in jedem Fall für den geltend gemachten Lizenzschadenersatz und die außergerichtlichen Kosten durch Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegenüber dem Inhaber des Internetanschlusses.

a) Sollte ihre Erklärung vom 19.02.2015 im Vorprozess (Az 1 C 1016/15 (XX) Amtsgericht Oldenburg) der Wahrheit entsprochen haben, ergibt sich ein Haftungsgrund aus einer Urheberrechtsverletzung.

Im Hinblick auf die Aktualität der Filme zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung und das große Interesse an den Filmen (hochkarätige Besetzung) erachtet die Kammer den geltend gemachten Lizenzschaden in Höhe von 2.000 EUR als angemessen.

Zum kausalen Schaden, den ein Haushaltsangehöriger, der nicht Anschlussinhaber ist; durch seine Urheberrechtsverletzung verursacht hat, gehören auch die Kosten der Abmahnung des Anschlussinhabers.

b) Andernfalls ergibt sich ein Haftungsgrund daraus, dass die Beklagte im Vorprozess in ihrer schriftlichen Erklärung vom 19.02.2015 falsche Angaben gemacht, die Klägerin dadurch irrtumsbedingt zur Klagerücknahme im Vorprozess veranlasst hat und die Klägerin im Vorprozess deshalb ihren Lizenzschaden und die außergerichtlichen Kosten gegenüber dem Anschlussinhaber nicht realisieren konnte."



Um einer vollumfänglichen Verurteilung zu entgehen, stimmte die Beklagte letztendlich dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zu. Die Beklagte hat sich mit diesem Vergleich zur Zahlung des gesamten Lizenzschadens in Höhe von 2.000,00 EUR und der Kosten der ursprünglichen Abmahnung gegenüber dem Anschlussinhaber in Höhe von 666,00 EUR sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits in Höhe von mehreren tausend Euro verpflichtet.







LG Oldenburg, Beschluss vom 28.03.2017, Az.5 O 1459/16



(...) - Abschrift -



Landgericht
Oldenburg

Beschluss




5 O 1459/16



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf und Partner, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt [Name], 26721 Emden,





hat das Landgericht Oldenburg - 5. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name] und die Richterin am Landgericht [Name] am 28.03.2017


beschlossen:



I.

Es wird gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass die Prozessparteien durch ihre übereinstimmenden Erklärungen vom 28.03.2017 folgenden


Vergleich


geschlossen haben und der Prozess damit beendet ist:


1. Die Beklagte verpflichtet sich, es zu unterlassen, die Werke

[Name], Film

[Name], Film


oder Teile daraus über Tauschbörsen im Internet öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen.

2. Die Beklagte verpflichtet sich, für jeden Fall der schulhaften Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 eine Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen, deren Höhe durch die Klägerin nach billigem Ermessen bestimmt wird und im Streitfall gerichtlich überprüft werden kann.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin einen Schadenersatz in Höhe von 2.666,00 EUR zu zahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs.

5. Damit sind erledigt sämtliche Ansprüche aus diesem Rechtsstreit sowie aus der Urheberrechtsverletzung vom [Datum].



II.

Der Streitwert einschließlich des Vergleichswertes wird festgesetzt auf 17.666,00 EUR (s. Beschluss vom 05.07.2016).


[Name],
Vorsitzender Richter am Landgericht

[Name],
Richter am Landgericht

[Name],
Richterin am Landgericht
(...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Oldenburg, Beschluss vom 28.03.2017, Az.5 O 1459/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
widersprüchliche Schutzbehauptungen,
Vergleich,
Täter verweigert Unterlassung

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Steffen
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AG München, Az. 231 C 25600/16

#5822 Beitrag von Steffen » Samstag 15. Juli 2017, 00:26

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht München verurteilt Anschlussinhaberin wegen unzureichender Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren (Untervermietung)


00:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. In dem genannten Verfahren wandte die verklagte Anschlussinhaberin ein, sie verfüge nicht über die technischen Fähigkeiten zur Nutzung einer Tauschbörse und habe sich zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch nicht zu Hause aufgehalten. Ihr Laptop, mit welchem sie ihren Internetanschluss genutzt habe, sei zudem ausgeschaltet gewesen.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

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https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... verfahren/



Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 600_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Als Täter käme daher lediglich die damalige Untermieterin oder deren Lebensgefährte in Betracht, die zur Verletzungszeit vermutlich in der Wohnung anwesend gewesen seien. Da die Beklagte das Abmahnschreiben als Betrugsversuch wertete, habe sie zunächst jedoch keine Nachforschungen angestellt. Als ihr später die Ernsthaftigkeit der Abmahnung bewusst geworden sei, sei die Untermieterin bereits zurück ins Ausland verzogen. Eine nachträgliche Kontaktaufnahme sei der Beklagten nicht mehr möglich gewesen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts München konnte die Beklagte mit diesem Vorbringen ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügen. Insbesondere sei die Beklagte nicht im Rahmen des Zumutbaren den ihr obliegenden Nachforschungspflichten nachgekommen. Dies nicht nur im Hinblick auf ihre eigene Verantwortlichkeit, sondern gerade auch in Bezug auf die Untermieterin. So fehlte es nach Ansicht des Gerichts an jeglichen Anhaltspunkten, welche eine Täterschaft der Untermieterin tatsächlich und ernsthaft nahegelegt hätten.

"Die Beklagte hat insoweit lediglich deren Namen offenbart, darüber hinaus jedoch keine Details preisgegeben, die eine Täterschaft dieser Person für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nahelegen würde. Insbesondere hat sie diese weder zur Begehung der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung befragt, noch hat sie deren internetfähige Endgeräte untersucht. "


Es sei insoweit auch nicht glaubwürdig, dass der Beklagten keine weiteren Nachforschungen möglich gewesen sein sollen.

"Die Beklagte trägt nicht substantiiert dazu vor, dass sie bei Erhalt der zweiten Abmahnung zumindest versucht hat, diese Person noch zu kontaktieren und diese zur Urheberrechtsverletzung zu befragen. Dass sie hierzu keinerlei Möglichkeit hatte, ist von der Beklagten schon nicht glaubwürdig vorgetragen. Entsprechender Vortrag wäre zudem auch erheblich unglaubwürdig."


Soweit die Beklagte das zugrundeliegende Abmahnschreiben fälschlicherweise als Betrugsversuch wertete, so gehe dies allein zu ihren eigenen Lasten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, da für diese Annahme keine objektiven Gründe vorgelegen haben.

"Die Abmahnung genügt den insoweit geltenden gesetzlichen Anforderungen und erweckt aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht im Geringsten den Anschein dafür, illegitimen Ursprungs zu sein. Dass die Beklagte aus ihrer subjektiven und möglicherweise im Hinblick auf das geltende Urheberrecht unerfahrenen Sicht die Abmahnung als illegal eingestuft hat, kann sie vorliegend nicht entschuldigen."


Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher vollumfänglich zur Zahlung des Schadensersatzes, der Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.








AG München, Urteil vom 09.06.2017, Az. 231 C 25600/16





(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht München



Az.: 231 C 25600/16



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 80634 München,



wegen Forderung



erlässt das Amtsgericht München durch den Richter [Name] am 09.06.2017 aufgrund des Sachstands vom 08.06.2017 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes


Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.10.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz und Aufwendungsersatz wegen des öffentlichen Zugänglichmachens eines Musikalbums.

Die Klägerin ist Inhaberin des Vervielfältigungsrechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Musikalbums [Name] des Künstlers [Name] in Deutschland.

Am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr wurde das Musikalbum [Name] des Künstlers [Name] vom Internetanschluss der Beklagten aus öffentlich zugänglich gemacht. Die Beklagte lebte zu diesem Zeitpunkt in einer Dreizimmerwohnung, die sie gemeinsam mit ihren nunmehrigen Ehemann bewohnte.

Mit Schreiben vom [Datum] mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte hielt dieses Schreiben für einen Betrug, eine Mogelei bzw. ein Erschleichen von Zahlungen (Bl. 66 d.A.) und betrachtet es als Fälschung. Nachforschungen zum Hintergrund bzw. der Ursache der Urheberrechtsverletzung stellte sie zunächst nicht an. Erst nach Erhalt des zweiten Schreibens vom [Datum] holt die Beklagte anwaltlichen Rat ein. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Beklagte in der Folge nicht ab.

Die Klägerin behauptet,
die Beklagte habe das streitgegenständliche Werk öffentlich zugänglichgemacht.

Die Klägerin ist der Auffassung,
für das ihr Urheberrecht verletzende öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Werks sei ein Schadensersatz berechnet nach denen Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von 600,00 EUR angemessen. Da ein legales Lizenzmodell für Tauschbörsen nicht existiere, müsse man von einem fiktiven Lizenzmodell speziell für Tauschbörsenangebote ausgehen. Hierbei sei insbesondere die mögliche lawinenartige Weiterverbreitung des Werks zu berücksichtigen, so dass eine angemessene Tauschbörsenlizenz allein für ein einziges Werk mehrere Tausend Euro betragen müsste. Sie ist weiter der Auffassung, für die vorgerichtlich ausgesprochene Abmahnung habe sie einen Anspruch auf Aufwendungsersatz berechnet aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.10.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.10.2015 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet im Wesentlichen,
sie sei für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich. Sie habe weder zum streitgegenständlichen Zeitpunkt noch zu einem anderen Zeitpunkt das streitgegenständliche Musikalbum über das Internet öffentlich zugänglich gemacht. Das Musikalbum habe sich auch zu keinem Zeitpunkt auf ihrem Computer befunden. Sie sei eine gelegentliche Internetnutzerin. Zu technischen Vorgängen wie der Benutzung von Tauschbörsen sei sie nicht in der Lage. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt habe sie sich, wie jeden Sonntag, gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Weg zur polnischen Messe in der St. Josephs Kirche am Josephsplatz in München befunden. Diese Messe beginne stets um 12:00 Uhr. Sie verlasse das Haus deshalb stets zwischen 11:00 Uhr und 11:15 Uhr. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung sei der Laptop abgeschaltet und das Zimmer, in dem sich der Laptop befunden habe, abgeschlossen gewesen. Das dritte Zimmer der Wohnung habe sie an ständig wechselnde Untermieter vermietet. Schriftliche Mietverträge habe sie dabei jedoch nicht abgeschlossen. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt sei das Zimmer an Frau [Name] vermietet gewesen. Diese habe im Zeitraum [Zeitraum] vom Besuch von ihrem Freund Herrn [Name] gehabt. Das erste Abmahnschreiben sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Untermieterin noch bei der Beklagten wohnte (Bl. 84 d.A.). Als die Beklagte das zweite Abmahnschreiben erhalten hatte, sei Frau [Name] jedoch bereits wieder nach Polen zurückgekehrt gewesen. Eine Kontaktaufnahme sei dann nicht mehr möglich gewesen.

Die Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung,
sie habe im Verfahren ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Sie sei nicht als Täterin für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich. Die Abmahnung der Klägerin sei unwirksam. Zudem sei der für die vorgerichtliche Abmahnung angenommene Gegenstandswert von 10.000,00 EUR unangemessen hoch.


Die Parteien haben am 07.04.2017 bzw. am 10.04.2017 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.


Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2017 Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.



I.

Die Klage ist zulässig. Das angegangene Gericht ist nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG bzw. §§ 12, 13 ZPO sachlich und örtlich zuständig.



II.

Die Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG und auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR gemäß § 97a Abs. 2 S. 1 UrhG a.F.


a)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG. Die Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums schuldhaft verletzt.


aa)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am streitgegenständlichen Musikalbum nach §§ 85 Abs. 1, Abs. 2, 31 Abs. 3 UrhG.


bb)

Die Beklagte hat das exklusive Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des geschützten Musikalbums (im Folgenden auch: das geschützte Werk) nach
§§ 85 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 31 Abs. 3 UrhG bzw. § 19a UrhG verletzt.


i)

Das geschützte Musikalbum wurde mittels einer Filesharing-Software über den Anschluss der Beklagten zum Upload angeboten, was als öffentliche Zugänglichmachung einzuordnen ist.


ii)

Die zutreffende Ermittlung der IP-Adresse und deren Zuordnung zu ihrem Internetanschluss sind durch die Beklagte unstreitig gestellt worden.



iii)

Soweit die Beklagte einwendet, dass eine Urheberrechtsverletzung nicht vorliege, weil das Musikalbum möglicherweise nicht vollständig, sondern - wie bei Tauschbörsen der Fall - lediglich wenige Minuten und damit nur in Teilen öffentlich zugänglich gemacht worden sein könnte, geht dieser Vortrag in rechtlicher Hinsicht fehl. Auch das öffentliche Zugänglichmachen einzelner Teile eines geschützten Werks genügt für die Verwirklichung einer Urheberrechtsverletzung im Hinblick auf das gesamte geschützte Werk (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 - Tauschbörse I; OLG Köln, Beschluss vom 20.4.2016 - 6 W 37/16; GRUR-RR 2016, 399). Es bedurfte daher in diesem Punkt keiner weiteren Ausführungen der Klageseite oder Feststellungen durch das Gericht.



cc)

Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über den Anschluss der Beklagten fest, wie hier, besteht eine tatsächliche Vermutung, dass die Beklagte als Anschlussinhaberin für die über ihren Anschluss begangene Rechtsverletzung persönlich verantwortlich ist.


i)

Die Klägerin als Anspruchstellerin trägt zwar die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Beklagte für die Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, mithin der Beklagten, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage muss sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sog. sekundären Darlegungslast erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Anspruchstellerin unbekannt sind. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016, Az. 1 ZR 154/15 - Afterlife; BGH, Beschluss vom 30.03.2017, Az. 1 ZR 19/16 - Loud (zit. nach BGH-Pressemitteilung vom 30.03.2017)). Insbesondere ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber zum konkreten Nutzungsverhalten oder zum Vorhandensein von Filesharing-Software auf dem Computer beziehungsweise zu auffindbaren Spuren des streitgegenständlichen Werks auf dem Computer aller Personen vorträgt, die zum Tatzeitpunkt Zugriff auf seinen Internetanschluss hatten (BVerfG, Beschluss vom 23. September 2016, Az. 2 BvR 2193/15; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, Az. I ZR 75/14 - Tauschbörse II). Erst wenn der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast entspricht, ist es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der beklagten Partei als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.


ii)

Der nach diesen Grundsätzen auf Seiten der Beklagten liegenden sekundären Darlegungslast ist diese im Verfahren nicht gerecht geworden. Es spricht deshalb weiterhin eine tatsächliche Vermutung für ihre Täterschaft. Aus der zitierten BGH-Rechtsprechung ergibt sich klar, dass nur für den Fall, dass der Anschlussinhaber der sekundären Darlegungslast genügt, es wieder am Anspruchsteller, hier mithin der Klägerin, ist, die für die täterschaftliche Begehung maßgeblichen Umstände darzulegen und zu beweisen.


iii)

Ob die Behauptung der Beklagten, dass sie sich zum streitgegenständlichen Zeitpunkt in der Kirche befunden hat und ihr Laptop ausgeschaltet in einem verschlossenen Raum untergebracht war, tatsächlich zutrifft, erscheint zweifelhaft, kann jedoch dahinstehen. So ist der entsprechende Vortrag der Beklagten erst nach der mündlichen Verhandlung erfolgt, in der das Gericht die Beklagte darauf hingewiesen hat, aus welchen Gründen sie ihrer sekundären Darlegungslast bislang nicht gerecht geworden ist. Zuvor hatte die Beklagte lediglich vage Angaben zu einem "wahrscheinlichen" Szenario gemacht. Nach den gerichtlichen Hinweisen hatte die Beklagte dann jedoch plötzlich sichere Kenntnis davon, dass sie ihren Laptop ausgeschaltet und das entsprechende Zimmer abgeschlossen hatte.

Auf das Zutreffen dieses Vortrags kommt es jedoch nicht streitentscheidend an. Eine entsprechende Beweiserhebung kann unterbleiben. Denn die Beklagte wird der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast bereits anderweitig nicht gerecht.


iv)

Die Beklagte hat schon nach ihrem eigenen Vortrag nicht im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen über die Umstände der möglichen Urheberrechtsverletzung angestellt.


(1)

Die Beklagte hat im Hinblick auf ihre eigene Sphäre nicht im für die Erfüllung der sekundären Darlegungslast erforderlichen Maße zu den erfolgten Nachforschungen im Zusammenhang mit den Umständen der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung vorgetragen.


(a)

Die Beklagte trägt lediglich vor, sie habe ihren Laptop und den Laptop ihres jetzigen Ehemannes nach der streitgegenständlichen (wohl: torrent-) Datei untersucht (Bl. 67 d.A.), diese jedoch nicht gefunden. In welcher Weise und wann sie diese Untersuchung vorgenommen hat, trägt die Beklagte nicht vor. Zur ebenfalls erforderlichen Untersuchung auf das Vorhandensein von Filesharing-Software auf den jeweiligen Laptops und den Ergebnissen dieser Untersuchung hat die Beklagte im Verfahren nichts vorgebracht.


(b)

Insbesondere fehlt auch jeder Vortrag zu Nachforschungen bezüglich der damaligen angeblichen Untermieterin der Beklagten, Frau [Name] und deren Freund, Herrn [Name]. Die Beklagte hat insoweit lediglich deren Namen offenbart, darüber hinaus jedoch keine Details preisgegeben, die eine Täterschaft dieser Personen für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nahelegen würden. Insbesondere hat sie diese weder zur Begehung der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung befragt noch hat sie deren internetfähige Endgeräte untersucht. Die Beklagte trägt nicht substantiiert dazu vor, dass sie bei Erhalt der zweiten Abmahnung zumindest versucht hat, diese Personen noch zu kontaktieren und diese zur Urheberrechtsverletzung zu befragen.

Dass sie hierzu keinerlei Möglichkeit hatte, ist von der Beklagten schon nicht vorgetragen. Entsprechende Vortrag wäre zudem auch erheblich unglaubwürdig. Die Beklagte trägt lediglich vor, sie habe nach Erhalt der Abmahnung wegen des Auszugs der Untermieterin diese nicht mehr befragen können. Eine Adresse in Polen sei ihr nicht bekannt. Die Beklagte beschreibt damit jedoch nicht erschöpfend jegliche Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Die 1976 geborene Beklagte (Bl. 6 d.A.) muss nach allgemeiner Lebenserfahrung über eine persönliche Befragung oder eine postalische Kontaktierung hinaus, noch mindestens eine andere Möglichkeit gehabt haben, mit der Untermieterin in Kontakt zu treten. Als am Naheliegendsten kommen hierfür eine Kontaktaufnahme über die Mobilfunknummer bzw. über WhatsApp, über soziale Netzwerke (etwa über Facebook), über E-Mail oder über einen Messenger (etwa über Skype), in Betracht. Nach der Lebenserfahrung muss die Untermieterin mit der Beklagten in irgendeiner Weise vor Beginn des Untermietverhältnisses in Kontakt getreten sein, um überhaupt einzuziehen oder auch nur um einen Termin der Schlüsselübergabe abstimmen zu können. Es ist zudem lebensfern davon auszugehen, dass die Beklagte mit der Person, die nach ihrem eigenen Vortrag über drei Monate in ihrer Wohnung gelebt haben soll, in keiner anderen Weise als durch ein persönliches Treffen hätte Kontakt aufnehmen können. Der Beklagten war ferner bekannt, dass die Untermieterin Skype verwendet hat (Bl. 66 d.A.). Auf einem dieser Weg hätte sich die Beklagte also auch nach dem Wegzug der Untermieterin um eine Kontaktaufnahme bemühen können und müssen.

Auch der im Schriftsatz vom 02.06.2017 noch nachgeschobene Vortrag ändert an dieser Einschätzung nichts. Die Beklagte trägt dort lediglich vor, sie habe versucht, "die Untermieterin über die Sozialmedien und sonstige Internetrecherche [...] zu finden". Genauere Angaben dazu macht sie, wie auch im übrigen Verfahren; nicht. Der entsprechende Vortrag ist damit schon zu unsubstantiiert, als dass er vom Gericht zugunsten der Beklagten gewürdigt werden könnte. Er führt auch insbesondere nicht zu einer Erfüllung der sekundären Darlegungslast. Es hätte konkreter Angaben über die tatsächlich unternommenen Bemühungen zur Erfüllung der Nachforschungspflicht bedurft, etwa im Hinblick auf Art und Weise, sowie Zeitpunkt und konkretes Ergebnis der Kontaktaufnahmeversuche.


(c)

Gegen die Annahme, dass nunmehr keine Kontaktaufnahme mehr möglich ist, spricht weiterhin, dass die Beklagte den genauen Vor- und Nachnamen des Freundes der Untermieterin kennt, obwohl dieser nach ihrem Vortrag lediglich acht Tage in der Wohnung der Beklagten verbracht hat. Zu dem selben Schluss führt, dass die Beklagte auch nach über vier Jahren noch die genauen Tage kennt, an denen dieser Freund in die Wohnung gezogen bzw. aus dieser wieder ausgezogen ist. Dieser im Blick auf die sekundäre Darlegungslast durchaus substantiierte Vortrag lässt das Vorbringen, dass nunmehr keinerlei Kontaktaufnahme möglich sein soll, unglaubwürdig erscheinen.


(2)

Unabhängig davon, ob ihr eine Nachforschung bei ihrer Untermieterin nach Erhalt der zweiten Abmahnung noch möglich gewesen wäre, hat die die Beklagte ihren Nachforschungspflichten im Zusammenhang mit der Urheberrechtsverletzung bereits bei Erhalt des ersten Abmahnschreibens nicht genügt, bzw. im Rahmen des Verfahrens nicht ausreichend zur Erfüllung dieser Pflichten nach Erhalt des ersten Schreibens vorgetragen. Dass ihr die Nachforschung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sein will, kann die Beklagte daher nicht entlasten.


(a)

Nach Erhalt der Abmahnung vom [Datum] war die Untermieterin nach Vortrag der Beklagten noch bei der Beklagten wohnhaft (Bl. 84 d.A.), hätte also ohne Schwierigkeiten, wie erforderlich, zur Urheberrechtsverletzung befragt werden können. Diese Gelegenheit hat die Beklagte schuldhaft verstreichen lassen, weil sie das Abmahnschreiben irrigerweise als Betrug einordnete.


(b)

Anlass zu dieser Annahme bestand jedoch nicht. Die Abmahnung genügt den insoweit geltenden gesetzlichen Anforderungen und erweckt aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht im Geringsten den Anschein dafür, illegitimen Ursprungs zu sein. Dass die Beklagte aus ihrer subjektiven und möglicherweise im Hinblick auf das geltende Urheberrecht unerfahrenen Sicht die Abmahnung als illegal eingestuft hat, kann sie vorliegend nicht entschuldigen. Rechtsirrtümer gehen allenfalls dann nicht zu Lasten des Irrenden, wenn sie unverschuldet sind. Vorliegend hätte die Beklagte aber jederzeit die Möglichkeit gehabt, anwaltlichen Rat im Hinblick auf die Abmahnung vom [Datum] einzuholen. Allein schon der Umstand, dass sie dies später tatsächlich noch getan hat, zeigt, dass ihr die Einholung derartigen Rates sowohl bekannt als auch möglich war. Sie befand sich damit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Abmahnung in einem jedenfalls fahrlässigen und damit vorwerfbaren Rechtsirrtum, der nicht zu einer anderen Beurteilung zugunsten der Beklagten führen kann. Insbesondere verfängt nicht das Argument, dass das Abmahnschreiben nicht original unterschrieben gewesen sei. Im heutigen weitgehend automatisiert ablaufenden Geschäftsverkehr ist die eigenhändige Unterschrift eher die seltene Ausnahme, denn die Regel. Dies hätte der Beklagten bereits mit einem Mindestmaß an Geschäftsgewandtheit klar sein müssen. Die Tatsache allein, dass sich auf einem Schreiben lediglich die aufgedruckte Wiedergabe einer (eingescannten) Unterschrift findet, kann die Einordnung dieses Schreibens als betrügerisch nicht rechtfertigen.


(c)

Weitere Umstände, die die Annahme, es handle sich um ein Betrugsschreiben, rechtfertigen könnten, trägt auch die Beklagte nicht vor.


dd)

Da die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hat, gilt der Vortrag der Klägerseite gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8b).


ee)

Die Beklagte handelte auch fahrlässig. Vor der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes muss sich der Nutzer über das Bestehen eines Schutzes und über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit besteht eine Prüf- und Erkundigungspflicht des Benutzers. Vorliegend hätte sich die Beklagte über die Funktionsweise einer Internettauschbörse sowie über die Rechtmäßigkeit des damit nutzbaren Angebots kundig machen können und müssen. Dass dies tatsächlich erfolgt ist, wird von der Beklagten nicht vorgetragen.


b)

Als Rechtsfolge der begangenen Urheberrechtsverletzung hat die Beklagte der Klägerin Schadensersatz zu leisten.

Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Werks verursachte die Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO der Höhe nach auf 600,00 EUR schätzt.

Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten kann der Schaden nach Wahl des Verletzten in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009). Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist darauf abzustellen, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung der Rechte gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten.

Demnach sind die von der Klagepartei im vorliegenden Fall als Mindestbetrag des Schadensersatzes geforderten 600,00 EUR angemessen. Der Sachvortrag der Klägerin bietet insoweit eine ausreichende Schätzgrundlage. Insbesondere war bei der Schätzung auf die gerichtsbekannte Funktionsweise einer Internettauschbörse abzustellen, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet.


2.

Der Klägerin steht zudem ein Anspruch aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. auf Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Kosten von 506,00 EUR zu.


a)

Die Abmahnung war formell wirksam. Insbesondere wurden die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung sowie der Rechteinhaber konkret benannt, so dass für den Abgemahnten klar erkennbar war, gegen welche Verletzungshandlung sich diese Abmahnung richtete.


b)

Der angesetzte Gegenstandswert für die Abmahnung in Höhe von 10.000,00 EUR ist angemessen und begegnet bei einem Werk wie dem vorliegenden keinen Bedenken. Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr für die streitgegenständliche Abmahnung ist angemessen.



3.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 97, 97a UrhG, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB. Mit Schreiben vom 01.10.2015 ist die Beklagte mit der Klageforderung in Verzug geraten.



III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht München
Pacellistraße 5
80333 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez.
[Name]
Richter



Verkündet am 09.06.2017
gez.
[Name] JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle




Für die Richtigkeit der Abschrift München, 13.06.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig
(...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG München, Urteil vom 09.06.2017, Az. 231 C 25600/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Klage Waldorf Frommer,
Untervermietung,
Nachforschungspflichten,
sekundäre Darlegungslast,
Abmahnschreiben als Betrug

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#5823 Beitrag von Steffen » Mittwoch 19. Juli 2017, 15:51

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer Rechtsanwälte am Amtsgericht Köln - Einfachermittlung beim Filesharing reicht nicht - Das Amtsgericht Köln weist Klage ab



15:45 Uhr



In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Köln erneut entschieden, dass die einfache Ermittlung eines Anschlusses nicht reicht. Denn hier können Ermittlungsfehler nicht ausgeschlossen werden. Dabei setzt sich das Gericht kritisch mit einer Entscheidung des Landgericht Köln auseinander. Das Urteil ist lesenswert!



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Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ung-74222/


Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 3%B6ln.pdf



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Unser Mandant hatte eine Abmahnung von der Münchner Kanzlei Waldorf Frommer erhalten. Diese erfolgte im Auftrag der "Constantin Film Verleih GmbH". Waldorf Frommer warf unserem Mandanten vor, dass er den Film "Parker" im Wege des Filesharing verbreitet haben soll. Die Kanzlei forderte Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR. Außerdem sollte der Anschlussinhaber Schadensersatz in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR zahlen. Nach Darstellung von Waldorf Frommer sei zuverlässig von einem Internetdienstleister zweimal die IP-Adresse ermittelt. Aufgrund einer Nachfrage beim Provider sei der Anschluss des Abgemahnten ermittelt worden.

Doch damit konnte Waldorf Frommer nicht das Amtsgericht (AG) Köln überzeugen. Dieses stellte mit Urteil vom 06.07.2017 klar, dass die "Constantin Film GmbH" keinen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber unserem Mandanten hat (Az. 137 C 32/17).



Filesharing: Bei einfacher IP Ermittlung können Ermittlungsfehler auftreten!

Denn bei der hier erfolgten Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse zu zwei kurz hintereinanderliegenden Ermittlungszeitpunkten können Ermittlungsfehler nicht völlig ausgeschlossen werden. Diese Unsicherheit geht zu Lasten des Rechteinhabers. Denn hier besteht keine Vermutung, dass die Ermittlungssoftware korrekt gearbeitet hat. Von daher bracht der abgemahnte Anschlussinhaber entgegen einer Entscheidung des Landgerichtes (LG Köln) vom 01.06.2017 - Az. 14 S 42/16 keine konkreten Anhaltspunkte darlegen, die für einen Ermittlungsfehler sprechen.



Viele Fehlerquellen denkbar

Dies begründet das Amtsgericht Köln damit, dass die Fehlerquellen vielfältig sind. Sie können etwa bei der bei der Zuteilung und dem Erfassen der IP-Adresse, aber auch bei der dauerhaften Speicherung sowie Zuordnung durch den Provider unterlaufen. Es handelt sich hier um einen Massenverfahren, bei dem keine Kontrolle bei den einzelnen Arbeitsvorgängen erfolgt. Auch eine bewusste Manipulation der Auskunft durch das Personal des Providers ist denkbar. Anders ist das lediglich bei der echten Mehrfachermittlung und Zuordnung einer IP-Adresse aus. Diese sollte am besten durch verschiedene Anfragen erfolgen.

Aus diesem Grunde scheidet auch eine Heranziehung des Anschlussinhabers als Störer für die Abmahnkosten aus.



Fazit:

Dass die Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse in der Regel nicht genügt, hat das Amtsgericht Köln bereits schon mehrfach festgestellt zugunsten unserer Mandanten festgestellt. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Abteilungen des Amtsgerichtes. Zu erwähnen ist etwa ein Urteil des AG Köln vom 22.06.2017 (Az. 148 C 23/17), ein Urteil des AG Köln vom 28.06.2017 (Az. 125 C 571/16) sowie ein Urteil des AG Köln vom 06.10.2016 (Az. 137 C 121/15). Weiterführende Informationen können Sie unserem Beitrag "Filesharing Sieg - Abmahner kann nur einmalige Anschlussermittlung nachweisen" entnehmen.

Dass es bei der Ermittlung einer einzelnen IP-Adresse schnell zu Ermittlungsfehlern mit weitreichenden Folgen kommt, ergibt sich aus einem Urteil des Amtsgericht Köln vom 02.05.2016 (Az. 137 C 450/15). Das Gericht ging von einer Fehlerquote bis zu 50% aus. In dem Text "Filesharing - Einmalige Ermittlung von IP Adresse reicht nicht wegen hoher Fehlerquote" erfahren Sie Näheres.



Ausführliche Informationen zu Abmahnungen der Kanzlei Waldorf Frommer finden Sie unter

- https://www.wbs-law.de/waldorf-frommer/ -





Weitere Informationen zu erfolgreichen Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erhalten Sie unter folgendem Link:

Gewonnene Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE









AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -

137 C 32/17


Verkündet am 06.07,2017
[Name], Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der [Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,





hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 08.06.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Mit der nach Durchführung des Mahnverfahrens am 09.01.2017 bei dem Amtsgericht Köln eingegangenen Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten Lizenzschadensersatz und Abmahnkosten für eine streitige Urheberverletzung durch Filesharing.

Von einem Internetanschluss wurde am 10.11.2013 der Film "[Name]" in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum kostenlosen Herunterladen angeboten.

Mit Schreiben vom 12.12.2013 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und mahnte diesen aufgrund dieser Urheberverletzung unter Zugrundelegung eines Gebührenstreitwertes von 1.600,00 EUR ab. Die hierdurch entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR verlangt diese nunmehr von dem Beklagten ersetzt. Darüber hinaus macht sie einen Lizenzschaden von mindestens 1.000,00 EUR geltend.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, alleinige Rechteinhaberin des streitgegenständlichen Werks zu sein. Der Film sei unter der zutreffend und zuverlässig ermittelten und dem Beklagten ordnungsgemäß durch den Internetdienstleister zugeordneten IP-Adresse im Wege des Filesharing durch diesen zum Herunterladen angeboten worden. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.



Die Klägerin beantragt,
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatzbetrag, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016, sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er bestreitet im Wesentlichen die Rechtsverletzung begangen zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteilen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn jedenfalls gelingt der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin der Nachweis einer Urheberverletzung des Beklagten nicht, so dass ein Anspruch gegen den Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) nicht besteht. Es steht nicht zu Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte den streitgegenständlichen Film am 10.11.2013 in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum Herunterladen angeboten hat, so dass insbesondere offen bleiben kann, ob die Klägerin tatsächlich Rechteinhaberin ist, bzw. ob der Beklagte der sekundären Darlegungslast genüge getan hat. Im Einzelnen gilt Nachfolgendes:

Der BGH führt zuletzt im Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15 - "Afterlife") aus:

"Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn 14 - "BearShare"; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - "Tauschbörse III"; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - "Everytime we touch"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III) (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 - I ZR 154/15 -, Rn. 14, juris)."

Dies setzt indes voraus, dass feststeht, dass die Urheberverletzung vom Anschluss des Beklagten aus begangen wurde. Dies wiederum setzt unter anderem voraus, dass die Ermittlung der IP-Adresse(n) durch die seitens der Klägerin eingesetzte Ermittlungssoftware (vorliegend PFS) ordnungsgemäß erfolgte und zum anderen die nachfolgende Zuordnung dieser Adresse(n) durch den Internetanbieter fehlerfrei war.

Vorliegend wurde indes lediglich eine einzelne IP-Adresse ermittelt, wenn die Klägerseite auch zwei Ermittlungszeitpunkte vorträgt. Diese liegen aber zeitlich so eng beieinander, dass es sich um einen einheitlichen Ermittlungsvorgang zu handeln scheint, so dass eine fehlerhafte Ermittlung nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Fehler der Ermittlung, die eine Vielzahl von Ursachen haben können, können, anders als bei Ermittlung einer Vielzahl von Rechtsverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen IP-Adressen, bei einzelnen Ermittlungsvorgängen niemals völlig ausgeschlossen werden. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Klägerin.

Zwar mag vorliegend bezüglich der ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adresse dem Beweiserbieten der Klägerin zur Einholung eines Sachverständigengutachtens insoweit nachzugehen sein, als dass diese vorträgt und unter Beweis stellt, dass der konkrete Ermittlungsvorgang vollständig im Rahmen eines Netzwerkmitschnitts erfasst wurde und insoweit auch im Nachhinein nachgestellt werden könnte. Anders als dem Beweiserbieten eines Zeugen wäre dieses Beweismittel auch nicht von vornherein ungeeignet, den Nachweis der ordnungsgemäßen Ermittlung im jeweiligen Einzelfall zu erbringen. Das Gericht geht in Kenntnis der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Köln und der Entscheidung des BGH vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 -"Tauschbörse I" nicht davon aus, dass ein Zeuge den ordnungsgemäßen konkreten Ermittlungsvorgang der Software als solches bezeugen kann. Denn hierbei handelt es sich um interne Vorgänge eines Computerprogramms. Dem Zeugenbeweis zugänglich sind indes nur tatsächliche eigene Wahrnehmungen des Zeugen. Soweit der BGH in seiner zuvor zitierten Entscheidung darauf abstellt, dass die Sachentscheidung der Vorinstanzen gestützt auf vorgelegte Anlagen und die Aussage der Zeugen, nicht zu beanstanden sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Bundesgerichtshof hat nicht entschieden, wie im Einzelfall bezüglich der konkreten Ermittlung Beweis zu erheben ist, sondern nur, dass für den Umstand, "dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, [der Beweis] dadurch geführt werden [kann], dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -, juris)" und eine hierauf gestützte Einzelfallentscheidung keine rechtfehlerhafte Beweiswürdigung darstellt. Denn dies ließe außer Acht, "dass Land-und Berufungsgericht ihre Oberzeugung wesentlich auf die von den Klägerinnen eingereichten Unterlagen gestützt haben und die Einvernahme der Zeugen der Erläuterung der in diesen Unterlagen dokumentierten Umstände und technischen Vorgänge und nicht der Schilderung der im Streitfall maßgeblichen konkreten Ermittlungsergebnisse aus eigener Wahrnehmung diente. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen." (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -, Rn. 35, juris). Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Ermittlungsvorgang im Einzelfall - auf den es jedoch maßgeblich ankommt - mittels einer Zeugenaussage bewiesen werden kann. Auf die Frage des regelmäßigen Ablaufs der Ermittlungen kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht an. Denn auch eine grundsätzlich ordnungsgemäß funktionierende Software kann im Einzelfall fehlerhafte Ergebnisse liefern.

Hierauf kommt es vorliegend jedoch bereits nicht an, denn jedenfalls gelingt der Klägerin der Nachweis der ordnungsgemäßen Zuordnung seitens des Internetanbieters nicht. Insoweit fehlt es bereits an jedwedem Beweisangebot der Klägerin. Soweit diese darauf rekurriert, vorliegende Fallkonstellationen (zwei Ermittlungszeitpunkte, eine IP-Adresse) seien mit der Ermittlung von mehreren Zeitpunkten und der Zuordnung zu mehreren IP-Adressen vergleichbar, folgt das Gericht dem nicht. Denn eine mathematische bzw. statistische geradezu zwingende Wahrscheinlichkeit der ordnungsgemäßen Zuordnung folgt nur dann, wenn tatsächlich mehrere IP-Adressen ein und demselben Internetanschluss zugeordnet werden konnten. Denn die mathematische Wahrscheinlichkeit der Fehlzuordnung innerhalb des Providers hängt lediglich mit der Anzahl der IP-Adressen zusammen. Diese ist bei einer Adresse gleich, egal, ob diese durch mehrere Abfragen innerhalb des Ermittlungsvorgangs ermittelt wurde.

Das Bestreiten der Beklagtenseite ist insoweit auch beachtlich. Soweit teilweise gefordert wird, es müssten konkreten Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Ermittlungen vorgetragen werden, die über die generelle Möglichkeit des Auftretens von Ermittlungsfehlern hinausgingen (so bspw. LG Köln, Urteil v. 01.06.2017, Az. 14 S 42/16), folgt das Gericht dem nicht. Zwar verkennt das Gericht nicht. dass der BGH in seinem Urteil vom 11.06.2015, Az. 1 ZR 19/14 - "Tauschbörse I" ausgeführt hat:

"Entgegen der Ansicht der Revision ist ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH. Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 256 - "Anastasia"; BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 8, BGH, Urteil vom 11 Juni 2015 - I ZR 19/14 -, Rn. 40, juris)."

Gleichwohl geht das Gericht im Ausgangspunkt davon aus, dass der Anschlussinhaber im Rahmen seiner prozessualen Wahrheits- und Erklärungspflicht nach § 138 ZPO die ordnungsgemäße Zuordnung seitens des Internetanbieters in einem solchen Fall sogar schlicht mit Nichtwissen bestreiten kann. Dies ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässig über Tatsachen, "die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind." Der Anschlussinhaber hat weder die Zuordnung konkret durchgeführt, noch sind diese Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen, noch ist der Vortrag der Anschlussinhaberseite in einem solchen Fall derartig substantiiert und konkret, dass ein Bestreiten als in Blaue hinein unbeachtlich wäre.

Vor diesem Hintergrund ist das Gericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO gerade nicht in einem Maße davon überzeugt, dass die Zuordnung zwingend fehlerfrei war, dass vernünftigen Zweifeln Schweigen geboten wäre. Vielmehr sind in automatisierten Datenverarbeitungsabläufen, wie sie im Rahmen der Providerauskunft zwingend erfolgen. Anwendungs- oder Ablauffehler keinesfalls ausgeschlossen oder auch nur selten. Insoweit führt das Amtsgericht Köln in seinem Urteil vom 15.12.2016, Az, 148 C 389/16 aus:

"Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Programme der Datenverarbeitung zum Teil fehlerhaft arbeiten. Auch der Internetprovider arbeitet im Rahmen der Erfassung und Speicherung der Daten mit eben solchen Datenverarbeitungsprogrammen. Die Fehlerquellen können dabei durchaus vielfältig sein. Es kann ein Anwendungsfehler zu der falschen Zuordnung der IP-Adresse führen. Es kann aber auch ein systemischer Fehler vorliegen. Der Fehler kann im Zeitpunkt der Rechtsverletzung bei der Zuteilung und dem Erfassen der IP-Adresse, aber auch bei deren dauerhafter Speicherung und im Rahmen der Abfrage und Auskunftserteilung geschehen. Auch liegt es gerade bei der automatisierten Bearbeitung von Anfragen im Rahmen von Massenverfahren besonders nahe, dass ein Fehler passiert und unbemerkt bleibt, da in der Regel keine Kontrolle der abgerufenen Daten erfolgt. Es ist auch gerichtsbekannt, dass es durchaus zur fehlerhaften Erfassung von Telekommunikationsdaten kommt. Als Beispiel können nachweislich fehlerhafte Abrechnungen über Telekommunikationsdienstleistungen genannt werden, die schließlich auch auf der elektronischen Erfassung von Telekommunikationsdaten durch die Anbieter basieren. Soweit ersichtlich geht die Rechtsprechung in diesen Fällen nicht davon aus, dass das einfache Bestreiten hinsichtlich der Richtigkeit der erfassten, gespeicherten und ausgewerteten Daten ohne Belang ist, da die Fehlerwahrscheinlichkeit so gering ist, dass vernünftigen Zweifeln an der Richtigkeit der Daten schweigen geboten wird. Auch an und für sich zuverlässig arbeitende Software kann, etwa bedingt durch Serverprobleme, Updates oder sonstige Arbeiten am Programm fehlerhafte Arbeitsergebnisse liefern. Dies ist ebenfalls gerichtsbekannt und wird von Personen die mit den Datenbanken und Textverarbeitungsprogrammen der Justiz arbeiten, die auch grundsätzlich funktionieren, schlechterdings nicht geleugnet werden können. Bei der Auskunft zu ein und derselben IP-Adresse im Rahmen einer Anfrage kann schließlich auch eine bewusste Manipulation der Auskunft durch das Personal des Internetproviders nicht ausgeschlossen werden, denn durch den zeitlichen Zusammenhang und die gleiche IP-Adresse im Rahmen einer Anfrage, ist es für Dritte mit dem entsprechenden Sachverstand ohne weiteres ersichtlich, dass die IP-Adresse zu diesen beiden Zeitpunkten ein und demselben Anschluss zugeordnet gewesen sein muss. Auch dies ist bei der "echten" Mehrfachermittlung und Zuordnung einer IP-Adresse, bestenfalls im Rahmen unterschiedlicher Anfragen an den Provider, ausgeschlossen oder zumindest wesentlich schwerer (AG Köln, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 148 C 389/16 -, Rn. 35, juris)."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das Gericht an.

Dieser Beurteilung steht auch die zuvor zitierte Entscheidung des BGH vom 11.06.2016 nicht entgegen, denn in dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die Zuordnung ganzer Datensätze, die auf staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen basierte. Das Berufungsgericht stellte darauf ab, dass gerade in Anbetracht der strafprozessualen Konsequenzen, davon auszugehen sei, dass die Betroffenen bemüht gewesen seien, Fehlzuordnungen tunlichst zu vermeiden. Es ging zudem nicht um die Zuordnung einer einzigen Rechtsverletzung, sondern um 5.080 Audiodateien. Insofern ist der zugrunde liegende Sachverhalt bereits nicht mit dem streitgegenständlichen Fall vergleichbar. Zudem trifft der BGH keine, eigene tatrichterliche Entscheidung, sondern überprüft die Entscheidungen der Vorinstanzen lediglich auf revisible Rechtsfehler. Aus der Rechtsprechung des BGH ist nicht der Grundsatz abzuleiten, dass bei jeder Auskunft der Internetprovider stets von der Richtigkeit der Zuordnung der IP-Adresse auszugehen ist. Insofern kommt es vielmehr stets auf den jeweiligen Sachverhalt und die darauf basierende Überzeugungsbildung des Tatrichters an, die sich einer schematischen Betrachtung entzieht.

Auch der Umstand, dass der Rechteinhaber hierdurch in unüberwindbare Beweisschwierigkeiten kommen kann, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn zum einen können Beweislastverteilungen nicht im Rahmen einer Billigkeitsrechtsprechung ausgehebelt werden, zum anderen ist es gerichtsbekannt, dass es den Rechteinhabern in einer Vielzahl von Fällen gelingt, mehrere Rechtsverletzungen zu verschiedenen Zeitpunkten unter verschiedenen IP-Adressen nachzuweisen. Dadurch, dass sich die Klägerin allein auf eine Rechtsverletzung stützt, erspart sie sich auch entsprechenden Ermittlungsaufwand, was aber nicht zum Nachteil der jeweiligen Anschlussinhaber führen kann. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass aus der Unterstellung der ordnungsgemäßen Ermittlung und Zuordnung die seitens des BGH entwickelte tatsächlichen Vermutung zulasten des Anschlussinhabers folgt, dieser sich also im Rahmen der sekundären Darlegungslast entlasten muss. Vor diesem Hintergrund sind an die Ordnungsmäßigkeit des Ermittlungs- und Zuordnungsvorgangs insgesamt hohe Anforderungen zu stellen.

Eines tatrichterlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO bedurfte es insoweit vorliegend nicht. Erforderlich i.S.v. § 139 Abs. 2 ist ein Hinweis dann aber auch nur dann, wenn für das Gericht erkennbar ist, dass eine oder beide Parteien einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt übersehen oder für unerheblich gehalten haben. Aufmerksam gemacht werden kann naturgemäß nur auf solche Bedenken i.S.v. § 139 Abs. 3, die der Aufmerksamkeit der Parteien bislang entgangen sind (BeckOK ZPO / von Selle ZPO § 139 Rn. 35-37, beck-online). Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn dieser Punkt bereits zwischen den Parteien streitig ist, denn insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine (oder beide Parteien) diesen Gesichtspunkt erkennbar übersehen haben. Insoweit stellte ein richterlicher Hinweis geradezu eine Hilfestellung zugunsten einer, und damit zulasten der anderen Partei dar. Vorliegend hat die beklagte Partei ausführlich zur Zuordnung durch den Internetanbieter Stellung genommen und die Klägerin hat ausführlich dazu vorgetragen. Dass eine Partei diesen Punkt erkennbar übersehen hat, ist damit ausgeschlossen.

Eine Haftung als Störer kommt ebenfalls nicht in Betracht. Eine Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten ist jedenfalls aufgrund der nicht feststehenden Zuverlässigkeit des Zuordnungsvorgangs nicht bewiesen.

Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO

Streitwert: bis 1.500,00 EUR.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Köln,
Luxemburger Str. 101,
50939 Köln,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Köln,
Luxemburger Str. 101,
50939 Köln,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


[Name]
Richter


Beglaubigt
[Name], Justizhauptsekretärin
(...)



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AG Köln, Urteil vom 06.07.2017, Az. 137 C 32/17,
Klage Waldorf Frommer,
Klage Constantin Film GmbH,
Film: "Parker",
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Einfachermittlung reicht nicht aus,
Einfachermittlung,
Einfachermittlung IP-Adresse

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#5824 Beitrag von Steffen » Freitag 21. Juli 2017, 17:28

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bielefeld bestätigt hohe Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast - Pauschaler Verweis auf Dritte als Täter reicht ohne konkrete Nachforschungen nicht aus (Nachbar)



17:25 Uhr


Der vor dem Amtsgericht Bielefeld in Anspruch genommenen Anschlussinhaber hatte seine Verteidigung darauf gestützt, dass er zu den maßgeblichen Zeiten der Rechtsverletzung keinen Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt und folglich auch die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Vielmehr habe er seine Ehefrau zu einem Arzttermin begleitet. Als Täter käme ein Nachbar des Beklagten in Betracht, der ebenfalls Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt habe. Insoweit habe der Beklagte seinem Nachbarn - nach vorheriger Belehrung - das Passwort für den WLAN-Anschluss bekanntgegeben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
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E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nkrete-na/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 406_16.pdf




Autor:

Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Auf Nachfrage habe besagter Nachbar gegenüber dem Beklagten die Rechtsverletzung nicht eingeräumt. Allerdings habe dieser nicht ausschließen können, dass einer seiner Freunde möglicherweise für die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung verantwortlich sei. Mit diesem Vortrag begnügte sich der Beklagte und stellte keine weiteren Nachforschungen an.

Im Übrigen wurde beklagtenseitig u.a. auch die ordnungsgemäße Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung bestritten. Die durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung des klägerseitig angebotenen Zeugen führte zur vollständigen richterlichen Überzeugungsbildung im Hinblick auf die Fehlerfreiheit und Richtigkeit der Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung. In den Urteilsgründen führte das Gericht hierzu wie folgt aus:

"Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigte im Vorfeld der eigentlichen Ermittlungen durch das Peer-to-Peer Forensic System die jeweilige Datei herunterladen und sodann prüfen, ob diese Datei mit dem Originalwerk übereinstimmt. Weiterhin ist das Gericht auch von der Richtigkeit der Ermittlungen überzeugt. [...] Der Zeuge Dr. S. hat den Ablauf der Ermittlungen auch schlüssig und nachvollziehbar erläutert. Insbesondere hat er auch die Sicherheitsvorkehrungen die gegen etwaige Ermittlungsfehler getroffen werden dargestellt. Der Zeuge Dr. [Name] ist glaubwürdig, seine Aussage glaubhaft. Dem Gericht ist bewusst, dass der Zeuge Dr. [Name] als Entwickler und Verantwortlicher für das Ermittlungsprogramm ein Interesse daran hat, die Software und die durchgeführten Ermittlungen positiv darzustellen. Dem Gericht erscheint es aber nach der Würdigung aller Umstände, insbesondere der Darstellung der Ermittlungen durch den Zeugen Dr. [Name] fernliegend, dass es bei den streitgegenständlichen Ermittlungen zu Fehlern gekommen ist, zumal die IP-Adresse auch für zwei verschiedene Zeitpunkte dem Beklagtenanschluss zugeordnet wurde."


Darüber hinaus erachtete das Gericht den beklagtenseitig geleisteten Vortrag als unzureichend, um einer täterschaftlichen Haftung zu entgehen.


Diesbezüglich bestätigte das Gericht zutreffend, dass die Nutzung einer Filesharing-Tauschbörse eine körperliche Anwesenheit gerade nicht voraussetzt und insofern die behauptete Ortsabwesenheit des Beklagten unbeachtlich sei:

"Die Tatsache, dass der Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht zu Hause war ist unbeachtlich, da die Nutzung einer Filesharing-Börse die körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt. Soweit der Beklagte behauptet, dass sein Computer nicht eingeschaltet war, so kann das Gericht dem nicht folgen, da der Beklagte bereits keinen plausiblen Sachverhalt dargestellt hat, wie es zu Rechtsverletzung gekommen sein könnte."


Zudem beurteilte das Gericht auch den bloß pauschalen Verweis auf eine mögliche Täterschaft des Nachbarn bzw. dessen Freunde als unzureichend. Insbesondere habe es der Beklagte unterlassen weitergehende Nachforschungen anzustellen.

"Es ist bereits aber auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht ersichtlich, dass die Rechtsverletzung durch den Nachbarn erfolgt sei. Vielmehr habe dieser erklärt die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben und auf die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch seine Freunde verwiesen.

Dass der Beklagte versucht hat im Rahmen seiner Nachforschungspflichten von seinem damaligen Nachbarn die Namen der Freunde zu erfahren ist nicht ersichtlich.
"


Im Übrigen seien sowohl die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens, als auch der angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR als Bemessungsgrundlage für die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung angemessen.

Das Amtsgericht Bielefeld verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Leistung von Schadensersatz, Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie Übernahme sämtlicher Kosten des Rechtsstreits.










AG Bielefeld, Urteil vom 02.06. 2017, Az. 42 C 406/16



(...) - Abschrift -


42 C 406/16

Verkündet am 02.06.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 33790 Halle,
Beklagten,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 33609 Bielefeld,





hat das Amtsgericht Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vom 12.05.2017 durch den Richter [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 450,00 EUR seit dem 14.08.2015 und auf einen Betrag in Höhe von 150,00 EUR seit dem 03.11.2016 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin weitere 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubter Verwendung des Filmwerkes [Name] in einer Internettauschbörse geltend.

Ein legaler Download eines aktuellen Spielfilmes kostet nicht weniger als 5,88 EUR. Durchschnittlich lag der Preis für den legalen Download eines aktuellen Spielfilms bei ca. 8,00 EUR.

Zum Zweck der Verfolgung widerrechtlicher Verbreitungen von geschützten Werken beauftragte die Klägerin die ipoque GmbH mit der Überwachung bestimmter Peer-to-Peer-Netzwerke durch das System Peer-to-Peer Forensic Systems. Für den [Datum] teilte die ipoque GmbH der Klägerin mit, dass das streitgegenständliche Musikalbum zum Download angeboten worden sei von einem unbekannten Nutzer mit der IP-Adresse [IP]. Als Zeitraum für die Rechtsverletzung nannte die ipoque GmbH [Zeitraum].

Die Klägerin erwirkte beim Landgericht München I gegenüber dem Provider die Gestattung, Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift des Nutzers, dem die aufgeführte IP-Adresse zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten zugewiesen war (LG München I, Az. 7 O 1921/13). Der Provider erteilte sodann die Auskunft, dass die benannte IP-Adresse dem Beklagten als Anschlussinhaberin zugewiesen gewesen sei.

Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] ließ die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von 450,00 EUR Schadensersatz und 506,00 EUR Rechtsanwaltskosten bis zum [Datum] auffordern.

Der Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab, eine Zahlung erfolgte nicht.



Die Klägerin behauptet,
sie sei Inhaber der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrecht am streitgegenständlichen Filmwerk. Die Urheberrechtsverletzung sei durch den Beklagten als Anschlussinhaber erfolgt. Im Vorfeld der eigentlichen Anbieter-Ermittlung mittels des Peer-to-Peer Forensic System lade die Klägerseite die unterschiedlichen Dateiversionen eines bestimmten Werkes vollständig herunter und gleiche diese mit dem Originalwerk ab. Im Internet sei das streitgegenständliche Filmwerk in unterschiedlichen Dateiversionen angeboten worden. Die Ermittlung der IP-Adresse sei ordnungsgemäß und richtig erfolgt.

Die Klägerin ist der Ansicht,
für die Täterschaft des Beklagten bestehe eine tatsächliche Vermutung. Der Beklagte sei seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Ihr stehe gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG ein Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR zu. Die Klägerin habe ferner Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.08.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.08.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er trägt vor,
er habe zu keinem Zeitpunkt legales oder illegales Filesharing betrieben. Sein Computer sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt ausgeschaltet gewesen. Der Beklagte sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum mit seiner Ehefrau bei der Dialyse gewesen. Er habe das Passwort seines verschlüsselten WLAN-Anschlusses einem 19-jährigen Nachbarn- Herrn [Name] wohnhaft [Anschrift]- bekannt gegeben. Er habe diesen darauf hingewiesen, dass er den Internetanschluss nur legal nutzen dürfe. Eine Rechtsverletzung durch den Nachbarn könne er aber nicht ausschließen. Herr [Name] habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht eingeräumt, sonder vielmehr erklärt, er könne nicht ausschließen, dass einer seiner Freunde die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hätten. Herr [Name] könne aber bestätigen, dass der Beklagte für die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht verantwortlich ist.

Die Klägerin habe mit ihren Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung geschlossen.

Er ist der Ansicht, eine Haftung scheide aus, da ein vollständiger Download und Upload der Datei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht möglich gewesen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. [Name]. Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll zur mündlichen Verhandlung vom 12.05.2017 verwiesen.

Auf Antrag der Klägerin vom 25.01.2016 ist am 27.01.2016 ein Mahnbescheid erlassen worden, der dem Beklagten am 30.01.2016 zugestellt worden ist. Der Beklagte hat am 04.02.2016 Widerspruch erhoben. Am 05.02.2016 ist die Benachrichtigung über den Gesamtwiderspruch durch das Mahngericht erfolgt. Unter dem 25.10.2016 ist die Abgabe an das Amtsgericht Bielefeld erfolgt. Die Akte ist am 03.11.2016 beim Amtsgericht Bielefeld eingegangen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist bis auf einen kleinen Teil der Zinsen begründet.



I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG.


1.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Aus dem auf dem DVD-Cover (Anlage K1 Bl. 35 d.A.) angebrachten Vermerk zugunsten der Klägerin ergibt sich ein erhebliches Indiz dafür, dass die Klägerin Inhaberin der Nutzungsrechte ist. Die Klägerin hat in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 26.01.2017 (Bl. 115 d.A.) auch substantiiert zur Rechteinhaberschaft vorgetragen.

Konkrete Einwendungen, die gegen eine Rechteinhaberschaft der Klägerin sprechen hat der Beklagte nicht vorgebracht.


2.

a.

Das Gericht hat keinerlei Zweifel daran, dass von dem Anschluss des Beklagten das streitgegenständliche [Name] in einer Filesharing-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht wurde.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigte im Vorfeld der eigentlichen Ermittlungen durch das Peer-to-Peer Forensic System die jeweilige Datei herunterladen und sodann prüfen, ob diese Datei mit dem Originalwerk übereinstimmt. Weiterhin ist das Gericht auch von der Richtigkeit der Ermittlungen überzeugt.

Der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, kann dadurch geführt werden, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14). Ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens ist nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14).

Mit der Anlage K2 (Bl. 36 d.A.) hat die Klägerin den dokumentierten Ermittlungsvorgang vorgelegt. Der Zeuge Dr. [Name] hat den Ablauf der Ermittlungen auch schlüssig und nachvollziehbar erläutert.

Insbesondere hat er auch die Sicherheitsvorkehrungen die gegen etwaige Ermittlungsfehler getroffen werden dargestellt.

Der Zeuge Dr. [Name] ist glaubwürdig, seine Aussage glaubhaft. Dem Gericht ist bewusst, dass der Zeuge Dr. [Name] als Entwickler und Verantwortlicher für das Ermittlungsprogramm ein Interesse daran hat, die Software und die durchgeführten Ermittlungen positiv darzustellen. Dem Gericht erscheint es aber nach der Würdigung aller Umstände, insbesondere der Darstellung der Ermittlungen durch den Zeugen Dr. [Name] fernliegend, dass es bei den streitgegenständlichen Ermittlungen zu Fehlern gekommen ist, zumal die IP-Adresse auch für zwei verschiedene Zeitpunkte dem Beklagtenanschluss zugeordnet wurde.


b.

Es kann dahinstehen, ob eine lauffähige Datei im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurde, da bereits das Verbreiten von Teilen einer geschützten Datei eine Urheberrechtsverletzung darstellt (vgl. BGH, I ZR 19/14).


c.

Der Beklagte ist auch als Täter anzusehen, da er seiner sekundären Darlegungslast als Anschlussinhaber nicht hinreichend nachgekommen ist. Gemäß der BearShare-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH WW 2014, 2360) und der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.06.2015 (I ZR 75/14) besteht zunächst eine durch den Anschlussinhaber zu widerlegende tatsächliche Vermutung seiner Alleinnutzung, die bereits dann widerlegt ist, wenn weitere Personen freien Zugriff auf den Anschluss hatten. Zusätzlich trifft den Anschlussinhaber sodann eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings i.R.d. Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).

Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, jedoch erst dann gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15).

Diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast wird der Vortrag des Beklagten nicht gerecht.

Der Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass er und seine Ehefrau nicht zu Hause gewesen seien und lediglich der Nachbar Herr [Name]das Passwort für den Internetanschluss gehabt habe.

Es ist bereits aber auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht ersichtlich, dass die Rechtsverletzung durch den Nachbarn erfolgt sei. Vielmehr habe dieser erklärt die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben und auf die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch seine Freunde verwiesen.

Das der Beklagte versucht hat im Rahmen seiner Nachforschungspflicht von seinem damaligen Nachbarn die Namen der Freunde zu erfahren ist nicht ersichtlich. Weiterhin ist der Vortrag des Beklagten nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch widersprüchlich. Zum Einen erklärt der Beklagte im Schriftsatz vom 28.02.2017, dass Herr [Name] die Rechtsverletzung abgestritten habe und nicht wisse, wer es gewesen sei, dann erklärt er mit Schriftsatz vom 18.04.2017, dass Herr [Name] bestätigen könne, dass der Beklagte nicht für die Rechtsverletzung verantwortlich sei.

Es ist aber bereits nicht ersichtlich, wie Her [Name] zum Einen nicht weiß wer die Rechtsverletzung begangen hat und zum Anderen bestätigen kann, dass es der Beklagte aber nicht gewesen ist.

Dem Beweisantritt durch Vernehmung des Zeugen [Name] war nicht nachzugehen, da es sich um eine unzulässige Ausforschung gehandelt hätte. Ein Ausforschungsbeweis ist bei einem Beweisantritt anzunehmen, der nicht unmittelbar oder mittelbar dem Beweis vom Beweisführer vorgetragener Tatsachen dient, sondern der Ausforschung von Tatsachen oder der Erschließung von Erkenntnisquellen, die erst ermöglichen sollen, bestimmte Tatsachen zu behaupten und sodann unter Beweis zu stellen (OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 24.6.2013, Az. 3 U 252/13).

Dies ist vorliegend der Fall, da bereits nicht ersichtlich ist, wie Herr [Name] der nach Vortrag des Beklagten erklärt habe nicht zu wissen wer die Rechtsverletzung begangen hat, trotzdem bezeugen kann, dass der Beklagte der nicht Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung war.

Die Tatsache, dass der Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht zu Hause war ist unbeachtlich, da die Nutzung einer Filesharing-Börse die körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt.

Soweit der Beklagte behauptet, dass sein Computer nicht eingeschaltet war, so kann das Gericht dem nicht folgen, da der Beklagte bereits kein plausiblen anderen Sachverhalt dargestellt hat, wie es zur Rechtsverletzung gekommen sein könnte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 ("Afterlife") und der Vorlage des Landgericht München I an den Europäischen Gerichtshof (Az. 21 S 24454/14). Der jeweilige Sachverhalt der diesen Verfahren zugrunde lag ist nicht mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt zu vergleichen.

In der Afterlife-Entscheidung und im Verfahren vor dem Landgericht München I ging es um Nachforschungspflichten im Rahmen des von Art. 6 GG geschützten Familienbereichs. Dieser ist vorliegend nicht einschlägig, da es sich bei Herrn [Name] nicht um einen Familienangehörigen des Beklagten handelt.


3.

Auch die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens ist nicht zu beanstanden. Gibt es - wie im vorliegenden Fall - keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14).

Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatz in Höhe von ist angemessen.

Nach Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14) können im Rahmen der Schadensschätzung verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote im Internet herangezogen werden. Das Gericht hat hierbei den niedrigsten unstreitigen Downloadpreis in Höhe von 5,88 EUR zugrundegelegt. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass der Ermittlungszeitraum auch mehrere Minuten betragen hat und damit auch eine nicht unerhebliche und auch unkontrollierte Möglichkeit des Downloads durch andere Tauschbörsennutzer bestand.

Das Gericht schätzt hier gemäß § 287 ZPO auf mindestens 150 Zugriffe. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Filmwerk gerichtsbekannt zum streitgegenständlichen Zeitpunkt aktuelles Werk (Erscheinungsjahr [Jahreszahl]) handelte und sich damit auch in Tauschbörsen beliebt gewesen sein dürfte.


4.

Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 450,00 EUR aus §§ 286, 288 BGB.

Der Beklagte wurde mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] zur Zahlung bis zum [Datum] aufgefordert und befand sich demnach seit dem [Datum] in Verzug.

Hinsichtlich des weiteren Betrages in Höhe von 150,00 EUR sind Verzugszinsen erst seit Rechtshängigkeit begründet. Durch die streitgegenständliche Abmahnung ist der Beklagte nicht in Verzug gesetzt worden.

In der Abmahnung wurde lediglich die Zahlung in Höhe von 450,00 EUR gefordert. Nach § 696 Abs. 3 BGB gilt die Streitsache als mit Zustellung des Mahnbescheides rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruches abgegeben wird.

Erfolgt die Abgabe an das Prozessgericht innerhalb eines Monats nach Mitteilung des Widerspruches, liegt eine Rechtshängigkeit ab Zustellung des Mahnbescheides vor (vgl. Vollkommer in Zöller ZPO 31. Auflage § 696 Rn. 6). Wird die Streitsache nicht alsbald abgegeben, tritt Rechtshängigkeit mit dem Eingang der Akten beim Prozessgericht ein (vgl. Schüler MüKo ZPO 4. Auflage § 696 Rn. 21).

Die Benachrichtigung der Klägerin über den Widerspruch erfolgte am 05.02.2016, die Abgabe am 25.10.2016, so dass keine alsbaldige Abgabe erfolgt ist. Die Akte ist am 03.11.2016 beim Amtsgericht Bielefeld eingegangen.



II.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR für das vorgerichtliche Abmahnschreiben gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Hiernach kann im Falle einer berechtigten Abmahnung die verletzte Partei von dem Verletzter den Ersatz der für das Abmahnschreiben angefallenen erforderlichen Aufwendungen verlangen.


1.

Die Abmahnung war im vorliegenden Fall berechtigt, da wie oben ausgeführt, eine Anscheinsvermutung für die Täterschaft des Beklagten spricht.


2.

Auch der vorliegend den Abmahnkosten zugrundegelegte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht übersetzt.

Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes ist das Interesse der Klägerin an einer wirkungsvollen Abwehr von Urheberrechtsverletzungen.

Vorliegend handelt es sich um eine erhebliche Urheberrechtsverletzung, da ein aktueller und bekannter Film betroffen ist. Das Anbieten von Filmwerken in einer Filesharing-Börse ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts geeignet zu erheblichen Umsatzeinbußen der Filmindustrie zu führen.


3.

Soweit der Beklagte mutmaßt, der Klägerin sei ein Schaden in dieser Höhe nicht entstanden, da die Klägerin mit ihren Prozessbevollmächtigten eine Gebührenvereinbarung getroffen worden habe, so ist dem nicht zu folgen.

Soweit man nicht schon mit dem OLG Köln (Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 96/13) der Ansicht ist, dass der Mandant seinen Anwälten auch bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars eine Vergütung nach dem RVG schuldet, hat der Beklagte hinsichtlich einer solchen Vereinbarung eines Erfolgshonorars zwischen der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten keine greifbaren Anhaltspunkte aufgezeigt. Bei der Frage, ob Abmahnkosten erstattungsfähig sind, ist im Regelfall von den im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz getroffenen Bestimmungen auszugehen (vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2015, I ZR 7/14 und I ZR 19/14).

Wie auch in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, fehlt es im vorliegenden Fall an konkreten Anhaltspunkten, dass ein erfolgsabhängiges Honorar zwischen der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten vereinbart wurde. Der Beklagte stellt diesbezüglich lediglich Mutmaßungen an.

Die Klägerin hat schlüssig vorgetragen, dass sie mit ihren Prozessbevollmächtigten keine Gebührenvereinbarung getroffen hat.


4.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Wie oben dargestellt, ist der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 30.01.2013 in Verzug gesetzt worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.



Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bielefeld, Urteil vom 02.06.2017, Az. 42 C 406/16,
Rechtsanwalt David Appel,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Gebührenvereinbarung,
widersprüchlicher Sachvortrag,
Nachbar,
Verzugszinsen erst seit Rechtshängigkeit

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AG Leipzig, Az. 118 C 1559/17

#5825 Beitrag von Steffen » Mittwoch 26. Juli 2017, 23:27

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin aufgrund widersprüchlichen Vortrags und fehlenden Nachforschungen zur Zahlung eines Lizenzschadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sowie zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten


23:25 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Leipzig gerichtlich in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte die persönliche Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung bestritten.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -sowie-zu/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 559_17.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Franziska Hörl



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Nachdem sie außergerichtlich noch behauptet hatte, alleine in ihrer Wohnung gelebt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein, behauptete sie im gerichtlichen Verfahren nunmehr, dass neben ihr auch ihr Freund in der Wohnung gelebt und das Internet genutzt habe. Sie gehe zudem davon aus, zur streitgegenständlichen Zeit ihrer Arbeit nachgegangen zu sein. Ihr Computer, auf welchem ohnehin keine Filesharing-Software installiert gewesen sei, wäre zur Zeit der Rechtsverletzung abgeschaltet gewesen. Ob ihr Freund die Rechtsverletzung begangen habe, wisse sie nicht.

Das Amtsgericht sah die sekundäre Darlegungslast mit diesem Vorbringen bereits aufgrund der Widersprüchlichkeiten zwischen außergerichtlichem und gerichtlichem Sachvortrag als nicht erfüllt an. Zudem habe die Beklagte keinerlei Nachforschungen in Bezug auf die Rechtsverletzung angestellt und lediglich pauschal auf einen vermeintlichen "Hackerangriff" verwiesen.

"Der Vortrag der Beklagten ist zum einen schon widersprüchlich, nach dem sie ursprünglich vorgerichtlich noch behauptet hatte, allein gewohnt zu haben und arbeitslos zu sein, während sie nunmehr behauptet, ihr internetnutzender Freund habe damals die Wohnung mitgenutzt und sie sei einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich ist, hat die Beklagte offenbar keinerlei Nachforschungen in Bezug auf den behaupteten Verstoß angestellt. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Vortrag zur Anschlusssituation, zu den vorgehaltenen Geräten und auch zur konkreten Sicherung des Anschlusses. Noch vorgerichtlich ist wohl auch die Beklagte davon ausgegangen, dass ihr Anschluss "gehackt" wurde."


Im Ergebnis sei daher von der eigenen Verantwortlichkeit der Beklagten auszugehen. Zudem erachtete das Amtsgericht auch den geltend gemachten Lizenzschadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR für ein Filmwerk als angemessen:

"Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Betrag von 1.000,00 EUR durchaus angemessen, um den aus der Verbreitung eines Filmwerkes unter Nutzung von Filesharing Software entstandenen Schaden abzugelten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Nutzung einer Filesharing Software der Film potentiell einer unbegrenzten Vielzahl von weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Auch nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer des Landgerichts sind 1.000,00 EUR angemessen, bei Zurverfügungstellung eines Filmwerkes unter Nutzung einer Filesharing-Software."


Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.





"Auch die sogenannte "Afterlife"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 hat nichts daran geändert, dass zu Lasten des Anschlussinhabers eine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft spricht."







AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17



(...) - Ausfertigung -


Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I



Aktenzeichen: 118 C 1559/17


Verkündet am: 23.06.2017
gez. [Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Waldort Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 01277 Dresden,


wegen Urheberrecht



hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2017 am 23.06.2017

für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg, Az: [Aktenzeichen] wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




Beschluss:
Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.




Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Schadenersatz aus Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Rechte am Film [Name] zu sein. In diese die Rechte der Klägerin hat die Beklagte eingegriffen, indem sie sowohl am [Datum] als auch am [Datum] diesen unter Nutzung einer Filesharing-Software der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt habe. Hierdurch sei der Klägerin ein Schaden entstanden, der jedenfalls mindestens 1.000,00 EUR ausmach. Darüber hinaus habe die Klägerin auch Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.

Die Klägerin hat im Mahnverfahren Ansprüche auf Bezahlung in Höhe von 1.107,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem [Datum] geltend gemacht.

Wegen dieser Forderung erging ein Vollstreckungsbescheid, der der Beklagten am [Datum] zugestellt wurde. Am [Datum] hat die Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt.



Die Klägerin beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg aufrechtzuerhalten.



Die Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hatte ursprünglich außergerichtlich behauptet, die Wohnung zum Zeitpunkt des Verstoßes allein genutzt zu haben. Nunmehr behauptet sie, dass zum damaligen Zeitpunkt auch ihr Freund dort gewohnt habe. Nach dem sie ursprünglich behauptet hatte, zum Zeitpunkt des Verstoßes arbeitslos gewesen zu sein, behauptet die Beklagte nunmehr davon auszugehen, zum damaligen Zeitpunkt einer Arbeit nachgegangen zu sein und den Computer abgeschaltet zu haben. Ob der Freund die Rechtsverletzung begangen habe, wisse sie nicht. Auf ihrem Computer seien jedenfalls keine Filesharing-Programme. Da der Anschluss der Beklagten ordnungsgemäß gesichert gewesen sei, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht.


Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen zur Akte gereichen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR aus § 97 UrhG zu.

Zugunsten der Klägerin spricht durch die Veröffentlichung im Internet mit dem dort enthaltenen Vermerk auf die Rechteinhaberschaft entsprechend § 10 Abs. 1 UrhG eine Vermutung, dass diese Urheber und Hersteller und damit Inhaber der Nutzungs- und Verwertungsrechte ist.

Die Beklagte hat in diese Rechte der Klägerin durch das Zurverfügungstellen des Filmes am [Datum] und [Datum] widerrechtlich eingegriffen.

Unstreitig war die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt Inhaberin des Internetanschlusses mit angeschlossenem WLAN. Auch die sogenannte "Afterlife"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 hat nichts daran geändert, dass zu Lasten des Anschlussinhabers eine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft spricht. Den Anschlussinhaber trifft in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast. Er hat dabei zunächst vorzutragen, ob und wenn ja welche anderen Personen selbständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten, und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Darüber hinaus hat er im Rahmen seiner Möglichkeiten auch Nachforschungen zu der Verletzungshandlung anzustellen. Dem wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Der Vortrag der Beklagten ist zum Einen schon widersprüchlich, nach dem sie ursprünglich vorgerichtlich noch behauptet hatte, allein gewohnt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein, während sie nunmehr behauptet, ihr internetnutzender Freund habe damals die Wohnung mitgenutzt und sie sei einer Arbeitstätigkeit nachgegangen. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich ist, hat die Beklagte offenbar keinerlei Nachforschungen in Bezug auf den behaupteten Verstoß angestellt. Darüber hinaus fehlt es an jeglichem Vortrag zur Anschlusssituation, zu den vorgehaltenen Geräten und auch zur konkreten Sicherung des Anschlusses. Noch vorgerichtlich ist wohl auch die Beklagte davon ausgegangen, dass ihr Anschluss "gehackt" wurde.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Betrag von 1.000,00 EUR durchaus angemessen, um den aus der Verbreitung eines Filmwerkes unter Nutzung von Filesharing-Software entstandenen Schaden abzugelten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei Nutzung einer Filesharing-Software der Film potentiell einer unbegrenzten Vielzahl von weiteren Nutzern zur Verfügung gestellt wird. Auch nach der ständigen Rechtsprechung der für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer des Landgerichts sind 1.000,00 EUR angemessen, bei Zurverfügungstellung eines Filmwerkes unter Nutzung einer Filesharing-Software. Bezüglich der Rechtsverfolgungskosten stellen diese, soweit sie auf den Schadenersatzanspruch gestützt werden, eine Nebenforderung dar. Die weiteren Rechtsanwaltskosten sind im Hinblick auf den nicht mehr geltend gemachten Unterlassungsanspruch nunmehr Hauptforderung und werden im Rechtsstreit auch als solche geltend gemacht.


Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus §§ 286,288 BGB.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrungen:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist


Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzig


eingegangen sein.


Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,

- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder

- das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.


Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzig


einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.



Beschwerdefrist:

Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.



[Name]
Richter am Amtsgericht



Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
Leipzig, 26.06.2017
[Name], Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Leipzig, Urteil vom 23.06.2017, Az. 118 C 1559/17,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Franziska Hörl,
widersprüchlicher Sachvortrag,
pauschaler Sachvortrag,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Vollstreckungsbescheid,
Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid,
Hackerangriff

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Steffen
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AG Charlottenburg, Az. 218 C 360/16

#5826 Beitrag von Steffen » Freitag 28. Juli 2017, 16:46

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unsubstantiierte Verweise auf Dritte ohne konkreten Bezug zur Rechtsverletzung reichen nicht aus, um den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast in Tauschbörsenverfahren zu genügen


16:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der in diesem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, dass neben ihm auch dessen Ehefrau und seine beiden Kinder (damals 16 und 18 Jahre) Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Sämtliche Personen hätten auf Nachfrage jedoch angegeben, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu sein. Zudem verwies der Beklagte darauf, dass im Tatzeitraum im Rahmen von Besuchen auch Freunde der Kinder den Internetanschluss hätten nutzen können.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... gslast-in/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 360_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Schließlich machte der Beklagte die Ausnutzung einer vermeintlichen Sicherheitslücke am Router für die Rechtsverletzung verantwortlich und bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Hinsichtlich der Aktivlegitimation hatte das Gericht nach Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen keinerlei Zweifel.

"Die Klägerin ist aktivlegitimiert. [...] Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen [Name] fest. Dessen Angaben waren in sich schlüssig und passen auch mit den sonstigen Indizien, hier vor allem den ©-Vermerken auf dem DVD-Cover und der DVD, zusammen."


Auch die Ehefrau sowie die beiden Kinder wurden im Laufe des Verfahrens als Zeugen zur Rechtsverletzung vernommen, welche ihre Täterschaft abstritten. Aufgrund dieser Aussagen stand für das Gericht daher fest, dass weder die Frau noch die beiden Kinder den Rechtsverstoß begangen haben.

Soweit der Beklagte im Übrigen auf die Freunde der Kinder verwies, erachtete das Gericht diesen Vortrag für unbeachtlich. Zwar stehe nach der Beweisaufnahme fest, dass die genannten Freunde aufgrund deren Nutzungsmöglichkeit im Tatzeitraum als Täter theoretisch in Betracht kämen. Jedoch habe der Beklagte weder die in Betracht kommenden Nutzer namentlich benannt noch irgendwelche ihm zumutbaren Nachforschungen zu deren vermeintlicher Täterschaft angestellt. Vor diesem Hintergrund sei der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht in erforderlichem Maße nachgekommen, weshalb er als Täter zu verurteilen sei.

"Der Beklagte und auch seine als Zeugen vernommenen Familienangehörigen haben allerdings angegeben, dass weiteren Personen Zugang zum Internet gewährt wurde, z.B. Freunden des [Name]. Wer das im Einzelnen war und ob diese Personen zum Tatzeitpunkt in der Wohnung anwesend waren, wurde vom Beklagten nicht mitgeteilt. Dabei mag es sein, dass der Beklagte das nach so langer Zeit nicht mehr rekonstruieren kann. Es wäre aber seine Obliegenheit gewesen, unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung, also knapp 6 Wochen nach dem eigentlichen Geschehen, zu ermitteln, wer zum Tatzeitpunkt anwesend war. Dies wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nämlich durch Auslesen des Routerprotokolls. Dabei kommt es nicht darauf an, dass dem Beklagten solche technischen Möglichkeiten fern liegen. Denn er hätte jemanden beauftragen können, der dazu in der Lage wäre.

[...]

Wenn aber die Beklagtenseite nicht darlegt, dass andere Personen im Tatzeitraum selbständig Zugang zum Internetzugang hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, dann greift wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" - zitiert nach juris, dort Rdnr. 42).
"


Aufgrund des unsubstantiierten Vortrags des Beklagten könne überdies nicht davon ausgegangen werden, dass ein unbefugter Dritter als Täter der Rechtsverletzung in Betracht komme.

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Leistung von Schadensersatz, Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme sämtlicher Kosten des Rechtsstreits.








AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06. 2017, Az. 218 C 360/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 218 C 360/16
verkündet am : 08.06.2017


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 13589 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 10789 Berlin, -






hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 218, auf die mündliche Verhandlung vom 27.04.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des 'Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die vorläufige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz wegen eines Urheberrechtsverstoßes in Anspruch.

Die Fa. Digital Forensics ermittelte, dass am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr MESZ über den Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] der Film [Name] zum Download angeboten wurde. Aufgrund Beschlusses des LG Köln zum Az. 223 0 47/13 erteilte die Telekom die Auskunft, dass zum streitgegenständlichen Zeitpunkt der Beklagte Inhaber des zur IP-Adresse gehörigen Anschlusses gewesen sei (Anlage K2 = Bl. 34 - 36).

Auf die Abmahnung vom [Datum] (Anlage K4-1 = Bl. 38 - 42) gab der Beklagte am [Datum] eine Unterlassungserklärung ab (Anlage K4-2 = Bl. 49, 50) und erläuterte zugleich, er habe den Verstoß nicht begangen, ebenso wenig seine Familienangehörigen. Den geforderten Schadensersatz könne er aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht leisten.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR, die sie im Wege der Lizenzanalogie berechnet, sowie Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Leistungsschutzrechte an dem Film [Name] zu sein. Sie legt dazu Fotokopien des DVD-Covers und der DVD (Anlage K1 = Bl. 31 - 33) vor.



Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen.

Er behauptet, er habe den Rechtsverstoß nicht begangen. Der Anschluss sei auch von seiner Frau und den damals 16 und 18 Jahre alten Kindern genutzt worden. Alle hätten angegeben, sie seien es ebenfalls nicht gewesen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen [Namen der 3 Zeugen].

Wegen der Beweisfragen wird Bezug genommen auf den Beschluss vom 27.02.2017 (Bl. 123, 124) und wegen des Beweisergebnisses auf das Protokoll vom 27.04.2017 (Bl. 165 - 172).




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der Sache auch begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche zu, da der Beklagte als Täter haftet.


1.

Der Beklagte haftet als Täter gemäß § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz.


a)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat sämtliche exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte (§§ 16, 17, 19a UrhG) von der Produzentin, den [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben und nur die Rechte nach §§ 16 und 17 UrhG an ihre Töchter, die [Name] weitergereicht. Die Klägerin ist nach wie vor Inhaberin der exklusiven Online-Rechte. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen [Name] fest. Dessen Angaben waren in sich schlüssig und passen auch mit den sonstigen Indizien, hier vor allem den ©-Vermerken auf dem DVD-Cover und der DVD zusammen. Dort sind nämlich einerseits von denen die Klägerin ihre Rechte ableitet, und andererseits die als Berechtigte aufgeführt.

Das Gericht ist aufgrund des im Termin gewonnenen persönlichen Eindrucks auch von der Glaubwürdigkeit des Zeugen überzeugt. Dabei verkennt es nicht, dass der Zeuge als Angestellter der Klägerin der Angelegenheit nicht völlig unbefangen gegenüber steht. Andererseits hat das Gericht keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Zeuge etwa unwahre. Angaben gemacht haben könnte. Er machte seine Angaben sachlich und gelassen, auf Nachfragen reagierte er spontan und ersichtlich offen.

Das Gericht verkennt nicht, dass nicht auszuschließen ist, dass der Zeuge hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft der Klägerin schlicht irrt. Aber wenn die Klägerin eben nicht Inhaberin der Rechte wäre, hätten dafür längst Anhaltspunkte den Zeugen als den entsprechenden Justiziar der Klägerin erreichen müssen. Und schließlich ist insoweit zu berücksichtigen, dass auch der Beklagte keine Anhaltspunkte dafür liefert, dass die Rechte an dem Film etwa Dritten zustehen könnten.


b)

Unstreitig waren die Ermittlungen der durch die Klägerin beauftragten Firma richtig und die ermittelte IP-Adresse zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Anschluss des Klägers zugeordnet.

Soweit der Beklagte behauptet, sein Router [Name] sei unsicher gewesen, fehlt es bereits an hinreichend substantiiertem Sachvortrag. Es wäre schon erforderlich, eine eventuelle Sicherheitslücke nach ihrer Art vorzutragen, beispielsweise durch Vorlage entsprechender Artikel aus Fachzeitschriften. Darüber hinaus müsste aber auch zum genauen Zeitraum der Lücke vorgetragen werden. Üblicherweise werden Sicherheitslücken bei Routern vom entsprechenden Internetprovider, hier also der Telekom, unverzüglich nach Bekanntwerden geschlossen, ohne dass die Nutzer davon unbedingt erfahren müssen: Das heißt, eine Sicherheitslücke besteht üblicherweise einige Zeit vor dem Erscheinen entsprechender Fachinformationen, wird dann aber kurz danach durch entsprechende Updates auch wieder geschlossen. Ob für den bezeichneten Speedport in der fraglichen Zeit eine Sicherheitslücke bestand, hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den grundsätzlichen Problemen mit der Telekom, wie vor allem die Zeugin [Name] sie geschildert hat. Denn dass die Verknüpfung zwischen Laptop und Router nicht funktioniert, kann verschiedene Ursachen haben. Ein Sicherheitsproblem wird dadurch nicht wahrscheinlicher.


c)

Der Beklagte ist auch passivlegitimiert, d.h. der richtige Anspruchsgegner. Er haftet als Täter, auch wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass er den Rechtsverstoß nicht selbst begangen hat.

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus "; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare "). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerseite als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - "BearShare ", m.w.N.; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris).

Der Beklagte hat die Täterschaftsvermutung durchaus erschüttert. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass er den Rechtsverstoß nicht begangen hat, ebenso wenig seine Frau oder die beiden damals fast erwachsenen Kinder.

Der Beklagte ist jedoch seiner sekundären Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rdnr. 12 - "Sommer unseres Lebens ") nicht nachgekommen. Denn nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass weitere Nutzer im Tatzeitraum in Betracht kommen.

Es war beim Beklagten durchaus üblich, weiteren Personen, insbesondere Freunden seiner Kinder und sonstigen Gästen, das WLAN-Passwort zu überlassen, wie es allgemein üblich ist. Dabei kommt es in der Regel nicht darauf an, dass der Beklagte Freunde oder Gäste extra über deren Pflichten belehren müsste (vgl. BGH 1 ZR 86/15 Urteil vom 12.05.2016 - "Silver Linings Playbook", zitiert nach juris, dort Rdnr. 20). Allerdings muss-er in solchen Fällen seiner sekundären Darlegungslast genügen, d.h. mitteilen, ob und ggf. welchen anderen Personen selbständiger Zugang zum Internet ermöglicht wurde. Ein Anschlussinhaber, der dieser Darlegungslast nicht nachkommt, haftet als Täter (BGH a.a.O. Rdnr. 28).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die als Zeugen vernommenen Familienangehörigen des Beklagten als Täter nicht in Betracht kommen. Sie haben glaubhaft bekundet, den Rechtsverstoß nicht begangen zu haben.

Der Beklagte und auch seine als Zeugen vernommenen Familienangehörigen haben allerdings angegeben, dass weiteren Personen Zugang zu Internet gewährt wurde, z.B. Freunden des Zeugen [Name]. Wer das im Einzelnen war und ob diese Personen zum Tatzeitpunkt in der Wohnung anwesend waren, wurde vom Beklagten nicht mitgeteilt. Dabei mag es sein, dass der Beklagte das nach so langer Zeit nicht mehr rekonstruieren kann. Es wäre aber seine Obliegenheit gewesen, unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung, also knapp 6 Wochen nach dem eigentlichen Geschehen, zu ermitteln, wer zum Tatzeitpunkt anwesend war. Dies wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nämlich durch Auslesen des Routerprotokolls. Dabei kommt es nicht darauf an, dass dem Beklagten solche technischen Möglichkeiten fern liegen. Denn er hätte jemanden beauftragen können, der dazu in der Lage wäre.

Das Gericht verkennt nicht, dass dem Beklagten sowohl die technischen Fähigkeiten, als auch die bloße Idee zu solchen Aktionen damals gefehlt haben und auch heute fehlen. Auffällig ist insoweit, dass der Beklagte sich ersichtlich in besonderem Maße rechtstreu verhalten will und dies auch von seinen Kindern erfolgreich einfordert. Das ändert aber nichts daran, dass er seinen Anschluss eben auch anderen Personen überlassen hat, ohne diese nun nachträglich benennen zu können.

Wenn aber die Beklagtenseite nicht darlegt, dass andere Personen im Tatzeitraum selbständig Zugang zum Internetzugang hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, dann greift wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III " - zitiert nach juris, dort Rdnr. 42).


d)

Durch die Rechtsverletzung ist der Klägerin ein Schaden - berechnet nach der Lizenzanalogie - in Höhe von 600,00 EUR entständen. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.

Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier / Schulze UrhG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.

Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Films die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass - theoretisch - jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz weithin bekannter Darsteller hergestellt worden ist. Andererseits befand sich der 2009 hergestellte Film zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen nicht mehr in der eigentlichen Verwertungsphase. Berücksichtigt wurde schließlich, dass die Klägerin vorprozessual einen Schadensersatzanspruch von 450,00 EUR geltend gemacht hat.



2.

Der Beklagte haftet als Täter auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" - zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015).

Die Berechnung ist auch nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Films ist mit 10.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Und dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag.

Die in Ansatz gebrachte 1,0fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat die Berechnung überprüft, sie ist ordnungsgemäß erfolgt.


3.

Nach alle dem besteht Anspruch auf Schadens- der Aufwendungsersatz, beide Forderungen sind gemäß § 286, 288 BGB zu verzinsen.


4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Streitwert: 1.151,80 EUR




Rechtsbehelfsbelehrung


I.

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



II.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 Euro übersteigen oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.


2. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Beschwerde einlegen?

Die Beschwerde ist beim

Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin


einzulegen, entweder

a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.


3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.

Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.


4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.



[Name],
Richterin am Amtsgericht




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 08.06.2017

[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06. 2017, Az. 218 C 360/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Sicherheitslücke Router,
Verwertungsphase

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5827 Beitrag von BJens » Samstag 29. Juli 2017, 05:31

Auch mir flatterten sogar 2 Abmahnungen von W&F ins Haus im "Gesamtwert" von 3000,- €
Zunächst habe ich das für einen Fake oder eine Verwechslung gehalten da ich mir keiner Schuld bewusst war, konnte aber Tage später recherchieren das ich dies einem ausländischem Gast zu verdanken hatte der einige Tage bei uns wohnte. Zumindest wusste ich nun, das die Behauptung korrekt war.
In meinem Falle bin ich mit einem Rechtsanwalt dagegen vorgegangen was letztendlich mit viel nervendem Papierkram auf einen Gesamtvergleich hinauslief. Ohne Anwalt kommt man in der Sache nicht wirklich weiter und der Vorgang steht unter Umständen über Jahre im Raum mit ungewissem Ausgang. Wer das also schnell hinter sich bringen will wird um die Kosten einer Mandatsübernahme nicht herumkommen.
Eine 4 - stellige Summe inkl. Anwaltskosten kam letztendlich dabei heraus, denn Rechtsschutzversicherungen tragen solche Fälle grundsätzlich nicht um dieses Missverständnis klarzustellen. Ich habe mich hier wirklich kundig gemacht. Es gibt sog. "Internetrechtsschutzversicherungen" die aber nur die Erstberatung bis ca 200,- abdecken aber auch teuer in den Prämien sind. Die wirklichen Kosten übernehmen diese Policen nicht.

In der Sache selber wird es höchste Zeit, dass die Politik diesem Abmahnwahn ein Ende bereitet. Die aktuellen Gesetztesentwürfe der Abschaffung der Störerhaftung sind ja schon der erste Schritt und höchst überfällig. Es ist mal wieder ein typisch deutsches Bild, dass es hier nur darum geht "Kohle" zu machen, egal mit welchen Methoden. Unser ausländischer Gast war sich keiner Schuld bewusst, da Filesharing in den Ostblockländern Gang und Gebe ist und dort niemand (insbesondere Jugendliche) auf die Idee kämen das soetwas überhaupt illegal sein könnte. Also liebe Abmahnanwälte, wenn schon diese Abzocke dann recherchiert bitte flächendeckend und nicht nur in Deutschland. Im Ostblock macht das jeder, da könnt ihr richtig zulangen!

Desweiteren wirft diese Art und Weise ein doch trauriges Bild auf die Branche der Juristen, die sich auf die Gehaltslisten großer Kanzleien setzen lassen um mit solchen Methoden ihr Geld zu verdienen. Lasst euch besser nieder und beschäftigt euch mit sinnvollen Dingen im Strafrecht, wir haben durchaus wichtigere Dinge in unserem Land zu regeln in die ihr eure Energie stecken könntet.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5828 Beitrag von Steffen » Samstag 29. Juli 2017, 10:04

Hallo @BJens,

sicherlich habe ich im Grundsatz erst einmal Verständnis für deinen Frust, Verärgerung sowie Meinung. Warum? Ich wurde selbst abgemahnt und kenne die ganzen Gedanken und Emotionen. Nur wenn jemand seine Meinung öffentlich vertritt, kann ein anderer sich dieser Meinung anschließen, sich seiner enthalten, oder eine andere vertreten. Das ist das schöne an einem Forum.

Wenn ich deinen Fall reduziere, bleibt übrig:
- AI (Vermieter) erhält 2 Abmahnungen (Gesamt: 3.000,- €, Täter bekannt: Untermieter (Ostblock))
- beauftragt Anwalt
- Rechtsstreit wurde mit einem Vergleich beendet

Ergo waren erst einmal die 2 Abmahnungen berechtigt und rechtskonform.
  • § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz UrhG
    (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
    (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
  • § 97a Abmahnung UrhG
    (1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
    (3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden ...


Ignorantia legis non excusat - "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"

Dann konnte in Zusammenarbeit mit dem eigenen Anwalt sich aus der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des AI befreit werden, mit der Benennung des Unter-mieters (mit "Name plus Haunummer") als Mitnutzers zu den Logs. Im Weiteren kann man, wenn man seine Haftung verneint, seine Prüfpflichten nachkam, den "echten" Täter (Filesharer) dem Abmahner mitteilen. Der wendet sich dann an diesen und die 2 Abmahnungen wären für den AI erledigt. Natürlich ist das der Soll-Zustand. Es wurde sich anders entschieden.



Aktuelle Gesetzesentwürfe der Abschaffung der Störerhaftung - gibt es nicht!

Weder der Gesetzgeber noch die höchstrichterliche Rechtsprechung geht bei Filesharing Fälle nur einen Millimeter von seinem dogmatischen 2-Stufenmodell (tats. Vermutung / sek. Darlegungslast) ab. Man darf hier ein kommendes WLAN-Gesetz nicht mit deinen Abmahnungen durcheinander bringen.



Abmahnung - legitimes Recht eines Verletzten

Egal, ob ich es für gut oder schlecht halte ... im Auftrag eines Urhebers / Rechteinhabers ermittelt eine beauftragte "Logfirma" einen Verstoß gegen seine Werke / Rechte in einer Tauschbörse, dokumentiert diesen und übermitteln ihn an den vom Urheber / Rechteinhaber beauftragten Anwalt. Dieser stellt am Hauptsitz des Providers zuständigen Gestattungsgericht (vgl. § 101 Abs. 9 UrhG) einen Antrag zur Herausgabe der Daten zur Person hinter der IP. Bei Gestattung, geht der Anwalt zum Provider und erhält die Klardaten. Jetzt wird der Beauskunftete abgemahnt.


Fazit

Hier geht es nicht um Schuld / Unschuld; was im Staat des Untermieters möglich ist; Abzocke oder nicht usw. usf. Wir befinden uns nun einmal in Deutschland und hier gelten unsere Gesetze. Jemand hat in das alleinige Recht eines anderen rechtswidrig eingegriffen
a) hat der Verletzte das legitime Recht dieses zu ahnden
b) kann der Verletzer oder Verantwortliche des Internetzugang (bei Verletzung der Prüfpflichten oder fehlenden sek. Darlegungslast) haften

Wenn Du vor deinem Haus ein Blumenbeet anlegst, Deine Zeit und Geld investiert, dass zu einer bestimmten Zeit das Beet in den schönsten Farben erblüht, kannst Du dich daran freuen. Wachst Du aber eines Früh auf, das Beet ist zerstört und alle Blumen entweder zerstört oder entwendet, dann ist es mit deinem Verständnis vorbei. Sagt dir dann vielleicht ein Nachbar, es war der Feriengast (Bengel aus dem Ostblock) deines anderen Nachbarn, hast auch du kein Verständnis, ob der Bengel dies zu Hause darf oder nicht. Du willst deinen Schaden, Arbeit, Geld ersetzt haben, notfalls vom Nachbarn. Anders im Internet, hier ist es im Grundsatz = Abzocke.

Mir ist dabei egal, was du von mir denkst oder hältst. Es ist so. Wie schon gesagt, habe ich für deine Emotionen Verständnis, für alles andere keines. Warum? Mit der entsprechenden Reaktion auf den zwei Abmahnungen hätte man mit Kenntnis und der entsprechenden Strategie als Abgemahnter die Abmahnungen gegen sich selbst abwehren können. Punkt.


VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5829 Beitrag von BJens » Samstag 29. Juli 2017, 14:35

Mit der entsprechenden Reaktion auf den zwei Abmahnungen hätte man mit Kenntnis und der entsprechenden Strategie als Abgemahnter die Abmahnungen gegen sich selbst abwehren können.

Da magst du wohl Recht haben, im Innenverhältnis wurde sich hier aber nun mal auf einen Vergleich geeinigt um den Vorgang schnell aus der Welt zu schaffen. Das ändert jedoch nichts an der Sichtweise auf die zweifelhaften Geschäftsmodelle dieser Kanzleien, und damit stehe ich sicher nicht alleine dar. Schon die überzogenen Forderungen und knappen (1 Woche) Fristen sprechen für sich.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5830 Beitrag von Steffen » Samstag 29. Juli 2017, 17:15

Natürlich ist es dein Standpunkt und Sicht der Dinge. Es ist aber unstreitig, dass die 2 Abmahnungen zu Recht erfolgten. Das heißt, jemand hat ohne Erlaubnis und/oder/bzw. ohne Lizenz in das Recht eines anderen eingriffen - ohne - dass er es darf.

Und wenn ich mich freiwillig vergleiche, kann ich zwar hinterher über Gott und die Welt schimpfen, ändert aber nichts an den vorbenannten Sachverhalt.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5831 Beitrag von jones » Mittwoch 2. August 2017, 18:07

Nachdem ich dem Mahnbescheid von WF widersprochen hatte, gab es nun einen dicken Brief vom Amtsgericht.

Der Mahnbescheid war um 1000€, wie viel wird mich das ungf. kosten sollte ich vor Gericht verlieren, kann man da pauschal etwas sagen?

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5832 Beitrag von DaddyCool » Mittwoch 2. August 2017, 19:13

@Jones
Wann war denn die Abmahnung und wann kam der MB? Könnte Verjährung greifen?

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5833 Beitrag von jones » Mittwoch 2. August 2017, 20:29

ende 2013 soll der download sein, 2014 kam der ersten brief, ende 2016 kam die Abmahnung. Sollte nicht verjährt sein.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5834 Beitrag von DaddyCool » Mittwoch 2. August 2017, 21:02

@jones
Kenntniserlangung des Abmahners startet die Verjährung
Falls also die Beauskunftung noch in 2013 war, wäre Ende 2016 verjährt. Daher der MB, der die Verjährung nochmal 6 Monate hemmt. Könnte daher knapp, oder knapp noch nicht, verjährt sein. Anwalt kann das prüfen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5835 Beitrag von Steffen » Mittwoch 2. August 2017, 21:56

Hallo @jones,


zu den Kosten)

Gehen wir von einer Summe von 1.151,80 € (AG: 506,- €; SE: 600,- €) aus und du ohne Zeugenladungen, Gutachten etc. verlierst (Störer + Täter).

ca. 280,- € eigener Anwalt (ohne seine evtl. Reisekosten, wenn von Außerhalb)
ca. 370,- € Anwalt WF im Verfahren (ohne seine evtl. Reisekosten)
ca. 213,- € Gerichtsgebühren

1.151,80 + 863,- € (280,- + 370,- + 213,-) = 2.014,80 €



zur Verjährung)

Kann ich nicht + darf ich nicht prüfen. Bitte - hier - lesen.


VG Steffen

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AG Charlottenburg, Az. 229 C 75/17

#5836 Beitrag von Steffen » Donnerstag 3. August 2017, 16:09

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unzureichende Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren führen zur Verurteilung des Anschlussinhabers (Wohngemeinschaft)


16:05 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der Beklagte in diesem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg verteidigte sich damit, in einer Wohngemeinschaft (WG) mit fünf weiteren Personen gelebt zu haben, welche uneingeschränkten Zugang zum Internetanschluss gehabt hätten. Keiner der Mitbewohner habe auf Nachfrage die Rechtsverletzung eingeräumt, dennoch sei eine Täterschaft einer dieser Personen nicht auszuschließen. Auf dem gemeinschaftlich genutzten Computer der WG habe sich jedoch keine Tauschbörse befunden.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... sinhabers/


Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _75_17.pdf




Autor

Rechtsanwalt Thorsten Nagl, LL.M.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Charlottenburg bewertete den Sachvortrag des Beklagten zurecht als unzureichend. Die bloße Behauptung, fünf weitere WG-Mitbewohner kämen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, sei nicht geeignet, der sekundären Darlegungslast in ausreichendem Maße zu genügen. Der Beklagte müsse sich dabei insbesondere vorwerfen lassen, den ihm obliegenden Nachforschungspflichten nicht nachgekommen zu sein.

"Hierbei fordert das Gericht nicht, dass der Beklagte rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren hat, wann und in welchem Umfang das Internet über seinen privaten Anschluss auch von Dritten genutzt wurde. Allerdings umfasst seine Nachforschungspflicht gegenüber Personen, denen er seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, konkrete zeit- und umfangbezogene Nachfragen und diesbezüglich auch eine Dokumentation der hierauf gegebenen Antworten. Allein die Benennung seiner Mitbewohner mit Namen und Anschriften genügt dieser Darlegungslast nicht."


Der Beklagte hafte daher als Täter.

Auch den weiteren Einwänden des Beklagten in Bezug auf die Aktivlegitimation der Klägerin, die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzung sowie die Forderungshöhe erteilte das Amtsgericht eine Absage.

Die Klägerin könne sich zum Nachweis ihrer Rechteinhaberschaft - wie der Bundesgerichtshof bereits bestätigt habe - auf Eintragungen in der "Phononet"-Datenbank berufen. Ein solcher Eintrag stelle jedenfalls ein gewichtiges Indiz dar, der "durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet" werden müsse. Ein solcher Vortrag sie seitens des Beklagten jedoch nicht erfolgt.

"Aber auch in der Sache ist der Vortrag nicht geeignet, den qualifizierten Vortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin in Frage zu stellen, da die Richtigkeit unterstellt, die GEMA habe bzgl. einzelner Titel des betreffenden Albums Aufführungsrechte, daraus noch nicht der Rückschluss gezogen werden kann, die GEMA habe daher auch die sonstigen ausschließlichen Nutzungsrechte der Verbreitung."


Aufgrund der mehrfachen Ermittlung der Rechtsverletzung über mehrere IP-Adressen, die allesamt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet werden konnten, liege es auch außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit, dass die Rechtsverletzung nicht korrekt ermittelt worden sei. Einer Beweisaufnahme bedürfe es daher nicht.

"Aufgrund der Anzahl der festgestellten Zuordnungen von unterschiedlichen IP-Adressen, die zu unterschiedlichen Zeiten ermittelt wurden, liegt es außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass mehrere IP-Adressen mehrere Male genau demselben - falschen - Internetanschluss zugeordnet wurden."


Letztlich sei auch die Höhe der geltend gemachten Forderungshöhe nicht zu beanstanden.

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.









AG Charlottenburg, Urteil vom 04.07.2017, Az. 229 C 75/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 229 C 75/17

verkündet am: 04.07.2017
[Name], Justizbeschäftigte


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,-



gegen


den Herrn [Name], 12435 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 69123 Heidelberg, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 229, auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.178,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.03.2016 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung eines Downloads des Musikalbums [Name] der Musikgruppe [Name].

Die Klägerin beauftragte im streitgegenständlichen Zeitraum die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Filesharing-Systeme (P2P-Tauschbörsen) bzgl. des streitgegenständlichen Musikalbums. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen das sogenannte "Peer-to-Peer Forensic System" (PFS). Wegen der streitgegenständlichen Downloads erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs.2 UrhG den Beschluss des Landgerichts Köln zum dortigen Az. 213 0 179/13. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die in Bezug genommene Anlage K 2, Bl. 37 40 d.A., Bezug genommen. Mit diesem wurde der Provider, die Telekom Deutschland, zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft des Providers sind die ermittelten IP-Adressen dem Beklagten zuzuordnen, vgl. Anlage K 2, Bl. 38 - 40 d.A..

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] wegen der aufgrund dieser Ermittlungen behaupteten Urheberrechtsverletzungen an dem Musikalbum mit dem Titel [Name] in der Zeit zwischen dem [Datum] bis [Datum] ab.

Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die als Anlage K4 zur Akte gereichte Abschrift desselben, Bl. 42 - 46 d.A., Bezug genommen. Daraufhin gab der Beklagte die geforderte rechtsverbindliche Unterlassungserklärung ab. Auf die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen und Mahnungen zahlte der Beklagte nicht. Der Beklagte wohnte zu dieser Zeit in einer Wohngemeinschaft, zusammen mit fünf weiteren volljährigen Personen, deren vollständige Namen und Anschriften der Beklagte zum Gegenstand seiner Verteidigung macht.

Die Klägerin beziffert ihren mit dieser Klage geltend gemachten in Anwendung der sog. Lizenzanalogie berechneten Mindestschaden auf 600,00EUR. Ferner beziffert die Klägerin ihre durch die anwaltliche Abmahnung vom [Datum] entstandenen Kosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe von 10.000,00 EUR auf 578,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Berechnungen auf Seite 25 - 27 der Klageschrift Bezug genommen.


Die Klägerin behauptet,
sie sei ausschließliche Rechteinhaberin an dem Album mit dem Titel [Name] der Musikgruppe [Name]. Sie behauptet weiter, der Beklagte habe über seinen Internetanschluss Dritten dieses Album zum illegalen Download angeboten; die Daten seien dann auch übertragen und über das sog. P2P-Netz verteilt worden. Dies habe u.a. am [Datum] [Uhrzeiten] Uhr und am [Datum] [Uhrzeiten] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adressen des Beklagten [IP] und [IP] stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das als Anlage K 3eingereichte sogenannte "Falldatenblatt", Bl. 41 d.A., Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.03.2016 sowie
578,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hier- aus seit dem 04.03.2016 zu zahlen.



Die beklagte Partei beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet,
seine fünf Mitbewohner hätten zu den streitgegenständlichen Tatzeiten uneingeschränkten Zugang zum Internetanschluss des Beklagten gehabt. Alle Mitbewohner hätten das Internet auch Nachts benutzt. Er habe im Nachgang der Vorwürfe der Klägerin die Mitbewohner gefragt, woraufhin keiner der Mitbewohner gegenüber dem Beklagten eingeräumt habe, die Downloads vorgenommen zu haben. Eine Täterschaft einer der anderen Mitbewohner des Beklagten könne er daher nicht ausschließen. Auf der Festplatte des von der Wohngemeinschaft gemeinschaftlich genutzten Computers sei weder eine Filesharing-Software noch seien dort die streitgegenständlichen Musiktitel zu finden gewesen.

Er erhebt die Einrede der Verjährung.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 13.06.2017 behauptet der Beklagte ferner, die Nutzungsrechte an dem Album seien zur Verwertung der GEMA übertragen worden. Der Datenbank der GEMA sei zu entnehmen, dass einzelne Titel dieses Albums dort geführt werden.

Die Klage ist dem Beklagten am 16.03.2017 zugestellt worden, nachdem der Mahnbescheid dem Beklagten bereits am 16.04.2016 zugestellt worden war, der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens jedoch erst am 20.02.2017 bei Gericht eingegangen war.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 19.05.2017 Bezug genommen. Darin hat das Gericht der Klägerin Schriftsatznachlass auf die richterlichen Hinweise binnen 2 Wochen gewährt. Auf Antrag der Klägerin vorn 02.06.2017 hat das Gericht diese Stellungnahmefrist stillschweigend bis zum 12.06.2017 verlängert. Am 09.06.2017 ist daraufhin der Schriftsatz der Klägerin vom 09.06.2017 bei'Gericht eingegangen: Am 27.05.2017 ist ein Schriftsatz des Beklagten, datiert auf dem 24.05.2017, eingegangen.




Entscheidungsgründe:



I.

Die zulässige Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung eines Schadensersatzes in Gestalt eines Lizenzschadens in Höhe von 600,00 EUR. Der Klageantrag war dahingehend auszulegen, dass die Klägerin diesen Lizenzschaden als Mindestschaden begehrt, vgl. auch die Ausführungen hierzu in der Klageschrift, darin S. 19; wo die Klägerin explizit auf das Urteil des BGH, in GRUR 1993, 55 - "Tchibo" / "Rolex II" Bezug nimmt. Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es § 253 Abs.2 ZPO gebietet, den Klageantrag auch der Höhe nach festzulegen, um den Bestimmtheitsanforderungen an denselben zu genügen. Diesen Anforderungen genügt die Klägerin jedoch, indem sie die nach § 287 ZPO zu schätzende Höhe des begehrten Mindestschadens beziffert.

Der Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens folgt aus §§ 97 Abs.2, 19a UrhG (in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung).

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat unter Bezugnahme auf die Anlagen K 2 und K 5 ihre Rechteinhaberschaft konkret dargetan. Danach ist sie Inhaberin der Rechte an dem streitbefangenen Musikalbum. Dies folgt aus der Indizienwirkung des als Anlage K 5 zur Akte gereichten Auszugs aus der Phononet-Datenbank. Der BGH hat hierzu bereits statuiert, dass die Eintragung in diese Katalogdatenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten an den auf dem Album enthaltenen Musikaufnahmen darstellt. Dieses könnte allenfalls durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet werden, die gegen die Richtigkeit der in der Datenbank zu findenden Angaben sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 "Tauschbörse I", Leitsatz). Dieser Rechtsprechung schließt sich das erkennende Gericht an. Nach erneuter Prüfung der rechtlichen Anforderungen an die Vortragslast der Klägerin hält das Gericht den klägerischen Vortrag, der auch schon Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, hierfür ausreichend. Auf den Inhalt des nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 09.06.2017 kam es daher nicht mehr in entscheidungserheblicher Weise an. Die Indizienwirkung entkräftende Anhaltspunkte hat der Beklagte weder vorgetragen, noch sind diese sonst ersichtlich. Soweit der Beklagte erstmals im Schriftsatz vom 24.05.2017 Ausführungen zu einer möglichen Entkräftung der Vermutung macht, stellt dies neuen Vortrag dar, der erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Akte gereicht wurde und daher der Entscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden kann. Aber auch in der Sache ist der Vortrag nicht geeignet, den qualifizierten Vortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin in Frage zu stellen, da die Richtigkeit unterstellt, die GEMA habe bzgl. einzelner Titel des betreffenden Albums Aufführungsrechte, daraus noch nicht der Rückschluss gezogen werden kann, die GEMA habe daher auch die sonstigen ausschließlichen Nutzungsrechte der Verbreitung.

Das Gericht hat seiner Entscheidung ferner die Annahme zugrunde zu legen, dass die Urheberrechtsverletzung vom Internetanschluss des Beklagten ausging. Der Beklagte hat nicht dargelegt, welche sonstige IP-Adresse seinem Anschluss zugeordnet gewesen sein sollte. Auch an der Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adresse bestehen keine Bedenken. Die Klägerin hat mehrfache Verstöße, insgesamt acht Verstöße, verteilt über einen Zeitraum von 4 Tagen, über die IP-Anschlüsse des Beklagten ermittelt. Danach ist es unwahrscheinlich, dass es mehrfach zu einer fehlerhaften Ermittlung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, juris).

Der Beklagte ist passivlegitimiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, der sich das erkennende Gericht anschließt, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diejenige Person, der eine IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeordnet worden ist, auch die Rechtsverletzung zu verantworten hat, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von dieser IP-Adresse aus zugänglich gemacht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15 - "Everytime we touch").

So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat diese Vermutung durch seinen Vortrag nicht entkräften können. Mit seiner pauschalen Behauptung, seine Mitbewohner hätten Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Unzureichend ist ferner die Behauptung, eine der ermittelten IP-Adressen sei dem Frankfurter Raum zuzuordnen. Zum Einen legt die Klägerin hier nicht nur die Zuordnung nur einer IP-Adresse, sondern gleich vier IP-Adressen zur Last. Zum anderen hat der Beklagte weiterhin nicht ausgeführt, welche IP-Adressen seiner Person denn zuzuordnen seien. Es ist nämlich völlig praxisfern anzunehmen, der Beklagte verfüge über keine eigene IP-Adresse. Dies hat er selbst auch zu keiner Zeit behauptet.

Der Einwand etwaiger Ermittlungsfehler kommt hier ebenfalls nicht zum Tragen. Aufgrund der Anzahl der festgestellten Zuordnungen von unterschiedlichen IP-Adressen, die zu Unterschiedlichen Zeiten ermittelt wurden, liegt es außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass mehrere IP-Adressen mehrere Male genau demselben - falschen - Internetanschluss zugeordnet wurden (vgl. auch OLG Hamburg, MMR 2011, 281, LG Hamburg, ZUM-RD 2010, 416). Das weitere Bestreiten des Beklagten der Richtigkeit der Ermittlungen durch die ipoque GmbH und deren verwendetes System PFS ist ebenfalls unbeachtlich, da es sich um pauschales Bestreiten - ohne Bezug zum konkreten Fall handelt, womit der Beklagte seinen prozessualen Erklärungspflichten nicht genügt.

Nach dem entscheidungserheblichen Sachvortrag der Parteien hat der Beklagte zudem das Urheberrecht der Klägerin verletzt. Der Beklagte genügt seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er behauptet, dass als Verletzer auch einer seiner damaligen fünf Mitbewohner in Betracht käme.

Bei der Inanspruchnahme eines Internet-Anschlussinhabers wegen Urheberrechtsverletzungen trägt der Anspruchsteller nach den, allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Er hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der in Anspruch Genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2017, 78 und NJW 2013, 1441). Für die Täterschaft des Anschlussinhabers spricht nicht etwa der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis). Für die Anwendung der Regeln über den Anscheinsbeweis ist im Falle der Urheberrechtsverletzung durch die Nutzung eines Internetanschlusses nicht ohne weiteres aufgrund der Inhaberschaft am Anschluss Raum. Es besteht allerdings zumindest eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass diejenige Person, der die IP-Adresse zugeordnet ist, von welcher die Rechtsverletzungen begangen wurden, auch. für die Rechtsverletzungen verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2014, 2360). Der Anschlussinhaber kann diese Vermutung nur entkräften, indem er im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast Umstände vorträgt, die einen abweichenden Geschehensablauf nahe legen,(vgl. hierzu BGH, GRUR 2010, 633). Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Eine. die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist etwa dann anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Der Beklagte muss sich deshalb zur Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast entscheiden, ob er in einem ersten Schritt in Zweifel zieht, dass die Rechtsverletzung überhaupt über seinen Internetanschluss erfolgte und dann in einem zweiten Schritt entweder für seine Person die Rechtsverletzung unter Verweis auf andere Familien-Mitglieder oder Wohnungsinhaber und ggf. unter Darlegung der getätigten Kontrollmaßnahmen bestreitet oder aber insgesamt eine Täterschaft bestreitet und auf einen Dritten verweist, was indes Darlegungen zu den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen erfordert (vgl. zur Darlegungslast: BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 in NJW 2016, 953; insgesamt zu dieser Frage: LG Köln, Urt. v. 11.05.2011 - Az. 28 0 763/10).

Der Beklagte genügte seiner sekundären Darlegungslast nach diesen Grundsätzen erst dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf .den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Erst wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, ist es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen Und nachzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 6. Okt. 2016 - I ZR 154/15, BeckRS 116060; NJW 2014, 2360).

An einem solchen Vortrag fehlt es hier, so dass die tatsächliche Vermutung weiterhin gegen den Beklagten streitet. Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Die bloße Mitteilung weiterer Anschlussnutzer genügt weder zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung noch zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast. (vgl. auch BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14 "Tauchbörse III", Leitsatz). Hier war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Welche konkreten Nachforschungen er tatsächlich betrieben hat, hat der Beklagte nicht weiter ausgeführt. Er hat insbesondere weder dargetan, wann. er seine Mitbewohner befragt hat. Es ist ferner nicht ausgeführt worden, ob und wenn ja, wer von den Fünfen, zu den Tatzeiten überhaupt in der Wohnung war. Seine Ausführungen zu einem Gemeinschaftscomputer in der Wohngemeinschaft sind ebenfalls nicht geeignet, den Vermutungstatbestand zu entkräften. Es ist in der heutigen Zeit, in der nahezu jeder Heranwachsender und junge Erwachsener ein internetfähiges Mobilfunkgerät hat, völlig unwahrscheinlich, dass sich die sechs Mitbewohner der Wohngemeinschaft auf nur ein einziges internetfähiges Endgerät beschränken.

Auch in zeitlicher Hinsicht war der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungsrecht vortragen, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hier hat der Beklagte noch nicht einmal vorgetragen, ob die weiteren Bewohner der WG zu den angegebenen Tatzeiten überhaupt zu Hause waren, ob sie Besuch hatten und ggf. welcher Beschäftigung sie nachgegangen sind.

Der Beklagte hat weiterhin nicht vorgetragen, wann genau er seine damaligen Mitbewohner befragt hat und mit welchen Worten diese sinngemäß auf seine Fragen geantwortet haben. Stattdessen beschränkt sich der Beklagte selbst in diesem Punkt auf die Verwendung von Textbausteinen, indem er für alle fünf Mitbewohner auf Seite 3 - 4 seines Schriftsatzes vom 06.05.2017 wortgleich vorträgt, ohne einen konkreten Bezug zum Tatvorwurf herzustellen und ohne vorzutragen, was der einzelne Mitbewohner zu dieser Zeit tatsächlich gemacht hat, ob sie überhaupt zu Hause waren, etc.

Hierbei fordert das Gericht nicht, dass der Beklagte rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren hat, wann und in welchem Umfang das Internet über seinen privaten Anschluss auch von Dritten genutzt wurde. Allerdings umfasst seine Nachforschungspflicht gegenüber Personen, denen er seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, konkrete zeit- und umfangbezogene Nachfragen und diesbezüglich auch eine Dokumentation der hierauf gegebenen Antworten. Allein die Benennung seiner Mitbewohner mit Namen und Anschriften genügt dieser Darlegungslast nicht.

Der Beklagte ist mithin als aktiver Täter anzusehen. Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen auch Fehler vorkommen können, spricht zunächst einmal nicht gegen die Beweiskraft des Ermittlungsergebnisses, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt werden, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Dabei kann dahinstehen, ob ihm aufzuerlegen ist, von den weiteren Nutzern Verlaufsprotokolle zu verlangen bzw. den Computer regelmäßig auf Filesharing-Programme zu untersuchen (verneinend zumindest bei Familienangehörigen: BGH, Urt. v: 6. Okt. 2016 - I ZR 154/15, BeckRS 116060). Jedenfalls hat der Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan, dass bzw. ob seine Mitbewohner als potenzielle Dritte tatsächlich zur Tatzeit Zugang zu dem Anschluss besessen haben. Der diesbezügliche Vortrag ist insgesamt pauschal "ins Blaue hinein" und offenbar insgesamt an den Vorgaben der zitierten Rechtsprechung angelehnt.

Zudem vermochte er nicht nachvollziehbar dazutun, aus welchem Grund er - trotz der behaupteten Nichttäterschaft und Nichtstörereigenschaft - die Unterlassungserklärung abgegeben hat. Die Beantwortung der generellen Frage, ob die Abgabe einer Unterlassungserklärung zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der Frage der Täterschaft oder Störerhaftung des Beklagten (vgl. OLG .Celle, WRP 2013, 208; OLG Düsseldorf, ZUM 2007, 386; Hess, WRP 2003, 353 - KG, WRP 1977, 793) führt, kann im Ergebnis daher dahinstehen. Ob zudem ein ausreichend qualifizierter Vortrag zu der Sicherung des Anschlusses vorliegt, kann aufgrund der Vielzahl der ihm vorgeworfenen Verstöße ebenso dahinstehen. Der Beklagte macht auch hierzu keine konkreten Angaben, sondern äußert nur Vermutungen, gestützt auf öffentliche Bekanntmachungen zum Router des Modells "Speedport W 504 V". Der Beklagte teilt hingegen noch nicht einmal, um was für einen Router es sich bei dem von seinem Internetprovider zur Tatzeit zur Verfügung gestellten handelte.

Der Beklagte handelte schuldhaft. Im Urheberrecht ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Er handelte zumindest fahrlässig.

Der Beklagte schuldet damit dem Grunde nach Schadensersatz. Dieser Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Beklagte hat zwar die Einrede der Verjährung erhoben, § 214 BGB. Für den hier geltend gemachten Lizenzschaden in Höhe von 600,00 EUR gilt jedoch die 10-jährige Verjährungsfrist des § 852 BGB (vgl. BGH, NJW 2015, 3165).

Soweit man die Höhe des Schadensersatzanspruchs im Wege der Lizenzanalogie ermittelt, ist die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens nicht zu beanstanden. Dabei ist der (damalige) Kaufpreis des Musikalbums in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Als Faustregel nimmt das Gericht grundsätzlich als Lizenzschaden den hundertfachen Wert des Kaufpreises zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung an, wobei unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalles eine Anpassung nach oben oder unten erfolgen kann. Angesichts der Art des Musikalbums, dessen zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung durchaus noch zu bejahende Aktualität erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 600,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Unerheblich ist, dass das Musikalbum unter Umständen kostenlos auf der Plattform "Youtube" gestreamt werden kann - dies führt nicht dazu, dass eine Lizenz für das Urheberrecht zu verneinen ist, da es vorliegend um die Frage des Zurverfügungstellens zum Download geht.


2.

Ferner besteht ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 578,00 EUR.

Der Anspruch folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG (a.F.), d.h. als Teil des Schadensersatzes; ferner aber auch aus § 97a UrhG (a.F.) und den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Aus den vorbezeichneten Gründen haftet der Beklagte der Klägerin als Täter. Die Klägerin durfte sich der Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs eines Rechtsanwalts bedienen. Auszugehen ist dabei von einem Gegenstandswert von bis zu 10.000,00 Euro bei einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG.

Den Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch schätzt das Gericht (nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO) auf 10.000,00 Euro. Ausgangspunkt für die Bemessung des Wertes einer Unterlassungsklage ist das Interesse der Klägerin an der Rechtsdurchsetzung bei einer "ex ante" Betrachtung, wobei dieses Interesse vom Gericht nach freiem Ermessen geschätzt werden muss, § 3 ZPO. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht deshalb, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird und inwieweit dadurch das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers betroffen ist. Maßgeblich sind dabei der wirtschaftliche Wert des Urheberrechts und der Angriffsfaktor der Rechtsverletzung. Bereits dieser Ansatz macht deutlich, dass diese Bewertungsfaktoren nicht für alle Urheberrechtsverletzungen zu einem mehr oder weniger einheitlichen Streitwert führen. Zu beachten ist nämlich, dass das Interesse des Urhebers an der Unterlassung unterschiedlich geprägt sein kann. Handelt es sich um ein Urheberrecht an. einem Werk, das der Urheber vermarktet, zielt sein Unterlassungsanspruch gegen nicht genehmigte Nutzungen im Wesentlichen darauf ab, dieses Lizenzinteresse zu sichern. Bei einer solchen Interessenlage vermag es durchaus sachgerecht erscheinen, für die Streitwertbemessung auf den vom Urheber aufgezeigten drohenden Lizenzschaden abzustellen (vgl. etwa OLG Braunschweig, GRURPrax 2011, 516). Ein solcher war hier allerdings noch gar nicht bekannt, der Umfang (Art, Anzahl, Dauer der Nutzung etc.) nicht abzusehen. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, den drohenden Schaden, bemisst das Gericht unter Ansehung der Verletzungsintensität und der weiteren Umstände, wie Aktualität und Bekanntheit etc., auf zumindest 10.000,00 EUR.

Eine 1,0 Gebühr nach Nr. 2300 VVRVG ist nicht zu beanstanden. Diese liegt sogar unterhalb des (gekappten) Mittelwertes von 1,3. Der Beklagte trägt keine Umstände vor, die gegen die Gewährung der unter der Mittelgebühr liegenden " gekappten Mittelgebühr" sprechen würden. Allein der Umstand, dass es sich um Massenverfahren handelt, ist insoweit nicht ausreichend. Darüber hinaus steht dem Rechtsanwalt in einem begrenzten Umfang ein Ermessensspielraum zu. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. hat nicht zu erfolgen; maßgeblich kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der Abmahnung an, weshalb dahinstehen kann, ob in Fällen wie dem vorliegenden nicht ohnehin die Öffnungsklausel nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F. anzuwenden ist. Hinzu kommt die Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. hat nicht zu erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts kann in derartigen Fällen (P2P-Tauschbörse) nicht von einem einfach gelagerten Fall ausgegangen werden.

Auch der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist nicht verjährt. Nach § 199 Abs. 1 BGB begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem die geltend gemachten Ansprüche entstanden waren. Entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB ist ein Anspruch, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. Dies ist der Zeitpunkt, in dem er fällig wird (vgl. nur BGHZ 55, 340, 341; 79, 176, 177). Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis des Schädigers. Danach begann der Lauf der regelmäßigen Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2013 und endete (frühestens, vgl. oben zu § 852 BGB und BGH, NJW 2015, 3165) mit Ablauf des Jahres 2016.

Der Lauf der Verjährung wurde durch die Zustellung des Mahnbescheides am 16.04.2016 (bzw. rückwirkend nach § 167 ZPO bereits Antragseingang) gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Hierfür sind die im Mahnbescheid geltend gemachten Ansprüche ausreichend bezeichnet. Zur Verjährungshemmung führt die Zustellung des Mahnbescheides - beziehungsweise unter den Voraussetzungen des § 167 ZPO der Eingang des Antrags auf. Erlass eines Mahnbescheides - nur unter der Voraussetzung, dass der geltend gemachte Anspruch ausreichend individualisiert ist, § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (vgl. nur BGH, NJW 1991, 43; NJW 1992, 1111 und WM 2000, 686; KG, GE 2001, 989 jeweils m.w.N.). Dies ergibt sich daraus, dass der Mahnbescheid als Grundlage eines Vollstreckungsbescheides dienen soll und dem Schuldner die Beurteilung ermöglichen muss, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht. Wird - wie vorliegend - eine Mehrzahl von Einzelforderungen geltend gemacht, muss es deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrages aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen (vgl. nur BGH, NJW 2001, 305). Demnach muss der Schuldner erkennen können, welche Forderung gegen ihn geltend gemacht wird (vgl. nur BGH, NJW 1992, 1111 und NJW-RR 2006, 275). Die Berechnungsgrundlagen für den Anspruch sind hingegen nicht erforderlich. Die Substantiierung bleibt dem Erkenntnisverfahren vorbehalten. Eine ausreichende Individualisierung ist vorliegend zu bejahen. Der Beklagte konnte dem Mahnbescheid entnehmen, dass die Klägerin zwei Forderungen geltend macht. Der Forderungsgrund ist ausreichend individualisiert - das Abmahnschreiben und die Forderungshöhe sowie der Lizenzschaden und die Abmahnkosten sind bezeichnet.

Die Hemmung endete zunächst aufgrund des Nichtbetreibens über ein halbes Jahr mit Ablauf des 16.10.2016, § 204 Abs. 2 BGB. Allerdings ist bereits am 20.02.2017 die Anspruchsbegründungsschrift eingegangen und die Hemmungswirkung daher wieder eingetreten, so. dass eine Verjährung nicht eingetreten ist.


3.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 S. 1, 280 BGB.



II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in ihren rechten beeinträchtigt sind.

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name],
Richterin am Amtsgericht




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 05.07.2017
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 04.07.2017, Az. 229 C 75/17,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Thorsten Nagl LL.M.,
Klage Waldorf Frommer,
Wohngemeinschaft,
WG,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Mehrfachermittlung,
Aktivlegitimation,
Indizwirkung Eintrag "Phononet"-Datenbank,
pauschales Bestreiten,
Verjährung

Leobo
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5837 Beitrag von Leobo » Freitag 4. August 2017, 08:59

Hallo Liebe Community.
Auch ich habe das angenehme schreiben von FW bekommen.
Nach dritte schreiben habe ich mUE per einschreiben gesendet. Wird auch angenommen und akzeptiert. Leider habe nach dem noch zwei Briefe von FW bekommen.
Wohne alleine aber manchmal kommt mein 17 jährige Sohn zu mir welche hat ein Zugriff auf meine internet Einschluss durch smartphone oder auch laptop.
Er versichert mich das hat er garnicht mit diese Sache zu tun, benutz auch kein Torrent Programme usw.. Meine Tochter 20 jähre alt Smartphone Zugang auch nicht.
Na ja kann ich auch nicht nachweissen.
Das ich Ausländer bin und mein deutsch nicht so gut ist, verstehe die ganze anwählt Sprache nicht.
Vermutlich muss ich ein Anwalt nehmen sonst wird für mich schwehr.
Ist auch ein Möglichkeit mit FW sich auf eine Einigung handelt? Wenn ja welche Summe?
LG

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5838 Beitrag von Steffen » Freitag 4. August 2017, 09:56

Hallo @Leobo,

anfänglich, meine weiteren Ausführungen sind nicht fremdenfeindlich oder rassistisch. Warum? Weil ich gern von irgendwelchen anonymen Spinnern in die rechte Ecke gedrängt werde, weil ich zu bestimmten Sachverhalten eine - eigene - Meinung habe und vertrete.

Du wurdest als Anschlussinhaber abgemahnt. Deshalb ist anzunehmen, dass Du in Deutschland wohnhaft und gemeldet bist. Das bedeutet, es gelten für dich die deutschen Gesetze und Rechtsvorschriften sowie eine deutsche Sache: "Unwissenheit schützt nicht vor Strafe". Weiter trägst - DU allein - das (Sprach-) Risiko, wenn DU irgendetwas aus der Abmahnung oder aus einem Foren-Text nicht Hundertprozentig verstehst, resultierend falsch reagierst und bist selbst in der Pflicht, dich um entweder einer Übersetzung oder professionelle Hilfe zu kümmern. Auch wenn es für dich hart klingt, verstehst Du das Anwaltsschreiben nicht, musst Du dir selbst anwaltliche Hilfe suchen.

Deshalb wäre es aus meiner Sicht unfair, wenn ich versuche dir etwas zu erklären, was Du aufgrund des Sprachproblems nicht verstehst / verstehen kannst.

Du kannst ja trotzdem einmal nachfolgende Links durchlesen:
Verstehst Du etwas nicht, kannst Du mich gern per PN oder E-Mail befragen, ansonsten musst Du dir einen Anwalt suchen. Leider!


VG Steffen

Leobo
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5839 Beitrag von Leobo » Freitag 4. August 2017, 10:19

@Steffen
OK. Danke für deine schnelle Antwort. Ja, ohne Anwalt werde ich nicht weit kommen.

walkingman
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5840 Beitrag von walkingman » Freitag 4. August 2017, 12:05

Hallo,

habe vor 5 Tagen einen Mahnbescheid von W&F bzw. dem beauftragten Amtsgericht erhalten. Wollte nur noch mal sichergehen, ob ich die Schritte richtig verstanden habe?


1.) Ich fülle den Mahnbescheid aus (wie angegebenen). Kreuz bei "Widerspruch" und eine Unterschrift.

2.) Ich erstelle eine Kopie (?) des Mahnbescheids. (Unterschrift auf Kopie? Oder soll die Unterschrift mit kopiert werden?)

3.) Ich sende beide per Einschreiben (?) an das zuständige Amtsgericht innerhalb der nächsten 7 Tage zurück(?).

Sind diese Schritte korrekt, wenn ich widersprechen möchte? (den Mahnbescheid selbst hebe ich auf?)

Vielen Dank für die Hilfe

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