Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5741 Beitrag von Steffen » Sonntag 2. April 2017, 00:23

danke, dieser gilt - allen - im Forum, und Glückwunsch.

VG Steffen

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AG St. Ingbert, Az. 9 C 163/15 (10)

#5742 Beitrag von Steffen » Mittwoch 5. April 2017, 00:01

Waldorf Frommer (München): Amtsgericht St. Ingbert - Der pauschale Verweis auf eine Sicherheitslücke führt nicht zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung


00:00 Uhr


Gegenstand des Gerichtsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In einem Verfahren am Amtsgericht St. Ingbert bestätigte das Gericht, dass ein Anschlussinhaber, von dessen Internetanschluss eine Rechtsverletzung über eine Tauschbörse erfolgte, selbst haftet, wenn er den strengen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht nachkommt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... vermutung/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _15_10.pdf




Autor

Rechtsanwalt Jung-Hun Kim



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Der verklagte Anschlussinhaber hatte sich in dem Verfahren zunächst auf eine fehlerhafte Ermittlung der Rechtsverletzung berufen. Aber selbst für den Fall der korrekten Ermittlung (im Laufe des Verfahrens auch unstreitig gestellt) hafte er nicht, da er die Rechtsverletzung nicht selbst begangen habe. Sein WLAN-Router habe eine Sicherheitslücke aufgewiesen, wodurch es unbekannten Dritten möglich gewesen sei, auf seinen Internetanschluss zuzugreifen. Darüber hinaus habe auch sein Sohn Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Von dessen Täterschaft ginge der Beklagte jedoch nicht ernsthaft aus, da der Sohn die Verantwortlichkeit glaubhaft abgestritten habe.

Nach Auffassung des Gerichts konnte der Beklagte mit diesen Einwänden die tatsächliche Vermutung der eigenen Täterschaft nicht widerlegen. Der Beklagte könnte "lediglich dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn es ihm gelungen wäre, Tatsachen vorzubringen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, die eine Rechtsverletzung mit alleiniger Tatherrschaft eines Dritten über den Anschluss des Beklagten erklären könnten". Nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesverfassungsgerichts seien dabei "im konkreten Einzelfall strenge Anforderungen" an den Vortrag zu stellen.

Insoweit sei zu beachten, dass der Beklagte zeitnah nach der Rechtsverletzung abgemahnt worden sei. Deshalb habe es ihm oblegen, unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung die technischen Geräte im Haushalt zu überprüfen und dabei konkrete, tatzeitbezogene Anhaltspunkte zu ermitteln, die tatsächlich auf einen Fremdzugriff schließen lassen könnten. Andernfalls könnte sich jeder Anschlussinhaber regelmäßig mit einem pauschalen Verweis auf einen Fremdzugriff entlasten, wodurch Rechteinhaber faktisch schutzlos gestellt würden.

Letztlich hatte das Gericht auch in Bezug auf die Höhe der geltend gemachten Forderungen keine Bedenken. Diese seien in jedem Falle angemessen und würden sich sogar "an der Untergrenze dessen" bemessen, was von der Rechtsprechung in derartigen Fällen zugesprochen wird.

Das Amtsgericht verurteilte daher den Beklagten vollumfänglich zum Ersatz des Lizenzschadens und der Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.





Amtsgericht St. Ingbert (ausgewählte Zitate):

"Wollte man auf derart strenge Anforderungen, wie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und auch von dem erkennenden Gericht angenommen, verzichten, könnte jedermann beliebige Urheberrechtsverletzungen begehen, nur nicht der Nutzer eines einsam im Wald gelegenen Forsthauses mit Internetanschluss, denn nur dort wären plötzlich in Reichweite des Funkempfängers auftauchende Personen mit Telekommunikationsgeräten sicher zu bemerken und zu identifizieren."

"Nicht alles was der Gesetzgeber zu Papier bringt, ist auch sinnvoll."

"Wie der Beklagte angesichts der umfangreichen vorprozessualen außergerichtlichen Korrespondenz auf die Idee kommt, es sei lediglich eine 0,5 Geschäftsgebühr abzurechnen, ist nicht nachvollziehbar. Angesichts dessen, was im konkreten Einzelfall in Schriftsätzen gewechselt wurde, ist vielmehr sogar eine 1,3 Gebühr, die nicht eingeklagt ist, berechtigt."




Bild






AG St. Ingbert, Urteil vom 13.03.2017, Az. 9 C 163/15 (10)


(...) 9 C 163/15 (10)

Verkündet am 13.03.2017

[Name], Justizobersekretär
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle




Amtsgericht St. Ingbert

Urteil

Im Namen des Volkes




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Kanzlei [Name], [Straße, Nr.], 66111 Saarbrücken,



wegen Schadensersatz



hat das Amtsgericht St. Ingbert durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2017

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie weitere 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2014 zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.650,00 EUR abwenden, wenn nicht vorher die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Urheberrechtsverletzung in Anspruch und begehrt Zahlung von Schadensersatz in Höhe von nicht weniger als 600,00 EUR sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR.

Die Klägerin ist Rechteinhaberin des Films mit dem Titel [Name]. Die übliche Lizenzpraxis sieht bei der Klägerin wie auch im konkreten Falle wie folgt aus:

Es werden generell keine Lizenzen für Vervielfältigungen bzw. Angebote auf Tauschbörsen vergeben. Die elektronische Verbreitung wird ausschließlich über kostenpflichtige Portale lizenziert. Im Rahmen einer Lizenzierung von Bild / Tonaufnahmen zum Download auf gewerblichen Portalen richtet sich die zu zahlende Lizenzgebühr üblicherweise als Abruflizenz nach der Zahl der Abrufe.

Üblicherweise ist für jedes heruntergeladene (verkaufte) Exemplar ein bestimmter Anteil vom Verkaufspreis an den Lizenzgeber abzuführen. Die branchenüblichen Lizenzgebühren bewegen sich dabei im Rahmen zwischen ca.50 und 65 % des Nettoverkaufspreises pro Exemplar. Unabhängig davon sind insbesondere gegenüber kleineren Video-on-Demand-Portalen Vorauszahlungen in Form von Mindestlizenzen bzw. Minimumgarantien fester Bestandteil der branchenüblichen Lizenzierungspraxis im Rahmen der Onlineverwertung. Der Preis für den legalen Download eines Filmwerkes samt dauerhafter Nutzungsrechte auf Video-on-Demand-Portalen blieb im Verkauf der letzten Jahre nahezu konstant und lag im Durchschnitt bei circa 8,00 EUR. Dem gegenüber liege der Verkaufspreis aktueller Spielfilme ausgehend von den Angaben führender Downloadportale derzeit bei mindestens 13,39 EUR. Bei Zugrundelegung dieser Umstände betrage im Ergebnis eine entsprechende Lizenz für einen - wie im vorliegenden Falle - aktuellen Spielfilm regelmäßig nicht weniger als 50 % von 11,76 EUR. Dieser Wert könne je nach Laufzeit, Bekanntheit und Aktualität des Werkes sowie der entsprechenden Bildqualität (SD / HD) auch bei bis zu 65 % von 14,28 EUR liegen.


Die Klägerin hat Urheberrechtsverletzungen durch das PFS der ipoque GmbH ermitteln lassen. Diese GmbH nimmt wie ein regulärer Klient an der Tauschbörse teil. Eine Rechtsverfolgung findet nur statt, wenn ein Datentransfer tatsächlich und verifiziert werden könne.

Die Klägerin hat auf Seite 20 bis 22 der Anspruchsbegründungsschrift ihr Ermittlungsergebnis bezüglich einer Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten dargelegt.

Nach umfangreichen Überprüfungen der Ermittlungsergebnisse der Klägerin, unter anderem durch Überprüfung einer eingereichten Festplatte, hat das Gericht Beweiserhebung angeordnet über die Behauptung der Klägerin, die durch den Beklagtenvertreter auf Seite 12 und 13 der Klageschrift (Bl. 20 und Bl.21 d.A.) behaupteten Verletzungsdaten seien zutreffend ohne Möglichkeit nachträglicher Veränderung ermittelt worden, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Mit Schriftsatz vom 01.12.2016 hat der Beklagte angesichts des prozessualen Verlaufs der Angelegenheit das Thema des Beweisbeschlusses unstreitig gestellt (BI.312 d.A.).

Der Beklagte wendet sich nunmehr nur noch gegen einen klägerischen dem Anspruch dem Grunde nach mit der Behauptung, der beklagtenseits benutzte Router habe zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung eine Sicherheitslücke aufgewiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, sämtliche Ausführungen des Beklagten genügten den Anforderungen an die Vortragslast des Anschlussinhabers immer noch nicht. Unter Bezugnahme auf aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofes hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.12.2016 (Bl.327 ff. d. A.) ausgeführt, dass die tatsächliche Vermutung zu Lasten des Beklagten selbst dann eingreife, wenn der Internetanschluss regelmäßig von mehreren Personen genutzt werde. Wolle der Inhaber eines Internetanschlusses geltend machen, nicht selbst verantwortlich gewesen zu sein, werde er seiner sekundären Darlegungslast erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vortrage, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzungsverhalten, Kenntnis und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Rechtsverletzung ohne sein Wissen und Zutun zu begehen. Insoweit treffe den Beklagten eine Nachforschungspflicht. Die Klägerin zitiert den Bundesgerichtshof:

"Im Rahmen der dem Beklagten treffenden sekundären Darlegungslast bedarf es daher der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann."


Die Klägerin weist daraufhin, dass diese strenge Rechtsauffassung der Zivilgerichtsbarkeit durch das Bundesverfassungsgericht mit Entscheidung vom 23.09.2016, Aktenzeichen 2 BVR 1797/15 bestätigt worden ist.

Der Beklagte wurde mit Schriftsatz vom [Darum] also nur 3 Wochen nach der behaupteten Urheberrechtsverletzung, zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Die Unterlassungserklärung wurde abgegeben; Zahlungen wurden verweigert.

Die Klägerin ist der Auffassung, es bestünden Schadensersatzansprüche gemäß §§ 97, 19a des Urheberrechtsgesetzes in Höhe eines geltend gemachten Pauschalbetrages von 600,00 EUR. Die Bezifferung eines konkreten Schadens sei bei illegaler Tauschbörsennutzung bereits aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, die Klägerseite sei daher auf eine gerichtliche Schätzung des Schadens angewiesen, wobei die Wahl der hier naheliegenden Berechnungsmethode der Lizenzanalogie der Schätzung der Klägerseite und der gerichtlichen Schätzung zu Grunde gelegt werden sollte. Der mit der Klage geforderte Pauschalbetrag sei eine absolute Untergrenze.

Wegen der Ausführungen der Klägerin zu Anspruchshöhe wird auf Seite 18-30 der Klage = Blatt 26-39 d. Akten verwiesen.

Zur Begründung des Gegenstandswertes beruft sich die Klägerin auf die diverse Rechtsprechung, bei der der Streitwert jeweils wesentlich höher als 10.000,00 Euro angesetzt worden ist. Die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr von lediglich 1,0 sei jedenfalls angemessen; wegen der Einzelheiten insbesondere der Nachweise wird auf Seite 31 und 32 der Klageschrift gleich Blatt 39 und 40 d. Akten verwiesen.

Die Klägerin weist daraufhin, dass die neue Vorschrift des § 97a Abs. 3 Satz 2 des Urheberrechtsgesetztes in der neuen Fassung auf den hier liegenden Fall nicht anwendbar sei, denn nach höchst richterlicher Rechtsprechung komme es für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Abmahnung war die Neuregelung noch nicht in Kraft getreten. Eine Reduzierung des Erstattungsanspruches käme im vorliegenden Falle jedoch ohnehin nicht in Betracht, denn wegen der hier vorliegenden, besonders schwerwiegenden Urheberrechtsverletzung (Angebot eines kostenintensiv hergestellten Werkes an einen unbegrenzten und unkontrollierbaren Personenkreis in einer P2P-Tauschbörse) wäre die Öffnungsklausel nach § 97a Abs. 3 Satz 4 des Urheberrechtsgesetzes in jedem Falle anzuwenden.



Die Klägerin beantragt,
- einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.05.2014 sowie
- 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.05.2014 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Nachdem die richtige Ermittlung der Urheberrechtsverletzung durch die Klägerin unstreitig gestellt worden ist, verteidigt sich der Beklagte gegen den Anspruch dem Grunde nach damit, dass für den beklagtenseits benutzten Router des Typ [Name] am [Datum] eine Produktwarnung herausgegeben worden mit dem Hinweis, den Router aus Sicherheitsgründen außer Betrieb zu nehmen bis ein Software Update verfügbar sei. Der Router sei anfällig für einen Zugriff von außen gewesen. Der Kläger ist der Auffassung, dieser Umstand genüge, um eine eventuelle Vermutung für die alleinige Täterschaft des Beklagten zu widerlegen.

Zur Höhe der klägerischen Forderung führt der Beklagte aus, dass der Aufwendungsersatz nicht auf der Basis eines Streitwerts von 10.000,00 EUR zu berechnen sei, selbst wenn die Anwendung des § 97a Abs.2 des Urheberrechtsgesetzes verneint würde. Seit Anfang 2010 sei der Gesetzgeber bemüht gewesen, die Kosten für Massenabmahnungen zu deckeln. In vorliegenden Konstellationen wie dieser sei daher ein Streitwert von 1.000,00 EUR angemessen. Aber auch ohne diese gesetzliche Wertung, die schlussendlich in die Neufassung eingeflossen ist, sei ein Streitwert von 10.000,00 EUR völlig willkürlich deutlich überhöht.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass für eine einfache Abmahnung der vorliegenden Art keine Mittelgebühr angesetzt werden könne. Es handele sich vielmehr um ein einfaches Schreiben, dass in großer Zahl automatisiert versandt würde. Allenfalls der niedrigste Gebührensatz gemäß VV2300 von 0,5 wäre gerechtfertigt.



Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 13.07.2015 (dort Blatt 26 ff. d.A.) ausgeführt weshalb aus ihrer Sicht unter Bezugnahme auf aktuelle Rechtsprechung ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angemessen ist und sogar eine Geschäftsgebühr von 1,3 beansprucht werden könne. Darüber hinaus hat die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich eines Anspruches auf Erstattung von Abmahnkosten allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankomme, was der Bundesgerichtshof mehrfach- allerdings zu anderen Gesetzesänderungen - ausgeführt hat.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteiverbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, welcher Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.



Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch gemäß § 97 Abs. 2 des Urheberrechtsgesetztes in der am Tag der Urheberrechtsverletzung, dem [Datum], geltenden Fassung zu.

Der Beklagte hat unstreitig gestellt, dass die beanstandete Verletzungshandlung, nämlich die Teilnahme an einer Tauschbörse verbunden mit dem Angebot zum Download an eine unbestimmte Anzahl von Personen, über den Telekommunikationsanschluss des Beklagten erfolgt ist. Der Beklagte könnte folglich lediglich dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn es ihm gelungen wäre, Tatsachen vorzubringen und gegebenenfalls unter Beweis zustellen, die eine Rechtsverletzung mit alleiniger Tatherrschaft durch einen Dritten über den Anschluss des Beklagten erklären könnten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof und zuletzt auch des Bundesverfassungsgerichts, die die Klägerin zutreffend zitiert hat, sind an die sekundäre Darlegungslast im konkreten Einzelfall strenge Anforderungen zustellen. Diesen Anforderungen hat der Beklagte nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht genügt, wobei insbesondere dem Aspekt der Chronologie besondere Bedeutung zuzumessen ist. Dem erkennenden Gericht ist nicht verborgen geblieben, dass Urheberrechtsverletzungsklagen sehr häufig unmittelbar vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht werden mit der Folge, dass nach Jahren im Familienkreis kaum aufklärbar ist, wer zu welchem Zeitpunkt einen Familiencomputer genutzt hat oder auch nicht. Im vorliegenden Falle verhält es sich jedoch gänzlich anders. Die Urheberrechtsverletzung wurde am [Datum] begangen und bereits am [Datum] folgte die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches.

Der Beklagte hatte also reichlich Gelegenheit, sich zeitnah mit möglichen Verletzungshandlungen' Dritter auseinander zusetzen. Nichts hätte näher gelegen, als auch die benutzte Gerätschaft, nämlich angeblich einen Speed-Port der Telekom, in die Überlegungen einzubeziehen. Das die Telekom 9 Monate später, nämlich am [Datum] eine Nutzerwarnung herausgegeben hat, kann nicht ausreichen, um der Darlegungslast bzgl. einer Verletzung durch Dritte zu genügen. Zum einen ist nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Telekom die Warnung ausgesprochen hat, ob auf Grund neuer aktueller Angriffsmöglichkeiten oder bereits zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung bestehender Angriffsmöglichkeiten. Es ist allgemein bekanntes Lebensrisiko der Teilnahme an der Internetkommunikation, dass täglich neue Gefahren durch kriminelle Machenschaften heraufbeschworen werden. Nach Auffassung des Gerichtes sind die Schwachstellen eines offenen oder gesicherten WLAN's heutzutage jedermann mehr oder weniger bekannt. Voraussetzung für einen Missbrauch ist allerdings, dass sich jemand in das WLAN einklinken kann. Hierzu bedarf es zumindest ansatzweise einer Darlegung, woraus sich eine konkrete Möglichkeit unter den konkreten Nutzungsverhältnissen am konkreten Nutzungsort ergeben könnte. Wollte man auf derart strenge Anforderungen, wie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und auch von dem erkennenden Gericht angenommen, verzichten, könnte jedermann beliebige Urheberrechtsverletzungen begehen, nur nicht der Nutzer eines einsam im Wald gelegenen Forsthauses mit Internetanschluss, denn nur dort wären plötzlich in Reichweite des Funkempfängers auftauchende Personen mit Telekommunikationsgeräten sicher zu bemerken und zu identifizieren.

Die geltend gemachten Beträge (600,00 EUR und 506,00 EUR) sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, sie halten sich im Rahmen bzw. an der Untergrenze dessen, was im Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung vor Novellierung des Urheberrechtsgesetzes ausgeurteilt wurden.

Weder der Schadensersatzanspruch noch die Kosten der Rechtsverfolgung sind im konkreten nicht angemessen. Das erkennende Gericht schließt sich der gut begründeten Schadensschätzung des Amtsgericht München, von der Klägerin ausführlich zitiert auf Seite 27 der Klage zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen. an. Ergänzend sei dem Beklagten noch einmal vor Augen geführt um was es eigentlich geht. Es geht nicht darum, dass der Beklagte sich lediglich einen Film illegal heruntergeladen und dieses Delikt geschlossenen in seinem Wissen verwahrt hätte, sondern um die Teilnahme an einer Internettauschbörse, also dem Versuch, jeder berechtigten Verwertung des Urheberrechtes durch kriminelle Machenschaft zu begegnen.

Wie der Beklagte angesichts der umfangreichen vorprozessualen außergerichtlichen Korrespondenz auf die Idee kommt, es sei lediglich eine 0,5 Geschäftsgebühr abzurechnen, ist nicht nachvollziehbar. Angesichts dessen, was im konkreten Einzelfall in Schriftsätzen gewechselt wurde, ist vielmehr sogar eine 1,3 Gebühr, die nicht eingeklagt ist, berechtigt. Auch der Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Der Streitwert liegt im Bereich dessen, was allgemein von den deutschen Gerichten zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung festgesetzt wurde. Nicht alles was der Gesetzgeber zu Papier bringt, ist auch sinnvoll. Die Abmahnkosten auf 1.000,00 EUR zu deckeln, mag sinnvoll sein, sofern die Strafverfolgungsbehörden den Betreibern und Nutzern von Tauschbörsen in der in einem Rechtsstaat gebotenen Art und Weise entgegentreten. Das erkennende Gericht hat von solcher Praxis noch nicht viel bemerkt. Bei dieser Sachlage wäre auch bei Anwendung des neuen Gesetzes darüber zu befinden, ob der genannte Wert - 1.000,00 EUR - nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Von einer solchen Unbilligkeit geht das Gericht aus, wenn jemand innerhalb einer Tauschbörse Dateien zum Download für jedermann bereit hält, also faktisch als Mittäter einen illegalen Markt eröffnet in der sicheren Erkenntnis, dass auf diese Art und Weise massenhaft Urheberrechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß begangen werden.

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.



Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat einzulegen bei dem

Landgericht Saarbrücken,
Franz-Josef-Röder-Straße 15,
66119 Saarbrücken.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung zu diesem Urteil zugelassen hat.

Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

Darüber hinaus kann die Kostenentscheidung isoliert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

Amtsgericht St. Ingbert,
Ensheimer Str. 2,
66386 St. Ingbert


oder dem

Landgericht Saarbrücken,
Franz-Josef-Röder-Straße 15,
66119 Saarbrücken


einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache 600,00 EUR übersteigt. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der genannten Gerichte eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei einem der genannten Gerichte ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

Die Beschwerde soll begründet werden.



[Name],
Richter am Amtsgericht



ausgefertigt
[Name], Justizobersekretär
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
(...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG St. Ingbert, Urteil vom 13.03.2017, Az. 9 C 163/15 (10),
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Sicherheitslücke WLAN-Router,
Unbillig

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5743 Beitrag von WalFrom » Mittwoch 5. April 2017, 23:45

Guten Abend,

erst einmal herzlichen Dank für die Hilfe, die hier angeboten wird.
Auch ich habe leider eine Abmahnung von Waldorf Frommer erhalten und habe mir jetzt die mod. UE angeschaut. Warum wird in dieser im letzten Absatz folgendes genannt:
"...ganz oder Teile daraus öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen, insbesondere über sogenannte Tauschbörsen im Internet zum elektronischen Abruf bereitzuhalten bzw. dies über einen nicht hinreichend gesicherten WLAN Internetanschluss zu ermöglichen."

während Waldorf Frommer in ihrer geforderten UE nur den Satz

"oder Teile daraus über das Filesharing-Protokoll bittorrent im Internet zum elektronischen Abruf bereitzuhalten."

nutzt?

Dieser ist doch viel enger gefasst und dementsprechend besser für den Angeklagten, oder? Ich würde den letzten Satz so übernehmen und den Satz aus der mod. UE streichen - wäre das okay oder würde es dann Probleme geben?

Vielen Dank für eure Hilfe und beste Grüße

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5744 Beitrag von Steffen » Donnerstag 6. April 2017, 00:21

WalFrom hat geschrieben:Dieser ist doch viel enger gefasst und dementsprechend besser für den Angeklagten, oder? Ich würde den letzten Satz so übernehmen und den Satz aus der mod. UE streichen - wäre das okay oder würde es dann Probleme geben?

AW3P stellt seit 2007 ein Musterschreiben für die mod. UE bereit. In dieser Zeit hat sich die Abfassung mehrmals geändert. Seit 2008 wird sie i.ZA. mit RA Dr. Wachs ständig aktuell gehalten. So dass jeder, der mit ohne Anwalt reagieren will, diese - unter Beachtung der Hinweise - benutzen kann.


Es gibt im Grundsatz nachfolgende Haftungsarten (Täter / Teilnehmer; Störer i.V.m. seiner Unterkategorie: Ermöglichungshandlung Dritter) abzudecken:


Musterschreiben:

[…] ganz oder Teile daraus öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen,
insbesondere über sogenannte Tauschbörsen im Internet zum elektronischen Abruf bereitzuhalten bzw.
dies über einen nicht hinreichend gesicherten WLAN Internetanschluss zu ermöglichen.
[…]

Rot - Täterhaftung
Blau - Störerhaftung
Grün - Unterkategorie Störerhaftung, Ermöglichungshandlung Dritter (unzureichend gesichertes WLAN)



Die Kanzlei WF geht im Grundsatz von einer Täterschaft des AI aus, besser gesagt nimmt in der originalen UVE (Entwurf) keine Unterscheidung zwischen Täterhaftung oder Störerhaftung vor. Eine reine Täter-UVE.

Für die Abfassung der UE - wie weit oder wie eng - ist der Schuldner (Abgemahnte) verantwortlich und nicht der Abmahner. Wenn die Abfassung von WF besser wäre, dann hätte ich diese wohl übernommen und es würde keiner warnen: Niemals die Originale!

VG Steffen

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AG Leipzig, Az 110 C 5611/16

#5745 Beitrag von Steffen » Freitag 7. April 2017, 23:42

Waldorf Frommer (München): Amtsgericht Leipzig - Anschlussinhaber muss Umstände mitteilen, die darauf schließen lassen, dass ein Dritter trotz Bestreitens mit alleiniger Tatherrschaft die Rechtsverletzung begangen hat


23:40 Uhr



Gegenstand des Gerichtsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Leipzig verklagte Anschlussinhaberin behauptete, den streitgegenständlichen Film nicht zu kennen und zu keinem Zeitpunkt Tauschbörsen verwendet zu haben. Zur maßgeblichen Zeit habe auch ihr Ehemann Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Dieser habe zwar auf Nachfrage seine Verantwortlichkeit abgestritten. Die Beklagte sei sich jedoch "nicht sicher", ob der Ehemann die Unwahrheit gesagt haben könnte. Des Weiteren bestritt die Beklagte auch die zutreffende Ermittlung der Rechtsverletzung.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... atherrsch/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 611_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Ehemann, vom Gericht als Zeuge geladen, machte im Rahmen der Beweisaufnahme von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Das Amtsgericht Leipzig gab der Klage daraufhin vollumfänglich statt.

Die Beklagte habe im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast keinerlei konkreten Gründe dargelegt, warum der Ehemann , obwohl er seine Verantwortung abgestritten habe, als alleiniger Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen soll. Vielmehr hingen die Angaben der Beklagten im "luftleeren Raum".

"Die Beklagte ist hier ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Es genügt nicht, dass der Anschlussinhaber die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptete. Er hat hinsichtlich derjenigen Person, die selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss haben und als Täter in Betracht kommen, nicht nur die Verpflichtung im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen, sondern auch mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer virtuellen Verletzungshandlung gewonnen hat, das heißt, er muss Umstände mitteilen, aus denen geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann und nicht vom Anschlussinhaber (BGH , NJW 1-2 /2017, Seite 78 ff. (82)). Die Angaben hierzu von der Beklagten hängen im luftleeren Raum. Nach der Behauptung der Beklagten, dass ihr Ehemann Zugang zum Internetanschluss hatte, eine Täterschaft aber verneint habe, sie aber nicht sicher sei, ob diese Antwort wahrheitsgemäß erfolgt sei, denn mit der Abmahnung standen Kosten im Raum, die das Familienbudget erheblich belasten, ist immer noch unklar, ob der Ehemann der Beklagten ernsthaft als Täter in Betracht kommt und nicht etwa die Beklagte selbst."

Da der Ehemann von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte, hätten sich auch aus der Beweisaufnahme keine weiteren Anhaltspunkte für dessen Täterschaft ergeben. Dies wertete das Amtsgericht ebenfalls zu Lasten der Beklagten.

"Aus der Zeugenvernehmung ergaben sich keine neuen Erkenntnisse, da der Zeuge [Name] sich (erlaubtermaßen) auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat und lediglich Angaben zur Person gemacht hat. Substantiierte Gründe, warum der Ehemann trotz seines vorprozessualen Bestreitens konkret als Täter in Betracht kommt, hat die Beklagte nicht dargetan."

Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2016 (I ZR 154/15 - Afterlife), da diese auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei.

"Insofern ist der Fall nicht vergleichbar mit dem von der Beklagtenseite zitierten Entscheidung des BGH (BGH - I ZR 154/15, Entscheidung vom 06.10.2016). Die Entscheidung ist zwar noch nicht veröffentlicht. Nach den zur Entscheidung vorliegenden Informationen war es aber so, dass der Anschlussinhaber auch auf eine Sicherheitslücke in seinem Router berufen hat und vorgetragen hatte, dass er zu dem vorgetragenen Zeitpunkt des Downloads nicht zu Hause gewesen ist. Die Ehefrau des dortigen Beklagten hatte ausgesagt, dass sie den Film nicht zum Download bereitgestellt hat. Das Gericht wertete offensichtlich diese Aussage als Schutzbehauptung und hielt daher die Täterschaft der Ehefrau für möglich. Die Situation ist mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Der Zeuge [Name] hatte sich im Termin zur Beweisaufnahme am 26.01.2017 auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Es waren daher für das Gericht keinerlei Umstände erkennbar, die für eine Alleintäterschaft des Zeugen [Name] gesprochen haben, und durch die der Anscheinsbeweis zu Lasten der Beklagten widerlegt worden wäre."

Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der Kosten (mit Ausnahme der Kosten der Verweisung).







AG Leipzig, Urteil vom 09.02.2017, Az 110 C 5611/16


(...) Beglaubigte Abschrift

Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 110 C 5611/16

Verkündet am: 09.02.2017

[Name], Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




In dem Rechtsstreit


[Name],
[/b]- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,


gegen[/b]


[Name],
- Beklagte -


Prozessbevollmächtigte:
[Name],


wegen Urheberrecht



hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2017 am 09.02.2017

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR, zzgl. Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.03.2015 sowie weitere 506,00 EUR, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.03.2015 zu zahlen.
2. Die. Klägerin trägt die Kosten der Verweisung. Die Beklagte trägt die übrigen Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages Sicherheit leistet.



Tatbestand

Die Klägerin macht mit der Klage Abmahnkosten und Schadenersat geltend aus einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte.

Die Klägerin ist Rechteinhaberin des Filmes [Name]. Zum Zeitpunkt des behaupteten Urheberrechtsverstoßes lebten neben der Beklagten deren Ehemann sowie die 4-jährige Tochter im Haushalt. Der Anschluss der Beklagtenseite ist mit einer WPA2-Verschlüsselung gesichert gewesen. Die 4-jährige Tochter der Beklagten kommt aufgrund ihrer mangelnden Kenntnisse nicht als Täterin in Betracht.



Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe zum Zeitpunkt [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr den Film [Name] illegal zum Herunterladen angeboten.

Mit der Klage macht die Klägerin Schadenersatz in Höhe von wenigstens 600,00 EUR geltend, sowie Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.03.2015 sowie
2. 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.03.2015 an die Klägerin



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte geht davon aus, dass der Abmahnung möglicherweise ein Fehler bei der Datenermittlung zugrunde lag.

Der Beklagten sei der streitgegenständliche Film nicht bekannt, sie habe auch niemals ein Filesharing-Programm genutzt. Die Beklagte habe ihren Ehemann gefragt, ob er die behauptete Rechtsverletzung begangen habe. Zwar habe der Ehemann dies verneint, aber die Beklagte war und ist sich nicht sicher, ob diese Antwort wahrheitsgemäß erfolgt ist. Denn mit der Abmahnung standen Kosten im Raum, die das Familienbudget erheblich belasteten. Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Ehemann hatte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt Zugang zu dem streitgegenständlichen Internetanschluss und komme als Täter der behaupteten Rechtsverletzung in Betracht.


Das Verfahren war ursprünglich beim Amtsgericht Kempten anhängig (Az. 4 C 407/16) und wurde mit Beschluss vom 13.07.2016 an das Amtsgericht Leipzig verwiesen.


Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.10.2016 durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.01.2017 Bezug genommen.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Die Klage ist im vollen Umfang begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten und Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR bzw. 506,00 EUR gemäß den §§ 677, 683 Abs. 1 BGB, 97a Abs. 2 Satz 1 UrhG a.F.

Für eine fehlerhafte Ermittlung der IP-Adresse der Beklagten, wie sie die Beklagtenseite behauptet, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Die Klägerin hat die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzte IP-Adresse zum Internetanschluss der Beklagten schriftlich dargelegt und durch Vorlage eines Screenshots belegt. Hieraus folgt eine indizielle Vermutung dafür, dass der streitgegenständliche Film vom Internetanschluss der Beklagten zum Download angeboten worden ist (OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13, Rz. 18; LG Leipzig, Az. 5 S 620/13, Entscheidung vom 05.06.2014). Generelle Ausführungen zur Fehlerquote der Ermittlungen der Beklagten enthalten keinen Bezug im konkreten Fall.

Zu Lasten der Beklagten spricht die tatsächliche Vermutung für ihre Täterschaft. Die Beklagte hat die tatsächliche Vermutung ihrer Täterschaft nicht hinreichend widerlegt. Verlangt ein Rechteinhaber von einem Internetanschlussinhaber Schadenersatz wegen Teilnahme an einem Download, besteht eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Anschlussinhaber als Zuteilungsinhaber einer bestimmten IP-Adresse für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des ihm Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes - nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses - ergibt (OLG Köln, Entscheidung vom 08.02.2013, Az. 6 U 10/13, zitiert nach Juris, Rz. 25; BGH, NJW 2013, Seite 1441 ff. (1442); BGH, NJW 1 - 2/2017, Seite 78 ff. (80)). Hierzu sind konkrete Anhaltspunkte darzulegen , die einen abweichenden Geschehensablauf in Form einer Alleintäterschaft eines Dritten jedenfalls nicht gänzlich unwahrscheinlich erscheinen lassen

Die Beklagte trägt als Inhaberin des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Die sekundäre Darlegungslast führt weder zur Umkehr der Beweislast, noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 Satz 2 ZPO) hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigte Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen, selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zur Nachforschungen verpflichtet (BGH, Entscheidung vom 08.01.2014, NJW 2014, Seite 2360 ff. (2361); OLG Köln, Entscheidung vom 02.08.2013, ÄZ:. 6 U 10/13, zitiert nach Juris, Rz. 26).

Die Beklagte ist hier ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Es genügt nicht, dass der Anschlussinhaber die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem 'Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet. Er hat hinsichtlich derjenigen Person, die selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss haben und als Täter in Betracht kommen, nicht nur die Verpflichtung im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen, sondern auch mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer virtuellen Verletzungshandlung gewonnen hat, d. h., er muss Umstände mitteilen, aus denen geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann und nicht vom Anschlussinhaber (BGH, NJW 1- 2 /2017, Seite 78 ff. (82)). Die Angaben hierzu von der Beklagten hängen im luftleeren Raum. Nach der Behauptung der Beklagten, dass ihr Ehemann Zugang zum Internetanschluss hatte, eine Täterschaft aber verneint habe, sie aber nicht sicher sei, ob diese Antwort wahrheitsgemäß erfolgt sei, denn mit der Abmahnung standen Kosten im Raum, die das Familienbudget erheblich belasten, ist immer noch unklar, ob der Ehemann der Beklagten ernsthaft als Täter in Betracht kommt und nicht etwa die Beklagte selbst.

Aus der Zeugenvernehmung ergaben sich keine neuen Erkenntnisse, da der Zeuge [Name] sich (erlaubtermaßen) auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat und lediglich Angaben zur Person gemacht hat.

Substantiierte Gründe, warum der Ehemann trotz seines vorprozessualen Bestreitens konkret als Täter in Betracht kommt, hat die Beklagte nicht dargetan.

Insofern ist der hier vorliegende Fall auch nicht vergleichbar mit dem von der Beklagtenseite zitierten Entscheidung des BGH (BGH 1 ZR 154/15, Entscheidung vom 06.10.2016). Die Entscheidung ist zwar offensichtlich noch nicht veröffentlicht. Nach den zur Entscheidung vorliegenden Informationen war es aber so, dass der Anschlussinhaber sich auf eine Sicherheitslücke in seinem Router berufen hat und vorgetragen hatte, dass er zu dem vorgetragenen Zeitpunkt .des Download nicht zu Hause gewesen ist. Die Ehefrau des dortigen Beklagten hatte ausgesagt, dass sie den Film nicht zum Download bereitgestellt hat. Das Gericht wertete offensichtlich diese Aussage als Schutzbehauptung und hielt daher die Täterschaft der Ehefrau für möglich. Die Situation ist mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar . Der Zeuge [Name] hatte sich im Termin zur Beweisaufnahme am 26.01.2017 auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Es waren daher für das Gericht keinerlei Umstände erkennbar, die für eine Alleintäterschaft des Zeugen [Name] gesprochen haben, und durch die den Anscheinsbeweis zu Lasten der Beklagten widerlegt worden wäre.

Nach alledem war die Klage begründet. Der Schadenersatzanspruch in Höhe von 600,00 EUR ist nicht zu beanstanden, ebenso wenig die Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR. Ein Streitwert über 10.000,00 EUR für das illegale Herunterladen eines Filmes ist angemessen (vgl. OLG Dresden, Entscheidung vom 05.11.2013, Az. 14 W 348/13; LG Leipzig, Az. 5 S 620/13, Entscheidung vom 05.06.2014; AG Leipzig, Entscheidung vom 11.12.2013, Az. 102 C 348/13). Eine 1,3 Geschäftsgebühr plus Auslagenpauschale aus einem Streitwert von 10.000,00 EUR ergeben 506,00 EUR.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte wurde zum 26.03:2015 angemahnt, so dass sie ab dem 27.03.2015 in Verzug geraten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Beschluss:
Streitwert: 1.106,00 EUR.




Rechtsbehelfsbelehrungen

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist.

Der Weil des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzig


eingegangen sein.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder
- das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.

Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzig


einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.



Beschwerdefrist:

Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.



[Name],
Richter am Amtsgericht


Für die Richtigkeit der Abschrift:
Leipzig, 09.02.2017

[Name], Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
(...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Leipzig, Urteil vom 09.02.2017, Az 110 C 5611/16,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Zeugnisverweigerungsrecht,
theoretische Möglichkeit,
pauschales Bestreiten

Dolan
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5746 Beitrag von Dolan » Sonntag 9. April 2017, 21:06

Guten Abend,

da ihr ja schon einige Erfahrung mit Abmahnungen der Kanzlei Waldorf Frommer gesammelt habt, würde ich euch um eine Einschätzung der folgenden Lage bitten:
Vor 1-2 Wochen hat meine Freundin postalisch ein Schreiben mit dem Titel "Illegales Tauschbörsenangebot zu Lasten unserer Mandatschaft -Vorbereitung Klageverfahren-" erhalten, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das ganze ein Fake/Scam-Versuch ist oder nicht.
- Es war definitiv der erste Brief von "Waldorf Frommer" und es wird gleich im ersten Satz davon gesprochen, dass sie die angeblich zuvor geltend gemachten Ansprüche nicht erfüllt hat und sie sich somit für eine gerichtliche Auseinandersetzung entschieden hat -> das würde voraussetzen, dass Waldorf Frommer schon zuvor Briefe an meine Freundin geschickt hätte was offensichtlich nicht der Fall ist
- Es wird davon gsprochen, dass der Kläger die zu zahlende Summe des Schadenersatzes gerichtlich schätzen lassen wird, im nächsten Absatz des Briefes wird dann aber ein nicht klar bezifferter Betrag eingefordert, um die Klage abzuwenden -> sehr konfus
- Als Kläger wird Warner Bros. Entertainment GmbH, aber nicht der angeblich heruntergeladene Titel/Film/Serie/Spiel was auch immer genannt -> in den Beispielen, die ich bisher im Internet gefunden habe, wurden diese Fakten immer genannt
- Es wird keine IP-Adresse und auch kein Datum/Zeitpunkt des angeblichen Gesetzesverstoßes genannt -> In den Beispielen, die ich bisher im Internet gefunden habe, wurden diese Fakten immer genannt
- Meine Freundin und ich Nutzen definitiv keine Filesharing-Dienste
- Es gab ja in letzter Zeit verschiedene versuchte Scam-Versuche per Mail -> Im Brief wird nur der Name/Adresse meiner Freundin genannt, was ein wenig nach einen Scam mit gekauften Adressdaten riecht

Heute kam dann der zweite Brief mit dem Titel "Illegales Tauschbörsenangebot zu Lasten unserer Mandatschaft -Vorbereitung Klageverfahren abgeschlossen-"
- Es wird die Einleitung des Gerichtsverfahrens für den 13.04.2017 angekündigt, allerdings kein Gericht spezifiziert
- Es wird 1215€ gefordert, um die Einleitung gerichtlicher Schritte abzuwenden.
- Wie im vorherigen Brief werden mögliche Strafkosten aufgelistet, die in Summe wohl auf einen 5-stelligen Betrag hinauslaufen
Das Ganze sieht für mich sehr nach einem versuchten Scam aus, allerdings will ich ihr natürlich auch keine falschen Ratschläge geben, die ich/sie später bereuern würden.

Schätzt ihr die zuvor beschriebenen Schreiben als authentisch an?
Ist es eine gute Idee, bei Waldorf Frommer anzurufen und nachzufragen, ob der Schriftverkehr von der Anwaltskanzlei ausgeht?
Falls ja, würde ich/sie einen Anwalt einschalten, da die Vorwürfe imo haltlos sind.

Schon einmal vielen Dank im Voraus und beste Grüße,

Dolan

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5747 Beitrag von Dolan » Sonntag 9. April 2017, 21:27

Zusatz: Eine Unterlassungserklärung wurde auch bei keinem der Briefe beigefügt!

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5748 Beitrag von Steffen » Sonntag 9. April 2017, 21:50

Hallo Dolan,

Scam:
Unter einem Scam versteht man ein groß aufgezogenes Online-Betrugsszenario, das das Ziel hat, Internet-Nutzer um ihr Geld zu erleichtern (Quelle: sat1.de/ratgeber)

O.K. Der einfachste Weg wäre ja beim Abmahner anzurufen, um zu klären, ob es sich um einen Scam handelt oder nicht. Die meisten Scam's sind auch nur per Mail passiert. Ist es tatsächlich der erste / zweite Brief, kann ja deine Freundin erst einmal dem Abmahner dieses so (schriftlich) mitteilen sowie eine Kopie des Abmahnschreibens anfordern, um angemessen reagieren zu können. Was eigentlich schon beim ersten Brief erfolgen hätte müssen.


Die Anmerkung zum SE ist nicht konfus, sondern rechtskonform. Der Abmahner kann eine Höhe selbst festlegen. Letztendlich legt der Richter die Höhe des SE fest bzw. bestätigt oder korrigiert die vom Abmahner beantragte Höhe.


Bei diesem Schreiben geht der Abmahner davon aus, dass das Abmahnschreiben zugestellt wurde. Darin ist der Vorwurf sowie nähere Angaben thematisiert, so dass man es jetzt nicht erneut vortragen muss. Schon aus diesem Grund, muss eine Kopie des Abmahnschreibens angefordert werden.

Dolan hat geschrieben:(...) - Meine Freundin und ich Nutzen definitiv keine Filesharing-Dienste (...)
Es steht erst einmal - ich gehe davon aus, dass es kein Scam ist - die tatsächliche Vermutung, das der ermittelte Verstoß über den Anschluss aus ging sowie der Anschlussinhaber (deine Freundin) dafür als Täter verantwortlich. Der Anschlussinhaber muss sich jetzt aus dieser Täterschaftsvermutung befreien. Das Argument, dass niemand Filesharing-Dienste benutzt, wird niemand (Abmahner / Richter) so richtig interessieren und nicht ausreichen.


Es sind m.E. normale Folgeschreiben, beruhend aus einer vorangegangenen Abmahnung. Komme ich damit nicht klar, weil ich kein Abmahnschreiben erhielt: a) beauftrage ich einen Anwalt zur Klärung, b) rufe beim Abmahner an oder c) teile ihm - was schon nach dem ersten Schreiben passieren musste - den Sachverhalt des nicht erhaltenen Abmahnschreiben schriftlich mit i.V.m. der Bitte um Zusendung einer Kopie des Abmahnschreibens, um angemessen (mit oder mit ohne Anwalt) reagieren zu können. Dieses ist auch zumutbar.

Dolan hat geschrieben:Zusatz: Eine Unterlassungserklärung wurde auch bei keinem der Briefe beigefügt!
Diese ist als möglicher Entwurf dem Abmahschreiben beigefügt, was nicht erhalten wurde.

VG Steffen

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LG Berlin, Az. 16 S 7/15

#5749 Beitrag von Steffen » Mittwoch 12. April 2017, 18:24

Waldorf Frommer (München): Das Landgericht Berlin hebt Filesharing Urteil des Amtsgericht Charlottenburg auf - Kommt "niemand" als Täter in Betracht, haftet der Anschlussinhaber!


18:20 Uhr



Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Hörspielaufnahmen. Das Landgericht Berlin hat ein Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg aufgehoben und den Anschlussinhaber vollumfänglich zum Ersatz des geltend gemachten Lizenzschadens, der Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten beider Instanzen verurteilt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ssinhaber/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... S_7_15.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Carolin Kluge



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Verfahren hatte der Beklagte vorgetragen, seine Ehefrau habe den Internetanschluss jederzeit selbstständig nutzen können. Weder er noch seine Ehefrau hätten jedoch die Rechtsverletzung begangen. Zudem habe der Beklagte als IT-Spezialist seinen Internetanschluss stets umfassend gesichert. Es könne allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die Rechtsverletzung von einem unberechtigten Dritten unter Ausnutzung einer Sicherheitslücke in seinem Router begangen wurde. Wahrscheinlicher sei jedoch eine fehlerhafte Ermittlung der Rechtsverletzung.

Das Amtsgericht Charlottenburg sah diesen Vortrag als ausreichend an und wies die Klage ab. Hiergegen wendete sich die von der Kanzlei WALDORF FROMMER vertretene Rechteinhaberin mit Erfolg.

Nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme betrachtete es als erwiesen, dass die Ehefrau die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Der Vortrag zu der vermeintlichen Sicherheitslücke sei insgesamt unbeachtlich, da dieser "eine reine Spekulation" darstelle.

Auch Zweifel an der korrekten Ermittlung seien nicht ersichtlich. Insoweit habe der für die Zuverlässigkeit des verwendeten Ermittlungssystems benannte Zeuge überzeugend bestätigt, dass Fehler bei der Dokumentation der Rechtsverletzung ausgeschlossen seien.

Der Beklagte bliebe daher "eine plausible Erklärung dafür schuldig, wie es zur [...] Feststellung von drei Rechtsverletzungen zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten ausgehend von seinem WLAN-Anschluss gekommen sein soll".

Daher käme "als möglicher Täter nur der Beklagte in Betracht".





LG Berlin, Urteil vom 14.03.2017, Az. 16 S 7/15


(...) Ausfertigung



Landgericht Berlin

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 16 S 7/15
225 C 187/14 Amtsgericht Charlottenburg


verkündet am: 14.03.2017
[Name], Justizbeschäftigter


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,-



gegen


den Herrn [Name],
Beklagten und Berufungsbeklagten,

- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte [Name], [Adresse], 10557 Berlin,-


hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name] und die Richter am Landgericht [Name] und [Name]

für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Januar 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - Aktenzeichen 225 C 187/14 - abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.406,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2013 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.



Gründe:

Von der Abfassung des Tatbestands wird gemäß.§ 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgemäß im Sinne der §§,517 ff. ZPO eingelegt worden:

Die Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 900,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG.

Der Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Werks, das ihr als exklusive Lizenznehmerin zusteht, verletzt, indem er es über seinen Internetanschluss zum Herunterladen im Wege des Filesharings bereit gestellt hat.

Hiervon hat die Kammer unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme auszugehen.

Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist; daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGH GRUR 2010, 633, 634 - Sommer unseres Lebens): Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert (OLG Köln MMR 2014, 338, 339 - Abmahnkosten in Filesharing Fällen). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu. verschaffen (BGH GRUR 2014, 657, 658 - BearShare).

Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH GRUR 2014, 657, 658 - BearShare). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung Verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat (BGH GRUR 2016, 191, 194 - Tauschbörse III; BGH BeckRS 2016, 18340 Rn. 33. - Everytime we touch).

Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht; der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in Zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH a.a.O. - Everytime we touch).

Der Beklagte ist dieser sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen, weil nach seinem Vortrag - auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme - niemand die festgestellte Rechtsverletzung begangen haben soll. Jedenfalls bleibt der Beklagte eine plausible Erklärung dafür schuldig, wie es zur - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fehlerfreien - Feststellung von Rechtsverletzungen zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten ausgehend von seinem WLAN-Anschluss gekommen sein soll. Denn er trägt zum einen vor, weder er, noch seine Ehefrau, noch sonst jemand aus seinem persönlichen Umfeld habe ,die Rechtsverletzung begangen. Zum anderen führt er aber auch aus, sein Internetanschluss sei hinreichend gesichert. Dass er im Übrigen mutmaßt, es habe doch einen Fremdzugriff aufgrund einer Sicherheitslücke gegeben haben können, stellt eine reine Spekulation dar.

Unter Berücksichtigung dieses Vortrags und des Ergebnisses der Beweisaufnahme geht die Kammer vorliegend indessen von einer Täterschaft des Beklagten aus. Zwar konnte zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung eine andere Person, nämlich die Ehefrau des Beklagten, mithin die Zeugin [Name] den Internetanschluss des Beklagten generell nutzen. Die Zeugin hat aber überzeugend ausgeführt, die behauptete Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben. Auch hat die Zeugin 'ausgeführt, dass außer ihr und dem Beklagten niemand den Internetanschluss nutzt. Die Kammer hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin zu zweifeln. Die Zeugin hat ihre Aussage schlüssig und frei von Widersprüchen getätigt. In diesem Fall kommt als möglicher Täter der Rechtsverletzung nur der Beklagte in Betracht.

Dass die Ermittlungen der IP-Adressen des Anschlusses des Beklagten möglicherweise auf einem Fehler des ermittelnden Unternehmens, der Firma ipoque GmbH beruhen, kann aufgrund der überzeugenden Aussage des Zeugen Dr. [Name] aus Sicht der Kammer ausgeschlossen werden. Der Zeuge Dr. [Name] hat die einzelnen Schritte der Ermittlung der IP-Adressen im Einzelnen dargelegt und insbesondere ausgeführt, dass durch die Vornahme einer positiven Ermittlung. von Rechtsverstößen Fehler bei der Ermittlung ausgeschlossen sind. Die Kammer zweifelt nicht an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen Dr. [Name]. Im Übrigen ist ein zweifelsfreier Nachweis der vollständigen Fehlerfreiheit des Auskunftsverfahrens nicht erforderlich. Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH GRUR 2016, 176, 180 - Tauschbörse I). Dies ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der im Verhandlungstermin angesprochenen fehlenden "funktionellen Redundanz" der Fall, mithin einer zweimaligen Überprüfung vermeintlicher Rechtsverletzungen. Da vorliegend in drei Fällen an zwei unterschiedlichen Tagen Rechtsverletzungen unter der IP-Adresse des Beklagten ermittelt wurden, geht die Kammer auch ohne parallele Feststellungen der Rechtsverletzungen davon aus, dass diese dem Beklagten zuzurechnen sind.

Der Anspruch auf Schadenersatz besteht auch, wie beantragt, in Höhe von 900,00 EUR. Angesichts des Umstands, dass es vorliegend um die Nutzung erfolgreicher Hörbücher der [Name] geht, ist dieser Betrag im Rahmen der Schadenschätzung nach § 287 ZPO nicht übersetzt.

Weiterhin hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR gemäß § 97a UrhG. Die Abmahnung war aufgrund der s vorstehenden Ausführungen berechtigt. Sie hat die streitgegenständliche Rechtsverletzung auch hinreichend genau unter Nennung der geschützten Werke, der ermittelten Verletzungshandlungen mit den Zeitpunkten und den IP-Adressen bezeichnet, § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UrhG. Die Abmahnung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 4 BDSG rechtswidrig. Die Erhebung der IP-Adresse folgt aus den öffentlich zugänglichen Daten des jeweiligen Teilnehmers an einer Tauschbörse. Denn dieser offenbart seine IP-Adresse, demjenigen, mit dem er kommuniziert. Im Übrigen handelt es sich bei der IP-Adresse lediglich um eine abstrakte Ziffernfolge ohne Preisgabe der Identität des jeweiligen Nutzers. Die konkrete Zuordnung zum. Namen des Nutzers folgt erst in einem gesonderten Auskunftsverfahren, das besonderen Anforderungen unterliegt. Sofern es sich bei den Daten, die der IP-Adresse zugrunde liegen, um personenbezogene Daten handelt, stellt § 28 BDSG eine konkrete Rechtsgrundlage für die Erhebung und Speicherung der Daten dar.

Auch hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass die geltend gemachten Aufwendungen der Höhe nach deshalb nicht entstanden sind, weil die Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht in jeden Einzelfall beauftragt werden. Dies behauptet der Beklagte lediglich pauschal und ohne weitere Anhaltspunkte.

Der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00. EUR ist nicht überhöht. Er entspricht der Wertfestsetzung der Kammer in vergleichbaren Fällen.

Der Zinsanspruch folgt aus Verzugsgründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit. beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.



[Name]

[Name]

[Name]




Ausgefertigt
[Name], Justizbeschäftigte (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Berlin, Urteil vom 14.03.2017, Az. 16 S 7/15,
Vorinstanz: AG Charlottenburg, Urteil vom 27.01.2015, Az. 225 C 187/14,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
pauschales Bestreiten,
sekundäre Darlegungslast,
theoretische Möglichkeit

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5750 Beitrag von abm4ahnw4hn » Freitag 14. April 2017, 18:58

Hallo,

im Herbst 2013 hatte ich von Waldorf.-Frommer eine Abmahnung erhalten.
Zur Information: Da ich es nicht gedownload hatte und der Rest der Familie zweifelsfrei dafür auch nicht in Frage kam, ergab meine Recherche, dass ein Besuch aus dem Ausland den besagten download wahrscheinlich vollzogen hatte.
Ich hatte gemäß: folgendem Schema gehandlet.
In den Schreiben findet man:
1. Aufforderung Abgabe UE ( Wichtig modUE per Rückschein verschickt und nicht die UE die beigefügt ist )
2. letzte Zahlungsaufforderung nach Abgabe UE ( Bettelbrief -- abheften )
3. Zahlungsaufforderung vor Klageerhebung ( Bettelbrief -- abheften)
-->Bestätigung Erfüllung Unterlassungsansprüche
--> Zahlungsansprüche noch nicht erfüllt
--> Angebot der Ratenzahlung
4. Vorbereitung Klageerhebung ( verschärfter Bettelbrief -- abheften )
--> Erhöhung der geforderten Summe
5. Vorbereitung Klageerhebung abgeschlossen (verschärfter Bettelbrief -- abheften )
--> Mitteilung Datum zur Einleitung Gerichtsverfahren
--> Mitteilung des Prozesskostenrisikos
--> WF fordert die ladungsfähige Anschrift zu bestätigen ( unnötig )
6. Mahnbescheid ( Kreuz bei Punkt 2 und verschicken )
7. Abgabemitteilung vom Mahngericht mit Az. des künftigen Prozessgerichtes
8. WF muss Klage begründen und erheben
9. Gerichtsverfahren

Bei mir gab es im Herbst, knapp 3 Jahre nach dem ersten Brief, einen Mahnbescheid vom Amtsgericht. Dem Anspruch hatte ich insgesamt widersprochen.
Nun sind seit 31.12.2016 mehr als drei Jahre um und meine Hoffnung, dass nichts mehr kommt ist relativ groß.

Danke für eure Hilfe

Raptax

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Steffen
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Popcorn Time Abmahnungen

#5751 Beitrag von Steffen » Sonntag 16. April 2017, 09:28

Abmahnungen "Popcorn Time" - was gilt?



09:28 Uhr



Aktuell häufen sich wieder erneut die Berichte hinsichtlich versendeter "Abmahnwellen" der Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer" wegen Urheberrechtsverstößen durch Benutzer von "Popcorn Time". "Popcorn Time" ist eine Software, die man im "World Wide Web" herunterladen und installieren muss, um Filme und Fernsehserien von Torrents per Stream anschauen zu können. Es gibt hier aber immer noch sehr viele Unklarheiten, da viele Abgemahnte sagen sie hätten doch nur einen bestimmten Film bzw. TV-Serie per Stream angeschaut und kein Filesharing betrieben.




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Was gilt nun? Diese Frage ist AW3P nachgegangen und hat kurze ausgewählte Fragen an die Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer" gerichtet. Für die Beantwortung hat sich Rechtsanwalt Marc Hügel freundlicherweise bereit erklärt. Rechtsanwalt Marc Hügel ist einer der Gesellschafter bei "WALDORF FROMMER". Seit 2003 beschäftigt er sich u.a. intensiv mit der Bekämpfung von diversen Rechtsverletzungen im Internet.


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AW3P: Herr Rechtsanwalt Hügel, handelt es sich bei den Berichten um Verwechslungen oder können Sie bestätigen, dass Ihre Kanzlei Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer von "Popcorn Time" an Werken Ihrer Mandantinnen abmahnt?


Rechtsanwalt Marc Hügel: Beides stimmt! Ja, es handelt sich um Verwechslungen und ja, wir haben Nutzer von "Popcorn Time" abgemahnt. Das klingt vielleicht erstmal wie ein Widerspruch, lässt sich aber schnell auflösen:

Es gibt in der Berichterstattung zu "Popcorn Time" ein ganz eklatantes Miss- oder besser Fehlverständnis. Die Filme können zwar über die Software auch im Wege des Streamings konsumiert werden. Bei der dahinter stehenden Technologie handelt es sich um völlig normales BitTorrent.

Mit anderen Worten: Jeder Nutzer von "Popcorn Time" nimmt wie jeder andere Client am "P2P Netzwerk" teil. Während er sich eine Filmdatei herunter lädt - und nichts anderes passiert hier - verbreitet er diese gleichzeitig an die Nutzer des regulären "P2P Netzwerkes" im Wege des Uploads. Dieser Upload findet auch nicht allein gegenüber den Nutzern von "Popcorn Time" statt, sondern steht allen Nutzern der Tauschbörse zur Verfügung.

Ich möchte an dieser Stelle wirklich unterstreichen, dass derzeit keine Ermittlung von "Streaming Diensten" existiert. Unsere Mandantschaft ermittelt nach wie vor ausschließlich in Tauschbörsen. Im Rahmen der Ermittlung kann überhaupt nicht erkannt werden, dass es sich bei einigen ermittelten Anbietern um Nutzer des Dienstes "Popcorn Time" handelt.

Wir können aber mit Sicherheit sagen, dass über den Anschluss jedes Nutzers, den unsere Mandantschaft anschreibt, nachweislich Filme unserer Mandantschaft öffentlich zugänglich gemacht wurden. Es kann für jeden einzelnen Fall ein Datentransfer nachgewiesen werden. Letztlich handelt es sich also um einen ganz normalen "P2P Fall".


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AW3P: Herr Rechtsanwalt Hügel, es herrscht immer noch Unklarheiten bei der Benutzung der Software "Popcorn Time". Es wird ja auf der Webseite von "popcorntime.io" propagiert, so wörtlich: (...) Popcorn Time streamt Filme und Fernsehserien von Torrents (...). Streaming ist ja seit den "RedTube-Abmahnungen" sowie dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Az. C-360/13) rechtens. Warum wird dieses Streaming dann durch Ihre Kanzlei (natürlich im Auftrag Ihrer Mandantinnen) geahndet?


Rechtsanwalt Marc Hügel: Wie gerade in der vorangehenden Antwort erläutert wurde, geht es in den von uns versandten Schreiben nicht um Streaming.

Durch den verwendeten Tauschbörsen-Client wurden nachweislich Filme unserer Mandantschaft Dritten zum Download angeboten, also - juristisch gesprochen - öffentlich zugänglich gemacht. Allein dieser Umstand liegt einer Haftung zugrunde, die rechtliche Beurteilung des Streamings spielt hier schlichtweg keine Rolle.

Aus unserer Sicht kann sich kein Nutzer, der ein solches Angebot nutzt, das für jeden erkennbar das Urheberrecht verletzt ("Torrents per Stream", kostenfreier Zugang zu aktuellen Filmen), auf Privilegierungen des Urhebergesetzes oder seine Unkenntnis berufen. Dass Anwaltskollegen nunmehr propagieren, es sei für die Nutzer ja nicht erkennbar, welche Technologie genutzt werde, halte ich für schwer nachvollziehbar.

Ungeachtet dessen spielt es auch keine Rolle, inwiefern sich der Nutzer eines solchen Tauschbörsenclients darüber im Klaren ist, dass mit dem Abrufen bzw. Downloaden von Dateien zugleich deren öffentliche Zugänglichmachung verbunden ist. Unabhängig davon, dass bestimmte Ansprüche verschuldensunabhängig sind, erachtet es die Rechtsprechung als für den Nutzer zumutbar, sich über die Tragweite seines Handelns zu informieren und ggf. Gewissheit zu verschaffen. Auf der Seite von "Popcorn Time" findet sich sogar der klare Hinweis, dass "Torrents" gestreamt werden. Was genau haben sich die Nutzer denn darunter vorgestellt?

Wir sind ohnehin ein wenig erstaunt über die Aufregung, die hier gleichsam über Nacht entstanden ist. Aus unserer täglichen Praxis können wir sagen, dass sich lediglich eine überschaubare Zahl der Angeschriebenen überhaupt auf die Nutzung von "Popcorn Time" beruft. Weder kann aus unserer Sicht also von einer "Abmahnwelle" die Rede sein, noch ist vorliegend - in technologischer oder juristischer Hinsicht - etwas Neues passiert.

Man kann sich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass manche Kollegen die geradezu euphorische Aufregung über "Popcorn Time" als willkommenen "Steigbügel" zur Aufbesserung des eigenen "Google-Rankings" verwenden.


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AW3P: Herr Rechtsanwalt Marc Hügel, kurz und knapp, worin liegt der Unterschied zwischen Streaming und Streaming per "Popcorn Time", was ist erlaubt, was nicht?


Rechtsanwalt Marc Hügel: Ich betone nochmals: "Popcorn Time" ist keine "klassische" Streaming Seite. Genutzt wird normale "P2P Technologie". Soweit es der für "Popcorn Time" verwendete Client ermöglicht, die heruntergeladenen Inhalte sofort anzusehen, ist dies für die rechtliche Bewertung völlig unerheblich. Anders als beim "normalen" Streaming erfolgt eben bei "Popcorn Time" durch den Nutzer ein eigenständiges Angebot im Sinne einer öffentlichen Zugänglichmachung.

Das öffentliche Zugänglichmachen von urheberrechtlich geschützten Inhalten ist und bleibt rechtswidrig.

Wie das "klassische" Streaming rechtlich zu bewerten ist, wird auf Grundlage anderer Sachverhalte zu klären sein.

Dazu vielleicht nur soviel: Ob und in wieweit z.B. die Nutzer von "kino.to" eine Urheberrechtsverletzung begangen haben, mag noch nicht höchstrichterlich geklärt sein. Die Betreiber von "kino.to" wurden jedenfalls als kriminelle Vereinigung und ihre Taten als gewerbsmäßige Begehung von Urheberrechtsverletzungen angesehen. Ungeachtet der urheberrechtlichen Bewertung sollte sich also jeder Nutzer, der seine Hände zufrieden in Unschuld wäscht, darüber im Klaren sein, wen und was er mit diesem Verhalten genau unterstützt.


---------------------


AW3P: Was empfiehlt Ihre Kanzlei hinsichtlich dem Erhalt einer Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung durch die Benutzung von "Popcorn Time". Sollte man diese ignorieren oder darauf immer reagieren?


Rechtsanwalt Marc Hügel: egal ob man eine Abmahnung von unserer Mandantschaft oder von anderen Rechteinhabern erhält: "Den Kopf in den Sand zu stecken" ist nie die richtige Antwort. Nur im konkreten Diskurs kann man Konflikte vermeiden und eine Lösung finden.

Wer sich unsicher ist, sollte natürlich auch rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen. Vorzugsweise bei einem Rechtsanwalt, der sich auf das Urheberrecht spezialisiert hat und dazu bereit ist, sich mit der individuellen Situation des Falles und des Betroffenen eingehend zu befassen.


---------------------


AW3P: Ich bedanke mich bei der Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer" für die Beantwortung der Fragen.


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!
Diese Fragen wurden im Januar 2015 an die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte gestellt. 2017 gibt es diesbezüglich immer noch Unklarheiten. Aus diesem Grund wird es noch einmal veröffentlicht.



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AG Charlottenburg, Az. 225 C 307/16

#5752 Beitrag von Steffen » Mittwoch 19. April 2017, 23:48

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren, der zum Tatzeitpunkt einen "Airbnb" Mieter gehabt haben will


23:45 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützte Musikaufnahmen. Die Beklagte hatte sich in diesem Verfahren damit verteidigen wollen, dass sie zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Rechtsverletzung längerfristig beruflich ortsabwesend gewesen sei. Im Verletzungszeitraum habe sie ihre Wohnung daher mittels "Airbnb" an einen Untermieter vermietet. Dies wollte die Beklagte durch Vorlage einer vermeintlichen Untermietvereinbarung nachweisen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... aben-will/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 307_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Carolin Kluge




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Charlottenburg hat die Beklagte gleichwohl als Täterin der Rechtsverletzung verurteilt. Ihr war es nach Ansicht des Gerichts nicht gelungen, ihren Vortrag ausreichend zu substantiieren und nachzuweisen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich weder der Name des vermeintlichen Mieters noch der Umstand, dass es sich überhaupt um die Wohnung der Beklagten gehandelt habe. Überdies sei die Entfernung zwischen Wohnort und behaupteter Arbeitsstätte nicht so groß, dass ihre eigene Täterschaft in diesem Zeitraum ausgeschlossen wäre.

Die Beklagte muss daher nun die entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie den Schadensersatz wegen der Verletzung der Rechte der Klägerin übernehmen. Zudem hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.





AG Charlottenburg, Urteil vom 14.03.2017, Az. 225 C 307/16


(...) Abschrift



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 225 C 307/16

verkündet am: 14.03.2017

In dem Rechtsstreit



[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name],
Beklagte,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], Beethovenstraße 3, 59174 Kamen,




hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 225, auf die mündliche Verhandlung vom 14.03.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 sowie weitere 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 600,00 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von weiteren 506,00 EUR geltend.

Die amerikanische Dachgesellschaft der Klägerseite ist als Rechteinhaber auf der verfahrensgegenständlichen Tonaufnahme, dem Album [Name] der Band [Name], im Hersteller-bzw. Urhebervermerk angegeben.

Mit Schreiben vom [Datum], auf das wegen der weiteren Einzelheiten - Blatt 38 ff. der Akte - verwiesen wird, wurde die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Die Beklagte hat sich daraufhin durch Abgabe einer Unterlassungserklärung rechtsverbindlich verpflichtet, künftige Rechtsverletzungen zu unterlassen. Eine Zahlung erfolge trotz wiederholter Aufforderung nicht.

Die Klägerin behauptet, sie sei eine Landesgesellschaft der amerikanischen Dachgesellschaft [Name] und beziehe ihre exklusiven Rechte aus einem konzerninternen Repertoireaustausch (sogenannten "International Repertoire License"). Bei der auf dem Cover als Rechteinhaberin angegebenen [Name] handele es sich um ein unselbstständiges Label der [Name]. Gemäß der Ermittlung der von ihr beauftragten ipoque GmbH sei mit Hilfe des Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS) festgestellt worden, dass das oben genannte Album am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse zu Download für andere Nutzer zur Verfügung gestellt worden sei, welche nach der auf Grund des Gestattungsbeschlusses des Landgerichts [Name] erteilten Auskunft des zuständigen Internetdienstleisters dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin Inhaber der von ihr geltend gemachte Rechte sei und die durch die Klägerin angeblich ermittelten IP-Adressen zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt ihrem Internetanspruch zugewiesen gewesen sei.

Ihr sei, so behauptet sie, dass streitgegenständliche Werk weder bekannt noch habe sie dieses in einer sogenannten lnternettauschbörse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, noch habe sie dieses in irgendeiner Form heruntergeladen. Sie besitze keinerlei Kenntnis über die Nutzung von Tauschbörsen. Sie habe zum vermeintlichen Tatzeitpunkt auch keinen Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss gehabt, da sie sich vom [Name] berufsbedingt zu Dreharbeiten in Hamburg aufgehalten habe, wo für sie durch den Auftraggeber eine Wohnung angemietet worden sei. Zum Tatzeitpunkt sei ihre Wohnung in Berlin über die Plattform Airbnb untervermietet gewesen. Der Untermieter sei am 11.06. in Berlin eingetroffen.

Auch sei, so meint sie, die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten gemäß § 97a Abs. 3 UrhG n.F., der auch auf Altfälle anzuwenden sei, auf 1.000,00 EUR beschränkt.



Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens in Höhe von 600,00 Euro und der Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 506,00 EUR aus §§ 97 Abs. 2, 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F., in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung) bzw. aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die Klägerin ist Aktivlegitimiert. Sie hat substantiiert ihre Rechtsinhaberschaft dargelegt. Dem ist. die Beklagte, die sich allein auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt, nicht im hinreichenden Maße entgegengetreten.

Ferner ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

Soweit sie die ordnungsgemäße Ermittlung ihres Internetanschlusses bestreitet, reicht dieser Vortrag nicht aus. Denn die Beklagte wurde zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten als Inhaberin des Internetanschlusses, über den die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen wurde, beauskunftet. Konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Ermittlungsergebnisses hat die Beklagte weder vorgetragen noch ist dies sonst wie ersichtlich. Die Klägerin hat vielmehr substantiiert die Ermittlung mit Hilfe des Peer-to-Peer Forensic Systems dargelegt. Insoweit hätte es der Beklagten obliegen, dem substantiierten und qualifizierten Vortrag der. Klägerin entsprechend entgegenzutreten. Ein bloßes (unsubstantiiertes) Bestreiten der Beklagten ist insoweit nicht ausreichend.

Soweit die Beklagte behauptet, die Verletzungshandlung nicht vorgenommen zu haben, hat sie dies ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk von einer IP-Adresse der Öffentlichkeit zum Download zugänglich gemacht, die zum Tatzeitpunkt einer bestimmten Person zugeordnet ist, so besteht nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshof eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass diese Person die Rechtsverletzung begangen hat. Aus dieser Vermutung erfolgt eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers; der geltend macht, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Der Anschlussinhabers muss danach im Rahmen des zumutbaren Tatsachen darlegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablauf in der Gestalt ergibt, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber selbst den Internetzugang für die streitgegenständliche Rechtsverletzung genutzt hat. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des zumutbaren zur Nachforschung sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnis er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeiten des Zugriffs von Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Vielmehr muss sie nachvollziehbar vortragen, welche Person mit Rücksicht auf das Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatte, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (vgl. BGH,- Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15; BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14; BGH, Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12; BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08).

Der Vortrag der Beklagten vermag diese tatsächliche Vermutung ihrer Täterschaft nicht zu entkräften, da sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht genüge getan hat.

Zwar hat die Beklagte behauptet, die Wohnung sei im streitgegenständlichen Zeitraum über die Planform Airbnb untervermietet gewesen. Sie hat aber schon nicht den Namen des Untermieters angegeben. Auch die dazu von ihr eingereichten Unterlagen reichen nicht aus, da darin noch nicht einmal ersichtlich ist, ob es sich bei der Wohnung um die der Beklagten gehandelt hat. Auch der Umstand, dass die Beklagte sich im streitgegenständlichen Zeitraum in Hamburg zu Dreharbeiten aufgehalten haben will und dafür für sie eine Wohnung in Hamburg angemietet gewesen sein soll, reicht dazu nicht aus, weil die Entfernung zwischen Berlin und Hamburg nicht so groß ist, als dass die Beklagte trotz der Arbeiten in Hamburg keinen Zugriff auf ihren Internetanschluss in Berlin gehabt haben könnte. So gibt es zahlreiche Pendler, die in Berlin leben und in Hamburg arbeiten.

Der von der Klägerin geltend gemachte Lizenzschadens in Höhe von 600,00 EUR für das komplette Musikalbum ist auch nicht überhöht.

Die Höhe des Anspruches ist gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 UrhG im Wege der Lizenzanalogie zu berechnen, das heißt danach, was vernünftige Parteien vertraglich als Vergütung für die erforderliche Nutzungshandlung vereinbart hätten. Bei einer geringeren Vergütung würde derjenige, welcher die Rechte verletzt, besser stehen, als der, der sich Rechtstreu um eine Lizenzierung gekümmert hat. Die Bestimmung dieser Vergütungshöhe folgt nach objektiven Kriterien. Es ist unbeachtlich, ob der Rechtsverletzter selbst bereit gewesen wäre, diese Vergütung zu zahlen. Die Höhe der Vergütung ist vorliegend nach § 287 ZPO zu schätzen. Nach Schätzung des Gerichts sind für das Bereithalten des streitgegenständlichen Musikalbums zum Download im Internet 600,00 EUR als Vergütung angemessen. Dabei wurden'im Rahmen der Schadenschätzung verkehrsübliche Entgelte für legale Downloadangebote im Internet und Rahmenvereinbarungen der Tonträger Branche herangezogen. Hierbei ist ein Betrag von 0,50 EUR pro Abruf angemessen, wobei mindestens 400 mögliche Abrufe durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer bei Musikaufnahmen der streitgegenständlichen Art angemessen sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

Des weiteren schuldet die Beklagte die durch die Einschaltung der Rechtsanwälte angefallenen Abmahnkosten sowohl als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, als auch als Aufwendungsersatz gemäß § 97a UrhG a.F..

Die Abmahnung war begründet, da die mit ihr gerügten Rechtsverletzungen tatsächlich gegeben waren. Sie war auch berechtigt, da sie objektiv erforderlich war, um der Beklagten den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen. Die insoweit geltend gemachten 506,00 EUR für die Abmahnung sind höhenmäßig nicht zu beanstanden. Eine Deckelung gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. kommt nicht in Betracht, da es sich weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handelt. Das Anbieten von Musiktiteln stellt nicht ansatzweise einen Bagatellverstoß dar. Auch handelt es sich bei den Filesharingfällen nach einhelliger Rechtssprechung im Hinblick auf den Arbeitsaufwand nicht um einen einfach gelagerten Fall.

Der Zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist angesichts des Umfangs des Musikalbums angemessen. Dies begründet bei Ansatz einer angemessenen 1,3 Geschäftsgebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR einen Anspruch auf vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 506,00 EUR.

§ 97a UrhG n.F. ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht einschlägig, da diese Begrenzung auf Abmahnungen, welche vor dem Inkrafttreten der Vorschrift erfolgt sind, nicht anwendbar ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen,. wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 Euro übersteigen

oder

Die Berufung' ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist 'in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen. Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name],
Richterin am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Charlottenburg, Urteil vom 14.03.2017, Az. 225 C 307/16,
Airbnb-Mieter,
Airbnb,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales Bestreiten

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5753 Beitrag von adetoo » Dienstag 25. April 2017, 20:13

Hallo der gelbe Brief ist heute angekommen ;)
Hatte die abgeänderte verschickt zum richtigen Zeitpunkt wie hier mal irgendwo vermerkt war abgeschickt. Eigentlich ist das ganze schon seit ca. Oktober letzten Jahres verjährt und nun ist trotzdem die Forderung gekommen. Kann ich da noch was drehen? ( Beschluss ist von April)

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5754 Beitrag von Steffen » Mittwoch 26. April 2017, 04:44

Mit den gelben Brief (MB) befindet man sich in einem gerichtlichen Mahnverfahren. Im Streitverfahren ist dann vom beauftragten Anwalt die Verjährung zu prüfen und ggf. Einrede zu stellen.

Wichtig jetzt, fristgemäß (14 Tage) am Mahngericht Widerspruch (dem MB beigefügt) insgesamt einzulegen. Werden die Ansprüche dann begründet (ca. 6 Monate), Anwalt beauftragen und sich aktiv verteidigen.

VG Steffen

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AG Bochum, Az 65 C 423/16

#5755 Beitrag von Steffen » Mittwoch 26. April 2017, 16:45

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Bochum - Vage Vermutungen und eine nur theoretische Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten reichen zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung keinesfalls aus!


16:45 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte vorliegend behauptet, nie eine Tauschbörsensoftware verwendet zu haben. Außer ihm selbst hätten auch dessen Ehefrau sowie der Sohn den Internetanschluss nutzen können, weshalb sie theoretisch als Täter in Betracht kämen. Auf Nachfrage hätten sie jedoch ihre Verantwortlichkeit abgestritten.



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Bericht

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Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 423_16.pdf




Autor

Rechtsanwalt David Appel



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Die streitgegenständliche Rechtsverletzung müsse daher - trotz ausreichender Absicherung des WLAN-Routers nach dem "neuesten Stand der Technik" - vermutlich durch einen unbefugten Dritten geschehen sein. Zur Begründung verwies der Beklagte auf ein weiteres gegen ihn laufendes Verfahren. Zum dort streitgegenständlichen Zeitpunkt habe in seinem Haus eine Weihnachtsfeier stattgefunden, weshalb das internetfähige Notebook weggeschlossen gewesen sei. Eine Rechtsverletzung seitens der befugten Nutzer sei daher ausgeschlossen gewesen, weshalb lediglich ein unbefugter Hackerangriff eines Dritten in Betracht käme. Dies müsse auch im vorliegenden Verfahren gelten.

Diese Ansicht teilte das Amtsgericht Bochum nicht und gab der Klage vollumfänglich statt.

Nach Auffassung des Gerichts reiche es nicht aus, dass der Beklagte das illegale Downloadangebot pauschal bestreitet und die bloße Möglichkeit der Tatbegehung durch ein Familienmitglied oder einen Hacker in den Raum stellt. Dabei könne es auch dahingestellt bleiben "ob eine weitere, nicht streitgegenständliche Rechtsverletzung [...] von dem Beklagten nachweislich nicht begangen worden sein kann."

Dem Beklagten hätte es vielmehr oblegen, "tatsächliche Anhaltspunkte dafür" darzulegen, dass allein ein Dritter für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen sein könnte. Da es an solchen konkreten Anhaltspunkten jedoch mangele, habe der Beklagte die tatsächliche Vermutung der eigenen Verantwortlichkeit nicht widerlegen können.

"Abgesehen davon, dass der Beklagte vorträgt, selbst nicht Täter zu sein, also müsse ein Dritter die Rechtsverletzung begangen haben, sind keinerlei Tatsachen oder Indizien vorgetragen, die diesen Anspruch stützen. Nach dem Vortrag des Beklagten kommen seine Ehefrau und sein Sohn als Täter nicht in Betracht. Die rein theoretische Möglichkeit reicht zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Im Ergebnis haftet damit der Beklagte dem Grunde nach auf Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten."

Auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes i.H.v. 600,00 EUR hielt das Gericht "in Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung des Films sowie des Umfangs der Rechtsverletzung" für angemessen und gerechtfertigt. Gleiches gelte "unter Berücksichtigung der Aktualität und Popularität des Films einerseits, der Intensität und Dauer der Urheberrechtsverletzung und der subjektiven Umstände auf Seiten des Verletzers andererseits" für den Gegenstandswert von 10.000,00 EUR.

Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der Kosten des Verfahrens.





AG Bochum, Urteil vom 14.03.2017, Az 65 C 423/16


(...) - Beglaubigte Abschrift -

65 C 423/16

Verkündet am 14.03.2017
[Name],
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name],
Beklagter,

Prozessbevollmächtigter:
[Name],


hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 14.03.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.08.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120.% des zu vollstreckenden Betrage abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes und Erstattung von Abmahnkosten wegen des unerlaubten Anbietens zum Download des Spielfilms [Name].

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem genannten Film. Zwischen dem [Datum] und [Datum] wurde zu sechs verschiedenen Zeiträumen unter fünf unterschiedlichen IP-Adressen der Film in einer sogenannten Tauschbörse zum Download angeboten. Die IP-Adressen waren zum jeweiligen Zeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte hafte als Täter für den rechtswidrigen Eingriff in die ihr zustehenden Nutzungs- und Verwertungsrechte. Insoweit sei der Beklagte jedenfalls zur Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes nicht unter 600,00. EUR und zur Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten verpflichtet.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,

1. an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2015 sowie
2. an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem,14.08.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, er habe zum damaligen Zeitpunkt in seiner Wohnung ein WLAN einrichten lassen. Der von dem Provider zur Verfügung gestellte Router habe dem Stand der Technik entsprochen und sei mit einem Passwort geschützt gewesen. Er selbst habe über ein Notebook verfügt und mit diesem auch das Internet genutzt. Eine Tauschbörsensoftware sei auf diesem Notebook nie installiert gewesen. In einem weiteren Verfahren, das von den Klägervertretern geführt werde, sei ein Verstoß vom [Datum] streitgegenständlich. Zur angegebenen Zeit sei das Notebook wegen der familiären Weihnachtsfeier jedoch weggeschlossen gewesen, so dass hierüber eine Rechtsverletzung nicht habe erfolgen können. Auch die hier streitgegenständlichen Rechtsverletzungen habe der Beklagte nicht begangen. Er gehe davon aus, dass sich ein Dritter rechtswidrig Zugang zu seinem Internetanschluss verschafft und die Rechtsverletzung begangen habe. Theoretisch kämen auch noch seine Ehefrau und sein Sohn als Täter in Betracht, die ihm gegenüber allerdings angegeben hätten, den streitgegenständlichen Film nicht zum Download angeboten zu haben.


Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten gern. §§ 97, 97a UrhG Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes und Erstattung der Abmahnkosten verlangen.

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Spielfilm [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die von der Klägerin beauftragte ipoque GmbH hat ermittelt, dass zwischen dem [Datum] an [Datum] sechs verschiedenen Zeiten mit fünf unterschiedlichen IP-Adressen der Spielfilm in einer sogenannten Tauschbörse zum Download angeboten worden ist. Nach Auskunft des Providers waren alle fünf IP-Adressen dem Anschluss des Beklagten zugeordnet. Es liegt eine Mehrfachermittlung vor. Damit ist das pauschale Bestreiten, dass das Filmwerk [Name] über die IP-Adresse des Beklagten zum Download angeboten wurde, nicht ausreichend.

In einer Tauschbörse stellt jeder Teilnehmer den anderen Teilnehmern die Dateien auf seinem Rechner zum Download zur Verfügung. Auch jeder neue Teilnehmer, der sich in der Tauschbörse zunächst informieren und orientieren will, hat die Möglichkeit, auf den Rechner eines Teilnehmers zuzugreifen, soweit dieser online ist. Dadurch wird die Datei zum Download angeboten. Genau dies stellt die urheberrechtliche Rechtsverletzung dar. Es ist das Wesen einer Tauschbörse, dass auf eine Vielzahl von Rechnern zugegriffen wird, um eine Datei vollständig auf den eigenen Rechner herunterzuladen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beklagtenseite, dass nur derjenige, der das Werk erstmals in die Tauschbörse eingestellt hat, eine Urheberrechtsverletzung begehe, nicht zutreffend.

Zu Lasten des Anschlussinhabers spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er als Täter die Rechtsverletzung begangen hat. Diese tatsächliche Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt. Vorliegend ist zwischen dem [Datum] und [Datum] an vier Tagen zu sechs verschiedenen Zeitpunkten der streitgegenständliche Film zum Download angeboten worden. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten war sein Router hinreichend gesichert. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass sich ein Dritter bei dem Beklagten eingehackt oder seine IP-Adresse gekapert hat, sind von Beklagtenseite nicht vorgetragen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob eine weitere, nicht streitgegenständliche Rechtsverletzung vom [Datum] von dem Beklagten nachweislich nicht begangen worden sein kann. Abgesehen davon, dass der Beklagte vorträgt, selbst nicht Täter zu sein, also müsse ein Dritter die Rechtsverletzung begangen haben, sind keinerlei Tatsachen und Indizien vorgetragen, die diesen Anspruch stützen. Nach dem Vortrag des Beklagten kommen seine Ehefrau und sein Sohn als Täter nicht in Betracht. Die rein theoretische Möglichkeit reicht zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Im Ergebnis haftet damit der Beklagte dem Grunde nach auf Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten.

In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung des Films sowie des Umfangs der Rechtsverletzung hält das Gericht einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 600,00 EUR für angemessen und gerechtfertigt. Der Gegenstandswert der Abmahnung ist nach dem Interesse der Klägerin an der Unterbindung künftiger Rechtsverletzungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Unter Berücksichtigung der Aktualität und Popularität des Films einerseits, der Intensität und Dauer der Urheberrechtsverletzung und der subjektiven Umstände auf Seiten des Verletzers andererseits hält das Gericht im konkreten Fall einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für angemessen und gerechtfertigt. Auch ist der Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr für die Abmahnung nebst Auslagenpauschale nicht zu beanstanden.

Eine Stellungnahmefrist war dem Beklagten zum Schriftsatz der Klägerseite vom 02.03.2017 nicht zu gewähren, da in diesem Schriftsatz kein neuer Tatsachenvortrag enthalten ist, auf den die Entscheidung gestützt wird.

Der Zinsanspruch in gesetzlicher Höhe folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt

oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen-worden ist.


Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen. das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt, vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)




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AG Bochum, Urteil vom 14.03.2017, Az 65 C 423/16,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
sekundäre Darlegungslast,
Hackerangriff,
Hinweis auf weiteres Verfahren,
theoretische Möglichkeit ist unzureichend,
pauschales Bestreiten,
Mehrfachermittlung,
Stellungnahmefrist

jb2ip12d
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5756 Beitrag von jb2ip12d » Donnerstag 27. April 2017, 04:02

Steffen hat geschrieben:
Mittwoch 26. April 2017, 04:44
Wichtig jetzt, fristgemäß (14 Tage) am Mahngericht Widerspruch (dem MB beigefügt) insgesamt einzulegen.
Da es quasi fast überall so pauschal geschrieben steht und nun auch hier, will ich anmerken, dass die 14-tägige Frist im Sinne der eigenen Sicherheit zwar grundsätzlich gegeben ist, es in Sachen Widerspruch gegen einen Mahnbescheid jedoch keine starre Frist gibt.

Es ist vielmehr so, dass der Antragsteller nach Ablauf der 14 Tage den Erlass des Vollstreckungsbescheids beantragen und aus diesem auch die vorläufige Vollstreckung betreiben kann. Ein verspäteter Widerspruch gegen den Mahnbescheid würde dann als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid gewertet werden, was den Gegner natürlich deutlich schlechter stellt.

Bummelt jedoch der Antragsteller, was öfter vorkommt als man es vermuten mag, ist ein erfolgreicher Widerspruch gegen den Mahnbescheid auch nach 14 Tagen noch problemlos möglich.

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5757 Beitrag von Steffen » Donnerstag 27. April 2017, 04:51

Natürlich ist das richtig, denn die ZPO legt fest:

§ 692 Mahnbescheid
(1) Der Mahnbescheid enthält:
(...)
3. die Aufforderung, innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung des Mahnbescheids, soweit der geltend gemachte Anspruch als begründet angesehen wird, die behauptete Schuld nebst den geforderten Zinsen und der dem Betrag nach bezeichneten Kosten zu begleichen oder dem Gericht mitzuteilen, ob und in welchem Umfang dem geltend gemachten Anspruch widersprochen wird; (...)

§ 694 Widerspruch gegen den Mahnbescheid
(1) Der Antragsgegner kann gegen den Anspruch oder einen Teil des Anspruchs bei dem Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, schriftlich Widerspruch erheben, solange der Vollstreckungsbescheid nicht verfügt ist.
(2) Ein verspäteter Widerspruch wird als Einspruch behandelt. Dies ist dem Antragsgegner, der den Widerspruch erhoben hat, mitzuteilen.

Nur gibt es in einem Forum eine von der Asminstration - allgemeine - festgelegte Ausrichtung. Und die besagt, man soll 14 Tage ab Zustellung am Mahngericht Widerspruch einlegen. Dies ist für jeden - der kein Jura studiert hat - einleuchtend. Schreibt man denn Passus mit den verspäteten Widerspruch, lassen sich alle (noch mehr) Zeit und es wird - unnötig - komplizierter, wenn der Vollstreckungsbescheid erst einmal da ist. Wer es genauer wissen will, muss einen Anwalt befragen. Deshalb, Frist Widerspruch = 14 Tage.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5758 Beitrag von Haselbasen » Freitag 28. April 2017, 14:34

Hallo, habe mich zwangsläufig nun auch mal in die Thematik einlesen dürfen, habe allerdings noch eine eher allgemeine Frage und suche noch eine Antwort oder evtl. Erfahrungswerte:

In welcher Regelmäßigkeit lässt die Kanzlei W&F zB Serien über zB ipoque loggen, wird hier jede Folge jeder Serie über einen längeren Zeitraum nachgeschaut/beobachtet oder passiert sowas eher Stichprobenartig und kurzfristig?

Wird dann eher ein Rundumschlag durchgeführt (mehre Folgen in einer Mahnung) oder doch eher jede einzeln abgemahnt?

Und wenn das Vergehen Mitte des Jahres stattfand, Ende des Jahres der Gerichtsbeschluss zur Freigabe weiterer Nachforschungen zur IP-Adresse erteilt wurd und nun die Mahnung kam, wäre dann hier nicht eine Zusammenfassung der Folgen von Mitte bis Ende des Jahres zu erwarten?

Sorry falls diese Frage so schonmal gestellt wurde und ea ist hoffentlich klar, worauf ich hinaus will, bis Seite 200 hatte ich nun gelesen aber nichts dazu gefunden, evtl. kann hier ja mal jemand Licht ins Dunkel bringen...

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5759 Beitrag von Steffen » Freitag 28. April 2017, 17:08

Hallo @Haselbasen,
Haselbasen hat geschrieben:(...) In welcher Regelmäßigkeit lässt die Kanzlei W&F zB Serien über zB ipoque loggen, wird hier jede Folge jeder Serie über einen längeren Zeitraum nachgeschaut/beobachtet oder passiert sowas eher Stichprobenartig und kurzfristig? (...)
Der RI beauftragt die Logfirma und diese überwacht - rund um die Uhr - die Tauschbörsen auf eventuelle Rechteverletzungen gegenüber seinen Werken. Es wird nicht so sein, das z.B. Folge 1 der TV-Serie: XYZ nur nach VÖ - nur 1 Woche geloggt wird, sondern solange der Auftrag besteht.


Haselbasen hat geschrieben:Wird dann eher ein Rundumschlag durchgeführt (mehre Folgen in einer Mahnung) oder doch eher jede einzeln abgemahnt?
In der Regel umfasst eine Abmahnung:
=> 1 Folge bzw. mehr als 1 Folge einer TV-Serie; 1 Folge bzw. mehr als eine Folge betreffs mehr als 1 TV-Serien.

Natürlich, je mehr Werke, desto höher die Forderung hinsichtlich des Schadensersatz. Theoretisch kann man, wenn man z.B. für Folge 1 der TV-Serie XYZ abgemahnt wird, zusätzlich ein Abmahnung erhalten wegen z.B. Folge 10 der TV-Serie XYZ. Das Urheberrecht sieht kein Bündelung vor. Nur werden dann Abstriche gemacht hinsichtlich der anwaltlichen Gebühren (Stichpunkt = "in derselben Angelegenheit"). Dies muss aber dann it dem beauftragten Anwalt abgeklärt werden.


Haselbasen hat geschrieben:(...) Und wenn das Vergehen Mitte des Jahres stattfand, Ende des Jahres der Gerichtsbeschluss zur Freigabe weiterer Nachforschungen zur IP-Adresse erteilt wurde und nun die Mahnung kam, wäre dann hier nicht eine Zusammenfassung der Folgen von Mitte bis Ende des Jahres zu erwarten? (...)
So läuft es nicht. Wenn Mitte des Jahre der Verstoß geloggt wurde, wird dieser auch zeitnah bei dem Provider zuständigen Gestattungs-Landgericht zur Beauskunftung beantragt. Warum? Weil die Provider maximal bis 7 Tage speichern. Sicherlich kann es aber vorkommen, dass nach dem Gestattungsbeschluss der Provider sich mit der Beauskunftung Zeit lässt. Nur sind die Zeiträume zwischen Log / Antrag auf Gestattung / Gestattung / Providerauskunft meist sehr kurz ( ca. 14 Tage bis ca. 3 Monate).


Angaben erfolgen nach besten Gewissen, aber ohne Gewähr.

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LG Berlin, Az. 16 S 6/17

#5760 Beitrag von Steffen » Dienstag 2. Mai 2017, 10:24

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Landgericht Berlin - Beklagter Anschlussinhaber nimmt nach Hinweisen des Gerichts Berufung in Filesharingverfahren zurück


10:22 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der verklagte Anschlussinhaber hatte im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, das streitgegenständliche Werk nicht zu kennen und für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu sein. Seine Wohnung habe er gemeinsam mit zwei Arbeitskollegen bewohnt, denen er den Internetanschluss zur legalen Nutzung zur Verfügung gestellt habe. Nach Erhalt der Abmahnung habe er beide Mitbewohner zu deren Täterschaft befragt, woraufhin er lediglich "ausgelacht" worden sei. Einer der beiden Mitbewohner müsse jedoch für die Rechtsverletzung verantwortlich gewesen sein.



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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... n-zurueck/


Hinweis Gericht als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... S_6_17.pdf





Autor:

Rechtsanwalt Jung-Hun Kim



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Nach Auffassung des Amtsgerichts konnte der Beklagte mit diesem Vortrag seiner sekundären Darlegungslast nicht gerecht werden. Die bloße Behauptung, einer der zwei Mitbewohner müsse die Rechtsverletzung begangen habe, reiche allein genommen nicht aus.

Das Amtsgericht verurteilte daher den Beklagten vollumfänglich zum Ersatz des Lizenzschadens in Höhe von 1.000,00 EUR und der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 578,00 EUR sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Der Beklagte legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung ein. Zur Begründung führte er an, das Amtsgericht habe die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur sekundären Darlegungslast falsch angewendet.

Dieser Ansicht erteilte das Landgericht Berlin eine klare Absage.

Nach Auffassung des Landgerichts habe das Amtsgericht zu Recht angenommen, dass der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden sei. Insbesondere sei der Beklagte seinen Nachforschungspflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, da er sich mit den unbefriedigenden Antworten der Mitbewohner nicht hätte zufrieden geben dürfen. Vielmehr hätte er auch unter Anwendung von Druckmitteln versuchen müssen, die Ursache der Rechtsverletzung aufzuklären.

"Der Beklagte hätte sich mit der ihm erteilen Abfuhr auch nicht begnügen dürfen. Es hätte ihm vielmehr oblegen, auf einer befriedigenden Antwort zu bestehen, wobei er auch auf naheliegende Druckmittel wie die Sperrung des Internetzugangs hätte zurückgreifen müssen. Auch hätte er explizit nach der Nutzung von Tauschbörsensoftware fragen und sich danach erkundigen müssen, wie und in welcher Form sie das Internet über seinen Zugang nutzen."

Darüber hinaus habe das Amtsgericht vom Beklagten im Rahmen der Darlegungslast ebenfalls in zutreffender Weise näheren Vortrag zum eigenen Nutzungsverhalten gefordert. Das pauschale Bestreiten der eigenen Täterschaft sei insoweit unzureichend.

"Das Amtsgericht hat darüber hinaus zu Recht auch eine Darlegung des Beklagten zu seinem eigenen Nutzungsverhalten verlangt. Dazu gehört auch die Angabe, ob er auf seinem eigenen Rechner Tauschbörsensoftware geladen hatte. Dem Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass solche Angaben nur von begrenzter Aussagekraft ist, weil die Mitbewohner seinen Internetzugang jederzeit mit mobilen Endgeräten nutzen konnten, so dass es unter diesem Aspekt unerheblich sein mag, ob sich auf seinem Computer entsprechende Software befand oder nicht. Der Umstand gewinnt aber Bedeutung für die Einschätzung, inwieweit der Beklagte selbst als Täter in Betracht kommt. Auch diesbezüglich obliegt ihm eine substantiierte Darlegungslast, die diese Frage umfasst."

Das Landgericht beabsichtigte daher, die Berufung des Beklagten durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Beklagte nahm daraufhin die Berufung zurück und hat nunmehr auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.





Hinweis LG Berlin vom 09.03.2017 (Az. 16 S 6/17)


(...) Landgericht Berlin

(...)

16 S 6/17

(...)

Sehr geehrte Damen und Herren,


in der Sache

[Name] ./. [Name]


Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 06. Dezember 2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 225 C 199/16 - durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit, hierzu innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses schriftsätzlich Stellung zu nehmen.



Gründe

Die Berufung hat nach Überzeugung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Kammer beabsichtigt daher, das Rechtsmittel nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, und gewährt hiermit zuvor rechtliches Gehör, § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung statt gegeben. Dabei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass er die Wohnung [Adresse] in Berlin am [Datum] gemeinsam mit seinen Arbeitskollegen [Name] und [Name] bewohnte und ihnen das Passwort für den Internetzugang zur Verfügung stellte.

Nach der Rechtsprechung des BGH spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss nutzen konnten. Eine solche Vermutung besteht nicht, wenn der Anschlussinhaber den Internetanschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überließ. In solchen Fällen trifft ihn jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt er dadurch, dass er vorträgt, ob und ggfs. welche anderen Personen selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände der eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat (BGH GRUR 2016, 1280 Tz. 32, 33 - Everytime we touch -).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe hat das Amtsgericht zu Recht angenommen, dass der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maß nachgekommen ist. Zwar hat der Beklagte offenbart, welchen anderen Personen, nämlich Herrn [Name] und [Name] er selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gewährte. Er hat aber nicht im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen angestellt. Seine Angabe, er sei auf seine Frage hin "gewissermaßen ausgelacht worden", beinhaltet bereits für sich genommen eine subjektive Wertung und lässt nicht erkennen, was seine Kollegen genau geantwortet haben. Zwar ist es weder erforderlich, noch zumutbar, die Antwort wörtlich wiederzugeben. Die Schilderung muss aber erkennen lassen, welche Äußerungen die Kollegen tatsächlich tätigten, ohne dies mit den eigenen subjektiven Eindrücken über das, was gemeint gewesen sein könnte, zu vermischen. Hinzu kommt, dass selbst die subjektiv gefärbte Angabe, er sei gewissermaßen ausgelacht worden, mehrere Deutungen zulässt und keineswegs als indirektes Schuldeingeständnis zu werten ist. So können die Kollegen die Frage aus ihrer Sicht auch als so abwegig empfunden haben, dass sie ihn deshalb auslachten. Welcher der Kollegen auf den Austausch seines Smartphones verwies, bleibt ebenfalls offen.

Der Beklagte hätte sich mit der ihm erteilten Abfuhr auch nicht begnügen dürfen. Es hätte ihm vielmehr oblegen, auf einer befriedigenden Antwort zu bestehen, wobei er auch auf naheliegende Druckmittel wie die Sperrung des Internetzugangs hätte zurückgreifen müssen. Auch hätte er explizit nach der Nutzung von Tauschbörsensoftware fragen und sich danach erkundigen müssen, wie und in welcher Form sie das Internet über seinen Zugang nutzen.

Das Amtsgericht hat darüber hinaus zu Recht auch eine Darlegung des Beklagten zu seinem eigenen Nutzungsverhalten verlangt. Dazu gehört auch die Angabe, ob er auf seinem eigenen Rechner Tauschbörsensoftware geladen hatte. Dem Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass eine solche Angabe nur von begrenzter Aussagekraft ist, weil die Mitbewohner seinen Internetzugang jederzeit mit mobilen Endgeräten nutzen konnten, so dass es unter diesem Aspekt unerheblich sein mag, ob sich auf seinem Computer entsprechende Software befand oder nicht. Der Umstand gewinnt aber Bedeutung für die Einschätzung, inwieweit der Beklagte selbst als Täter in Betracht kommt. Auch diesbezüglich obliegt ihm eine substantiierte Darlegungslast, die diese Frage mit umfasst.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Beurteilung der Kammer auf der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht und nicht davon abweicht. In diesem Rahmen handelt es sich um die Entscheidung eines Einzelfalls.

Der vom Beklagten erwähnte Rechtsstreit, über den der BGH am 30. März 2017 verhandeln wird, ist nicht vorgreiflich, weil es dort um innerfamiliäre Beziehungen geht.

Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.



[Name]

[Name]

[Name]




Beglaubigt
[Name]
, Justizbeschäftigte (...)



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Hinweis LG Berlin vom 09.03.2017 (Az. 16 S 6/17),
Vorinstanz: AG Charlottenburg, Urteil vom 06.12.2016, Az. 225 C 199/16,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim,
sekundäre Darlegungslast,
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