Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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AG Augsburg, Az. 74 C 3541/16

#5921 Beitrag von Steffen » Freitag 13. Oktober 2017, 22:23

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Augsburg verurteilt Anschlussinhaberin trotz Zugriffsmöglichkeit weiterer Nutzer (Filesharing)


22:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In dem genannten Verfahren trug die Beklagte vor, sie habe über keine Kenntnisse verfügt, eine Tauschbörse zu nutzen. Zudem hätten neben ihr selbst die damals minderjährigen Kinder sowie fünf Freunde des Sohnes regelmäßig Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt. Diese und nicht sie selbst, kämen daher als potenzielle Täter der Rechtsverletzung in Betracht. Im Übrigen bestritt die Beklagte sowohl die Rechteinhaberschaft der Klägerin an dem Filmwerk, als auch die durchgeführten Ermittlungen.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... er-nutzer/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 541_16.pdf



Autorin

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Hinsichtlich der bestrittenen Ermittlungen sowie zur möglichen Täterschaft Dritter erhob das Gericht Beweis durch Vernehmung des Geschäftsführers des Ermittlungsunternehmens und den von der Beklagtenseite benannten - vermeintlichen - Anschlussnutzer.

Im Anschluss an die Beweisaufnahme stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte als Täterin der Rechtsverletzung zu haften hat.

Insbesondere konnte im Rahmen der Vernehmung der Kinder sowie deren Freunde nicht nachgewiesen werden, dass zum konkreten Tatzeitpunkt weitere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten, was das Gericht zulasten der Beklagten wertete. Entsprechender Vortrag der Beklagten konnte dahingehend zum Teil sogar widerlegt werden. Vor diesem Hintergrund sei - so das Gericht - die Täterschaft der Beklagten tatsächlich zu vermuten. Hieran ändere auch das Vorbringen der Beklagten, sie besitze keinerlei technischen Kenntnisse und Fähigkeiten, nichts.

"Es mag sein, dass die Beklagte im Umgang mit Computern nicht versiert ist, dies hindert jedoch nicht die Tatsache, dass diese Filesharing-Software installiert hat auf ihrem PC und über ihren Internetanschluss den streitgegenständlichen Film heruntergeladen hat. Hierzu bedarf es keiner besonderen computerspezifischen Kenntnisse."

Überdies hatte das Gericht keinerlei Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin, da diese auf den vorgelegten DVD-Covern ausdrücklich als Rechteinhaberin ausgewiesen ist. Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher vollumfänglich zur Zahlung des Schadensersatzes, der Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.






AG Augsburg, Urteil vom 09.08.2017, Az. 74 C 3541/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Augsburg

Az.: 74 C 3541/16



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 86853 Langerringen
- Beklagte -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 86899 Landsberg am Lech,



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht Augsburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 09.08.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2017 folgendes


Endurteil


I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.11.2015 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 zu bezahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagtenpartei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klagepartei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund illegaler Vervielfältigung des Filmes [Name] in der Tauschbörse BitTorrent.

Nach mehreren Fristsetzungen zur Zahlung forderte die Beklagtenpartei mit Schreiben vom 05.11.2015 die Klagepartei die Beklagtenpartei zur Zahlung von Schadenersatz und Rechtsverfolgungskosten (600,00 EUR und 506,00 EUR) bis längstens 12.11.2015 auf.

Die Klagepartei behauptet, Rechteinhaberin an dem Film [Name] zu sein. Die Klagepartei behauptet des Weiteren, die verfahrensgegenständlichen Bild- / Tonaufnahmen seien über den Internetanschluss der Beklagten Dritten illegal zum Download angeboten worden. Diese Verletzungen hätte wie folgt stattgefunden:

[Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr
[Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr
[Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr

Das zivilrechtliche Auskunftsverfahren habe [Name] - nunmehr aufgrund Verheiratung [Name] - als Anschlussinhaberin ermittelt. Eine fehlerhafte Zuordnung liege außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit.

Am [Datum] wurde die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz sowie außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgefordert.

Der Schadenersatz sei gemäß §§ 97, 19 UrhG, 287 ZPO zu schätzen.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sei mit 10.000,00 EUR angemessen.



Die Klagepartei beantragte zuletzt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 sowie
2. 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.11.2015 zu bezahlen.
3. Die Beklagtenseite trägt die Kosten des Rechtsstreits.



Die Beklagtenpartei beantragte zuletzt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beklagtenpartei bestreitet mit Nichtwissen,
dass die Klägerin Inhaberin der Nutzungsrechte sei. Die als Anlage K 1 vorgelegte Kopie lasse allenfalls die Nutzungsrechte für die DVD erkennen. Des Weiteren wurde von der Beklagtenseite bestritten, dass die IP-Adresse richtig ermittelt worden sei.

Die Beklagtenpartei behauptet des Weiteren,
dass die minderjährigen Kinder der Beklagten, nämlich der Sohn [Name], Tochter [Name] sowie die Freundin des Sohnes [Name] Zugriff zum Internetzugang der Beklagten gehabt hätten Des Weiteren kämen vier Freunde des Sohnes in Betracht, welche regelmäßig Zugang zum Internet der Beklagten gehabt hätten, nämlich [Name], [Name], [Name] und [Name].


Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen Dr. Frank Stummer, [Name] und [Name].

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.01.2017, 19.04.2017, 21.06.2017 und 26.07.2017.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.



I.

Das Amtsgericht Augsburg ist gemäß den §§ 1 ZPO, 23, 71 GVG, 104a, 105 UrhG sowohl sachlich als auch örtlich zuständig.



II.

Der Klagepartei steht ein Anspruch aus §§ 97, 97a UrhG zu.


1.

Die Klägerin ist Rechteinhaberin an dem Film [Name]. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Anlage K 1, wonach die [Name] Rechteinhaberin ist. Dieser Abdruck auf dem DVD-Cover ist auch ausreichend, um die Rechteinhaberschaft der Klägerin nachzuweisen, da eine tatsächliche Vermutung für die Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht, nachdem deren Name auf dem Cover der DVD genannt ist (vgl. LG Berlin vom Urteil 15.12.2015, Az. 16 S 6/15). Es ist hierbei nicht entscheidend, in welcher konkreten Form der Klägerin das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung zustand. Vielmehr ist entscheidend, ob die Beklagte durch die Verletzungshandlung in dasjenige Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen hat, welches diese tatsächlich erworben hat. Durch das Bereitstellen eines Filmes in Internettauschbörsen und damit einhergehend der öffentlichen Zugänglichmachung erfährt das der Klägerin zustehende Verwertungsrecht jedenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung. Das Verbietungsrecht des Rechteinhabers reicht insoweit weiter als sein positives Benutzungsrecht und ist durch illegalen Download beeinträchtigt.


2.

Des Weiteren ist das Gericht davon überzeugt, dass die verfahrensgegenständlichen Bild- / Tonaufnahmen über den Internetanschluss der Beklagten zum illegalen Download angeboten wurden. Der glaubwürdige Zeuge Dr. Frank Stummer sagte glaubhaft, insbesondere ohne erkennbaren Belastungseifer und nachvollziehbar aus, dass über das von ihm entwickelte System festgestellt werden konnte, dass zu den genannten Uhrzeiten am [Datum] vom Internetanschluss der Beklagten Uploads hinsichtlich des Films [Name] stattgefunden hätten. Der Zeuge Dr. Stummer erläuterte in der Zeugenvernehmung, dass das von ihm mitentwickelte System die IP-Adresse der Beklagten ermittelt habe und die Zeitstempel mit denen der Provider übereinstimmten. Des Weiteren erläuterte der Zeuge glaubhaft, dass zuvor auch geprüft worden sei, dass es sich bei dem Film tatsächlich um eine Kopie des Filmes handelt, dessen Rechteinhaberin die Klägerin ist. Aufgrund des Auskunftsverlangens hinsichtlich der ermittelten IP-Adresse sei dann die Anschrift der Beklagten ermittelt worden.

Das Gericht hat keine Zweifel an der Aussage des Zeugen Stummer, welcher nachvollziehbar anhand eines Schaubildes darlegte, wie der Internetanschluss der Beklagten nach diesem System ermittelt wurde. Des Weiteren erläuterte der Zeuge, dass eine nachträglich Veränderung nicht möglich sei und es im Übrigen auch entsprechende Sicherungen dieser Kopien gebe.

Im Hinblick auf die dreifache Erfassung des Internetanschlusses der Beklagten zu Downloadangeboten desselben Filmes innerhalb von zwei Tagen ist von der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses auszugehen. Dass es kurz nacheinander mehrfach zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO).


3.

Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Vernehmung der glaubwürdigen Zeugen [Namen] welche allesamt glaubhaft aussagten, davon überzeugt, dass eine tatsächliche Vermutung weiterhin für die Täterschaft des Anschlussinhabers, also der Beklagten, spricht, da der Zugriff der vernommenen Zeugen auf den Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht nachgewiesen wurde und aufgrund der Zeugeneinvernahme insbesondere auch feststeht, dass weitere Dritte Personen, insbesondere die vom Zeugen [Name] weiter benannte [Namen] ebenso Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten hatte, welcher von der Beklagten jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht benannt wurden. Das Gericht ist daher aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass weiterhin eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten als Anschlussinhaberin spricht.


a.

Der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass sich weder auf PC, Tablet oder Smartphone von ihm installierte Filesharing-Software befinde. Er habe über den Internetanschluss der Beklagten, seiner Mutter, lediglich über Amazon oder Netflix Filme heruntergeladen. Jedoch nicht über Filesharing. Im Juni [Jahr] habe er zwar den Internetanschluss seiner Mutter genutzt und sowohl er, als auch seine Schwester hätten die Zugangsdaten an Freunde weitergegeben. Hinsichtlich der bei den LAN-Partys anwesenden Personen erklärte insbesondere der Zeuge [Name] dass hierbei als sozusagen "Hauptkern" neben den als Zeugen benannten auch [Name] hauptsächlich dabei gewesen seien. Der [Name] eigentlich hauptsächlich dabei gewesen.

Des Weiteren führte der Zeuge aus, dass er die Freunde, die ein- und ausgegangen seien, bereits seit der Grundschulzeit kenne und keinem von diesen ein derartiges Vorgehen zutraue.


b.

Auch die glaubwürdige Zeuge [Name] welche glaubhaft aussagte, erläuterte, dass sie im [Name] keine Filesharing Software auf PC, Tablet oder Smartphone installiert gehabt habe. Sie wisse auch nicht, was Filesharing Software sei. Dies habe sie erst ca. 2 bis 3 Wochen vor dem Gerichtstermin erfahren. Wenn sie bei den WLAN-Partys dabei gewesen sei, habe sie ihr Smartphone benutzt. An den [Datum] könne sie sich nicht erinnern, da dies bereits zu lange her sei. Es könne im Übrigen sein, dass sie im [Jahr] nicht bei ihrer Mutter, der Beklagten, gewohnt habe, sondern bei ihrem Vater. Bislang habe sie weder Musik noch Filme über das Internet heruntergeladen. Sie nutze eigentlich nur Facebook und Google. Sie glaube auch nicht, dass ihre Mutter Filme herunterlade.


c.

Auch die glaubwürdige Zeugin [Name] welche glaubhaft insbesondere ohne Belastungseifer und ersichtlich um wahrheitsgemäße Angaben bemüht, aussagte, erläuterte, dass sie nicht davon ausgehe, am [Datum] den Internetanschluss der Beklagten am späten Abend ab [Uhrzeit] Uhr genutzt zu haben, da es sich bei dem [Datum] um ihren Geburtstag handele und sie daher annehme, dass sie wohl zuhause gewesen sei. Sie sei bereits damals mit dem Sohn der Beklagten befreundet gewesen. Den Internetanschluss der Beklagten habe sie nur mit dem Handy genutzt. Ab und zu habe sie auch den PC vom Sohn der Beklagten genutzt, allerdings letztendlich eigentlich nur für die Schule oder auch zur Nutzung von Facebook. Den Film [Name] kenne sie nicht. Auch habe sie keine Software für die Nutzung von Tauschbörsen installiert, da sie wisse, dass dies verboten sei. Sie habe den Film auch nicht mit ihrem Freund zusammen angeschaut. Ob ihr Freund diesen Film kenne, wisse sie nicht. Sie habe an dem PC von ihrem Freund nicht sehen können, ob irgendwelche Filesharing- Software installiert gewesen sei. Erst mit der Zeugenladung habe sie mitbekommen, um welchen Film es sich eigentlich handele.


d.

Auch der glaubwürdige Zeuge [Name], welcher glaubhaft und ohne Belastungs- oder Entlastungseifer aussagte, erläuterte, dass es sein könne, dass er am bei der Beklagten gewesen sei, bzw. deren Sohn. Er könne allerdings nicht sagen, ob er dort das Internet genutzt habe. Es könne sein, dass er dort das WLAN genutzt habe, wenn er dort gewesen sei. Den Film [Name] habe er jedoch nicht heruntergeladen. Von dem Film habe er noch nie etwas gehört. Sofern er den Internetanschluss der Beklagten genutzt habe, dann lediglich mit dem Handy. Dort habe er noch nie Filesharing Software installiert gehabt. Technische Geräte der Beklagten, auch nicht vom Sohn der Beklagten, die internetfähig sind, habe er nie genutzt.


e.

Der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, ob er am [Datum] bei der Beklagten gewesen sei. Er sei in den letzten fünf Jahren vielleicht dreimal bei der Beklagten gewesen, z. B. zum Geburtstag des Sohnes der Beklagten, welcher im November sei. Er habe nicht an LAN-Partys oder sonstigen Zockerpartys teilgenommen. Den Internetanschluss der Beklagten habe er nicht genutzt. Er habe auch keine Zugangsdaten hierfür gehabt. Den Sohn der Beklagten kenne er vom Fußball. Den Film [Name] kenne er nicht. Von diesem habe er erst von der Ladung erfahren.



f.

Auch der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass er nicht mehr wisse ob er sich am [Datum] bei der Beklagten aufgehalten habe. Den Internetanschluss der Beklagten habe er jedenfalls nie genutzt. Er sei vielleicht ein- bis zweimal bei LAN-Partys vor Ort gewesen, dann habe er auch den Internetanschluss genutzt. Ansonsten allerdings nie. Den Internetanschluss habe er nur mit seinem Laptop genutzt. Den Film [Name] habe er noch nie gesehen. Auch habe er keine Filesharing Software installiert. Bei den LAN-Partys habe man "Battlefield Hereos" gespielt, dies allerdings üblicherweise am Wochenende, da dies ungefähr ein paar Stunden gedauert habe.


g.

Auch der glaubwürdige Zeuge [Name] erläuterte glaubhaft, dass er sich an den [Name] nicht mehr erinnere. Er gehe allerdings nicht davon aus, dass er an dem bei der Beklagten bzw. deren Sohn gewesen sei, da es sich um die ersten beiden Tagen nach den Ferien gehandelt habe. Dies habe er nachgesehen. Es sei zwar durchaus möglich, dass er auch mal zwei Tage hintereinander dort gewesen sei. An dem [Datum] gehe er allerdings nicht davon aus, dass er dort gewesen sei. Den Film [Name] kenne er, da er sich diesen Film von einem Kumpel per DVD ausgeliehen habe und später auch nochmals per Netflix und / oder Amazon angesehen habe. Die DVD habe er sich im Jahr [Jahr] ausgeliehen, davor habe er den Film nicht gekannt. Den Film [Name] habe er nicht über Tauschbörsen heruntergeladen, auch nicht über den Anschluss der Beklagten.


Sämtliche Zeugen sagten insgesamt glaubwürdig und glaubhaft aus. Insbesondere ergab sich auch aus den von den Zeugen angegebenen Studiengängen, welche insbesondere auch im Bereich der Informatik liegen, so z. B. beim Zeugen [Name] welcher Student der Wirtschaftsinformatik ist, ebenso der Zeuge [Name] dass diese durchaus versiert sind mit dem Umgang von Computern und Filesharing Software auf einem Computer durchaus zuzuordnen wüssten.

Es mag sein, dass die Beklagte im Umgang mit Computern nicht versiert ist, dies hindert jedoch nicht die Tatsache, dass diese Filesharing Software installiert hat auf ihrem PC und über ihren Internetanschluss den streitgegenständlichen Film heruntergeladen hat. Hierzu bedarf es keiner besondere Computerspezifischen Kenntnisse.

Insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen [Name] dass auch weitere Personen bei den LAN-Partys anwesend gewesen seien und sich keiner der Zeugen konkret an den [Datum] erinnern konnte, steht fest, dass auch weitere dritte Personen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten hatte, welche von der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht vorgetragen wurden, ist das Gericht davon überzeugt, dass weitere Personen als Uploader in Betracht kommen und daher die Vermutungswirkung auf die Anschlussinhaberin nämlich die Beklagte zurückfällt.

Die Zeugen haben sämtlich glaubwürdig bestätigt, dass sie weder Filesharing Software benutzen, noch diese installiert hätten, noch dass sie den Film über eine Tauschbörse heruntergeladen hätten.

Anhand der Zeugenaussagen insbesondere auch der Tatsache, dass weitere Personen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten hatten, ist das Bestreiten der Beklagten letztendlich dahingehend zu werten, dass lediglich ein "unbekannter Dritter" den Internetanschluss der Beklagten genutzt haben könnte.

Folglich haftet die Beklagte als Anschlussinhaberin für den entstandenen Schaden gern. § 97a UrhG.

Der Schadensersatzanspruch der Höhe nach richtet sich nach §§ 97, 97a UrhG. Hierbei ist insbesondere der Gewinn zu berücksichtigen sowie eine angemessene Vergütung, welche hätte entrichtet werden müssen, wenn die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt worden wäre. Anhand des Lizenzpreises für den Kauf einer die für die mit 8,50 EUR ist der Schadensersatz mit 600,00 EUR angemessen (§ 287 ZPO).

Des Weiteren sind von der Beklagten auch die Kosten der Abmahnung zu tragen, welche sich aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR bemessen. § 97a Abs, 2 UrhG wonach der Gegenstandswert lediglich noch auf 1.000,00 EUR festzusetzen ist, ist nicht einschlägig, nachdem diese Vorschrift erst zum 01.10.2013 in Kraft getreten ist und die Rechteverletzung jedoch zuvor erfolgte, nämlich am 10.06.2013 und am 11.06.2013. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 272/14 -). Die Abmahnung und Aufforderung zur strafbewehrten Unterlassungserklärung erfolgte am 19.06.2013, so dass der Anspruch der Klägerin gem. § 97a UrhG in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung zu beurteilen ist und sich daher aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR berechnet.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 291, 286, 187 BGB.



III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.



IV.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Augsburg
Am Alten Einlaß 1
86150 Augsburg


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez. [Name]
Richterin am Amtsgericht



Verkündet am 09.08.2017
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Für die Richtigkeit der Abschrift
Augsburg, 09.08.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)




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AG Augsburg, Urteil vom 09.08.2017, Az. 74 C 3541/16,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5922 Beitrag von MatzePdAS » Montag 16. Oktober 2017, 19:46

Hallo liebes Forum, Hallo Steffen,

ich habe nun den heutigen Tag damit verbracht mir einige Beiträge und Urteile zu Abmahnungen von den Waldorf Frommer Anwälten durchzulesen. Nun habe ich drei Punkte die ich gerne zur Diskussion in den Raum werfen würde, da ich zu denen keine zufriedenstellenden Informationen gefunden habe.

1.) Man liest ja öfter von Fällen in denen mehrere Personen in einem Haushalt den Internetanschluss nutzen. Bis jetzt las es sich aber so als wäre jedesmal nur eine einzelne Person, der Vertragsinhaber, von Waldorf Frommer angeschrieben worden. Ändert sich bei der Thematik etwas wenn der Anschluss z.B auf ein Ehepaar läuft und diese auch beide gemeinsam als Täter und Anschlussinhaber benannt werden? Haftet z.B der Ehemann automatisch für seine Frau wenn diese auch im Vertrag steht? Oder muss geklärt werden wer von beiden der Täter war.

2.) Fehler im Namen sind vermutlich nicht von Bedeutung, richtig?

3.) Ich habe nun auch schon öfter etwas gelesen von der Anzahl der Datensätze welche vorliegen. Erhält man einen Einblick in diese erst durch Akteneinsicht sobald das potentielle Gerichtsverfahren eröffnet wurde?

Grüße

Matze

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5923 Beitrag von Steffen » Montag 16. Oktober 2017, 23:19

Hallo @Matze,


zu 1.)

es wird nur der angeschrieben, der vom Provider als Vertragspartner im Auskunftsverfahren beauskunftet wurde. In der Regel ist es eine Person. Natürlich kommt es auch immer wieder vor, das beide Ehepartner sich gemeinsam als Anschlussinhaber eintragen liesen. Normalerweise erhält man dann einen Brief, indem alle beide AI angeredet werden. Das bedeutet, in der Regel haften Beide dann als Gesamtschuldner nach § 421 BGB, sowie müssen Beide die mod. UE unterzeichnen. Sollte man nur die mod. UE abgeben und nicht zahlen, erhalten dann Beide auch separat einen Mahnbescheid.

Natürlich haftet nicht der andere automatisch, wenn einer den Vorwurf bestreitet. Gerade nach der BGH-Rechtsprechung (I ZR 154/15 - "Afterlife", I ZR 68/16) ist die Verteidigung etwas leichter geworden. Aber Vorsicht. Hier sollte man nur in Absprache mit einem Anwalt antworten bzw. kommt ein Mitnutzer im Familienverbund dazu, wird es wieder komplizierter.

Nur kann man dieses jetzt nicht on Detail in einem Forum thematisieren.



zu 2.)

Fehler im Namen wie fehlende Buchstaben, Schreibfehler oder Buchstabendreher sind in der Regel nicht von Bedeutung und fallen dann unter offenbare Unrichtigkeit (i.S.d. § 319 ZPO). Manchmal ist auch schon im Providervertrag der Name falsch geschrieben usw. Natürlich sollte dies ein Anwalt prüfen.



zu 3.)

Im Abmahnschreiben ist in der Regel ein oder mehrere Ermittlungsdatensätze thematisiert. Das heißt, es können nur diese sein, aber auch kann der Abmahner noch weitere in Hinterhand besitzen, die er dann später im Klageverfahren präsentiert. Natürlich kann man zu dem Gestattungsbeschluss, der im Abmahnschreiben thematisiert wurde, Akteneinsicht bei diesem Landgericht beantragen. Hier sollte man nicht trödeln, sondern es schon zeitnah mit Erhalt der Abmahnung vornehmen (Wie, steht im Link: "http://www.initiative-abmahnwahn.de/201 ... eberhaupt/). Es kommt aber auch vor, dass man in weiteren Gestattungsbeschlüssen mit beauskunftet wurde. Dieses erfährt man dann aber erst im Gerichtsverfahren.

Natürlich kann man den Abmahner danach fragen, wird aber keine erschöpfende Antwort erhalten.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5924 Beitrag von MatzePdAS » Donnerstag 19. Oktober 2017, 17:28

Hallo Steffen,

danke für die rasche Antwort. Wurde hier schon einmal im Forum die Haftung einer privaten Haftpflichtversicherung diskutiert?

Oft wird mit einer Klausel im Vertrag die bewusste Abweichung vom Gesetz wie im Themenfall die Teilnahme an rechtswidrigen Tauschbörsen ausgeschlossen. Gab es zu diesem Begriff der bewussten Abweichung schon Diskussionen? Zum Beispiel begründet mit genereller Unwissenheit der Strafbarkeit oder eines irrtümlichem Downloads, z.B belegt durch die oftmals nur ein minütige Bereitstellung eines Titels?

Grüße

Matze

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AG Traunstein, Az. 319 C 859/16

#5925 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Oktober 2017, 00:20

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Traunstein verurteilt Anschlussinhaber nach Einholung eines Sachverständigengutachtens vollumfänglich (vermeintliche "Wasserloch-Attacke")


00:18 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte trug in dem genannten Verfahren vor, er habe die Rechtsverletzung selbst nicht begangen. Er sei einziger Nutzer des ermittelten Internetanschlusses. Als Diplom-Informatiker habe er sein System entsprechend eingerichtet, so dass Rechtsverletzungen über Tauschbörsen nicht über seinen Computer begangen werden könnten. Der von ihm benutzte Router sei jedoch mit einer Sicherheitslücke behaftet gewesen, welche über einen sogenannten "Wasserloch-Attacke" ausgenutzt worden sei.



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https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... faenglich/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 859_16.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Das Gericht erhob in der Folge Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Im Rahmen dieses Gutachtens wurde der Vortrag des Beklagten widerlegt. Der Sachverständige kam in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass sich die Begehung der vorliegenden Rechtsverletzung mittels der "Wasserloch-Attacke" als sehr unwahrscheinlich darstellt. Nach persönlicher Befragung des Sachverständigen durch die Parteien sowie das Gericht kam das Gericht schließlich zur Überzeugung, dass ein Fremdzugriff vorliegend auszuschließen ist.

Das Gericht verurteilte den Beklagten in der Folge vollumfänglich.

"Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme [...] geht das Gericht davon aus, dass die Einlassung des Beklagten nicht glaubhaft ist.

Der Sachverständige hat zunächst ausgeführt, dass im Februar 2014 eine Sicherheitslücke betreffend die FRITZ!Box Modelle des Herstellers AVM bekannt wurde und diese zu einer sogenannten Wasserlochattacke genutzt werden konnte, d.h. die Zugangsdaten aus einem Router AVM FRITZ!Box 2170 unberechtigt ausgelesen werden konnten und in der Folge durch einen anderen DSL-Anschluss genutzt wurden. [...] Eine andere Möglichkeit des Beschaffens von Zugangsdaten bestehe im illegalen Kauf.

Beide Möglichkeiten hielt der Sachverständige zwar für technisch möglich, jedoch wie er überzeugend ausführte, für sehr unwahrscheinlich.
"

Es sah nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Zugriff eines unbekannten Dritten als lediglich theoretisch an. Es war daher weiterhin von der tatsächlichen Vermutung der Verantwortlichkeit des Beklagten auszugehen:

"Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts eine bloße theoretische Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss des Beklagten im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung nachgewiesen.

Das bloße Aufzeigen einer theoretischen Zugriffsmöglichkeit unberechtigter Dritter, wobei das Gericht eben aus den genannten Gründen nicht überzeugt ist, dass tatsächlich ein entsprechender Zugriff erfolgt ist, lässt die tatsächliche Vermutung, dass allein der Beklagte als Anschlussinhaber die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über seinen Internetanschluss innehatte, nicht entfallen, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Beklagte darauf verzichtet hatte, Protokolle seiner Nachforschung in seiner Recherche im angeblich installierten Fortinet-Firewall anzulegen, um so das angeblich negative Ergebnis zu belegen. Dass er dies nicht für erforderlich gehalten hatte, ist angesichts dessen, dass ihm bereits in anderer Sache ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wurde, nicht glaubhaft.
"

Im Übrigen sah das Gericht die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes sowie der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung als angemessen an und verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten einschließlich der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens.






AG Traunstein, Urteil vom 11.09.2017, Az. 319 C 859/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -


Amtsgericht Traunstein

Az.: 319 C 859/16




IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 83022 Rosenheim,
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 20259 Hamburg,



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht Traunstein durch den Richter am Amtsgericht [Name] am 11.09.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2017 folgendes


Endurteil


1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 zu bezahlen, sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild- / Tonaufnahmen in Deutschland exclusiv aus, darunter das Repertoire [Name] (Film). Die Auswertung erfolgt im Kino, auf DVD, Blu-ray und über kostenpflichtige Download- und Streamingportale im Internet, wobei die Klägerin über die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte verfügt (Anlage K 1, Blatt 33 d.A.).

Über den Internetanschluss des Beklagten, dem keinerlei Verwertungsrechte eingeräumt und auch keine Erlaubnis zur Verwertung in Tauschbörsen erteilt worden war, wurden Rechtsverletzungen am streitgegenständlichen Film begangen, ermittelt durch das Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS) am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr, wie am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (Blatt 18) und Zuordnung der IP-Adresse an den Beklagten nach Auskunft durch das Landgericht Köln, Aktenzeichen 231 0 89/13 (Anlagen K 2 und K 3, Blatt 36 ff d.A.).

Außergerichtlich hat der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, die Verantwortlichkeit des Beklagten für die Rechtsverletzung sei zu vermuten. Die Verletzungshandlung bestehe darin, dass der Beklagte über seinen Internetanschluss den Film im Wege des BitTorrent zum Download angeboten hat. Wenngleich der Beklagte den Internetanschluss alleine nutzte und der Router mit einem individualisierten Passwort geschützt war, sei die Rechtsverletzung jedenfalls fahrlässig begangen, insbesondere genüge der Vortrag des Beklagten nicht seiner sekundären Darlegungslast.

Der Klägerin sei, ausgehend davon, dass für einen aktuellen Spielfilm die Lizenz nicht weniger als 5,88 EUR betrage, Schaden in Höhe eines Pauschalbetrages von 600,00 EUR entstanden und ausgehend vom Gegenstandsstreitwert von 10.000,00 EUR im Zusammenhang mit der anwaltschaftlichen Abmahnung, Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR.



Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 zu bezahlen.
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2015 zu bezahlen.



Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.

Er behauptet,
er habe zu den ermittelten Zeiten weder den Film herunter geladen noch verbreitet, dies auch nicht zu einem anderen Zeitpunkt.

Er sei von Beruf Diplom Informatiker, der auch im privaten Bereich Schutzsysteme mit Nutzwerküberwachung nutzt, womit auch Tauschbörsensoftware nicht genutzt werden könne. Nach einer parallel erhaltenen Abmahnung habe er erfolglos Datenströme / Traffic durchsucht. Vielmehr sei die von ihm benutzte FRITZ!Box AVM mit einer Sicherheitslücke behaftet gewesen, die über einen "Wasserloch-Angriff" (Anlage B 2, Blatt 78 d.A.) ausgenutzt worden sei.

Der Beklagte vertritt daher die Rechtsauffassung, er habe nach Erhalt der ersten Abmahnung seinen höheren Sorgfaltspflichten genügt. Im Übrigen sei der geltend gemachte Schaden übersetzt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen Diplom-Informatiker [Name] Sachverständiger für IT-Forensik und es hat den Sachverständigen im Termin vom 11.09.2017 auch zur Erörterung seines schriftlichen Gutachtens angehört. Zudem wurde im Termin auch der Beklagte informatorisch gehört.


Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf das schriftsätzliche Parteivorbringen, die vorgelegten Urkunden und das erholte Sachverständigengutachten (Blatt 148/159 d.A.) Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nach §§ 97 Abs. 2, 97 a UrhG in voller Höhe begründet.


1.

Anlässlich seiner informatorischen Befragung hat der Beklagte sich dahingehend eingelassen, zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung keine Tauschbörse genutzt zu haben, auch sei ihm kein entsprechender externer Zugriff aufgefallen, was hätte der Fall sein müssen, da er als sogenanntes Firewall-System das sogenannte Fortinet-System mit sogenannter Application-Controls und Online-Virenschutz benutzt.

Er gehe vielmehr davon aus, Opfer einer sogenannten "Wasserloch-Attacke" geworden zu sein aufgrund einer seinerzeitigen Sicherheitslücke im Router AVM, wobei die Ermittlungen der ipoque nicht bestritten würden.


2.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere Einholung des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen Diplom-Informatiker (Univ.) [Name] vom 24.05.2017 und dessen Anhörung im Termin vom 11.09.2017, geht das Gericht davon aus, dass die Einlassung des Beklagten nicht glaubhaft ist:


a)

Der Sachverständige hat zunächst ausgeführt, dass im Februar 2014 eine Sicherheitslücke, betreffend die FRITZ!Box Modelle des Herstellers AVM bekannt wurde und diese zu einer sogenannten Wasserloch-Attacke genutzt werden konnte, d.h. die Zugangsdaten aus einem Router AVM FRITZ!Box 2170 unberechtigt ausgelesen werden konnten und in der Folge durch einen anderen DSL-Anschluss genutzt wurden. Ob der Beklagte tatsächlich einen entsprechenden Router im Einsatz gehabt habe, entzog sich dabei seiner Kenntnis.

Eine andere Möglichkeit des Beschaffens von Zugangsdaten bestehe im illegalen Kauf.

Beide Möglichkeiten hielt der Sachverständige zwar für technisch möglich, jedoch wie er überzeugend ausführte, für sehr unwahrscheinlich:

- Wenn eine BitTorrent-Software im Netzwerk des Beklagten tatsächlich betrieben worden wäre, hätte er dies bei Überprüfung seiner Firewall anhand der Protokolle sehen müssen. Wenn er dies, wie er im Termin gesagt hat, nicht gesehen hat, könnte entweder ein Zugriff an der Firewall vorbei erfolgt sein oder eine solche sei gar nicht vorhanden gewesen oder es läge der unwahrscheinliche Fall einer Fremdnutzung der DSL-Zugangsdaten vor. Im Falle der Fremdnutzung der DSL-Daten hätte es dann aber entweder zu Störungen im System - sofern es Betreiber und Nichtberechtigter parallel nutzen - kommen müssen oder aber zu überhöhten Rechnungen, was aufgefallen wäre,

- die Variante illegaler Kauf von DSL-Daten, um einen BitTorrent Client zu betreiben sei deshalb unwahrscheinlich, da es andere Möglichkeiten ohne Entdeckungsrisiko für eine Urheberrechtsverletzung gebe, die zudem kostengünstiger und schneller seien,

- zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung sei die betreffende Sicherheitslücke im Router allenfalls einem kleinen Personenkreis bekannt gewesen. Der Verkauf der entsprechenden Information hätte in illegalen Kreisen einen erheblichen Betrag eingebracht und die bloße Nutzung zu einem Download mittels BitTorrent damit unwahrscheinlich. Vielmehr sei die Lücke dazu genutzt worden, um die Telefoniefunktion zu missbrauchen. Dabei seien über den Telefonanschluss teuere Mehrwert- und Auslandsnummern angewählt worden, um hohe Kosten zu erzeugen.

Die Ausführungen des Sachverständigen [Name] waren schlüssig und von großer Sachkunde getragen.


3.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts eine bloße theoretische Zugriffsmöglichkeit auf den Internetanschluss des Beklagten im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung nachgewiesen.

Das bloße Aufzeigen einer theoretischen Zugriffsmöglichkeit durch unberechtigte Dritte, wobei das Gericht eben aus den genannten Gründen nicht überzeugt ist, dass tatsächlich ein entsprechender Zugriff erfolgt ist, lässt die tatsächliche Vermutung, dass allein der Beklagte als Anschlussinhaber die rechtliche und tatsächliche Verfügungsgewalt über seinen Internetanschluss innehatte, nicht entfallen konnte, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Beklagte darauf verzichtet hat, Protokolle seiner Nachforschung in seiner Recherche im angeblich installierten Fortinet-Firewall anzulegen, um so das angeblich negative Ergebnis zu belegen. Dass er dies nicht für erforderlich gehalten hatte, ist angesichts dessen, dass ihm bereits in anderer Sache ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wurde, nicht glaubhaft.


4.

Entsprechend den Grundsätzen der Lizenzanalogie, ausgehend von einer Lizenz für einen aktuellen Spielfilm von nicht weniger als 5,88 EUR schätzt das Gericht den entstandenen Schaden nach § 287 ZPO auf nicht weniger als die geltend gemachten 600,00 EUR.


5.

Die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nach §§ 97 Abs. 2, 97a UrhG zählen zum erstattungsfähigen Schaden, wobei insoweit die Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR nicht zu beanstanden ist.


6.

Kostenentscheidung: § 91 ZPO.


7.

Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez.
[Name]
Richter am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift
Traunstein, 13.09.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Traunstein, Urteil vom 11.09.2017, Az. 319 C 859/16,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Wasserloch-Attacke,
Fortinet-Firewall,
Sachverständigengutachten,
theoretischen Zugriffsmöglichkeit durch unberechtigte Dritte,
sekundäre Darlegungslast

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5926 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Oktober 2017, 09:56

Hallo @Matze,

natürlich kann man darüber diskutieren und macht man auch schon seit Jahren. Es ist aber so, dass nach meiner Kenntnis die meisten Privathaftpflichtversicherer zwar “Internetschäden“ einmal mit versichern kann. In der Regel betrifft es aber kein Schaden aus Filesharing, sondern in der Regel nur Sachschäden durch Beschädigungen der verwendeten Geräte oder Vermögensschäden, wenn Versicherten oder Dritten finanzielle Schäden durch Diebstahl der Konto- und Kreditkarten, die bekannten Abo-Fallen oder eben die Reparatur oder Neuanschaffung betroffener Geräte entstehen; Schäden durch privaten elektronischen Datenaustausch (z.B. durch Internetnutzung), bei denen der Verursacher waren: Ein Klick auf unbekannte Links kann Schadsoftware auf dem Computer fremder Leute installieren, eine Email oder ein externer Datenträger kann andere Rechner und Netzwerke infizieren und lahmlegen.

Bei den Rechtschutzversicherern ist es ähnlich. Hier gibt es die Klausel - trotz Internetschutz bzw. buchbaren Zusatzpaket -, dass man vertraglich im “Kleingedruckten“: “seltene oder schwer kalkulierbare Risiken“ vom Rechtsschutz ausschließt. Abmahnungen bei Urheberverletzungen fallen darunter.

“ARAG“ sowie“Jurpartner“ sollen fürs Internet Pakete anbieten, die bei Abofallen, einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing sowie Mobbing im Internet angeblich die Kosten für den Rechtsanwalt tragen soll. Aber auch hier sollte man vorher das “Kleingedruckte“ lesen! Wenn die Anwaltsgebühren z.B. auf 200,00 EUR gedeckelt werden, dann steht man dann trotzdem mit enormen Selbstkosten in einem verloren “Wassserloch-Attacke“-Gerichtsverfahren da.

Selbst bei der Übernahme von einer einmaligen Beratungsgebühr, sollte man erst den Versicher anfragen, ehe man einen Anwalt beauftragt. Viele Versicherer sind davon abgegangen, da wahrscheinlich die Zahl der Abgemahnten zunahm.

Dies sind aber Sachverhalte, die man explizit mit den Versicher diskutieren sollte, denn ein Forum wird darauf keinen Einfluss haben. I.M.H.O.


VG Steffen

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#5927 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Oktober 2017, 10:47

Rechtsanwältin Katharina von Leitner-Scharfenberg (Berlin): Das Amtsgericht Charlottenburg weist eine Filesharing Klage der Münchner Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte ab!


10:43 Uhr


Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Urteil vom 25.09.2017 eine Klage der Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte, die diese im Auftrag der Constantin Film Verleih GmbH erhoben hatte, abgewiesen (Az. 213 C 90/17).



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Hämmerling von Leitner-Scharfenberg
Rechtsanwälte in Partnerschaft

Hohenzollerndamm 196 | 10717 Berlin
+49(0)30 206 494 05 | +49(0)30 206 494 06
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Bericht auf Anwalt24.de:

Wolters Kluwer Deutschland GmbH
Sitz der Gesellschaft
Luxemburger Straße 449
50939 Köln


Link:
https://www.anwalt24.de/fachartikel/abmahnung/51314



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Dabei hat das Gericht entschieden, dass es für eine Verteidigung wegen der Vorwürfe genügt, wenn der Internetanschlussinhaber vorträgt, dass weitere Familienmitglieder den Internetanschluss nutzen.

Damit sei die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bereits erschüttert.

Insbesondere seien dem Anschlussinhaber weitere Nachforschungspflichten in familiären Konstellationen nicht zumutbar. Dies ergäbe sich aus dem grundrechtlichen Schutz des familiären Verhältnisses.

In dem Fall hatten auf den Internetanschluss zum Tatzeitpunkt der Ehegatte der Beklagten sowie deren Sohn Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten.

Mit der Klage hatte die Kanzlei Waldorf Frommer für ihre Mandantin, die Constantin Film GmbH, insgesamt 1.106,00 EUR an Schadensersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht.

In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg hat die Kanzlei Waldorf Frommer behauptet, die von uns vertretene Anschlussinhaberin habe den Film "Das Haus der Krokodile" über eine Tauschbörse in das Internet hochgeladen. Die Beklagte bestritt sodann, dass sie den Film in der Tauschbörse hochgeladen hatte.

Grundsätzlich besteht die Vermutung, dass der Internetanschlussinhaber auch verantwortlich ist für die Urheberrechtsverletzung.

Dieser hat jedoch die Möglichkeit, im Rahmen der sogenannten sekundären Darlegungslast Umstände vorzutragen, die diese Vermutung erschüttern.



Was muss der Anschlussinhaber zur Verteidigung vorbringen?

Die bisher nicht abschließend geklärte Frage ist allerdings, wie weit diese Darlegungslast reicht, was also der Beklagte alles vorgetragen muss, um die Vermutung zu erschüttern.

Das Amtsgericht Charlottenburg führt in seiner Urteilsbegründung hierzu folgendes aus:

"Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist die beklagte Partei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse sie dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird allerdings - zumindest grundsätzlich - die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 06.10.2016 - I ZR 154/15; BGH, Urt. v. 12.05.2016 - I ZR 48/15; BGH, Urt. v. 11.06.2015 - I ZR 75/14 - OLG München, Urt. v. 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15). Umgekehrt gilt, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt, da keine generelle Vermutung im Sinne eines Anscheinsbeweises eingreift, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er der Inhaber des Anschlusses ist (BGH Urt. v. 06.10.2016 - I ZR 154/15)."

Die Beklagte ist in dem Verfahren nach Ansicht des Amtsgericht Charlottenburg ihrer sekundären Darlegungslast in vollem Umfang nachgekommen. Sie hat dargelegt, dass sowohl ihr Ehemann als auch der Sohn zu diesem Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss hatten und diesen selbstständig genutzt haben. Dass die Beklagte diese befragt hat und daraufhin diese Personen angaben, mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nichts anfangen zu können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn trotz dieser Angabe bleiben diese Personen mögliche Täter der Urheberrechtsverletzung und ist die Vermutungswirkung mit diesem Vortrag entkräftet.

Weiterer Vortrag ist der Beklagten nicht zuzumuten. Denn aufgrund der familiären Stellung der weiteren Internetnutzer zu der Beklagten wirkt zu ihren Gunsten der grundrechtliche Schutz der Familie (Art. 7 EU Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG). Dieser verbietet aber die Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten. Insbesondere ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seiner Familienmitglieder zu dokumentieren.

Zudem ist es dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten, die Untersuchung des Computers des Familienmitgliedes im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.

Denn die sekundäre Darlegungslast der beklagten Partei führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, den Anspruchsteller für alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, Urt. v. 06.10.2016 - I ZR 154/15).



Führt die Vernehmung der Familienmitglieder zur Verurteilung des Anschlussinhabers, wenn diese ebenfalls abstreiten?

Das Amtsgericht Charlottenburg führt hierzu aus, dass eine auf die Behauptung der Klägerin, die Familienmitglieder hätten die Rechtsverletzung nicht begangen, gerichtete Beweisaufnahme nichts daran ändert, dass dann noch immer nicht der Beweis der Täterschaft gerade der Beklagten erbracht wäre. Das Gericht hat die Beklagte als Partei angehört, die glaubhaft dargelegt hat, dass sie als Täterin ausscheidet. Selbst wenn die benannten Zeugen vernommen werden und angeben würden, selbst nicht Täter zu sein, wäre dann noch nicht der Beweis der Täterschaft der Beklagten geführt.



Wie sollte ich bei Erhalt einer Abmahnung von Waldorf Frommer reagieren?

Grundsätzlich gilt, dass Sie zunächst Ruhe bewahren und nichts bezahlen und auch nichts unterschreiben sollten. Weiterhin sollten Sie selber keinen Kontakt zu Waldorf Frommer aufnehmen. Eine einmal unbedarfte getätigte Äußerung wird unter Umständen vermerkt und kann später nur schwer korrigiert werden. Beauftragen Sie uns daher mit Ihrer Verteidigung. Rufen Sie uns hierzu an. Wir geben Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihrem Fall und klären Sie über die Kosten unserer Beauftragung auf.

Die Kanzlei Hämmerling von Leitner-Scharfenberg steht Ihnen dazu bundesweit zur Verfügung und ist Ihr zuverlässiger und kompetenter Partner bei allen Fragen zum Urheberrecht und insbesondere im Bereich des Filesharings. Rufen Sie uns ganz einfach an oder senden Sie uns eine Nachricht per E-Mail an

berlin@hvls-partner.de





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AG Charlottenburg, Urteil vom 25.09.2017, Az. 213 C 90/17,
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5928 Beitrag von ckolzy » Freitag 20. Oktober 2017, 13:55

Hallo alle, auch meinen ehemaligen Mitbewohner und mich haben Waldorf und Frommer 2014 erwischt, wir haben den Anwalt alles erledigen lassen, dann war 3 Jahre Ruhe bis vor wenigen Wochen...da haben sie nun mit der Klage gedroht. Unser Anwalt hat nun einen Vergleich herausgehandelt, den ich immer noch nicht zufriedenstellend finde.

In unserem Fall beläuft es sich um eine ursprünglcihe Forderung von ca. 600 EUR. Speziell an unserem Fall ist jedoch dass mein damaliger Mitbewohner der Anschlussinhaber war, ich jedoch der Täter bin. Nun ist es allerdings so dass ich selbst bereits seit mehreren Jahren gar nicht mehr in Deutschland gemeldet oder wohnhaft bin.

Unser derzeitiger Anwalt rät zur Annahme des Vergleichs (ca 450 EUR), angesprochen auf obigen Punkt sagt er jedoch auch, dass bei einer formellen Schulderklärung meinerseits eine gerichtliche Weiterverfolgung des Falls und insbesondere von mir höchst unwahrscheinlich wäre und er dies selbst noch nie gesehen hätte.

Trotzdem rät er, den Vergleich anzunehmen. Daher sind wir nun sehr verwirrt und ratlos, was wir nun tun sollen. Ich tendiere dazu, nur für den Fall der Fälle einfach zu bezahlen und es hinter mir zu haben, aber es bleibt natürlich trotzdem das mulmige Gefühl der Unsicherheit...

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5929 Beitrag von Steffen » Samstag 21. Oktober 2017, 00:09

Hallo @ckolzy,

Du verlangst jetzt, dass ein Forum sich über einen anwaltlichen Rat stellt. Das kann so - öffentlich - nicht funktionieren.

Den Anwalt bezahlt ihr ja sowieso. Ob es jetzt ratsam ist, dass der AI den Vorwurf abstreitet und dich - unter Vorlage deines schriftlichen Schuldanerkenntnis - als Täter benennt, kann ich nicht beurteilen. Auch nicht die Erfolgsaussichten für den AI bzw. dich in einem Klageverfahren. Warum? Dazu müsste man den ganzen Abmahnfall kennen, insbesondere was zwischen euren Anwalt und dem Abmahner korrespondiert wurde.

Aus dem reinen Menschenverstand würde ich tendieren den Vergleich (450,- €) anzunehmen. Nur diese Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen.

VG Steffen

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#5930 Beitrag von Steffen » Samstag 21. Oktober 2017, 00:13

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg in einer Waldorf Frommer Klage - Keine Haftung, wenn Angehörige mit nur "begrenzten PC-Kenntnissen" Zugriff hatten


00:10 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing-Verfahren hat das Amtsgericht Braunschweig klargestellt (Urt. v. 29.09.2017, Az. 119 C 93/17), dass Rechteinhaber an die Verteidigung des abgemahnten Anschlussinhabers keine zu strengen Anforderungen stellen dürfen. Es reicht weiterhin, darzulegen, dass eine nahe Angehörige Zugriff auf den gemeinsam genutzten PC hatte - auch, wenn es aufgrund ihrer begrenzten PC-Kenntnisse unwahrscheinlich sei, dass sie das Filesharing begangen habe.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... sen-75416/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... -93-17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Waldorf Frommer hatte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft einen Ehemann abgemahnt. Die abmahnende Kanzlei warf ihm vor, dass er über seinen Anschluss den Film "Rad Down" illegal verbreitet haben soll. Es wurden ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR geltend gemacht.

Doch damit fand sich der Ehemann nicht ab. Er weigerte sich, zu zahlen und berief sich darauf, dass er die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe. In dem vermeintlichen Tatzeitraum sei er auf seiner Arbeitsstelle gewesen. Seine Ehefrau sei zu dieser Zeit alleine zu Hause gewesen.

Damit wollte sich Waldorf Frommer wiederum nicht zufrieden geben. Die Kanzlei verwies darauf, dass die Ehefrau nach dem Vortrag des Mannes nur über sehr begrenzte PC-Kenntnisse verfüge. Des Weiteren habe sie den Rechner nur für Recherchen und E-Mails genutzt. Dies reiche nicht aus, um den Vorwurf des Filesharings durch den abgemahnten Anschlussinhaber infrage zu stellen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau die Begehung von illegalem Filesharing geleugnet habe.



AG Braunschweig verneint Haftung des Anschlussinhabers

Das Amtsgericht (AG) Braunschweig jedoch konnte Waldorf Frommer nicht überzeugen. Das Gericht entschied, dass der Anschlussinhaber nicht im Wege der Täterhaftung nach § 97 Abs. 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zum Schadensersatz herangezogen werden könne.

Er habe durch seine Ausführungen hinreichend seiner sekundären Darlegungslast genügt. Dies ergibt sich daraus, dass seine Frau Zugriff auf seinen Anschluss gehabt hat. Obwohl es aufgrund ihrer eingeschränkten PC Kenntnisse sowie ihrer üblichen Nutzungsweise des Rechners wenig wahrscheinlich sei, dass sie illegales Filesharing begangen habe, sei ihre Täterschaft dadurch nicht zwingend ausgeschlossen.

Infolgedessen müsse Waldorf Frommer nachweisen, dass der abgemahnte Anschlussinhaber die zur Last gelegte Urheberrechtsverletzung selbst begangen hat. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen.

Eine Haftung für die Abmahnkosten im Wege der Störerhaftung scheide aus, weil der Anschlussinhaber seinen WLAN-Anschluss hinreichend verschlüsselt hatte. Darüber hinaus bestehe gegenüber volljährigen Angehörigen normalerweise weder eine Belehrungspflicht noch eine Verpflichtung zur Überwachung.



Zugriffsmöglichkeit von Angehörigen reicht zur Entlastung

Diese Entscheidung des Amtsgericht Braunschweig erstaunt uns wenig. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits im Rahmen der Afterlife Entscheidung festgestellt, dass der potenzielle Zugriff durch den Angehörigen auf den Anschluss ausreicht (BGH, 06.10.2016, I ZR 154/15). Diese Auffassung hat der BGH kurz darauf noch einmal bestätigt (Urt. v. 27.07.2017, I ZR 68/16).

Auch die Tatsache, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass die Frau die Tat selbst begangen habe, war hier richtigerweise im Einklang mit der neuesten BGH Rechtsprechung zu nicht zu berücksichtigen (Urt. v. 07.09.2017, I ZR 68/16). Das höchste Zivilgericht hatte in dem Urteil geäußert, dass Frauen auch dann Täterinnen sein können, wenn es sich bei dem abgemahnten urheberrechtlichen Werk um ein Ego-Shooter-Spiel handele, welches überwiegend von männlichen Spielern gespielt wird. Anhand des abgemahnten Inhaltes könne nicht auf eine Tätergruppe geschlossen werden. Der BGH damit trotz der Tatsache, dass die Täterschaft der Ehefrau unwahrscheinlich war, für möglich, dass diese die Rechtsverletzung begangen haben könnte. Nichts anderes kann gelten, wenn die Täterschaft hier aufgrund mangelnder PC-Kenntnisse unwahrscheinlich scheint.

Außerdem darf es sich auch nicht zu Lasten des Anschlussinhabers auswirken, dass die Frau des Beklagten hier die Begehung der Tat geleugnet hat. Denn sie braucht sich nicht selbst an den Pranger zu stellen.



Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:

Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS






AG Braunschweig, Urteil vom 29.09.2017, Az. 119 C 93/17



(...) - Abschrift -



Amtsgericht
Braunschweig




119 C 93/17

Verkündet am 29.09.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




in dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte WALDORF FROMMER, Beethovenstraße. 12, 80336 München



gegen


[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte WILDE BEUGER SOLMECKE, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln





hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 15.09.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2017 (Az. 119 C 93/17) bleibt aufrechterhalten.
2. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf die Streitwertstufe bis 1.500,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz und Abmahnkosten nach behaupteter Urheberrechtsverletzung.

Der Beklagte war im Mai 2013 Inhaber eines mit WPA2 verschlüsselten und passwortgeschützten Internetanschlusses, der sowohl von ihm als auch von seiner Ehefrau vorwiegend für E-Mails und Recherchezwecke genutzt wurde. Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild- / Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Die von ihr mit der Erfassung von Urheberrechtsverstößen beauftragte Firma ipoque GmbH stellte fest, dass der Film "[Name]" am 19.05.2013 um 21:05:30 Uhr und 21:06:46 Uhr mittels Filesharing Software im BitTorrent-System zum Download angeboten wurde. Die Ehefrau des Beklagten hatte im Mai 2013 nur begrenzte Computerkenntnisse, nutzte den PC in der Regel nur in Anwesenheit des Beklagten und hat auf dessen Nachfrage die Begehung einer Urheberrechtsverletzung verneint. Der Beklagte hatte vor Mai 2013 auch keinerlei Anhaltspunkte für Urheberrechtsverletzungen, die von seinem Anschluss aus begangen wurden.


Die Klägerin behauptet,
Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film "[Name]" zu sein. Dieser sei vom Beklagten über seinen Internetanschluss illegal zum Download angeboten worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf die Schriftsätze vom 19.12.2016 und 13.04.2017 (Bl. 10 - 34, 142 - 165 d. A.) verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.06.2017 ist die Klage der nicht erschienenen Klägerin mittels Versäumnisurteils abgewiesen worden. Gegen das ihr am 16.06.2017 zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin mit einem am 29.06.2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.


Sie beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von mindestens 600,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Er behauptet,
er kenne den Film nicht und habe sich zum Tatzeitpunkt auf dem Weg zur Arbeit befunden, während seine Ehefrau sich allein im Haus aufgehalten habe. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 16.03.2017 nebst Anlagen (Bl. 103 - 134 d. A.) verwiesen.




Entscheidungsgründe

Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.06.2017 ist zulässig, insbesondere form-und fristgerecht. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg, da die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet ist.



I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch in Höhe von (mindestens) 600,00 EUR aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu, da sie nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt hat, dass der Beklagte für die behauptete Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist.

Grundsätzlich trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der ihn begünstigenden Rechtsnorm; dies gilt auch in Urheberrechtstreitigkeiten (vgl. BGH I ZR 154/15). Vorliegend hat also die Klägerin (auch) darzulegen und zu beweisen, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

Zwar trifft den Inhaber eines Internetanschlusses, von dessen Anschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde und der die Tatbegehung verneint, eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Umstände, aus denen auf die Täterschaft eines Dritten geschlossen werden kann (BGH I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens), dieser Darlegungslast hat der Beklagte jedoch Genüge getan. Der Darlegungslast wird gerecht, wer nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnis und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH I ZR 48/15 - Everytime we touch).

Der Beklagte hat vorgetragen, seinen Internetanschluss bewusst auch seiner Ehefrau zur Nutzung überlassen zu haben, die sich zum Verletzungszeitpunkt auch zuhause aufgehalten habe. Damit hatte die Ehefrau des Beklagten nach seinem Vortrag zur konkreten Tatzeit Zugang zum Internetanschluss. Sie kommt auch in Bezug auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten als Verletzerin in Betracht. Der Vortrag des Beklagten, dass sie den PC in der Regel nur in seiner Gegenwart nutze, über sehr begrenzte PC-Kenntnisse verfüge und der Computer üblicherweise für E-Mails und Recherche-Zwecke verwendet werde, lassen ihre Täterschaft zwar wenig wahrscheinlich erscheinen, schließen diese jedoch nicht aus. Indem der Beklagte bei seiner Ehefrau Nachfrage gehalten hat und der Klägerin über das Ergebnis berichtet hat, hat er auch seiner begrenzten Nachforschungspflicht (vgl. dazu i.E. LG Braunschweig Az. 9 S 173/15) Genüge getan.

Aus der sekundären Darlegungslast folgt keine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast (s.o. BGH I ZR 154/15). Der Anschlussinhaber hat also insbesondere nicht aufzuklären, wer tatsächlich Täter der Rechtsverletzung ist; diese Last trifft den Anspruchsteller sowie der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast genügt hat (BGH I ZR 75/14 Tauschbörse III). Es wäre daher Sache der Klägerin als Anspruchstellerin gewesen, die für eine Täterschaft des Beklagten sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Daran mangelt es hier. Insbesondere fehlt jegliches Beweisangebot dafür, dass die Ehefrau des Klägers zur Tatzeit nicht allein Zugang zum Internetanschluss des Beklagten hatte.



II.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR gem. § 97a Abs. 1 UrhG a. F. zu, da den Beklagten keinerlei Störerhaftung trifft.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Rechtsverletzung beigetragen hat. Den Inhaber eines Internetanschlusses trifft dabei die Pflicht, seinen Internetanschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend zu schützen, damit dieser nicht für Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden kann (vgl. BGH I ZR 121/08).

Diesen Anforderungen ist der Beklagte gerecht geworden. Sein WLAN-Anschluss war WPA2 verschlüsselt und passwortgeschützt. Anlasslose Überwachungs- und Belehrungspflichten gegenüber seiner Ehefrau bestanden nicht (vgl. dazu i.E. BGH I ZR 86/15 - Silver Linings Playbook). Der Beklagte ist damit kein Störer.

Mangels Hauptanspruchs scheitern auch jegliche Nebenansprüche.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 26.09.2017 bot keinerlei Anlass, erneut in die Verhandlung einzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO,




Rechtsbehelfsbelehrung

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Braunschweig,
Münzstraße 17,
38100 Braunschweig.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

Die Streitwertfestsetzung kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Braunschweig,
An der Martinikirche 8,
38100 Braunschweig


eingeht.

Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden,

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat.

Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.



[Name]
Richterin am Amtsgericht (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Braunschweig, Urteil vom 29.09.2017, Az. 119 C 93/17,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Versäumnisurteil,
Versäumnis Kläger,
sekundäre Darlegungslast

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AG Charlottenburg, Az. 229 C 137/17

#5931 Beitrag von Steffen » Montag 23. Oktober 2017, 19:27

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Unzureichende Nachforschungen in Tauschbörsenverfahren führen zur Verurteilung des Anschlussinhabers (Lebensgefährtin, Beklagter legte Berufung ein)


19:25 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte trug vor, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe er Besuch von seiner Lebensgefährtin gehabt, welche mittels eigenen Computers sowie auch über seinen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt habe. Ob die Lebensgefährtin die Rechtsverletzung begangen habe, sei dem Beklagten nicht bekannt. Er war der Auffassung, Nachforschungen innerhalb seiner Familie seien ihm nicht zumutbar. Im Übrigen bestritt er auch die Aktivlegitimation der Klägerin, sowie die Richtigkeit der Ermittlungen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nhabers-2/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 137_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Gericht folgte der Auffassung des Beklagten nicht. Es bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin.

"Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat unter Bezugnahme auf die Anlagen [...] ihre Rechteinhaberschaft konkret dargetan. Danach ist sie Inhaberin der Rechte an dem streitbefangenen Film. Ein Bestreiten mit Nichtwissen war damit nicht mehr zulässig. Der Beklagte hätte zumindest konkrete Anhaltspunkte vortragen müssen, die die Richtigkeit der Angaben der Klägerin in Zweifel ziehen. Dergleichen hat der Beklagte weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich."

Im Hinblick auf die Haftung des Beklagten war das Gericht der Überzeugung, dass er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu Nachforschungen verpflichtet gewesen wäre. Diesen Nachforschungspflichten war der Beklagte jedoch nicht nachgekommen.

"Vorliegend hatte der Beklagte seinen Internetanschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen, nämlich seiner Lebensgefährtin. Danach kam zumindest auch diese Person als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht. In dieser Konstellation ist der Beklagte in begrenztem Umfang zu Nachforschungen verpflichtet, die er vorliegend nicht erfüllt hat. Seine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss durch seine Lebensgefährtin genügt hierbei nicht.

Auch wenn es sich bei der möglichen Nutzerin um seine Lebensgefährtin handelt, war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Zumindest hätte er seine Lebensgefährtin danach befragen müssen, ob sie zu den angegebenen Zeiten das Internet genutzt hat und ggf. die Zugangsdaten an Dritte, wie etwa ihr eigenes Kind, weitergereicht hat. Das Ergebnis dieser Befragung wäre der Klägerin mitzuteilen gewesen.
"

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Der Beklagte hat gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt.






AG Charlottenburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 229 C 137/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 229 C 137/17
verkündet am: 08.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 10115 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 10435 Berlin, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 229, auf die mündliche. Verhandlung vom 07.07.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung eines Downloads der Bild- / Tonaufnahme [Name] am [Datum].

Die Klägerin beauftragte im streitgegenständlichen Zeitraum die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Filesharing-Systeme (P2P-Tauschbörsen) bzgl. des streitgegenständlichen Films. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen das sogenannte "Peer-to-Peer Forensic System" (PFS). Wegen der streitgegenständlichen Downloads erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs.2 UrhG den Beschluss des Landgerichts München I zum dortigen Az. 7 0 100/13. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die in Bezug genommene Anlage K 3, Bl. 39 d.A. und K4 - 1, Bl. 47 f. d.A., Bezug genommen. Mit diesem Beschluss wurde der Provider, Vodafone Kabel Deutschland, zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft des Providers sind die ermittelten IP-Adressen dem Beklagten zuzuordnen, vgl. Anlage K 2, K 3, Bl. 38 - 39 d.A..

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] wegen der aufgrund dieser Ermittlungen behaupteten Urheberrechtsverletzungen an dem streitgegenständliche Film am [Datum] ab, vgl. Anlage K 4 - 3, Bl. 52 f. d.A.. Daraufhin gab der Beklagte ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung eine Unterlassungserklärung ab, vgl. Anlage K 4 - 2 , Bl. 51 d.A. Auf die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen und Mahnungen zahlte der Beklagte nicht.

Die Klägerin beziffert ihren mit dieser Klage geltend gemachten in Anwendung der sog. Lizenzanalogie berechneten Mindestschaden auf 600,00 EUR, ausgehend von der Annahme, dass die entsprechende Lizenz für einen aktuellen Spielfilm nicht weniger als 5,88 EUR beträgt und je nach Laufzeit, Bekanntheit und Aktualität des Werks sowie der entsprechenden Bildqualität auch deutlich höher liegen kann. Ferner beziffert die Klägerin ihre durch die anwaltliche Abmahnung vom 28.08.2013 entstandenen Kosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe von 10.000,00 EUR auf 506,00 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Berechnungen auf Seite 25 - 26 der Klageschrift, Bl. 33 - 34 d.A., Bezug genommen.



Die Klägerin behauptet,
sie sei ausschließliche Rechteinhaberin an dem streitgegenständlichen Film und beruft sich hierzu auf den Hersteller- bzw. Urhebervermerk, der sie ausdrücklich als Rechteinhaberin ausweise. Sie behauptet weiter, der Beklagte habe über seinen Internetanschluss Dritten diesen Film zum illegalen Download angeboten; die Daten seien dann auch übertragen und über das sog. P2P-Netz verteilt worden. Dies habe am [Datum] über die IP-Adresse des Beklagten [IP] stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das als Anlage K 3 eingereichte sogenannte "Falldatenblatt", Bl. 39 d. A., Bezug genommen.


Die Klägerin beantragt,
die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 sowie
506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.08.2015 zu zahlen.



Die beklagte Partei beantragt,
die Klage abzuweisen.


Der Beklagte behauptet,
in dem streitbefangenen Zeitraum habe er Besuch von seiner Lebensgefährtin, Frau [Name], gehabt, die Zugang zu seinem WLAN mittels ihres eigenen Rechners und auch Zugang zu seinem Rechner gehabt habe. Seine Lebensgefährtin und ihr Kind wohnten inzwischen bei ihm. Ob seine Lebensgefährtin die streitgegenständliche Datei zum Download angeboten habe, sei ihm nicht bekannt. Er ist weiter der Auffassung, es sei ihm nicht zumutbar innerhalb seiner Familie Nachforschungen nach Rechtsverletzungen durchzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 07.07.2017 Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:


I.

Die zulässige Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung eines Schadensersatzes in Gestalt eines Lizenzschadens in Höhe von 600,00 EUR. Der Klageantrag war dahingehend auszulegen, dass die Klägerin diesen Lizenzschaden als Mindestschaden begehrt, vgl. auch die Ausführungen hierzu in der Klageschrift, darin S. 17, Bl. 25 f. d.A., in der die Klägerin explizit auf das Urteil des BGH, in GRUR 1993, 55 - Tchibo / Rolex II Bezug nimmt. Die Klägerin erfüllt danach die Bestimmtheitsanforderungen, die das Gesetz in § 253 ZPO an den Klageantrag stellt, indem sie die nach § 287 ZPO zu schätzende Höhe des begehrten Mindestschadens beziffert.

Der Anspruch auf Erstattung des Lizenzschadens folgt aus §§ 97 Abs.2, 19a UrhG (in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung).

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat unter Bezugnahme auf die Anlagen K 1 und K 5 ihre Rechteinhaberschaft konkret dargetan. Danach ist sie Inhaberin der Rechte an dem streitbefangenen Film. Ein Bestreiten mit Nichtwissen war damit nicht mehr zulässig. Der Beklagte hätte zumindest konkrete Anhaltspunkte vortragen müssen, die die Richtigkeit der Angaben der Klägerin in Zweifel ziehen. Dergleichen hat der Beklagte weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich. Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH hält es das Gericht für ausreichend, aber auch für erforderlich, dass die Klägerin konkrete Indizien benennt, die als mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153; 69, 79 f. "P-Vermerk"). Es würde die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts unzumutbar erschweren, wenn auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen hin für jedes einzelne Werk sämtliche Einzelheiten dargelegt und bewiesen werden müssten (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 - Tauschbörse I). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Prozessordnung ein Bestreiten mit Nichtwissen grundsätzlich für prozessual zulässig erachtet, wenn eigene Erkenntnisse über die bestrittenen Tatsachen nicht vorliegen. Aufgrund des ungehinderten Zugriffs von Informationen im Internet kann vorliegend jedoch davon ausgegangen werden, dass der Beklagte, der nach seinen eigenen Angaben über einen WLAN Anschluss verfügt und damit Zugang zu den im Internet zur Verfügung stehenden Informationen hat, gegenteilige Indizien hätte vortragen können, wenn es diese denn gäbe und der Beklagte entsprechend recherchiert hätte. Mit einem schlichten Bestreiten mit Nichtwissen genügt der Beklagte seinen prozessualen Erklärungspflichten danach in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht.

Das Gericht hat seiner Entscheidung ferner die Annahme zugrunde zu legen, dass die Urheberrechtsverletzung vom Internetanschluss des. Beklagten ausging. Der Beklagte hat nicht dargelegt, welche sonstige IP-Adresse seinem Anschluss zugeordnet gewesen sein sollte. Auch an der Richtigkeit der Ermittlung der IP-Adresse bestehen keine Bedenken. Die Klägerin hat zweifach Verstöße über den IP-Anschluss des Beklagten ermittelt. Danach ist es unwahrscheinlich, dass es mehrfach zu einer fehlerhaften Ermittlung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/11, juris). Der Beklagte hat auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür benannt, noch ist es sonst ersichtlich, dass der Anschluss mit der genannten Nutzerkennung nicht derjenige des Beklagten sein soll. Dabei verlangt die Rechtsprechung nicht einen zweifelsfreien Nachweis der vollständigen und fehlerfreien Auskunftserteilung. Nach der gängigen Formel bedarf es für eine den Anforderungen des § 286 Abs.1 ZPO genügenden richterlichen Überzeugung keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades an Gewissheit, der Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Demnach genügt es gerade nicht, wenn der Beklagte auf abstrakte und mathematisch mögliche Fehlerquellen verweist, aber weiterhin keinerlei Anhaltspunkte in den Prozess einführt, die bezogen auf den hier zur Entscheidung vorliegenden Fall Zweifel an der Richtigkeit der Auskunftserteilung begründen. Das weitere Bestreiten des Beklagten der Richtigkeit der Ermittlungen durch die ipoque GmbH und deren verwendetes System PFS ist ebenfalls unbeachtlich, da es sich um pauschales Bestreiten - ohne Bezug zum konkreten Fall - handelt, womit der Beklagte seinen prozessualen Erklärungspflichten nicht genügt.

Der Beklagte ist passivlegitimiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, der sich das erkennende Gericht anschließt, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diejenige Person, der eine IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeordnet worden ist, auch die Rechtsverletzung zu verantworten hat, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von dieser IP-Adresse aus zugänglich gemacht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15 - Everytime we touch). So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat diese Vermutung durch seinen Vortrag nicht entkräften können. Mit seiner pauschalen Behauptung, auch seine Lebensgefährtin habe Zugriff auf den Internetanschluss gehabt, ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen.

Bei der Inanspruchnahme eines Internet Anschlussinhabers wegen Urheberrechtsverletzungen trägt der Anspruchsteller nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Er hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der in Anspruch Genommene für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2017, 78 und NJW 2013, 1441). Für die Täterschaft des Anschlussinhabers spricht nicht etwa der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis). Es besteht allerdings zumindest eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass diejenige Person, der die IP-Adresse zugeordnet ist, von welcher die Rechtsverletzungen begangen wurden, auch für die Rechtsverletzungen verantwortlich ist (vgl. nur BGH, NJW 2014, 2360). Der Anschlussinhaber kann diese Vermutung nur entkräften, indem er im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast Umstände vorträgt, die einen abweichenden Geschehensablauf nahe legen (vgl. hierzu BGH, GRUR 2010, 633). Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interne des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Vorliegend hatte der Beklagte seinen Internetanschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen, nämlich seiner Lebensgefährtin. Danach kam zumindest auch diese Person als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht. In dieser Konstellation ist der Beklagte in begrenztem Umfang zu Nachforschungen verpflichtet, die er vorliegend nicht erfüllt hat.

Seine pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss durch seine Lebensgefährtin genügt hierbei nicht. Auch wenn es sich bei der möglichen Nutzerin um seine Lebensgefährtin handelt, war der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet. Zumindest hätte er seine Lebensgefährtin danach befragen müssen, ob sie zu den angegebenen Tatzeiten das Internet genutzt hat und ggf. die Zugangsdaten an Dritte, etwa ihr eigenes Kind, weitergereicht hat. Das Ergebnis dieser Befragung wäre der Klägerin mitzuteilen gewesen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien, da zugunsten des Beklagten hier zwar womöglich der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta (GRCh) und Art. 6 Abs. GG streitet, hingegen zugunsten der Klägerin das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs.2 GRCh und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 57 GRCh zu berücksichtigen ist. Gegenüber der Lebensgefährtin entsteht auch kein Wertungswiderspruch zu §§ 383 ff ZPO. Denn diese könnte sich gerade nicht zugunsten des Beklagten auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, da sie gerade nicht zum Kreis der nahen Familienangehörigen gehört.

An einem hinreichenden Entlastungsvortrag des Beklagten fehlt es hier, so dass die tatsächliche Vermutung weiterhin gegen den Beklagten streitet. Erst wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen wäre, wäre es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 06. Okt. 2016 - I ZR 154/15, BeckRS 116060; NJW 2014, 2360).

Der Beklagte ist mithin als aktiver Täter. anzusehen.

Der Beklagte handelte schuldhaft. Im Urheberrecht ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen. Er handelte zumindest fahrlässig.

Soweit man die Höhe des Schadensersatzanspruchs im Wege der Lizenzanalogie ermittelt, ist die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens nicht zu beanstanden. Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen aufwändig produzierten Film handelt, der . zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung durchaus noch Aktualität aufwies, erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 600,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Auch der folgende Ansatz rechtfertigt einen Mindestschaden in erhobener Höhe:

"Für einen Spielfilm ist der geltend gemachte Lizenzschaden von 600,00 EUR nach ständiger Rechtsprechung der Berliner Urheberrechtskammern angemessen, zumal bei einem Upload in Filesharing-Netzwerken mit einer Vervielfachung des Verletzungspotentials bei zahlreichen dort zu erwartenden Vervielfältigungen mittels Upload anderer User zu rechnen ist, was der beklagten Partei zuzurechnen ist (so LG Berlin, Urteil vom 03.11.2015, Az.15 S 5/15; Urteil vom 08.04.2016, Az. 15 S.27/15 und Landgericht Berlin, 09.09.2016, Az. 15 S 50/15)."


2.

Ferner besteht ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.

Der Anspruch folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG (a.F.), d.h. als Teil des Schadensersatzes; ferner aber auch aus § 97a UrhG (a.F.) und den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Aus den vorbezeichneten Gründen haftet der Beklagte der Klägerin als Täter. Die Klägerin durfte sich der Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs eines Rechtsanwalts bedienen. Auszugehen ist dabei von einem Gegenstandswert von bis zu 10.000,00 EUR bei einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG.

Den Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch schätzt das Gericht (nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO) auf 10.000,00 EUR. Ausgangspunkt für die Bemessung des Wertes einer Unterlassungsklage ist das Interesse der Klägerin an der Rechtsdurchsetzung bei einer "ex ante" Betrachtung, wobei dieses Interesse vom Gericht nach freiem Ermessen geschätzt werden muss, § 3 ZPO. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht deshalb, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird und inwieweit dadurch das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers betroffen ist. Maßgeblich sind dabei der wirtschaftliche Wert des Urheberrechts und der Angriffsfaktor der Rechtsverletzung. Bereits dieser Ansatz macht deutlich, dass diese Bewertungsfaktoren nicht für alle Urheberrechtsverletzungen zu einem mehr oder weniger einheitlichen Streitwert führen. Zu beachten ist nämlich, dass das Interesse des Urhebers an der Unterlassung unterschiedlich geprägt sein kann. Handelt es sich um ein Urheberrecht an einem Werk, das der Urheber vermarktet, zielt sein Unterlassungsanspruch gegen nicht genehmigte Nutzungen im Wesentlichen darauf ab, dieses Lizenzinteresse zu sichern. Bei einer solchen Interessenlage vermag es durchaus sachgerecht erscheinen, für die Streitwertbemessung auf den vorn Urheber aufgezeigten drohenden Lizenzschaden abzustellen (vgl. etwa OLG Braunschweig, GRURPrax 2011, 516). Ein solcher war hier allerdings noch gar nicht bekannt, der Umfang (Art, Anzahl, Dauer der Nutzung etc.) nicht abzusehen. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, den drohenden Schaden, bemisst das Gericht unter Ansehung der Verletzungsintensität und der weiteren Umstände, wie Aktualität und Bekanntheit etc., auf zumindest 10.000,00 EUR.

Eine 1,0 Gebühr nach Nr. 2300 VVRVG ist nicht zu beanstanden. Diese liegt sogar unterhalb des (gekappten) Mittelwertes von 1,3. Der Beklagte trägt keine Umstände vor, die gegen die Gewährung der unter der Mittelgebühr liegenden "gekappten Mittelgebühr' sprechen würden. Allein der Umstand, dass es sich um Massenverfahren handelt, ist insoweit nicht ausreichend. Darüber hinaus steht dem Rechtsanwalt in einem begrenzten Umfang ein Ermessensspielraum zu. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. hat nicht zu erfolgen; maßgeblich kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der Abmahnung an, weshalb dahinstehen kann, ob in Fällen wie dem vorliegenden nicht ohnehin die Öffnungsklausel nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F. anzuwenden ist. Hinzu kommt die Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG. Eine Deckelung nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. hat nicht zu erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts kann in derartigen Fällen (P2P-Tauschbörse) nicht von einem einfach gelagerten Fall ausgegangen werden.


3.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 S. 1, 280 BGB.



II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.


[Name]
Richterin am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 09.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte




Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit feisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin
-

auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 08.08.2017, Az. 229 C 137/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler
Klage Waldorf Frommer,
Berufung durch den Beklagten,
Lebensgefährtin,
sekundäre Darlegungslast,
Aktivlegitimation,
Bestreiten mit Nichtwissen

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Steffen
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AG Bremen, Az. 10 C 5/17

#5932 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. Oktober 2017, 20:04

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Haftung von Erziehungsberechtigten nach § 832 BGB in Filesharing Verfahren - Das Amtsgericht Bremen spricht geschädigter Rechteinhaberin Schadenersatz in Höhe von 2.000,00 EUR zu (Beklagter legte Berufung ein; 3-jährige K.O.-Schlägerin)


19:55 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der in diesem Verfahren vor dem Amtsgericht Bremen in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Musikwerks bestritten und darauf verwiesen, dass er mit seiner kleinen Tochter gemeinsam am Netbook ein Browsergame gespielt habe. Der Beklagte gab an, ein Netbook mit Linux-Distribution - zu dessen Standardinstallationsumfang eine in den Browser integrierte BitTorrent-Software gehöre - genutzt zu haben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -00000-zu/

Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... C_5_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das dreijährige - und nach eigenem Sachvortrag kräftige - Kind habe aus Frust über den Spielverlauf einen Wutanfall erlitten und den Beklagten im Folgenden durch einen Schlag "vorübergehend außer Gefecht" gesetzte. Den Beklagten habe im Anschluss ein Migräneanfall ereilt und er habe erst nach einiger Zeit festgestellt, dass seine Tochter wohl durch Einwirken auf Maus und Tastatur mehrere Browserfenster einer Torrentsuchmaschine geöffnet habe. Sämtliche aktiven Downloads habe er nach Kenntniserlangung sofort beendet. Zudem bestritt der anwaltlich vertretene Beklagte auch die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen und wandte sich gegen die Höhe der geltend gemachten Forderungen.

Das Gericht hat der Klage der geschädigten Rechteinhaberin in vollem Umfang stattgegeben. Zu der Haftung des Beklagten führt es wie folgt aus: Der Vortrag der Beklagten sei so unwahrscheinlich, dass er bereits nicht geeignet ist, die tatsächliche Vermutung der persönlichen Verantwortlichkeit zu widerlegen und der Vortrag nicht auf der Beweisebene gewürdigt werden muss:

"Vorliegend ist zumindest fraglich, ob der eine etwaige Ursache der von seinem Anschluss begangenen Rechtsverletzung betreffende Vortrag des Beklagten - soweit er streitig bleibt - tatsächlich "ernsthaft" eine mögliche Täterschaft seines dreijährigen Kindes begründen kann oder jedenfalls im Hinblick auf das vom Beklagten geschilderte Randgeschehen (durch Wutanfall der Tochter erfolgtes "Außergefechtsetzen". Defekt des Rechners nur wenige Tage nach dem behaupteten Vorfall) so unplausibel oder unwahrscheinlich ist, dass bereits auf der Darlegungsebene eine Widerlegung der gegen den Beklagten sprechenden Vermutung nicht erfolgt und mithin keine Würdigung des Vortrags auf der Beweisebene zu erfolgen hat."

Sodann stellt das Gericht klar, dass - auch wenn man dem Sachvortrag des Beklagten folgen würde - jedenfalls eine Haftung des Beklagten für sein Kind nach § 832 Abs.1 S.1 BGB anzunehmen wäre. Denn der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht verletzt:

"Selbst wenn der Vortrag des Beklagten eine Widerlegung der tatsächlichen Vermutung zur Folge haben sollte, haftet der Beklagte gleichwohl nach § 832 Abs.1 S.1 BGB wegen Verletzung seiner Aufsichtspflichten für die von seinem Anschluss erfolgte Rechtsverletzung [...] Nach den - im Verhandlungstermin vom 04.05.2017 im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten weiter vertieften - Angaben des Beklagten hat dieser seine zum maßgeblichen Zeitpunkt erst dreijährige Tochter über einen Zeitraum von mehreren Minuten bei geöffnetem Browserfenster vor einem mit dem Internet verbundenen Computer alleingelassen.

Begründet bereits dieses Verhalten angesichts der allgemein bestehenden Möglichkeit, auch durch unbedachtes bzw. nicht zielgerichtetes Handeln im Internet rechtsverletzende Schritte einzuleiten, in Anbetracht des geringen Alters der Tochter und deren naturgemäß und offenkundig im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorhandenen Kenntnis von der Möglichkeit einer Verletzung der Rechte Dritter eine Aufsichtspflichtverletzung, gilt dies vorliegend erst Recht angesichts des Umstandes, dass der Beklagte wusste, dass seine Tochter aufgrund entsprechender Softwareeinrichtung grundsätzlich durch einfaches "Anklicken" von Magnet-Torrent-Links das Herunterladen von Dateien veranlassen konnte und zudem während eines Zeitraumes von mehreren Minuten durch Betätigung von Tastatur und Maus auf den Computer einwirkte (dabei größtenteils auch unkontrolliert). Vor diesem Hintergrund war von dem Beklagten eine ständige Überwachung seiner Tochter während der Nutzung des Computers zu fordern.
"

Der behauptete Migräneanfall stelle zwar grundsätzlich eine Exkulpationsmöglichkeit dar, jedoch sei der Beklagte zum einen beweisfällig dafür geblieben, dass ein solcher eintrat, zum anderen hätte der Beklagte trotz des Migräneanfalles ja einfach das Notebook zuklappen können, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern.

Zu den Einwänden des Beklagten hinsichtlich der Rechteinhaberschaft der Klägerin führt das Gericht wie folgt aus:

"Auch wenn der Vortrag der Beklagtenseite indes als ausreichendes Bestreiten des Tatsachenvortrags der Klägerin angesehen würde, stünde die Rechteinhaberschaft der Klägerin aufgrund ausreichender Indizien fest. Nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin weist die offizielle Datenbank der Musikwirtschaft in ihrem Internetauftritt das Repertoire bzw. den Produktkatalog der Klägerin aus. Unter Beachtung des Gesamtkontextes ist der weitere in der Klagschrift enthaltene Vortrag der Klägerin zudem so zu verstehen, dass auch das hier streitgegenständliche Album Bestandteil dieses unter "musicline. de" gelisteten Produktkatalogs ist.

Diese Behauptung der Klägerin ist ebenfalls unbestritten geblieben. Die Listung der Klägerin für das hier maßgebliche Musikalbum in der vorgenannten Datenbank stellt ein erhebliches Indiz für die Rechteinhaberschaft der Klägerin dar (vgl. zur Indizwirkung BGH, Urt. v.11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"). Konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen In die Datenbank sprechen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und inwieweit vorliegend auch die Vermutungsregelung des § 10 Abs. 1 UrhG für eine Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht.
"

Das Amtsgericht sieht zudem den von der Klägerin geforderten Schadenersatzbetrag von 1.000,00 EUR für einen Film als angemessen an und spricht der Klägerin für das illegale Tauschbörsenangebot eines Musikalbums sogar einen Schadenersatzbetrag in Höhe von 2.000,00 EUR zu:

"Im Rahmen der Schadensschätzung erachtet es das Gericht als sachgerecht, insbesondere verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote und Rahmenvereinbarungen der Tonträgerbranche heranzuziehen (vgl. hierzu auch BGH a.a.O.). Insbesondere unter Beachtung dieser Sätze und Vereinbarungen ist für den durchschnittlichen Fall des Angebots von urheberrechtlich geschützten populären Musikaufnahmen in der Rechtsprechung pro angebotenem Titel ein Betrag in Höhe von 0,50 EUR als gewöhnlich zu schätzender Schaden anerkannt (vgl. etwa BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt, MMR 2014,687; OLG Köln, MMR 2012,387; mit abweichender Begründung: OLG Hamburg, MMR 2014, 127).

Den inhaltlichen Ausführungen der oben genannten Entscheidungen schließt sich das Gericht - mit Ausnahme der Ausführungen des OLG Hamburg zur nicht bestehenden Berücksichtigungsmöglichkeit der GEMA-Tarife - an. Der vorliegende Einzelfall lässt keine Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von diesen zu schätzenden Beträgen bedingt. [...]

Zudem war im Rahmen der Schätzung von zumindest 400 möglichen Zugriffen auf die vom Anschluss des Beklagten angebotenen Musikstücke auszugehen. Diese geschätzte Anzahl ergibt sich unter Berücksichtigung der Popularität der maßgeblichen Musikstücke aus dem Umstand, dass die Dateien über die BitTorrent-Software des Beklagten selbst bei einer nur kurzzeitigen öffentlichen Zugänglichmachung einer unbekannten Vielzahl von Personen zum Download angeboten worden sind (vgl.auch hierzu die zuvor genannten Entscheidungen, die auch bei Verwendung einer browserintegrierten BitTorrent-Software maßgeblich sind). Der vorliegend Einzelfall lässt keine Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von der Annahme der vorgenannten und in "gewöhnlichen" Fällen in der Rechtsprechung häufig angenommenen Zugriffszahl bedingen.
"

Der Beklagte wurde daher vollumfänglich bei voller Kostentragungslast verurteilt.

Der Beklagte hat gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt.







AG Bremen, Urteil vom 15.06.2017, Az. 10 C 5/17



(...) - Abschrift -



Amtsgericht Bremen



10 C 5/17

Verkündet am 15.06.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße. 12, 80336 München,



gegen


[Name], 28325 Bremen,
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte [Name], 50672 Köln,





hat das Amtsgericht Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 04.05.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 578,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.





TATBESTAND

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlungen aus einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist eine Landesgesellschaft der amerikanischen Dachgesellschaft [Name]. Im Produktkatalog von "musicline.de", dem Onlineauftritt der offiziellen Datenbank der Musikwirtschaft, ist der Produktkatalog der Klägerin für jedermann abrufbar. Der Beklagte ist Diplom-Informatiker und Inhaber eines unter seiner Wohnanschrift installierten DSL-Anschlusses, der im Jahr [Jahreszahl] über ein WPA2-verschlüsseltes drahtloses Netzwerk mit dem im Haushalt des Beklagten verwendeten Endgeräten verbunden war. Am [Datum] sind in der Zeit von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr über den DSL-Anschluss des Beklagten die Tonaufnahmen des Musikalbums mit der Bezeichnung r des Künstlers [Name] im Wege des sogenannten Filesharing in einem Peer-to-Peer-Netzwerk zum Download angeboten worden. Auf den Hüllen der im Musikhandel erhältlichen physikalischen Träger des maßgeblichen Musikalbums ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk die [Name] als Rechteinhaberin angegeben. Im Haushalt des Beklagten lebten zum vorgenannten Zeitpunkt neben dem Beklagten selbst dessen Ehefrau sowie zwei gemeinsame Töchter der Eheleute, wobei die jüngere Tochter zur damaligen Zeit etwa drei Jahre alt gewesen ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sowohl die Ehefrau, als auch die ältere Tochter des Beklagten das Anbieten der vorgenannten Aufnahmen zum Download nicht veranlasst haben.

Mit Schreiben vom [Datum] der von der Klägerin vorgerichtlich beauftragten Rechtsanwälte, ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten, hat die Klägerin einen von ihr im Hinblick auf den vom DSL-Anschluss des Beklagten angebotenen Download behaupteten Rechteverstoß des Beklagten abgemahnt und den Beklagten zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom (Anlage K 4 - 1, Bl. 39 ff d.A.) verwiesen.


Die Klägerin behauptet,
die [Name] sei Inhaberin sämtlicher ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an den streitgegenständlichen Tonaufnahmen. Die habe mit der Klägerin, wie mit jedem anderen Landesverband der. Dachgesellschaft auch, innerhalb eines Rahmenvertrages eine sogenannte "International Repertoire License" vereinbart. Durch diesen Vertrag seien der Klägerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Tonträgerrechte nach § 85 UrhG an allen Tonaufnahmen, die die [Name] in ihrem Repertoire habe, exklusiv übertragen worden. Von dieser Rechteübertragung seien daher insbesondere auch die hier streitgegenständlichen Aufnahmen umfasst Die elektronische Verbreitung dieser Aufnahmen an Kunden werde ausschließlich über kostenpflichtige Portale lizensiert. Da, es sich bei dem hier streitgegenständlichen Musikalbum um eine bekannte, aufwändig und kostenintensiv produzierte Tonaufnahme handele, sei der Klägerin durch das Angebot des Albums über den DSL-Anschluss des Beklagten mindestens ein Lizenzschaden in Höhe von 1.000,00 EUR entstanden. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte sowohl zum Ausgleich dieses Betrages, als auch zur Erstattung der der Klägerin zur Abmahnung des Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet sei. Da der Gegenstandswert der Abmahnung nach Auffassung der Klägerin zumindest 10.000,00 EUR betrage, würden die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten 578,00 EUR betragen, zumal die Klägerin keine Honorarvereinbarung mit ihren Rechtsanwälten getroffen habe.


Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 sowie
2. 578,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Der Beklagte behauptet,
er habe im Jahres ein Netbook mit dem Betriebssystem LXLE 12.04 (Ubuntu Linux 12.04) genutzt, zu dessen Standardinstallation eine BitTorrent-Software gehört habe, die in den genutzten Browsern aktiv integriert gewesen sei und durch eine (Klick-Funktionalität mittels Magnetklick habe. geöffnet werden können. Der Beklagte hat schriftsätzlich vortragen lassen, er habe etwa eine halbe Stunde vor der hier maßgeblichen Zeit mit seiner jüngeren Tochter, die ein Körpergewicht von über 20 kg gehabt habe, vor seinem Netbook gesessen und verschiedene Computerspiele für Kinder gespielt. Als beide Spieler bei einem der Spiele verloren hätten, habe die Tochter aus Frustration hierüber einen Wutanfall erlitten, in dessen Zuge sie dem Beklagten ins Auge geschlagen und den Beklagten - der hieraufhin zunächst starke Schmerzen und Sehprobleme, sodann einen Migränefall erlitten hätte - hiermit "vorübergehend außer Gefecht gesetzt" habe. Diese Gelegenheit habe die Tochter des Beklagten genutzt, aufgrund ihres Unmuts "wild auf die Tastatur" einzuwirken und mit der Maus "herumzuklicken". Erst als sich die Schmerzen des Beklagten wieder etwas gelegt hätten, habe der Beklagte feststellen können, dass die Tochter bei ihrem Wutausbruch mehrere Browserfenster einer Torrentsuchmaschine geöffnet gehabt hätte. Als der Beklagte diese geschlossen habe, hätte er bemerkt, dass einige Downloads in der BitTorrent-Software aktiv gewesen seien. Daraufhin habe er diese umgehend beendet und die damit verbundenen Dateien gelöscht. Zwar könne der Beklagten nicht mit Gewissheit sagen, ob bei diesen von der Tochter unbeabsichtigt gestarteten Downloads auch die streitgegenständlichen Titel umfasst gewesen seien. Eine Überprüfung der Downloads sei nicht mehr möglich; da das Netbook nach Erhalt der Abmahnung aufgrund eines Hitzeschadens nicht mehr funktionsfähig gewesen sei. Anders als durch diesen geschilderten Vorgang könne sich der Beklagte das Angebot der Dateien über seinen Anschluss jedoch nicht erklären. Der Beklagte ist vor diesem Hintergrund der Auffassung, für eine von seinem Anschluss begangene etwaige Verletzung von Rechten der Klägerin nicht verantwortlich zu sein. In jedem Fall aber sei der von der Klägerin geltend gemachte Schaden- und Aufwendungsersatz übersetzt, zumal es für eine Schadensschätzung an der Darlegung hinreichender Anknüpfungstatsachen mangele.




ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE



I.

Die zulässige Klage ist begründet.


1.)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines lizenzanalogen Schadensersatzes folgt aus § 97 Abs. 1 und 2 S. 1 und 3 UrhG.

Hiernach ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des aus der Rechtsverletzung entstehenden Schadens verpflichtet, wobei die Bemess.ung des Schadensersatzes auf der Grundlage des Betrages berechnet werden kann, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.


a)

Vorliegend steht fest, dass der Beklagte ausschließliche Tonträgerverwertungsrechte der Klägerin verletzt hat.


aa)

Die Klägerin ist zum maßgeblichen Zeitpunkt Inhaberin der Verwertungsrechte des § 85 Abs. 1 UrhG an den streitgegenständlichen Tonaufnahmen gewesen. Sie hatte mithin das ausschließliche Recht, entsprechende Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.

Der Beklagte, der sich bezüglich des wesentlichen Teils des die Aktivlegitimation der Klägerin betreffenden Vortrags der Klägerin mit Nichtwissen erklärt und den Vortrag im Übrigen lediglich "einfach" bestreitet, hat den in sich schlüssigen Vortrag der Klägerin bereits nicht hinreichend bestritten. Insofern war zu beachten, dass sich die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin auf die Vertretung urheberrechtlich abgemahnter Personen spezialisiert haben, sie Personen in jedenfalls mehreren tausend Streitfällen vergleichbarer Art vertreten und ihnen daher die "tatsächliche und rechtliche Substanz" der von der Klägerseite insbesondere auch zur Aktivlegitimation vorgetragenen Tatsachen bekannt ist. Da sich der Beklagte das Wissen seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss, er sich jedenfalls aber bei vorhandener Kenntnis seiner Prozessbevollmächtigten von bestimmten Tatsachen insofern nicht wirksam mit Nichtwissen erklären kann, bedurfte es vorliegend - auch angesichts der Vielzahl der von der Klägerin wegen behaupteter Rechtsverletzungen betriebenen Verfahren - des konkreten Vortrags der Beklagtenseite, dass sie entgegen der Behauptung der Klägerin auch aus "Parallelverfahren" keine Kenntnis vom Repertoire der [Name] und der von der Klägerin behaupteten Übertragung von hieran bestehenden Rechten durch einen "International Repertoire License" hat. Aufgrund der vorgenannten Umstände war von der Klägerin vorliegend auch kein substantiierterer Vortrag zu den konkreten Bestimmungen der Rechteübertragung zu fordern.

Auch wenn der Vortrag der Beklagtenseite indes als ausreichendes Bestreiten des Tatsachenvortrags der Klägerin angesehen würde, stünde die. Rechteinhaberschaft der Klägerin aufgrund ausreichender Indizien fest. Nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin weist die offizielle Datenbank der Musikwirtschaft in ihrem Internetauftritt das Repertoire bzw. den Produktkatalog der Klägerin aus. Unter Beachtung des Gesamtkontextes ist der weitere in der Klagschrift enthaltene Vortrag .der Klägerin zudem so zu verstehen, dass auch das hier streitgegenständliche Album Bestandteil dieses unter "musicline.de" gelisteten Produktkatalogs ist. Diese Behauptung der Klägerin ist ebenfalls unbestritten geblieben. Die Listung der Klägerin für das hier maßgebliche Musikalbum in der vorgenannten Datenbank stellt ein erhebliches Indiz für die Rechteinhaberschaft der Klägerin dar (vgl. zur Indizwirkung BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"). Konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in die Datenbanksprechen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und inwieweit vorliegend auch die Vermutungsregelung des § 10 Abs. 1 UrhG für eine Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht.


bb)

Die vorgenannten Rechte der Klägerin sind durch über den Internetanschluss des Beklagten vorgenommene Handlungen verletzt worden.

Die streitgegenständlichen Tonaufnahmen sind im hier maßgeblichen Zeitraum über den DSL-Anschluss des-Beklagten und eine BitTorrent-Software in einem "Peer-to-Peer"- Netzwerk zum Download im Internet angeboten worden. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

Durch das Anbieten von Tonaufnahmen in einem solchen Netzwerk im Internet wird das Recht des Tonträgerherstellers - hier der Klägerin - auf öffentliche Zugänglichmachung der Tonaufnahmen verletzt (vgl. zur Verletzung der Rechte aus § 85 UrhG bei Angebot zum Download etwa BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I").


cc)

Die über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung hat der Beklagte auch zu verantworten.

Grundsätzlich spricht hierfür eine tatsächliche Vermutung. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten und der Anschlussinhaber aufgrund der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorträgt, dass und warum diese Personen ernsthaft als Täter in Betracht kommen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 08.01.2014, I ZR 169/12). Vorliegend ist zumindest fraglich, ob der eine etwaige Ursache der von seinem Anschluss begangenen Rechtsverletzung betreffende Vortrag des Beklagten - soweit er streitig bleibt - tatsächlich "ernsthaft" eine mögliche Täterschaft seines dreijährigen Kindes begründen kann oder jedenfalls im Hinblick auf das vom Beklagten geschilderte Randgeschehen (durch Wutanfall der Tochter erfolgtes "Außergefechtsetzen", Defekt des Rechners nur wenige Tage nach dem behaupteten Vorfall) so unplausibel oder unwahrscheinlich ist, dass bereits auf der Darlegungsebene eine Widerlegung der gegen den Beklagten sprechenden Vermutung nicht erfolgt und mithin keine Würdigung des Vortrags auf der Beweisebene zu erfolgen hat.

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Selbst wenn der Vortrag des Beklagten eine Widerlegung der tatsächlichen Vermutung zur Folge haben sollte, haftet der Beklagte gleichwohl gemäß § 832 Abs. 1 S. 1 BGB wegen Verletzung seiner Aufsichtspflichten für die von seinem Anschluss erfolgte Rechtsverletzung.

Nach der vorgenannten Vorschrift ist u.a., wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit der Beaufsichtigung bedarf zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nach § 832 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann nicht ein, wenn er der Aufsichtspflichtige seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht, insbesondere die Pflicht zur Belehrung und Beaufsichtigung von Kindern, richten sich nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei hängt es hauptsächlich von den Eigenheiten des Kindes und seinem Befolgen von Erziehungsmaßnahmen ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichen oder deren Beachtung auch überwacht werden muss (vgl. etwa BGH, Urt. v. 15.11.2012, I ZR 74/12 - "Morpheus"). Den Aufsichtspflichtigen trifft im Schadensfall die Darlegungs- und Beweislast, dass und welche geeigneten Maßnahmen er zur Erfüllung seiner Aufsichtspflicht veranlasst hat.

In Anwendung dieser Maßstäbe hat der Beklagte, der als allein im Haus befindliche Person und Vater seiner Tochter zu deren Aufsicht verpflichtet gewesen ist, unter Berücksichtigung seines Vortrages - den sich die Klägerin mit ihrer Replik vom 20.03.2017 zulässigerweise hinsichtlich des behaupteten Verhaltens der Tochter-hilfsweise zu Eigen gemacht hat - die ihn im Zusammenhang mit der nach den oben stehenden Ausführungen feststehenden Rechtsverletzung treffenden Pflichten nicht eingehalten. Nach den - im Verhandlungstermin vom 04.05.2017 im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten weiter vertieften - Angaben des Beklagte hat dieser seine zum maßgeblichen Zeitpunkt erst dreijährige Tochter über einen Zeitraum von mehreren Minuten bei geöffnetem Browserfenster vor einem mit dem Internet verbundenen Computer alleingelassen. Begründet bereits dieses Verhalten angesichts .der allgemein bestehenden Möglichkeit, auch durch unbedachtes bzw. nicht zielgerichtetes Handeln im Internet rechtsverletzende Schritte einzuleiten, in Anbetracht des geringen Alters der Tochter und deren naturgemäß und offenkundig im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorhandenen Kenntnis von der Möglichkeit einer Verletzung der Rechte Dritter eine Aufsichtspflichtverletzung, gilt dies vorliegend erst Recht angesichts des Umstandes, dass der Beklagte wusste, dass seine Tochter aufgrund entsprechender Softwareeinrichtung grundsätzlich durch einfaches "Anklicken" von Magnet-Torrent-Links das Herunterladen von Dateien. veranlassen konnte und zudem während eines Zeitraums von mehreren Minuten durch Betätigung von Tastatur und Maus auf den Computer einwirkte (dabei größtenteils auch unkontrolliert). Vor diesem Hintergrund war von dem Beklagten eine ständige Überwachung seiner Tochter während der Nutzung des Computers zu fordern.

Die Verletzung der Pflichten erfolgte auch schuldhaft. Der Beklagte ist sich insbesondere der mit der Implementierung der BitTorrent-Software verbundenen Gefahrenlage bewusst gewesen. Entsprechend hat er schriftsätzlich vortragen lassen, er habe bewusst dafür Sorge getragen, dass nur er selbst Zugang zur BitTorrent-Software erhalte, nicht aber seine Kinder. Unabhängig davon hätte dem Beklagten die Gefahrenlage aber jedenfalls vor seinem beruflichen Hintergrund bekannt sein müssen. Das Verschulden des Beklagten entfällt auch nicht angesichts des von ihm für den maßgeblichen Zeitraum behaupteten Eintritts eines Migräneanfalles. Insofern ist bereits weder ersichtlich, noch plausibel dargelegt worden, dass bzw. warum konkret es dem Beklagten nach behauptetem Erhalt eines Schlages seiner Tochter und vor endgültigem Eintritt des Anfalls, jedenfalls aber auch bei bereits eingetretenem Anfall unmittelbar vor Beginn des Weges zu seinem Bett nicht durch einfaches Zuklappen seines Netbook möglich gewesen sein soll, eine weitere Nutzung des Computers durch seine Tochter zu unterbinden. Unabhängig davon ist der insofern beweisbelastete Beklagte aber für die von der Klägerseite bestrittene Behauptung des Eintritts eines Migräneanfalles und der krankheitsbedingten Verhinderung an der Ausübung seiner Aufsichtspflicht beweisfällig geblieben. Insbesondere hatte mangels Einverständnisses der Klägerin auch weder auf den Antrag des Beklagten nach § 447 ZPO eine Parteivernehmung zu erfolgen,- noch in Anbetracht des Fehlens eines sogenannten "Anbeweises" in Ausübung des. richterlichen Ermessens eine solche nach § 448 ZPO von Amts wegen.

Da der Beklagte das Handeln seiner Tochter gerade für den hier streitgegenständlichen Zeitraum behauptet, eine eigene Begehung der Rechtsverletzung verneint und zugleich keine anderen möglichen Ursachen benennt, die die über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzung erklären könnten, steht eine "Täterschaft" der Tochter bei Beachtung des hilfsweise von der Klägerin zu Eigen gemachten Vortrags auch zur Überzeugung des Gerichts fest.


b)

In Folge der durch den Beklagten begangenen Rechtsverletzung ist der Klägerin ein im Wege der Lizenzanalogie zu ermittelnder Schaden in Höhe von 2.000,00 EUR entstanden.

Maßgeblich für die Berechnung des dem Verletzten entstandenen Schadens ist im Rahmen der Lizenzanalogie, welches Entgelt für die Einräumung einer Berechtigung des Beklagten zum Angebot des hier streitgegenständlichen Musikalbums zum Download an eine unbekannte Vielzahl von Personen durch Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen vereinbart worden wäre. Angesichts des Umstandes, dass allgemeine Vergütungs- und Tarifsätze für die hier maßgebliche oder eine vergleichbare Handlung fehlen, ist der der Klägerin entsprechend entstandene Schaden in Anwendung des § 287 ZPO zu schätzen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen. nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl. hierzu etwa auch BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I").

Im Rahmen der Schadensschätzung erachtet es das Gericht als sachgerecht, insbesondere verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote und Rahmenvereinbarungen der Tonträgerbranche heranzuziehen (vgl. hierzu auch BGH, a.a.O.). Insbesondere unter Beachtung dieser Sätze und Vereinbarungen ist für den durchschnittlichen Fall des Angebots von urheberrechtlich geschützten populären Musikaufnahmen in der Rechtsprechung pro angebotenem Titel ein Betrag in Höhe von 0,50 EUR als gewöhnlich zu schätzender Schaden anerkannt (vgl. etwa BGH, a.a.O.; OLG Frankfurt, MMR 2014, 687; OLG Köln, MMR 2012, 387; mit abweichender Begründung: OLG Hamburg, MMR 2014, 127). Den inhaltlichen Ausführungen der oben genannten Entscheidungen schließt sich das Gericht - mit Ausnahme der Ausführungen des OLG Hamburg zur nicht bestehenden Berücksichtigungsmöglichkeit der GEMA-Tarife an. Der vorliegend Einzelfall lässt keine. Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von diesen zu schätzen Beträgen bedingt. Insbesondere handelte es sich bei den von dem Anschluss. des Beklagten zum Download angebotenen. zehn Musikstücken um keine auf dem Musikmarkt unbedeutenden oder bekannten Werke. Dass es sich bei dem hier streitgegenständlichen Musikaufnahmen um ein vollständiges Musikalbum handelt, kann nach hiesiger Auffassung im Hinblick auf das auf dem Markt jederzeit mögliche Herunterladen nur einzelner Musikstücke aus dem Album weder zur Annahme eines höheren, noch eines geringeren Schadens führen.

Zudem war im Rahmen der Schätzung von zumindest 400 möglichen Zugriffen auf die vom Anschluss des Beklagten angebotenen Musikstücke auszugehen. Diese geschätzte Anzahl ergibt sich unter Berücksichtigung der Popularität' der maßgeblichen Musikstücke aus dem Umstand, dass die Dateien über die BitTorrent-Software des Beklagten selbst bei einer nur kurzzeitigen öffentlichen Zugänglichmachung einer unbekannten Vielzahl von Personen zum Download angeboten worden sind (vgl. auch hierzu die zuvor genannten Entscheidungen, die auch bei Verwendung einer browserintegrierten BitTorrent-Software maßgeblich sind). Der vorliegend Einzelfall lässt keine Gesichtspunkte erkennen, die ein Abweichen von .der Annahme der vorgenannten und in "gewöhnlichen" Fällen in der Rechtsprechung häufig angenommenen Zugriffszahl bedingen.


2.)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten folgt aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Nach dieser zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung und Abfassung des Abmahnschreibens gültigen und daher hier zu beachtenden Vorschrift kann der Verletzte Ersatz der für eine erfolgte vorgerichtliche Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn und soweit die Abmahnung berechtigt gewesen ist.

Die Berechtigung der Klägerin zur Abmahnung des Beklagten folgt aus den oben genannten Gründen aus § 97a Abs. S. 1 UrhG. Das Abmahnschreiben der Klägerin enthält auch in klarer und verständlicher Weise die für eine wirksame Abmahnung erforderlichen (und erst nach der hier streitigen Urheberrechtsverletzung in § 97a Abs. 2 n.F. kodifizierten) Angaben.

Auch der Höhe nach ist der Anspruch begründet. Die von .der Klägerin geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sind nach Maßgabe des RVG richtig in Ansatz gebracht und berechnet worden. Nicht zu beanstanden ist insbesondere die Zugrundelegung eines 10.000,00 EUR betragenden Gegenstandswertes. Entscheidend für die Bemessung dieses Wertes ist unter Beachtung des Wertes des verletzten Schutzrechtes das Interesse der Rechtsinhaberin, ein rechtswidriges Angebot des maßgeblichen Musikalbums gegenüber einer Vielzahl von Personen im Internet und damit eine unübersehbar große Anzahl von Rechtsverletzungen zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Wertfestsetzung auf 10.000,00 EUR angemessen (ebenso OLG Köln, Beschl. v. 14.03.2011, Az. 6 W 44/11). Eine zwischen der Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten etwaig getroffene Gebührenvereinbarung, die zu Gunsten der Klägerin eine abweichende Kostenfolge vorsieht, hat der Beklagte auf das Bestreiten der Klägerin nicht bewiesen.

Der Ersatzanspruch ist vorliegend auch nicht nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. gedeckelt, da es sich bei einem Abmahnschreiben, das einen im Wege des Filesharing begangenen Verstoß zum Gegenstand hat, nicht um einen einfach gelagerten Fall einer nur unerheblichen Rechtsverletzung im Sinne der vorgenannten Vorschrift handelt.


3.)

Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.



II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder
- wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen; eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Landgericht Bremen,
Domsheide 16,
28195 Bremen,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Richter am Amtsgericht (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Bremen, Urteil vom 15.06.2017, Az. 10 C 5/17,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung durch den Beklagten,
Migräneanfall,
3-jährige K.O.-Schlägerin,
Aktivlegitimation

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5933 Beitrag von m.ani » Freitag 27. Oktober 2017, 08:57

Hallo zusammen,

ich bin gestern bei meiner Recherche auf diese Seite gekommen.
Ich habe im Oktober 2014 eine Abmahnung von Waldorf Frommer erhalten. Ich lebte damals in einer WG und der Anschluss lief auf mich. Zwei weitere Personen nutzten diesen Anschluss. Nach langer Diskussion gab meine damalige Mitbewohnerin zu, dass sie die Serie heruntergeladen hatte. Meine Mitbewohnerin wandte sich an die Kanzlei Werdermann | von Rüden. Diese sagten uns, dass es nichts bringen würde meine Mitbewohnerin als Täterin anzugeben. Also unterschrieb ich die Unterlassungserklärung und leistete in meinem Namen eine Teilzahlung, die damals meine Mitbewohnerin übernahm.
Ich wollte die Sache 100% geklärt wissen und bekam deshalb von der Kanzlei auch die Mitteilung: Unserer Erfahrung nach werden keine weiteren gerichtlichen Schritte eingeleitet. Andernfalls werden wir sie unaufgefordert informieren.
Die Sache war für mich dann gelaufen. Bis gestern, als ich nach drei Jahren einen Brief vom Amtsgericht mit einem Mahnbescheid von Waldorf Frommer im Briefkasten fand. Mit meiner Mitbewohnerin habe ich nicht mehr wirklich Kontakt und ich will einfach nur, das die Sache vorbei ist. Ich bin allerdings völlig überfordert was ich tun soll.
Vielen Dank schon einmal.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5934 Beitrag von Steffen » Freitag 27. Oktober 2017, 14:43

Hallo @m.ani,

ich kann deinen Frust und Ratlosigkeit verstehen. Man wendet sich an eine Anwaltskanzlei, erhält einen Rechtsrat vielleicht in der Hoffnung das mit der UE + Teilzahlung alles erledigt sei.

Jetzt mit MB ist es sowieso kompliziert. Ich denke auch, das die Wahrscheinlichkeit einer Klage aufgrund der freiwillig geleisteten Teilzahlung schon hoch ist. Spätestens mit dem BGH-Entscheid "Loud" steht fest, ist der Täter bekannt, ist dieser namentlich dem Abmahner mitzuteilen.

Will man eine Klage aus dem Weg gehen, sollte man - sofort - sich telefonisch mit dem Abmahner in Verbindung setzen und einen Vergleich aushandelnd. Der sagt dann wie es weitergeht. Schade nur, das Du ihm bezahlen wirst und nicht der wahre Verursacher.

VG Steffen

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AG Bochum, Az. 67 C 235/17

#5935 Beitrag von Steffen » Freitag 27. Oktober 2017, 17:16

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Familienfreundliches Urteil des Amtsgericht Bochum


17:15 Uhr


In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Bochum eine Klage von Waldorf Frommer abgewiesen. Es hat dabei der Tatsache Rechnung getragen, dass heutzutage Internetanschlüsse von Eltern und ihren Kindern gemeinsam genutzt werden. Zudem ist das Urteil eine weitere Bestätigung des von uns erstrittenen BGH-Grundsatzurteils "Afterlife".



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... hum-75465/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 235-17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Waldorf Frommer hatte eine Mutter als Anschlussinhaberin wegen Filesharing des Films "Beautiful Creatures - Eine unsterbliche Liebe" abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft. Waldorf Frommer forderte von ihr 1.000,00 EUR Schadensersatz wegen der angeblich von ihr begangenen Urheberrechtsverletzung. Darüber hinaus wollte die Kanzlei von ihr Abmahnkosten in Höhe von 578,00 EUR ersetzt haben.

Doch unsere Mandantin weigerte sich, zu zahlen. Sie verwies darauf, dass sie kein Filesharing begangen hat. Zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung hätten ihre volljährigen Kinder Zugriff auf ihren Anschluss mit ihren eigenen Rechnern gehabt.



Mutter haftet nicht für Familienanschluss

Das Amtsgericht (AG) Bochum entschied, dass die Mutter zunächst einmal nicht im Wege der Täterhaftung zum Schadensersatz herangezogen werden könne (Urt. v. 04.10.2017, Az. 67 C 235/17). Denn mit ihrer Verteidigung genügte sie den Anforderungen, die an den Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast gestellt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung genügt es, wenn ihr Vortrag den Schluss nahelegt, dass Dritte ihren Internetanschluss genutzt haben. Dies war nach Auffassung des Gerichtes hier der Fall, weil auch ihre volljährigen Kinder Zugang zum Familienanschluss hatten.

Ebenso scheide eine Haftung als Störerin aus. Hierzu führte das Gericht wörtlich aus: "In Zeiten eines gemeinschaftlich genutzten Familienanschlusses kann von Eltern nicht verlangt werden, dass sie jedenfalls ihre volljährigen Kinder noch überwachen und belehren".

Gerade der letzte Satz im Urteil sollte Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer zu denken geben. Denn ein Hinterher spionieren ist hier nicht nur für Eltern unzumutbar, sondern faktisch nicht möglich. Schon gar nicht können und dürfen Eltern auf den Rechner ihrer Kinder zugreifen, um diesen etwa im Hinblick auf Filesharing Programme zu kontrollieren. Dies gilt erst Recht, wenn diese volljährig sind.



Filesharing Urteil stimmt mit Rechtsprechung des BGH überein

Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Hierzu gehört auch die durch unsere Kanzlei erstrittene Entscheidung "Afterlife" (Urt. v. 06.10.2016, Az. I ZR 154/15). Hier hatte der BGH festgestellt, dass Anschlussinhaber nicht verpflichtet sind, ihre Familienmitglieder auszuspionieren.

Diese familienfreundliche Ausrichtung hat der BGH kürzlich erneut bestätigt (Urt. v. 27.07.2017, Az. I ZR 68/16). Das höchste deutsche Zivilgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Anschlussinhaber keine genauen Ausführungen über das Nutzungsverhalten seines Ehegatten zu machen braucht. Eine Dokumentation darf ihm nicht zugemutet werden.



Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:

Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS







AG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. 67 C 235/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


67 C 235/17



Verkündet am 04.10.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,


gegen


[Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,




hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 04.10.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird gem. §§ 3 - 5 ZPO auf 1578,00 EUR festgesetzt.





Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz anlässlich mehrerer Vorfälle die sich zwischen dem 30.07. und 31.07.2013 ereigneten.

Nach den Ermittlungen der Klägerin wurde an diesem Tag vom Internetanschluss der Beklagten aus der Film [Name] im Rahmen einer Tauschbörse zum Download angeboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin insbesondere zur IP-Ermittlung, der Rechteinhaberschaft, der Vorstellung zum Wert des Schadens bzw. Aufwendungsersatzanspruchs und zu Fragen der Darlegungslast des Beklagten wird auf den Inhalt der Anspruchsbegründung vom 15.05.2017 nebst Anlagen (Blatt 11 ff. d. A.) sowie dem Schriftsatz vom 07.08.2017 nebst Anlagen (Blatt 144 ff. d. A.) verwiesen.


Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1000,00 EUR betragen soll zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 sowie 578,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.08.2016 zu zahlen,



die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie behauptet zunächst mit Nichtwissen, dass die IP-Ermittlung der Klägerin bzw. des von ihr beauftragen Unternehmens unrichtig sei.

Auch habe die Klägerin nicht die Rechte bzgl. des hier fraglichen Films.

Schließlich behauptet die Beklagte, ihre erwachsenen Kinder, nämlich ein Sohn und eine Tochter hätten im Zeitpunkt des hier fraglichen Zugriffs den Internetanschluss der Beklagten mit eigenen PCs benutzt.

Daher scheide die Beklagte als Täterin und auch als Störerin aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 17.07,2017 (Blatt 78 ff. d. A.) sowie Schriftsatz vom 02.10.2017 verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nach dem Sachvortrag beider Parteien unbegründet.

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche gegen die Beklagte.

Ein solcher Anspruch ergibt sich besonders nicht aus §§ 97 ff. UrhG, 823 BGB.

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nämlich keinen geeigneten Beweis dafür angetreten, dass die Beklagte Täterin oder Störerin im Sinne der oben genannten Vorschriften war.

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin erfüllt die Beklagte mit ihrem Sachvortrag die Voraussetzungen der sogenannten "sekundären Darlegungslast". Dabei genügt nach der ständigen Rechtsprechung des angerufenen Gerichts ein Vortrag der den Schluss nahelegt Dritte hätten den Internetanschluss genutzt.

Die Beklagte war nach der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts auch nicht verpflichtet ihre Kinder wegen des Internetverhaltens zu kontrollieren oder vorher zu belehren.

In Zeiten eines gemeinschaftlichen Familienanschlusses kann von Eltern nicht verlangt werden, dass sie jedenfalls ihre volljährigen Kinder noch überwachen oder belehren.

Auf die Frage der zutreffenden IP-Ermittlung oder der Rechteinhaberschaft kam es daher nicht mehr an.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bochum,
Viktoriastr. 14,
44787 Bochum,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.



[Name],
Richter am Amtsgericht



Beglaubigt
[Name], Justizbeschäftigte (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Bochum, Urteil vom 04.10.2017, Az. 67 C 235/17,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
sekundäre Darlegungslast

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5936 Beitrag von zonama123 » Dienstag 31. Oktober 2017, 09:09

Hallo,

ich habe mich mit Waldorf Frommer privat verglichen und kann die Summe nun in Raten zurückzahlen, was ich auch vorhabe.
Meine Frage ist jetzt, ob ich trotzdem die mod. UE nutzen sollte oder die originale von WF unterschreiben sollte?

Ich habe bei Waldorf Frommer zudem angegeben Student zu sein und kein geregeltes bzw. sehr niedriges Einkommen zu haben. Welche Nachweise wären ausreichend/angebracht?
Würde eine Immatrikulationsbescheinigung reichen?

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5937 Beitrag von Steffen » Dienstag 31. Oktober 2017, 10:36

Hallo @zonama123,

nach m.E. sollte mit einem einvernehmlichen Vergleich - alles - geklärt sein. Ich glaube nicht, dass der Abmahner die Zahlungsmodalitäten bestätigt - da diese Vertragscharakter haben - das Ringsherum aber dir überlässt, oder nicht.


1. Vergleich

WF wird sicherlich nicht nur pauschal zugestimmt haben, sondern in der Regel muss man ein Schriftstück unterzeichnen dass diesen Vergleich inhaltlich regelt. Auch wird man erklärt haben, was notwendig ist, damit dieser Vergleich zustande kommt.


2. Wird eine UVE verlangt - hat man geprüft, dass die Abgabe notwendig ist - sollte man trotzdem eine mod. UE verwenden. Hat man hingegen die Täterschaft eingeräumt, ist eine rein täterschaftsbezogene UVE (Originale) notwendig. Das kann aber kein Forum prüfen.


3. In der Regel wird WF im Vornhinein einen Nachweis deines Behaupteten abverlangen - bevor - ein Vergleich zustande kommt. In meinen Augen wäre es Sinnbefreit einen Vergleich zuzustimmen, hinterher aber alles abzuklären, was zu einem führen würde.

Man versendet die Kopien, die das Behauptete belegen. Immatrikulationsbescheinigung, Nachweis des monatlichen Einkommens, Kopie des Kontostandes usw. Man wird dieses schon nicht in München im Aushang veröffentlichen, da auch WF an die anwaltliche Schweigepflicht gebunden ist.


VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5938 Beitrag von zonama123 » Dienstag 31. Oktober 2017, 15:42

Hallo,

vielen Dank für die Tipps.
Ich hab bei Waldorf Frommer angerufen und gesagt, dass ich die "Tat" begangen habe und meine Situation (Student, etc.) erklärt, woraufhin die Summe reduziert wurde.
Daraufhin habe ich ein erneutes Schreiben bekommen mit einer zu unterschreibenden Zahlungsverpflichtung und einer Unterlassungserklärung.
Es gibt... "eine aufschiebende Bedingung der Übersendung aussagekräftiger Nachweise über die persönliche Situation"...
Ist damit die mod. UE überflüssig und ich kann das Original abschicken?
Die erste Rate habe ich schon überwiesen, ich akzeptiere die Strafe, es gibt kein Zurück mehr.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5939 Beitrag von Steffen » Mittwoch 1. November 2017, 10:05

Hallo @zonama123,

wenn man beim Abmahner hinsichtlich eines Vergleiches anruft und den Vorwurf einräumt, wird eine täterschaftsbezogene UVE notwendig. Hierzu kann man die Originale des Abmahnschreibens verwenden.

Zum Nachweis hatte ich schon etwas geschrieben. Natürlich will man belegt haben, was der Gegenüber (Du) behauptet.

VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#5940 Beitrag von eiszapfen » Freitag 3. November 2017, 00:24

Hallo Steffen,
Hallo Forum-Mitglieder,

Ich habe nach 3 Jahren Ruhe vor einer Woche das Mahnbescheid bekommen.
Abgemahnt wurde erstmalig im 2014. Ich habe damals einen Anwalt in der Verbraucherzentrale aufgesucht, er hat die modifizierte Erklärung gemacht und ich habe freiwillig 50 euro bezahlt.

Nun habe ich das Mahnbescheid bekommen. Ich habe die Unterlagen zu einem Anwalt gebracht - Dury in Saarbrücken. Sie haben mir sofort geschrieben, dass sie mich für 200 euro pauschal vertreten werden, auch beim Vergleich, aber nicht im Gericht, sollte es in der Tat zu einer Klage kommen.

- Ist es ratsam, einen Anwalt einzuschalten, der sich auf Abmahnververfahren spezialisiert hat und damit auch wirbt?
- Hat jemand Erfahrungen mit Kanzlei Dury aus Saarbrücken gemacht? Diese ist nciht in der Liste, die hier vorhanden ist
- Sind die Internet-Kanzleien "SOS-Abmahnung" und "gulden röttger" gut?
- Wenn ich einen Vergleich möchte, soll ich trotzdem dies über einen Anwlat machen? (die Anwälte schrieben, mann sollte auf gar keinen Fall die WuF selbst kontaktieren)
- Wenn ich die Summe die WuF komplett zahle, ist die Sache somit erledigt? Welche Beweise habe ich, dass ich nicht weiter verklagt werde?
- Die Summe, die WuF fordern, ist ca 600 euro. Sollte eine Klage folgen - bleibt diese Summe? Oder kann ein Gericht mehr fordern?
- Im Sommer kam noch ein Schreiben vom WuF, sie wären mit der 215 euro einverstanden. Ist es realistisch, sie anzurufen und die Summe anzubieten? ISt es ratsam?
- (rhetorische Frage - wie habt ihr das ausgehalten)

Bin für jede Antwort dankbar!
VG
Elena

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