Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6001 Beitrag von Steffen » Dienstag 20. März 2018, 13:11

Hallo @WalFrom1,

die geforderte strafbewehrte UVE dient zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr sowie zur Unterlassung (in die Zukunft gerichtet) und hat diesbezüglich bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Wird der durch den Abmahner beigefügte Entwurf im Inhalt verändert - modifiziert - bedarf es a) einer expliziten Annahmeerklärung (Fristlos) um b) zu einem Unterlassungsvertrag zu werden, der c) dauerhaft bindet.

AW3P als Musterschreibenanbieter stellt einem Betroffenen, der ohne Anwalt reagieren möchte, eine mögliche mod. UE zur Verfügung, die alle möglichen Haftungsarten beinhaltet und abdeckt. Diese Muster kann ein Nichtjurist unbedarft anwenden.

In möglichen Spezialkonstellationen ist - mit Anwalt - eine dem konkreten Fall angepasste mod. UE abzugeben. Ich warne jeden Betroffenen - ohne anwaltliche Prüfung - irgendwelche Änderungen vorzunehmen, weil man annimmt oder denkt, ohne über die möglichen Risiken im Klaren zu sein.

Wenn man eine mod. UE abgibt, die nur die Täterhaftung abdeckt, könnte man auch gleich den Entwurf unterzeichnen, was einem Schuldanerkenntnis gleichkommt. Da diese mod. UE eine UVE ist, die von einem Täter zu unterzeichnen ist. Lässt man hingegen die Täterhaftung weg und verwendet nur die Störerhaftung, ist es eine nicht hinnehmende Einschränkung, die der Abmahner nicht hinnehmen muss, wenn die Täterschaft nicht gegenüber dem Abmahner ausgeräumt wurde und akzeptiert. Wenn nicht, wird diese mod. UE nicht angenommen, es muss eine neue mod. UE abgegeben werden. Natürlich könnte dann auch sofort eine EV erwirkt werden.

Entweder es wird das Musterschreiben verwendet, oder ein Anwalt konsultiert. Tipps zum Baukasten bzw. Do-it-yorself gibt es nicht. Punkt.

VG Steffen

Donarix
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6002 Beitrag von Donarix » Dienstag 20. März 2018, 14:37

Hallo,
ich komme gerade von einem Gerichtstermin gegen Waldorf&Frommer beim Amtsgericht Koblenz.
Es geht um 2 mit Bittorent heruntergeladene/bereitgestellte Filme im Januar 2014.
Gleich zu Anfang: Ich habe es nicht getan. Ich wusste zu der Zeit schon lange das sowas zu riskant ist.

Ich habe einen Vergleich in der vorangegangenen Güteverhandlung abgelehnt.
Ich hoffe das ich dem Richter mit offenen Antworten und einer Mithilfe zur Klährung (sekundäre Darlegungslast ?)
dazu bewegen konnte mir zu glauben. Ich habe den Eindruck das ist ein Glückspiel, nur macht es mich nicht glücklich sondern
zerfrisst meine Nerven. Mehrere Tausender zu zahlen, und keinen Schimmer zu haben wo der Fehler im System liegt.
Das ist richtig ätzend.
Ich habe eine Frau und zwei Kinder im Haushalt(die ich für unschuldig halte). Und einen Nachbarn, den ich meinen WLAN-Code gegeben hatte.
Jetzt bin ich gespannt was rauskommt.
Wenn jemand interessiert ist, einen ähnlichen Fall hatte oder hat oder einen Meinung/Wissen hat wie so eine Anklage
zustande kommt (unsaubere Ermittlung,Fehler bei der Telekom,Router Speedport 701 angreifbar,Betrug von Waldorf&Frommer,IP-Verschleierung,...)
... dann schreibt mir.

Vielleicht helft ihr mir oder ich euch.

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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6003 Beitrag von Donarix » Dienstag 20. März 2018, 20:18

Dazu noch eine Frage an Kenner von Torrent. Ich soll den einen Film über den TCP-Port 50169 und den zweiten über 58240 runter geladen haben.
Ist das normal das das unterschiedliche Ports sein sollen? Warum könnte/soll das so sein? Kann ich daraus irgendwas ableiten?
Und die Hash-Werte der Filme wurden mir auch genannt. Kann ich aus denen was sehen? Währe z.B. interessant wenn ich daraus ablesen könnte
das es eine türkische Tonspur hat oder etwas ähnliches. Gibt es eine Möglichkeit wo ich daraus Informationen bekomme?

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6004 Beitrag von Steffen » Dienstag 20. März 2018, 23:24

Hallo @Donarix,

anfänglich, hast Du den keinen Anwalt beauftragt, der dich im Verfahren vertritt? Wenn dieser Erfahrungen bei Filesharing Klagen hat, sind doch deine ganzen Fragen durch ihn beantwortet.

Du befindest dich in einem laufenden Verfahren und wenn Du eine Güteverhandlung hattest, sollte eine Entscheidung getroffen sein, oder ein neuer Termin anberaumt worden sein. Wenn das Verfahren noch läuft, kann dir ein Forum nicht offen helfen. Selbst wenn wir es dürften, sehen es Richter nicht gern, wenn Foren herumpfuschen. Es tut mir leid, deine ganzen Fragen solltest Du deinen Anwalt stellen. Hast Du keinen Anwalt beauftragt, dann bist Du ja fit im Urheberrecht / Zivilrecht, dass du sopwieso kein Forum benötigst.

VG Steffen

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Steffen
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AG Charlottenburg, Az. 203 C 191/17

#6005 Beitrag von Steffen » Dienstag 20. März 2018, 23:39

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Tauschbörsenverfahren nach Abmahnung vor dem AG Charlottenburg - Zugriffsmöglichkeit dritter Personen auf den Internetanschluss steht der eigenen Haftung des Anschlussinhabers nicht entgegen (Beklagter ohne Anwalt)


23:35 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die Rechtsverteidigung des beklagten Anschlussinhabers in dem hiesigen Verfahren beruhte im Kern auf der Behauptung, keinen eigenen Computer besessen zu haben. Zur maßgeblichen Zeit habe er lediglich über ein "Internet-TV" verfügt. Hingegen hätten sieben weitere Familienmitglieder den Internetanschluss nutzen können. Ob diese aber auch konkret zu den Zeiten der Rechtsverletzung Zugriff auf den Internetanschluss hatten, sei ihm nicht mehr bekannt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ussinhabe/

Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 191_17.pdf




Autor:

Rechtsanwalt Thorsten Nagl, LL.M.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte den Beklagten auf Grundlage dieses Vortrags in vollem Umfang, da er der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen sei.

Es sei bereits unerheblich, dass der Beklagte "erst nach dem hier streitgegenständlichen Zeitpunkt einen Computer erworben" haben will. Denn diese Behauptung sage nichts darüber aus, "dass die Rechtsverletzung nicht über ein anderes internetfähiges Endgerät oder mit einem Computer einer anderen Person begangen wurde."

Auch der Vortrag, dass mehrere Personen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten, sei im Rahmen der sekundären Darlegungslast unbeachtlich. Insoweit sei nicht auf eine allgemeine Zugriffmöglichkeit abzustellen, sondern - so die höchstrichterliche Rechtsprechung - ausschließlich "auf die Situation im Verletzungszeitpunkt". Darüber hinaus war der Vortrag des Beklagten nicht erheblich, da nicht ersichtlich war, "warum die jeweiligen Personen ernsthaft als Täter des Urheberrechtsverstoßes zu der streitgegenständlichen Zeit in Betracht kommen". Diesbezüglich wäre substantiierter Vortrag "mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht" erforderlich gewesen.

In der Konsequenz hafte der Beklagte daher für den geltend gemachten Schadensersatz sowie die durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten. Hierbei hatte das Amtsgericht auch keine Zweifel an der Angemessenheit der von der Klägerin angesetzten Forderungshöhe.








AG Charlottenburg, Urteil vom 02.01.2018, Az. 203 C 191/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 203 C 191/17

verkündet am: 02.01.2018



In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldort Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,-



gegen


den Herrn [Name], 12619 Berlin,
Beklagten,





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 203, auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2017 und 12.12.2017 durch die Richterin [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2015 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2015 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 %.des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu .vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch sowie die Erstattung von Abmahnkosten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung des Downloads des Filmwerks [Name] geltend.

Die Klägerin hatte im streitgegenständlichen Zeitraum die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Filesharing-Systeme (P2P-Tauschbörsen) u.a. hinsichtlich des vorbezeichneten Filmwerks beauftragt. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen die. Software PFS ("Peer-to-Peer Forensic Systems"). Wegen des vorgeblichen Angebotes zum Download am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (IP-Adresse: [IP]), erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Auskunftsverfahren nach § 101 UrhG den Beschluss des Landgerichts München I (Az. 33 O 1194/13). Mit diesem wurde der Provider Telefónica zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft des Providers sei die IP-Adresse dem Beklagten zuzuordnen (Bl. 40 f. d.A.).

Mit Schriftsatz der jetzigen Prozessbevollmächtigten vom [Datum] wurde der Beklagte unter Fristsetzung bis zum [Datum] zur Abgabe einer straf bewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung eines Schadensersatzes/Aufwendungsersatzes samt Ersatz von Rechtsanwaltskosten aufgefördert (Bl. 43 ff. d.A.). Der Beklagte reagierte nicht. Unter Klageandrohung forderten die klägerischen Prozessbevollmächtigten die Beklagte nochmals mit Schreiben vom [Datum] zur Zahlung von mindestens 600,00 EUR Schadensersatz sowie weiterer 506,00 EUR Rechtsverfolgungskosten unter Fristsetzung zum [Datum] auf.


Die Klägerin behauptet,
der Beklagte habe die hier streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen. Sie meint, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt, sodass die tatsächliche Vermutung der eigenen Täterschaft gelte. Sie ist der Ansicht, der Vortrag im Termin am 10.10.2017, sowie im Termin am 12.12.2017 sei verspätet.


Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.09.2015, sowie
2. 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.09.2015, zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er behauptet,
er habe keine Rechtsverletzung begangen. Er habe zum streitgegenständlichen Zeitpunkt keinen Computer besessen. Er habe nur ein sog. "Internet-TV" gehabt. Wenn er den Fernseher eingeschaltet habe, sei das Internet automatisch eingeschaltet worden. Er habe erst am [Datum] einen PC gekauft. Ob er selber zum streitgegenständlichen Zeitpunkt zu Hause gewesen sei, könne er nicht mehr sagen. Seine Familienmitglieder hätten auch Zugriff auf den WLAN-Router gehabt. Dabei handele es sich um [Namen]. Diese Personen hätten alle das Passwort für den WPA2-Schlüssel und könnten sich mit ihren Handys bzw. Tabletts einwählen. Ob diese Personen an dem hier streitgegenständlichen Tag bei ihm gewesen seien, könne er jedoch nicht sagen.


Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 10.10.2017 und 12.12.2017 (BI. 85, 98 f. d.A.) verwiesen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin erfüllt die Bestimmtheitsanforderungen, die das Gesetz in § 253 ZPO an den Klageantrag stellt, indem sie die nach § 287 ZPO zu schätzende Höhe des begehrten Mindestschadens beziffert. Der Klageantrag zu 1.) enthält als Mindestschaden einen Betrag i.H.v. 600,00 EUR.

Die Klage ist auch begründet.

Es kann dahinstehen, ob der Beklagtenvortrag, insbesondere im Termin am 12.12.2017, verspätet war. Dis Beklagtenvorbringen vermochte den schlüssigen Vortrag der Klägerseite jedenfalls nicht zu entkräften.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 600,00 EUR wegen unerlaubten Anbietens des streitgegenständlichen Filmwerks im Internet aus § 97 Abs. 2 UrhG (a.F.).

Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Rechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk Anspruchsinhaberin. Der Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin, sie habe die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte, nicht bestritten. Es ist weiter davon auszugehen, dass das Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Films über den Internetanschluss des Beklagten erfolgte. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte die Rechtsverletzung begangen hat. Er hat nicht ausreichend bestritten, den streitgegenständliche Film zu den Tatzeitpunkten über seinen Internetanschluss auf einer Tauschbörse bereitgehalten zu haben. Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist dabei nur anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juli 2017 -I ZR 68/16, juris; BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, juris; BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12 -, juris). Will sich der Anspruchsteller dabei auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, diese Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist die beklagte Partei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird allerdings die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 06. Okt. 2016 - I ZR 154/15, juris; BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, juris; BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, juris).

Der Beklagte ist seiner diesbezüglichen Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen: Der Vortrag des Beklagten ist gänzlich unzureichend. Er trägt lediglich vor, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt keinen Computer besessen habe. Er habe erst nach dem hier streitgegenständlichen Zeitpunkt einen Computer erworben. Der Vortrag besagt nicht, dass die Rechtsverletzung nicht über ein anderes internetfähiges Endgerät oder mit einem Computer einer anderen Person begangen wurde. Weiter trägt der Beklagte vor, dass mehrere Personen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Dieser Vortrag vermag die Vermutung, dass der Anschlussinhaber die. Rechtsverletzung begangen hat, nicht zu entkräften. Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebots haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an (BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 39 - Tauschbörse III). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen Und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - "Ego-Shooter" - I ZR 68/16 -, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - "Everytime we touch" - I ZR 48/15 -, Rn. 34, juris).

Der Vortrag des Beklagten ist zu pauschal. Es fehlt an Vortrag dazu, warum die jeweiligen Personen ernsthaft als Täter des Urheberrechtsverstoßes zu ,der streitgegenständlichen Zeit in Betracht kommen. An Vortrag zu dem jeweiligen Nutzungsverhalten der von ihm benannten Personen fehlt es gänzlich. Der Vortrag dahingehend, dass er nicht sagen könne, ob eine der Personen oder mehrere Personen. zum streitgegenständlichen Zeitpunkt überhaupt Zugriff auf den Internetanschluss hatten, führt dazu, das der Beklagte gerade nicht dargelegt hat, dass eine andere Person für die Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommt.

Der Beklagte handelte zumindest fahrlässig, mithin schuldhaft.

Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG zu berechnen. Die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens sind nicht zu beanstanden. Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen aufwändig produzierten Film handelt, der zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung noch eine Aktualität aufwies, erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 600,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass das Angebot über Tauschbörsen an eine unbeschränkte Anzahl von Nutzer/innen erfolgt.

Die- Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 506,00 EUR als erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG (a.F.).

Aus den vorbezeichneten Gründen haftet der Beklagte der Klägerin als Täter. Die Klägerin durfte sich der Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs eines Rechtanwalts bedienen. Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III -.zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015). Auszugehen ist dabei von einem Gegenstandswert von bis zu 10.000,00 EUR bei einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG. Die Berechnung ist nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Films ist mit 10.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 272/14 -, juris). Die in Ansatz gebrachte 1,0-fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese liegt sogar unterhalb des (gekappten) Mittelwertes von 1,3.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 280, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1. ZPO.

Die Entscheidung über- die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1, S. 2 i.V.m. 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre. Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



[Name]
Richterin




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 02.01.2018
[Name], Justizobersekretärin
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Charlottenburg, Urteil vom 02.01.2018, Az. 203 C 191/17,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Thorsten Nagl LL.M.,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Beklagter ohne PC,
Beklagter ohne Anwalt,
pauschale Benennung von Mitnutzer

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AG Düsseldorf, Az. 14 C 100/17

#6006 Beitrag von Steffen » Donnerstag 22. März 2018, 23:57

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Urteil des Amtsgericht Düsseldorf - Pauschaler Verweis auf vermeintlichen "Hackerangriff" führt zu Verurteilung in Filesharingverfahren (Beklagter ohne Anwalt)


23:50 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber behauptete in dem genannten Verfahren, für das Angebot des streitgegenständlichen Filmwerks in einer Tauschbörse nicht verantwortlich gewesen zu sein und verwies im Übrigen auf einen unbekannten Dritten. Es sei insoweit bekannt, dass WLAN-Netzwerke jederzeit "gehackt" werden könnten. Im Internet gebe es hierzu zahlreiche "Anleitungen und spezielle Programme". Ferner stellte er pauschal infrage, ob die Zuordnung der ermittelten IP-Adresse zu seinem Internetanschluss richtig erfolgt sei.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... esseldorf/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 100_17.pdf




Autor:

Rechtsanwalt Florian Aigner



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilte den Beklagten in vollem Umfang. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätte sich aus dem Vortrag des Beklagten die ernsthafte Möglichkeit ergeben müssen, dass andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Der bloße Verweis auf Anleitungen im Internet, wie Internetanschlüsse "gehackt" werden könnten, lasse jedoch weder darauf schließen, dass der Internetanschluss des Beklagten nicht hinreichend gesichert gewesen wäre, noch, dass gerade der Internetanschluss des Beklagten zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung einer konkreten Gefahr ausgesetzt gewesen sei. Derart allgemeine Darlegungen seien im Rahmen der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast daher unbeachtlich.

Soweit der Beklagte die korrekte Zuordnung seiner IP-Adresse pauschal in Zweifel zog, fehle es vor dem Hintergrund der substantiiert dargelegten Anschlussermittlung durch die Klägerin an einem wirksamen Bestreiten. Im Ergebnis sei somit unstreitig, dass die Rechtsverletzung über seinen Anschluss erfolgte.

Auch der Einwand des Beklagten, die Abmahnung sowie sämtliche weitere Schreiben - bis auf den Mahnbescheid - gar nicht erhalten zu haben, wurde vom Amtsgericht Düsseldorf verworfen:

"Das Gericht ist bei Würdigung des Verhandlungsinhalts gemäß §§ 495 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 ZPO davon überzeugt, dass dem Beklagten die Abmahnung vom [Datum] zugegangen ist. Die Klägerin legt als Anlage K 4 insgesamt sieben anwaltliche Schreiben vor, die sämtlich an die Anschrift des Beklagten gerichtet waren, unter der ihm auch die gerichtlichen Schriftstücke zugestellt werden konnten.

Die Versendung der Schreiben an ihn bestreitet der Beklagte nicht, nur deren Zugang. Angesichts der Zahl der Schreiben erscheint ein fehlender Zugang sämtlicher Schreiben als bloß denktheoretische Möglichkeit, für die nichts spricht und die daher ausgeschlossen werden kann.
"

Im Ergebnis verurteilte das Gericht den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR, der geforderten Rechtsanwaltskosten und zudem zur kompletten Übernahme der Kosten des Rechtsstreits (inklusive Reisekosten).








AG Düsseldorf, Urteil vom 04.01.2018, Az. 14 C 100/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -

14 C 100/17


Verkündet am 04.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Amtsgericht Düsseldorf

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 40789 Monheim,
Beklagten,





hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.08.2016 zu zahlen.

Dem Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen angeblichen Anbietens des Films [Name] - an dem die Klägerin für Deutschland die ausschließlichen Nutzungsrechte hält - im Internet im Wege des Filesharings in Anspruch.

Mit der Klage verlangt die Klägerin in der Hauptsache Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR und Erstattung von anwaltlichen Abmahnkosten in Höhe von 107,50 EUR netto.


Die Klägerin behauptet,
der Beklagte habe den Film am 01.05.2014 im Wege des Filesharings im Internet angeboten.


Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
1. an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.08.2016,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.08.2016,
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.08.2016
zu zahlen.



Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.



Im Übrigen wird auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.



I.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten nach § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu. Ein Anspruch nach § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG setzt voraus, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Urheberrechte der Klägerin verletzt und dieser dadurch einen Schaden zugefügt hat. Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den. Internetanschluss benutzen konnten (BGH, NJW 2016, 953, 955 - Tauschbörse III). Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzungsüberlassen wurde; in diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast (a.a.O.).

Es ist zunächst als unstreitig anzusehen, dass die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt ist. Der Beklagte hat die entsprechende Ermittlung einer ihm zugeordneten IP-Adresse, über die die Rechtsverletzung begangen worden sein soll, nicht wirksam bestritten. Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei für ein wirksames Bestreiten zu den von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Das hat der Beklagte nicht ausreichend getan. Die Klägerin hat auf den Seiten 7 bis 9 ihrer Anspruchsbegründung vom 10.07.2017 im einzelnen dargestellt, wie sie ermittelt haben will, dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt sein soll. Zu den dargestellten Ermittlungsschritten fehlt jede konkret bestreitende Erklärung des Beklagten, der Beklagte beschränkt sich vielmehr auf die allgemeine Behauptung, die Zuordnung seiner IP-Adresse könne fehlerhaft sein und übernimmt dazu allgemeine Ausführungen aus zwei Urteilen anderer Gerichte. Der Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung auf sein unzureichendes Bestreiten hingewiesen worden, weitere, konkretere Erklärungen hat er dazu aber in der mündlichen Verhandlung nicht mehr abgegeben. Aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich auch nicht, dass sein Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung unzureichend gesichert gewesen wäre. Insoweit muss sich aus dem Vortrag des Anschlussinhabers - also des Beklagten - schlüssig ergeben, dass noch für andere Personen deshalb die Nutzung seines Internetanschlusses ernsthaft möglich war (BGH, WW 2016, 953, 956 - Tauschbörse III). Der Beklagte zitiert in seiner Klageerwiderung aber nur aus im Internet verfügbaren Anleitungen zum widerrechtlichen Zugriff auf einen fremden Internetanschluss. Dass speziell sein Internetanschluss am [Datum] dadurch in konkreter Gefahr gewesen wäre, ergibt sich daraus aber nicht. Die Ausführungen beziehen sich vielmehr abstrakt auf jeden Internetanschluss zu jedem Zeitpunkt, was nach der 'Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Entlastung des Anschlussinhabers gerade nicht ausreicht. Die Höhe des der Klägerin entstandenen Mindestlizenzschadens von 1.000,00 EUR bestreitet der Beklagte nicht.

Der Klägerin steht aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG ein Anspruch auf Erstattung der geforderten Abmahnkosten gegen den Beklagten zu. Die Abmahnung war berechtigt, weil der Beklagte nach dem Vorgesagten als "Verletzer" im Sinne der Vorschrift anzusehen ist. Der Inhalt der Abmahnung entspricht auch unproblematisch den Vorgaben des § 97a Abs. 2 S. 1 UrhG.

Das Gericht ist bei Würdigung des Verhandlungsinhalts gem. §§ 495 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 ZPO davon überzeugt, dass dem Beklagten die Abmahnung vom [Datum] zugegangen ist. Die Klägerin legt als Anlage K 4 insgesamt sieben anwaltliche Schreiben vor, die sämtlich an die Anschrift des Beklagten gerichtet waren, unter der ihm auch die gerichtlichen Schriftstücke zugestellt werden konnten. Die Versendung der Schreiben an ihn bestreitet der Beklagte nicht, nur deren Zugang. Angesichts der Zahl der Schreiben erscheint ein fehlender Zugang sämtlicher Schreiben als bloß denktheoretische Möglichkeit, für die nichts spricht und die daher ausgeschlossen werden kann.

Die Klägerin kann damit Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 107,50 EUR für die Abmahnung verlangen. Die Beschränkung des Gegenstandswert für die Abmahnung auf 1.000,00 EUR gem. § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG hat die Klägerin beachtet.



II.

Die Klägerin kann zudem aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG für die vorgerichtliche Anmahnung des Lizenzschadens Erstattung weiterer vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 107,50 EUR verlangen. Zinsen schuldet der Beklagte aus §§ .286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2 ZPO.


Streitwert: 1.107,50 EUR




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Düsseldorf,
Werdener Straße 1,
40227 Düsseldorf,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein..

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



[Name]
Beglaubigt
als Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle Amtsgericht Düsseldorf (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Düsseldorf, Urteil vom 04.01.2018, Az. 14 C 100/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Florian Aigner,
Klage Waldorf Frommer,
Abmahnschreiben nicht erhalten,
pauschales Bestreiten,
sekundäre Darlegungslast,
Hackangriff,
Beklagter ohne Anwalt

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Steffen
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#6007 Beitrag von Steffen » Donnerstag 29. März 2018, 18:01

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Nürnberg verurteilt Anschlussinhaber antragsgemäß wegen illegalem Tauschbörsenangebot mehrerer Serienfolgen (Beklagter ohne Anwalt)


17:55 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Serienfolgen. In diesem Verfahren hatte der beklagte Anschlussinhaber lediglich im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptet, dass ihm nur eine Störerhaftung nachgewiesen werden könne. Aus welchen Umständen er diese Schlussfolgerung aber zog, teilte er dem Gericht und der Klägerseite nicht mit.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

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https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ienfolgen/



Urteil als PDF:

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https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 104_17.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Claudia Lucka



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Dieser überschaubare Vortrag ging letztlich allein zu seinem Nachteil aus, da es ihm vielmehr oblegen hätte konkrete Umstände darzulegen, dass nicht er, sondern ein Dritter für die streitgegenständliche Rechtsverletzung verantwortlich sein soll.

"Soweit der Beklagte damit geltend macht, dass nicht er, sondern eine andere Person die Rechtsverletzung begangen habe, ergibt sich aus der angeführten Vermutung eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers (BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08).[...] Vorliegend hat der Beklagte außer der Mitteilung, dass er lediglich als Störer hafte, keine weitergehenden Ausführungen gemacht. Damit genügt er aber in keinster Weise der ihm auferlegten sekundären Darlegungslast, weshalb die tatsächliche Vermutung gegen ihn fortbesteht."

Da kein weiterer relevanter Vortrag erfolgte, verurteile das Amtsgericht Nürnberg den ordnungsgemäß abgemahnten Anschlussinhaber zur Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes. Der danach dem Grunde nach gegen den Beklagten gegebene Schadenersatzanspruch der Klägerin besteht in der Höhe der geltend gemachten 1.350,00 EUR sowie zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgung, gegen dessen Bemessungsgrundlage keinerlei Bedenken bestanden.

"Ein Eingriff in den Streitwert oder Gegenstandswert hat durch die Regelung des § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG nicht stattgefunden, sondern nur eine Begrenzung der erstattbaren Kosten. Davon unberührt bleibt eine Addition des Gegenstandswertes mittels Geltendmachung von Schadenersatz- und anderen Aufwendungsersatzansprüchen [...]."



Neben dem Schadensersatz sowie den vorgerichtlichen Abmahnkosten hat der Beklagte zusätzlich die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.









AG Nürnberg, Urteil vom 09.02.2018, Az. 238 C 71047/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Nürnberg

Az.: 238 C 7104/17



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 90478 Nürnberg,
- Beklagter -


wegen Urheberrecht




erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 09.02.2018 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2018 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen. Schadensersatz in Höhe von 1.350,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 91,49 EUR als Hauptforderung zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.04.2016 zu bezahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 123,51 EUR als Nebenforderung zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016. zu bezahlen.
4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.





Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.441,49 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung geltend.

Am [Datum] wurde jeweils über die IP-Adresse [IP] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr die TV-Folge [Name], von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr die TV-Folge [Name] und um [Uhrzeit] Uhr bis [...] sowie am [...] über die IP-Adresse [...] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse unentgeltlich zum Download angeboten. Die genannten IP-Adressen waren zum jeweiligen Zeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zuzuordnen.

Die [Name] ist ausschließliche Inhaberin des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG hinsichtlich der genannten Filmwerke und hat für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Klägerin ermächtigt, sämtliche Rechtsansprüche im Zusammenhang mit Rechtsverletzungen an den Filmwerken im Internet über P2P-Netzwerke (sog. Internettauschbörsen) in eigenem Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen.

Mit Schreiben der Klägervertreter vom [Datum] wurde der Beklagte aufgrund der Urheberrechtsverletzung von der Klägerin abgemahnt und zugleich mit Fristsetzung aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von zunächst 750,00 EUR und Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 215,00 EUR aufgefordert. Der Beklagte hat sich daraufhin durch Abgabe einer Unterlassungserklärung rechtsverbindlich verpflichtet, künftige Rechtsverletzungen zu unterlassen, Zahlungen an die Klägerin erfolgten jedoch nicht.


Die Klägerin behauptet,
dass davon auszugehen sei, dass der Beklagte als Anschlussinhaber mit alleiniger Tatherrschaft für die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen verantwortlich sei. Nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie habe sie gegen ihn daher einen Schadensersatzanspruch jedenfalls in Höhe eines Pauschalbetrages von 1.350,00 EUR und zudem Anspruch auf Erstattung der Kosten der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR.


Die Klägerin beantragt daher,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.350,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016, sowie

91,49 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016, sowie

123,51 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Er behauptet,
dass ihm lediglich eine Störerhaftung vorgeworfen werden könne.


Das Gericht hat keinen Beweis erhoben. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2018 (Bl. 49/50 d. A.) sowie die sonstigen Aktenteile Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.



I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist, das' Amtsgericht Nürnberg gemäß § 104a UrhG i. V. m. §§ 12, 13 ZPO ausschließlich örtlich zuständig.



II.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 1.441,49 EUR als Hauptforderung und 123,51 EUR als Nebenforderung aus der Urheberrechtsverletzung gemäß §§ 97, 97a UrhG.


1.

Der Klägerin steht einen Anspruch auf Ersatz des fiktiven Lizenzschadens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 1.350,00 EUR zu.

Die Aktivlegitimation der Klägerin wurde von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt. Zwar ist die ausschließliche Inhaberin des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG hinsichtlich der streitgegenständlichen Filmwerke, sie hat aber die Klägerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich ermächtigt (Anlage K.1-1), sämtliche Rechtsansprüche im Zusammenhang mit Rechtsverletzungen an den Filmwerken im Internet über P2P-Netzwerke (sog. Internet-Tauschbörsen) in eigenem Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen.

Die Ermittlungen der Klägerin haben ergeben,

dass die Datei mit dem File-Hash [Name] die die [Name] beinhaltet,

dass die Datei mit dem File-Hash [Name] die die [Name] beinhaltet,

dass die Datei mit dem File-Hash [Name] die die [Name] beinhaltet, sowie

dass die Datei mit dem File-Hash [Name] die die [Name] beinhaltet,

in einer Internettauschbörse am [Datum] jeweils zu einem Zeitpunkt unter Verwendung eines "BitTorrent"-Clients zum Herunterladen über die IP-Adresse [IP] bzw. [IP] bereitgehalten wurde, die dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnen waren. Die Rechtsverletzung vom Anschluss des Beklagten aus wurde nicht weiter in Abrede gestellt.

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind, weshalb es grundsätzlich zunächst ihre Sache ist, darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15). Wird allerdings ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08), wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine andere Person diesen Internetanschluss benutzen konnte (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

Der Beklagte hat im vorliegenden Fall vorgetragen, dass er nur als Störer für die Rechtsverletzung verantwortlich sei. Soweit der Beklagte damit geltend macht, dass nicht er, sondern eine andere Person die Rechtsverletzung begangen habe, ergibt sich aus der angeführten Vermutung eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers (BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/03). Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für die Haftung des Beklagten als Täter der Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15). Vorliegend hat der Beklagte außer der Mitteilung, dass er lediglich als Störer hafte, keine weitergehenden Ausführungen gemacht. Damit genügt er aber in keinster Weise der ihm auferlegten sekundären Darlegungslast, weshalb die tatsächliche Vermutung gegen ihn somit fortbesteht.

Eine wirksame Einigung der Klägerin oder sonstige Lizenzierung lag nicht vor, sodass das Bereitstellen der genannten TV-Folgen der Serie [Name] zum Download über den Internetanschluss des Beklagten auch rechtswidrig war. Der Anspruch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG setzt, anders als der Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG, ein Verschulden des Beklagten gemäß § 276 BGB voraus. Dieses ist hier gegeben, da der Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt hat, denn-wer fremde Werke nutzt oder verbreitet, muss sich grundsätzlich vorher auch über sein Recht zur Nutzung vergewissern (LG Bielefeld, Urteil vom 04.03.2015, Az. 4 0 211/14, m.w.N.). Im Urheberrecht geltend dabei generell hohe Sorgfaltsanforderungen, weshalb bereits leichte Fahrlässigkeit den Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung begründet. Dies gilt erst recht, wenn Filme unberechtigt zum Herunterladen im Internet verfügbar gemacht werden. Eine solche Verhaltensweise führt zu einer hochgradigen Gefährdung der Verwertungsrechte des Urhebers. Selbst wenn dem Beklagten nicht positiv bekannt gewesen sein sollte, dass er als Nutzer einer Tauschbörse die heruntergeladenen Dateien zugleich anbietet, oblag ihm zumindest die Pflicht, sich vor der Installation umfassend über die technische Ausgestaltung. dieser Programme und deren Funktion zu vergewissern (LG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2011, Az. 12 0 177/10; LG Hamburg, Urteil vom 12.02.2014, Az. 308 0 227/13). Dass dies der Beklagte vorliegend getan hat, ist für das Gericht nicht ersichtlich.

Der danach dem Grunde nach gegen den Beklagten gegebene Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht in Höhe der geltend gemachten 1.350,00 EUR. Gibt es, wie im vorliegenden Fall, keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Gericht gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der von dem Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen. Dem Gericht kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14).

Bei der Bemessung des angemessenen Lizenzschadens hat das Gericht berücksichtigt, welcher Betrag der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzen Rechts eingeholt hätte. Nach der Rechtsprechung ist dafür zu ermitteln, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Falls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten, wobei maßgebend der objektive Wert der Nutzungsberechtigung ist. Hierzu müssen alle relevanten Umstände. des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (LG Köln, Urteil vom 30.11.2011, Az. 28 0.482/10).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte vier TV-Folgen der Staffel [Name] noch, wie sich aus den von der Klägerin vorgelegten Anlagen K 1-1 bis K 1-4 ergibt, vor der Erstveröffentlichung in Deutschland am [Datum] und .damit innerhalb ihrer relevanten Verwertungsphase zum kostenlosen Download über das Internet mittels eines Filesharing-Clients angeboten. Unter Berücksichtigung der nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin durchschnittlichen Preise für den legalen Download einzelner Serien-Episoden samt dauerhafter Nutzungsrechte auf Video-on-Demand-Portalen im Verlauf der letzten Jahre und den darin enthaltenen branchenüblichen Lizenzgebühren sowie der dem Gericht bekannten Popularität der streitgegenständlichen TV-Serie sieht das Gericht daher einen Betrag von insgesamt 1.350,00 EUR als Schadensersatz als angemessen an. Diese Höhe der Lizenzforderung erweist sich auch verglichen mit anderen Fällen ais angemessen, da bereits für das kurzzeitige öffentliche Zugänglichmachen nur eines Musiktitels schon ein Betrag in Höhe von 200,00 EUR angesetzt wird (OLG Hamburg, Urteil vom 07.11.2013, Az. 5 U 222/10; OLG Köln, Urteil vom 23.03.2012, Az. 6 U 67/11).


2.

Die Klägerin hat darüber hinaus auch einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der geltend gemachten Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung gemäß §§ 97 Abs. 2 S. 1, 97a Abs. 3 S. 1 UrhG.

Es liegt eine berechtigte Abmahnung der Klägerin gegenüber dem Beklagten vor, denn die hat gegen den Beklagten aufgrund dessen rechtswidriger Urheberrechtsverletzung einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG.

Der Inhalt des Abmahnschreibens vom [Datum] entspricht den grundlegenden Anforderungen des § 97a Abs. 2 S. 1 UrhG. Das Bestehen eines Unterlassungs- und Aufwendungsersatzanspruches ist unabhängig von einem etwaigen Verschulden. Die Wiederholungsgefahr wird vorliegend durch die mehrmalige Rechtsverletzung indiziert (LG Bielefeld Urteil vom 04.03.2015, Az. 4 0 2111/14).

Gegen den von der Klägerin angesetzten Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren in Höhe von 1.000,00 EUR bestehen unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG, welcher am 09.10.2013 in Kraft getreten ist, keine Bedenken. Ein Eingriff in den Streitwert oder Gegenstandswert hat durch die Regelung des § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG nicht stattgefunden, sondern nur eine Begrenzung der erstattbaren Kosten. Davon unberührt bleibt eine Addition des Gegenstandswertes mittels Geltendmachung von Schadensersatz- und andern Aufwendungsersatzansprüchen (BeckOK/Reber, UrhG, 18. Ed:, Stand: 01.04.2017, § 97a Rnr. 27). Unter Berücksichtigung des hier ebenfalls vorgerichtlich gegenüber dem Beklagten geltend gemachten .Schadensersatzes von 750,00 EUR ist somit insgesamt von einem Gegenstandswert von 1.750,00 EUR auszugehen. Bei einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG errechnen sich so zusammen mit der. Auslagenpauschale nach Nr. 7002 W RVG ersatzfähige außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR.

Soweit sich diese Kosten auf den von der Klägerin vorgerichtlich gegenüber dem Beklagten geltend gemachten, aber vorliegend nicht verfahrensgegenständlichen Unterlassungsanspruch beziehen, sind diese als Hauptforderung zu berücksichtigen. Der übrige Anteil der zuerkannten Rechtsverfolgungskosten als Nebenforderung, da sich diese Kosten auf die Durchsetzung des mit dem vorliegenden Verfahren geltend gemachten Zahlungsanspruchs beziehen und daher in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dieser Hauptforderung stehen (BGH, Beschluss vom 17.01.2013, Az. I ZR 107/12).



III.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Der Zinsbeginn wurde von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt.



IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 S. 1 und 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Nürnberg-Fürth
Fürther Str. 110
90429 Nürnberg


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Nürnberg
Fürther Str. 110
90429 Nürnberg


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Das elektronische Dokument muss,
- mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
- auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
- an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.

Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.



gez.
[Name]
Richterin am Amtsgericht




Verkündet am 09.02.2018
gez.
[Name], JSekr'in
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Für die Richtigkeit der Abschrift
Nürnberg, 15.02.2018
[Name], JSekr'in
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)









~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Nürnberg, Urteil vom 09.02.2018, Az. 238 C 71047/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Claudia Lucka,
Beklagter ohne Anwalt,
TV-Folgen,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
§ 97a Abs. 3 S. 2 UrhG

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#6008 Beitrag von Steffen » Donnerstag 29. März 2018, 18:42

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Beklagte antragsgemäß - bloßes Abstreiten der Tat reicht in P2P-Verfahren nicht aus (Beklagte ohne Anwalt)


18:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Werke. Im vorstehenden Verfahren hatte die Beklagte behauptet, nicht für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein. Sie würde die streitgegenständlichen Werke auch nicht kennen. Zudem bestritt die beklagte Anschlussinhaberin pauschal die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzungen.



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Bericht

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Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 452_17.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



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Dieser Vortrag reichte dem Amtsgericht Charlottenburg nicht. Vielmehr sei die Täterschaft der Beklagten tatsächlich zu vermuten:

"Vorliegend trägt die Beklagte bereit keine weiteren in Betracht kommenden Personen vor, welche Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten, wonach die tatsächliche Vermutung der Täterschaft greift. Das Bestreiten, dass die Beklagte die Bücher nicht kenne, ist hierfür ebenfalls nicht ausreichend."



Auch die Einwände der Beklagten hinsichtlich der korrekten Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse ließ es nicht gelten.
"Die Beklagte trägt keinerlei Umstände vor, die Zweifel an einer Fehlzuordnung der Auskunft hervorrufen. Umgekehrt gilt vielmehr, dass die Vielzahl der Ermittlungen unterschiedlicher IP-Adressen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Richtigkeit der Ermittlungen bestätigen. Denn im konkreten Fall sind insoweit eine Vielzahl von Messungen erfolgt. In solchen Fällen spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Ermittlungen der IP-Adressen zutreffend waren. Denn dass es mehrmals zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen."



Das Amtsgericht folgte auch im Übrigen der Argumentation der Klägerin und verurteilte die Beklagte als Täterin zur Leistung von Schadensersatz in beantragter Höhe:

"Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erschient eine Lizenzgebühr von 450,00 EUR pro Buch ohne weiteres angemessen (§ 287 ZPO). Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass es sich gerichtsbekannt um erfolgreiche Bestseller handelt und die Bücher zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung nicht älter als zwei Jahre waren und noch hinreichend aktuell.

Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes der streitgegenständlichen Werke geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche den geltend gemachten Betrag jedenfalls nicht unterschreitet.
"



Darüber hinaus hat die Beklagte auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.








AG Charlottenburg, Urteil vom 13.02.2018, Az. 206 C 452/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 206 C 452/17

verkündet am: 13.02.2018


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen.


die Frau [Name], 12053 Berlin,
Beklagte,




hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 206, auf die mündliche Verhandlung vom 26.01.2018.durch den Richter [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.441,49 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2016 zu zahlen
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 123,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubten Anbietens von Büchern.

Die Klägerin ist alleinige Lizenznehmerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Büchern [Name] und [Name] in gedruckter und elektronische Form für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. In den jeweiligen Büchern ist die Rechtsvorgängerin der Klägerin als Rechteinhaberin genannt.

Die Klägerin beauftragte die Firma ipoque GmbH mittels des Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS) mit der Überwachung von Internettauschbörsen zwecks Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen. Diese stellte fest, dass die vorgenannten Bücher an neun verschiedenen Tagen zwischen dem [Datum] und [Datum] unter elf verschiedenen IP-Adressen zum Download für Dritte bereitgestellt wurden. Hinsichtlich der festgestellten Verletzungsdaten wird auf Bl. 9 -11 der Klageschrift (Bl. 17 ff. d.A.) vollumfänglich verwiesen.

Aufgrund der Gestattungsbeschlüsse des LG München I teilte der Internetprovider mit, dass die ermittelten IP-Adressen zu dem maßgeblichen Zeitpunkt dem Internetanschluss der Beklagtenseite zugeordnet waren. Der Internetzugang erfolgt über einen WLAN Anschluss mit Router.

Mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] (Bl. 75 ff. d.A.) wurde die Beklagtenseite wegen Anbietens dieser Bücher in einer Internet-Tauschbörse abgemahnt und zur Zahlung von Schadensersatz und Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von zusammen 1.090,00 EUR aufgefordert.


Die Klägerin behauptet,
die Ermittlungen der einzelnen Urheberrechtsverletzungen und der IP-Adressen sei ordnungsgemäß erfolgt.

Mit der Klage macht die Klägerin 1.3500,00 EUR Lizenzschaden nach der Lizenzanalogie geltend sowie 215,00 EUR Rechtsanwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr aus 2.000,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale), die für die Abmahnung angefallen sind.


Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt. nicht weniger als 1.350,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2016 zu zahlen,
2. an sie 91,94 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2016 zu zahlen
3. an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 123,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz dem 05.08.2016 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Die Beklagte behauptet,
sie kenne, die vorgenannten Bücher nicht. Außerdem seien die Ermittlungsergebnisse widersprüchlich, da die Zeitpunkte in den Beschlüssen des Landgerichts München nicht zu den aufgelisteten Verletzungshandlungen deckungsgleich seien.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und auch begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens der Bücher [Name] und [Name] auf einer Internet-Tauschbörse in der geltend gemachten Höhe.

Die Klägerin ist unstreitig Inhaberin der ausschließlichen Rechte der streitgegenständlichen Bücher.

Die streitgegenständlichen Bücher sind zwischen dem [Datum] und [Datum] unter den elf verschiedenen IP-Adressen (Bl. 17 ff. d.A.) zum Download für Dritte bereitgestellt. Zur Überzeugung des Gerichts steht auch fest, dass die ermittelten IP-Adressen dem Anschluss der Beklagten zugeordnet waren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erfolgt der Beweis, dass eine durch das mit den Nachforschungen beauftragte Unternehmen ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt einem konkreten Internetanschluss zugeordnet war, regelmäßig durch die Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zur Aufklärung von Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing durchgeführte Zuordnung und deren Mitteilung. Fehlt es dabei an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass nachgewiesen wird, dass die durch den Internetprovider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind (BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, juris). Nichts anderes kann gelten, sofern wie hier die Auskunft nicht durch ein staatsanwaltschaftliches Ersuchen, sondern im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG erlangt wird. Die Beklagte trägt keinerlei Umstände vor, die Zweifel an einer Fehlzuordnung der Auskunft hervorrufen. Umgekehrt gilt vielmehr, dass die Vielzahl der Ermittlungen unterschiedlicher IP-Adressen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Richtigkeit der Ermittlungen bestätigen. Denn im konkreten Fall sind insoweit eine Vielzahl von Messungen erfolgt. In solchen Fällen spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Ermittlungen der IP-Adressen zutreffend waren. Denn dass es mehrmals zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (so auch OLG Köln, Urt. v. 16. Mai 2012 - Az. 6 U 239/11, ZUM 2012, 579; vgl. dazu auch Hans: OLG HH, Beschl. v. 03. Nov. 2010 - Az. 5 W 126/10, CR 2011, 126; LG Köln, Urt. v. 30. Nov. 2011 - Az. 28 0 482/10, ZUM 2012, 350). Soweit die Beklagte meint, die einzelnen Ermittlungszeitpunkte seien mit den Zeitpunkten in den Beschlüssen des Landgerichts München nicht kongruent, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen, da die einzelnen Zeitpunkte innerhalb der Zeitintervalle der Ermittlungen der ipoque GmbH liegen. Für eine vorgetragene Fälschung sind keine Anzeichen erkennbar.

Die Beklagte haftet für die Rechtsverletzung als Täterin.

Täter ist, wer die Tathandlung selbst begeht. Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruch erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss .zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris). Nicht ausreichend ist allerdings die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, . Rn. 42, juris).

Vorliegend trägt die Beklagte bereits keine weiteren in Betracht kommenden Personen vor, welche Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten, wonach die tatsächliche Vermutung der Täterschaft greift. Das Bestreiten, dass die Beklagte die Bücher nicht kenne, ist hierfür ebenfalls nicht ausreichend.

Die Beklagte handelte schuldhaft, denn Schuldausschließungsgründe sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG zu berechnen. Für diese Art der Schadensberechnung ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 61 m.w.N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein branchenüblicher Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt. Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 450,00 EUR pro Buch ohne Weiteres angemessen (§ 287 ZPO). Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass es sich gerichtsbekannt um erfolgreiche Bestseller handelt und die Bücher zum Zeitpunkt der,Verletzungshandlungen nicht älter als zwei Jahre waren und somit noch hinreichend aktuell. Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes der streitgegenständlichen Werke geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche den geltend gemachten Betrag jedenfalls nicht unterschreitet.

Des Weiteren schuldet die Beklagte die durch die Einschaltung von Rechtsanwälten angefallenen Abmahnkosten, und zwar sowohl als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG; als auch als Aufwendungsersatz gemäß § 97a UrhG a.F. in der geltend gemachten Höhe.

Die Abmahnung war begründet, da die mit ihr gerügte Rechtsverletzung tatsächlich gegeben war. Sie war auch berechtigt, da sie objektiv erforderlich war, um der Beklagten ,den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen. Die Abmahnung genügt schließlich auch den formellen Anforderungen des § 97a UrhG n.F..

Die Klägerseite hat zutreffend gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG einen Gegenstandswert von 1.000,00 EUR angesetzt und diesem den Wert des geltend gemachten Schadensersatzes hinzugerechnet. Dies begründet bei Ansatz einer angemessenen 1,3 Geschäftsgebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 215,00 EUR.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Beklagten war gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Er enthält zudem auch keine neuen Tatsachen bzw. neues Vorbringen, so dass es auf diesen auch inhaltlich nicht ankommt.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709 Abs. 1 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen
oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.
Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez.
[Name],
Richter




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 13.02.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Charlottenburg, Urteil vom 13.02.2018, Az. 206 C 452/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
Ermittlungsdatensätze - 9 verschiedene Tage - 11 verschiedene IP-Adressen,
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Steffen
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#6009 Beitrag von Steffen » Freitag 6. April 2018, 00:10

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg - Anschlussinhaber muss in Filesharing Verfahren Umstände darlegen, die über die bloße Zugriffsmöglichkeit Dritter hinausgehen


00:07 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Anspruch genommene Anschlussinhaber bestritt seine eigene Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung und behauptete, sich zur maßgeblichen Zeit auf einer auswärtigen Geburtstagsfeier aufgehalten zu haben. Zum Aufbau des WLAN-Heimnetzwerks habe er einen FRITZ!Box-Router der Firma AVM betrieben. Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) habe hinsichtlich dieses Routermodells drei Monate nach der Rechtsverletzung vor einer bestehenden Sicherheitslücke gewarnt. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass auch der von ihm verwendete Router von dieser Sicherheitslücke betroffen gewesen ist und unbekannte Dritte auf den Internetanschluss zugegriffen haben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... nausgehen/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _38617.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Zudem hätten auch seine Ehefrau, Nachbarn und die zur Verletzungszeit anwesenden Gäste aus Norwegen auf den Internetanschluss zugreifen können. Zudem sei nicht auszuschließen, dass Dritte die IP-Adresse möglicherweise "verschleiert" hätten. Konkretere Nachforschungen seien dem Beklagten nicht möglich gewesen, da er sich zur Zeit der Abmahnung beruflich im Ausland aufgehalten habe. Schließlich bestritt der Beklagte, dass die Klägerin Inhaberin der streitgegenständlichen Rechte ist.

Das Amtsgericht Charlottenburg bewertete das dargestellte Vorbringen des Beklagten insgesamt für unzureichend und gab der Klage vollumfänglich statt.

In Bezug auf die Rechteinhaberschaft stellte das Amtsgericht fest, dass diese vom Beklagten aufgrund des substantiierten Vortrags der Klägerin nicht pauschal hätte bestritten werden dürfen. Von der Aktivlegitimation der Klägerin sei daher auszugehen.

"Nachdem der Beklagte die Aktivlegitimation zunächst mangels Vortrags der Klägerin zur Rechtekette bestritten hatte, hat er den ergänzenden Vortrag der Klägerin nur zum Anlass genommen, die Rechteinhaberschaft weiterhin einfach zu bestreiten. Dies reicht jedoch nicht aus. Der Beklagte hätte sich mit dem Vortrag auseinandersetzen und vortragen müssen, wer sonst - wenn nicht die Klägerin - Rechteinhaber der deutschen Fassung ist, was sich im Internet ohne Weiteres recherchieren lässt."

Im Übrigen hafte der Beklagte aufgrund eigener Täterschaft, da diese nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs tatsächlich zu vermuten sei. Dem Beklagten sei es insoweit nicht gelungen, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen. Die bloße Behauptung, zur maßgeblichen Zeit nicht zu Hause gewesen zu sein, sei unbeachtlich, da die Nutzung einer Tauschbörse die ständige Anwesenheit des Nutzers nicht erfordere. Vor diesem Hintergrund sei daher auch bei Abwesenheit die eigene Verantwortlichkeit nicht ausgeschlossen. Zudem habe der Beklagte nicht ausreichend darlegen können, wer sonst als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht komme. Im Ergebnis habe sich das Vorbringen des Beklagten lediglich darauf beschränkt, die generelle Zugriffsmöglichkeit weiterer Personen zu behaupten, was das Amtsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als unzureichend wertete.

"Dies geht über die vom BGH nicht als ausreichend erachtete pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht hinaus. Der Beklagte benennt lediglich eine Vielzahl von Personen, und zwar - mit Ausnahme der Gäste aus Norwegen - noch nicht einmal namentlich. Nicht vorgetragen wird, wer genau sich am 27.12.2013 (dem hier einzige relevanten Zeitpunkt) in seinem Haushalt aufgehalten hat, über welche Geräte diese Personen Zugriff auf das Internet hatten, wie sich ihr Nutzungsverhalten im Einzelnen darstellt usw."

Soweit der Beklagte sich überdies auf die vermeintlich mögliche Ausnutzung einer Sicherheitslücke seines Routers berief, sei das dahin gehende Vorbringen "nicht plausibel".

"Soweit der Beklagte auf eine Sicherheitslücke seines damals verwendeten Routers verweist, ist sein Vortrag nicht plausibel. Unterstellt, er nutzte damals eine FRITZ!Box mit Fernwartungsmöglichkeit, gibt es dennoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich unbekannte Dritte unberechtigt Zugriff auf den Router verschafft haben."

Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Umstände der Rechtsverletzung nachzuforschen. Dies habe er versäumt. Dass er sich bei Erhalt der Abmahnung im Ausland aufgehalten habe, stehe dem nicht entgegen, da weitere Nachforschungen auch nach seiner Urlaubsrückkehr möglich gewesen seien.

"Auch hätten entsprechende Nachforschungen ohne Weiteres auch noch nach Rückkehr des Beklagten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten angestellt werden können. Wen er genau mit welchem Ergebnis zu der Rechtsverletzung befragt hat, bleibt ebenfalls offen. Lediglich in Bezug auf die Familie X hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung - ohne dass dies protokolliert wurde - erklärt, diese hätten die Rechtsverletzung verneint und mitgeteilt, dass sie ferngesehen hätten."

Soweit der Beklagte letztlich eine "Verschleierung" der IP-Adresse durch einen Dritten in den Raum warf, schloss das Amtsgericht eine solche Möglichkeit im Rahmen der Nutzung einer Tauschbörse zutreffend aus.

"Ein Verschleiern der IP-Adresse ist zwar in der Tat möglich, jedoch nur für Daten, die von einem Anschluss aus versandt werden. Bei der Ermittlung von Rechtsverletzungen in Tauschbörsen wird jedoch die IP-Adresse ermittelt, an welche die Datenpakete übermittelt wurden; insoweit ist eine Verschleierung nicht möglich. Andernfalls würde die heruntergeladene Datei nicht auf dem PC des Nutzers ankommen."

Die Höhe der geltend gemachten Forderungen - insbesondere des Schadensersatzes - erachtete das Gericht ebenfalls "ohne Weiteres" für angemessen. Das Amtsgericht verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der vollen Kosten des Rechtsstreits.








AG Charlottenburg, Urteil vom 05.01.2018, Az 206 C 386/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 206 C 386/17

verkündet am: 05.01.2017
[Name], Justizbeschäftigte


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


Herrn [Name], 10707 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 10827 Berlin, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 206, auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.05.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubten Anbietens eines Spielfilmes.

Die Klägerin ist nach ihrer Behauptung alleinige Lizenznehmerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Bei dem Streamingdienst "maxdome Store" ist die Klägerin als Rechteinhaberin des Filmes genannt.

Die Klägerin beauftragte die Firma Digital Forensics GmbH mit der Überwachung von Internettauschbörsen zwecks Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen. Diese stellte fest, dass der vorgenannte Film am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP] zum Download für Dritte bereitgestellt wurde. Aufgrund Gestattungsbeschlusses des LG München I teilte der Internetprovider mit, dass die o.g. IP-Adresse zu dem maßgeblichen Zeitpunkt dem Internetanschluss der Beklagtenseite zugeordnet war.

Mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] (Bl. 41 ff. d.A.) wurde die Beklagtenseite wegen Anbietens dieses Films in einer Internettauschbörse abgemahnt und zur Zahlung von Schadensersatz und Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von zusammen 815,00 EUR aufgefordert.

Der Internetzugang erfolgt über einen WLAN Anschluss mit Router.


Die Klägerin behauptet:
Produziert habe den Film die Firma [Name], welche die Rechte mit Vertrag vom [Datum] auf die [Name] übertragen habe. Diese habe die Rechte mit Motion Picture Distribution Agreement vom [Datum] der [Name] übertragen. Von dieser habe die Klägerin mit Output Agreement vom [Datum] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung als Täter begangen. Insbesondere habe er die Vermutung seiner Täterschaft nicht erschüttert; seiner sekundären Darlegungslast sei er nicht ausreichend nachgekommen. Zumindest sei von einer Mittäterschaft auszugehen. Sie ist der Auffassung, der Beklagte habe seine Behauptungen zu beweisen. Mit der Klage macht die Klägerin 1.000,00 EUR Lizenzschaden nach der Lizenzanalogie geltend sowie 215,00 EUR Rechtsanwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr aus 2.000,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale), die für die Abmahnung angefallen sind.


Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
1. an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.05.2016 zu zahlen,
2. an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz dem 20.05.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin.


Der Beklagte behauptet:
Er habe die Filme nicht über das Internet Dritten zum Download zur Verfügung gestellt. Zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung habe er einen Fritzbox-Router der Firma AVM mit Fernwartungszugang benutzt. Es sei allgemein bekannt, dass im [Datum], also ca. drei Monate nach dem relevanten Zeitraum, das BSI die Bevölkerung vor einer massiven Sicherheitslücke dieses Routers gewarnt habe. Es sei daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass auch die von ihm genutzte Fritzbox von dieser Sicherheitslücke betroffen gewesen und gehackt worden sei. Der Beklagte nimmt Bezug auf einen Internetbericht über die Sicherheitslücke (Bl. 122, 123 d.A.). Zudem könne die IP-Adresse manipuliert werden. Zwar sei die Fehleranfälligkeit des automatisierten Ermittlungsvorganges als klein einzustufen, jedoch sei die Überwachung des Internetverkehrs illegal.

Er selbst habe sich am auf einer Geburtstagsparty befunden und habe seinen Anschluss nicht selbst genutzt. Allerdings nutze er seinen WLAN-Anschluss nicht alleine, sondern auch seine Frau, seine Gäste, selten seine Nachbarn und Eltern sowie Gäste und Familie seiner Frau. Zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt habe er aus Norwegen die Familie [Name] zu Besuch gehabt. Er, der Beklagte, nutze Avast Free Antivirus auf seinem PC, ebenso seine Frau auf ihrem Laptop. Auch sein. Smartphone sei entsprechend geschützt; es sei jedoch nicht auszuschließen, dass es Lücken gebe. Ab dem [Datum] habe er sich beruflich in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgehalten, so dass der zum Abmahnungszeitpunkt nicht alle notwendigen Informationen habe sichern können.

Auf das Bestreiten der Prozessvollmacht hin hat der Klägervertreter im Termin eine Originalvollmacht überreicht, auf die Bezug genommen wird (Bl. 165 d.A.).


Wegen des weiteren Vorbringens wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Rechtsanwälte Waldorf / Frommer für die Klägerin prozesshandlungsbefugt. Auf die Rüge der Prozessvollmacht hin hat die Klägerin eine Originalvollmacht eingereicht, § 80 ZPO.

Die Klage ist auch begründet.



I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens des Filmwerkes [Name] auf einer Internet-Tauschbörse in der geltend gemachten Höhe.

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Rechte an dem streitgegenständlichen Film. Insoweit ist der Vortrag der Klägerin zugrunde zu legen, wonach der Film von der Firma [Name] produziert worden sei, welche die Rechte mit Vertrag vom [Datum] der [Name] übertragen habe, welche die Rechte ihrerseits mit Motion Picture Distribution Agreement vom [Datum] auf die [Name] übertragen habe. Von dieser habe die Klägerin mit Output Agreement vom [Datum] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben.

Nachdem der Beklagte die Aktivlegitimation zunächst mangels Vortrags der Klägerin zur Rechtekette bestritten hatte, hat er den ergänzenden Vortrag der Klägerin nur zum Anlass genommen, die Rechteinhaberschaft weiterhin einfach zu bestreiten. Dies reicht jedoch nicht aus. Der Beklagte hätte sich mit dem Vortrag auseinandersetzen und vortragen müssen, wer sonst - wenn nicht die Klägerin - Rechteinhaber der deutschen Fassung ist, was sich im Internet ohne Weiteres recherchieren lässt.

Unstreitig ist, dass der streitgegenständliche Film am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP] zum Download für Dritte bereitgestellt wurde, und dass diese IP-Adresse zu diesem Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet war. Soweit der Beklagte der Auffassung ist, die "Überwachung des Internets" sei illegal, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Es ist schon nicht ersichtlich, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt es illegal sein sollte, in Tauschbörsen Rechtsverletzungen zu ermitteln; hierzu äußert sich auch der Beklagte nicht näher.

Der Beklagte haftet für die Rechtsverletzung als Täter.

Täter ist, wer die Tathandlung selbst begeht. Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruch erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 08. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris). Nicht ausreichend ist allerdings die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 42, juris).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Sein Vortrag erschöpft sich darin, zu behaupten, dass er die Filme nicht herunter geladen habe und am [Datum] nicht zuhause gewesen sei. Da der Down- bzw. Upload eine körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt, greift der Einwand nicht durch. Im Übrigen trägt er vor, auch seine Frau sowie seine Gäste, selten seine Nachbarn und Eltern sowie Gäste und Familie seiner Frau hätten Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt. Zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt habe er zudem aus Norwegen die Familie [Name] zu Besuch gehabt, die ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten.

Dies geht über die vom BGH nicht als ausreichend erachtete pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht hinaus. Der Beklagte benennt lediglich eine Vielzahl von Personen, und zwar - mit Ausnahme der Gäste aus Norwegen - noch nicht einmal namentlich. Nicht vorgetragen wird, wer genau sich am [Datum] (dem hier einzig relevanten Zeitpunkt) in seinem Haushalt aufgehalten hat, über welche Geräte diese Personen Zugriff auf das Internet hatten, wie sich ihr Nutzungsverhalten im Einzelnen darstellt usw. Auch hätten entsprechende Nachforschungen ohne Weiteres auch noch nach Rückkehr des Beklagten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten angestellt werden können. Wen er genau mit welchem Ergebnis zu der Rechtsverletzung befragt hat, bleibt ebenfalls offen. Lediglich in Bezug auf die Familie [Name] hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung - ohne dass dies protokolliert wurde - erklärt, diese hätten die Rechtsverletzung verneint und mitgeteilt, dass sie ferngesehen hätten.

Soweit der Beklagte auf eine Sicherheitslücke seines damals verwendeten Routers verweist, ist sein Vortrag nicht plausibel. Unterstellt, er nutzte damals eine Fritzbox mit Fernwartungsmöglichkeit, gibt es dennoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich unbekannte Dritte unberechtigt Zugriff auf den Router verschafft haben. Denn in diesen Fällen häufen sich die Missbrauchsfälle typischerweise, d. h. der Beklagte hätte noch weitere Abmahnungen erhalten müssen, oder es wäre - wie in dem vom Beklagten eingereichten Bericht beschrieben - zu automatisierten Telefonanrufen über teure Mehrwertnummern gekommen.

Antivirenprogramme schützten - wie der Name schon sagt - vor Viren, bei der Filesharingsoftware handelt es sich jedoch nicht um Viren, sondern um Programme, die für sich genommen noch nicht einmal illegal sind.

Ein Verschleiern der IP-Adresse ist zwar in der Tat möglich, jedoch nur für Daten, die von einem Anschluss aus versandt werden. Bei der Ermittlung von Rechtsverletzungen in Tauschbörsen wird jedoch die IP-Adresse ermittelt, an welche die Datenpakete übermittelt wurden; insoweit ist eine Verschleierung nicht möglich. Andernfalls würde die heruntergeladene Datei nicht auf dem PC des Nutzers ankommen.

Im Ergebnis hat der Beklagte keine Umstände dargetan, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass nicht er selbst, sondern eine andere Person die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen hat, so dass es bei der Vermutung bleibt, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber selbst als Täter in Betracht kommt.

Der Beklagte handelte schuldhaft, denn Schuldausschließungsgründe sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Der Höhe nach ist die Zedentin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG zu berechnen. Für diese Art der Schadensberechnung ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 61 m.w.N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein branchenüblicher Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt. Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 1.000,00 EUR für einen durchschnittlich erfolgreichen Spielfilm ohne Weiteres angemessen (§ 287 ZPO) und entspricht dem, was in vergleichbaren Fällen von den Gerichten (so auch dem hiesigen Gericht und dem Landgericht Berlin) regelmäßig zugesprochen wird. Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes des streitgegenständlichen Werks geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche den geltend gemachten Betrag jedenfalls nicht unterschreitet.



II.

Des Weiteren schuldet der Beklagte die durch die Einschaltung von Rechtsanwälten angefallenen Abmahnkosten, und zwar sowohl als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, als auch als Aufwendungsersatz gemäß § 97a UrhG a.F. in der geltend gemachten Höhe.

Die Abmahnung war begründet, da die mit ihr gerügte Rechtsverletzung tatsächlich gegeben war. Sie war auch berechtigt, da sie objektiv erforderlich war, um dem Beklagten den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen. Die Abmahnung genügt schließlich auch den formellen Anforderungen des § 97a UrhG n.F..

Die Klägerseite hat zutreffend gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG einen Gegenstandswert von 1.000,00 EUR angesetzt und diesem den Wert des geltend gemachten Schadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR hinzugerechnet. Dies begründet bei Ansatz einer angemessenen 1,3 Geschäftsgebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 215,00 EUR.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Weit des Beschwerdegegenstandes 600,00 Euro übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

Landgericht Berlin,
Littenstraße 12-17,
10179 Berlin,


oder

Landgericht Berlin,
Tegeler Weg 17-21,
10589 Berlin,


oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin,


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez.
[Name]
Richterin




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 05.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig.




Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten; so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin -


auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Charlottenburg, Urteil vom 05.01.2018, Az 206 C 386/17,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
sekundäre Darlegungslast,
FRITZ!Box,
FRITZ!Box Router,
IP Verschleierung

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#6010 Beitrag von Steffen » Freitag 6. April 2018, 10:14

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Filesharingklage nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Charlottenburg - Pauschale Behauptung eines Hacker-Angriffs genügt nicht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast (Beklagter ohne Anwalt)


10:10 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte im vorliegenden Rechtsstreit behauptet, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Im Zeitraum der Rechtsverletzung habe es jedoch einen Vorfall gegeben, bei dem ein unbekannter Dritter seinen Router gehackt und anschließend über seinen Internetanschluss fünf Computerspiele heruntergeladen habe. So müsse es auch hinsichtlich der hier maßgeblichen Rechtsverletzung der Fall gewesen sein.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... gungslast/


Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 375_17.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Nach Auffassung des Amtsgerichts Charlottenburg ist ein solches Vorbringen "gänzlich unzureichend", um die einem Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast zu erfüllen. Aus dem Vorbringen des Beklagten habe sich nicht ergeben, welche dritte Person konkret die Möglichkeit zur Begehung der Rechtsverletzung hatte.

"Trotz des Hinweises des Gerichts vom [Datum] hat der Beklagte nicht weiter dazu vorgetragen, ob eine andere Person als Täter in Betracht kommt. Andere Personen, denen der Beklagte Zugang zu seinem Internetanschluss gewährt hätte und die konkret die Möglichkeit zur Begehung der Rechtsverletzung gehabt hätten sind daher nicht feststellbar. Auch der Vortrag zu dem behaupteten Vorfall, bei dem sein Router gehackt worden sei, ist zu pauschal. Es fehlt an konkretem Vortrag zu dieser behaupteten Sicherheitslücke."

Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten in der Folge antragsgemäß. Dabei sah es insbesondere die Höhe des eingeklagten Schadensersatzes als angemessen an.

"Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG zu berechnen. Die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens sind nicht zu beanstanden. Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen aufwändig produzierten Film handelt, der zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung noch eine Aktualität aufwies, erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 1.000,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO."

Darüber hinaus hat der Beklagte auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.










AG Charlottenburg, Urteil vom 22.02.2018, Az. 203 C 375/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 203 C 375/17
verkündet am: 22.02.2018
[Name], Justizbeschäftigte


In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 13403 Berlin,
Beklagten,





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 203, auf die mündliche Verhandlung vom 26.10.2017, vom 04.01.2018 und vom 01.02.2018 durch die Richterin [Name]

für Recht erkannt:

Das Versäumnisurteil vom 04.01.2018 wird aufrechterhalten. Der Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch sowie die Erstattung von Abmahnkosten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung des Downloads des Filmwerks [Name] geltend.

Die Klägerin hatte im streitgegenständlichen Zeitraum die Firma ipoque GmbH mit der Überwachung der Filesharing-Systeme (P2P-Tauschbörsen) u.a. hinsichtlich des vorbezeichneten Filmwerks beauftragt. Diese nutzte zur Ermittlung von Rechtsverletzungen die Software PFS ("Peer-toPeer Forensic Systems"). Wegen des vorgeblichen Angebotes zum Download am [Datum, Uhrzeiten] (IP-Adresse: [IP] erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Auskunftsverfahren nach § 101 UrhG den Beschluss des Landgerichts Köln (214 O 305/13). Mit diesem wurde der Provider Telekom Deutschland zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft des Providers sei die IP-Adresse dem Beklagten zuzuordnen.

Mit Schriftsatz der jetzigen Prozessbevollmächtigten vom [Datum] wurde der Beklagte unter Fristsetzung bis zum [Datum] zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung eines Schadensersatzes/Aufwendungsersatzes samt Ersatz von Rechtsanwaltskosten aufgefordert (Bl. 40 ff. d.A.). Der Beklagte reagierte nicht. Unter Klageandrohung forderten die klägerischer Prozessbevollmächtigten die Beklagte nochmals mit Schreiben vom 21.04.2016 zur Zahlung von Schadensersatz sowie Rechtsverfolgungskosten unter Fristsetzung zum 28.04.2016 auf.


Die Klägerin behauptet,
der Beklagte habe die hier streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen. Sie meint, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt, sodass die tatsächliche Vermutung der eigenen Täterschaft gelte. Sie rügt den Vortrag im Termin vom 26.10.2017 als verspätet.

Nachdem der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.01.2018 säumig war, hat das Gericht am 04.01.2018 antragsgemäß Versäumnisurteil erlassen und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.04.2016 zu zahlen. Des weiteren hat es den Beklagten verurteilt, an die Beklagte 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.04.2016 sowie 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.04.2016 zu zahlen. Der Beklagte hat hiergegen am 04.01.2018 zu Protokoll Einspruch eingelegt.


Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil vom 04.01.2018 aufrechtzuerhalten.



Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil vom 04.01.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.


Er behauptet,
er habe keine Rechtsverletzung begangen. Er habe nichts heruntergeladen oder dergleichen. Es habe vor etwa drei Jahren einen Vorfall gegeben, weshalb er sich auch bei der Telekom gemeldet habe. Bei dem Vorfall habe ein Unbekannter seinen Router gehackt und habe fünf Computerspiele heruntergeladen.


Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 26.10.2017, vorn 04.01.2018 und 01.02.2018 (Bl. 83 f., 92, 103 d.A.) verwiesen.




Entscheidungsgründe

Das Versäumnisurteil vom 04.01.2018 war aufrechtzuerhalten. Der zulässige Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 04.01.2018 hat keinen Erfolg. Er ist statthaft. Durch Einlegung des Einspruchs zu Protokoll am 04.01.2018 hat der Beklagte auch die germäß § 339 ZPO zu wahrende zweiwöchige Einspruchsfrist eingehalten. Der statthafte und zulässige Einspruch hat den Prozess gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er vor Säumnis des Beklagten war.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin erfüllt die Bestimmtheitsanforderungen, die das Gesetz in § 253 ZPO an den Klageantrag stellt, indem sie die nach § 287 ZPO zu schätzende Höhe des begehrten Mindestschadens beziffert. Der Klageantrag zu 1.) enthält als Mindestschaden einen Betrag i.H.v. 1.000,00 EUR.

Die Klage ist auch begründet.

Es kann dahinstehen, ob der Beklagtenvortrag verspätet war und daher außer Betracht bleiben konnte. Das Beklagtenvorbringen vermochte den schlüssigen Vortrag der Klägerseite jedenfalls nicht zu entkräften.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 1.000,00 EUR wegen unerlaubten Anbietens des streitgegenständlichen Filmwerks im Internet aus § 97 Abs. 2 UrhG.

Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Rechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk Anspruchsinhaberin. Der Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin, sie habe die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte, nicht bestritten. Es ist weiter davon auszugehen, dass das Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Films über den Internetanschluss des Beklagten erfolgte. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte die Rechtsverletzung begangen hat. Er hat nicht ausreichend bestritten, den streitgegenständliche Film zu den Tatzeitpunkten über seinen Internetanschluss auf einer Tauschbörse bereitgehalten zu haben. Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist dabei nur anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juli 2017 - I ZR 68/16, juris; BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, juris; BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12 -, juris). Will sich der Anspruchsteller dabei auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, diese Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist die beklagte Partei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird allerdings die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs Dritter auf den Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 6. Okt. 2016 - I ZR 154/15, juris; BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, juris; BGH, Urt. v. 11. Juni.2015 - I ZR 75/14, juris).

Der Beklagte ist seiner diesbezüglichen Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Der Vortrag des Beklagten ist gänzlich unzureichend. Er trägt lediglich vor, dass er nichts heruntergeladen hätte oder dergleichen. Es habe vor etwa drei Jahren einen Vorfall gegeben, weshalb er sich auch bei der Telekom gemeldet habe. Bei dem Vorfall habe ein Unbekannter seinen Router gehackt und habe fünf Computerspiele heruntergeladen.

Dieser Vortrag vermag die Vermutung, dass der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat, nicht zu entkräften. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 "Ego-Shooter" - I ZR 68/16 -, Rnr. 13, juris; BGH, Urteil vom 12: Mai 2016 - "Everytime we touch" I ZR 48/15 -, Rnr. 34, juris). Trotz Hinweises der Gerichts vom 26.10.2017 hat der Beklagte nicht weiter dazu vorgetragen, ob eine andere Person als Täter in Betracht kommt. Andere Personen, denen der Beklagte Zugang zu ihrem Internetanschluss gewährt hätte und die konkret die Möglichkeit zur Begehung der Rechtsverletzung gehabt hätten sind daher nicht feststellbar. Auch der Vortrag zu dem behaupteten Vorfall, bei dem sein Router gehackt worden sei, ist zu pauschal. Es fehlt an konkretem Vortrag zu dieser behaupteten Sicherheitslücken. Auch hierzu hat der Beklagte trotz Hinweises vom 26.10.2017 nicht näher vorgetragen.

Der Beklagte handelte zumindest fahrlässig, mithin schuldhaft.

Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG zu berechnen. Die Berechnung der Klägerin und die Geltendmachung eines Mindestschadens sind nicht zu beanstanden. Angesichts der Tatsache, dass es sich um einen aufwändig produzierten Film handelt, der zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung noch eine Aktualität aufwies, erachtet das Gericht mit der Klägerin einen Lizenzschaden von 1.000,00 EUR als angemessen, aber auch ausreichend, § 287 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass das Angebot über Tauschbörsen an eine unbeschränkte Anzahl von Nutzer/innen erfolgt.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 215,00 EUR als erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG.

Aus den vorbezeichneten Gründen haftet der Beklagte als Täter. Die Klägerin durfte sich der Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruchs eines Rechtsanwalts bedienen. Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14 - "Tauschbörse III" - zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015). Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 1.600,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Die Abmahnung betraf einen Film und es wurde sowohl die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert, sowie Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Der Streitwert des Unterlassungsanspruchs hält sich mit 1.000,00 EUR in dem von § 97a Abs. 3 S.2 UrhG gesetzten Rahmen. Dem war nach § 22 RVG der Wert des vorgerichtlich geltend gemachten Schadensersatzanspruches i.H.v. 600,00 EUR hinzuzurechnen.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin,
Littenstraße 12-17,
10179 Berlin,


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei
Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.



gez.
[Name]
Richterin




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 22.02.2018
[Name], Justizobersekretärin
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig. (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Charlottenburg, Urteil vom 22.02.2018, Az. 203 C 375/17,
Klage Waldorf Frommer,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
sekundäre Darlegungslast,
Hacker,
Hackerangriff,
Versäumnisurteil,
Beklagter ohne Anwalt

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Neue Forenstrategie

#6011 Beitrag von Steffen » Montag 9. April 2018, 15:06

Neue Forenstrategie: "Wie überliste ich den Abmahner mittels vorgerichtlichen Vergleich durch Ausnutzung der dreijährigen Regelverjährung"



15:00 Uhr



AW3P: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Eigentlich dürfte ich Ihnen diese unsere "neue Strategie" gar nicht mitteilen, da auch Ihre Kanzlei der sichere Verlierer sein wird. Die Foren-These: Wenn am Ende des Jahres die Forderungen und Ansprüche der vorgerichtlichen Abmahnung gemäß § 102 Satz 1 UrhG innerhalb drei Jahren verjähren würden, dann ziehe ich einen Vergleich mittels Ratenzahlung bis ungefähr September des letzten Jahres hinaus. Das bedeutet, ein Betroffener muss maximal von September bis Dezember (4 Monate) zahlen (egal ob die Vergleichssumme abgegolten ist, oder nicht), dann greift die rettende dreijährige Verjährung. Aus die Maus für den Abmahner. Es ist doch so einfach. Ausrufezeichen. Ist diese Strategie realistisch und mit Erfolg gekrönt?


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.............................................Rechtsanwalt Marc Hügel


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Rechtsanwalt Marc Hügel: Die angesprochene Strategie kann nicht funktionieren. Richtig ist, dass die meisten Ansprüche in der Regel frühestens nach 3 Jahren verjähren, wobei diese Frist immer am Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Habe ich also im Januar 2018 einen Anspruch erworben, verjährt dieser mit dem 31.12.2021.

Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn sich die Parteien vergleichen. Denn ein Vergleichsschluss stellt insofern einen neuen Anspruchsgrund dar, so dass ab dem Zeitpunkt des Vergleichsschlusses eine neue Verjährung zu laufen beginnt. Auch diese Frist endet frühestens drei Jahre nach Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Zudem können sowohl die Vergleichsverhandlungen, als auch die Ratenzahlungen dazu führen, dass die Verjährungsfrist gehemmt wird, die Verjährung also später eintritt.

Im Hinblick auf Schadensersatzansprüche bei Rechtsverletzungen über Filesharing-Systeme hat der Bundesgerichtshof ohnehin in der Entscheidung "Everytime we touch" (BGH - I ZR 48/15) entschieden, dass diese gemäß § 102 Satz 2 UrhG, 852 BGB erst binnen zehn Jahren verjähren.

Zugleich möchte ich aber betonen, dass eine Einigung - egal zu welchem Zeitpunkt - in den allermeisten Fällen dennoch die beste Lösung sein wird. Denn dadurch entfällt insbesondere die ansonsten ggf. jahrelange Unsicherheit über den Ausgang des eigenen Falles.



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AW3P: Ich bedanke mich bei der Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" und Herrn Rechtsanwalt Marc Hügel für die Beantwortung dieser Frage.




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Steffen Heintsch für AW3P





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Steffen
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LG Köln, Az. 14 S 18/17

#6012 Beitrag von Steffen » Freitag 13. April 2018, 17:33

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Rechteinhaber gewinnen Berufung vor dem Landgericht Köln - Ein den Internetanschluss nutzendes Familienmitglied kommt als Täter der Rechtsverletzung nicht ernsthaft in Betracht, wenn dieser auf Nachfrage die Rechtsverletzung abstreitet und der Anschlussinhaber sich mit dieser Antwort zufrieden gibt



17:30 Uhr




Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Im unten genannten Verfahren hat sich das Landgericht Köln u.a. mit dem Umfang der sekundären Darlegungslast bei einer ausschließlichen Mitnutzung des Internetanschlusses durch Familienmitglieder befasst.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

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https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... erletzung/




Urteil als PDF

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Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann




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Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich gegen den Tatvorwurf mit der Behauptung gewehrt, er selbst habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Zu den maßgeblichen Verletzungszeiten sei er nicht zu Hause gewesen bzw. habe geschlafen. Das Musikalbum sei ihm unbekannt und es habe sich zu keiner Zeit in seinem Besitz befunden. Auch Tauschbörsensoftware habe er nicht genutzt, ihm sei bereits deren Funktion unbekannt.

Neben ihm habe seine im Haushalt lebende Ehefrau generell Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Diese habe sich zuhause aufgehalten und auf Nachfrage sogar bestätigt, das Internet zu den Zeiten der Rechtsverletzung tatsächlich genutzt zu haben. Auf Nachfrage habe sie allerdings angegeben, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben, was der Beklagte auch nicht ernsthaft in Zweifel zog.

Die Ehefrau wurde vom Amtsgericht als Zeugin geladen, machte vor der Vernehmung jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Das Amtsgericht Köln wies daraufhin die Klage mit der Begründung ab, es könne nicht festgestellt werden, dass ausschließlich der Beklagte und nicht auch dessen Ehefrau Täter der Rechtsverletzung gewesen sei.

Auf die Berufung der Klägerin hob das Landgericht Köln das erstinstanzliche Urteil nunmehr auf und verurteilte den Beklagten in vollem Umfang.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts habe der Beklagte mit seinem Vorbringen die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast gerade nicht erfüllen können. Dass die Ehefrau des Beklagten auf Nachfrage zugestanden haben will, den Internetanschluss zur konkreten Verletzungszeit genutzt zu haben, führe nicht zwingend dazu, dass diese auch ernsthaft als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht komme. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Ehefrau ihre persönliche Täterschaft abgestritten, der Beklagte diese Angabe nicht angezweifelt und darüber hinaus die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzung bestritten habe.

Der Vortrag des Beklagten zur Ehefrau sei insoweit "bewusst detailarm" und sogar "widersprüchlich", weshalb er nicht den Anforderungen an die Darlegungslast und den damit einhergehenden Nachforschungspflichten eines Anschlussinhabers genüge. Etwas anderes gelte auch nicht vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Ehefrau um ein Familienmitglied handelt.

"Vorliegend genügt der Vortrag des Beklagten zu seinem eigenen Verhalten bereits nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs "Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15, juris Rn. 15, 27) aufgestellt wurden. Auch in der vorgenannten Entscheidung, auf welche der Beklagte Bezug nimmt, führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs vom im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren, der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eigenen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (Bundesgerichtshof, a.a.O., "Afterlife" juris Rn. 15, 27).

Der Vortrag hierzu ist zum einen bewusst detailarm, zum anderen widersprüchlich. Soweit der Beklagte zum Thema Filesharing vortragen lässt, er wisse nicht einmal, worum es sich dabei handele und sich der Beklagte, von Beruf Arzt, als nahezu unbedarft darstellt, steht dies im Widerspruch zur außergerichtlichen Korrespondenz, im Rahmen derer der Beklagte der Klägerin mitteilen ließ, er habe Mitbewohner angewiesen, keine Downloads vorzunehmen (...). Auch der Vortrag, ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, steht im Widerspruch zu dem Vortrag "jedenfalls" sei es nicht in seinem Besitz.

(...) Der Beklagte hat seiner Darlegungslast auch im Übrigen nicht genügt. So hat der Beklagte weder Angaben zu seinem eigenen Nutzungsverhalten, noch erstinstanzlich zu dem seiner Ehefrau vorgetragen, keine Angaben zu dem Vorhandensein der Zahl von internetfähigen Geräten in dem Familienhaushalt gemacht und sich insbesondere nicht dazu erklärt, ob die jeweiligen Computer der Ehegatten auch vom jeweils anderen Ehegatten (mit)genutzt wurden oder ob es einen gemeinsam genutzten Computer gab. Bereits aus diesem Grund ist nach dem Vorbringen des Beklagten nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beklagten als Alleintäterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Betracht kommt.

Darüber hinaus hat der Beklagte erstinstanzlich trotz der mehrfachen Ermittlungen, aufgrund derer auch dem Beklagten bewusst sein musste, dass die Rechtsverletzungen von seinem Anschluss aus erfolgten, also nur von dem Beklagten selbst oder seiner Ehefrau begangen worden sein können, seine Ehefrau nicht als Täterin bezeichnet. Vielmehr hat der Beklagte ausgeführt, seine Ehefrau habe sich seines Wissens keine Urheberrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen, es müsse ein Ermittlungsfehler vorliegen. Dies spricht dafür, dass der Beklagte die wiederholten Erklärungen seiner Ehefrau, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen, für wahrheitsgemäß hält. Denn das nur pauschal vorgetragene Leugnen der Tathandlung hat der Beklagte nach eigenem Vorbringen nicht weiter hinterfragt. Wenn der Beklagte indes die Aussage seiner Ehefrau nicht in Zweifel zieht, hat er nach Ansicht der Kammer gerade nicht vorgetragen und dargelegt, dass ein anderer, hier die Ehefrau des Beklagten, als alleinige Täterin in Betracht kommt (zu einem vergleichbaren Fall vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 15.02.2018 - Az. 14 S 13/17). Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau.
"

Dass die von der Klägerseite als Zeugin angebotene Ehefrau erstinstanzlich das Zeugnis verweigerte, sei mithin unerheblich, da es mangels Erfüllung der sekundären Darlegungslast einer Beweisaufnahme überhaupt nicht bedurfte.

"Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegende nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen."

Auch die ansonsten umfassenden, aber im Ergebnis pauschal verbliebenen Einwände der Beklagtenseite konnten keinerlei Berücksichtigung finden. So war nach Auffassung des Landgerichts aufgrund des unsubstantiierten Bestreitens und mangels anderweitiger Angaben insbesondere von der Anspruchsbefugnis der Klägerin sowie der korrekten Ermittlung der Rechtsverletzung auszugehen. Die Höhe der geltend gemachten Ansprüche erachtete das Landgericht ebenfalls für angemessen.

Folgerichtig hat die Kammer die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der Beklagte wurde daher zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche in voller Höhe sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten beider Instanzen verurteilt. Die Entscheidung wurde von WALDORF FROMMER für ein führendes Medienunternehmen erwirkt.








LG Köln, Urteil vom 15.02.2018, Az. 14 S 18/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


14 S 18/17

125 C 228/16
Amtsgericht Köln


Verkündet am 15.02.2018
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle .



Landgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der Firma [Name] vertreten durch die [Name] München,
Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte: WALDORF FROMMER Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 50737 Köln,
Beklagten und Berufungsbeklagten,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwälte [Name] GbR, 50674 Köln,





hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht und den Richter am Landgericht

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 03.04.2017, Az.: 125 C 228/16, wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2015 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in I. und II. Instanz. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.





I.

Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Musikalbum [Name] des Künstlers [Name] gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz i.H.v. mindestens 450,00 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 506,00 EUR geltend.

Auf der CD sowie dem Cover des streitgegenständlichen Musikalbums ist jeweils vermerkt: [Text].

Das streitgegenständliche Musikalbum wurde ohne Zustimmung der Rechteinhaber in Peer-to-Peer-Netzwerken, sogenannten Filesharing-Tauschbörsen, anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten.

Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster Ermittlungen teilte die von der Klägerin beauftragte Firma Digital Forensics GmbH der Klägerin mit, dass sie mittels des von ihr eingesetzten "Peer-to-Peer Forensic System" ("PFS") festgestellt habe, dass das streitgegenständliche Musikalbum in der Zeit vom [Datum] bis zum [Datum] vier Mal unter drei verschiedenen IP-Adressen von Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes anderen Nutzern zum Download angeboten worden war (Bl. 18 GA; Anlage K 3, Bl. 45 GA).

Die Deutsche Telekom AG - Konzernmutter der Deutschen Telekom GmbH - erteilte der Klägerin aufgrund des von dieser bei dem Landgericht Köln gemäß § 101 Abs. 9 UrhG erwirkter Gestattungsbeschlusses (Az. 214 O 205/12) die Auskunft, dass die festgestellten IP-Adressen zu den angegebenen Tatzeitpunkten jeweils dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen waren (Anl. K 2, Bl. 44 GA). Der Beklagte war im Jahr [Jahreszahl] Inhaber eines von der Deutschen Telekom GmbH zur Verfügung gestellten Internetanschlusses mit WLAN-Verbindung, welches mittels WPA2-Verschlüsselung und individuellen Passwortes gesichert war. Er wohnte damals wie heute mit seiner Ehefrau zusammen.

Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom [Datum] wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzung vom [Datum] abmahnen und zur Zahlung von Lizenzschadensersatz auffordern (Anlage K 4-1, Bl. 46 ff. GA). Diesbezüglich begehrt die Klägerin Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 506,00 EUR, berechnet nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale.

Der Beklagte gab mit Schreiben vom [Datum] eine Unterlassungserklärung ab, lehnte Zahlungen an die Klägerin indes ab unter Hinweis darauf ab, dass er selbst das Werk nicht heruntergeladen habe und Mitbewohner angewiesen worden seien, keine Downloads vorzunehmen (Anlage K4-2, Bl. 57 GA). In der Folge forderte die Klägerin den Beklagten mehrfach vergeblich, zuletzt mit Schreiben vom 16.04.2015 (Anl. K4:7; Bl. 74 ff. GA) unter Fristsetzung bis zum 23.04.2015 zur Zahlung von Lizenzschadensersatz i:H:v. 450,00 EUR und Begleichung der Rechtsanwaltskosten auf.

Die Klägerin hat behauptet, sie verfüge über die Rechte des Tonträgerherstellers nach. § 85 UrhG unter Bezugnahme auf die unter "www.musicline.de"abrufbare Datenbank der Musikwirtschaft. Sie behauptet, für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stünden ihr die exklusiven Rechte zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung aus einem konzerninternen Repertoire-Austauschvertrag mit der [Name] zu.

Der Beklagte habe zu den oben genannten Zeitpunkten des Musikalbum im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten. Die Ermittlungen seien zutreffend erfolgt, was sie näher ausführt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei für die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen täterschaftlich verantwortlich. Er habe seiner Darlegungslast als Anschlussinhaber nicht genügt. Weder habe der Beklagte zur eigenen Nutzung ausreichend vorgetragen, noch widerspruchsfrei zur Nutzung des Internetanschlusses durch Dritte, insbesondere seiner Ehefrau.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadenersatz gegen den Beklagten zu, welcher wegen der Möglichkeit, Musikalben zeitlich unbegrenzt auszuwerten, vom Gericht gemäß § 287 ZPO mit mindestens 450,00 EUR zu bemessen sei. Im Hinblick auf die Abmahnkosten sei der nunmehr geltende § 97 Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. nicht anwendbar, da auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung abzustellen.

Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und ausgeführt, in Anlage K 1 sei eine Firma RCA Records als Urheber und Produzent ausgewiesen. Der Beklagte hat ferner bestritten, die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen zu haben. Er hat bestritten, dass das vorgetragene Ermittlungsergebnis zutreffend sei, insbesondere die entsprechenden IP-Adressen und Upload-Angebote korrekt ermittelt und die IP-Adressen ihm zugeordnet gewesen seien.

Er hat behauptet: Ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, "jedenfalls" (Schriftsatz vom 03.08.2016, Seite 3, Bl. 121 GA) habe es sich zu keiner Zeit in seinem Besitz befunden. Er habe weder irgendeine Tauschbörsen-Software genutzt, noch jemals ein sonstiges Filesharing-Netzwerk aufgesucht. Ein solches Programm sei zu keiner Zeit auf der Festplatte seines Rechners installiert gewesen. Er wisse gar nicht, was ein Filesharing-Netzwerk sei, geschweige denn, wie ein solches funktioniere. Er habe "den streitgegenständlichen Film" (Schriftsatz vorn 03.08.2016, Seite 11, Bl. 129 GA) weder zu den Tatzeitpunkten noch zu einem anderen Zeitpunkt zum Download angeboten. Er habe zu den Tatzeiten am [Datum] geschlafen, am [Datum] sei er beruflich unterwegs gewesen. Seine Ehefrau sei zu den Tatzeiten jeweils zu Hause gewesen. Seine Ehefrau habe damals mit einem eigenen Rechner unabhängig und selbstständig den Internetanschluss des Beklagten genutzt. Auf Nachfrage unmittelbar nach Erhalt des Abmahnschreibens habe seine Ehefrau bejaht, zu den streitgegenständlichen Tatzeiten am [Datum] und [Datum] mit ihrem eigenen Rechner online gewesen zu sein, den Tatvorwurf als solchen aber bestritten. Soweit dem Beklagten bekannt; habe seine Ehefrau noch nie Urheberrechtsverletzungen begangen.

Der Beklagte meint, weitergehende Nachforschungspflichten habe er nicht, er sei seiner ihn als Anschlussinhaber treffenden, sekundären Darlegungslast nachgekommen.

Mit Urteil vom 03.04.2017 (BI. 248 ff. GA) hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei jedenfalls der ihm als Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Vortrag des Beklagten sei ausreichend. Sofern Mitnutzer, eines Internetanschlusses vorhanden seien, die auch als Täter des Filesharing generell in Betracht kämen, sei die für die tatsächliche Vermutung erforderliche höchster Wahrscheinlichkeit erkennbar nicht erreicht. Die Klägerin sei sodann beweisfällig geblieben, weil die von der Klägerin als Zeugin benannte Ehefrau des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Köln vom 13.03.2017 die Aussage verweigert habe. Die Beklagte hafte auch nicht als Störer.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Gegen das ihr am 12.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.05.2017, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.07.2017 - mit Schriftsatz vom 10.07.2017, am 10.07.2017 bei Gericht eingegangen, begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht, das Amtsgericht habe die Anforderungen an die dem Beklagten als Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast verkannt. Nach den von dem Bundesgerichtshof hierzu aufgestellten Grundsätzen sei es nicht ausreichend, lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss zu behaupten. Darüber gehe der Vortrag des Beklagten jedoch nicht hinaus. Der Beklagte sei der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast zur Erschütterung der gegen ihn sprechenden tatsächlichen Vermutung der Täterschaft auch nicht ansatzweise nachgekommen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die mittlerweile ergangenen BGH-Entscheidungen. Hierzu habe der Beklagte zu eigenem Nutzerverhalten und dem seiner Ehefrau vortragen und das Ergebnis von Nachforschungen mitteilen müssen. Auch habe sich der Beklagte nicht dazu erklärt, welche internetfähigen Endgeräte sich in seinem Haushalt befunden hätten und auf welche er berechtigt zugreifen konnte. Der Vortrag des Beklagten zur möglichen Täterschaft seiner Ehefrau sei weder substantiiert, noch plausibel vor dem Hintergrund, dass erstinstanzlich der Beklagte selbst nicht von einer Täterschaft seiner Ehefrau ausgegangen sei, sondern Ermittlungsfehler vorgetragen habe. Soweit die Beklagte nun weiter zur Nutzung durch seine Ehefrau vortrage, sei dieser Vortrag ohnehin verspätet.



Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.



Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.



Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er trägt weiter vor, seine Ehefrau habe ihren eigenen Rechner (Laptop) schon im [Name] zur elektronischen Datenverarbeitung und zur Kommunikation und Informationen und zum Online-Konsum von Social Media, Musik und Filmen genutzt. Er sei davon ausgegangen, dass dies über legale Dienste erfolgte. Gegenteilige Hinweise habe es nicht gegeben.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.



II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.


1.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und, in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, 517, 519, 522 ZPO.


2.

Die Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin rügt zu Recht gemäß § 513 ZPO, dass die Entscheidung des Amtsgerichts auf einer Rechtsverletzung (§§ 546, 286) ZPO beruht und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.


a)

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung des Musikalbums [Name] in Form der öffentlichen Zugänglichmachung aus §§ 97 Abs. 2, 85 Abs. 1, 2, 31 Abs. 3 UrhG sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 97 a Abs. 1 UrhG a.F. in' Höhe von insgesamt 956,00 EUR (450,00 EUR + 506;00 EUR) zu.


aa)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Gemäß § 85 Abs, 4 i.V.m. § 10 Abs. 1 UrhG wird vermutet, dass die Inhaberin der Tonträgerrechte an dem streitgegenständlichen Musikalbum ist, weil sie auf Vervielfältigungsstücken in der üblichen Weise, nämlich durch den Vermerk als Rechtsinhaberin bezeichnet ist. Keines Beweises. bedurfte der Vortrag der Klägerin, bei der [Name] handele es sich um die amerikanische Dachgesellschaft der Klägerin, weil dieser Umstand der erkennenden Kammer aus einer Vielzahl. von Rechtsstreitigkeiten und Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG gerichtsbekannt ist. Das weitere Vorbringen der Klägerin, dass diese für die Bundesrepublik Deutschland aufgrund eines konzerninternen Repertoire- Austauschvertrages ("International Repertoire License") verfügt, hat der Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten. Denn der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Tonaufnahmen auf Tonträgern sowie über kostenpflichtige Download-Portale im Internet auswertet. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin diese Nutzungshandlungen ohne entsprechende Berechtigung hätte vornehmen können. Insbesondere trägt der Beklagte nicht vor, wer, wenn nicht die Klägerin, zur Nutzung des Musikalbums für die Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei. Schließlich hat der Beklagte auch das Vorbringen der Klägerin . zur Eintragung in den Produktkatalog der Musikwirtschaft nicht bestritten.


bb)

Als Inhaberin der Tonträgerherstellerrechte für die Bundesrepublik Deutschland steht der Klägerin das ausschließliche Recht zu, den Tonträger öffentlich zugänglich zu machen (§§ 85 Abs. 1, 31 Abs. 3 UrhG).


cc)

Der Beklagte ist passivlegitimiert, weil über seinen Internetanschluss vom [Datum] bis zum [Datum] das streitgegenständlichen Musikalbum mehrfach im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten wurde. Dies stellt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § §§ 85 Abs. 1, 19a UrhG dar.

Im Hinblick auf die Mehrfacherfassungen des Internetanschlusses des Beklagten über unterschiedliche IP-Adressen im Rahmen der Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen vom [Datum] ist ein Indizienbeweis geführt, aufgrund dessen an der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses keine Zweifel bestehen. Denn es ist äußerst unwahrscheinlich, dass mehrere unrichtige Ermittlungen zu dem Internetanschluss derselben Person führen könnten, weshalb in Fällen von Mehrfachermittlungen unter unterschiedlichen IP-Adressen der Anschlussinhaber substantiiert dazu vortragen muss, weshalb dennoch Zweifel an der Richtigkeit dieser Mittelungsergebnisses begründet sein könnten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012 - Az. 6 U 239/11).

Schließlich bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Deutsche Telekom AG - und nicht der Vertragspartner der Beklagten, der Reseller Deutsche Telekom GmbH - nach dem Beschluss des Landgerichts Köln die Auskunft erteilt hat (vgl. Urteil der Kammer vom 02. Juni 2016 - Az. 14 S 21/14, Tz. 63 und nun auch BGH, Urteil vom 13.7.2017, I ZR 193/16).


dd)

Der Beklagte ist auch täterschaftlich dafür verantwortlich, dass das streitgegenständliche Musikalbum zu den hier fraglichen Zeitpunkten über seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich gemacht worden ist.

Der Beklagte hat den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht in erheblicher Weise bestritten.

Nach allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-) Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vorn 15. 11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 - Morpheus, juris Rn. 32; BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - BearShare, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 175/14 - Tauschbörse III; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil 06.10.2016 - I ZR 154/15 - Afterlife; BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud). Auch besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist. Hierfür fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 Afterlife).

Eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers greift aber ein, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, Urteil vom 11.06.2015 -I ZR 175/14 - Tauschbörse III; BGH, Urteil vorn 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud).

Eine diese tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III, juris Rn. 37; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 -. Everytime we touch, juris Rn. 33; BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 - Afterlife, juris Rn. 15; Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud).

Dabei betrifft die sekundäre Darlegungslast die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - Loud, juris Rn. 38; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil vom 06.10.2016 - Afterlife, juris. Rn. 15).

Vorliegend genügt der Vortrag der Beklagten zu seinem eigenen Verhalten bereits nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs "Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15, juris Rn. 15, 27) aufgestellt werden. Auch in der vorgenannten Entscheidung, auf welche der Beklagte Bezug nimmt, führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eigenen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (BGH, a.a.O., Afterlife juris Rn. 15, 27).

Der Vortrag des Beklagten hierzu ist zum einen bewusst detailarm, zum anderen widersprüchlich. Soweit der Beklagte zum Thema Filesharing vortragen lässt, er wisse nicht einmal, worum es sich dabei handele und sich der Beklagte, von Beruf Arzt, als nahezu unbedarft darstellt, steht dies im Widerspruch zur außergerichtlichen' Korrespondenz, im Rahmen derer der Beklagte der Klägerin mitteilen ließ, er habe Mitbewohner angewiesen, keine Downloads vorzunehmen (Schreiben vom 04.09.2012, Anlage K 4-2). Auch der Vortrag, ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, steht im Widerspruch zu dem Vortrag "jedenfalls" sei es nicht in seinem Besitz. Die Vornahme von Upload-Angeboten bestreitet der Beklagte nur in Bezugnahme auf den streitgegenständlichen "Film", wobei offen ist, ob es sich hierbei um ein Schreibversehen handelt. Auch das Vorbringen des Beklagten zu von ihm angestrengten Nachforschungen ist wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich und damit unzureichend. So trägt der Beklagte vor, er habe unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung seine Ehefrau befragt und diese habe erklärt, zu den Tatzeiten vom [Datum] online gewesen zu sein, sie habe den Tatvorwurf jedoch geleugnet. Dieser Vortrag des Beklagten ist nicht erklärlich vor dem Hintergrund, dass Gegenstand der Abmahnung vom [Datum] (Anlage K 4-1, Bl. 46 ff GA) lediglich der Tatzeitraum vom [Datum] war und der Beklagte deshalb seine Ehefrau zu den Rechtsverletzungen vom [Datum] nicht befragen konnte, es sei denn, aus eigener Kenntnis. Denn der Beklagte trägt vor, die Abmahnung der Klägerin sei die erste ihrer Art gewesen.

Der Beklagte hat seiner Darlegungslast auch im Übrigen nicht genügt. So hat der Beklagte weder Angaben zu seinem eigenen Nutzungsverhalten, noch erstinstanzlich zu dem seiner Ehefrau vorgetragen, keine Angaben zu dem Vorhandensein der Zahl von Internetfähigen Geräten in dem Familienhaushalt gemacht und sich insbesondere nicht dazu erklärt, ob die jeweiligen. Computer der Ehegatten auch von dem jeweils anderen Ehegatten (mit) genutzt wurden oder ob es noch einen gemeinsam genutzten Computer gab. Bereits aus diesem Grund ist nach dem Vorbringen des Beklagten nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beklagten als Alleintäterin der streitigen ständigen Rechtsverletzungen in Betracht kommt.

Darüber hinaus hat der Beklagte erstinstanzlich trotz der mehrfachen Ermittlungen, aufgrund derer auch dem Beklagten bewusst sein musste, dass die Rechtsverletzungen von seinem Anschluss aus erfolgten, also nur von dem Beklagten selbst oder seiner Ehefrau begangen worden sein können, seine Ehefrau nicht als Täterin bezeichnet. Vielmehr hat der Beklagte ausgeführt, seine Ehefrau habe sich seines Wissens keine Urheberrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen, es müsse ein Ermittlungsfehler vorliegen. Dies spricht dafür, dass der Beklagte die. wiederholten Erklärungen seiner Ehefrau, sie habe die Rechtsverletzungen nicht begangen, für wahrheitsgemäß hält. Denn das nur pauschal vorgetragene Leugnen der Tathandlungen hat der Beklagte nach eigenem Vorbringen nicht weiter hinterfragt. Wenn der Beklagte indes die Aussage. seiner Ehefrau nicht in Zweifel zieht, hat er nach Ansicht der Kammer gerade nicht vorgetragen und dargelegt, dass ein anderer, hier die Ehefrau des Beklagten, als alleinige Täterin in Betracht kommt (zu einem vergleichbaren Fall vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 15.02.2018. - Az. 14 S 13/17). Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau. Es kann aus diesem Grund dahinstehen, ob. der Vortrag des Beklagten in zweiter Instanz zu Nutzungsverhalten seiner Ehefrau zutrifft und im Hinblick auf das bewusste Zurückhalten des Vorbringens in erster Instanz überhaupt berücksichtigungsfähig wäre.

Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegend nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.


ee)

Der Beklagte handelte auch widerrechtlich, da er von der Klägerin keine Lizenz zur Nutzung des streitgegenständlichen Musikalbums erworben hatte.

Das dem Beklagten zur Last fallende Verschulden im Sinne von § 276 BGB liegt darin, dass der Beklagte zumindest fahrlässig verkannt hat, zum Anbieten von Musikalben über seinen Internetanschluss im Rahmen von Filesharing-Tauschbörsen ohne Zustimmung der Klägerin nicht berechtigt zu sein.


ff)

Der Höhe nach steht der Klägerin wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung ihrer Urheberrechte durch den Beklagten nach der von ihr gewählten Schadensberechnungsart der sogenannten Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG ein Zahlungsanspruch in Höhe von 450,00, EUR zu.

Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse I). Dabei ist für die Bemessung des Lizenzschadensersatzes maßgeblich und im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts, welches die Beklagte durch Teilnahme an der Filesharing-Tauschbörse in Anspruch genommen hat, vereinbart hätten (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG).

Der der Klägerin zustehende Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau. Es kann aus diesem Grund dahinstehen, ob. der Vortrag des Beklagten in zweiter Instanz zu Nutzungsverhalten seiner Ehefrau zutrifft und im Hinblick auf das bewusste Zurückhalten des Vorbringens in erster Instanz überhaupt berücksichtigungsfähig wäre.

Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegend nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.

Streitgegenständlich ist nicht eine einmalige Kopie des streitgegenständlichen Musikalbums, sondern von dem Beklagten wurde das Recht in Anspruch genommen, dieses im Internet unbeschränkt im Rahmen eines Netzwerkes für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereithalten zu dürfen und damit im Sinne von § 19a UrhG öffentlich zugänglich zu machen. Der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch kann aus diesen Gründen nicht auf den Kaufpreis einer Kopie des Musikalbums beschränkt oder daran orientiert werden, da das von dem Beklagten in Anspruch genommene Nutzungsrecht zum weltweiten öffentlichen. Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Musikalbums einen wesentlich größeren Umfang hatte als der (einmalige) Erwerb eines Vervielfältigungsstücks, etwa in Form einer CD. Demzufolge hätten vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien eine an dem Umfang dieser Lizenz orientierte, wesentlich höhere Lizenzgebühr als die für den Erwerb eines Vervielfältigungsstücks vereinbart. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die durch die Mehrfacherfassungen des Anschlusses des Beklagten dokumentierte Intensität der Rechtsverletzungen von Seiten des Beklagten.

Sachgerecht erscheint es aus diesen Gründen, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der im Schwerpunkt für, Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer ist aus mehreren Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Upload einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharing-Netzwerke im Internet jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz für den Regelfall an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 - Az. 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - Az. 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu I ZR 19/14, I ZR 21/14, I ZR 75/14 - Tauschbörse I bis III).

Vor diesem Hintergrund hält die Kammer für das rechtswidrige Download-Angebot des streitgegenständlichen Musikalbums den von der Klägerin eingeforderten Betrag von 450,00 EUR für angemessen.


b)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom [Datum] ist gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. in Höhe von 506,00 EUR begründet.

Der Anspruch der Klägerin ist gemäß § 97a UrhG a.F. in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung zu beurteilen.. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteile v. 12.05.2016 - I ZR 272/14 - Die Päpstin, juris Rn. 19; m.w.N.).

Die Abmahnung des Beklagten vom 23.08.2012 war berechtigt, da der. Klägerin aus vorstehenden Gründen gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 85 Abs. 1 UrhG wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums zustand; die für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs vorauszusetzende Wiederholungsgefahr war durch die vorangegangene Rechtsverletzung indiziert. Insbesondere handelt es sich bei der Ermittlung der Rechtsverletzung in so genannten Filesharing-Netzwerken wie im vorliegenden Fall und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche nicht um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97a UrhG in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung (ständige Rechtsprechung der Kammer; OLG Köln, Beschluss vom 13.09.2013 - Az. 6 W 152/13; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 1/15 - Tannöd).

Der Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR für den Unterlassungsanspruch wegen der öffentlichen Zugänglichmachung eines Musikalbums übersteigt nicht den Wert, den die Kammer regelmäßig in derartigen Fällen für das Jahr [Jahreszahl] annahm. Umstände, die ein Abweichen von dieser regelmäßigen Bestimmung des Gegenstandswertes begründen könnten, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich anhand einer - geforderten - 1,0 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR. Damit ergeben sich 486,00 EUR, zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7300 W RVG in Höhe von 20,00 EUR, wobei die bis zum 31.07.2013 geltenden Gebührensätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zugrunde zu legen sind. Daraus folgt ein Gesamtbetrag von 506,- EUR.


c)

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2, 247 BGB.



III.

Die Kostenentscheidung beruht § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 .Nr. 8 EGZPO.



IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).



V.

Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 03.01.2018, bei Gericht eingegangen innerhalb der Schriftsatzfrist, hat vorgelegen, gibt jedoch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Wandlung gemäß § 156 ZPO, weil die Berufung der Klägerin auch ungeachtet des nachgelassenen Vorbringens in vollem Umfang Erfolg hat.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 956,00 EUR festgesetzt.



[Name]
Vorsitzenden Richter am Landgericht

[Name]
Richterin am Landgericht

[Name]
Richter am Landgericht




Beglaubigt [Name], Justizbeschäftigte
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Landgericht Köln (...)








~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Köln, Urteil vom 15.02.2018, Az. 14 S 18/17,
Vorinstanz: AG Köln, Urteil vom 03.04.2017, Az. 125 C 228/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
detailarmer und widersprüchlicher Sachvortrag

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Steffen
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AG Landshut, Az. 4 C 1319/16

#6013 Beitrag von Steffen » Freitag 13. April 2018, 22:14

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): P2P-Verfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Landshut - Sekundäre Darlegungslast kann nicht durch widersprüchlichen Vortrag erfüllt werden


22:05 Uhr


Gegenstand des Gerichtsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Landshut in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte schriftsätzlich behauptet, den streitgegenständlichen Film nicht in einer Tauschbörse verbreitet zu haben. Zum Tatzeitpunkt hätten seine Ehefrau, seine Kinder sowie sein Schwiegersohn ebenfalls unbeschränkten Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt. Zwar hätten allesamt die Begehung der Tat auf seine Nachfrage hin abgestritten, jedoch könne es sich bei diesen Angaben auch um reine Schutzbehauptungen handeln. Schließlich hätten die Familienmitglieder in größerem Umfang Filme und Musikdateien heruntergeladen, wenn auch - nach Kenntnis des Beklagten - auf legalem Wege.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... lt-werden/




Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 319_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Termin zur mündlichen Verhandlung bekräftigte der Beklagte dann, er glaube seiner Familie, dass sie die Tat nicht begangen hätten. Auch im Übrigen widersprach der Beklagte seinen schriftsätzlichen Ausführungen in wesentlichen Teilen. Die bereits zum Termin als Zeugen geladenen Familienmitglieder machten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch bzw. bestätigten, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich gewesen zu sein.

Das Amtsgericht bewertete den Vortrag des Beklagten insgesamt als nicht ausreichend zur Erfüllung der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sein Vorbringen widersprüchlich gewesen sei. Darüber hinaus sei der Beklagte seinen Nachforschungspflichten nur unzureichend nachgekommen. Die ergebnislose Nachfrage bei den weiteren Familienmitgliedern, ob diese für die Rechtsverletzung verantwortlich seien, sei auch unter Berücksichtigung des Art. 6 GG schlicht zu wenig.

"Zwar hat der Beklagte schriftsätzlich vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 - ZR 154/15 - "Afterlife" aus Sicht des Gerichts hinreichend konkret vorgetragen. Er hat dies jedoch durch seine eigene Einlassung in der mündlichen Verhandlung wieder relativiert. Dabei hat der Beklagte angegeben, es könne sein, dass an dem Tattag die Kinder und / oder Enkelkinder bei ihm zu Hause gewesen wären. Die seien täglich bei ihm. Sie würden auch bei ihm ins Internet gehen und darüber Filme anschauen bzw. Musik hören. Was sie im Einzelnen machen würden, überprüfe er nicht.

Damit hat der Beklagte die konkrete Möglichkeit eingeräumt, dass zum Tatzeitpunkt auch andere als die von ihm benannten Familienangehörigen die Tat begehen hätten können. Insoweit hat der Beklagte aber nur pauschal vorgetragen, jeden einzelnen befragt zu haben und alle hätten abgestritten. Das genügt der sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" offenkundig nicht, weil damit der Klägerin von vorneherein die Möglichkeit abgeschnitten wird, etwaige in Betracht kommende Täter als Zeugen zu benennen.
"

Im Übrigen war das Amtsgericht auch nicht überzeugt davon, dass der Beklagte die von ihm behauptete Befragung tatsächlich durchgeführt hat. Denn im Rahmen der mündlichen Verhandlung berief sich der Beklagte gerade darauf, die Abmahnung für Betrug gehalten und deshalb "selbst nichts weiter unternommen" zu haben.

"Ein weiterer Grund, weshalb der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" durch seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist, liegt darin, dass der Beklagte angegeben hat, er sei gegenüber der Abmahnung sehr skeptisch gewesen, sei von einem Betrug ausgegangen und habe selbst nichts weiter unternommen. Es stellte sich sodann heraus, dass nicht der Beklagte seinen Prozessbevollmächtigten aufgesucht hatte, sondern dessen Sohn [Name] und der Beklagte letztlich nur die Anwaltsvollmacht unterschrieben hat."

Es sei daher zu vermuten, dass der Beklagte die erforderlichen Nachforschungen von seinem Sohn durchführen ließ. Dieser wiederum sollte nach dem entsprechenden Vortrag aber selbst als Täter in Betracht kommen. Dass der Beklagte die Nachforschungen einem potentiellen Täter überließ, führe zu erheblichen Zweifeln am Wahrheitsgehalt des Vortrages, was allein zu Lasten des Beklagten gehe.

Die Forderungshöhe hielt das Amtsgericht ebenfalls für angemessen. Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz und zum Ersatz der außergerichtlichen Abmahnkosten sowie zur Übernahme der Kosten des Verfahrens.








AG Landshut, Urteil vom 10.11.2017, Az. 4 C 1319/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Landshut

Az.: 4 C 1319/16




IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 84030 Ergolding,
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 84028 Landshut,



wegen Urheberrecht




erlässt das Amtsgericht Landshut durch den Richter am Amtsgericht [Name] am 10.11.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2017 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.11.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.





Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten wegen Urheberrechtsverletzung durch Filesharing im Internet.

Die Klägerin ist Urheberrechtsinhaberin am Film [Name] mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom [Datum] (Anlage K4 - 1) mahnte sie den Beklagten wegen streitiger Urheberrechtsverletzung ab und forderte zur Zahlung von Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten auf.

Die Klägerin behauptet, am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr sei vom Internetanschluss des Beklagten aus unter der IP-Adresse [IP] der vorgenannte Film zum Herunterladen für Dritte angeboten worden.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.11.2015 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.11.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.



Der Beklagte trägt vor, er habe den Film nicht zum Download angeboten. Selbständigen, zeitlich unbeschränkten Zugang zu seinem Internetanschluss hätten zum vermeintlichen Tatzeitpunkt seine Ehefrau [Name], Sohn [Name], seine Tochter [Name] und sein Schwiegersohn [Name] gehabt. Diese Personen habe er nach Erhalt der Abmahnung befragt. Im Ergebnis hätten jedoch alle eine Tatbegehung abgestritten. Der Kläger halte es für möglich, dass es sich dabei um bloße Schutzbehauptungen handelt. Den WLAN-Zugang habe jede dieser Personen uneingeschränkt nutzen können, er sei nicht durch ein gesondertes Passwort gesichert gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen [Namen].

Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.



I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das AG Landshut sachlich nach §§ 23, 71 GVG und örtlich gemäß § 105 UrhG, § 45 Abs. 1 GZVJu zuständig.



II.

Die Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gegen den Beklagten nach § 97 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 UrhG.

Der Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des Filmes zumindest fahrlässig widerrechtlich verletzt.


a)

Der streitgegenständliche Film ist über den Anschluss des Beklagten hochgeladen worden. Die Klägerin halt im Detail die einzelnen Schritte der Ermittlung dieses Sachverhalts geschildert und alle Ergebnisse offengelegt. Demgegenüber genügt das reine Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen nicht, § 138 Abs. 3 ZPO. Soweit der Beklagte weiter auf den Aufsatz "Zuverlässigkeit von IP-Adressen Ermittlungssoftware" (CR 2011, 203) verweist, liegt ebenfalls kein hinreichend substantiiertes Bestreiten vor, da der entsprechende Aufsatz zeitlich vor der hier streitgegenständlichen Ermittlung liegt. Ausführungen zu vorherigen Versionen von Ermittlungssoftware stellen schon aufgrund dieses Umstands kein hinreichend konkretes Bestreiten dar.

Dass die von der Klägerin ermittelte IP-Adresse im Tatzeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet war, folgt aus der entsprechenden Auskunft des Providers (Anlage K3). Für die vom Beklagten angesprochenen Möglichkeiten, dass die Auskunft nicht authentisch sei und dem Provider bei der Auskunft auch ein Fehler unterlaufen sein könnte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Die entsprechenden Einwände des Beklagten sind deshalb als ins Blaue hinein zurückzuweisen.


b)

Der Beklagte ist für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich. Es kann dabei dahinstehen, ob der Beklagte die entsprechende nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung geltende tatsächliche Vermutung entkräftet hat. Denn jedenfalls hat der Beklagte durch seine eigene Einlassung in der mündlichen Verhandlung im Gegensatz zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt und die durchgeführte Beweisaufnahme hat keinen Nachweis dahingehend erbracht, dass eine andere Person der Täter war.


aa)

Sämtliche befragten Zeugen haben entweder eine Tatbegehung abgestritten oder berechtigt nach § 384 ZPO eine Angabe hierzu verweigert. Soweit die Zeugen Angaben gemacht haben, hat sich kein hinreichender Anhaltspunkt für eine Tatbegehung durch einen der Zeugen ergeben.


bb)

Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, weil er nicht alle zumutbaren Nachforschungen angestellt hat. Zwar hat der Beklagte schriftsätzlich vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 ("Afterlife") aus Sicht des Gerichts hinreichend konkret vorgetragen. Er hat dies jedoch durch seine eigene Einlassung in der mündlichen Verhandlung wieder relativiert. Dabei hat der Beklagte angegeben, es könne sein, dass an dem Tattag die Kinder und / oder Enkelkinder bei ihm zu Hause gewesen wären. Die seien täglich bei ihm. Sie würden auch bei ihm ins Internet gehen und darüber Filme anschauen bzw. Musik hören. Was sie im Einzelnen genau machen würden, überprüfe er nicht. Damit hat der Beklagte die konkrete Möglichkeit eingeräumt, dass zum Tatzeitpunkt auch andere als die von ihm benannten Familienangehörigen die Tat begehen hätten können. Insoweit hat der Beklagte aber nur pauschal vorgetragen, jeden Einzelnen befragt zu haben und alle hätten abgestritten. Das genügt der sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" offenkundig nicht, weil damit der Klägerin von vorneherein die Möglichkeit abgeschnitten wird, etwaige in Betracht kommende Täter als Zeugen zu benennen.

Ein weiterer Grund, weshalb der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" durch seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist, liegt darin, dass der Beklagte angegeben hat, er sei gegenüber der Abmahnung sehr skeptisch gewesen, sei von einem Betrug ausgegangen und habe deshalb selbst nichts weiter unternommen. Es stellte sich dann heraus, dass nicht der Beklagte seinen Prozessbevollmächtigten aufgesucht hatte, sondern dessen Sohn, der Zeuge [Name] und der Beklagte letztlich nur die Anwaltsvollmacht unterschrieben hat. Demzufolge drängen sich hier erhebliche Zweifel auf, dass der Beklagte die schriftsätzlich behaupteten Ermittlungsmaßnahmen überhaupt selbst vorgenommen hat. Da sich offenbar der Zeuge [Name] um die Abwehr der Abmahnung gekümmert hat und der Beklagte angibt, selbst nichts weiter unternommen zu haben, ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Beklagte die behaupteten Nachforschungen zur Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast vollständig selbst vorgenommen hat.

Es steht stattdessen zu vermuten, dass der Zeuge [Name] zumindest zum Teil anstelle oder zusammen mit dem Beklagten die Nachforschungen durchgeführt und v.a. dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten weitergegeben hat. Da der Zeuge [Name] aber nach den Ausführungen des Beklagten als möglicher Täter in Betracht kommt, bestehen wiederum erhebliche Zweifel daran, ob der Beklagte den Zeugen [Name] tatsächlich hinreichend befragt hat. Weiter bestehen erhebliche Zweifel am behaupteten Umfang der vom Beklagten behaupteten Nachforschungen, wenn er sie jedenfalls zum Teil einem der als Täter in Betracht kommenden Zeugen überlassen hat. All diese Zweifel gehen hier zu Lasten des Beklagten, dessen Obliegenheit die Erfüllung der sekundären Darlegungslast ist.


c)

Die Tat war zumindest fahrlässig. Wer einen fremden, urheberrechtlich geschützten Gegenstand nutzen will, muss sich vorab Gewissheit über den Umfang seiner Nutzungsberechtigung verschaffen.


d)

Die Klägerin macht Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie geltend. Der Höhe der fiktiven Lizenzgebühr schätzt das Gericht hier gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR. Insoweit nimmt das Gericht Bezug auf die von der Klägerin mitgeteilten Schätzgrundlagen vor dem Hintergrund der tauschbörsenimmanenten lawinenartigen Verbreitung.


2.

Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der bis 08.10.2013 gültigen Fassung.

Die Abmahnung war nach den obigen Ausführungen berechtigt.

Der zugrunde gelegte Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit von 10.000,00 EUR entspricht der ständigen Rechtsprechung der Berufungskammer des LG München I bei einem Film. Die Höhe des Gebührenfaktors und die Pauschale für Post und Telekommunikation sind nicht zu beanstanden.

§ 97a Abs. 2 UrhG in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung ist nicht anzuwenden. Es ist in der Instanzrechtsprechung geklärt, dass Fälle der vorliegenden Art weder einfach gelagert sind, noch eine unerhebliche Rechtsverletzung darstellen.


3.

Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befand sich jedenfalls nach dem geführten Schriftwechsel Anlagenkonvolut K4 seit 27.11.2015 in Verzug.



III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert ist nach §§ 39, 43, 48 GKG in Verbindung mit §§ 3, 6 ZPO festgesetzt.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez. [Name]
Richter am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift Landshut, 10.11.2017
[Name], JHSekr
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Landshut, Urteil vom 10.11.2017, Az. 4 C 1319/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Aufsatz "Zuverlässigkeit von IP-Adressen Ermittlungssoftware" (CR 2011, 203),
widersprüchlicher Sachvortrag,
Zweifel am Sachvortrag

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Steffen
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AG Frankfurt, Az. 32 C 3164/17 (22)

#6014 Beitrag von Steffen » Freitag 20. April 2018, 23:37

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Filesharing Verfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Frankfurt an Main - Eine pauschale Behauptung der Täterschaft eines Dritten genügt nicht um klägerische Ansprüche zu erschüttern


23:35 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegale Tauschbörsenangebote urheberrechtlich geschützter Werke. Die beklagte Anschlussinhaberin hatte sich in dem Verfahren zunächst darauf berufen, nicht selbst für die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen verantwortlich zu sein. Sie verfüge nicht über die nötigen technischen Kenntnisse zur Bedienung einer Tauschbörse und sei zu vielen Zeitpunkten der maßgeblichen Rechtsverletzungen nicht zu Hause gewesen. Jedoch habe ihr damaliger Lebensgefährte Zugriff auf ihren Internetanschluss nehmen können. Dieser komme als Täter ernstlich in Betracht bzw. habe seine Täterschaft der Beklagten gegenüber zugegeben. Zu weitergehenden Ermittlungen sei die Beklagte ihrer Auffassung nach nicht verpflichtet gewesen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... chuettern/




Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _17_22.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Dieser Auffassung trat das Amtsgericht Frankfurt entschieden entgegen:

"Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen ergibt sich hier, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in hinreichend konkreter Weise nachgekommen ist. So ist bereits ihr pauschal gehaltener Vortrag, sie sei zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Hause gewesen, angesichts der Mehrzahl der Rechtsverletzungen, in Bezug auf die einzelnen Rechtsverletzungen nicht konkret nachvollziehbar.

Auch ihr pauschaler Vortrag, XX habe die Rechtsverletzung begangen bzw. begangen müssen bzw. habe dies zugegeben, erfüllt die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar vorgetragen, woraus diese Schlussfolgerung zu ziehen ist. Der Umstand, dass XX im Zeitraum der Urheberrechtsverletzung erwerbslos alleine zu Hause gewesen sei, bietet auch angesichts der Mehrzahl der Urheberrechtsverletzungen keine konkret begründeten Anhaltspunkte für eine Täterschaft des Herrn XX. Der pauschale Vortrag in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2018, die Hauptbevollmächtigte der Beklagten habe gegenüber dem Terminsvertreter geäußert, dass die Beklagte gesagt habe, dass Herr XX ihr gegenüber die Urheberrechtsverletzung zugegeben habe, ist wiederum pauschal und daher auch in Bezug auf den Vortrag, die Beklagte wisse nicht, ob Herr XX noch an der alten Adresse wohne, nicht nachvollziehbar.

Auch der Vortrag, die Beklagte wisse nicht sicher, ob XX sich noch an der alten Adresse aufhalte, erfüllt die Darlegungslast der Beklagten nicht. Die Beklagte hat damit nicht vorgetragen, inwiefern sie ihrer Nachforschungspflicht nachgekommen ist und welche konkreten Erkenntnisse zur möglichen Täterschaft des XX ermittelt werden konnten bzw. warum er Beklagten weitere Nachforschungen nicht zumutbar gewesen sein sollten.
"

Weiterhin hatte die Beklagte die korrekten Ermittlungen sowie die Zuordnung ihres Internetanschluss bestritten. Derartiges Vorbringen ordnete das Gericht jedoch als nicht erheblich ein. Insbesondere sei das Bestreiten vor dem Hintergrund der Behauptung der Täterschaft des Lebensgefährten widersprüchlich:

"Das Bestreiten der ordnungsgemäßen Ermittlungen durch die Beklagte ist dabei angesichts der von der Klägerin substantiiert dargelegten Ermittlungen der mehrfachen Rechtsverletzung von dem Internetanschluss der Beklagten nicht erheblich. Zum einen ist das Bestreiten der Beklagten insofern widersprüchlich, als dass sie einerseits davon ausgeht, dass [Name] die Urheberrechtsverletzung begangen hat, die ordnungsgemäße Ermittlung und Zuordnung ihres Internetanschlusses jedoch bestreitet (vgl. LG Berlin, Urt. Vom 19. Januar 2016, Az. 16 S 20/15)."

In der Folge verurteilte das Amtsgericht die Beklagte antragsgemäß, wobei es einen Schadensersatzbetrag von 1.350,00 EUR für die streitgegenständlichen Werke als angemessen ansah. Darüber hinaus hat die Beklagte sowohl die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, wie auch die kompletten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.








AG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2018, Az. 32 C 3164/17 (22)



(...) - Beglaubigte Abschrift -


Amtsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 32 C 3164/17 (22)



Verkündet lt. Protokoll am: 27.03.2018
[Name], JAe
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 60489 Frankfurt am Main,
Beklagte

Prozessbevollmächtigte: [Name], 60329 Frankfurt am Main,





hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2018

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, 1.441,49 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, 123,51 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz und Abmahnkosten wegen einer Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Klägerin ist Inhaberin von Nutzungsrechten u.a. von Büchern und eBooks. Die Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Netzwerken lässt sie durch die Digital Forensics GmbH ermitteln. Die Digital Forensics GmbH ermittelt Urheberrechtsverletzung durch Veröffentlichung eines Werks in einem Peer-to-Peer Forensic System, indem die Kommunikation zwischen einem hochladenden und einem herunterladenden Nutzer gesichert und die jeweiligen IP-Adressen ermittelt werden.

Die Klägerin betrieb im Anschluss an diese Ermittlungen drei Auskunftsverfahren vor dem LG Köln (207 O 39/14; 214 O 45/14; 216 O 33/14), in dessen Rahmen die Telekom Deutschland Auskunft bezgl. zum Internetanschluss der Beklagten zugehöriger IP-Adressen erteilte.

Mit Schreiben vom [Datum] forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Unterlassung und zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes auf. Mit Schreiben vom 30.03.2017 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von 1.350,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR mit Fristsetzung zum 06.04.2017 auf.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Nutzungsrechte der Bücher zu sein und beruft sich dabei auf die vorgelegten Buch-Kopien, die C-Vermerke bzgl. der Rechtsvorgängerin der Klägerin enthalten. Der durchschnittliche Preis eines Buches betrage mindestens 10,00 EUR. Eine Lizenz für ein umfangreiches und aktuelles eBook betrage nicht weniger als 40% von 8,40 EUR (Ladenpreis netto), also 3,36 EUR.

Die Klägerin behauptet, dass über den Internetanschluss der Beklagten am [unterschiedliche Datums] an 36 unterschiedlichen Zeitpunkten von acht verschiedenen IP-Adressen diese Bücher als eBook ohne Einwilligung der Klägerin über ein Peer-to-Peer Forensic System öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Bzgl. der einzelnen streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen wird auf die Klageschrift vom 20.11.2017 (BI. 9 d. A.) verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 1.350 EUR habe. Bei einer Mindestabruflizenz von 6,72 EUR und 400 Abrufen ergebe sich bereits eine Lizenzgebühr von 2.600,00 EUR. Darüber hinaus habe die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten bemessen an einem Gegenstandswert in Höhe von 1.875,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.350,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen,
2. 91,49 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017, sowie
3. 123,51 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass sie die streitgegenständlichen Bücher nicht zum Download angeboten habe. Sie verfüge nicht über die nötigen Kenntnisse über Peer-to-Peer-Netzwerke. Sie habe zum streitgegenständlichen Zeitpunkt mit Ihrem damaligen Lebenspartner [Name]zusammengelebt, der die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung habe begangen müssen. Er sei aufgrund seiner damaligen Erwerbslosigkeit den ganzen Tag zu Hause gewesen und habe daher auch die Möglichkeit gehabt, auf ihren Internetanschluss zuzugreifen und die Uploads auszuführen komme daher als Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung ernstlich in Betracht bzw. habe das auch zugegeben. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie zu weitergehenden Ermittlungen nicht verpflichtet sei.

Bzgl. des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

Gemäß § 97 Abs. 2 UrhG ist derjenige, der gemäß § 97 Abs. 1 UrhG das Urheberrecht oder / ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt und diese Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, Inhaberin der Nutzungsrechte der streitgegenständlichen Bücher zu sein. Die Klägerin hat dies unter Vortage der Bucheinband-Kopien mit dem C-Vermerk für die Rechtsvorgängerin der Klägerin substantiiert dargelegt. Für die Klägerin spricht damit die Vermutungsregel des § 10 Abs. 3 UrhG, wobei diese zwar grundsätzlich nur im Rahmen des Unterlassungsanspruch relevant ist, als Indiz aber auch in dem vorliegenden Zusammenhang verwendet werden kann (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2017, Az. 2-06 0 120/17). Die Aktivlegitimation wurde durch die Beklagte nicht erheblich bestritten. Es ist nicht ersichtlich, welche konkreten Gesichtspunkte ernstlich gegen die Rechteinhaberschaft der Klägerin in Bezug auf die streitgegenständlichen Werke sprechen sollen.

Von dem Anschluss der Beklagten wurde das Urheberrecht der Klägerin verletzt, indem die streitgegenständlichen Bücher gemäß § 19a UrhG ohne ihre Einwilligung öffentlich zugänglich gemacht worden ist.

Das Bestreiten der ordnungsgemäßen Ermittlung durch die Beklagte ist dabei angesichts der von der Klägerin substantiiert dargelegten Ermittlungen der mehrfachen Rechtsverletzung von dem Internetanschluss der Beklagten nicht erheblich. Zum einen ist das Bestreiten der Beklagten insofern widersprüchlich, als dass sie einerseits davon ausgeht, dass die Urheberrechtsverletzung begangen hat, die ordnungsgemäße Ermittlung und Zuordnung ihres Internetanschlusses jedoch bestreitet (vgl. LG Berlin, Urt. v. 19.01.2016, Az. 16 S 20/15). Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin 36 unterschiedliche konkrete Rechtsverletzungen vorgetragen hat, die von insgesamt acht verschiedenen IP-Adressen ausgegangen sein sollen. Dabei hat die Klägerin jeweils den konkreten Zeitraum der Verletzung, die IP-Adresse, die Ports, über die die Daten je Protokolltyp übertragen wurden sowie die Clients, über die die Rechtsverletzungen begangen wurden, vorgetragen. Jede der ermittelten IP-Adressen wurde dabei dem Anschluss der Klägerin zugeordnet und stimmte auch jeweils mit dem Kreis der streitgegenständlich verletzten urheberrechtlich geschützten Werke überein. Es erscheint daher außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass in Bezug auf fünf IP-Adressen mit jeweils drei identischen eBook-Titeln zufällig fehlerhaft ermittelt worden ist. Ebenso unwahrscheinlich erscheint es angesichts der Mehrfachermittlung der IP-Adressen der Beklagten, dass eine fehlerhafte Zuordnung des Internetanbieters zum Anschluss der Beklagten im Rahmen des Auskunftsverfahrens erfolgt ist. Die Beklagte hat keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, warum die von der Klägerseite dargelegten Ermittlungen nicht ordnungsgemäß erfolgt sein sollen.

Im Bezug auf diese Rechtsverletzung ist von einer Täterschaft der Beklagten auszugehen.

Im Ausgangspunkt ist es gem. der allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast Sache der Klägerin, die Voraussetzungen ihrer Ansprüche und damit auch die Täterschaft der Beklagten darzulegen.

Hier spricht jedoch zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte die gegenständliche Rechtsverletzung begangen hat, die die Beklagte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast ihrerseits nicht erschüttert hat.

Sofern ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, spricht dies dafür, dass der der 1P-Adresse zuzuordnende Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Dem Anschlussinhaber obliegt dann eine sekundäre Darlegungslast für die Darlegung, dass tatsächlich eine andere Person die Rechtsverletzung begangen habe (BGH, Urt. v. 12.05. 2010 -I ZR 121/08, NJW 2010, 2061; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2017, Az. 2-06 0 120/17).

Diese sekundäre Darlegungslast führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast, so dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch genügt, dass er vorträgt, ob und ggf. welche andere Personen selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Diesbezüglich besteht auch eine Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers. Er hat darzulegen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung erlangt hat. Allerdings genügt der Anschlussinhaber seiner obliegenden sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich pauschal vorträgt, dass andere Personen theoretisch Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss hatten, sondern er "hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen" (BGH, Urt. v. 30.3.2017 - I ZR 19/16, NJW 2017, 1233, 1234).

Der Anschlussinhaber hat zudem "hinsichtlich derjenigen Personen, die selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen, im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat" (BGH Urt. v. 12.05.2016 - I ZR 48/15).

Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen ergibt sich hier, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in hinreichend konkreter Weise nachgekommen ist.

So ist bereits ihr pauschal gehaltener Vortrag, sie sei zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Hause gewesen, angesichts der Mehrzahl der Rechtsverletzungen, in Bezug auf die einzelnen Rechtsverletzungen nicht konkret nachvollziehbar.

Auch ihr pauschaler Vortrag, [Name] habe die Urheberrechtsverletzung begangen bzw. begangen müssen bzw. habe dies zugegeben, erfüllt die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar vorgetragen, woraus diese Schlussfolgerung zu ziehen ist. Der Umstand, dass IM. im Zeitraum der Urheberrechtsverletzungen erwerbslos und allein zu Hause gewesen sei, bietet auch angesichts der Mehrzahl der Urheberrechtsverletzungen keine konkret be-gründeten Anhaltspunkte für eine Täterschaft des [Name]. Der pauschale Vortrag in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2018, die Hauptbevollmächtigte der Beklagten habe gegenüber dem Terminsvertreter geäußert, dass die Beklagte gesagt habe, dass ihr gegenüber die Urheberrechtsverletzungen zugegeben habe, ist wiederum pauschal und daher auch in Bezug auf den Vortrag, die Beklagte wisse nicht, ob Herr [Name] noch an der alten Adresse wohne, nicht nachvollziehbar.

Auch der Vortrag, die Beklagte wisse nicht sicher, ob [Name] sich noch an der alten Adresse aufhalte, erfüllt die Darlegungslast der Beklagten nicht. Die Beklagte hat damit nicht vorgetragen, inwiefern sie ihrer Nachforschungspflicht nachgekommen ist und welche konkreten Erkenntnisse zur möglichen Täterschaft des [Name] ermittelt werden konnten, bzw. warum der Beklagten weitere Nachforschungen nicht zumutbar gewesen sein sollten.

Insofern verfängt auch der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des LG Frankfurt am Main (Urt. v. 14.02.2018, Az. 2-06 S 55/15) nicht. In dem Urteil ging es nämlich um die Frage der Einschränkung der Zumutbarkeit der Nachforschungspflicht aufgrund des Grundrechtes auf Schutz der Ehe und Familie gemäß Art. 6 I GG, weshalb im Falle der Gefahr, durch weitere Darlegungen Familienangehörige in die Gefahr der Strafverfolgung zu bringen, die weitere Nachforschungspflicht eingeschränkt sein kann. Die Beklagte war aber mit [Name] nicht in einer vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfassten Weise verbunden bzw. hat dies nicht geltend gemacht.

Die Rechtsverletzung erfolgte auch schuldhaft. Der Beklagten ist jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Derjenige, der ein fremdes Werk veröffentlicht, hat regelmäßig die Pflicht, sich umfassend nach den erforderlichen Rechten zu erkundigen (LG München I, Endurteil vom 01.07.2015, Az. 37 0 5394/14, GRUR-RS 2015, 12287).

Der Klägerin steht ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte in der geltend gemachten Höhe von 1.350,00 EUR zu.

Die Klägerin kann gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie geltend machen. Als angemessen gilt die Lizenzgebühr, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (LG München I, Endurteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5394/14, GRUR-RS 2015, 12287 m.w.Nw.).

Die Klägerin hat die Lizenzberechnung unter Zugrundelegung der Abrufanzahl substantiiert dargelegt. Bei einer öffentlichen Zugänglichmachung eines digitalen Werkes im Internet ist zu beachten, dass die Reichweite nicht begrenzt ist. Es macht den Kauf des Werks für die Nutzer der Tauschbörse entbehrlich. Vor diesem Hintergrund ist die Bemessung des Schadensersatzes auf der Grundlage der fiktiven Lizenzberechnung der Klägerin in Bezug auf die streitgegenständlichen eBooks von insgesamt wenigstens 1350,00 EUR angemessen.

Daneben steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 97a Abs. 1 UrhG zu.

Gemäß § 97a Abs. 1 UrhG soll der Verletzte den Täter vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Gemäß § 97a Abs. 1 S. 1 UrhG kann der Verletzte hierfür den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, soweit die Abmahnung berechtigt ist.

Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. Diese Abmahnung war berechtigt.

Die Klägerin hat somit Anspruch auf Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts ist der hohe Angriffsfaktor einer öffentlichen Zugänglichmachung in einem Online-System zu berücksichtigen. Sie kann Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert von 1.875,00 EUR verlangen, so dass insgesamt 215,00 EUR nicht zu beanstanden sind, wobei die Klägerin diese anteilig als Hauptforderung (91,49 EUR) und anteilig als Nebenforderung (123,51 EUR) geltend macht.

Der Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren ist nicht gemäß § 97a Abs. 2 S. 3 UrhG beschränkt. In dem Hochladen eines geschützten Rechtsguts in einer Tauschbörse, wodurch eine zahlenmäßig unbeschränkte weltweite öffentliche Zugänglichmachung erfolgt, kann nicht eine nur unerhebliche Rechtsverletzung gesehen werden (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2017, Az. 2-06 0 120/17).

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin




Beglaubigt
Frankfurt am Main, 03.04.2018
[Name]Justizangestellte
Urkundsbeamtin/Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (...)








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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2018, Az. 32 C 3164/17 (22),
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
36 Ermittlungsdatensätze - 8 IP-Adressen,
Art. 6 Abs. 1 GG

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Steffen
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#6015 Beitrag von Steffen » Freitag 20. April 2018, 23:45

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Landgericht Köln stellt klar: Bei der 3D- und 2D-Version eines Filmwerks handelt es sich lediglich um unterschiedliche Darstellungsformen - Keine Auswirkungen auf die Richtigkeit der Ermittlungen


23:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Verfahrensgegenständlich war in diesem Rechtsstreit insbesondere die Frage, ob eine 3D-Version und eine 2D-Version desselben Films unterschiedliche Filmwerke im Sinne des Urheberrechts darstellen. Ausgangspunkt war eine Abmahnung wegen der illegalen öffentlichen Zugänglichmachung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerks in einer Internet-Tauschbörse. Die Klägerin hatte das Filmwerk in der dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Abmahnung mit dem offiziellen Filmtitelzusatz "3D" versehen. Das illegale Tauschbörsenangebot hatte die 2D-Version des Films umfasst, der ursprünglich als 3D-Version in die Kinos kam.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ngsformen/




Autorin

Rechtsanwältin Carolin Kluge




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Das Amtsgericht Köln hatte sich in der angegriffenen Entscheidung der Ansicht des Amtsgerichts Bochum (Urteil vom 02.05.2017, Az. 65 C 478/15) angeschlossen, in welcher das Amtsgericht - ohne Durchführung einer Beweisaufnahme - zu dem Ergebnis kam, dass die vorgenannte Bezeichnung eines Films ein Beleg für eine vermeintlich fehlerhafte Ermittlung der Rechtsverletzung sein solle.

Gegen die im Wesentlichen gleichlautende Entscheidungspassage des Amtsgerichts Köln hatte die Klägerin, soweit sie in dem Rechtsstreit unterlegen war, Berufung eingelegt. Die Beklagte schloss sich im Wege der Anschlussberufung hinsichtlich ihrer Verurteilung wegen eines zweiten Filmwerks an.

Das Landgericht Köln hob die Entscheidung - soweit von der Klägerin angegriffen - mit Urteil vom 01.05.2018 mit der folgenden Begründung auf:

"Unstreitig hat die 2-D Version dieselben Inhalte wie die 3-D Version. Die Unterschiede bestehen lediglich darin, dass in der 3- D Version die Szenerie 3-dimensional dargestellt ist, im Übrigen aber mit der 2-D Version inhaltlich identisch ist. Der Unterschied ist mithin lediglich die Verwendung der 3-D-Technik.

Nicht mehr derselbe Streitgegenstand wäre erst dann betroffen, wenn es sich bei der 3-D Version im Verhältnis zu der 2-D Version des Films um eine neue Nutzungsart im Sinne von § 31 a UrhG handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. So hat der BGH etwa für die Zweitauswertung von Filmen den Übergang von der Videokassette zur DVD nicht als neue Nutzungsart bewertet. Er hat vielmehr ausgeführt, dass eine neue Nutzungsart im Sinne des - damals maßgeblichen - § 31 Abs 4 UrhG a.F. nur eine konkrete technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes sein könne. Technische Neuerungen, die eine neue Verwendungsform kennzeichnen, ohne wirtschaftlich eigenständige Vermarktungsmöglichkeiten zu erschließen, reichen daher nicht aus, um eine neue Nutzungsart anzunehmen (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 - I ZR 285/02 - Der Zauberberg, Rn. 27 nach juris).

Eine wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform ist vor allem dann anzunehmen, wenn mit Hilfe einer neuen Technik ein neuer Absatzmarkt erschlossen wird. Aus der Sicht des Urhebers erscheint es besonders wichtig, ihm seine Rechte für die Vermarktung auf neuen Absatzwegen uneingeschränkt vorzubehalten; dagegen kann ihm zugemutet werden, für die bloße Intensivierung der Nutzung bereits im Rahmen der ursprünglichen Rechtseinräumung eine angemessene Regelung zutreffen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 31).

Um einen derartigen neuen Absatzmarkt und neuer Absatzwege handelt es sich je- doch bei der 3-D Version eines Filmes nicht. Es sind vielmehr die identischen und traditionellen Absatzwege, die auch mit. der 3-D Version bedient werden, nämlich im Kino und in der Zweitauswertung durch DVD/ Blu-ray und gegebenenfalls zum Download oder Streaming über das Internet. Es wird auch kein zusätzliches Publikum gewonnen, da keinerlei Anzeichen erkennbar sind, dass eine nennenswerte Zahl an Konsumenten sich demselben Film im Kino sowohl in der 2-D Version als auch in der 3-D Version ansähen oder sich entsprechende Bild/Tonträger für beide Versionen zulegten.

Vielmehr ist es gerade im Rahmen der Zweitauswertung in der Regel so, dass bei Erwerb der 3-D Version der Kunde die 2-D Version sofort mitgeliefert erhält, wie sich anschaulich für den streitgegenständlichen Film ergibt (vergleiche Anlage K1-2, BI. 50 der Akte). Damit ist zwar aufgrund der 3-D-Technik der Film für den Nutzer möglicherweise noch intensiver wahrnehmbar als bei der 2-D Version. Ein neuer Absatzmarkt ergibt sich daraus wie dargelegt jedoch nicht.

Insofern weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass dies sehr häufig vorkommt, weil die kleinsten Veränderungen an der Datei, in der das Filmwerk abgespeichert ist, zu einem unterschiedlichen Hashwert führen, obwohl es sich inhaltlich um den identischen Film handelt.
"

Da die Beklagte in dem Verfahren auch ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen war, was auch das Amtsgericht bereits zutreffend beurteilt hatte, hafte sie für den wegen der öffentlichen Zugänglichmachung beider Filmwerke entstandenen Schaden in vollem Umfang. Die Beklagte hat daher nun - neben den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten - auch Lizenzschadenersatz in Höhe von 2.000,00 EUR zu leisten sowie die Kosten zweier Instanzen einschließlich der kompletten Reisekosten der Rechtsanwälte zu tragen.

Die Entscheidung wurde von WALDORF FROMMER für ein führendes Medienunternehmen erwirkt.







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LG Köln, Urteil vom 01.03.2018, Az.14 S 30/17,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast

Bean08
Beiträge: 3
Registriert: Sonntag 14. Januar 2018, 10:46

Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6016 Beitrag von Bean08 » Montag 23. April 2018, 23:29

Hallo,

ich möchte meine Geschichte hier fortführen und auch beenden.

Für die Interessierten: Wer meine bisherige Geschichte nicht kennt, kann sie unten nochmal lesen. Alles weitere kommt dann unter dem Zitat.

Bean08 hat geschrieben:
Sonntag 14. Januar 2018, 11:32
Guten Tag liebes Forum,
Guten Tag Steffen,

ich war lange Zeit nur Mitleser, nun möchte ich meinen Fall auch mal darstellen:

Ich wurde von WF 2015 abgemahnt.

Damals bin ich auf dieses Forum gestoßen und habe mich für die Variante mod. UE + Nichtzahlen entschieden.

Nach vielen weiteren Bettelbriefen, usw. bekam ich vergangene Woche einen Brief mit dem Betreff "Vorbereitung Klageverfahren abgeschlossen". Die Forderungen liegen inzwischen bei 1200 €. Die Frist für die Zahlung ist bereits verstrichen.

Ich bin dann nochmal hier ins Forum und habe mich erneut informiert.

Ich war damals, also 2015, der Meinung, dass die Wahrscheinlichkeit einer Klage deutlich geringer liegt und war bei den jetzigen Einschätzungen von 50/50 etwas schockiert.

Jedenfalls muss ich deswegen meine Strategie etwas überdenken, denn ich möchte nicht vor Gericht ziehen und wenn WF das ganze durchziehen sollte die Kosten natürlich minimieren.

Ich bin jetzt am überlegen welche Alternativen für mich existieren und am sinnvollsten sind.

1. Ich rufe dort an und bitte um einen Vergleich, bezahle und die Sache ist erledigt
2. WF belässt es bei Drohbriefen und es kommt kein MB. Ende diesen Jahres verjährt die Sache - Glück gehabt.
3. Demnächst kommt ein Mahnbescheid vom Gericht.

Falls ein Mahnbescheid kommt existieren dann wiederum zwei neue Alternativen:

- Ich rufe an und bitte um einen Vergleich und bezahle
oder
- Ich lege Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein

Wenn ich Widerspruch einlege würde es ja dann zu einer Gerichtsverhandlung kommen, sofern WF es durchzieht.

Was passiert denn, wenn sie es durchziehen, ich einen Termin für die Gerichtsverhandlung bekomme und mich dann noch mit WF auf einen Vergleich außergerichtlich einigen kann. Entstehen da neben der Abmahnung und den Kosten für das Mahnverfahren schon Gerichtskosten?

Wenn ich das auf den letzten Seiten richtig gelesen habe, dann sind die Kosten für das Mahnverfahren bei etwa 200 € und die Kosten für das Gerichtsverfahren etwa 300-400 Euro. Ist das richtig ?

Dann dürfte die Rechnung bei mir ja ungefähr so aussehen: ~1200 € Abmahnung + ~200 € Mahnverfahren + ~400 € Gerichtskosten. Sofern man das ganze bis zum Ende durchziehen würde. Ist das richtig ?

Ich wäre über Hilfe sehr dankbar. Weiterhin wäre ich froh wenn man mich korrigiert, sofern die o. g. Gedankengänge Fehler enthalten.

Unabhängig davon werde ich auf jeden Fall vom Ausgang meines Verfahrens berichten.

Vielen Dank.


LG




Und zwar bekam ich Anfang März dann tatsächlich ein Schreiben vom Gericht (Mahnbescheid).

Die Forderungen waren mit den Kosten für den MB bei circa 1350 Euro.

Ich habe mich dazu entschieden zu zahlen.

Vorher habe ich noch dort angerufen um einen Vergleich auszuhandeln.

Letztendlich zahle ich nun insgesamt 1090 Euro in drei Raten.

Ich bin froh, dass es vorbei ist und da ich mir bereits Geld bei Seite gelegt habe und es für mich "tot" war, tut es auch nur halb so weh.


Ich möchte mich bedanken für die informationsreiche Seite, auch wenn ich den "Kampf" verloren habe. :ty

Aber naja manchmal gewinnt man manchmal verliert man. Vielleicht haben andere ja mehr Glück.


LG

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Steffen
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6017 Beitrag von Steffen » Dienstag 24. April 2018, 05:00

Hallo @Bean08,

danke für deine Informationen. Viele Leser wird es zwar wieder schockieren, da die Foren-Klagewahrscheinlichkeit bei 1 % läge. Es muss jeder Betroffenen für sich entscheiden, wie er nach einem erhaltenen Mahnbescheid reagieren will.

Natürlich kann jetzt gesagt werden, dass du den Kampf verloren hast. Aber, jeder der sich für das Nichtzahlen entscheidet, pokert. Entweder Klage oder Verjährung. Sicherlich, verjährt die Abmahnung, hat jeder alles richtig gemacht. Wird hingegen geklagt, sieht es dann anders aus. Die Realität sieht dann anders aus, als von anonymen Accounts heraus mit Phrasen (schön-)gepostet. Jeder sollte einmal in einem Klageverfahren stecken, wenn es um Argumente und und das Eingemachte geht, dann würde er anders reden als dato.

Alles gute für dein weiteres Leben und schau bitte ab und zu in den Foren hinein, auch wenn es immer weniger Postings werden.

VG Steffen

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AG Charlottenburg, Az. 216 C 330/17 (WG)

#6018 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. April 2018, 17:10

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Inhaber eines WG-Internetanschlusses - Sekundäre Darlegungslast kann in Filesharing Verfahren nicht durch widersprüchlichen Vortrag erfüllt werden (Wohngemeinschaft)



17:00 Uhr




Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich in dem Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg damit verteidigt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Internetanschluss um einen klassischen WG-Anschluss handeln würde. Der Beklagte selbst habe das streitgegenständliche Filmwerk nicht mittels einer Filesharing-Software öffentlich zugänglich gemacht. Weder kenne er das Werk, noch habe er zu den maßgeblichen Zeiten über Filesharing-Software auf seinen Endgeräten verfügt. In der Wohngemeinschaft (WG) habe es insgesamt neun Bewohner gegeben, die zu den maßgeblichen Zeiten der Rechtsverletzung selbstständig und eigenverantwortlich Zugriff zum Internetanschluss gehabt hätten. Lediglich eine Mitbewohnerin sei zur Tatzeit im Ausland gewesen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -einer-wg/



Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 330_17.pdf



Autor

Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



In Bezug auf die Mitbewohner wurde zunächst vorgetragen, dass gegenüber dem Beklagten auf Befragung niemand die Begehung der Rechtsverletzung eingeräumt habe, zum Teil hätten die Mitbewohner sogar keine Antworten gegeben. Zum Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner könne der Beklagte keine Angaben machen.

Erst nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis modifizierte der Beklagte seinen Vortrag dahingehend, dass nunmehr sämtliche Mitbewohner angegeben hätten "das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing-Software zu nutzen". Zudem wurde beklagtenseitig nunmehr zum Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner vorgetragen.

Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks.

Auf den klägerseits erhobenen Einwand der Widersprüchlichkeit dieser Angaben erfolgte seitens des Beklagten keine weitere Reaktion.

Das Amtsgericht erachtete den Vortrag des Beklagten als unzureichend, da er aufgrund fehlender Plausibilität nicht den vom Bundesgerichtshof postulierten Anforderungen an die dem Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast genüge:

"Der Vortrag des Anschlussinhabers ist dabei einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -), insbesondere können Modifizierungen des Vortrags im Laufe des Prozesses berücksichtigt werden (BGH, Urteil v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 31, juris).

Ausgehend hiervon ist der Vortrag des Beklagten unzureichend. Die Klägerin hat zu Recht (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146 ff.) darauf hingewiesen, dass der in Reaktion auf den Hinweis vom 23.11.2017 erfolgte Vortrag des Beklagten, sämtliche Mitbewohner hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing Software zu besitzen, dem Vortrag in der schriftlichen Klageerwiderung widerspricht, wo er diesbezüglich vorgetragen hat: 'Zum Teil erfolgte keine Antwort'. Ebenso zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zunächst vorgetragen hat 'keine Angaben' zu dem Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner machen zu können, nunmehr jedoch diesbezüglich in Reaktion auf den Hinweis weiter vorgetragen hat ohne diese Modifizierungen des Parteivortrags zu erläutern. Zur Klarstellung: Es gereicht dem Beklagten an sich nicht zum Nachteil, dass er seinen Parteivortrag modifiziert hat. Ausschlaggebend ist allerdings, dass er dies auch auf die Rüge im genannten Schriftsatz der Klägerin nicht, auch nicht im nachgelassenen Schriftsatz, erläutert hat.
"

Hinsichtlich des geltend gemachten Lizenzschadens für das Öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Filmwerkes befand das Gericht den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR in jedem Falle für angemessen.

"Den Schadensersatz bestimmt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR. Ausgehend von der von der Klägerin gewählten Schadensberechnung gem. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -) wonach an die vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, trägt der klägerische Sachvortrag eine Schätzung in dieser Höhe.

Nachvollziehbar sowie in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sie unter Heranziehung von Lizenzentgelten für den Download unter besonderer Würdigung des Besonderheiten des sog. Filesharings (Zurverfügungstellung der Datei bzw. des Dateifragments an einen unbegrenzten Kreis von Nutzern) einen Mindestschaden von 1.000,00 EUR errechnet.

Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks. Dementsprechend orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin auch nur an einer - nicht mehreren - Angebotslizenzen. Für die Bestimmung der diesbezüglichen fiktiven Vergütungshöhe ist die Zahl der konkreten Abrufe, spricht der tatsächlichen (unerlaubten) Rechtsauswertung, jedoch gerade nicht von Bedeutung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88 -). Allein mittelbar von Interesse ist die Frage der potentiellen - im Zeitpunkt der fiktiven Lizenzerteilung - zu erwartenden Abrufe. Hierzu, wie auch zur Berechnung insgesamt, hat der Beklagte indes - anders als die Klägerin - nichts vorgetragen.
"

Der Beklagte wurde daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten verurteilt.









AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17





(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 216 C 330/17

verkündet am: 31.01.2018



In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 12249 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 10178 Berlin, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 216, auf die mündliche Verhandlung vom 20.12.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die. Kosten des Rechtsstreifs zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.





Tatbestand

Die Klägerin macht geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film [Name] zu sein. Dieser Filme bzw. Teile hiervon wurde über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss am [Datum] zum Herunterladen angeboten. Auf die Abmahnung vom [Datum] (Bl. 41 - 54 GA) leistete der Beklagte keine Zahlungen. Vorgerichtliche Korrespondenz blieb - ebenso wie eine zum [Datum] fristgebundene Anmahnung der nunmehr auch im Prozess geltend gemachten Zahlungen (Schreiben vom 03.11.2016, Bl. 87 ff. GA) - erfolglos.

Die Klägerin macht nunmehr im Wege der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatz in Höhe von zumindest 1.000,00 EUR sowie nach einem Gegenstandswert von 1.600,00 EUR berechnete vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten - ausgehend von einer 1,3 Gebühr - in Höhe von insgesamt weiteren 215,00 EUR geltend.

Die Klägerin trägt - im Wesentlichen - wie folgt vor: Sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem gegenständlichen Werk. Der Vortrag zur Schadenshöhe bilde - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine hinreichende Schätzgrundlage, die Schadenshöhe sei zudem auch angemessen. Die gegen sie sprechende Täterschaftsvermutung habe die Beklagte nicht ausgeräumt, ihr Vortrag sei insbesondere widersprüchlich und angepasst auf den gerichtlichen Hinweis vom 23.11.2017. Die vorhandene Widersprüche habe die Beklagte auch nicht aufgeklärt.



Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016,

107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016 sowie

107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hat - im Wesentlichen - zunächst wie folgt vorgetragen: Er habe das gegenständliche Werk nicht öffentlich zugänglich gemacht und sei weder als Täter noch als Störer haftbar. Seine Mitbewohner kämen, bis auf eine Mitbewohnerin die sich unstreitig im Ausland befand, als Täter in Betracht. Auf Befragen habe keiner der Mitbewohner den Tatvorwurf eingeräumt, zum Teil sei keine Antwort erfolgt. Zum Nutzungsverhalten der Mitbewohner könne er keine Angaben machen, hierzu sei er auch nicht verpflichtet. Eine Kontrolle der Endgeräte der Mitbewohner sei ihm weder möglich noch zumutbaren und zudem nach über drei Jahren auch nicht geeignet, eine potentielle Täterschaft zu belegen. Zudem sei der klägerische Sachvortrag zur Schadensberechnung bzw. Schadenschätzung unzureichend.

Auf den Hinweis vom 23.11.2017 (Bl. 135 GA) hat der Beklagte im Wesentlichen wie folgt weiter vorgetragen: Er habe nach Erhalt der Abmahnung sämtliche für ihn zugänglichen Endgeräte ohne Erfolg darauf untersucht, ob sich dort Spuren von Filesharing Software oder des gegenständlichen Werks befunden hätten. Er habe am Tag nach Erhalt der Abmahnung alle Mitbewohner befragt, diese hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt oder Filesharing Software genutzt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien sowie das. Protokoll Bezug genommen. Die Parteien haben im Termin in tatsächlicher Hinsicht unter ausschließlicher Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze verhandelt.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 1.000,00 EUR.


a.

Die Klägerin ist zunächst als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte (§ 31 UrhG) aktivlegitimiert. Der diesbezüglichen Behauptung der Klägerin ist der Beklagte zwar unter Verweis auf Filmdatenbanken, entgegen getreten, gleichwohl unterstellt das Gericht diese Behauptung der Klägerin ohne Beweisaufnahme als zutreffend. Denn der Beklagte ist dem in der Folge substanziierten Vortrag der 'Klägerin, sie habe (nur) die Rechte für die DVD- sowie Kinoauswertung an die dort ersichtlichen Körperschaften, bei verbleibender Inhaberschaft der exklusiven Rechte gemäß § 19a UrhG, vergeben (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146, 150 GA) nicht weiter entgegen getreten. Für diesen Vortrag der Klägerin streitet zudem der mit der Anl. K1 (Bl. 35 GA) vorgelegte Bildschirmausdruck, der die Klägerin als "Studio" benennt. Dass das Kürzel [Name]dabei für die Klägerin steht, hat der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt.


b.

Der insoweit unstreitige Vortrag der Klägerin rechtfertigt auch die Annahme, dass der gegenständliche Film nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG geschützt ist.


c.

Dieser Film oder Teile hiervon wurden über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss im Wege des sog. Filesharings zum Herunterladen angeboten, was das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) verletzt.


d.

Der Beklagte ist auch passivlegitimiert. Als Inhaber des Internetanschlusses spricht gegen ihn zunächst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sog. tatsächliche Vermutung. Allein die Tatsache, dass er diesen Internetanschluss (wechselnden) Mitbewohnern euch im hier fraglichen Zeitraum zur Nutzung überlassen hat, ändert daran zunächst nichts. Denn ihn trifft dann eine sog sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt er dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und alt Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 68/16 -, Rn. 13, m.w.N.). Zudem ist der Anschlussinhaber auch zu der Angabe verpflichtet, ob auf dem von ihm genutzten Computern Filesharing Software (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 -I ZR 154/15 -, Rn. 27, juris, m.w.N.) oder Spuren des gegenständlichen Werks (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. September 2016 - 2 BvR 1797/15 -, Rn. 18, juris, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 15, juris). Der Vortrag des Anschlussinhabers ist dabei einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -), insbesondere können Modifizierungen des Vortrags im Laufe des Prozesses berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 31, juris).

Ausgehend hiervon ist der Vortrag des Beklagten unzureichend. Die Klägerin hat zu Recht (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146 ff.) darauf hingewiesen, dass der in Reaktion auf den Hinweis vom 23.11.2017 erfolgte Vortrag des Beklagten, sämtliche Mitbewohner hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing-Software zu besitzen, dem Vortrag in der schriftlichen Klageerwiderung widerspricht, wo er diesbezüglich vorgetragen hat: "Zum Teil erfolgte keine Antwort". Ebenso zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zunächst vorgetragen hat "keine Angaben" zu dem Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner machen zu können, nunmehr jedoch diesbezüglich in Reaktion auf den Hinweis weiter vorgetragen hat ohne diese Modifizierungen des Parteivortrags zu erläutern. Zur Klarstellung: Es ist gereicht dem Beklagten an sich 'nicht zum Nachteil, dass er seinen Parteivortrag modifiziert hat. Ausschlaggebend ist allerdings, dass er dies auch auf die Rüge im genannten Schriftsatz der Klägerin nicht, auch nicht im nachgelassenen Schriftsatz, erläutert hat.


e.

Ausgehend von dem oben festgestellten Sachverhalt liegt auch zumindest fahrlässiges Handeln im Sinne des § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG vor.


f.

Den Schadensersatz bestimmt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR. Ausgehend von der von der Klägerin gewählten Schadensberechnung gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -), wonach an die vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, trägt der klägerische Sachvortrag eine Schätzung in dieser Höhe.

Nachvollziehbar sowie in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sie unter Heranziehung von Lizenz gelten für den Download unter besonderer Würdigung des Besonderheiten des sog. Filesharings (Zurverfügungstellung der Datei bzw. des Dateifragments an einen unbegrenzten Kreis von Nutzern) einen Mindestschaden von 1.000,00 EUR errechnet. Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks. Dementsprechend orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin auch nur an einer - nicht mehreren - Angebotslizenzen. Für die Bestimmung der diesbezüglichen fiktiven Vergütungshöhe ist die Zahl der konkreten Abrufe, spricht der tatsächlichen (unerlaubten) Rechtsauswertung, jedoch gerade nicht von Bedeutung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88 -). Allein mittelbar von Interesse ist die Frage der potentiellen - im Zeitpunkt der fiktiven Lizenzerteilung - zu erwartenden Abrufe. Hierzu, wie auch zur Berechnung insgesamt, hat der Beklagte indes - anders als die Klägerin - nichts vorgetragen.


2.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 215,00 EUR aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG. Die Voraussetzungen der Norm liegen vor, insbesondere bestand ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Auf die obigen Ausführungen wird entsprechend Bezug genommen. Die Bestimmung des Gegenstandswerts ist, ebenso wie die Berechnung des Anspruchs im Übrigen, nicht zu beanstanden.


3.

Der nachgelassene Schriftsatz des Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Soweit dieser Schriftsatz - weit überwiegend - neuen Tatsachenvortrag enthält, ist er ohnehin nicht berücksichtigungsfähig (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 283 ZPO, Rn. 5, m.w.N.). Der Beklagte muss diesbezüglich auf die hinreichend lang bemessen Äußerungsfristen im Vorfeld der mündlichen Verhandlung verwiesen werden. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.


4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 708 Nr. 11, §§ 711, 709 S. 2 ZPO.




Streitwertbeschluss

Der Streitwert wird endgültig auf 1.107,50 EUR festgesetzt (§ 48 GKG, § 3 ZPO).




Rechtsbehelfsbelehrung



I.

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit'Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 Euro übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.



II.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 EUR übersteigen oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.


2. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Beschwerde einlegen?

Die Beschwerde ist beim

Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin


einzulegen, entweder

a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.


3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.

Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.


4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.



gez. [Name]
Richter




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 31.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig.




Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin -


auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17,
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Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
WG,
Wohngemeinschaft

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#6019 Beitrag von Steffen » Freitag 27. April 2018, 22:13

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Rechteinhaber gewinnen Berufung in Tauschbörsenverfahren vor dem Landgericht Bochum - Beklagte genügt der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast auch in zweiter Instanz nicht


22:10 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Am 08.11.2017 hatte WALDORF FROMMER NEWS bereits über ein Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 22.08.2017 (Az. 65 C 354/16) berichtet, in welchem die beklagte Anschlussinhaberin vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits verurteilt wurde.



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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... verfahren/




Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _43_17.pdf




Autor

Rechtsanwalt Jung-Hun Kim



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Auf die Berufung der Beklagten bestätigte nun das Landgericht Bochum das erstinstanzliche Urteil und hielt die Verurteilung vollumfänglich aufrecht. Auch nach Auffassung der Berufungskammer des Landgerichts ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, weshalb von ihrer eigenen Täterschaft auszugehen sei. Insbesondere habe es an konkret verletzungs- und tatzeitbezogenen Vortrag gefehlt, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit ergeben hätte, dass ausschließlich ein Dritter als Täter in Betracht kommt. Auch der Umstand, dass der einzige internetfähige Computer im Haushalt der Beklagten im Eigentum des Lebensgefährten gestanden habe, ändere hieran nichts.

"Der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht genügt. Denn es fehlt konkretes vorfallsbezogenes Vorbringen der Beklagten dazu, wer aufgrund seines Wissens und der vorhandenen technischen Ausstattung zu den konkreten Zeitpunkten der Ermittlung der IP-Adresse als Täter in Betracht kommt.

Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Allein die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Beklagten, es habe in ihrem Haushalt nur ein internetfähiges Gerät, nämlich den Laptop ihres Lebensgefährten, gegeben, ändert am Fehlen konkreten vorfallsbezogenen Vorbringens nichts. Vielmehr stellt sich die Frage, wieso dem Lebensgefährten der Beklagten, der den Laptop doch überwiegend zu beruflichen Zwecken genutzt haben soll, das Vorhandensein der entsprechenden Tauschbörsenprogramm nicht aufgefallen ist.
"

Die Beklagte hat neben den zuvor genannten Forderungen und Verfahrenskosten nunmehr auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.










LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -


I-8 S 43/17

65 C 354/16
Amtsgericht Bochum


Verkündet am 15.03.2018
[Name], Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle



Landgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der Frau [Name], 44149 Dortmund,
Beklagten und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 5127 Mainz,



gegen


[Name],
Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,





hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2018 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], Richterin am Landgericht [Name] und die Richterin [Name]

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum ist zurückzuweisen. Denn die Beklagte ist gemäß § 97 UrhG zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten an die Klägerin verpflichtet, so dass das Amtsgericht zutreffend den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 11.08.2016 aufrechterhalten hat. Die von der Beklagten gegen dieses Urteil vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

So ist die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert. Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation hinreichend konkretisiert, sie hat insbesondere das Cover des streitgegenständlichen Filmwerks vorgelegt, auf dem sie als Rechteinhaberin benannt ist. Demgegenüber beschränkt sich die Beklagte auf ein einfaches Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin, ohne mitzuteilen, wer, wenn nicht diese, Inhaber der fraglichen Rechte sein soll. Dieses einfache Bestreiten ist unerheblich.

Da der streitgegenständliche Film an mehreren Tagen mit unterschiedlichen IP-Adressen von dem Internetanschluss der Beklagten zum Download angeboten worden ist, kommt auch ein einfaches Bestreiten der von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzung nicht in Betracht. Denn es liegt außerhalb der Wahrscheinlichkeit, dass die Ermittlung dieser unterschiedlichen der Beklagten zugeordneten IP-Adressen auf einem Fehler des von der Klägerin eingesetzten Ermittlungsprogramms beruht.

Schließlich hat die Beklagte auch ihrer sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH, insbesondere den Grundsätzen, die dieser in dem sog. "BearShare"-Urteil (I ZR 169/12 vom 08.01.2014) aufgestellt hat. Danach gilt:

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch entspricht, dass er vorträgt, dass und ggfs. welchen anderen Personen er Zugang zu seinem Internetanschluss gewährt hat und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hierbei ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.

Der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht genügt. Denn es fehlt konkretes vorfallsbezogenes Vorbringen der Beklagten dazu, wer aufgrund seines Wissens und der vorhandenen technischen Ausstattung zu den konkreten Zeitpunkten der Ermittlung der IP-Adressen als Täter in Betracht kommt. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Allein die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Beklagten, es habe in ihrem Haushalt nur ein internetfähiges Gerät, nämlich den Laptop ihres Lebensgefährten, gegeben, ändert am Fehlen konkreten vorfallsbezogenen Vorbringens nichts. Vielmehr stellt sich die Frage, wieso dem Lebensgefährten der Beklagten, der den Laptop doch überwiegend zu beruflichen Zwecken genutzt haben soll, das Vorhandensein der entsprechenden Tauschbörsenprogramme nicht aufgefallen ist.

Die Berufung war daher mit den aus §§ 97, 708 Nr. 11, 711 ZPO folgenden prozessualen Nebenentscheidungen zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung der Kammer beruht auf dem Urteil des BGH vom 08.01.2014 (I ZR 169/12).



[Name]

[Name]

[Name]




Beglaubigt
[Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Landgericht Bochum (...)






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LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17,
Vorinstanz: AG Bochum, Urteil vom 22.08.2017, Az. 65 C 354/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
einfaches Bestreiten,
Mehrfachermittlung

xamoel
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Re: Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte

#6020 Beitrag von xamoel » Montag 30. April 2018, 09:02

Guten Morgen, vielleicht könnt ihr mich auf den aktuellsten Stand bringen, was das Anbieten von öffentlichem WLAN angeht.
Meine Schwester hat eine Arztpraxis, dort bietet sie den Patienten für die Wartezeit ein öffentlich zugängliches WLAN an. Letzte Woche kam Sie ganz entsetzt an mit einem Schreiben von W&F für eine Urheberrechtsverletzung und eine Schadensersatzforderung.

Wie würdet ihr hier vorgehen? Sie selbst hat von modernen Medien keine Ahnung, aber sie ist natürlich Anschlussinhaberin.

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