Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

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Steffen
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AG Hannover, Az. 524 C 3013/15

#1001 Beitrag von Steffen » Samstag 17. September 2016, 10:47

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte: Filesharing Sieg gegen Rasch Rechtsanwälte - Das Amtsgericht Hannover weist Klage gegen Familienvater ab



10:45 Uhr



Eltern können sich gegen eine Filesharing Abmahnung auch dann erfolgreich wehren, wenn ihre Kinder nicht mehr zu Hause wohnen. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichtes Hannover, die wir für unseren Mandanten errungen haben.



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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht auf "www.anwalt.de":


Link:
http://www.anwalt24.de/beitraege-news/f ... envater-ab


Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 013_15.pdf



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Unser Mandant - ein Familienvater - fand eine Filesharing Abmahnung der Kanzlei Rasch in seinem Briefkasten vor. Rasch warf ihm vor, dass er das Musikalbum "The Beginning" der Gruppe "Black Eyed Peas" illegal verbreitet haben soll. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Universal Music GmbH. Nachdem unser Mandant nicht mit der Zahlung von 1.800,00 Euro einverstanden war, verklagte ihn Rasch. Die Abmahnkanzlei forderte von ihm Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 1.192,60 EUR. Darüber hinaus machte sie Schadensersatz in Höhe von 2.500 Euro geltend.



Filesharing: Vater muss seinen Sohn nicht überführen

Das Amtsgericht Hannover wies jedoch die Klage von Rasch mit Urteil vom 06.09.2016 (Az. 524 C 3013/15). Der Grund hierfür lag darin, dass unser Mandant zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung in Urlaub gewesen war. An dem betreffenden Wochenende hielt sich sein erwachsener Sohn alleine im Haus der Eltern aus. Das kam dadurch, weil er am darauffolgenden Montag ein Vorstellungsgespräch hatte. Weil sich dieses Haus auf dem Weg zum Ort des Vorstellungsgespräches befand, nutzte er es zum Übernachten. Dabei hatte er auch Zugriff auf den Internetanschluss seines Vaters.

Weil wir im Rahmen der Verteidigung auf all diese Umstände hingewiesen haben, verneinte das Gericht eine Heranziehung im Wege der Täterhaftung. Es verwies darauf, dass wir durch diesen Vortrag der sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen sind. Hierzu führte das Gericht aus, dass der abgemahnte Familienvater nicht zu der Überführung von nahen Angehörigen beitragen muss. Denn hier handelt es sich um einen Bereich, der durch Art. 6 GG geschützt ist.



Keine Störerhaftung gegenüber erwachsenen Kindern

Eine Filesharing Haftung im Wege der Störerhaftung kam ebenfalls nicht infrage. Denn gegenüber volljährigen Angehörigen besteht normalerweise weder eine Belehrungspflicht noch eine Überwachungspflicht.



Fazit:

Aus dieser Entscheidung des Amtsgerichtes Hannovers ergibt sich, dass an die Verteidigung des Abgemahnten keine zu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen. Das gilt vor allem bei einem Familienanschluss. Insbesondere darf nicht erwartet werden, dass der Abmahnindustrie der Täter präsentiert wird. Diese Auffassung vertreten immer mehr Gerichte. Die Richter berufen sich dabei zu Recht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, z.B. "BearShare" (BGH, Urteil vom 08.01.2014 Az. I ZR 169/12 sowie "Tauschbörse III" (BGH, Urteil vom 11.06.2015 Az. I ZR 7/14). Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.05.2016 (Az. I ZR 86/15) klargestellt, dass dies nicht nur gegenüber nahen Angehörigen gilt. Vielmehr dürfen die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast auch nicht bei einer Wohngemeinschaft überspannt werden. (HAB)






AG Hannover, Urteil vom 06.09.2016, Az. 524 C 3013/15


  • (...) - Abschrift -

    Amtsgericht
    Hannover

    Verkündet am 06.09.2016
    524 C 3013/15



    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Rechtsstreit



    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigter: [Name],


    gegen


    [Name],
    Beklagter

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Wilde und Beuger, Kaiser-Wilhelm-Ring 27 - 29, 50672 Köln,



    hat das Amtsgericht Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 04.07.2016 durch die Richterin [Name] für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand

    Die Klägerin macht mit der Klage Schadensersatz und Abmahnkosten auf Grund der öffentlichen Zugänglichmachung des Albums "[Name]" der Musikgruppe " [Name]" geltend.

    Die Klägerin zählt zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Sie ist Inhaberin ausschließlicher zahlreichen Verwertungsrechte an zahlreichen Musikstücken. In sog. Online-Tauschbörsen werden Musikstücke als MP3-Dateien von den jeweiligen Beteiligten zum Download angeboten. Auf diesem Weg kann jeder Nutzer der Tauschbörse Musikstücke von den Computern des Anbietenden herunterladen. Der Klägerin entstehen dadurch jährlich erhebliche Schäden.

    Die Klägerin beauftragte daher die Firma [Name] ([Kurzname]) mit der Ermittlung solcher Urheberrechtsverletzungen. Diese ermittelte, dass am 05.02.2011 um 04:59:00 (MEZ) über einen Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse [IP] zugewiesen war, mittels einer auf dem "eDonkey2000"-Protokoll basierenden Filesharing-Software das Musikalbum "[Name]" der Gruppe "[Name]" in Form von Audiodateien ohne entsprechende Zustimmung der Klägerin zum Download verfügbar gemacht wurde. Zum anderen wurde ermittelt, dass am selben Tag um 21:12:00 (MEZ) über einen Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse [IP] zugewiesen war, das Musikalbum "[Name2]" der Gruppe "[Name2]" auf gleiche Weise verfügbar gemacht wurde.

    Nach entsprechendem Beschluss des Landgerichts Kölns erteilte der Internetprovider [Name], der die betreffenden IP-Adressen vergeben hatte, der Klägerin die Auskunft, dass die für die Rechtsverletzungen genutzten IP-Adressen zu den verfahrensgegenständlichen Zeitpunkten jeweils dem Internetzugang des Beklagten zugeordnet waren.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.05.2011 forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.05.2011 gab der Beklagte eine solche ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab. Einen zugleich übersandten Vergleichsvorschlag der Klägerin (Zahlung von 1.800,00 EUR zur Abgeltung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung sowie jener an dem Musikalbum "[Name2]") wies der Beklagte zurück; auch eine Kostenerstattung lehnte er ab.

    Im Vorfeld der gerichtlichen Inanspruchnahme des Beklagten sind der Klägerin am 10.12.2014 durch Verifizierung der ladungsfähigen Anschrift Adressermittlungskosten in Höhe von 1,35 EUR entstanden, die ihr von der Schufa in Rechnung gestellt wurden.

    Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Musikalbum "[Name]" zu sein. Dass die Musiktitel des bezeichneten Albums angeboten wurden, sei dadurch belegt, dass Mitarbeiter der Ermittlungsfirma Probedownloads durchgeführt hätten. Weiterhin ist sie der Auffassung, dass durch die Auskunft der [Providername] belegt sei, dass die Rechtsverletzungen über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt seien, gegen den deshalb die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers streite. Die zur Ermittlung der streitgegenständlichen Downloads verwendete Software funktioniere zuverlässig und fehlerfrei.


    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen,
    1. an die Klägerin Wertersatz in Höhe von 2.500,00 EUR;
    2. 1.192,60 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie weitere vorgerichtliche Kosten (Auslagen) in Höhe von 1,35 EUR zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte bestreitet, dass die Urheberrechtsverletzungen von seinem Internetanschluss ausgeführt wurden. Am vermeintlichen Tattag sei er nicht zu Hause gewesen, da er sich mit seiner Frau vom [Datum] bis zum [Datum] im Urlaub auf [Name] befunden habe. Sein erwachsener Sohn, der Zeuge [Name], sei jedoch an dem Wochenende im Elternhaus gewesen, da er ihn und seine Ehefrau zum Reiseantritt zum [Name] gefahren haben.

    Weiterhin bestreitet er mit Nichtwissen, dass die IP-Adresse ordnungsgemäß ermittelt worden sei, die streitgegenständlichen Dateien von dieser IP-Adresse übertragen worden und ein vollständiges Herunterladen von Dateien nebst Hörabgleich erfolgt sei. Eine hinreichende Dokumentation dahingehend, dass ein bestimmtes Werk überhaupt und vollständig zum Download angeboten worden sei, könne nicht allein anhand eines Abgleichs des Hashwertes erfolgen. Weiterhin bestreitet er die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Zudem sei der von den Klägerinnen geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch der Höhe nach unangemessen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name].

    Wegen des Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2016 sowie vom 04.07.2016 Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.



    I.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzes nach § 97UrhG noch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 97 II a.F. wegen des behaupteten Angebots des Musikalbums "[Name]" der Musikgruppe "[Name]" am 05.02.2011 zum Download.


    1.

    Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der Klägerin ist ausweislich des Ausdrucks aus der Katalogdatenbank ,"Media-Cat" der Phononet GmbH (Anlage K9) als Lieferantin und damit als Inhaberin der Verwertungsrechte der Musiktitel des streitgegenständlichen Musikalbums. Die Phononet-Einträge lassen mit hinreichender Sicherheit darauf schließen, dass die Klägerin Inhaberin von urheberrechtlichen Leistungsschutzrechten ist. Der Phononet-Mediakatalog ist die zentrale Datenbank für Distribution und Vermarktung von Tonaufnahmen, an dem sich der Vertreib und die Vermarktung orientieren. Dieser Umstand belegt indiziell, dass die Einträge in die Datenbank sorgfältig geprüft und erfasst worden sind und die darin aufgeführten Lieferanten tatsächlich Inhaber der entsprechenden Verwertungsrechte sind. Der Beklagte hätte sich daher nicht darauf beschränken dürfen, die Rechteinhaberschaft der Klägerin mit Nichtwissen zu bestreiten, sondern hätte zur Entkräftung des Indizbeweises Anhaltspunkte dafür vortragen müsse, aus denen sich Zweifel an der Richtigkeit des Eintrags ergeben könnten (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14).


    2.

    Der Beklagte ist ferner Inhaber des Internetanschluss, über den die Rechtsverletzungen begangen worden ist. Der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraum Musiktitel öffentlich zugänglich gemacht worden sind, kann dadurch geführt werden, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Rechteinhabers beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird. Die Klägerin hat Screenshots der Tauschbörsenansicht vorgelegt, der von der Firma proMedia GmbH im Rahmen der Ermittlungen angefertigt worden ist (BI. 193-195 d.A.). Aus diesen ist ersichtlich, dass das streitgegenständliche Musikalbum am 05.02.2011 über die IP-Adresse [IP], die gemäß der Auskunft der [Providername] zum Tatzeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war, zum Download angeboten worden ist.

    Der Mitarbeiter der [Name], der die Ermittlungen geführt hat, namentlich der Zeuge [Name], hat zu den Ausdrucken plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass die erste Seite (Bl. 193 d.A.) die ersten Ermittlungen im Netz durch Herunterladen der betreffenden urheberrechtlich geschützten Werke dokumentiert, vorliegend das Album "[Name]" von den "[Name]". Dabei werde jeweils der sogenannte eDonkey Hashwert mitdokumentiert, eine Ziffernfolge, die als Signatur fungiert. Über diese Signatur lassen sich Anbieter des betreffenden Werkes finden. Auf der 2. Seite (Bl. 194 d.A.) ist ein Bildschirmausdruck sichtbar, auf dem in der zweitletzten Zeile von unten das streitgegenständliche Album der "[Name]" wiederum genannt wird und in diesem Zeitpunkt von der ermittelnden Station downgeloadet wird. Dabei wird in der Zeile darunter angezeigt, dass der Transfer von der IP-Adresse [IP] erfolgt, so dass diese IP-Adresse den Anbieter des Albums identifiziert. Der Anbieter selber hat auch noch einen eigenen Hashwert zugeordnet bekommen. Hinter diesem weist der Bildschirmausdruck zudem den jeweiligen Provider der IP-Adresse aus, in diesem Fall die [Name]. Die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens downgeloadeten Daten werden automatisch abgespeichert in einer bestimmten Form. Diese werden dann im Nachhinein visualisiert, was auf der 3. Seite (Bl. 195 d.A.) der eingereichten Ausdrucke sichtbar ist. Auf diesem Auszug ist unter der Nr. 24696 gegen 04.59.26 Uhr unter der IP-Adresse des Beklagten das streitgegenständliche Album der "[Name]", das wiederum im unteren Part über den Hashwert identifiziert werden kann.


    3.

    Der Beklagte ist jedoch nicht Täter der Rechtsverletzung.

    Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. BGH GRUR 2010, 633; BGH GRUR 2013, 511). Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb i.R.d. ihm Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs - nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses - ergibt (vgl. BGH, a.a.O.).

    Hierfür sind konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, die einen abweichenden Geschehensablauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten jedenfalls nicht gänzlich unwahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. BGH, a.a.O.). Da die Klägerin nicht weiß oder wissen kann, ob es sich um einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt handelt oder nicht im Haushalt lebende Personen zur Nutzung des Anschlusses in der Lage waren, trifft den Beklagten bei der Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, eine sekundäre Darlegungslast (BGH a.a.O.). Dieser genügt er, wenn er darlegt, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung andere Personen und ggf. welche selbstständigen Zugang zum Internetanschluss hatten und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber sowohl zu Nachforschungen als auch zur Mitteilung gewonnener Erkenntnisse hinsichtlich der Umstände der Verletzungshandlung verpflichtet. Die Nachforschungspflichten werden jedoch durch das Maß des Zumutbaren begrenzt (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - BearShare). Wie weit die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers sich im Konkreten erstreckt und wie substantiiert der Vortrag des Beklagten hierzu sein muss, lässt sich weder der BearShare-Entscheidung noch anderer veröffentlichten Entscheidungen des BGH entnehmen.

    Im Rahmen der Nachforschungspflicht ist nach Ansicht des Gerichts von dem Beklagten nicht zu fordern, dass er die in Betracht kommenden Personen ermittelt und auch namentlich benennt. Das Maß des Zumutbaren wäre jedoch überschritten, wollte man dem Beklagten auferlegen, den Computer hinsichtlich Filesharing-Software zu überprüfen oder konkret zu den An-und Abwesenheitszeiten der von ihm benannten Person vorzutragen (so auch LG Braunschweig, GRUR-RE 2015, 522). Insbesondere ist es dem Beklagten vorliegend nicht zuzumuten, den Täter im von Art. GG Artikel 6 GG geschützten Bereich zu ermitteln.

    Der Beklagte hat die Behauptung, er habe den Urheberrechtsverstoß begangen, hinreichend bestritten und ist seiner sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen. Denn er hat vorgetragen, sein erwachsener Sohn, der Zeuge [Name], sei an dem Wochenende zu Besuch gewesen und habe die Möglichkeit gehabt, den Internetanschluss selbständig zu nutzen, Der Beklagte hingegen habe sich mit seiner Ehefrau im Urlaub befunden. Dieser Vortrag des Beklagten ist zur Überzeugung des Gerichts durch die glaubhafte Aussage des Zeugen [Name] bestätigt worden. Danach lässt es sich nicht ausschließen, dass der Zeuge [Name] als Täter der Rechtsgutverletzung in Betracht kommt. Der Zeuge [Name] hat bekundet, er sei an dem Wochenende im Haus seiner Eltern gewesen. Er habe damals zwar in [Name] gewohnt, habe jedoch an dem auf das Wochenende folgenden Montag ein Vorstellungsgespräch in [Name] gehabt. Daher habe er die Möglichkeit genutzt, auf halber Strecke bei seinen Eltern zu übernachten. Er sei bereits am Freitag angereist und habe seine Eltern, die in den Urlaub wollten, zum Busbahnhof gebracht. Ob er sie am Samstag oder Sonntag zum Busbahnhof gebracht habe, wisse er jedoch nicht mehr. Dies sei jedenfalls am Tag der Abreise gewesen. Neben ihm seien an dem Wochenende keine weiteren Personen in dem Haus gewesen. Die Aussage des Zeugen [Name] ist glaubhaft.

    Gegen die Glaubhaftigkeit spricht auch nicht, dass der Beklagte die Urlaubsreise ausweislich seines Vortrags bereits am Freitag angetreten hat. Denn der Zeuge [Name] hat eingeräumt, er wisse nicht mehr, an welchem Tag er den Beklagten zum Busbahnhof gefahren hat. Soweit er hierbei den Samstag oder Sonntag als möglichen Tag benannt hat, ist dies angesichts des Zeitablaufes von mehr als fünf Jahren nachvollziehbar. Mit einer Detailkenntnis im Randgeschehen konnte daher nicht mehr gerechnet werden. Der Zeuge ist auch glaubwürdig. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich bei dem Zeugen um den Sohn des Beklagten handelt. Eine Entlastungstendenz war der Aussage des Zeugen dennoch nicht zu entnehmen. Denn der Zeuge hat sich durch seine Aussage, insbesondere durch seine Einlassung, neben ihm seien keine weiteren Personen an dem Wochenende im Haus gewesen, als möglichen Täter der Rechtsverletzung präsentiert.

    Soweit die Beklagte beantragt hat, durch Vernehmung des Zeugen [Name] Beweis darüber zu erheben, dass der Zeugen die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen, war diesem Beweisantrag als unzulässig zurückzuweisen. Denn dieser Negativbeweis stellt einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar. Nachdem der Zeuge [Name] ausgesagt hat, er sei das gesamte Wochenende im Haus des Beklagten gewesen, weitere Personen seien nicht zugegen gewesen, stellte die Behauptung der Klägerin, der Zeuge [Name] habe die Rechtsgutverletzung nicht begangen, eine ohne greifbare Anhaltspunkte vorgetragene Behauptung "ins Blaue hinein" dar. Es bleibt einer Partei im Zivilprozess zwar nicht erspart, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine Kenntnis haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen jedoch dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (BGH NJW-RR 91, 888; NJW 91, 2707: NJW-RR 99, 361).



    II.

    Der Beklagte haftet auch ich nicht als Störer. Störer einer Schutzrechtsverletzung ist in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder, der ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um die Störerhaltung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die die Rechtsgutverletzung weder als Täter oder Teilnehmer begangen haben, setzte die Haftung des Störers die Verletzung von zumutbaren Prüfungspflichten voraus (BGH, Urteil vom 11.6.2015 - 1 ZR 7/14). Privaten Anschlussinhaber obliegen insoweit Prüfungspflichten hinsichtlich der ausreichenden Sicherung des WLAN-Anschlusses gegenüber dem unbefugten Zugriff durch Dritte, Da vorliegen jedoch nicht feststeht, dass die Rechtsgutverletzung durch einen Dritten über den WLAN-Anschluss des Beklagten begangen wurden ist, scheitert hieran bereits eine Haftung des Beklagten. Denn auch der Sohn des Beklagten kommt als möglicher Täter in Betracht. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, den WLAN-Anschluss gegenüber seinem volljährigen Sohn zu sichern.

    Der Inhaber eines Internetanschlusses ist ferner grundsätzlich auch nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonnigen Rechtsgutverletzungen im Internet zu belehren noch deren Internetnutzungsverhalten zu überwachen oder dem volljährigen Familienangehörigen eine bestimmte Nutzungsrat zu verbieten, wenn wir vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen (BGH - BearShare). Denn bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienmitglieder erfolgt die Überlassung zum einen auf Grund familiärer Verbundenheit und zum anderen unter der Prämisse, dass der Volljährige für seine Handlungen selbst verantwortlich ist und über die Rechtswidrigkeit bestimmter Nutzungsarten auch ohne ausdrücklichen Hinweis informiert ist.



    III.

    Da der Beklagte nicht für die Rechtsgutverletzung haftet, steht der Klägerin ferner auch kein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung.



    IV.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Hannover,
    Volgersweg 65,
    30175 Hannover.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt.

    Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    [Name]m
    Richterin (...)



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AG Hannover, Urteil vom 06.09.2016, Az. 524 C 3013/15,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Behauptungen ins Blaue hinein,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Phononet-Mediakatalog,
Art. 6 GG

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BGH, I ZR 48/15

#1002 Beitrag von Steffen » Freitag 21. Oktober 2016, 23:54

Rasch Rechtsanwälte (Hamburg):
Bundesgerichtshof -
Anschlussinhaber bei Filesharing
in der Verantwortung!




23:55 Uhr



Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer von Rasch Rechtsanwälte erstrittenen Entscheidung (I ZR 48/15 - "Everytime we touch") die Voraussetzungen der Haftung des Anschlussinhabers in Fällen von "Filesharing" weiter präzisiert. Dabei geht er sowohl auf die Frage ein, ob bzw. wie ein Anschlussinhaber sich entlasten kann, als auch auf die Frage der Verjährung von Schadensersatzansprüchen der Rechteinhaber.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
E-Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de




Bericht

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/bgh- ... ntwortung/




Autor:
Rechtsanwalt Mirko Brüß



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Am 12.05.2016 hatte der BGH Urteile in mehreren "Filesharing"-Verfahren verkündet. Nun liegen die lange erwarteten Urteilsgründe vor. In diesen schafft der BGH endlich Klarheit zu Fragen, die trotz der zahlreichen bisherigen Entscheidungen ("Sommer unseres Lebens", "Morpheus", "BearShare", "Tauschbörse I - III") von den Instanzgerichten stark unterschiedlich beantwortet wurden.

Im Kern geht es um die Frage, wann ein Anschlussinhaber für Filesharing haftet, das über seinen Internetzugang begangen wurde, wenn er behauptet, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte vorgetragen, sein Anschluss werde nicht nur von ihm selbst, sondern auch von seiner Ehefrau und den damals 15- und 17-jährigen Kindern genutzt. Er sei zur Tatzeit gar nicht zu Hause gewesen, zudem hätte die Musik nicht seinem Geschmack entsprochen.

Das Landgericht Köln (LG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, es spreche zwar eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, diese hätte der Beklagte aber widerlegt, da eine Täterschaft eines seiner Kinder in Betracht komme. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat den Beklagten zur Zahlung von EUR 4.200,40 verurteilt, nachdem es eine Beweisaufnahme durchgeführt hatte. Anders als das LG hielt das OLG es für ausgeschlossen, dass eines der Kinder die Rechtsverletzungen ohne das Wissen des Beklagten begangen habe.


Der Bundesgerichtshof ist den Ausführungen des Oberlandesgericht gefolgt und gibt den Instanzgerichten, die zu den Anforderungen an die Widerlegung der tatsächlichen Vermutung die unterschiedlichsten Auffassungen vertreten haben, folgende Vorgaben:
  • "Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht." [Hervorhebung durch den Verfasser des Artikels]
In diesem Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof auch klar, dass die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann greift, wenn es sich um einen "Familienanschluss" handelt, der regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Der Inhaber des Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast erst dann gerecht, "wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen" [Hervorhebung durch den Verfasser des Artikels].


Der Bundesgerichtshof stellt des Weiteren klar, dass weder die behauptete Ortsabwesenheit des Beklagten, noch die fehlende Übereinstimmung mit seinem Musikgeschmack der tatsächlichen Vermutung entgegenstehen. Es verbleit damit bei der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers, der dann auf Unterlassung, Schadens- und Kostenersatz haftet.

Auch hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche schafft der BGH klare Verhältnisse. Zur Höhe des Schadensersatzes findet sich lediglich ein Satz, der die beantragten 200,00 EUR für jeden der 15 verfahrensgegenständlichen Musiktitel bestätigt. Der BGH hält insofern an seiner Rechtsprechung aus den Verfahren "Tauschbörse I - III" fest.


Spannender war die Frage der Verjährung des Schadensersatzanspruchs. Hinsichtlich eines Musiktitels ("Everytime we touch") wurde der Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist (§ 102 Satz 1 UrhG, § 195 BGB) geltend gemacht. Der BGH stellt insofern klar, dass der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Lizenzschadens als "Restschadensersatzanspruch" zustand, der nach § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB erst nach 10 Jahren verjährt. Ausdrücklich erteilt der Bundesgerichtshof der anderslautenden Auffassung einiger Instanzgerichte (LG Bielefeld, AG Düsseldorf, LG Frankenthal, AG Kassel, AG Hannover, AG Koblenz, AG Braunschweig, AG Nürtingen, AG Charlottenburg, AG Bochum, AG Nürnberg) eine Absage:
  • "Der Beklagte hat durch die Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Datei mit dem urheberrechtlich geschützten Musiktitel auf Kosten des Rechteinhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Bereithalten dieses Titels zum Download über eine Internettauschbörse in den Zuweisungsgehalt des der früheren Klägerin zu 2 zustehenden Rechts eingegriffen und sich damit auf deren Kosten den Gebrauch dieses Rechte ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr. (...)

    Entgegen einer in der Instanzrechtsprechung vertretenen Ansicht (...) gelten diese Grundsätze auch für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch Bereitstellen zum Herunterladen über eine Internettauschbörse."
Damit ist nunmehr höchstrichterlich geklärt, dass Rechteinhaber im Fall einer Verletzung ihrer Rechte über eine "Tauschbörse" den ihnen zustehenden Schadensersatz bis zu zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs geltend machen können.


Weiter hervorzuheben ist der Umstand, dass der Bundesgerichtshof die Abmahnung für wirksam und den vom Gericht angesetzten Gegenstandswert von 100.000,00 EUR für angemessen gehalten hat. Der Vortrag des Beklagten, nur über einen "DSL 1000"-Anschluss verfügt zu haben und der Hinweis auf angeblich mindestens 250.000 Abmahnungen pro Jahr, änderte hieran nichts. Für die Wirksamkeit der Abmahnung ist es laut Bundesgerichtshof unerheblich, ob die beigefügte Unterlassungserklärung für einen "Täter" oder "Störer" formuliert war: "Die Formulierung der Unterlassungserklärung ist Sache des Schuldners".


Im Ergebnis stärkt der Bundesgerichtshof die Position der Rechteinhaber deutlich. Immer wieder haben Amts- und Landgerichte Klagen geschädigter Rechteinhaber abgewiesen, weil nach ihrer Ansicht bei einem "Familienanschluss" keine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber bestehe. Damit dürfte nun Schluss sein, denn der Bundesgerichtshof hat deutlich darüber hinausgehende Nachforschungen und Erklärungen des Anschlussinhabers gefordert.




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BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15 - "Everytime we touch"
Rechtsanwalt Mirko Brüß.
Rasch Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Verjährung Filesharing,
10-jährige Verjährung

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I ZR 48/15 - Volltext

#1003 Beitrag von Steffen » Dienstag 25. Oktober 2016, 16:58

Rasch Rechtsanwälte (Hamburg): BGH - Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch" (sekundäre Darlegungslast, Verjährung bei Filesharing-Fälle)



16:55 Uhr



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Rasch Rechtsanwälte

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BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch"

BGH Entscheidungsdatenbank

Urteil als PDF:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=1





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Alle bislang veröffentlichte Entscheidungen - Termin 12.05.2016:
  • I ZR 48/15 vom 12.05.2016 - "Everytime we touch"
    [Reichweite sekundäre Darlegungslast, Verjährung Schadensersatz 10-Jahre]
  • I ZR 86/15 vom 12.05.2016 -"Silver Linings Playbook"
    [WG]
  • I ZR 1/15 vom 12.05.2016 - Tannöd
    [Lizenzschaden]
  • I ZR 272/14 vom 12.05.2016
    [Lizenzschaden]

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Der Bundesgerichtshof hat heute u.a. den BGH-Entscheid - I ZR 48/15 - "Everytime we touch" (Urteil vom 12.05.2016) im Volltext veröffentlicht. Dabei möchte diese Entscheidung - aus meiner Sicht heraus - genauer unter die Lupe nehmen, da neben Aussagen zur sekundären Darlegungslast mit den teilweise vorherrschenden Irrtümern einiger Erst- und Berufungsgerichte, Anwälte - und vor allem "Foren-Experten" - in Fragen der Verjährung bei Filesharing Fälle aufgeräumt wird.



"Everytime we touch"-Entscheid zur sekundären Darlegungslast bei Filesharing Fälle

Der "Everytime we touch"-Entscheid ist als konsequente Fortsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ("Sommer unseres Lebens"; "BearShare"; "Morpheus"; "Tauschbörse I - III") zu sehen.



1. Beweiswürdigung liegt beim Tatrichter
  • (...) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozess-Stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, "TranspR" 2015, 33 Rn. 15 mwN). Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts entspricht diesen Anforderungen. (...)


2. sekundäre Darlegungslast (Mitnutzer)
  • (...) Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht schon dadurch, dass er die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet. Er hat hinsichtlich derjenigen Personen, die selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen, im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 42 - "Tauschbörse III"; allgemein zur sekundären Darlegungslast BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, "TranspR" 2013, 437 Rn. 31). Im Rahmen der den Beklagten treffenden sekundären Darlegungslast bedarf es daher der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann. (...)

    (...) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe keine nachvollziehbare Erklärung dazu abgegeben, wie es seinen Kindern überhaupt hätte gelingen können, von ihm und seiner Ehefrau unbemerkt Filesharing zu betreiben. Er habe keine Angaben zu seiner eigenen Internetnutzung gemacht. Er habe weder vorgetragen, dass auf dem Rechner keine Filesharing-Software installiert gewesen sei, noch dargelegt, dass die streitgegenständlichen Dateien auf dem Rechner nicht vorhanden gewesen seien, obgleich er nach Erhalt der Abmahnung angekündigt habe, die Sache zu prüfen. (...)

    (...) Zudem wäre durch eine Abwesenheit zur Tatzeit die Täterschaft des Beklagten nicht ausgeschlossen, weil Musikdateien über einen mit dem Internet verbundenen Rechner auch bei Abwesenheit des Nutzers zum Download bereitgestellt werden können (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 52 -" Tauschbörse I"). (...)

    (...) Auf das Fehlen eines persönlichen Interesses an den zum Herunterladen angebotenen Musikdateien kommt es nicht an, weil der Teilnahme an Filesharing mit Audiodateien auch anderweitige Interessen ­ wie etwa die Nutzung für gesellige Anlässe oder zur Überlassung an Dritte ­ zugrunde liegen können (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 49 - Tauschbörse I; GRUR 2016, 191 Rn. 43 - "Tauschbörse III"). (...)




"Everytime we touch"-Entscheid zur Verjährung von Schadensersatzansprüche bei Filesharing Fälle

Mit dieser Entscheidung sprach der Bundesgerichtshof ein Machtwort in puncto Fragen rund um die Verjährung der Schadensersatzansprüche bei Filesharing Fälle und den teilwiese rechtsirrigen Annahmen.

Leitsatz des BGH-Entscheides-"Everytime we touch":
»Der Restschadensersatzanspruch aus § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB, der sich auf die Herausgabe des durch den rechtswidrigen Eingriff Erlangten erstreckt, kann in Fällen des widerrechtlichen öffentlichen Zugänglichmachens eines urheberrechtlich geschützten Werks über eine Internettauschbörse mittels einer fiktiven Lizenz berechnet werden.

Rechtsnorm Filesharing Fälle

Verjährungsfrist - allgemein gemäß § 102 UrhG
1. § 102 Satz 1 UrhG = Abmahnkosten - 3 Jahre

a) unabhängig ihrer Rechtsgrundlage (§§ 97, 97a Abs. 3 UrhG) = drei Jahren (§ 195 BGB)
b) Beachte: mögliche Unterschiede in den Höchstfristen (§ 199 BGB)
2. § 102 Satz 2 UrhG = (Rest-) Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung - 10 Jahre
a) Unabhängig von den Abmahnkosten
b) Verletzung durch eine unerlaubte Handlung (schuldhaft, widerrechtlicher Eingriff in einen fremden Rechtskreis; § 852 BGB)
c) ist im Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung, die der Schädiger aus der unerlaubten Handlung erlangt hat und von der deliktischen Verjährung ausgenommen.
Zeitschrift ZUM, 60. Jahrgang 2016, Heft 2, S. 192:
"Weber, Christian:
Die Verjährung von urheberrechtlichen Ansprüchen mit besonderem Augenmerk auf Fälle illegalen Filesharings -
Anmerkung zu LG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14"




1. Die BGH-Entscheide "Bochumer Weihnachtsmarkt" und "Motorradteile" finden Anwendung bei Filesharing Fälle
  • (...) Der auf die Verletzung des ausschließlichen Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen einer Datei mit dem Musiktitel gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG gestützte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ist nicht verjährt, weil er im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfertigten Bereicherung gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 175/10, GRUR 2012, 715 Rn. 36 bis 41 = WRP 2012, 950 - "Bochumer Weihnachtsmarkt"; BGH, GRUR 2015, 780 Rn. 31 - "Motorradteile"). (...)


2. 10-jährige Verjährung nach § 102 Satz 2 UrhG
  • (...) Gemäß § 102 Satz 2 UrhG findet § 852 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt nach § 852 Satz 2 BGB in zehn Jahren von seiner Entstehung an und ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen den Schaden auslösenden Ereignis an (BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 - I ZR 148/13, GRUR 2015, 780 Rn. 28 = WRP 2015, 972 - "Motorradteile"). (...)


3. Irrtum, dass im Lizenzvertrag Filesharing festgesetzt werden muss!
  • (...) Dass die Erteilung einer Lizenz in dieser Konstellation tatsächlich nicht in Betracht kommt, steht der Bemessung des Wertersatzes mittels einer so genannten fiktiven Lizenz nicht entgegen, weil es sich hierbei um einen normativen Maßstab handelt, der nicht voraussetzt, dass es bei korrektem Verhalten des Verletzers tatsächlich zum Abschluss eines Lizenzvertrags gekommen wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88, GRUR 1990, 1008, 1009 - "Lizenzanalogie"; Urteil vom 17. Juni 1992 - I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 26 - "Tchibo / Rolex II"; BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 49 ff. ­ "Tauschbörse II"). (...)


4. Irrtum, dass der Filesharer sich nicht bereichert, da er die Kopie nur zum Eigengebrauch nutzt
  • (...) Dieser Eingriff beschränkt sich im Falle der Bereitstellung eines Werks über eine Internettauschbörse nicht auf die Erlangung einer Einzelkopie durch den in Anspruch genommenen Nutzer. Vielmehr erhält durch die Bereitstellung über die Tauschbörse zugleich eine Vielzahl von Nutzern Zugriff auf das Werk. Diesem Umstand ist bei der Bemessung des Wertersatzes im Wege der fiktiven Lizenz Rechnung zu tragen. (...)


5. Filesharer hat etwas erlangt!
  • (...) Der Beklagte hat durch die Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Datei mit dem urheberrechtlich geschützten Musiktitel auf Kosten des Rechtsinhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Bereithalten dieses Titels zum Download über eine Internettauschbörse in den Zuweisungsgehalt des der früheren Klägerin zu 2 zustehenden Rechts eingegriffen und sich damit auf deren Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 - "Restwertbörse I", mwN; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 39 und 40 ­ "Bochumer Weihnachtsmarkt"; GRUR 2015, 780 Rn. 32 - "Motorradteile"). Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, da das Erlangte - also der Gebrauch des Schutzgegenstands - nicht mehr entfallen kann (BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 41 - "Bochumer Weihnachtsmarkt"). (...)


6. Klare Worte gegenüber bestimmte Erst- und Berufungsgerichte
  • (...) Entgegen einer in der Instanzrechtsprechung vertretenen Ansicht (LG Bielefeld, GRUR-RR 2015, 429 und ZUM 2016, 458; AG Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2015 ­ Az. 57 C 7592/14, juris Rn. 18; AG Frankenthal, Urteil vom 30. Oktober 2014 - Az. 3a C 198/14, juris; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2013 - Az. 20 U 138/12, juris; LG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2015, 431) gelten diese Grundsätze auch für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werks durch Bereitstellen zum Herunterladen über eine Internettauschbörse. (...)


7. Die Verletzungshandlung des FiIesharer
  • (...) Der Beklagte hat durch die Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Datei mit dem urheberrechtlich geschützten Musiktitel auf Kosten des Rechtsinhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Bereithalten dieses Titels zum Download über eine Internettauschbörse in den Zuweisungsgehalt des der früheren Klägerin zu 2 zustehenden Rechts eingegriffen und sich damit auf deren Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 - "Restwertbörse I", mwN; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 39 und 40 ­ "Bochumer Weihnachtsmarkt"; GRUR 2015, 780 Rn. 32 - "Motorradteile"). Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, da das Erlangte - also der Gebrauch des Schutzgegenstands - nicht mehr entfallen kann (BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 41 - "Bochumer Weihnachtsmarkt"). (...)




Im Weiteren werden auch interessante Ausführungen getätigt rund um die die Hemmung der Verjährung durch einen Mahnbescheid und der Zustellung: "demnächst".
  • (...) Bei der Beantwortung der Frage, ob die Zustellung eines Mahnbescheids im Sinne des § 167 ZPO "demnächst" bewirkt worden ist, ist nicht allein auf den Zeitablauf zwischen Eingang des Antrages auf seinen Erlass und seiner Zustellung an den Antragsgegner abzustellen. Vielmehr sollen, da die Zustellung von Amts wegen geschieht, die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden, weil sie diese Verzögerungen nicht beeinflussen können. Verzögerungen im Zustellverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung durch das Gericht verursacht worden sind, muss sich der Antragsteller grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Zuzurechnen sind nur solche nicht geringfügige Verzögerungen, die er oder sein Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Verfahrensführung hätten vermeiden können (BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05, BGHZ 168, 306 Rn. 17 f., mwN). (...)





BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch"


  • (...) BUNDESGERICHTSHOF


    IM NAMEN DES VOLKES


    URTEIL



    I ZR 48/15


    Verkündet am:
    12. Mai 2016
    [Name],
    Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    in dem Rechtsstreit


    Nachschlagewerk: ja
    BGHZ: nein
    BGHR: ja


    Everytime we touch

    UrhG §§ 19a, 85, 97, 102; UWG § 12 Abs. 4; BGB §§ 195, 199, 204, 670, 677, 683, 852; ZPO § 167; RVG § 23 Abs. 3


    Der Restschadensersatzanspruch aus § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB, der sich auf die Herausgabe des durch den rechtswidrigen Eingriff Erlangten erstreckt, kann in Fällen des widerrechtlichen öffentlichen Zugänglichmachens eines urheberrechtlich geschützten Werks über eine Internettauschbörse mittels einer fiktiven Lizenz berechnet werden.


    BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15
    - OLG Köln
    LG Köln


    Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [Name], die Richter Prof. Dr. [Name], Dr. [Name], Prof. Dr. [Name] und [Name]

    für Recht erkannt:

    Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Februar 2015 im Kostenpunkt und hinsichtlich des Zinsausspruchs aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. November 2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Der Beklagte wird verurteilt,

    an die Klägerin zu 3 einen Betrag von 800,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 600,00 EUR seit dem 26. Oktober 2012 und aus weiteren 200,00 EUR seit dem 19. Juni 2014 zu zahlen,

    an die Klägerin zu 3 einen weiteren Betrag von 1.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2012 zu zahlen,

    an die Klägerin zu 4 einen Betrag von 1.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2012 zu zahlen,

    an die Klägerin zu 1 einen Betrag von 300,10 EUR, an die Klägerin zu 3 einen Betrag von 600,20 EUR und an die Klägerin zu 4 einen Betrag von 300,10 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2012, zu zahlen.


    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


    Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten erster und zweiter Instanz tragen die Klägerinnen zu 1, zu 2 und zu 3 je 5%, die Klägerin zu 4 10% und der Beklagte 75%.

    Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 trägt der Beklagte 50%, von denen der vormaligen Klägerin zu 2 79%, von denen der Klägerin zu 3 84% und von denen der Klägerin zu 4 66%. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

    Die Kosten der Revision hat der Beklagte zu tragen.



    Von Rechts wegen



    Tatbestand:


    Die Klägerinnen verfügen über ausschließliche Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Die ehemalige Klägerin zu 2, die Universal Music GmbH mit Sitz in Berlin, ist aufgrund Verschmelzungsvertrags vom 11. Juli 2014 auf die Klägerin zu 3 als aufnehmende Rechtsträgerin verschmolzen worden, die Ende Juli 2014 ihre Firmierung in Universal Music GmbH änderte.

    Der Beklagte war im November und Dezember 2007 Inhaber eines über eine WLAN-Verbindung herzustellenden Internetzugangs, an den ein Rechner angeschlossen war, der vom Beklagten, seiner Ehefrau und den seinerzeit 15 und 17 Jahre alten Kindern des Beklagten genutzt wurde. Der Router war mit einer WPA2-Verschlüsselung versehen.

    Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 8. Mai 2008 abmahnen. Auf die Abmahnung gab der Beklagte am 16. Mai 2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerinnen haben geltend gemacht, das von ihnen beauftragte Unternehmen pro Media GmbH habe festgestellt, dass am 18. November 2007 um 19:51 Uhr über die IP-Adresse 80.141.80.199 mittels des Tauschbörsenprogramms "BearShare" insgesamt 809 Audiodateien zum Herunterladen verfügbar gehalten worden seien. Ein daraufhin eingeleitetes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass diese IP-Adresse zum genannten Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen sei. Die angebotenen Dateien enthielten Musikaufnahmen, für die die Klägerinnen originär oder aufgrund rechtsgeschäftlichen Erwerbs die ausschließlichen Verwertungsrechte der Tonträgerhersteller sowie aufgrund abgeleiteten Erwerbs Rechte der ausübenden Künstler für das Gebiet Deutschlands besäßen.

    Mit Mahnbescheid vom 20. März 2012, der dem Beklagten am 27. März 2012 zugestellt worden ist, haben die Klägerinnen zu 2 bis 4 einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz für insgesamt 15 näher bezeichnete Musiktitel in Höhe von 200,00 EUR je Titel nebst Zinsen geltend gemacht, wobei auf die ehemalige Klägerin zu 2 ein Betrag von 600,00 EUR, auf die Klägerin zu 3 von 1.200,00 EUR und auf die Klägerin zu 4 von weiteren 1.200,00 EUR entfiel. Darüber hinaus haben die Klägerinnen zu 1 bis 4 einen nach einem Gegenstandswert in Höhe von 200.000 EUR und unter Zugrundelegung einer 1,3-Geschäftsgebühr berechneten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 EUR zuzüglich Zinsen geltend gemacht.


    Nach Abgabe der Sache an das Gericht des Streitverfahrens haben die Klägerinnen beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen,

    1. an die Klägerinnen zu gleichen Teilen einen Betrag in Höhe von 2.380,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
    2. an die Klägerin zu 2 einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
    3. an die Klägerin zu 3 einen Betrag in Höhe von 1.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
    4. an die Klägerin zu 4 einen Betrag in Höhe von 1.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
    zu zahlen.


    Der Beklagte hat bestritten, dass die IP-Adresse zutreffend ermittelt und seinem Anschluss zugeordnet worden sei. Er hat ferner in Abrede gestellt, die fraglichen Audiodateien selbst zum Download angeboten zu haben, und geltend gemacht, keine Anhaltspunkte dafür zu haben, dass seine Familienangehörigen die von den Klägerinnen beanstandeten Rechtsverletzungen begangen hätten. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, Urteil vom 20. November 2013 ­ Az. 28 O 467/12, juris). Mit der Berufung haben die Klägerinnen ihre Klageanträge mit der Maßgabe weiterverfolgt, dass die Klägerin zu 2 einen Betrag von 800,00 EUR nebst Zinsen und die Beklagte zu 4 lediglich einen Betrag von 1.000,00 EUR nebst Zinsen beansprucht.

    Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerinnen zu gleichen Teilen einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.200,40 EUR, an die ehemalige Klägerin zu 2 einen Betrag von 800,00 EUR, an die Klägerin zu 3 einen Betrag von 1.200,00 EUR und an die Klägerin zu 4 einen Betrag in Höhe von 1.000,00 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2012 zu zahlen (OLG Köln, Urteil vom 6. Februar 2015 ­ Az. 6 U 209/13, juris). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.



    Entscheidungsgründe:


    A.

    Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägerinnen stünden die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Lizenzanalogie in voller Höhe und der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 UrhG aF in Höhe von 1.200,40 EUR zu.

    Zur Begründung hat es ausgeführt:

    Die Klägerinnen zu 2 bis 4 könnten als Tonträgerhersteller im Sinne von § 85 Abs. 1 UrhG jeweils Schadensersatz gemäß § 97 UrhG verlangen. Soweit sie ihre Anträge in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht dahin geändert hätten, dass die Klägerin zu 2 für vier Musiktitel 800,00 EUR statt zuvor 600,00 EUR und die Klägerin zu 4 für fünf der Musiktitel 1.000,00 EUR statt zuvor 1.200,00 EUR verlange, liege angesichts der Begründung des Klageantrags, mit der ein Lizenzschaden in Höhe von 200,00 EUR je Titel gefordert worden sei, eine bloße Berichtigung eines erkennbaren Versehens, nicht aber eine Klageänderung oder Teilklagerücknahme vor.

    Die Klägerinnen zu 2 bis 4 seien nach den vorgelegten Ausdrucken der Katalogdatenbank "www.media-cat.de" der Phononet GmbH als Lieferantinnen der Musikalben ausgewiesen, die die streitbefangenen Musikaufnahmen enthielten. Der Beklagte habe die Indizwirkung dieser Einträge nicht durch den Vortrag näherer Anhaltspunkte entkräftet, aus denen sich im konkreten Fall Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen ergeben könnten.

    Die dem Schadensersatzbegehren der Klägerinnen zugrunde liegenden

    Musikaufnahmen seien über den Internetanschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die streitbefangenen Audiodateien am 18. November 2007 um 19:51 Uhr im Internet unter einer dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnenden IP-Adresse zum Download bereitgehalten worden seien. Damit spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses für den festgestellten Eingriff in die Verwertungsrechte der Klägerinnen verantwortlich sei. Diese Vermutung habe der Beklagte nicht widerlegt. Aufgrund der Aussage seiner Ehefrau stehe fest, dass sie nicht als Täterin der in Rede stehenden Rechtsverletzungen in Betracht komme. Es bestünden ferner keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Kinder des Beklagten die in Rede stehenden Rechtsverletzungen unentdeckt hätten begehen können.

    Die Klägerinnen könnten für jeden der insgesamt 15 von ihnen in die Berechnung einbezogenen Musiktitel im Wege der Lizenzanalogie einen Betrag in Höhe von 200,00 EUR verlangen. Der den Klägerinnen nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung zustehende Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten sei nach einem Gegenstandswert von 100.000,00 EUR zu berechnen, da der Umfang der mit der Klage verfolgten Rechtsverletzungen deutlich hinter der Zahl der in der Abmahnung behaupteten Rechtsverletzungen zurückbleibe.


    B.

    Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hat lediglich wegen eines Teils der ausgeurteilten Prozesszinsen und eines Teils der auf den Beklagten entfallenden Kosten des Rechtsstreits Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.



    I.

    Der Umstand, dass die ehemalige Klägerin zu 2 vor Erlass des Berufungsurteils aufgrund Verschmelzungsvertrags vom 11. Juli 2014 gemäß § 2 Nr. 1, §§ 4 ff. UmwG auf die Klägerin zu 3 verschmolzen worden ist, stand einer Entscheidung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Zwar ist das Vermögen der Klägerin zu 2 mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister auf die Klägerin zu 3 übergegangen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) und die Klägerin zu 2 mit der Übertragung ihres Vermögens auf die Klägerin zu 3 erloschen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG). Wird ein übertragender Rechtsträger, der in einem anhängigen Rechtsstreit durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, auf einen anderen Rechtsträger verschmolzen, tritt dieser ohne weiteres und ohne Unterbrechung des Verfahrens in den Rechtsstreit als Rechtsnachfolger gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ein (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2003 ­ II ZR 161/02, BGHZ 157, 151, 154 f.). Im Streitfall war die Klägerin zu 3, die übernehmende Rechtsträgerin, bereits an dem Rechtsstreit beteiligt, so dass sie nicht neu in den Rechtsstreit eingetreten ist, sondern in dem bereits anhängigen Prozess die Ansprüche der erloschenen Klägerin zu 2 mitverfolgen konnte. Dass das Rubrum des Berufungsurteils und die Urteilsformel noch die Klägerin zu 2 anführen, ist unschädlich. Soweit erforderlich kann die unzutreffende Anführung der Klägerin zu 2 jederzeit als offenbare Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO berichtigt werden (BGH, Urteil vom 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430, 1431).



    II.

    Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass den früheren Klägerinnen zu 2 bis 4 - nunmehr Klägerinnen 3 und 4 - ein gegen den Beklagten gerichteter Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200,00 EUR für jede der 15 zum Download bereitgehaltenen Dateien mit Musikaufnahmen zusteht, an denen sie jeweils die Tonträgerrechte innehaben (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F.).


    1.

    Nach der im Zeitpunkt der behaupteten Verletzung maßgeblichen Fassung des § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG vom 23. Juni 1995 kann auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.


    2.

    Die Klägerinnen haben ihre Klage auf eine Verletzung der ihnen als Hersteller von Tonträgern zustehenden Verwertungsrechte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG und damit auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht gestützt. Nach dieser Bestimmung hat der Hersteller eines Tonträgers das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Anbieten von Tonaufnahmen mittels eines Filesharing-Programms in so genannten "Peer-to-Peer"-Netzwerken im Internet das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Herstellers des Tonträgers verletzt, auf dem die Tonaufnahme aufgezeichnet ist (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, GRUR 2016, 176 Rn. 14 = WRP 2016, 57 - "Tauschbörse I"; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14, GRUR 2016, 184 Rn. 15 = WRP 2016, 66 - "Tauschbörse II"). Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.


    3.

    Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerinnen in Bezug auf die den jeweiligen Schadensersatzbegehren zugrunde gelegten 15 Musiktitel Inhaber der Tonträgerherstellerrechte im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind.


    a)

    Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerinnen seien in den vorgelegten Ausdrucken der Katalogdatenbank "www.media-cat.de" der Phononet GmbH als Lieferantinnen derjenigen Musiktitel ausgewiesen, die ihrem Schadensersatzbegehren zugrunde lägen und nach ihrem Vortrag über den Internetanschluss des Beklagten mit dem Tauschbörsenprogramm "BearShare" am 18. November 2007 öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Gegen diese tatrichterliche Feststellung hat die Revision keine Rügen erhoben.


    b)

    Das Berufungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass diese Eintragungen in der Datenbank ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft der Tonträgerherstellerrechte sind, die nur durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet werden können, die gegen die Richtigkeit der in sie aufgenommenen Angaben sprechen (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 17 ff. ­ Tauschbörse I). Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht weder seiner Überzeugungsbildung zur Rechtsinhaberschaft der Klägerinnen ein unzutreffendes Beweismaß zugrunde gelegt noch den Einträgen in die von der Phononet GmbH unterhaltenen Katalogdatenbank eine zu hohe Beweiskraft zugemessen.


    aa)

    Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Dabei setzt die Überzeugung von der Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache keine absolute oder unumstößliche Gewissheit voraus, da eine solche nicht zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 221/92, NJW-RR 1994, 567, 568 mwN). Dass das Berufungsgericht von unzutreffenden Anforderungen an die Überzeugungsbildung ausgegangen ist, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat es zum Ausdruck gebracht, dass es aufgrund der von ihm in einer Vielzahl von Verfahren gewonnenen Überzeugung von der Richtigkeit der in den Phononet-Medienkatalog aufgenommenen Einträge und mangels Anhaltspunkten, die die Richtigkeit der dort verzeichneten Angaben erschüttern könnten, keine Zweifel an der Rechtsinhaberschaft der Klägerinnen hat.


    bb)

    Das Berufungsgericht konnte sich bei seiner Überzeugungsbildung auf die Einträge in der Katalogdatenbank der Phononet GmbH stützen.

    Der Tatrichter ist grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er Indizien, aus denen Rückschlüsse auf den unmittelbaren Beweistatbestand gezogen werden können, im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 19 ­ "Tauschbörse I"). Diesen Anforderungen hält die Beurteilung des Berufungsgerichts stand.


    (1)

    Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Nachweis der Urheberschaft und der Inhaberschaft an ausschließlichen Verwertungsrechten außerhalb des Anwendungsbereichs der in § 10 UrhG niedergelegten Vermutungsregeln auch durch einen Indizienbeweis erbracht werden, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern. Als ein solches Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten kommt auch die Eintragung als Lieferant eines Musiktitels in der für den Handel einschlägigen Datenbank der Phononet GmbH in Betracht. Bei den an den Nachweis der Rechtsinhaberschaft eines Tonträgerherstellers gemäß § 85 Abs. 1 UrhG zu stellenden Anforderungen ist ferner den besonderen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die ein solcher Nachweis mit sich bringt und die in der Komplexität des Begriffs des Tonträgerherstellers begründet liegen. Der Tonträgerhersteller, dem die effektive Durchsetzung seines Leistungsschutzrechtes möglich sein muss, kann sich daher zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation auf Indizien wie seine Eintragung in den Phononet-Medienkatalog beziehen. Weitergehende Darlegungen und Beweisangebote und deren Ausschöpfung sind erst erforderlich, wenn der als Verletzer in Anspruch Genommene konkrete Anhaltspunkte darlegt, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in der fraglichen Datenbank zu den jeweiligen Musikstücken sprechen (BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 20 - "Tauschbörse I").


    (2)

    Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Phononet-Medienkatalog der zentrale Einkaufskatalog für den Einzelhandel ist und dass dieser großen Wert auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Daten legt. Auf dieser Grundlage hat es die dort enthaltenen Eintragungen zur Rechtsinhaberschaft der Klägerinnen als zutreffend angesehen.

    Die Revision macht ohne Erfolg geltend, einer Eintragung in der Datenbank gehe keine rechtliche Prüfung von Urheber- oder Verwertungsrechten voraus. Ebenso wie bei der Vermutungswirkung im Sinne von § 10 UrhG ergibt sich die indizielle Bedeutung der Eintragung als Lieferant in der Phononet Datenbank nicht aus einer vorangegangenen Rechtsprüfung, sondern aus tatsächlichen, typischerweise für eine Rechtsinhaberschaft sprechenden äußeren Umständen. Das Berufungsgericht hat den Eintragungen in der Datenbank daher rechtsfehlerfrei eine maßgebliche Indizwirkung beigemessen (BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 22 f. - "Tauschbörse I"). Die Revision hat auch nicht geltend gemacht, dass der Beklagte konkrete Anhaltspunkte dargelegt hat, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in dem Phononet-Medienkatalog und damit gegen die Rechtsinhaberschaft der Klägerinnen an den maßgeblichen Musikaufnahmen sprachen.


    4.

    Das Berufungsgericht hat unangegriffen angenommen, dass die streitbefangenen 15 Musiktitel am 18. November 2007 um 19:51 Uhr unter der IP-Adresse 80.141.80.199 öffentlich zugänglich gemacht wurden. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass diese IP-Adresse zu den vorgenannten Zeiten dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen war.


    5.

    Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte für die in Rede stehende Rechtsverletzung als Täter verantwortlich ist.


    a)

    Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine tatsächliche Vermutung könne auch dann für die Täterschaft des Anschlussinhabers sprechen, wenn es in einem Haushalt - wie im Streitfall - einen von mehreren Personen genutzten "Familienanschluss" gebe. Bestand hat auch die Annahme des Berufungsgerichts, die bloße Behauptung der Möglichkeit, ein Dritter könne die Rechtsverletzung begangen haben, schließe das Eingreifen einer tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers nicht aus. Die Revision beanstandet ferner ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht vom Beklagten plausiblen Vortrag dazu verlangt hat, dass sein Internetanschluss von Dritten - wie hier von den Kindern des Beklagten - zur Teilnahme an Tauschbörsen habe genutzt werden können.


    aa)

    Nach den allgemeinen Grundsätzen tragen die Klägerinnen als Anspruchstellerinnen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie haben darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - "Morpheus"; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare"; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - "Tauschbörse III"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III").

    Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 - Tauschbörse III). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.


    bb)

    Entgegen der Auffassung der Revision kommt ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebots haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an (BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 39 ­ "Tauschbörse III"). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.


    b)

    Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine tatsächliche Vermutung für die täterschaftliche Verantwortlichkeit des Beklagten spricht.

    Das Berufungsgericht hat angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten lasse sich nicht feststellen, dass ein im Haushalt des Beklagten lebender Dritter selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss des Beklagten gehabt habe und daher allein für die Rechtsverletzung verantwortlich sein könne. Soweit der Beklagte geltend gemacht habe, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine seinerzeit 15 und 17 Jahre alten Kinder selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt hätten, sei mit Rücksicht auf die Angaben seiner Ehefrau nicht plausibel dargetan, dass der Internetanschluss hinter dem Rücken des Beklagten für illegales Filesharing habe genutzt werden können. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg.


    aa)

    Unstreitig war der Router, über den vom Anschluss des Beklagten ein Zugang zum Internet hergestellt werden konnte, im fraglichen Zeitraum mit einer WPA2-Verschlüsselung versehen. Die Revision hat nicht geltend gemacht, dass bei dieser Sachlage vom Zugriff eines unbefugt handelnden Dritten ausgegangen werden könne.


    bb)

    Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, aufgrund der Angaben der Ehefrau des Beklagten stehe fest, dass dessen Familie nur über einen an das Internet angeschlossenen Rechner verfügt habe, der im Wohnzimmer aufgestellt gewesen und von der ganzen Familie genutzt worden sei. Eigene Benutzerkonten habe es nicht gegeben. Die Zeugin scheide nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als Täterin der fraglichen Rechtsverletzungen aus. Nach diesen Feststellungen, gegen die die Revision keine Einwände erhoben hat, kommen als Täter nur der Beklagte und seine zum damaligen Zeitpunkt 15 und 17 Jahre alten Kinder in Betracht.


    cc)

    Das Berufungsgericht hat angenommen, auf der Grundlage der Angaben der Ehefrau des Beklagten könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Kinder des Beklagten als Alleintäter des fraglichen Downloadangebotes von insgesamt 809 Titeln in Betracht zu ziehen seien. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.


    (1)

    Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war die Internetnutzung der Kinder im Tatzeitraum auf jeweils eine halbe Stunde pro Tag begrenzt. Dieses Zeitlimit wurde eingehalten. Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass die Ehefrau des Beklagten die Kinder bei der Internetnutzung regelmäßig im Blick gehabt hat. Nach ihren bei der Beweisaufnahme gemachten Angaben hat sie im Vorbeigehen immer mal wieder nachgeschaut, was die Kinder gerade am Rechner machten, und hat sich dies auch manchmal erklären lassen. Das Berufungsgericht hat angenommen, bei dieser Sachlage könne nicht davon ausgegangen werden, die Kinder des Beklagten hätten einen derart selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss des Beklagten gehabt, dass sie ernsthaft als Alleintäter der in Rede stehenden Verletzungshandlung in Betracht zu ziehen seien. Die hiergegen erhobenen Rügen der Revision haben keinen Erfolg.


    (2)

    Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Das Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozess-Stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, "TranspR" 2015, 33 Rn. 15 mwN). Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts entspricht diesen Anforderungen.


    (3)

    Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, mit Rücksicht auf die Angaben, die die Ehefrau des Beklagten zum Nutzungsverhalten der Kinder gemacht habe, sei nicht plausibel dargetan, wie diese den Familienrechner hinter dem Rücken des Beklagten zur Teilnahme an einer Tauschbörse genutzt haben könnten.

    Die Feststellung des Berufungsgerichts, aus den Angaben der Ehefrau des Beklagten ergebe sich, dass sie ihre Kinder bei der Internetnutzung regelmäßig im Blick gehabt habe, wird vom protokollierten Inhalt ihrer Aussage getragen. Die Zeugin hat zwar bekundet, dass sie und der Beklagte natürlich nicht die ganze Zeit hinter ihren Kindern gesessen hätten, wenn diese am Rechner waren. Sie hat aber auch angegeben, im Vorbeigehen immer mal geschaut zu haben, was ihre Kinder gerade am Rechner machten, und dass sie sich dies gelegentlich auch hat erklären lassen. Die Zeugin hat ferner bekundet, dass den Kindern die Nutzung des Rechners in ihrer Abwesenheit zwar nicht prinzipiell verboten gewesen sei, es sich jedoch meistens so verhalten habe, dass sie nicht allein an den Computer gegangen seien. Die Kinder hätten zudem zumeist gefragt, ob sie an den Computer dürften. Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Zeugin habe ihre Kinder bei der Internetnutzung regelmäßig im Blick gehabt, nicht zu beanstanden.

    Dasselbe gilt für die Annahme des Berufungsgerichts, mit Blick auf ihre Beaufsichtigung und die zeitliche Begrenzung der Internetnutzung hätten die Kinder keinen so eigenständigen Zugriff auf das Internet gehabt, dass eine heimliche Nutzung des Internetanschlusses des Beklagten zur Teilnahme an einer Internet-Tauschbörse ernsthaft in Betracht zu ziehen sei. Diese Würdigung steht mit den Denkgesetzen in Einklang und ist auch nicht erfahrungswidrig. Soweit die Revision geltend macht, das von der Ehefrau des Beklagten geschilderte Nutzungsverhalten lasse es gleichwohl als möglich erscheinen, dass die Kinder ein Tauschbörsenprogramm heimlich installiert und genutzt hätten, ohne dass dies den Eltern habe auffallen müssen, setzt sie lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.


    (4)

    Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Internetnutzung der Kinder des Beklagten seien verfahrensfehlerhaft getroffen worden. Das Berufungsgericht war nicht nach § 139 ZPO verpflichtet, den Beklagten im Anschluss an die Beweisaufnahme darauf hinzuweisen, dass die Kinder des Beklagten auf der Grundlage der Angaben der Ehefrau des Beklagten nicht als Täter in Betracht kämen.

    Die Revision rügt vergeblich, bei einer nochmaligen Einvernahme der Ehefrau des Beklagten hätte sich ergeben, dass diese nicht ausschließen könne, an den Tattagen nicht zuhause gewesen zu sein oder aus anderen Gründen die Internetnutzung der Kinder nicht überwacht zu haben. Die Revision zeigt schon nicht auf, dass der Beklagte entsprechenden Tatsachenvortrag gehalten hat, dem im Zuge der Beweisaufnahme hätte nachgegangen werden müssen (§ 559 Abs. 1, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO). Sie legt auch nicht dar, dass das Berufungsgericht dem Beklagten keine Gelegenheit gegeben hat, durch Fragen oder Vorhalte im Termin zur Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht auf eine entsprechende Ergänzung der Angaben der Zeugin hinzuwirken (§ 397 ZPO).

    Entgegen der Auffassung der Revision war das Berufungsgericht auch nicht gehalten, den Beklagten darauf hinzuweisen, dass eine Täterschaft der Kinder des Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ernsthaft in Betracht kam. Eine Pflicht des Gerichts nach § 139 ZPO, im Rahmen der Erörterung im Anschluss an die Beweisaufnahme nach § 279 Abs. 3 ZPO auf das vorläufige Ergebnis der Beweiswürdigung einzugehen, ist anzunehmen, wenn die nachfolgende Entscheidung andernfalls eine Überraschungsentscheidung darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1989 - VI ZR 216/88, NJW 1989, 2756, 2757; Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 146/05, juris Rn. 5; BVerwG, NVwZ 2013, 1132, 1134 f.). Das im Streitfall angegriffene Urteil ist keine solche Überraschungsentscheidung. Das Berufungsgericht hat den Beklagten ausweislich des Protokolls über den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2014 darauf hingewiesen, dass es seinen bisherigen Sachvortrag zur Nutzung seines Internetanschlusses durch weitere Familienangehörige nicht für ausreichend erachtet. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht durch die Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zum Ausdruck gebracht, dass es die Angaben der Ehefrau des Beklagten möglicherweise abweichend von der Beweiswürdigung des Landgerichts bewerten wollte (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Beklagte durfte sich vor diesem Hintergrund nicht darauf verlassen, dass vor einer für ihn nachteiligen Entscheidung des Berufungsgerichts ein nochmaliger Hinweis erfolgen würde.


    dd)

    Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast zur Frage der Internetnutzung durch Dritte nicht genügt hat.


    (1)

    Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe keine nachvollziehbare Erklärung dazu abgegeben, wie es seinen Kindern überhaupt hätte gelingen können, von ihm und seiner Ehefrau unbemerkt Filesharing zu betreiben. Er habe keine Angaben zu seiner eigenen Internetnutzung gemacht. Er habe weder vorgetragen, dass auf dem Rechner keine Filesharing-Software installiert gewesen sei, noch dargelegt, dass die streitgegenständlichen Dateien auf dem Rechner nicht vorhanden gewesen seien, obgleich er nach Erhalt der Abmahnung angekündigt habe, die Sache zu prüfen.


    (2)

    Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht schon dadurch, dass er die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet. Er hat hinsichtlich derjenigen Personen, die selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen, im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 42 - "Tauschbörse III"; allgemein zur sekundären Darlegungslast BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, "TranspR" 2013, 437 Rn. 31). Im Rahmen der den Beklagten treffenden sekundären Darlegungslast bedarf es daher der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass der Vortrag des Beklagten diesen Anforderungen nicht genügte.


    (3)

    Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den Beklagten darauf hinweisen müssen, dass es auch dessen eigenes Nutzerverhalten sowie die Frage für entscheidungserheblich gehalten habe, inwieweit er den mit dem Internet verbundenen Rechner im Nachgang zu der Abmahnung untersucht habe, legt sie nicht dar, was der Beklagte auf einen solchen Hinweis hin ergänzend vorgetragen hätte.


    (4)

    Die Revision wendet sich vergeblich dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Würdigung der Plausibilität des Vortrages des Beklagten in Rechnung gestellt hat, dass dessen Familie nach den im Zuge der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen nur über einen an das Internet angeschlossen Rechner verfügte, wohingegen der Beklagte mit der Reaktion auf die Abmahnung zum Ausdruck gebracht und in erster Instanz auch vorgetragen hat, es sei mehr als ein Rechner an das Internet angeschlossen gewesen. Im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) können Änderungen des Parteivortrags berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJWRR 2012, 728 Rn. 16; Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, "TranspR" 2013, 430 Rn. 11; Urteil vom 4. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 Rn. 41 = WRP 2016, 869 - "ConText").


    (5)

    Ohne Erfolg rügt die Revision ferner, das Berufungsgericht habe den vom Beklagten vorgetragenen Umstand unberücksichtigt gelassen, selbst als Täter auszuscheiden, weil er in seinem Gartencenter gearbeitet habe.

    Der Vortrag des Beklagten, am 19. Dezember 2007 um 16:14 Uhr in seinem Gartencenter gearbeitet zu haben, ist schon deshalb unerheblich, weil nach dem Vorbringen der Klägerinnen zu diesem Zeitpunkt zwar weitere Tauschbörsen-Aktivitäten mit der im Zuge des streitbefangenen Downloadangebotes am 18. November 2007 um 19:51 Uhr ermittelten Benutzerkennung festgestellt worden sind, der Vortrag des Beklagten sich aber nicht auf die Zeit bezieht, zu der die haftungsauslösende Verletzungshandlung begangen worden sein soll. Auch der Umstand, dass der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 30. Oktober 2013 zu Protokoll erklärt hat, er gehe morgens um 8.00 Uhr aus dem Haus und komme abends erst gegen 8.00 Uhr zurück, konnte dem Berufungsgericht keinen Anlass für eine abweichende Würdigung der Plausibilität des Vortrags zu einer möglichen Alleintäterschaft der Kinder geben. Die Revision macht bereits nicht geltend, dass sich diese Angabe des Beklagten, die er ausweislich des Verhandlungsprotokolls im Zusammenhang mit der Erläuterung seines beruflichen Hintergrundes gemacht hat, auch auf den auf einen Sonntag fallenden 18. November 2007 bezogen hat. Zudem wäre durch eine Abwesenheit zur Tatzeit die Täterschaft des Beklagten nicht ausgeschlossen, weil Musikdateien über einen mit dem Internet verbundenen Rechner auch bei Abwesenheit des Nutzers zum Download bereitgestellt werden können (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 52 -" Tauschbörse I").


    (6)

    Die Revision macht schließlich vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe außer Acht gelassen, dass der von seiner Ehefrau bekundete Musikgeschmack des Beklagten gegen seine Täterschaft und damit für ein Handeln seiner Kinder spreche. Auf das Fehlen eines persönlichen Interesses an den zum Herunterladen angebotenen Musikdateien kommt es nicht an, weil der Teilnahme an Filesharing mit Audiodateien auch anderweitige Interessen ­ wie etwa die Nutzung für gesellige Anlässe oder zur Überlassung an Dritte ­ zugrunde liegen können (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 49 - Tauschbörse I; GRUR 2016, 191 Rn. 43 - "Tauschbörse III").


    6.

    Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet angenommen, die Klägerinnen könnten für jeden der 15 in ihre Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel nach der von ihnen gewählten Berechnungsmethode der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG einen Betrag von 200,00 EUR verlangen (§ 287 ZPO).



    III.

    Das Berufungsgericht hat den Klägerinnen zu Recht einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.200,40 EUR zugesprochen.


    1.

    Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung richtet sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB). Auf die Abmahnung vom 8. Mai 2008 ist die am 1. September 2008 in Kraft getretene und mit Wirkung vom 9. Oktober 2013 geänderte Regelung des § 97a UrhG nicht anwendbar (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 11 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 67 - Tauschbörse I).


    2.

    Ein auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter Erstattungsanspruch setzt voraus, dass die Abmahnung berechtigt war und dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten im Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand (BGHZ 200, 76 Rn. 12 - "BearShare"; BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 68 - "Tauschbörse I"). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte haftet gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F. für die Verletzung des Verwertungsrechts der Klägerinnen als Tonträgerhersteller auf öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 85 Abs. 1 UrhG. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen waren von dem 809 Musiktitel umfassenden Downloadangebot über den Internetanschluss des Beklagten 108 Titel erfasst, an denen die Klägerinnen Rechte innehalten.


    3.

    Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Anwaltsschreiben vom 8. Mai 2008 den in inhaltlicher Hinsicht an eine ordnungsgemäße Abmahnung zu stellenden Anforderungen entsprach.


    a)

    Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten setzt gemäß § 683 Satz 1 BGB voraus, dass die Abmahnung dem Interesse des Abgemahnten entspricht. Form und Inhalt der Abmahnung müssen daher den Zweck erfüllen, eine Befriedigung des Gläubigers ohne Prozess herbeizuführen (vgl. Teplitzky / Bacher, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 41 Rn. 7, 9, 14). Mahnt der Gläubiger zunächst ab, statt sofort Klage zu erheben oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, gibt er damit dem Schuldner die Möglichkeit, die gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden (BGH, Urteil vom 1. Juni 2006 - I ZR 167/03, GRUR 2007, 164 Rn. 12 = WRP 2007, 67 - "Telefax-Werbung II"). Der Schuldner muss daher aus der Abmahnung erkennen können, welches Verhalten der Gläubiger als rechtsverletzend ansieht. Die Verletzungshandlung muss so konkret angegeben werden, dass der Schuldner erkennen kann, was ihm in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgeworfen wird (BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 36/11, GRUR 2015, 403 Rn. 44 = WRP 2015, 444 - "Monsterbacke II"; BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 70 - Tauschbörse I; GRUR 2016, 184 Rn. 57 ­ "Tauschbörse II").


    b)

    Die Abmahnung der Klägerinnen entspricht diesen Erfordernissen. Mit der Abmahnung wurde dem Beklagten vorgeworfen, geschützte Tonaufnahmen im Umfang von 809 Musikdateien unter Verstoß gegen §§ 97, 77, 78 Nr. 1, §§ 85, 16, 19a UrhG am 18. November 2007 um 19:51:51 Uhr über seinen Internetanschluss zum Herunterladen verfügbar gemacht zu haben. Der Abmahnung war ferner eine Liste der Musiktitel beigefügt, wegen deren öffentlicher Zugänglichmachung die Klägerinnen den Beklagten in Anspruch genommen haben. Der Umstand, dass in der Abmahnung nicht aufgeführt war, an welchem der aufgelisteten Titel welche Klägerin Rechte geltend macht, steht der Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten nicht entgegen. Eine solche konkrete Zuordnung in der Abmahnung war nicht geboten, um den Beklagten in den Stand zu versetzen, den Vorwurf tatsächlich und rechtlich zu überprüfen und aus ihm die gebotenen Folgerungen zu ziehen. Falls bei einem oder mehreren der aufgelisteten Musikaufnahmen an der Aktivlegitimation der Klägerinnen oder am Vorliegen eines urheberrechtlichen Schutzes konkrete Zweifel bestanden, hätte der Beklagte die Klägerinnen nach Treu und Glauben auf diese hinweisen und um Aufklärung im Hinblick auf die behaupteten Rechtsverletzungen und die Legitimation zur Rechtsverfolgung nachsuchen müssen (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 71 - "Tauschbörse I"; GRUR 2016, 184 Rn. 58 - "Tauschbörse II"). Vorliegend hat die Revision nicht geltend gemacht, dass der Beklagte solche Zweifel gehabt und die Klägerinnen vergeblich um Aufklärung gebeten hat.


    c)

    Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Wirksamkeit der Abmahnung ohne Bedeutung, ob dem Beklagten nach dem Inhalt des beigefügten Entwurfs der Unterlassungserklärung untersagt sein sollte, selbst zu handeln oder Dritten das Handeln zu ermöglichen. Die Formulierung einer Unterlassungserklärung ist Sache des Schuldners (BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 59 - "Tauschbörse II").


    4.

    Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Einschaltung einer Anwaltskanzlei sei zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen. Bei den Klägerinnen handele es sich um Großunternehmen, denen es ohne weiteres möglich und zumutbar sei, für die Abmahnungen eigene Abteilungen zu schaffen. Grundsätzlich dürfen auch Unternehmen mit eigenen Rechtsabteilungen es den Umständen nach für erforderlich halten, einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung von Wettbewerbs- und Urheberrechtsverstößen zu beauftragen. Sie sind daher im Fall der Einschaltung eines Rechtsanwalts berechtigt, vom Abgemahnten den Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 36 = WRP 2008, 1449 - "Clone-CD", mwN; BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 60 f. ­ "Tauschbörse II"). Konkrete Anhaltspunkte, die im Streitfall eine andere Beurteilung rechtfertigen können, sind nicht ersichtlich.


    5.

    Vergeblich wendet sich die Revision gegen den vom Berufungsgericht der Berechnung der zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren zugrunde gelegten Gegenstandswert in Höhe von 100.000,00 EUR.


    a)

    Das Berufungsgericht hat den ursprünglich von den Klägerinnen bei der Berechnung ihres Zahlungsanspruchs zugrunde gelegten Gegenstandswert der Abmahnung von 200.000,00 EUR auf 100.000,00 EUR reduziert, weil die Klägerinnen ihre Aktivlegitimation nicht für 809, sondern nur für 108 Musiktitel dargelegt haben.


    b)

    Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechts ist nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 - X ZR 171/12, GRUR 2014, 206 Rn. 13 = WRP 2014, 317 - "Einkaufskühltasche"; Rohn in Mayer / Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 23 Rn. 10). Auch die Beurteilung der Angemessenheit des vom Anspruchsteller angesetzten Gegenstandswerts liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Seine Entscheidung ist daher durch das Revisionsgericht nur daraufhin zu überprüfen, ob das Ermessen überhaupt und in den ihm gesetzten Grenzen ausgeübt worden ist und alle für seine Ausübung wesentlichen Umstände beachtet worden sind (BGH, Urteil vom 16. März 2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 190 = WRP 2000, 1131 - "Lieferstörung"; Urteil vom 26. März 2009 - I ZR 44/06, GRUR 2009, 660 Rn. 22 = WRP 2009, 847 - "Resellervertrag"; Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 Rn. 51 = WRP 2010, 384 - BTK; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 56 = WRP 2013, 491- Solarinitiative; BGH, GRUR 2014, 206 Rn. 17 - "Einkaufskühltasche").

    Gegenstand der Abmahnung ist ein Unterlassungsanspruch. Der Wert eines solchen Anspruchs bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschalierend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 ­ I ZR 174/11, GRUR 2013, 1067 Rn. 12 = WRP 2013, 1364 ­ "Beschwer des Unterlassungsschuldners"; BGH, GRUR 2014, 206 Rn. 16 ­ "Einkaufskühltasche"; BGH, Beschluss vom 11. November 2015 ­ I ZR 151/14, juris Rn. 7) und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts bestimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 1990 ­ I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung; BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 56 ­ "Solarinitiative"; Hirsch in Büscher / Dittmer / Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., Kap. 18 Rn. 28).


    c)

    Die Bewertung des mit der Abmahnung verfolgten Unterlassungsanspruchs durch das Berufungsgericht erweist sich nach diesen Maßstäben als rechtsfehlerfrei.


    aa)

    Bei der Bewertung des Interesses der Rechtsinhaber an der Abwehr künftiger Verletzungshandlungen muss insbesondere das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotenzial für das Schutzrecht insgesamt und dessen wirtschaftliche Auswertung berücksichtigt werden. Hiermit steht in Einklang, dass sich das Berufungsgericht bei der Bemessung des der Berechnung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten zugrunde zu legenden Gegenstandswertes der Abmahnung am wirtschaftlichen Interesse der Klägerinnen orientiert hat (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 80 - Tauschbörse I; GRUR 2016, 184 Rn. 73 - "Tauschbörse II").


    bb)

    Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung der Gefährdung der Interessen der Klägerinnen die Datenübertragungsrate des im Jahr 2007 standardmäßig eingesetzten Internetzugangs DSL 1000 sowie die Anzahl der innerhalb eines bestimmten Zeitraums maximal über ein "Peer-to-Peer"-Netzwerk bereitzustellenden Musikdateien außer Acht gelassen. Sie legt nicht dar, dass der Beklagte in den Instanzen Vortrag zu technischen Kapazitäten seines Internetanschlusses gehalten hat. Mit neuem Vorbringen ist sie in der Revisionsinstanz ausgeschlossen (§ 559 Abs. 1 ZPO).


    cc)

    Die Revision macht ferner vergeblich geltend, bei der Bemessung des Gegenstandswerts der Abmahnung sei zu berücksichtigen, dass angesichts der Zahl von mindestens 250.000 jährlichen Abmahnungen zu Filesharing-Vorwürfen in Betracht gezogen werden müsse, dass sowohl der Anbieter als auch der Tauschpartner für denselben Fall abgemahnt würden. Die Revision geht dabei unzutreffend davon aus, dass bei einem Filesharing-Vorgang Anbieter und Tauschpartner dieselbe Rechtsverletzung begehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 64 - "Tauschbörse I"; GRUR 2016, 184 Rn. 51 - "Tauschbörse II").


    d)

    Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte bei der Bemessung des Gegenstandswerts der Abmahnung die Bestimmung des § 12 Abs. 4 UWG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung berücksichtigen müssen. Diese Vorschrift ist auf Abmahnungen, die auf eine Verletzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten gestützt sind, nicht entsprechend anwendbar (BGH, GRUR 2016, 176 Rn. 81 - "Tauschbörse I"; GRUR 2016, 184 Rn. 74 - "Tauschbörse II").



    IV.

    Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt.


    1.

    Nach § 102 Satz 1 UrhG, § 195 BGB gilt im Urheberrecht die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 - I ZR 148/13, GRUR 2015, 780 Rn. 21 = WRP 2015, 972 - "Motorradteile"; LG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2015, 431, 435).


    2.

    Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die dreijährige Verjährungsfrist für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2008 in Lauf gesetzt worden und hat daher nicht vor dem 31. Dezember 2011 geendet. Die Klägerinnen hätten erst durch die Nachricht der Staatsanwaltschaft Kleve vom 25. März 2008 Kenntnis von der Person des Beklagten erlangt und müssten sich, da sie bereits mit ihrer Strafanzeige vom 19. November 2007 um Akteneinsicht und Mitteilung einer Providerauskunft gebeten hätten, auch keine grob fahrlässige Unkenntnis der Providerauskunft entgegenhalten lassen. Gegen diese in erster Linie auf tatrichterlichem Gebiet liegende und im Übrigen rechtsfehlerfreie Würdigung hat die Revision keine Einwände erhoben. Auch der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist frühestens mit Versand der streitgegenständlichen Abmahnung im Jahre 2008 entstanden (vgl. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 71 - "Tauschbörse II").


    3.

    Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche sei durch den Eingang des Mahnbescheidsantrags bei Gericht am 23. Dezember 2011 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden, hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend stand. Nur soweit die ehemalige Klägerin zu 2 einen auf ihre Rechte am Musiktitel "Everytime we touch" der Musikgruppe "Cascada" gestützten Schadensersatzanspruch geltend gemacht hat, ist die Verjährung durch den Mahnbescheidsantrag nicht gehemmt worden.


    a)

    Eine Verjährungshemmung kommt nicht in Betracht, soweit die frühere Klägerin zu 2 ihren Schadensersatzanspruch auf eine Verletzung ihrer Rechte am Titel "Everytime we touch" der Gruppe "Cascada" gestützt hat.


    aa)

    Die durch die Zustellung des Mahnbescheides bewirkte Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB setzt voraus, dass der materiell Berechtigte den Anspruch geltend macht (vgl. zu § 209 Abs. 1 und 2 a.F. BGH, Urteil vom 16. September 1999 - VII ZR 385/98, NJW 1999, 3707; zu § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 191/07, "TranspR" 2010, 200 Rn. 28 und Urteil vom 9. Dezember 2010 - III ZR 56/10, NJW 2011, 2270 Rn. 9; zu § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB BGH, Versäumnisurteil vom 20. Juni 2013 ­ VII ZR 71/11, NJW-RR 2013, 1169 Rn. 12; MünchKomm.BGB / Grothe, 7. Aufl., § 204 Rn. 17; Staudinger / Peters / Jacoby, BGB, 2014, § 204 Rn. 6). Die Klage eines Nichtberechtigten hemmt den Lauf der Verjährung daher nicht (Peters/ Jacoby aaO; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 204 Rn. 9).


    bb)

    Aus dem Ausdruck des Mahnbescheidsantrags vom 23. Dezember 2011 geht hervor, dass zunächst die Klägerin zu 4 einen Anspruch auf Zahlung eines Lizenzschadens unter Berufung auf Rechte an dem Titel "Everytime we touch" der Musikgruppe "Cascada" geltend gemacht hat. Diese ist auch als Antragstellerin in Bezug auf den sich auf diesen Titel beziehenden Lizenzschaden in Höhe von 200,00 EUR im Mahnbescheid vom 20. März 2012 genannt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist jedoch davon auszugehen, dass nicht die Klägerin zu 4, sondern die frühere Klägerin zu 2 Inhaberin der Tonträgerherstellerrechte an diesem Musiktitel war. Die Einreichung des Mahnbescheidsantrags und Zustellung des Mahnbescheids über einen von der Klägerin zu 4 geltend gemachten Lizenzschadensersatzanspruch, der nicht dieser, sondern der Klägerin zu 2 zugestanden hat, konnte somit die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 2 und dem Beklagten nicht bewirken.


    b)

    Hinsichtlich der übrigen mit dem Mahnbescheidsantrag geltend gemachten Ansprüche ist hingegen eine Verjährungshemmung erfolgt.


    aa)

    Nach § 167 ZPO tritt die verjährungshemmende Wirkung der Zustellung eines Mahnbescheids nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB bereits mit dem Eingang des Antrages ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Hiervon ist vorliegend auszugehen.


    (1)

    Die Klägerinnen haben am 23. Dezember 2011 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten gestellt. Das Verfahren ist am 28. Dezember 2011 dem Rechtspfleger zur manuellen Ermittlung des Gebührenstreitwerts vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 19. Januar 2012 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen auf eine Nachfrage des Mahngerichts reagiert, die ihnen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am Tag zuvor übermittelt worden ist. Der Mahnbescheid ist am 20. März 2012 antragsgemäß erlassen und dem Beklagten am 27. März 2012 zugestellt worden.


    (2)

    Bei der Beantwortung der Frage, ob die Zustellung eines Mahnbescheids im Sinne des § 167 ZPO "demnächst" bewirkt worden ist, ist nicht allein auf den Zeitablauf zwischen Eingang des Antrages auf seinen Erlass und seiner Zustellung an den Antragsgegner abzustellen. Vielmehr sollen, da die Zustellung von Amts wegen geschieht, die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden, weil sie diese Verzögerungen nicht beeinflussen können. Verzögerungen im Zustellverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung durch das Gericht verursacht worden sind, muss sich der Antragsteller grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Zuzurechnen sind nur solche nicht geringfügige Verzögerungen, die er oder sein Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Verfahrensführung hätten vermeiden können (BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05, BGHZ 168, 306 Rn. 17 f., mwN).


    (3)

    Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, eine den Klägerinnen zuzurechnende Verzögerung der Zustellung des Mahnbescheids lasse sich nicht feststellen. Entgegen der Ansicht der Revision hatten die Klägerinnen keinen Anlass, im Februar 2012 durch eine Rückfrage beim Mahngericht auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken. Wenn der Antragsteller im Mahnverfahren alle für die Zustellung des Mahnbescheids erforderlichen Mitwirkungshandlungen erbracht hat, liegt die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Gang des Verfahrens ausschließlich in den Händen des Gerichts (vgl. BGHZ 168, 306 Rn. 20; BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 Rn. 54; Urteil vom 17. September 2009 ­ IX ZR 74/08, NJW 2010, 73 Rn. 9; Urteil vom 22. September 2009 ­ XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284 Rn. 16).


    bb)

    Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Lauf der Verjährungsfrist bis zum Übergang in das Streitverfahren gehemmt gewesen ist.


    (1)

    Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, die Hemmung der Verjährung habe gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach dem Wirksamwerden der letzten Verfahrenshandlung der Parteien geendet. Maßgeblich für den Beginn dieser Frist sei daher hier der Eingang des Widerspruchs des Beklagten beim Mahngericht am 29. März 2012 gewesen. Die durch die Zustellung des Mahnbescheids bewirkte Hemmung der Verjährung habe daher grundsätzlich mit Ablauf des 29. September 2009 geendet. Mit Rücksicht auf den Zeitraum zwischen der Einreichung des Mahnbescheidsantrags und dem Ablauf der regulären Verjährungsfrist, während dessen der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt gewesen sei, habe eine Verjährung der Ansprüche der Klägerinnen jedoch nicht vor dem 7. Oktober 2012 eintreten können. Darüber hinaus sei der Lauf der Verjährungsfrist wegen Verhandlungen zwischen den Parteien gemäß § 203 Satz 1 BGB jedenfalls für einen Zeitraum von weiteren zwei Wochen gehemmt gewesen. Der am 9. Oktober 2012 bei Gericht eingegangene Antrag auf Durchführung des Streitverfahrens habe eine erneute Hemmung der Verjährungsfrist bewirkt.


    (2)

    Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Sie erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die durch die Zustellung des Mahnbescheids bewirkte Hemmung der Verjährung bis zum Übergang des Mahnverfahrens in das Streitverfahren fortbestanden hat.

    Nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endet die durch die Zustellung des Mahnbescheids bewirkte Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass es die Parteien nicht betreiben, so tritt gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB an die Stelle der Verfahrensbeendigung die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Unterlässt der Antragsteller im Mahnverfahren nach dem Widerspruch des Antragsgegners den Antrag auf Abgabe an das Streitgericht, ist die letzte Verfahrenshandlung, die für die Berechnung der Frist gemäß § 204 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblich ist, der Zugang der gemäß § 695 Satz 1 ZPO vom Mahngericht zu veranlassenden Mitteilung des Widerspruchs beim Antragsteller (BGH, Urteil vom 28. Januar 2010 - VII ZR 174/08, NJW 2010, 1662 Rn. 13; Palandt / Ellenberger aaO § 204 Rn. 49; Voit in Musielak / Voit, ZPO, 13. Aufl., § 695 Rn. 2).


    Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist den Klägerinnen der Eingang des Widerspruchs unter dem 17. April 2012 mitgeteilt worden. Die durch die Zustellung des Mahnbescheids bewirkte Hemmung der Verjährung bestand daher jedenfalls bis zum 17. Oktober 2012 fort. Bereits am 9. Oktober 2012 haben die Klägerinnen einen Antrag auf Durchführung des Streitverfahrens gestellt. Da das Verfahren hiernach bis zur Abgabe an das Streitgericht nicht länger als sechs Monate in Stillstand geraten ist, bestand die durch die Zustellung des Mahnbescheides bewirkte Hemmung bis zur Einreichung des Antrages auf Durchführung des Streitverfahrens und auch nach Abgabe an das Streitgericht fort (vgl. BGH, "TranspR" 2009, 132 Rn. 19).


    4.

    Der auf die Verletzung ihrer Rechte am Titel "Everytime we touch" der Gruppe "Cascada" gestützte Anspruch der früheren Klägerin zu 2 ist ebenfalls nicht verjährt.


    a)

    Die frühere Klägerin zu 2 hat einen auf die Rechte an diesem Musiktitel gestützten Antrag auf Zahlung eines Lizenzschadens erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. Juni 2014 gestellt, in dem sie den mit der Anspruchsbegründung angekündigten Klageantrag dahingehend gefasst hat, dass sie statt wie bisher beantragt 600,00 EUR für drei Musiktitel nunmehr 800,00 EUR für vier Musiktitel begehrt. Zu diesem Zeitpunkt war die am 31. Dezember 2008 in Lauf gesetzte regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1, § 195 BGB bereits abgelaufen. Auch die Anspruchsbegründung vom 19. Dezember 2012, in der die Musiktitel im Einzelnen aufgeführt waren, für die die einzelnen Klägerinnen einen Lizenzschaden geltend machten und die die Klägerin zu 2 als Inhaberin der Rechte an dem Titel "Everytime we touch" der Gruppe "Cascada" benannte, ist erst nach dem 31. Dezember 2011 eingereicht und zugestellt worden.


    b)

    Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich allerdings auch insoweit aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der früheren Klägerin zu 2 steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Lizenzschadens für das öffentliche Zugänglichmachen des Titels "Everytime we touch" jedenfalls als Restschadensersatzanspruch zu, der gemäß § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB im Zeitpunkt seiner Geltendmachung durch die Klägerin zu 2 noch nicht verjährt war.


    aa)

    Gemäß § 102 Satz 2 UrhG findet § 852 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt nach § 852 Satz 2 BGB in zehn Jahren von seiner Entstehung an und ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen den Schaden auslösenden Ereignis an (BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 - I ZR 148/13, GRUR 2015, 780 Rn. 28 = WRP 2015, 972 - "Motorradteile"). Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als die frühere Klägerin zu 2 den auf einen Eingriff in ihre Verwertungsrechte an dem Titel "Everytime we touch" gestützten Schadensersatzanspruch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. Juni 2014 erhoben und die Verjährungshemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB damit herbeigeführt hat (MünchKomm.BGB / Grothe a.a.O. § 204 Rn. 27).


    bb)

    Der auf die Verletzung des ausschließlichen Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen einer Datei mit dem Musiktitel gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG gestützte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ist nicht verjährt, weil er im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfertigten Bereicherung gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 175/10, GRUR 2012, 715 Rn. 36 bis 41 = WRP 2012, 950 - "Bochumer Weihnachtsmarkt"; BGH, GRUR 2015, 780 Rn. 31 - "Motorradteile").

    Der Beklagte hat durch die Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Datei mit dem urheberrechtlich geschützten Musiktitel auf Kosten des Rechtsinhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Bereithalten dieses Titels zum Download über eine Internettauschbörse in den Zuweisungsgehalt des der früheren Klägerin zu 2 zustehenden Rechts eingegriffen und sich damit auf deren Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 - "Restwertbörse I", mwN; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 39 und 40 ­ "Bochumer Weihnachtsmarkt"; GRUR 2015, 780 Rn. 32 - "Motorradteile"). Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, da das Erlangte - also der Gebrauch des Schutzgegenstands - nicht mehr entfallen kann (BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 41 - "Bochumer Weihnachtsmarkt").

    Entgegen einer in der Instanzrechtsprechung vertretenen Ansicht (LG Bielefeld, GRUR-RR 2015, 429 und ZUM 2016, 458; AG Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2015 ­ Az. 57 C 7592/14, juris Rn. 18; AG Frankenthal, Urteil vom 30. Oktober 2014 - Az. 3a C 198/14, juris; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2013 - Az. 20 U 138/12, juris; LG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2015, 431) gelten diese Grundsätze auch für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werks durch Bereitstellen zum Herunterladen über eine Internettauschbörse. Dass die Erteilung einer Lizenz in dieser Konstellation tatsächlich nicht in Betracht kommt, steht der Bemessung des Wertersatzes mittels einer so genannten fiktiven Lizenz nicht entgegen, weil es sich hierbei um einen normativen Maßstab handelt, der nicht voraussetzt, dass es bei korrektem Verhalten des Verletzers tatsächlich zum Abschluss eines Lizenzvertrags gekommen wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88, GRUR 1990, 1008, 1009 - "Lizenzanalogie"; Urteil vom 17. Juni 1992 - I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 26 - "Tchibo / Rolex II"; BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 49 ff. ­ "Tauschbörse II"). Die Verpflichtung zum Wertersatz stellt einen Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Dispositionsbefugnis dar (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04, BGHZ 169, 340 Rn. 12 - "Rücktritt des Finanzministers"). Dieser Eingriff beschränkt sich im Falle der Bereitstellung eines Werks über eine Internettauschbörse nicht auf die Erlangung einer Einzelkopie durch den in Anspruch genommenen Nutzer. Vielmehr erhält durch die Bereitstellung über die Tauschbörse zugleich eine Vielzahl von Nutzern Zugriff auf das Werk. Diesem Umstand ist bei der Bemessung des Wertersatzes im Wege der fiktiven Lizenz Rechnung zu tragen.

    Mithin konnte die frühere Klägerin zu 2 die geforderte Lizenzgebühr gemäß § 102 Satz 2 UrhG, § 852 Satz 1 BGB auch noch nach Verjährung des Schadensersatzanspruchs herausverlangen.



    V.

    Die Revision wendet sich allerdings mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht die im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2014 erfolgte Klarstellung der Klageanträge als bloße Berichtigung und nicht gemäß §§ 263, 264 Nr. 2, § 269 Abs. 2 ZPO als teilweise Klageerweiterung und teilweise Klagerücknahme behandelt hat. Zwar ist der Inhalt der Klageanträge vom Gericht durch Auslegung zu ermitteln und dabei auch die Klagebegründung heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14, GRUR 2016, 395 Rn. 18 = WRP 2016, 454 - "Smartphone-Werbung", mwN). Vorliegend konnte der Umstand, dass die frühere Klägerin zu 2 mit der Anspruchsbegründung einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR und die Klägerin zu 4 einen Betrag in Höhe von 1.200,00 EUR geltend gemacht hat, allerdings auch unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung nicht als bloßes Schreibversehen angesehen werden. Vielmehr hat die Klägerin zu 4 bereits im Mahnbescheidsantrag einen Anspruch über 1.200,00 EUR geltend gemacht und sich zur Begründung hierfür ausdrücklich auch auf die Rechte an einem Musiktitel bezogen, an dem nach der in der Anspruchsbegründung aufgeführten Aufstellung die Klägerin zu 2 die Rechte innehält. Ein derartiger Wechsel in Antrag und Begründung kann nicht mehr als bloßes Schreibversehen angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11, NJW 2013, 2662 Rn. 98). Vielmehr liegt in der Korrektur der Angaben zu den von den einzelnen Klägerinnen innegehaltenen Verwertungsrechten und der hieraus folgenden Korrektur des Klageantrages eine teilweise Klageerhöhung der ehemaligen Klägerin zu 2 und eine teilweise Klagerücknahme der Klägerin zu 4, für die letztere nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die anteiligen Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

    Bei dieser Sachlage stehen der ehemaligen Klägerin zu 2 Prozesszinsen auf den erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2014 erhobenen Anspruch (§ 261 Abs. 2 Halbsatz 1 ZPO) erst ab dem Folgetag zu, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB.


    Erfolg hat die Revision auch insoweit, als das Berufungsgericht den Klägerinnen im Übrigen Rechtshängigkeitszinsen bereits ab dem Tag des Eingangs der Akten beim Landgericht Köln als Streitgericht am 25. Oktober 2012 zugesprochen hat. Der Zinslauf hat erst am Folgetag begonnen (§ 187 Abs. 1 BGB).


    C.

    Hiernach ist das Berufungsurteil im Kostenpunkt und hinsichtlich der Zinsen aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsurteil nur wegen der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt aufzuheben und die Sache nach diesem Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

    Im Hinblick auf die bereits vor Erlass des Berufungsurteils erfolgte Verschmelzung der ehemaligen Klägerin zu 2 auf die Klägerin zu 3 ist das Berufungsurteil ferner klarstellend dahin zu fassen, dass die Verurteilung des Beklagten im Verhältnis zur Rechtsnachfolgerin, der Klägerin zu 3, erfolgt.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2, § 97 Abs. 1 ZPO.




    Büscher

    Schaffert

    Kirchhoff

    Koch

    Feddersen



    Vorinstanzen:
    LG Köln, Entscheidung vom 20.11.2013 - 28 O 467/12 -
    OLG Köln, Entscheidung vom 06.02.2015 - 6 U 209/13 (...)





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BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch",
Rasch Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Verjährung Filesharing

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#1004 Beitrag von Steffen » Mittwoch 23. November 2016, 17:03

Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Amtsgericht Hannover weist Filesharing Klage von Universal / Rasch ab. Täterschaftsvermutung eines Anschlussinhabers scheidet in Haushalten, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, aus!



17:00 Uhr


Wie die Hamburger Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte mitteilt, wurde durch das Amtsgericht Hannover eine Universal Filesharing Klage, vertreten durch Rasch Rechtsanwälte, als unbegründet zurückgewiesen. Universal steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 2.200,00 EUR sowie Ausgleich der angefallenen Abmahnkosten in Höhe weiterer 1.005,40 EUR zu.



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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs



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E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de




Bericht AW3P

Link:
http://aw3p.de/archive/1915



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Die beklagte Anschlussinhaberin bestritt eine mögliche Täter- und Störerhaftung. Ihr damaliger Lebensgefährte hätte selbstständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt und die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen. Den diesbezüglichen Verstoß habe er auch gegenüber der Freundin der Beklagten eingeräumt.

Das Amtsgericht Hannover entschied, wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Die IP-Adresse gibt bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt. Damit fehlt die Grundlage dafür, den Inhaber eines WLAN-Anschlusses im Wege einer unwiderlegbaren Vermutung so zu behandeln, als habe er selbst gehandelt. Ein Beweis des ersten Anscheins dahingehend, der Inhaber eines Internetanschlusses habe die von seinem Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzung begangen, scheidet damit in Haushalten aus, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum Internet haben.



Fazit:

Von daher sollten Sie sich bei einer Abmahnung wegen Filesharing mit einem Rechtsanwalt oder einer Verbraucherzentrale in Verbindung setzen. Keinesfalls sollten Sie mit Erhalt einer Klageschrift aktive Hilfe in einen Verbraucherforum - wie z.B. Werbe-und Vergleichs Forum der IGGDAW - suchen. Ansonsten besteht das Risiko, dass Sie mit Ihren Angaben nicht der sekundären Darlegungslast genügen. Dann werden Sie wegen Filesharing verurteilt.




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AG Hannover, Urteil vom 04.10.2016, Az. 528 C 3947/15


  • (...) - Ausfertigung -


    Amtsgericht Hannover

    528 C 3947/15


    Verkündet am 04.10.2016



    Im Namen des Volkes



    Urteil



    In dem Rechtsstreit


    [Name]
    - Klägerin -

    -Prozessbevollmächtigte: [Name], -


    gegen


    [Name],
    - Beklagte -

    - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs, Osterstr. 116, 20259 Hamburg, -



    wegen Forderung

    hat das Amtsgericht Hannover - Abt. 528 - auf die mündliche Verhandlung vom 30.08.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand

    Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz und Zahlung von Abmahnkosten aus einer behaupteten Urheberrechtsverletzung (Filesharing) in Anspruch.

    Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte als Tonträgerhersteller an dem Musikalbum "[Name]" der Künstlerin [Name] zu sein.

    Die seitens der [Name] erfolgten softwarebasierten Ermittlungen hätten ergeben, dass am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr(MEZ) über einen Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse "[IP]" zugewiesen gewesen sei, mittels einer auf dem "BitTorrent"-Protokoll basierenden Filesharing-Software die Tonaufnahmen

    01. "[Name]",
    02. "[Name]",
    03. "[Name]",
    04. "[Name]",
    05. "[Name],
    06. "[Name]",
    07. "[Name]",
    08. "[Name]",
    09. "[Name]",
    10. "[Name]" sowie
    11. "[Name]",

    des Musikalbums "[Name]" der Künstlerin [Name] ohne entsprechende Zustimmung der Klägerin anderen Teilnehmern des "BitTorrent"-Filesharing-Systems zum Herunterladen angeboten und öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Nach Auskunft des zuständigen Internetproviders sei die vorgenannte IP-Adresse dem Internetzugang eines Anschlussinhabers mit der Benutzerkennung "[Providerkennung]" zuzuordnen, der wiederum den Computeranschluss der Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt betroffen habe.

    Die Klägerin behauptet, die Ermittlungen der IP-Adresse und des dazugehörigen Internetanschlusses seien fehlerfrei erfolgt. Die Beklagte habe die Urheberrechtsverletzung über ihren Computeranschluss begangen. Weitere Personen hätten keinen Zugriff auf den vorgenannten Internetanschluss der Beklagten gehabt.

    Nachdem die Klägerin die Beklagte außergerichtlich abgemahnt hat, beansprucht sie mit ihrer vorliegenden Klage Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie gern. § 97 UrhG in Höhe von 2.200,00 EUR sowie im Wege des Kostenersatzes die angefallenen Abmahnkosten im Höhe von 1.005,40 EUR.



    Die Klägerin beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie 1,35 EUR Adressenermittlungskosten zu zahlen,

    2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an die Klägerin Abmahnkosten in Höhe von 1.005,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und behauptet zudem, ihr damaliger Lebensgefährte, der Zeuge [Name], hätte selbstständigen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten gehabt und die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen. Den diesbezüglichen Verstoß habe er auch gegenüber der Freundin der Beklagten, der Zeugin [Name], eingeräumt.


    Das Gericht hat Beweis erhoben, aufgrund des Beweisbeschlusses vom 05.12.2015 durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts [Name] vom 09.03.2016 (Bl. 96 bis 98 d.A.) sowie des Amtsgerichts [Name] vom 24.05.2016 (Bl. 104 bis 105 d.A.) Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 2.200,00 EUR sowie Ausgleich der angefallenen Abmahnkosten in Höhe weiterer 1.005,40 EUR aus den §§ 97 Abs. 2, 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG zu. Zwar ist nach dem gesamten Vorbringen der Parteien davon auszugehen, dass der Klägerin die ausschließlichen Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers an dem hier in Rede stehenden Musikalbum gem. den §§ 85, 16, 17, 19a UrhG zustehen, wie sich aus der seitens der Klägerin vorgelegten Online-Katalogdatenbank "Media-Cat" der Phononet GmbH bezogen auf die Künstlerin [Name] ergibt. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die durch die Firma [Name] vorgenommenen softwarebasierten Ermittlungen hinsichtlich der Anschlussinhaberschaft der Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt fehlerbehaftet sind, dass die Klägerin den genauen Zeitpunkt des Verstoßes über den Internetanschluss mit der hier in Rede stehenden IP-Adresse, der der Beklagten zugewiesen war, dargelegt hat.

    Insofern genügt das schlichte Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Fehlerfreiheit der erfolgten Ermittlungen nicht, um hier einen Zweifel aufkommen zu lassen.

    Schließlich steht der Inanspruchnahme der Beklagten auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen, weil die 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB im Hinblick auf den aus dem Jahre 2011 resultierenden Verstoß am 01.01.2012 in Gang gesetzt worden ist und am 31.12.2014 geendet hätte. Durch die am 18.12.2014 erfolgte Zustellung des am 12.12.2014 bei Gericht eingereichten Mahnbescheids ist die Verjährung indes gehemmt und vor Ablauf der 6-Monatfrist des § 204 Abs. 2 BGB mit Einreichung der Anspruchsbegründung am 04.06.2015 das Verfahren weiter betrieben worden.

    Allerdings scheitert eine Inanspruchnahme der Beklagten daran, dass die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen vermochte, dass die Beklagte als Täter für die behauptete Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt.

    Die Klägerin trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs aus § 97 Abs. 2 UrhG erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist (vgl. BGH NJW 2013, 1441 bis 1444).

    Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. BGH MDR 2010, 883 bis 884).

    Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Die IP-Adresse gibt bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt. Damit fehlt die Grundlage dafür, den Inhaber eines WLAN-Anschlusses im Wege einer unwiderlegbaren Vermutung so zu behandeln, als habe er selbst gehandelt (vgl. BGHZ 180,134 Tz.16).

    Ein Beweis des ersten Anscheins dahingehend, der Inhaber eines Internetanschlusses habe die von seinem Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzung begangen, scheidet damit in Haushalten aus, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum Internet haben.

    Die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, dass ein Anschlussinhaber einen Internetzugang in erster Linie nutzt, über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Ein derartiger Erfahrungssatz existiert nicht. Die alltägliche Erfahrung in einer Gesellschaft, in der das Internet einen immer größeren Anteil einnimmt und nicht mehr wegzudenken ist, belegt vielmehr das Gegenteil. Wenn sich der Internetanschluss in einem Mehrpersonenhaushalt befindet, entspricht es vielmehr üblicher Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbstständig nutzen darf, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliert. Der Anschlussinhaber genügt daher in diesen Fällen seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass seine Hausgenossen bzw. Mitbewohner selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen konnten.

    Trägt der Anschlussinhaber entsprechend vor, wird der eingangs dargestellten tatsächlichen Vermutung, der alleinige Anschlussinhaber und Nutzer eines Internetanschlusses ist auch Täter der Urheberrechtsverletzung, die Grundlage entzogen. Die Tatsachen, aus denen nach einem solchen Erfahrungssatz auf eine typischer Weise eintretende Folge oder (umgekehrt) eine bestimmte Ursache geschlossen werden kann, müssen entweder unstreitig oder mit Vollbeweis bewiesen werden.

    Daher trifft die Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast.

    Diese sekundäre Darlegungslast bewirkt weder eine Umkehr der Beweislast noch eine über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gem. § 138 Abs.1 und 2 ZPO hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Information zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Er ist damit verpflichtet, die Namen und ladungsfähigen Anschriften der Personen zu nennen, die Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss hatten, damit die Klägerin ggf. beweisen kann, dass nur die Beklagte als Täterin in Betracht kommt. Dem ist die Beklagte nachgekommen.

    Dies vorausgeschickt ist es der Klägerin nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen, dass die Beklagte als Täter für die behauptete Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt.

    Die Beklagte hat bestritten, dass streitgegenständliche Musikalbum der Künstlerin [Name] zum fraglichen Zeitpunkt im Internet zum Download angeboten zu haben. Zwar hat der Zeuge [Name] eingeräumt, im Dezember [Jahr] noch zusammen mit der Beklagten in deren Wohnung gelebt zu haben. Er hat gleichermaßen eingeräumt, man habe zum fraglichen Zeitpunkt einen seinerzeit gemeinsam finanzierten Laptop auch gemeinsam genutzt und über diesen Laptop auch Zugang zum Internet gehabt. Tatsächlich habe er jedoch die streitgegenständliche Datei, nämlich das Musikalbum "[Name]" von [Name] nicht herunter geladen. Soweit die Zeugin [Name] angegeben hat, anlässlich eines Besuches bei der Beklagten habe der Zeuge [Name] an seinem Laptop gesessen, sich um gedreht und gesagt, "ich habe Scheiße gebaut" führt dies zwar nicht zu der gesicherten Feststellung, dass der Zeuge [Name] tatsächlich die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

    Dies mit Blick darauf, dass die Zeugin [Name] im Detail nicht näher angeben konnte, auf welche konkrete Angelegenheit und welchen konkreten Vorgang sich diese Äußerung bezog und überdies der Zeuge [Name] in Abrede genommen hat, den streitgegenständlichen Download vorgenommen zu haben.

    Gleichwohl ist anhand der eigenen Bekundungen des Zeugen [Name], wonach sowohl die Beklagte als auch er zum fraglichen Zeitpunkt den Laptop gemeinsam genutzt und auch Zugang zum Internet gehabt hatten, dahingehend zu werten, dass der Klägerin nicht der Nachweis gelungen ist, dass lediglich die Beklagte Zugang zum streitgegenständlichen Internetanschluss hatte. Da der Zeuge [Name] im fraglichen Zeitraum neben der Beklagten den hier in Rede stehenden Internetanschluss genutzt hat, lässt sich nicht ausschließen, dass außer der Beklagten auch der Zeuge [Name] für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist.

    Dem steht nicht entgegen, dass der Zeuge [Name] diese in Abrede genommen hat, denn es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Zeuge als wahrer Täter die von ihm begangene Rechtsverletzung wegen der zu erwartende Konsequenzen nicht zugegeben hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.10.2011, AZ.: 22 W 82/11, Rd-Nr. 8 - juris).

    Hat die Klägerin mithin nicht nachgewiesen, dass lediglich die Beklagte Zugang zu dem Internetanschluss hatte, so kommt diese als ausschließliche Täterin nicht in Betracht.

    Die Beklagte haftet auch nicht als Störer.

    Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, - wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach gängiger Rechtsprechung die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.

    Da der Inhaber eines Internetanschlusses danach grundsätzlich nicht verpflichtet ist, volljährige Familienangehörige oder Hausgenossen über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen, war die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsmittelbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Hannover,
    Volgersweg 65,
    30175 Hannover.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.


    [Name]
    Richter am Amtsgericht (...)



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AG Hannover, Urteil vom 04.10.2016, Az. 528 C 3947/15


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Autor: Steffen Heintsch für AW3P



Bild


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AG Hannover, Urteil vom 04.10.2016, Az. 528 C 3947/15,
Klage Universal,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs,
Dr. Wachs Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast

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#1005 Beitrag von Steffen » Mittwoch 30. November 2016, 10:19

Die Hamburger Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte erringt ein für Filesharing Fälle wichtigen Sieg am Amtsgericht Hamburg. Vermieterin muss weder Untermieterin / Mitbewohner belehren noch einen Täter ans Messer liefern!


10:15 Uhr


Wie die Hamburger Kanzlei "Dr. Wachs Rechtsanwälte" informiert, wurde vor dem Amtsgericht Hamburg ein wichtiger Sieg errungen (Urt. v. 31.08.2016, Az. 36a C 45/16). Die beklagte Anschlussinhaberin haftet nicht, weil der Untermieter ihrer Untermieterin zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung ebenfalls ihren Anschluss benutzt hatte und den Vorwurf einräumt. Die Universal Music GmbH Klage, vertreten durch Rasch Rechtsanwälte, wurde als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin eine Begehung der Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte oder ihre Verantwortlichkeit als Störerin nicht nachweisen konnte.



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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs



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Bericht AW3P:

Link:
http://aw3p.de/archive/1948



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Die beklagte Anschlussinhaberin wurde wegen einem vermeintlichen Urheberverstoß gegenüber einem Musikalbum ("Eminem - Recovery") der Universal Music GmbH von der Hamburger Kanzlei Rasch Rechtsanwälte abgemahnt. Doch diese weigerte sich, für die geforderten Abmahnkosten und Schadensersatz aufzukommen. Sie verwies darauf, dass sie selbst nicht die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung begangen hat, in ihrer Wohnung unter anderem ein Zimmer an die Zeugin [Name] vermietet zu haben, die wiederum im streitgegenständlichen Zeitraum das Zimmer an den Zeugen [Name] untervermietet habe. Der Zeuge [Name] habe den fraglichen Download begangen und diesen sowohl vor der Beklagten als auch vor den Zeugen [Name] und [Name] zugegeben.



(Unter-) Vermieterin haftet weder als Täterin noch als Störerin

Das Amtsgericht Hamburg wies daraufhin die Filesharing Klage gegen die beklagte Anschlussinhaberin mit Urteil vom 31.08.2016, Az. 36a C 45/16 als unbegründet ab. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast und den beinhalteten Nachforschungspflichten gerecht geworden.
  • "Die Beklagte hat ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem sie vorgetragen hat, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben und zur fraglichen Zeit die Wohnung nicht selbst genutzt und damit keinen eigenen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt zu haben. Außerdem gab sie an, dass insbesondere der Zeuge [Name] selbstständig Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten gehabt und unter anderem ihr gegenüber die Begehung der Rechtsverletzung zugestanden habe. Damit hat sie ihrer Nachforschungspflicht genügt. [...] Die Beklagte hat damit Tatsachen vorgetragen, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs in Form der Rechtsverletzung durch einen Dritten, dem die Nutzung überlassen worden ist, begründen. Damit erscheint es bereits ausgeschlossen, dass die Beklagte selbst das Musikalbum unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht hat."


Beklagte muss den Täter nicht ermitteln oder einen Täter ans Messer liefern
  • "Eine wie auch immer geartete Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten ist damit allerdings nicht verbunden. Die sekundäre Darlegungslast dient der Bewältigung von Informationsdefiziten bei der Sachverhaltsaufklärung; sie ändert jedoch nichts an dem Grundsatz, dass keine Partei verpflichtet ist, dem Gegner die für den Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (Zöller / Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 284 Rn. 34)."


Keine Belehrungspflicht gegenüber volljährigen Mitbewohner

Der Beklagten, so das Hamburger Amtsgericht, war eine Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses durch einen Dritten nicht zumutbar.
  • "Der BGH hat insoweit zuletzt geurteilt, dass den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht trifft (BGH, Urt. v. 12.05.2016, Az. I ZR 86/15 [Pressemitteilung])."
Der Auffassung der Klägerin, dass gerade bei einem zeitweiligen Untermieter mit französischer Herkunft ein strengerer Maßstab an die Belehrungspflichten anzulegen sei, wurde vom Amtsgericht Hamburg eine Abfuhr erteilt.
  • "Dabei sieht es insbesondere keinen Anlass dafür - wie von Klägerseite während der mündlichen Verhandlung ins Feld geführt wurde - angesichts der französischen Herkunft des Zeugen [Name] einen strengeren Maßstab an eventuelle Belehrungspflichten anzulegen. Denn die an Urheberrechtsverstöße geknüpften Sanktionen sind in Frankreich streng, so dass nicht zu erwarten gewesen wäre, dass die Herkunft des Zeugen [Name] aus diesem "fremden" Kulturkreis eine grundsätzliche Unkenntnis des Verbots des illegalen Filesharings nach sich zöge."
Mangels einer nachgewiesenen Rechtsverletzung durch die Beklagte bestehen damit weder Ansprüche auf Schadenersatz (2.500,00 EUR) noch auf Ersatz der Abmahnkosten (1.286,20 EUR (Gegenstandswert 42.500,00 EUR)).



Fazit AW3P

Von daher sollten Sie sich bei einer Abmahnung wegen Filesharing mit einem Rechtsanwalt oder einer Verbraucherzentrale in Verbindung setzen. Keinesfalls sollten Sie mit Erhalt einer Klageschrift aktive Hilfe in einen der diversen Verbraucherforum - wie z.B. das Werbe-, Beleidigungs- und Vergleichs-Forum der IGGDAW - suchen. Ansonsten besteht das Risiko, dass Sie mit Ihren Angaben nicht der sekundären Darlegungslast genügen. Dann werden Sie wegen Filesharing verurteilt.




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AG Hamburg, Urteil vom 31.08.2016, Az. 36a C 45/16


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -


    Amtsgericht Hamburg
    Az.: 36a C 45/16



    Verkündet am 31.08.2016
    [Name], JAng
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Urteil



    IM NAMEN DES VOLKES


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    - Prozessbevollmächtigte:
    [Name], -

    gegen


    [Name],
    - Beklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg, -



    erkennt das Amtsgericht Hamburg - Abteilung 36a - durch den Richter [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2016 für Recht:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.



    Beschluss
    Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 25.04.2016 auf 3.879,80 EUR und für die darauffolgende Zeit auf 3.786,20 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin fordert als Tonträgerherstellerin des Musikalbums "[Name]" des Künstlers [Name] von der Beklagten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens unter Verwendung der Software "BitTorrent" über den Internetanschluss der Beklagten lizenzanalogen Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 1.286,20 EUR aus einem angesetzten Gegenstandswert für den Abmahnvorgang in Höhe von 42.500,00 EUR.

    Die Klägerin ermittelte unter anderem folgende Verstoßzeitpunkte:

    - [Datum 1] unter der IP-Adresse [IP 1]
    - [Datum 2] unter der IP-Adresse [IP 2]
    - [Datum 3] unter der IP-Adresse [IP 3]


    Für die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Verstöße wird auf die Anlagen K 3, K 7, K 9 und K 11 Bezug genommen.

    Die Ermittlungen der Klägerin weisen jeweils die Beklagte als dahinter stehende Anschlussinhaberin aus.

    Die Klägerin ließ die Beklagte als ermittelte Anschlussinhaberin mit Anwaltsschreiben vom 28.08.2012 abmahnen (Anlage K 13).

    Mit Anwaltsschreiben vom. [Datum] gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Bezahlung von Kosten.

    Die Klägerin behauptet, die Beklagte selbst sei Täterin der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung. Zumindest hafte die- Beklagte, weil die ernsthafte Möglichkeit eines von der Täterschaft der Beklagten abweichenden Geschehensablaufs nicht hinreichend dargetan sei.

    Nach dem klägerischen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ist dieser der Beklagten am 22.10.2015 zugestellt worden. Auf den Widerspruch vom 28.10.2015 und Nachricht darüber an die Klägerin vom 30.10.2015 hin ist der Rechtsstreit am 29.01.2016 an das Streitgericht abgegeben worden


    Die Klägerin beantragt zuletzt,
    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

    1) Wertersatz in Höhe von 2.500,00 EUR und

    2) 1.286,20 EUR Kostenersatz

    jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte behauptet, die ihr vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen zu haben. Sie behauptet, in ihrer Wohnung unter anderem ein Zimmer an die Zeugin [Name] vermietet zu haben, die wiederum im streitgegenständlichen Zeitraum das Zimmer an den Zeugen [Name] untervermietet habe. Der Zeuge [Name] habe den fraglichen Download begangen und diesen sowohl vor der Beklagten als auch vor den Zeugen [Name] und [Name] zugegeben.

    Während der mündlichen Verhandlung vom [Datum] ist die Beklagte persönlich angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom [Datum] Bezug genommen. Wegen der der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I.

    Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Klägerin eine Begehung der Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte oder ihre Verantwortlichkeit als Störerin nicht nachweisen konnte, § 97 Abs. 2 S. 1, i.V.m. § 19a UrhG.


    1.

    Grundsätzlich trägt die Klägerin, nach, den. allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Schadensersatz und Abmahnkosten erfüllt sind. Danach obliegt es der Klägerin, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von vom Kläger behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012, I ZR 74/12 - Morpheus).

    Aber auch wenn über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen worden ist, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft eine Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (vgl. BGH Urt. v. 08.01.2014, I ZR 169/12- BearShare).

    Wenn die Klägerin über die Wohn- und Lebensverhältnisse der Beklagten zum streitgegenständlichen Zeitraum keine nähere Kenntnisse besaß und auch nicht erlangen kann, trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast, in deren Rahmen es ihr obliegt, Umstände vorzutragen; aus denen sich die Möglichkeit der Nutzung ihres Internetanschlusses durch Dritte ergibt, und in diesem Zusammenhang auch das Ergebnis der von ihr durchgeführten Befragungen mitzuteilen (vgl. zuletzt BGH WRP 2016, 57 - Tauschbörse I; WRP 2016,66 Tauschbörse II; WRP 2016, 73 - Tauschbörse III).

    Dieser Verpflichtung ist die Beklagte in ausreichendem Umfang nachgekommen.

    Denn ein Anschlussinhaber genügt der sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet. Eine wie auch immer geartete Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten ist damit allerdings nicht verbunden. Die sekundäre Darlegungslast dient der Bewältigung von Informationsdefiziten bei der Sachverhaltsaufklärung; sie ändert jedoch nichts an dem Grundsatz, dass keine Partei verpflichtet ist, dem Gegner die für den Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (Zöller / Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 284 Rn. 34). Genügt der Anschlussinhaber der sekundären Darlegungslast, ist es also wiederum Sache der klagenden Partei, die Täterschaft des Anschlussinhabers als Beklagten zu beweisen.

    Die Beklagte hat ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem sie vorgetragen hat, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben und zur fraglichen Zeit die Wohnung nicht selbst genutzt und damit keinen eigenen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt zu haben. Außerdem gab sie an, dass insbesondere der Zeuge [Name] selbstständig Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten gehabt und unter anderem ihr gegenüber die Begehung der Rechtsverletzung zugestanden habe. Damit hat sie ihrer Nachforschungspflicht genügt.

    Die Beklagte hat damit Tatsachen vorgetragen, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs in Form der Rechtsverletzung durch einen Dritten, dem die Nutzung überlassen worden ist, begründen. Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist der plausible und detailreiche Vortrag der Beklagten während der ausführlichen informatorischen Anhörung glaubhaft, wonach diese zum Zeitpunkt der Rechtsverstöße die zu dem Internetanschluss gehörige Wohnung nicht selbst bewohnte und keinen eigenen Zugriff auf diesen hatte. Damit erscheint es bereits ausgeschlossen, dass die Beklagte selbst das Musikalbum unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht hat. Vielmehr besteht aufgrund des Vortrags der Beklagten in Zusammenschau mit ihren schlüssigen Angaben in der mündlichen Verhandlung und dem von der Beklagten gewonnenen persönlichen Eindruck die ernsthafte Möglichkeit, dass der Zeuge [Name] die gegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen hat.

    Mit ihrem Vortrag erklärt sich die Beklagte damit in größerem Umfang zum gegenständlichen Rechtsverstoß, als es ihr nach der Rechtsprechung des BGH oblegen hätte. Denn die Beklagte musste nicht vortragen, wer Täter der Rechtsverletzung ist, oder wer nicht als Täter in Betracht kommt. Dies hat der BGH gerade verneint (BGH, BearShare, a.a.0):
    • "Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen."
    2.

    Die Beklagte haftet auch nicht als Störerin, so dass der Ersatz der Rechtsanwaltskosten auch insoweit nicht in Betracht kommt. Als Störer kann analog § 1004 BGB bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH GRUR 2011, 152 - Kinderhochstühle im Internet). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 2004, 438 Feriendomizil I). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 - Sommer unseres Lebens; GRUR 2011,-1038 = WRP 2011, 1609 - Stiftparfüm; vgl. BGH, GRUR 2011, 321). Eine Prüfpflicht kann bereits mit Inbetriebnahme einer technischen Einrichtung entstehen, setzt dann aber eine schon dadurch eintretende Gefährdung absoluter Rechtsgüter Dritter voraus (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 321).

    Eine Störerhaftung kann auch dadurch begründet werden, dass ein Internetanschluss nicht reichend gegen unbefugte Zugriffe gesichert ist: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt beispielsweise der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN's einen Anknüpfungspunkt für eine Störerhaftung dar (BGH, I ZR 121/08, NJW 2010, 2061 - Sommer unseres Lebens). Hierfür gibt es im vorliegenden Fall allerdings keine Anzeichen.

    Der Beklagten war eine Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses durch einen Dritten nicht zumutbar. Der BGH hat insoweit zuletzt geurteilt, dass den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht trifft (BGH, Urt. v. 12.05.2016, Az. I ZR 86/15 [Pressemitteilung]). Dieser Auffassung schließt sich das erkennende Gericht für die hiesige Sachverhaltskonstellation an. Dabei sieht es insbesondere keinen Anlass dafür - wie von Klägerseite während der mündlichen Verhandlung ins Feld geführt wurde - angesichts der französischen Herkunft des Zeugen [Name] einen strengeren Maßstab an eventuelle Belehrungspflichten anzulegen. Denn die an Urheberrechtsverstöße geknüpften Sanktionen sind in Frankreich streng, so dass nicht zu erwarten gewesen wäre, dass die Herkunft des Zeugen [Name] aus diesem "fremden" Kulturkreis eine grundsätzliche Unkenntnis des Verbots des illegalen Filesharings nach sich zöge.


    3.

    Mangels einer nachgewiesenen Rechtsverletzung durch die Beklagte bestehen damit weder Ansprüche auf Schadenersatz noch auf Ersatz der Abmahnkosten.



    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708, Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten h der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.


    gez.

    [Name]
    Richter



    [Dienstsiegel]

    Für die Richtigkeit der Abschrift Hamburg, 31.08.2016

    [Name], JAng
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Hamburg, Urteil vom 31.08.2016, Az. 36a C 45/16,
Universal Music GmbH,
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BGH - I ZR 19/16

#1006 Beitrag von Steffen » Freitag 16. Dezember 2016, 12:56

Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle

____________________________________________

Nr. 232/2016 vom 16.12.2016




Verhandlungstermin am 30. März 2017, 9.00 Uhr, in Sachen I ZR 19/16 (Bundesgerichtshof zur Nennung
des Angehörigen beim Filesharing über einen Familienanschluss)



Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den Musiktiteln des Albums "Loud" der Künstlerin Rihanna. Am 2. Januar 2011 wurde dieses Album in einer Tauschbörse über den Internetanschluss der Beklagten zum Herunterladen angeboten.

Die Klägerin nimmt die Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - auf Zahlung von Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.500 € und Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 € zugesprochen. Die Berufung der Beklagten ist insoweit erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten hafteten als Täter für die Verletzung der Verwertungsrechte der Klägerin. Die Beklagten könnten sich nicht mit dem bloßen Hinweis darauf entlasten, eines der drei in ihrem Haushalt lebenden und bereits volljährigen Kinder habe das Musikalbum in der Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Vielmehr hätten sie den ihnen nach eigener Darstellung bekannten Täter konkret benennen müssen. Der Lizenzschaden sei ausgehend von einem Betrag in Höhe von 200 € je Titel bei moderater Erhöhung auf insgesamt 2.500 € zu schätzen. Die Abmahnkosten seien der Höhe nach nicht auf einen Betrag von 100 € begrenzt.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.




Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 1. Juli 2015 - 37 O 5394/14, ZUM-RD 2016, 308

OLG München - Urteil vom 14. Januar 2016 - 29 U 2593/15, WRP 2016, 385


Karlsruhe, den 16. Dezember 2016




Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#1007 Beitrag von NNirom » Freitag 16. Dezember 2016, 19:25

Na, da bin ich aber mal gespannt.

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AG Düsseldorf, Az. 13 C 13/15

#1008 Beitrag von Steffen » Samstag 17. Dezember 2016, 00:25

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg von WBS gegen Rasch - Freunde hatten Zugriff aufs Internet



00:20 Uhr



Die Kanzlei WBS hat in einem Filesharing Verfahren vor dem Amtsgericht Düsseldorf gewonnen. Der Abgemahnte konnte sich damit verteidigen, dass er seine Freunde zu einem Online-Spiel- und Grill-Wochenende eingeladen hatte.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... net-70640/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... -13_15.pdf




Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ich-60356/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Unser Mandant fand eine Abmahnung wegen Filesharing in seinem Briefkasten vor. Die Kanzlei Rasch warf ihm vor, dass er das Musikalbum "Back to Black" illegal über seinen Internetanschluss verbreitet hat. Dabei handelte es sich um insgesamt 18 Musikstücke von der Künstlerin Amy Winehouse. Rasch forderte den Anschlussinhaber zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Ferner sollte er eine Vergleichssumme in Höhe von 1.800,00 EUR entrichten. Nachdem er die Zahlung verweigert hatte, verklagte die Kanzlei Rasch ihn im Auftrag der Universal Music GmbH. Er sollte Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR bezahlen. Außerdem stellte ihm Rasch Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 EUR in Rechnung.



Amtsgericht Düsseldorf konkretisiert Anforderungen an sekundäre Darlegungslast

Das Amtsgericht Düsseldorf wies jedoch die Filesharing Klage von Rasch mit Urteil vom 15.12.2016 (Az. 13 C 13/15) ab. Ein Anspruch auf Schadensersatz als Täter entfällt. Die Täterschaftsvermutung gegenüber dem Anschlussinhaber war hinreichend erschüttert. Dies ergab sich daraus, dass er an dem Wochenende zwei Freunde zu einem Online-Spiel- und Grill-Wochenende eingeladen hatte. Am Tage der Urheberrechtsverletzung hatten diese und seine frühere Lebensgefährtin Zugriff auf seinen Internetanschluss. Sie durften diesen mit ihren eigenen Laptops nutzen. Durch diese Darlegungen genügte unser Mandant den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast. Denn er hat hierdurch nicht nur die theoretische Möglichkeit des Zugriffs durch Dritte aufgezeigt. Es bestand vielmehr die reale Möglichkeit, dass ein Dritter Filesharing über seinen Anschluss begangen hat.



Filesharing - Keine Überwachung von Freunden erforderlich

Darüber hinaus verneinte die Richterin eine Heranziehung unseres Mandanten im Wege der Störerhaftung. Hierzu führte sie aus, dass er normalerweise seinen Besuch weder belehren, noch überwachen braucht. Denn es handelte sich um eigenverantwortlich handelnde Erwachsene.



Fazit:

Aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass Abmahnanwälte keine zu strengen Anforderungen an die Verteidigung des Abgemahnten stellen dürfen. Dieser braucht nicht darzulegen, wann sich jeder Gast genau im Internet aufgehalten hast und was er dort gemacht hat. Der Anschlussinhaber braucht erst Recht nicht angeben, welcher Freund das Filesharing wirklich begangen hat. (HAB)





AG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2016, Az. 13 C 13/15


  • (...) Beglaubigte Abschrift (Telekopie gemäß § 169 Abs. 3 ZPO)


    13 C 13/15


    Verkündet am 15.12.2016
    [Name]
    , Justizbeschäftigte (mD)
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Amtsgericht Düsseldorf


    IM NAMEN DES VOLKES


    Urteil




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin,

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    Beklagten,

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27 - 29, 50672 Köln,



    hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22.11.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand:

    Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Anbietens des Musikalbums "[Name]" der Künstlerin [Name] bestehend aus 18 Musikstücken, im Internet im Wege des sogenannten Filesharings in Anspruch.

    Durch die proMedia GmbH ließ die Klägerin IP-Adressen ermitteln, unter welchen das Musikalbum "[Name]" in einer Tauschbörse zum Download angeboten wurde. Nach Durchführung eines Auskunftsverfahrens wurde der Klägerin von der [Name Provider]der Beklagte als Inhaber des Anschlusses genannt, welchem eine der IP-Adressen in dem fraglichen Zeitpunkt zugeordnet war. Mit Schreiben vom 30.11.2011 (Anlage K 3; Bl. 38 ff. d. A.) ließ die Klägerin den Beklagten durch ihre Rechtsanwälte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von 1.800,00 EUR zur Abgeltung sämtlicher Ersatzansprüche auffordern. Mit Schreiben vom 08.12.2011 (Anlage K 4; Bl. 46 d. A.) gab der Beklagte ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Zahlung eines Vergleichsbetrages lehnte er ab.


    Die Klägerin behauptet:
    Ihr ständen die ausschließlichen Verwertungsrechte der Tonträgerhersteller an dem auf dem streitgegenständlichen Musikalbum enthaltenen Aufnahmen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu. Das streitgegenständliche Musikalbum sei vom Anschluss des Beklagten ohne ihre Zustimmung mit einer auf dem "eDonkey2000"-Protokoll basierenden Filesharing-Software am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr (MESZ) vom Anschluss des Beklagten von der IP-Adresse [IP] zum Herunterladen angeboten worden. Der Beklagte sei Inhaber des ermittelten Internetanschlusses mit der von der [Name Provider] mitgeteilten Benutzerkennung [Kennung]. Der Beklagte sei für die Rechtsverletzung verantwortlich.



    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Wertersatz in Höhe von mindestens 2.500,00 EUR sowie Kostenersatz in Höhe von 1.379,80 EUR nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.12.2014 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte bestreitet die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adresse sowie die ordnungsgemäße Durchführung des Auskunftsverfahren. Der Beklagte trägt vor: Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt sei er nicht Inhaber des von der Klägerin ermittelten Anschlusses gewesen. Unter der von der [Name Provider] mitgeteilten Anschrift [Anschrift] habe er zum streitgegenständlichen Zeitpunkt bereits nicht mehr gewohnt, sondern seit gut zwei Jahren in [Anschrift]. Das abgemahnte Werk sei ihm nicht näher bekannt. Neben ihm habe am streitgegenständlichen Tag auch die Zeugin [Name], seine damalige Lebensgefährtin, Zugriff auf seinen Internetanschluss in [Anschrift]gehabt. Am streitgegenständlichen Tag hätten sie sich zu einem langen Online-Spiel- und Grill-Wochenende mit zwei weiteren Freunden, den Zeugen [Name] und [Name] getroffen. Die Laptops aller Zeugen seien daher zum behaupteten Verletzungszeitpunkt mit seinem Internetanschluss verbunden gewesen. Die Zeugen hätten ihm gegenüber eine Rechtsverletzung verneint. Der Zugang zum Internet sei zum damaligen Zeitpunkt nur über ein LAN-Kabel erfolgt. Des Weiteren erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Der am 12.12.2014 erlassene Mahnbescheid ist dem Beklagten am 16.12.2014 zugestellt worden. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016 (Bl. 259 ff. GA) verwiesen.


    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:



    I.

    Die zulässige Klage ist unbegründet.


    1.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 2.500 EUR aus § 97 Abs. 2 UrhG gegen den Beklagten.

    Der Anspruch setzt voraus, dass der Beklagte die Urheberrechte der Klägerin, hier das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach §§ 85 Abs. 1, 19a UrhG, verletzt hat. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte als Täter für die Schaffung der Downloadmöglichkeit verantwortlich ist.

    Zwar greift grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung dafür ein, dass der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen worden sein soll, auch deren Täter ist (OLG Köln, GRUR-RR 2010, 173). Diese tatsächliche Vermutung kann der Anschlussinhaber jedoch dadurch widerlegen, dass er darlegt, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH, GRUR 2014, 657 - BearShare). Insoweit trifft den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast (BGH, NJW 2010, 2061 - Sommer unseres Lebens), nach der er im Rahmen des ihm Zumutbaren bestreiten und Tatsachen darlegen muss, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses, ergibt. Insofern hat der Beklagte ausreichend dargelegt, dass sein Internetanschluss zum streitgegenständlichen Zeitraum auch von den Zeugen [Name] und [Name] mit jeweils einem eigenen Laptop genutzt wurde. Dies beinhaltet die ernsthafte Möglichkeit, dass nicht der Beklagte, sondern einer der Zeugen die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

    Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Tauschbörse III-Entscheidung (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14) geurteilt, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch genügt, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet. Diese Hürde hat der Beklagte aber genommen. Denn nach seinem Vortrag liegt die Begehung durch einen der Zeugen, welche am behaupteten Verletzungstag ebenso wie der Beklagte Zugriff auf den Internetanschluss genommen haben, zumindest ebenso nahe, wie eine Begehung durch den Beklagten selbst.

    Demgegenüber konnte die Klägerin die Vermutung nicht wieder aufleben lassen, denn nach der Beweisaufnahme steht es nicht für das Gericht fest, dass der Beklagte und nicht die weiteren Zugangsberechtigten die Urheberrechtsverletzung begangen haben. Zwar hat keiner der Zeugen zugegeben, die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Sie haben aber alle bestätigt, dass ihre Laptops, die alle mit einer Filesharing-Software ausgestattet gewesen seien, am streitgegenständlichen Tag an dem Internetanschluss des Beklagten angeschlossen waren. Die Zeugin [Name] hat des Weiteren eingeräumt die Software eMule zum Herunterladen von Musik genutzt zu haben und auch einen Song in digitaler Form von [Name] zu besitzen, dessen Herkunft sie nicht mehr angeben könne. Sie hat dabei nicht ausschließen können, dass auch das streitgegenständliche Musikalbum sich unter der heruntergeladenen Musik war. Auch der Zeuge [Name] hat angegeben, im Wege des Filesharing Musik heruntergeladen zu haben und hat nicht ausschließen können, dass die streitgegenständlichen Songs dabei waren. Demgegenüber hat der Beklagte in seiner persönlichen Anhörung abgestritten, Musik über Filesharing-Software wie eMule bezogen zu haben und angegeben, dass ihm vielmehr andere Möglichkeiten bekannt gewesen seien, schneller und sicherer an Musiktitel zu kommen.


    2.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F gegen den Beklagten.

    Der Beklagte haftet wie dargelegt nicht als Täter für die Urheberrechtsverletzung. Der Beklagte haftet darüber hinaus auch nicht als Störer gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 97 Abs. 1, 19 a UrhG auf Unterlassung. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH a.a.O. m.w.N.). Der Beklagte hat vorliegend keine Prüfpflichten verletzt. Bei den Zeugen handelt es sich nicht um minderjährige Kinder, die von dem Beklagten hätten überwacht oder entsprechend belehrt werden müssen, sondern um eigenverantwortlich handelnde Erwachsene.


    3.

    Aufgrund der fehlenden Zahlungsansprüche besteht auch kein Anspruch auf Zinsen gemäß §§ 288, 291 BGB.



    II.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    Streitwert: 3.879,80 EUR



    Rechtsbehelfsbelehrung:


    A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung statthaft.

    Die Berufung ist zulässig,

    1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
    2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

    Die Berufung kann innerhalb einer Notfrist von einem Monat schriftlich bei dem

    Landgericht Düsseldorf,
    Werdener Straße 1,
    40227 Düsseldorf,


    eingelegt werden. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung.

    Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


    B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

    Amtsgericht Düsseldorf,
    Werdener Straße 1,
    40227 Düsseldorf,


    schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

    Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


    [Name]


    Beglaubigt
    [Name], Justizbeschäftigte (mD) (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2016, Az. 13 C 13/15,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
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Anforderungen an sekundäre Darlegungslast,
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#1009 Beitrag von Steffen » Mittwoch 25. Januar 2017, 23:42

Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg beschließt, dass die sekundäre Darlegungslast keine vorgerichtliche, Schadensersatzpflichten auslösende Antwortpflicht eines Filesharing Abgemahnten begründet


23:45 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs



Dr. Wachs Rechtsanwälte

Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 411 88 15 70 | Fax: +49 (0)40 411 88 15 77 | Fax 2: +49 (0)40 444 655 10
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de



____________________________


Bericht auf AW3P:


Link:

https://aw3p.de/archive/2220



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Durch AW3P vorliegenden Informationen wurde bekannt, dass die Hamburger Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte vor dem Amtsgericht Hamburg gegen die Universal Musik GmbH, vertreten durch die Hamburger Kanzlei Rasch Rechtsanwälte, eine Klagerücknahme für ihre Mandantin erstritt. Die Ausführungen des Amtsgericht Hamburg zur sekundären Darlegungslast (vorgerichtlich / gerichtlich) der Beklagten sind diesbezüglich lesenswert.




AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Amtsgericht Hamburg




    Beschluss



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name],
    - Beklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg,



    beschließt das Amtsgericht Hamburg - Abteilung 25b - durch den Richter am Amtsgericht Dr. [Name] am 10.10.2016:
    • 1. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      2. Der Streitwert wird auf 3.405,40 EUR festgesetzt.

    Gründe:

    Die Entscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Klage ist zurückgenommen worden.

    Für eine anderslautende Entscheidung zu Lasten der Beklagten besteht dogmatisch kein Raum. Durch eine Abmahnung allein entsteht zwischen dem Abmahnenden und dem privaten Abmahnungsempfänger - anders als im Wettbewerbsrecht (dazu BGH, GRUR 1990, 381, 382 "Antwortpflicht des Abgemahnten") - keine Sonderrechtsbeziehung (so OLG Hamburg, 27.08.2013, Az. 5 W 88/12 - unveröffentlichter PKH-Beschwerdebeschluss; 02.02.2015, Az. 5 W 47/13 - juris Rn. 16 f.; AG Hamburg, 03.07.2015, Az. 36a C 134/14 - juris, Rn. 32; Forch, GRURPrax 2014, 367). Es fehlt an einer der wettbewerbsrechtlichen vergleichbaren Sonderbeziehung eigener Art. Eine solche ergibt sich bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten und den dabei im Regelfall gegebenen Interessenüberschneidungen aus der nach Treu und Glauben gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen auch des anderen Teils (BGH, GRUR 1990, 381, 382 - "Antwortpflicht des Abgemahnten"; vgl. auch Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 31. Aufl., § 12 UWG Rn.1.161f).

    Eine derartige Sonderbeziehung besteht hier indes nicht. Die Beklagte steht weder in einem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin, noch handelte sie überhaupt im geschäftlichen Verkehr, sondern als Privatperson (so ausdrücklich in einem ähnlichen Fall OLG Hamburg, 27.08.2013, Az. 5 W 88/12 - unveröffentlichter PKH-Beschwerdebeschluss; darauf verweisend AG Hamburg, 03.07.2015, Az. 36a C 134/14 - juris, Rn. 32; a.A. für den Fall, dass eine Störerhaftung festgestellt wird, OLG Köln, 09.09.2010, Az. 6 W 114/10 - juris, 20.05.2011, Az. 6 W 30/11 - juris; 22.07.2011; Az. 6 U 208/10 - juris; LG Hamburg, 04.04.2014, Az. 310 0 409/11 - juris).

    Zum anderen kann aus der sekundären Darlegungslast keine vorgerichtliche, Schadensersatzpflichten auslösende Antwortpflicht außerhalb einer Täter- oder Störerhaftung begründet werden. Die an bloßen Billigkeitsgesichtspunkten orientierte, auf § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestützte Rechtsprechung des Amtsgericht München, auf die sich die Klägerin beruft, überzeugt das erkennende Gericht nicht. Denn die den Anschlussinhaber in Filesharing Sachverhalten regelmäßig treffende sekundäre Darlegungslast ist ein rein prozessrechtliches Institut, welches weder vorprozessuale Rechte und Pflichten noch daraus resultierende Schadensersatzansprüche begründen kann. Es kann demnach auch nicht auf eine angeblich vergleichbare Lage bei der gestuften Auskunfts- und Leistungsklage abgestellt werden, denn es bestand keine vorprozessuale Auskunftspflicht, und im Übrigen hat die Klägerin einen solchen Auskunftsanspruch auch nicht geltend gemacht.

    Überdies fehlt es auch an einem sachlichen Grund für eine Überwälzung der gesamten Prozesskosten billigkeitshalber auf die Beklagte, denn die Klägerin ist keineswegs recht- und schutzlos gestellt. Es ist ihr nämlich unbenommen, die tatsächliche Täterin in Anspruch zu nehmen. Zudem fehlt es hier auch an den tatsächlichen Voraussetzungen einer (auch nur anteiligen) Kostentragungspflicht der Beklagten: Diese hatte nämlich auf die Abmahnung der Klägerin geantwortet und im Schreiben vom 09.01.2013 ihre Ortsabwesenheit mitgeteilt. Für eine Verpflichtung, auf eine unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt berechtigte Abmahnung eine umfassende Auskunft geben zu müssen, vermag das erkennende Gericht in einer derartigen Situation keine Grundlage zu erkennen.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann sofortige Beschwerde (im Folgenden: Beschwerde) eingelegt werden.

    Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert der. Hauptsache 600,00 EUR übersteigt. Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

    Amtsgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    oder bei dem

    Landgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eines der genannten Gerichte. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei einem der oben genannten Gerichte eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

    Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die. Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.


    gez.

    Dr. [Name]
    Richter am Amtsgericht



    Für die Richtigkeit der Abschrift Hamburg, 11.10.2016
    [Name], JHSekr'in
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
    - ohne Unterschrift gültig (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16,
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Termin 30.03. - BGH "Loud"

#1010 Beitrag von Steffen » Sonntag 26. März 2017, 12:37

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies (München): Müssen Eltern Ihre Kinder verraten? Der Bundesgerichtshof verhandelt am 30. März 2017 den von unserer Kanzlei vorgetragenen "Loud" Fall (OLG München - Az. 29 U 2593/15)



12:35 Uhr



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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies



Rechtsanwälte Knies & Albrecht

Widenmayerstraße 34 | 80538 München
Tel.: 089 - 47 24 33 | Fax.: 089 - 470 18 11
Email: bernhard.knies@new-media-law.net | Web: www.new-media-law.net




Bericht

Link:
https://www.new-media-law.net/bgh-i-zr-19-16-loud/




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




BGH - I ZR 19/16 - "Loud"



Sachverhalt

Über den Internetanschluss des beklagten Ehepaars war am 02. Januar 2010 illegal über eine Filesharing Tauschbörse das Musikalbum der Künstlerin Rihanna "Loud" getauscht und damit auch angeboten worden. Wenig später erhielten die Beklagten von der auf Abmahnungen spezialisierten Kanzlei Rasch Rechtsanwälte eine Abmahnung wegen Filesharings, in der von Ihnen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verlangt wurde. Die von unserer Kanzlei vertretenen Beklagten hatten auf diese Abmahnung allerdings nur eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verweigert. Erheblich später wurden die Beklagten dann von dem Tonträgerhersteller Universal Music und deren Kanzlei Rasch auf Zahlung von Anwaltskosten und Schadensersatz verklagt.

Im Prozess haben sich die Beklagten damit verteidigt, dass sie damals gemeinsam mit ihren drei volljährigen Kindern wohnten. Am fraglichen Abend hatten sie Besuch eines befreundeten Ehepaars und mit diesem gemeinsam im Wohnzimmer zu Abend gegessen und den Abend verbracht, ihr eigener Rechner im Wohnzimmer war ausgeschaltet gewesen. Zudem hatten sie keinerlei Interesse an dem heruntergeladenen Material, da sie selber nur klassische Musik hörten. Während des Abends hatten aber ihre Kinder Zugriff auf ihr WiFi-Netzwerk. Nach Eingang der Abmahnung hatten die beklagten Eltern ihre Kinder befragt und eines ihrer Kinder hatte daraufhin die Urheberrechtsverletzung in der Tauschbörse zugegeben. Das hatten die Eltern auch vor Gericht vorgetragen, sie waren allerdings der Meinung, dass sie schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet seien die Identität des Kindes preiszugeben, das den Verstoß begangen hatten, denn zum einen würden sie dadurch ihr Kind der Gefahr einer Strafverfolgung preisgeben, als auch zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen dieses Kind begünstigen.



Vorinstanzen

Das Landgericht München (Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14) und das OLG München (Urteil vom 14. Januar 2016, Az. 29 U 2593/15) waren anderer Meinung und haben die Eltern als direkte Täter der Urheberrechtsverletzung verurteilt, weil sie ihrer sogenannten sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen wären. Diese wäre nur erfüllt gewesen, wenn sie die Identität des verantwortlichen Kindes preisgegeben hätten.



Ausblick

Der BGH hat nun am 30. März 2017 zu entscheiden, ob dieses Urteil des OLG München Bestand haben kann.

Gerade jüngst wurden vom BGH die Urteilsgründe in der "Afterlife" Entscheidung veröffentlicht (BGH I ZR 154/15 - "Afterlife"). Auch hier hatte der BGH im Familienverband die beiden widerstreitenden Grundrechte des Schutzes des geistigen Eigentums des verletzten Rechteinhabers aus Art. 14 GG mit dem Grundrecht der abgemahnten Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG zum Schutz der Familie abzuwägen im Wege der praktischen Konkordanz. In der "Afterlife"-Entscheidung hatte der BGH hier entschieden, dass innerhalb der Familie keine Verpflichtung des Anschlussinhabers besteht, etwa zum Nutzungsverhalten der anderen Familienmitglieder vorzutragen, zu deren Anwesenheit zum Tatzeitpunkt oder gar deren Rechner zu durchsuchen und die Ergebnisse mitzuteilen.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch noch, dass das Landgericht München mit Beschluss vom 17.03.2017 (Az. 21 S 24454/14) dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob die aktuelle Rechtsprechung des BGH noch gemeinschaftsrechtskonform ist.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

BGH - 30.03.2017 - I ZR 19/16 - "Loud",
Vorinstanzen:
LG München, Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14,
OLG München, Urteil vom 14. Januar 2016, Az. 29 U 2593/15,
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BGH - I ZR 19/16 - Loud

#1011 Beitrag von Steffen » Donnerstag 30. März 2017, 15:55

Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr. 046/2017 vom 30.03.2017

Bundesgerichtshof zum Filesharing über einen Familienanschluss

Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 – Loud



Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat hat sich erneut mit Fragen der Haftung wegen der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen befasst.

Die Klägerin hat die Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum "Loud" der Künstlerin Rihanna enthaltenen Musiktiteln inne. Sie nimmt die Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500 € sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 EUR in Anspruch, weil diese Musiktitel über den Internetanschluss der Beklagten im Januar 2011 im Wege des "Filesharing" öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Die Beklagten haben bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben, und darauf verwiesen, ihre bei ihnen wohnenden und bereits volljährigen drei Kinder hätten jeweils eigene Rechner besessen und über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt. Die Beklagten haben erklärt, sie wüssten, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe; nähere Angaben hierzu haben sie jedoch verweigert.

Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR und den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 EUR zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Im Ausgangspunkt trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Beklagten für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich sind. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen - etwa die Familienangehörigen - diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage muss sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sogenannten sekundären Darlegungslast erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Klägerin unbekannt sind. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

Die Beklagten haben im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht angegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar. Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta und auf Seiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen. Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.




Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 1. Juli 2015 - 37 O 5394/14 (ZUM-RD 2016, 308)
OLG München - Urteil vom 14. Januar 2016 - 29 U 2593/15 (WRP 2016, 385)




Karlsruhe, den 30. März 2017

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Graf Rotz
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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#1012 Beitrag von Graf Rotz » Donnerstag 30. März 2017, 16:41

Weißt du was und sagst es nicht,
bist du leider angep....
Weißt du nichts und sagst das auch,
zahlst du ebenfalls - so ist der Brauch.

Danke, BGH!
jkj:s_;

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Rasch Rechtsanwälte gewinnen ...

#1013 Beitrag von Steffen » Donnerstag 30. März 2017, 17:49

Rasch Rechtsanwälte (Hamburg) gewinnen ein weiteres Verfahren vor dem Bundesgerichtshof



30.03.2017, 17:50 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
E-Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de




Bericht:

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/rasc ... r-dem-bgh/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Eltern, die einen Rechtsverletzer kennen, aber sich schützend vor ihn stellen, müssen gegenüber dem verletzten Rechteinhaber für den Schaden durch illegales Filesharing über ihren Internetanschluss aufkommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute einem Major Label Kostenerstattungs- und Schadensersatzansprüche wegen illegalen Filesharings gegen zwei Münchener Internet-Anschlussinhaber zugesprochen.

Die Anschlussinhaber hatten sich vor Gericht damit verteidigt, zwar habe eines ihrer drei volljährigen Kinder die Rechtsverletzung begangen, sie seien aber nicht verpflichtet mitzuteilen, welches der Kinder Täter war. Der BGH hat jetzt klar gestellt, dass ein Anschlussinhaber eine prozessuale Obliegenheit hat, den Namen eines ihm bekannten Täters vor Gericht mitzuteilen, selbst wenn es sich um ein Familienmitglied handelt.

Der Vorsitzende des I. Zivilsenats Prof. Büscher machte heute in der rund 10-minütigen Urteilsbegründung deutlich, dass der Senat zwar keine Pflicht zu ausufernden Nachforschungen, etwa in Gestalt einer Beweissicherung gegenüber Familienmitgliedern sehe. Wenn der Anschlussinhaber jedoch - wie im jetzt entschiedenen Fall - zumutbare Nachforschungen unternommen habe, habe er auch eine prozessuale Obliegenheit, das Ergebnis mitzuteilen. Wenn er sich vor diesem Hintergrund entscheide, das Ergebnis nicht mitzuteilen, müsse er mit der Konsequenz leben, dass nach den Grundsätzen des Zivilprozesses das, was der verletzte Kläger vorträgt, als zugestanden gilt. "Wenn man das Ergebnis der allgemeinen Nachforschungen nicht mitteilt, ist das Bestreiten nicht erheblich, dann müssen die Beklagten auch die prozessualen Nachteile tragen", sagte der Vorsitzende des I. Zivilsenats Prof. Büscher heute in der mündlichen Urteilsbegründung.


In der heutigen Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

"Die Beklagten haben im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht angegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar. Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta und auf Seiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen. Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will."

Bereits vor dem Landgericht und in 2. Instanz vor dem Oberlandesgericht München hatte die Klägerin obsiegt. Das Oberlandesgericht München hatte festgehalten, das Landgericht sei zu Recht von der Täterschaft der Eltern ausgegangen. Denn die Eltern hätten die Anforderungen der so genannten sekundären Darlegungslast nicht erfüllt. Danach hätten sie mitteilen müssen, welche Kenntnisse sie über die Umstände der Verletzungshandlung gewonnen hätten, also welches ihrer Kinder die Tat begangen habe.

Der Schutz von Ehe und Familie, der durch Artikel 6 des Grundgesetzes verbürgt wird, stehe dieser zivilprozessualen Obliegenheit nicht gegenüber. Vielmehr seien auch die entgegenstehenden Belange der Klägerin aus Artikel 14 des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Aus diesen folge, dass sich die Beklagte dazu hätten erklären müssen, wie es zu den Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen sei - anderenfalls könnten Rechteinhaber bei Familienanschlüssen ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen.




BGH - Urteil vom 30.03.2017 - I ZR 19/16 - Loud

Das Verfahren 1. und 2. Instanz wurde geführt von Rechtsanwalt Werner Jansen. Korrespondenzanwalt am BGH war Rechtsanwalt Prof. Rohnke.



Link zur Pressemitteilung des BGH

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 47&Blank=1

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Dr. Knies zum BGH

#1014 Beitrag von Steffen » Donnerstag 30. März 2017, 18:55

AW3P im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies zum Urteil des Bundesgerichtshofs "Loud"



30.03.2017; 18:55 Uhr




In einem kurzen Gespräch möchte AW3P einige Fragen an Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies (Kanzlei Knies Albrecht München) richten. Rechtsanwalt Dr. Knies vertrat die Beklagten im heutigen Revisionsverfahren am Bundesgerichtshof (Urt. v. 30.03.2017 - I ZR 19/16 - Loud).



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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies



Rechtsanwälte Knies & Albrecht

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AW3P: Herr Dr. Knies. Ich habe irgendwo einmal gelesen, dass nicht jeder Anwalt in einem Verfahren vor den Bundesrichtern zugelassen ist. Stimmt dies, welche Voraussetzungen gibt es und warum überhaupt?



Rechtsanwalt Dr. Knies: Ja das stimmt, beim BGH gibt es nur einen sehr kleinen Kreis zugelassener Anwälte und nur die dürfen vor dem BGH auftreten, eigentlich eine etwas altertümliche Regelung, finde ich.




-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-




AW3P: Herr Dr. Knies. Wie schätzen Sie den heutigen Verhandlungstag - allgemein - ein?



Rechtsanwalt Dr. Knies: Sehr enttäuschend um ehrlich zu sein. Nachdem die ja sehr familienfreundlichen Urteilsgründe der Afterlife Entscheidung des BGH vor kurzem veröffentlicht worden sind hatten wir schon die Hoffnung, dass unsere Chancen sehr gut sein könnten. Die Vorlageentscheidung des LG München an den EuGH zur aktuellen BGH Rechtsprechung könnte aber vielleicht den BGH darin gebremst haben, hier ein Urteil zugunsten der Abgemahnten sprechen, dass eigentlich auch auf der Linie des Gesetzgebers gelegen hätte, der ja im letzten Sommer die Störerhaftung für die WLANs abschaffen wollte. Jetzt sind wir wieder einen großen Schritt zurück, leider.




-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-




AW3P: Im Vorfeld zum heutigen Verhandlungstermin gab es Denkrichtungen, dass dieser Termin auch durchaus wegen dem Vorabentscheidungsersuchen des Landgericht München am EuGH platzen könnte. Ging der BGH auf dieses Vorabentscheidungsersuchen ein, wenn ja, was wurde gesagt?



Rechtsanwalt Dr. Knies: Nein, das Vorabentscheidungsersuchen des LG München hat nur der BGH Anwalt des Gegners thematisiert. Der BGH hat dazu selber gar nichts gesagt, aber ich fürchte, dass es einen Einfluss auf das Urteil gehabt haben könnte. Will heißen, ohne diese Vorlagefrage wären unsere Chancen sicherlich erheblich besser gewesen. So gesehen ein schlauer Schachzug von Waldorf, der diese Vorlage wohl initiiert hat.




-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-




AW3P: Nach "Afterlife" musste der BGH erneut einen "Spagat" zwischen den Grundrechten einer Familie und denen eines Rechteinhaber vornehmen. Wie schätzen Sie das Urteil aus ihrer Sicht ein. Lebensnah oder lebensfremd?



Rechtsanwalt Dr. Knies: Ich halte das Urteil für lebensfremd. Die von uns vertretenen Mandanten haben hier einfach ihrer prozessualen Wahrheitspflicht entsprochen indem sie das mitgeteilt haben was sie wussten. Was ist denn nun die Konsequenz? Werden jetzt künftig alle Eltern behaupten wollen, sie wüssten nicht, welches ihrer Kinder den Download verursacht hat? Lebensfremd insbesondere auch deshalb, weil ja der Gesetzgeber gerade das Gegenteil von dem will, was jetzt der BGH geurteilt hat.



-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-+-




AW3P: Natürlich ist man hinterher immer schlauer. Sicherlich wäre jede Filesharing Klage ins Leere gelaufen, wenn man den Täter innerhalb des Familienverbandes ermittelt und nicht benennen muss. Können Sie - trotz fehlenden Volltext - eine Prognose wagen, welche Auswirkungen hat "Afterlife" und "Loud" auf zu künftige Klageverfahren mit Mitbenutzern innerhalb und außerhalb des Familienverbandes?



Rechtsanwalt Dr. Knies: Ich glaube nicht, dass automatisch jede Filesharing Klage ins Leere gelaufen wäre. Denn der Anschlussinhaber muss ja immer vortragen, welche Personen als Täter in Betracht kommen. Und die könnte der Rechteinhaber dann ja auch alle verklagen. Im Prozess müssen sie sich alle äußern. Aber wie gesagt, ich denke mal, dass werden jetzt viele Eltern einfach vortragen werden, "wir wissen nicht wer das war von unserer Familie," und "wie sind nicht verpflichtet weitere Nachforschungen anzustellen". Der Abmahnwahn endet hier und heute leider immer noch nicht, auch nicht innerhalb der Familie und obwohl der Gesetzgeber ihn ein für allemal beenden wollte.




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AW3P: Ich bedanke mich recht herzlich bei Dr. Knies für die kurzzeitige Beantwortung der Fragen.



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Horschtde2
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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#1015 Beitrag von Horschtde2 » Dienstag 30. Mai 2017, 09:28

Hallo Steffen,

ich habe einen Termin zur Güteverhandlung bekommen, (bsp. 13.06.2017 )
In der Verfügung wird mir eine Frist von 2 Wochen ab Zustellung (01.06.2017 (!) )eingeräumt, um mich gegen die Klage zu verteidigen.
Frage: Ist es nun ein Formfehler, wenn mir ihr nicht ausreichend Zeit bis zur mündlichen Verhandlung eingeräumt wird?

Grüße Horschtde

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Steffen
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Fristen

#1016 Beitrag von Steffen » Dienstag 30. Mai 2017, 10:17

Hallo @Horschtde,

ich hoffe Du bist im richtigen Thread ( :?: ), denn nach meiner Kenntnis dürften es keine neue Rasch-Klageverfahren hinsichtlich Filesharing geben.



Fristen = kein Formfehler


O.K. Den Ablauf, Inhalt und Fristen usw. eines Zivilverfahren legt im Wesentlichen die Zivilprozessordnung (ZPO) fest. Wird ein Zivilverfahren (Mahnverfahren - §§ 697 Abs. 2, 276 ZPO; Leistungsklage - § 276 ZPO) eröffnet, erhält man eine entsprechende Verfügung des betreffenden Gerichtes (Amts- oder Landgericht). Diese beinhaltet u.a. die Fristen und dazugehörige Belehrungen.



1. (Not-) Frist
(Erläuterung zum Begriff, siehe § 224 Abs. 1 ZPO)

Anzeige der aktiven Verteidigung - 14 Tage ab Zustellung

Mahnverfahren
- ab Zustellung der Anspruchsbegründung (in der Verfügung enthalten)

Leistungsklage
- ab Zustellung der Klageschrift (in der Verfügung enthalten)


Denn, erst die Zustellung begründet die Rechtshängigkeit.




2. Frist

Klageerwiderung - weitere 14 Tage (nach Ablauf Notfrist)


Werden die Fristen nicht eingehalten, kann das entsprechende Verfahren verloren gehen, bevor es richtig anfing. Das heißt, Fristen sind einzuhalten und werden vom Gesetzgeber bzw. in der entsprechenden Rechtsvorschrift festgelegt und somit kein Formfehler.



!
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VG Steffen

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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#1017 Beitrag von Horschtde2 » Dienstag 30. Mai 2017, 10:24

Hallo Steffen,

Vielen Dank für deine rasche Antwort.
Ist natürlich nicht Rasch, sondern WF, aber die Gegenseite liest ja mit.

Grüße und mach' mit diesem tollen Forum weiter so ''##''##''

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Re: Abmahnungen von Rasch Rechtsanwälte

#1018 Beitrag von Steffen » Dienstag 30. Mai 2017, 10:33

Halte 'mal bitte das Forum oder michens auf dem Laufenden.

VG Steffen

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BGH - "Loud"

#1019 Beitrag von Steffen » Freitag 13. Oktober 2017, 23:58

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies: Eltern müssen ihre Kinder verraten. Der Bundesgerichtshof hat die von unserer Kanzlei vorgetragene Revision im "Loud" Fall abgewiesen


23:55 Uhr



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Bild

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies



Rechtsanwälte Knies & Albrecht

Widenmayerstraße 34 | 80538 München
Tel.: 089 - 47 24 33 | Fax.: 089 - 470 18 11
Email: bernhard.knies@new-media-law.net | Web: www.new-media-law.net



Bericht

Link:
https://www.new-media-law.net/bgh-i-zr-19-16-loud/


BGH I ZR 19/16 - "Loud":
https://www.new-media-law.net/wp-conten ... 6-Loud.pdf



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Schriftliche Urteilsgründe im "Loud" Fall BGH I ZR 19/16 veröffentlicht

Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung I ZR 19/16 "Loud" nunmehr die lang erwarteten schriftlichen Entscheidungsgründe der "Loud" Entscheidung veröffentlicht, nach denen Eltern im Filesharing Prozess ihre Kinder verraten müssen. Doch was bringen diese schriftlichen Urteilsgründe an neuen Erkenntnissen im Vergleich zu den vorangegangenen Entscheidungen?

In der Rz. 19 führt der BGH zunächst einmal aus, dass es keinen hinreichend typischen Geschehensablauf gebe, dass der Inhaber eines Internetanschlusses immer Täter einer Urheberrechtsverletzung sei, die über seinen Anschluss begangen wurde, dies deshalb weil es ja naheliege, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss eingeräumt haben könne.

Da aber die Nutzung des Anschlusses ein Interna des Anschlussinhabers sei treffe diese eben auch die sekundäre Darlegungslast. Doch wie weit reichte diese?

"Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundgesetzlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 der EU-Grundrechtscharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht, (...) eine Rechtsverfolgung ermöglicht." (Rz. 20 des Urteils)

Der BGH verweist in der Rz. 20 der Urteilsgründe auch auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Dies mag eine Reaktion auf den Vorlagebeschluss des LG München I an den EuGH zur Afterlife Entscheidung des BGH sein, in dem ja das Landgericht München die Meinung vertritt, dass schon durch die Afterlife Entscheidung des BGH eine effektive Rechtsdurchsetzung nicht mehr gegeben sei. Der BGH tut sich auch ersichtlich schwer mit der folgenden Abwägung der betroffenen Grundrechte des Schutzes der Familie auf der Seite der Beklagten und des Eigentumsgrundrechts auf der Seite der Klägerin:

Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasse, so der BGH auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern.

"Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast im Zivilprozess Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- und strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt (vgl. BGH, GRUR 2017, 386, Rn. 23 - Afterlife)." (Rn. 21 der Entscheidungsgründe)

In den folgenden Absätzen bemüht sich der BGH um die notwendige Abwägung zwischen den betroffenen Grundrechten. Schonend konnte sie in diesem Fall nicht sein, denn es gab nur ein "Entweder - Oder" darauf hatte der Senat ja schon in der mündlichen Urteilsbegründung hingewiesen (s.u.).

Der BGH beginnt zunächst in der Rz. 23 mit seinen in der "Afterlife"-Entscheidung gefundenen Grundsätzen, wonach Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls einer Pflicht des Anschlussinhabers entgegenstehe, zur Abwendung seiner Haftung "die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen". Ebenso unzumutbar sei es "dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten in Hinblick auf die Existenz von Filesharing Software abzuverlangen".

Warum muss der Anschlussinhaber zwar den Rechner seines Ehegatten nicht untersuchen, sehr wohl aber seine Kinder als Täter verraten? Darauf bleiben auch die nachfolgenden Gründe der Entscheidung letztlich eine befriedigende Antwort schuldig:

"Die Beklagten waren gehalten, im Rahmen der sekundären Darlegungslast das Kind zu benennen, welches Ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hatte." (Rz. 24)

Die Abwägung der Grundrechte also des Eigentumsgrundrechts und des Schutzes der Familie führe zu einem Vorrang des Informationsinteresses der Klägerin. (Rz. 25).

"Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Mitteilung des Namens des für das Filesharing verantwortlichen Kindes durch die Eltern mit Blick auf die möglichen Folgen - der zivilrechtlichen oder gar strafrechtlichen Inanspruchnahme des Kindes - eine erhebliche Beeinträchtigung des Familienfriedens nach sich ziehen kann. Die Eltern unterliegen jedoch keinen Zwang zur Auskunft. Sie haben vielmehr die Wahl, ob sie die Auskunft erteilen oder ob sie davon absehen, das Kind anzugeben, dass die Rechtsverletzung begangen hat, und insoweit auf eine Rechtsverteidigung verzichten. Dass sie infolge eines Verteidigungsverzichts selbst für die Rechtsverletzung haften, weil ohne Erfüllung der sekundären Darlegungslast die tatsächliche Vermutung ihrer Haftung als Anschlussinhaber eingreift, erlangt im Rahmen der Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht." (Rz. 26 des Urteils)

Das Recht, im Zivilprozess wegen der familiären Bindung zu einer Partei Angaben zu verweigern, stehe nur dem Zeugen, nicht aber einer Prozesspartei zu. Habe die Partei in dieser Konstellation die Möglichkeit von (wahrheitsgemäßen) Angaben abzusehen, so habe sie die mit dem Verzicht auf den entsprechenden Vortrag verbundenen prozessualen Folgen - etwa das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung - in Kauf zu nehmen. (Rz. 27).

So verhalte es sich auch im Falle der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast: Die betroffene Partei habe die Folgen ihres unzureichenden Vortrages zu trage, weil ihr einfaches Bestreiten unwirksam ist und die Geständniswirkung des § 138 Abs. 3 ZPO eintrete. (Rz. 27).

In der Rz. 28 stellt der BGH noch einmal die Positionen gegenüber: Während dem klagenden Rechteinhaber im Falle einer Weigerung der Eltern ihr Kind preiszugeben eine effektive Verfolgung des Rechtsverstoßes praktisch unmöglich bleibe, hätten es die Eltern doch in der Hand, eine Störung des Familienfriedens zu verhindern, indem sie nämlich darauf verzichten das Kind zu benennen und dann eben als Täter verurteilt werden.

Auch dieses Ergebnis stimmt aber nicht ganz: Denn die beklagten Eltern hatten ja im Prozess die Namen ihrer Kinder genannt, aber nur nicht mitgeteilt, welches Kind die Verletzungshandlung gestanden hatte. Die Klägerin hätte also prozessual die Möglichkeit gehabt, die beiden benannten Kinder ebenfalls mit zu verklagen. Dann hätten beide Kinder im Prozess sich verteidigen müssen und eben vortragen, ob sie es waren oder nicht. Auf diesem Weg wäre die Klägerin also sehr wohl zu ihrem Recht gekommen.

Vergleicht man zudem das hier gefundene Ergebnis mit dem, das der BGHB in der Afterlife Entscheidung begründet hat, gerade jüngst bestätigt durch die Entscheidung I ZR 68/16 dann vermag das Ergebnis von Loud beim besten Willen nicht zu befriedigen: Der Anschlussinhaber gewann in dem Sachverhalt der Entscheidung I ZR 68/16, obwohl er seinen Ehegatten noch nicht einmal direkt der Tathandlung beschuldigte und musste auch dessen Rechner nicht durchsuchen. Im Verhältnis zu seinen Kindern muss er diese aber der Tat bezichtigen, und wird andernfalls als Täter verurteilt.

Das Ergebnis der hier gefundenen täterschaftlichen Haftung der Eltern ist dogmatisch auch deswegen so befremdlich, weil es ja im Prozess unstreitig war, dass eines der Kinder die Tat begangen hatte. Der Begriff des "Täters" im Urheberrecht ist aber identisch mit dem des Täters im Strafrecht.

Im Kommentar von Schricker zum Urheberrecht schreibt Mathias Leistner: "Passivlegitimiert sind als Verletzer der Täter, der die Urheberrechtsverletzung unmittelbar oder als mittelbarer Täter im strafrechtlichen Sinne begeht (§25 StGB), sowie Teilnehmer, d.h. Anstifter oder Gehilfen (§§ 830 Abs. 2 BGB; 26, 27 StGB) (vgl. Schricker / Löwenheim Leistner, § 97, Rz. 57). Kann eine täterschaftliche Haftung nicht nachgewiesen werden, so wird im Urheberrecht nachrangig eine Störerhaftung geprüft (vgl. dazu Schricker / Löwenheim Leistner, § 97, Rz. 54), die allerdings auf den Unterlassungsanspruch begrenzt ist. In der Tat hätte es in einem Fall wie dem vorliegenden wohl näher gelegen, eine Störerhaftung zu prüfen, als die beklagten Eltern, die es ja unstreitig nicht gewesen sein konnten, auf dem Umweg der Beweislastregel der sekundären Darlegungslast als Täter zu verurteilen."



Die mündliche Urteilsbegründung des BGH "Loud"

Mit Urteil vom 30. März 2017 hat der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG München bestätigt und der Musik- und Abmahnindustrie einen fragwürdigen Sieg beschert. Danach müssen Eltern ihre eigenen Kinder verraten, wenn sie verhindern wollen, dass sie selber verurteilt werden. Die FAZ kommentiert das Urteil als "bizarren juristischen Sieg" der Musikindustrie unter dem Titel "Der Ehrliche ist der Dumme".

Der BGH hatte noch kurz zuvor in der Afterlife Entscheidungen die familiäre Sphäre gegenüber Abmahnungen gestärkt, weicht aber von dieser Linie klar wieder ab: Auch aus der "Afterlife" Entscheidung, so der BGH, ergebe sich nichts anderes. Diese führe zwar dazu, dass es innerhalb der Familie keine vertieften Nachforschungspflichten mehr gebe und etwa Rechner von Familienmitgliedern nicht durchsucht werden müssten. Das, so der BGH, ergebe die Abwägung der hier wiederstreitenden Grundrechte, einmal des Eigentumsrechts des klagenden Tonträgerherstellers und auf der anderen Seite des grundrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie aus Art. 6 GG.

In Fällen, in denen wie im vorliegenden Fall, die Eltern aber wissen, wer für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, seien sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet, die Identität ihres Kindes preiszugeben, es also zu verraten. Andernfalls werden die Eltern - wie hier - selber als Täter der Urheberrechtsverletzung verurteilt.

Das Urteil ist bedauerlich, führt es doch dazu, dass es für Familienanschlüsse eine Art Störerhaftung konstituiert, die dazu führt, dass abgemahnte Familien letztlich immer bezahlen müssen, wenn sie nicht behaupten wollen, sie wüssten nicht wer für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Das Urteil des BGH kann noch mit der Verfassungsbeschwerde zum BVerfG angefochten werden.



Sachverhalt der "Loud" Entscheidung

Über den Internetanschluss des beklagten Ehepaars war am 02. Januar 2010 illegal über eine Filesharing Tauschbörse das Musikalbum der Künstlerin Rihanna "Loud" getauscht und damit auch angeboten worden. Wenig später erhielten die Beklagten von der auf Abmahnungen spezialisierten Kanzlei Rasch Rechtsanwälte eine Abmahnung wegen Filesharings, in der von Ihnen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verlangt wurde. Die von unserer Kanzlei vertretenen Beklagten hatten auf diese Abmahnung allerdings nur eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verweigert. Erheblich später wurden die Beklagten dann von dem Tonträgerhersteller Universal Music und deren Kanzlei Rasch auf Zahlung von Anwaltskosten und Schadensersatz verklagt.

Im Prozess haben sich die Beklagten damit verteidigt, dass sie damals gemeinsam mit ihren drei volljährigen Kindern wohnten. Am fraglichen Abend hatten sie Besuch eines befreundeten Ehepaars und mit diesem gemeinsam im Wohnzimmer zu Abend gegessen und den Abend verbracht, ihr eigener Rechner im Wohnzimmer war ausgeschaltet gewesen. Zudem hatten sie keinerlei Interesse an dem heruntergeladenen Material, da sie selber nur klassische Musik hörten. Während des Abends hatten aber ihre Kinder Zugriff auf ihr WiFi Netzwerk. Nach Eingang der Abmahnung hatten die beklagten Eltern ihre Kinder befragt und eines ihrer Kinder hatte daraufhin die Urheberrechtsverletzung in der Tauschbörse zugegeben. Das hatten die Eltern auch vor Gericht vorgetragen, sie waren allerdings der Meinung, dass sie schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet seien die Identität des Kindes preiszugeben, das den Verstoß begangen hatten, denn zum einen würden sie dadurch ihr Kind der Gefahr einer Strafverfolgung preisgeben, als auch zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen dieses Kind begünstigen.



Bewertung der "Loud" Entscheidung:

Die "Loud" Entscheidung des BGH ist juristisch zu bedauern. Es bleibt abzuwarten, ob der "bizarre Sieg" der Musikindustrie vielleicht noch politische Debatten auslöst, ob eine derart weite Störerhaftung der Familie für Tauschbörsen in Deutschland wirklich politisch gewünscht ist.

Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) hatte im Bundestag noch im Sommer 2016 bei der Diskussion über die (bisher wirkungslose) Abschaffung der Störerhaftung für W-LANs durch den Gesetzgeber die Entscheidung des BGH "Sommer unseres Lebens" von Mai 2010 zitiert, mit der die Störerhaftung für private W-LAN-Betreiber erschaffen wurde. Daraus seien zu aller Leidwesen "sechs Jahre unseres Lebens" geworden. Mit seinem "Loud"-Urteil hat der BGH nun eine neue Familien-Störerhaftung geschaffen, von der man nur hoffen kann, dass sie nicht ebenfalls so lange überdauert.



Vorinstanzen der "Loud" Entscheidung

Landgericht München (Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14)
OLG München (Urteil vom 14. Januar 2016, Az. 29 U 2593/15)









BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 - "Loud"



(...) BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL




I ZR 19/16

Verkündet am: 30. März 2017
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle


in dem Rechtsstreit
1. [Name]
2. [Name]

beide wohnhaft [Anschrift],
Beklagte und Revisionskläger,

- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Geisler -



gegen


[Name],
Klägerin und Revisionsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Prof. Dr. Rohnke und Dr. Winter -





Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwanke und den Richter Feddersen



für Recht erkannt:



Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Januar 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.



Von Rechts wegen




Tatbestand:

Der Klägerin, einer Tonträgerherstellerin, stehen die ausschließlichen Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum "Loud" enthaltenen elf Musiktiteln der Sängerin Rihanna zu. Das am 12. November 2010 veröffentlichte Album war acht Wochen lang unter den Top Ten der Charts gelistet.

Am 2. Januar 2011 um 23:16 Uhr wurde das Album über einen Internetanschluss; dessen Inhaber die beklagten Eheleute sind, mittels einer Filesharing Software ohne Zustimmung der Klägerin zum Herunterladen angeboten.

Die Beklagten haben auf die Abmahnung der Klägerin vom 16. März 2011 eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten die Rechtsverletzung begangen. Sie verlangt im vorliegenden Verfahren Schadensersatz in angemessener Höhe, mindestens 2.500,00 EUR, sowie Erstattung der Abmahnkosten nach einem Streitwert von 50.000,00 EUR in Höhe von 1.379,80 EUR.

Die Beklagten haben bestritten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie haben geltend gemacht, ihre im Tatzeitpunkt bei ihnen wohnenden volljährigen drei Kinder hätten jeweils eigene Rechner besessen und über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt. Sie wüssten, von welchem Kind die Verletzungshandlung vorgenommen worden sei, wollten dies jedoch nicht mitteilen.

Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 1.044.40 EUR zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen (Landgericht München I, ZUM-RD 2016, 308). Die Berufung der Beklagten hatte - soweit für die Revision von Bedeutung - keinen Erfolg (Oberlandesgericht München, WRP 2016, 385). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.




Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche im vom Landgericht zuerkannten Umfang für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Beklagten hafteten als Täter für die geltend gemachte Rechtsverletzung. Die Beklagten seien der Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten allein auf den Internetanschluss Zugriff gehabt, zwar entgegengetreten. Sie hätten jedoch der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen mitzuteilen, welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hätten, mithin welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe. Indem sich die Beklagten weigerten, diese Angaben zu machen, beriefen sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer Kinder auf den Internetanschluss. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Annahme einer solchen zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen, weil dem zugunsten der Klägerin wirkenden Schutz des Art. 14 GG im Streitfall ein überwiegendes Gewicht zukomme. Die Beklagten hätten die gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung nicht erschüttert, weil sich ihre von ihnen als Zeugen benannten Kinder auf das ihnen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen hätten. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen, die am Abend des Tattags bei ihnen zu Gast gewesen seien, habe es nicht bedurft. Die Behauptung, wegen des Besuchs keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verletzungshandlung zu begehen, sei nicht entscheidungserheblich, weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor Eintreffen der Gäste oder durch kurzzeitige Nutzung eines derjenigen Computer, die sich außerhalb des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden können. Der Höhe nach sei der Schadensersatz mit 2.500,00 EUR angemessen bewertet. Eine Begrenzung der Abmahnkosten auf 100 gemäß § 97a Abs. 2 UrhG aF komme nicht in Betracht, da es sich weder um einen einfach gelagerten Fall noch um eine nur unerhebliche Rechtsverletzung handele.



II.

Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz (dazu nachfolgend II 1) und Abmahnkostenerstattung (dazu nachfolgend II 2) zu Recht zuerkannt.


1.

Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu Recht als nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG zum Schadensersatz verpflichtet angesehen. Nach dieser Vorschrift ist, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.


a)

Von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG an den Musiktiteln des Albums "Loud" ist und die Klage deshalb auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht gestützt ist. Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG hat der Hersteller eines Tonträgers das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.


b)

Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die auf dem genannten Album enthaltenen Musiktitel am 2. Januar 2011 um 23:16 Uhr über einen den Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss mittels einer Filesharing-Software ohne Zustimmung der Klägerin zum Herunterladen angeboten worden sind, Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Anbieten von Tonaufnahmen mittels eines Filesharing-Programms in so genannten ''Peer-to-Peer"-Netzwerken im Internet das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Herstellers des Tonträgers verletzt, auf dem die Tonaufnahme aufgezeichnet ist (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - 1 ZR 19/14, GRUR 2016, 176 Rn. 14 = WRP 2016, 57 - Tauschbörse 1; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 15 = VVRP 2016, 66 - Tauschbörse II; Urteil vom 12. Mai 2016 - l ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 19 = VVRP 2017, 79 - Everytime we touch). Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.


c)

Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hafteten als Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen.


aa)

Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die Beklagten für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - Tauschbörse UI; BGH, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 - Everytime we touch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III). Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 39 - Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 34 - Everytime we touch).

Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, m.w.N.; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 - Tauschbörse 111; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 f. - Everytime we tauch; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15, GRUR 2017, 386 Rn. 15 WRP 2017, 448 - Afterlife). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.


bb)

Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt.


(1)

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten seien der Behauptung der Klägerin, allein die Beklagten hätten Zugriff auf ihren Internetanschluss gehabt, mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, ihre Kinder hätten ebenfalls auf den Internetanschluss zugreifen können. Dies reiche zur Erfüllung der den Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast nicht aus, weil die Beklagten sich zugleich geweigert hätten, ihr Wissen darüber, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen habe, offenzulegen. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, weil es keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange gewähre. Im Streitfall überwögen die mit Blick auf Art. 14 GG geschützten Eigentumsinteressen der Klägerin, weil andernfalls Urheberrechtsinhaber bei Rechtsverletzungen über von Familien genutzten Internetanschlüssen ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen könnten. Weil die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen seien, sei von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung als Täter begangen hätten. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.


(2)

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt. Hingegen besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn für die Täterschaft des Anschlussinhabers der bei typischen Geschehensabläufen eingreifende Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) spricht.

Für die Annahme, der Inhaber eines Internetanschlusses sei ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels dieses Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung, fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 18 ff. - Afterlife). Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat. obliegt dem Anschlussinhaber insoweit allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGH GRUR 2017, 386 Rn. 20 - Afterlife).


(3)

Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegen den sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 47 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 m.w.N.), eine Rechtsverfolgung ermöglicht. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorzusehen. Art. 47 EU-Grundrechtecharta gewährleistet zudem das Recht auf Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs.

Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen. Diese Grundrechte verpflichten den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen, und berechtigten die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BVerfGE 66, 84, 94; 80, 81, 92; 81, 1, 6; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl. Art. 7 Rn. 19 f.: v. Coelln in Sechs a.a.O. Art. 6 Rn. 22). Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfG 80, 81, 90). Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG entfaltet Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Rechtsordnung und muss auch bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zum Tragen kommen (vgl. BVerfGE 61, 18. 25; Stern / Sachs / Dietlein. Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 493). Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast im Zivilprozess Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 23 - Afterlife).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt es, wenn mehrere unionsrechtlich geschützte Grundrechte einander widerstreiten, den Behörden oder Gerichten der Mitgliedstaaten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen diesen Rechten sicherzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Sig. 2008, 1-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae: EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel; EuGH. Urteil vom 15. September 2016 - C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 = WRP 2016, 1486 - Sony Music / McFadden). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1, 21).

Auch unter Berücksichtigung des für den Urheberrechtsinhaber sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG) steht der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme von Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen, die den Inhaber eines privaten Internetanschlusses dazu zwingen, zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 26 - Afterlife).


(4)

Im Streitfall hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt haben, indem sie nur darauf verwiesen haben, ihre drei volljährigen Kinder hätten Zugang zum Internetanschluss gehabt. Die Beklagten waren gehalten, im Rahmen der sekundären Darlegungslast das Kind zu benennen, welches ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hatte.

Die Abwägung der im Streitfall auf Seiten der Klägerin betroffenen Grundrechte des Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG) und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 EU-Grundrechtecharta) mit dem zugunsten der Beklagten wirkenden Grundrecht auf Schutz der Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) führt zu einem Vorrang des Informationsinteresses der Klägerin.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Mitteilung des Namens des für das Filesharing verantwortlichen Kindes durch die Eltern mit Blick auf die möglichen Folgen - der zivilrechtlichen oder gar strafrechtlichen Inanspruchnahme des Kindes - eine erhebliche Beeinträchtigung des Familienfriedens nach sich ziehen kann. Die Eltern unterliegen jedoch keinem Zwang zur Auskunft. Sie haben vielmehr die Wahl, ob sie die Auskunft erteilen oder ob sie davon absehen, das Kind anzugeben, das die Rechtsverletzung begangen hat, und insoweit auf eine Rechtsverteidigung zu verzichten. Dass sie infolge eines solchen Verteidigungsverzichts selbst für die Rechtsverletzung haften, weil ohne Erfüllung der sekundären Darlegungslast die tatsächliche Vermutung ihrer Haftung als Anschlussinhaber eingreift, erlangt im Rahmen der Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht. Hierbei handelt es sich um einen aus der gesetzlichen Wertung des § 138 Abs. 3 ZPO folgenden Nachteil, der jede prozessual ungenügend vortragende Partei trifft.

Das Recht, im Zivilprozess wegen der familiären Beziehung zu einer Partei Angaben zu verweigern, steht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und § 384 Nr. 1 und 2 ZPO allein dem Zeugen, nicht aber einer Prozesspartei zu. Die Partei eines Zivilprozesses unterliegt der Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 ZPO, die allenfalls insofern Einschränkungen erfährt, als die Partei sich selbst oder einen Angehörigen einer Straftat oder Unehrenhaftigkeit bezichtigen müsste (vgl. MünchKomm.ZPO / Fritsche, 5. Aufl., § 138 Rn. 14; Kern in Stein/Jonas, ZPO. 23. Aufl., § 138 Rn. 13; Zöller / Greger, ZPO, 16. Aufl., § 138 Rn. 3; Gerken in Wieczorek / Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 138 Rn. 15; Seiler in Thomas / Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 138 Rn. 7; Stadler in Musielak / Voit, ZPO, 14. Aufl., § 138 Rn. 3). Hat die Partei in dieser Konstellation die Möglichkeit, von (wahrheitsgemäßen) Angaben abzusehen, so hat sie die mit dem Verzicht auf den entsprechenden Vortrag verbundenen prozessualen Folgen - etwa das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung - in Kauf zu nehmen (vgl. BVerfGE 56, 37, 44; MünchKomm.ZPO / Fritsche a.a.O. § 138 Rn. 14; Gerken in Wieczorek / Schütze a.a.O. § 138 Rn. 15; Zöller / Greger a.a.O. § 138 Rn. 3). So verhält es sich im Falle der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast; die betroffene Partei hat die nachteiligen Folgen ihres unzureichenden Vortrags zu tragen, weil ihr einfaches Bestreiten unwirksam ist und die Geständniswirkung des § 138 Abs. 3 ZPO eintritt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Februar 201 - I ZR 230/12, GRUR 2014, 578 Rn, 14 = WRP 2014, 697 - Umweltengel für Tragetasche; Urteil vom 12. November 2015 - I ZR 167/14, GRUR 2016, 836 Rn. 111 = WRP 2016, 985 - Abschlagspflicht II).

Demgegenüber ist dem Rechtsinhaber im Falle der Weigerung der Eltern, die Anschlussinhaber sind, Auskunft über den Namen des für das Filesharing verantwortlichen Kindes zu erteilen, eine effektive Verfolgung des Rechtsverstoßes regelmäßig praktisch unmöglich, weit die Identität des Verletzers ungeklärt bleibt. Mithin wird das Eigentumsrecht des Urheberrechtsinhabers gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG und sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 EU-Grundrechtecharta im Falle der unterbliebenen Auskunft im Regelfall vereitelt, wohingegen die Eltern durch die Auskunftsverweigerung unter Inkaufnahme prozessualer Nachteile eine jedenfalls erhebliche - Beeinträchtigung ihres Grundrechts auf Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG abwenden können. in dieser Konstellation überwiegen die auf Seiten des Urhebers oder des Inhabers eines verwandten Schutzrechts - hier des Tonträgerherstellers - in Rede stehenden Grundrechte das Grundrecht der Eltern auf Schutz der Familie.


(5)

Haben die Beklagten die ihnen im Streitfall obliegende sekundäre Darlegungslast zur Nutzung ihres Internetanschlusses durch einen Familienangehörigen im Tatzeitpunkt nicht erfüllt, greift die tatsächliche Vermutung, sie hafteten als Anschlussinhaber täterschaftlich für die begangene Rechtsverletzung.


cc)

Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht dem von den Beklagten angebotenen Zeugenbeweis zur Frage ihrer Täterschaft nicht nachgegangen ist. Die Beklagten hatten unter Beweisantritt durch Zeugenbeweis behauptet, im Tatzeitpunkt sei der im Wohnzimmer befindliche Computer ausgeschaltet, sie seien mit der Bewirtung der Gäste beschäftigt und die Kinder seien im Hause gewesen. Dieser Vortrag ist nicht entscheidungserheblich, weil er eine Rechtsverletzung durch die Beklagten nicht ausschließt.

Das Berufungsgericht hat angenommen, einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen, die am Abend des Tattags zu Gast gewesen seien, habe es nicht bedurft. Auf die Behauptung, während des Besuchs keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verletzungshandlung zu begehen. komme es nicht an. weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor Eintreffen der Gäste und durch Nutzung eines der Computer, die sich außerhalb des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden können.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Selbst wenn der im Wohnzimmer befindliche Computer der Beklagten im Tatzeitpunkt ausgeschaltet gewesen sein sollte, bestand - wie das Landgericht und das Berufungsgericht richtig ausgeführt haben - die Möglichkeit, den beanstandeten Filesharingvorgang von einem der anderen im Haushalt der Beklagten vorhandenen Computer aus zu starten. Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Durchführung der Verletzungshandlung habe keine dauernde Anwesenheit vor dem Computer erfordert. Eine Beweisaufnahme war danach mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich.


d)

Gegen die Bemessung der Höhe des Schadensersatzes durch das Berufungsgericht auf 2.500,00 EUR erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler sind auch insoweit nicht ersichtlich.


2.

Das Berufungsgericht hat der Klägerin nach § 97 Abs. 1 UrhG a.F. zu Recht einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 EUR zuerkannt.


a)

Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist § 97a UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Die durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBl I, S. 3714) mit Wirkung ab dem 9. Oktober 2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 UrhG n.F. gelten erst für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. zu § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG aF BGH, GRUR 2016. 191 Rn. 56 - Tauschbörse III, mwN). Nach § 97a Abs. 1 UrhG a.F. soll der Verletzte den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.

Im Streitfall war die Abmahnung berechtigt, weil die Beklagten zur Unterlassung verpflichtet waren (siehe Rn. 10 ff. [11 1]). Gegen die Formalitäten der Abmahnung sowie die Bemessung ihres Gegenstandswerts auf 23.000,00 EUR erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich (vgl. hierzu BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 72 ff. - Tauschbörse 11; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 -1ZR 1/15. GRUR 2016, 1275 Rn. 20 ff., 33 ff. = WRP 2016, 1525 - Tannöd; BGH, GRUR 2016, 1280 Rn. 61 ff. - Everytime we tauch).


b)

Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht den Ersatz von Abmahnkosten nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. auf 100,00 EUR begrenzt hat.

Nach § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR. Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt allerdings regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne dieser Vorschrift dar (vgl. BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 33 ff. - Tannöd). Dass im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände von dieser Regel eine Ausnahme zu machen wäre, hat die Revision nicht aufgezeigt.



III.

Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist (vgl. EuGH. Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Sig. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - 0-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - AIFA / Doc Generic. Insbesondere ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass es Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen widerstreitenden Grundrechten der Parteien sicherzustellen (vgl. EuGH, GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae: GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel; GRUR 2016, 1146 Rn. 83 - Sony Music / McFadden).



IV.

Danach ist die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.




Büscher

Kirchhoff

Koch

Schwanke

Feddersen







Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 01.07.2015 - Az. 37 O 5349/14 -
OLG München, Entscheidung vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - (...)






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BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 - "Loud",
Vorinstanzen:
LG München, Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14,
OLG München, Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15,
Dr. Bernhard Knies,
Rechtsanwälte Knies & Albrecht

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Steffen
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Rasch Rechtsanwälte vor dem BGH

#1020 Beitrag von Steffen » Montag 13. November 2017, 23:52

Rasch Rechtsanwälte (Hamburg): Sechstes und siebtes BGH-Verfahren gewonnen - Wieder hat die Kanzlei um Namensgeber Clemens Rasch zwei Verfahren geführt, die vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich waren


23:50 Uhr


Die bereits im März dieses Jahres bekannt gewordene BGH-Entscheidung "Loud" dürfte inzwischen hinlänglich bekannt sein (Urt. v. 30.03.2017, I ZR 19/16), insbesondere der Umstand, dass eine Pflicht zur Benennung des auch aus der Familie stammenden Täters besteht, wenn er bekannt ist. Beachtlich ist außerdem, dass der Bundesgerichtshof in diesem Verfahren sogar Schadensersatz oberhalb von 200,00 EUR je verfügbar gemachter Tonaufnahme als rechtsfehlerfrei bestätigt hat (2.500,00 EUR für elf Tonaufnahmen).



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Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon 040 244 297-0 | Fax 040 244 297-20
E-Mail kanzlei@raschlegal.de | Internet www.raschlegal.de




Bericht:

Link:
http://www.raschlegal.de/aktuelles/rasc ... -gewonnen/

Autorin:
Rechtsanwältin Anja Heller



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Juristisch noch spannender ist hingegen ein Urteil aus September (Urt. v. 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft), dessen Entscheidungsgründe inzwischen vorliegen: denn erstmals wurde vom Bundesgerichtshof ein Speicherungsanspruch gegenüber einem Provider bestätigt, der im Moment einer laufenden Internetsession eines seiner Nutzer über dessen rechtsverletzende Aktivitäten informiert wird (ab Rz. 54). Das bedeutet, dass es keiner vorherigen richterlichen Anordnung bedarf, um den Provider zu einer Speicherung von IP-Adressen zu zwingen. Der Bundesgerichtshof bestätigt in weiten Teilen die Argumente, die Rasch Rechtsanwälte in den Vorinstanzen für die betroffene Tonträgerherstellerin vorgebracht hatten und sieht weder datenschutz- noch verfassungsrechtliche Probleme.

Dieses Verfahren konnte nur geführt werden, weil in der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte immer wieder neue juristische Ansätze gesucht werden, um Medieninhalte ihrer Mandanten effektiv zu schützen. Im inzwischen siebten BGH-Verfahren konnten die juristisch wohl durchdachten Argumente nun überzeugen.



BGH_I_ZR_58-16_Sicherung_der_Drittauskunft.pdf (148 KB)
BGH_I_ZR_19-16_Loud.pdf (139 KB)







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BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud
BGH, Urteil vom 21.09.2017, I ZR 58/16 - Sicherung der Drittauskunft


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