Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8221 Beitrag von Steffen » Mittwoch 6. März 2013, 15:29

[quoteemJoJo]1) Mit "kurz online" meine ich: weniger als 15min.
Und die reichen gar nicht aus, dass man in der Zeit einen ganzen Film durch meine
langsame Leitung schieben kann.
Aber wenn ich das richtig verstehe, dann reicht denen schon der Nachweis, dass "ein
Teil des Films" (wie viel "Teil eines Films" wäre das denn?) von meiner Adresse aus
geladen und angeboten wurde.
Aber wenn dieser Teil so klein ist, dass ich gar nicht sehen kann, dass es sich um
ein geschütztes Werk handelt, macht das doch gar keinen Sinn. Denn woher soll man das
denn dann wissen, dass es ein geschütztes Werk ist.

Und das hängt auch mit Frage zwei zusammen:

2) In dem Schreiben steht ja auch der Name des Filmwerkes: Nennen wir den Film mal
"Nude Girls 5". Also ein Allerweltsname. Genau so könnte das Dinge auch
"Urlaubsvideo" oder "Hurtz" heißen. Also ganz bestimmt nichts, an dem man unbedingt
am Namen erkennen muss, dass es sich um ein "geschütztes Werk" handelt. Wenn das Ding
aber doch nie komplett auf dem Rechner ankommt, geschweige denn komplett angeboten
wird, wie soll man dann überhaupt wissen, dass man da was geschütztes lädt und
verbreitet.[/quoteem]


Hier hätte eine Akteneinsicht schon lange eine Klärung zum Teil herbeigeführt.

Natürlich sind es alles technische Fragen, die geklärt werden können. Aber, in einen
möglichen Klageverfahren gibt es erst einmal eine Hürde, nämlich die Entkräftung der
vermeintlichen Störerhaftung. Auch werden meist -mehrere- Ermittlungsdatensätze
präsentiert, außer den -einen- aus dem Abmahnschreiben. Man muss jetzt erst für jeden
Ermittlungsdatensatz belegbar sich erklären. Wenn man jemand als Mit-WWW-Benutzer
benennt, auch für denjenigen.

Hat man diese Hürde gemeistert, kann man sich den technischen Fragen zuwenden. Wozu
dann zur richterlichen Klärung ein unabhängiges Gutachten von Nöten ist, was die
beweiserbringende Partei vorschießt der Verliere zahlt.


15 min?, hier würde ich erst einmal abwarten, wie viel Ermittlungsdatensätze es
tatsächlich gibt.

Und dann Vorsicht!


Auch Teile von auf Filmträgern aufgenommenen Filmwerken und Laufbildern genießen -
unabhängig von der Größe oder der Länge des Filmausschnitts - Leistungsschutz nach §§
94, 95 UrhG. Soweit es um den Schutz der unternehmerischen Leistung des
Filmherstellers geht, genießt der Hersteller eines Filmwerks nach § 94 UrhG denselben
Leistungsschutz wie der Hersteller von Laufbildern nach §§ 95, 94 UrhG)

Bitte auch einmal das BGH hernehmen, wo man sagt, das schon ein kleiner Teil eines
Tonträgers urheberrechtlich geschützt (vgl. etwa BGH I ZR 112/06, I ZR 128/07) ist.
Was wohl für ein Film auch anwendbar ist.

VG Steffen

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8222 Beitrag von Steffen » Mittwoch 6. März 2013, 17:04

Auf Bitte von @mainz05bub entfernt.

VG Steffen

JoJo
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8223 Beitrag von JoJo » Mittwoch 6. März 2013, 19:17

Steffen hat geschrieben:[quoteemJoJo]1) Mit "kurz online" meine ich: weniger als 15min.
Und die reichen gar nicht aus, dass manTV in der Zeit. inen ganzen Film durch meine
langsame Leitung schieben kann.
Aber wenn ich das richtig verstehe, dann reicht denen schon der Nachweis, dass "ein
Teil des Films" (wie viel "Teil eines Films" wäre das denn?) von meiner Adresse aus
geladen und angeboten wurde.
Aber wenn dieser Teil so klein ist, dass ich gar nicht sehen kann, dass es sich um
ein geschütztes Werk handelt, macht das doch gar keinen Sinn. Denn woher soll man das
denn dann wissen, dass es ein geschütztes Werk ist.

Und das hängt auch mit Frage zwei zusammen:

2) In dem Schreiben steht ja auch der Name des Filmwerkes: Nennen wir den Film mal
"Nude Girls 5". Also ein Allerweltsname. Genau so könnte das Dinge auch
"Urlaubsvideo" oder "Hurtz" heißen. Also ganz bestimmt nichts, an dem man unbedingt
am Namen erkennen muss, dass es sich um ein "geschütztes Werk" handelt. Wenn das Ding
aber doch nie komplett auf dem Rechner ankommt, geschweige denn komplett angeboten
wird, wie soll man dann überhaupt wissen, dass man da was geschütztes lädt und
verbreitet.[/quoteem]


Hier hätte eine Akteneinsicht schon lange eine Klärung zum Teil herbeigeführt.


15 min?, hier würde ich erst einmal abwarten, wie viel Ermittlungsdatensätze es
tatsächlich gibt.

Und dann Vorsicht!


Bitte auch einmal das BGH hernehmen, wo man sagt, das schon ein kleiner Teil eines
Tonträgers urheberrechtlich geschützt (vgl. etwa BGH I ZR 112/06, I ZR 128/07) ist.
Was wohl für ein Film auch anwendbar ist.

VG Steffen
DANKE Steffen für die rasche Antwort.

Die Akteneinsicht ist eine gute Idee. Wer weis, ab es nicht doch mehr als die geguehlten 15min waren? Aber meinen Kumpel anzeigen oder damit reinzihn will ich ja eh nicht. Aber die Akteneinsicht kann man immer noch machen, oder? Also nach dem Versenden der ModUE wuerde ich erst mal abwarten, was passiert.

Und bzgl. BGH, das muss ich mir wohl mal anschaun. Aber es ist wohl so, dass man thoretisch in jedem Pfurz ein urheberrechtlich geschuetztes Werk (ver)stecken kann.

Danke und Grus
Jojo

-Bernstein-
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8224 Beitrag von -Bernstein- » Freitag 8. März 2013, 07:24

Hallo an alle,
hatte mich schon mal registriert in diesem Forum, aber irgendwie konnte ich mich nicht mehr anmelden. Musste eine neue Anmeldung machen.

Habe nach 2 1/2 Jahren wieder mal eine Reaktion der Abmahner BaumgartenBrandt erhalten!

Hatte damals über einen Anwalt einen Vergleich angeboten, worauf nie eine Reaktion kam. Jetzt kommt ein Schreiben (an meinen Anwalt) ich hätte mich nie gerührt! Nunja. So kann man das ja nicht sagen. (Damals wusste ich noch zu wenig über das Thema um mich ohne Anwalt ran zu trauen.)

Ist das jetzt wieder einer dieser Bettelbriefe? Verjährung wäre ggf. 31.12.13 eingetreten.

Haben noch mehr von euch solche Briefe erhalten??? Natürlich wird mit einer Klage gedroht! Und ja auch wenn ich versucht haben ruhig zu bleiben, leichte Verspannungen machen sich natürlich wieder breitt.

LG

homer_s1981
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8225 Beitrag von homer_s1981 » Montag 11. März 2013, 23:16

Hallo,
Habe heute wieder einen Brief von meinen Freunden von Focus bekommen.
Da ich die erste Zahlungsaufforderung unbeachtet gelassen habe, hat man mir eine neue Frist zur Zahlung der Gesamtforderung gesetzt. Danach soll dann das gerichtliche Mahnverfahren gestartet werden. Dadurch enstehen mir erhebliche Mehrkosten von mindestens 23€. (Wirklich erheblich im Vergleich zur Gesamtforderung von 16xx,xx€. ;-))

Wie soll man folgenden Abschnitt des Briefs verstehen?:
"Sollten sie nicht in der Lage sein den Gesamtbetrag zu überweisen, wollen sie zumindest eine Abschlagszahlung von Euro 2xx,xx bis zum xx.03.2013 leisten. Eine evtl. Restforderung werden wir ihnen zu gegebener Zeit mitteilen"

Wenn ich nicht alles zahlen kann oder will soll ich erst mal ein bisschen was anzahlen, und wenn die Herrn dann wieder den Porsche tanken müssen schicken sie mir schnell einen Brief mit der Tankquittung?

Schon ein lustiger Verein! Auch wenns mich wieder in den Fingern juckt werd ich weiter auf den Mahnbescheid warten!!!

schönen Abend
Homer

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8226 Beitrag von Steffen » Dienstag 12. März 2013, 00:03

Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erneut
vor dem BGH erfolgreich: Entgegennahme
vorbeugender Unterlassungserklärungen
löst keine RA-Gebühren aus




Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
50672 Köln
Fon: 0221 40067550
Fax: 0221 40067552
E-Mail: info@wbs-law.de
Web: www.wbs-law.de


::::::::::::::::::::::::::::::::::::::


Nach dem von unserer Kanzlei vor dem BGH erwirkten Morpheus Urteil haben wir erneut
einen wichtigen Rechtsstreit vor dem höchsten deutschen Zivilgericht gewonnen.


Mit Urteil vom 28.02.2013 (Az. I ZR 237/11) hat der Bundesgerichtshof entschieden,
dass der Versand vorbeugender - also unaufgefordert zugesandter -
Unterlassungserklärungen keine Belästigungen im Sinne eines Eingriffs in den
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und daher auch keinerlei
Kostenerstattungsansprüche des Empfängers für die Entgegennahme der
Unterlassungserklärungen bestehen.

Dem Verfahren liegt eine bereits seit Jahren schwelende Streitigkeit zugrunde, bei
der die Kanzlei Schutt & Waetke deutschlandweit Mandanten der Kanzlei Wilde Beuger
Solmecke auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten wegen der Entgegennahme sogenannter
"vorbeugender Unterlassungserklärungen" in Anspruch nahm.Begründet wurde die
Inanspruchnahme mit dem Argument, die Entgegennahme von unaufgefordert zugesandten
vorbeugenden Unterlassungserklärungen ohne vorherige Abmahnung stelle eine
"Belästigung" ähnlich Spammails dar. Es handle sich insoweit um aufgedrängte Mandate,
da die Unterlassungserklärungen bearbeitet und abgeheftet werden müssten. Ein
Anspruch auf Erstattung dieser Rechtsanwaltskosten ergäbe sich aus Geschäftsführung
ohne Auftrag, zumindest aber aus einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb.

Geklagt worden war zunächst vor den Amtsgerichten Reinbek, Hamburg, Düsseldorf, Köln
und Frankfurt am Main Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von ca. 750,00
EUR. Erstinstanzlich verneinten die Gerichte - bis auf das Amtsgericht Köln, welches
rechtsfehlerhaft eine Auslagenerstattung in Höhe von 37,20 EUR zusprach - die geltend
gemachten Ansprüche. Auch zweitinstanzlich scheiterten die Ansprüche vor den
Landgerichten Lübeck, Hamburg, Frankfurt am Main und Düsseldorf.

Lediglich die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln bejahte einen Anspruch auf
Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 335,90 EUR zuzüglich Zinsen. Das
Gericht sah durch die Zusendung der vorbeugend abgegebenen Unterlassungserklärung den
Tatbestand des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des
jeweiligen Auftraggebers der Kanzlei Schutt & Waetke gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB als
erfüllt an. Die Kammer verglich dabei die Zusendung von vorbeugenden
Unterlassungserklärungen mit der Zusendung von Werbe-E-Mails und vertrat die Ansicht,
die Eingriffsintensität sei bei der Übersendung von vorbeugenden
Unterlassungserklärungen sogar ungleich höher. Schließlich erfordere die Bearbeitung
dieser Unterlassungserklärungen eine Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht und binde in erheblichem Maße wirtschaftliche Ressourcen der
entgegennehmenden Kanzlei. Während die Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe
im Falle einer unberechtigten Abmahnung auf einem eigenen Willensentschluss des
Abmahnenden beruhten, würden ihm die Kosten der Prüfung einer vorbeugenden
Unterlassungserklärung aufgedrängt, indem er eine Entscheidung über die Annahme des
Unterlassungsversprechens zu treffen habe. Die Kammer ging noch weiter und bejahte
einen schuldhaften Eingriff, da der Beklagte behauptet hatte, keine
urheberrechtlichen Rechtspositionen verletzt zu haben. Die Kammer vertrat insoweit
die Auffassung, dass in diesem Fall dann ja aus objektiver Sicht keine Veranlassung
für die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bestanden hätte.

Die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Revision hatte nunmehr in vollem
Umfang Erfolg, die Anschlussberufung der Kanzlei Schutt & Waetke wurde
zurückgewiesen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 28.02.2013 äußerte der Senat
bereits Bedenken, ob es sich bei der Zusendung einer vorbeugenden
Unterlassungserklärung überhaupt um einen "Eingriff" im Sinne des § 823 BGB handle.
Ferner wurden eine unmittelbare Beeinträchtigung sowie die Rechtswidrigkeit verneint.
Jedenfalls aber sei eine vorbeugende Unterlassungserklärung angesichts der
Strafbewehrung sehr wohl als "ernst" gemeint zu verstehen und gerade nicht mit
Werbe-E-Mails gleichzusetzen. Auch anderweitige Anspruchsgrundlagen lehnte der Senat
vollumfänglich ab. Insbesondere sah er keinerlei Verantwortlichkeit des einzelnen
Mandanten für die Versendung einer Vielzahl von vorbeugenden
Unterlassungserklärungen. Die vollständigen Urteilsgründe stehen noch aus und werden
in einigen Monaten erwartet.


_________________________________________

Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: www.wbs-law.de
_____________________________________

Tomstattoo
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8227 Beitrag von Tomstattoo » Mittwoch 13. März 2013, 13:07

Hallo,
für wenn wird das zutreffen. Zukünftige Abmahnungen oder auch laufende Vorgänge???
MfG

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8228 Beitrag von Steffen » Mittwoch 13. März 2013, 13:08

Gesetze gelten ab in Krafttreten! Also nicht zurückwirkend!

Pressemitteilung BMJ: Bundesregierung beschließt Maßnahmenpaket gegen unseriöse Geschäftspraktiken


VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8229 Beitrag von Tomstattoo » Mittwoch 13. März 2013, 13:25

Vielen Dank für die Antwort
Also wirkt sich dieses auch nicht auf Entscheidungen der Gerichte bezüglich Klageverfahren
Von Alt-Abmahnungen aus?

kay123
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8230 Beitrag von kay123 » Mittwoch 13. März 2013, 16:32

Ja wollte ich auch gerade Fragen ,wie es zb mit Abmahnungen aus dem Jahr 2010 dann ausschaut.Ich wollte heute eigentlich einen Brief abschicken um einen Vergleich zu erreichen oder sollte ich damit jetzt noch warten ??

music-anderson
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8231 Beitrag von music-anderson » Mittwoch 13. März 2013, 21:55

Hallo! Leider gibt es auch nach der Entscheidung des Bundestages noch immer Lücken, so wie hier auf der T-Online Seite zu lesen ist.

http://www.t-online.de/computer/sicherh ... zocke.html" onclick="window.open(this.href); return false;

Wer sich nun dagegen wehren möchte kann dass hier tun:

http://www.avaaz.org/de/petition/Schlus ... Anwaelten/" onclick="window.open(this.href); return false;

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8232 Beitrag von Steffen » Freitag 15. März 2013, 00:05

Wachs’sche Gedankenspiele zum
“Anti-Abzocke-Gesetzentwurf”



15. März 2013; 00:05 Uhr


Seit der gestrigen Meldung: -Bundeskabinett beschließt "Anti-Abzocke-Gesetz"- häufen
sich die Meldungen und Prognosen. Da liest man von einem Sieg gegen die
"Abmahnanwälte" (obwohl die Bundesregierung von 2005 – 2012 dem digitalen
"Dornröschenschlaf" frönte und gerade erst aufwacht); ein hoch qualifizierte
Fachanwalt empfiehlt gar jetzt schon und mit Hinweis auf den Gesetzentwurf die
geminderten Anwaltsgebühren zu bezahlen; die einen jubeln und andere sind wiederum
skeptisch bzw. vertreten den Standpunkt es geht nicht weit genug und hält (wieder
einmal) "Hintertüren" offen.

In einem Forum von Netzwelt.de las ich einen Standpunkt von Rechtsanwalt Dr. Wachs.
Nicht nur aufgrund bestehender Freundschaft, sondern weil mir sein Standpunkt wichtig
ist, werde ich diesen zur Diskussion stellen und veröffentlichen. Natürlich immer
unter der Voraussetzung, dass die Zeit es bringen wird und, das jemand anderes
natürlich einen anderen Standpunkt vertreten kann und darf.


...........................


Bild

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Kanzlei Dr. Wachs – Rechtsanwälte
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 oder 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de
Web: Dr. Wachs.de oder Dr. Abmahnung.de

...........................

Ich persönlich bin recht unsicher, was der Gesetzentwurf wirklich für Abgemahnte
bedeutet.

a) Laufende Abmahnungen und Gerichtsverfahren
Bei laufenden Abmahnungen und Gerichtsverfahren ist das Gesetz nicht direkt
anwendbar. Was passieren könnte, ist dass die Gerichte aber die Streitwerte im Laufe
des nächsten Jahres fortentwickeln und immer weiter an 1.000,00 EUR annähern.
Mittelbar könnte das Gesetz also auch Altfällen helfen.

b) Nach Inkrafttreten
Nach Inkrafttreten des Gesetzes ist damit zu rechnen, dass

aa) Abmahnungen nach einem Schreiben und nicht Annahme des Vergleichsangebots
schneller gerichtlich anhängig gemacht werden. Einfach weil die Auseinandersetzung
mit der Akte sich für Kanzleien nicht mehr lohnt.

bb) Klassische Inkasso Kanzleien deutlicher in den Markt drängen werden, weil deren
Abläufe auf diese Streitwerte bereits optimiert sind.

Das Ganze obwohl sich "eigentlich" an den Zahlen nicht viel ändert zumindest bei 90 %
der Kanzleien. Denn eine One-Song-Abmahnung wird weiter 150,00 EUR plus 200,00 EUR
Schadensersatz und XX,XX EUR für Ermittlung kosten. Das Vergleichsangebot wird dann
auf 400,00 EUR gesetzt.

Bei ganzen Alben wird 150,00 EUR, plus 700,00 EUR Schadensersatz und XX,XX EUR für
Ermittlung gefordert (z.B.) Ähnlich bei Computerspielen und Filmen.

Natürlich ist mir bewusst, dass nur der wahre Täter den Schadensersatz zahlen muss,
aber faktisch sehen einige Gerichte vor allem im südlichen Teil Deutschlands auch den
Störer als Täter, wenn der Störer nicht beweisen kann kein Täter zu sein.

cc) Es soll in Neufassung des § 49 GKG heißen: [...] In einer
Urheberrechtsstreitsache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- oder
Beseitigungsanspruch 1.000,00 Euro [...].

Die Anwaltskanzleien könnten also den Schadensersatz, Kosten für die Ermittlung und
sogar Auskunftsansprüche streitwerterhöhend geltend machen. Wenn wir von 1.000,00 EUR
Unterlassung, 800,00 EUR Schadensersatz, 250,00 EUR Auskunftsanspruch (angepasst
wegen Unterlassungsstreitwert) und 50,00 EUR Ermittlungskosten ausgehen ergibt dies
mindestens 2.100 EUR. Die Anwaltskosten bei einem Film werden also mindestens 229,30
EUR sein. Aber auch damit könnte man leben, zeigt es aber handwerkliche Schwächen des
Gesetzesentwurfs klar auf, wenn immer von einer 150,00 EUR Kostendeckelung gesprochen
wird, aber diese nicht erreicht wird.

"Der große Wurf" wird das Gesetz allenfalls dadurch, als das ein Prozess zukünftig
nicht allein aus Sorge vor den unkalkulierbaren Kosten gescheut werden muss.
Urheberrechtsverletzungen werden nach meiner Meinung höchstens unwesentlich
günstiger, aber der Abgemahnte hat jetzt die Chance sich zu wehren ohne danach
ruiniert zu sein. Das finde ich sehr gut und "DAS" ist ein sehr gutes Signal.


Dr. Alexander Wachs
-Rechtsanwalt-
...........................

Die Vergangenheit hat gezeigt, das man das Endergebnis abwarten sollte und nicht
schon Pressemitteilungen oder Gesetzesentwürfe vor dem Abend loben. Zeigt es aber
erst einmal eine Chance, das Erstabmahnungen sich fair und humaner gestalten können,
der Abmahnindustrie die Weichen gestellt wurden ("1.000 Gründe abgemahnt zu werden"),
aber auch, das die privaten Verbraucher ihre Chance sehen und P2P dafür nutzen, wofür
es konzipiert wurde. Nämlich zum freien Tauschen persönlicher Daten oder
Urlaubsvideos und nicht für vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten das Herunterladen
und gleichzeitige Anbieten urheberrechtlich geschützter Werke. Denn, wenn sich jetzt
die Zahlen der Abgemahnten wieder erhöhen, wären es die falschen Signale gewesen.
Aber auch die Bundesregierung, der Gesetzgeber, die Urheber, die Anschlussinhaber –
insbesondere der Eltern sind weiterhin in der Pflicht genommen hier gemeinsam einen
abmahnfreie Erziehungsprozess zu finden und umzusetzen. Natürlich immer unter der
Voraussetzung, das die Politiker wieder lernen Bürgerorientiert zu arbeiten.


Bild


Aber auch als Hinweis für die Medienindustrie. Weg vom überteuerten Mainstream und
hin zu attraktiven verbraucherfreundlichen Verkaufsmodellen.

Denn "wegfilesharen", "wegabmahnen", "wegklagen" kann man diese Problem Internet
("1.000 Gründe um abgemahnt zu werden") nicht. Hier wird noch eine Menge Erziehungs-
und Aufklärungsarbeit -aller- Notwendig sein, damit die Prinzessin nach dem Kuss des
Prinzen nicht nur gähnt, sondern auch aufsteht und aktiv wird.

________________________________

SH für AW3P
____________________

glehner
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Frage wegen Verjährung

#8233 Beitrag von glehner » Freitag 15. März 2013, 12:57

Hallo an Alle in diesem Forum,
Ich habe eine Frage zur Verjährung einer Abmahnung. Es gibt zwar verschieden Threads schon, bin mir dennoch bei der Berechnung der Frist nicht sicher, daher frage ich einfach mal direkt.
Folgende Daten sind zu berücksichtigen:

Abmahnung am 20.08.2008 durch Kanzlei
Weitere 2 Schreiben von Inkasso
Im Mai 2009 nochmals Schreiben von RA
Mahnbescheid vom 29.4.2009

diesem wurde von mir vollumfänglich widersprochen und auch keine Zahlungen geleistet.
Seit dem Widerspruch bis heute nie wieder etwas gehört.

Kann ich davon ausgehen, dass bezüglich der o.g. Abmahnung nichts mehr kommt?

Vielen Dank für die Antworten und Hilfe.

Grüsse
Glehner

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8234 Beitrag von Steffen » Freitag 15. März 2013, 13:28

Kann ich davon ausgehen, dass bezüglich der o.g. Abmahnung nichts mehr kommt?
Yep, verjährt!

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8235 Beitrag von kuchen » Freitag 15. März 2013, 21:36

Steffen hat geschrieben:
Kann ich davon ausgehen, dass bezüglich der o.g. Abmahnung nichts mehr kommt?
Yep, verjährt!

VG Steffen
Einrede der Verjährung? Hab ich jetzt schon ein paarmal festgestellt, dass gesagt wurde "Ist verjährt", aber darauf wurde nicht hingewiesen...

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8236 Beitrag von Steffen » Samstag 16. März 2013, 10:33

Ansprüche aus einer urheberrechtlichen Abmahnung:
  • Unterlassung (§§ 97, 97a UrhG)
  • Beseitigung (§ 98 UrhG)
  • Auskunft (§§ 101, 101a UrhG, § 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 242 BGB)
  • Schadensersatz (§§ 98, 100, 101b UrhG):
    • a) Ersatz der erlittenen Vermögenseinbuße einschließlich des entgangenen
      Gewinns (§§ 249 ff. BGB)
      b) Zahlung einer angemessenen Lizenz oder
      c) die Herausgabe des vom Schädiger erlangten Gewinns.

Der Beseitigungsanspruch hat folgende Voraussetzungen:
  • 1. Beeinträchtigung eines Urheberrecht (absolutes Recht)
    2. Fortwirken der Beeinträchtigung (Wiederholungsgefahr = Unterlassung)
    3. Der Abmahner ist RI/RV, der Abgemahnte ist verantwortlicher AI (Vermutungsklausel
    BGH: “Sommer unseres Lebens“)
    4. Kein Vorliegen einer möglichen Duldungspflicht
Ergo, bei einer anhaltenden Wiederholungsgefahr - die bei Filesharing-Fällen gegeben ist -
hat der Geschädigte Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung!
VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8237 Beitrag von RA Dr. Wachs » Samstag 16. März 2013, 18:23

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem hier über das "Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken" berichtet wird, will ich gern noch weiter darüber schreiben:

1.
Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten, sondern es wird nun von der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Danach muss es den Bundesrat passieren, was aber unproblematisch sein sollte, weil es sich nach meiner Kenntnis nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt. Danach wird das Gesetz im Bundesanzeiger veröffentlicht. Nachdem der Gesetzesentwurf von der Bundesregierung stammt, halte ich ein "In Kraft Treten" für fast sicher.

2.
Folgen des Gesetzes
Wie ich schon an anderer Stelle schrieb, sind die Anwaltskosten nicht auf 155,30 EUR (Brutto) gedeckelt, weil der Entwurf im geänderten GKG nur den Streitwert des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruchs behandelt. Hinzu kommen aber noch die Werte für Schadensersatz und Auskunftsansprüche die den Streitwert erhöhen, ich rechne daher mit Anwaltskosten von etwas über 200 EUR Netto (wohlgemerkt) bei einem Film, Album oder Computerspiel.

Die Gesetzesänderung könnte mittelbar Altfälle betreffen, indem entweder der alte 97a Abs. 2 UrhG dann doch auf Tauschbörsen angewendet wird. Die Argumentation wäre dann wohl nunmehr klarer zum Ausdruck gebrachte "Wille des Gesetzgebers" (oder ähnlich). Alternativ und das halte ich für naheliegender könnte der Unterlassungsstreitwert einfach nach und nach immer weiter gesenkt werden, bis ebenfalls 1.000,00 EUR erreicht sind.

Juristisch interessant könnte es werden, wenn man wie viele Gerichte der Auffassung wäre, dass Anwaltsgebühren mit Einreichung der Klage (entstehen können), dann könnten durch die Regelung der Kostendeckelung im GKG zumindest dann, wenn die Anwaltskosten nicht außergerichtlich bereits in entsprechender Höhe genannt waren (was bei allen Kanzleien bis auf Waldorf der Fall wäre)bei alten Abmahnun ab Inkfraftreten alle danach Verklagten unmittelbar von der Gesetzesänderung direkt und unmittelbar profitieren, auch wenn die Abmahnung schon Jahre zuvor ausgesprochen wurde.
Das eben Genannte ist schon etwas wackelig und hängt nmM damit zusammen, dass gerade die Frage der außergerichtlichen Kosten (Abmahnkosten) und deren Zusammenspiel mit Vergütungsvereinbarunge höflich formuliert in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist. Ich werde dazu hier aber morgen noch etwas schreiben und dann versuchen ein Gesamtbild herzustellen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Alexander Wachs
-Rechtsanwalt-

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8238 Beitrag von Steffen » Mittwoch 20. März 2013, 15:19

Vodafone wehrt mit Loschelder unberechtigte Auskunftsersuchen
von Abmahnern ab - Datenschutz im Internet gestärkt



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Dr. Stefan Maaßen, LL.M.
Partner, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Gewerblicher Rechtsschutz (insb. Marken- und Wettbewerbsrecht, technische
Schutzrechte), Urheberrecht

LOSCHELDER RECHTSANWÄLTE
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Fax +49 (0)221 65065-110
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Web: www.loschelder.de

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Mit insgesamt neun Beschlüssen vom 07. März 2013 hat das OLG Düsseldorf entschieden,
dass ein Access Provider nicht verpflichtet ist, zum Zweck der Auskunftserteilung an
private Rechteinhaber die IP-Adressen von Kunden zu erheben und zu speichern.
Ausdrücklich stellt der Senat auch klar, dass für eine Datenerhebung aus der
laufenden Internetverbindung durch einen Access Provider zugunsten von privaten
Rechteinhabern keine Rechtsgrundlage besteht.

Hintergrund des Verfahrens bildet das Verbreiten urheberrechtlich geschützter Werke
in sogenannten Internet-Tauschbörsen ("Filesharing"). Um die Tauschbörsennutzer zu
ermitteln, erfassen die Rechteinhaber in den Tauschbörsen die IP-Adressen der
"Tauschenden" und fordern vom Zugangsvermittler die Übermittlung von Namen und
Anschrift dieser Personen. Bei vielen Providern sind diese Angaben ohnehin verfügbar,
weil sie z.B. für Abrechnungszwecke erforderlich sind. Allerdings darf diese Auskunft
nur mit richterlicher Gestattung erteilten werden (§ 101 Abs. 9 UrhG), weil auch die
Internetkommunikation in den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses fällt.

Der in Anspruch genommene Zugangsprovider speichert von vornherein keine dynamischen
IP-Adressen seiner Kunden, so dass eine Auskunftserteilung auf der Grundlage der
verfügbaren Daten nicht möglich ist. Die drei Antragsteller - ein großer Filmkonzern,
ein auf die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen spezialisiertes Unternehmen und
ein Pornofilmhersteller - hatten daher vor dem Landgericht Düsseldorf zunächst
Beschlüsse erwirkt, mit denen die "Sicherung" von IP-Adressen aus der jeweils
laufenden Internetverbindung angeordnet und die Verwendung der gesicherten Daten zum
Zweck der Auskunftserteilung gestattet wurde. Sämtliche Beschlüsse hat das
Oberlandesgericht aufgehoben.

Zur Begründung führt der Senat aus, dass die Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf
die Übermittlung der vorhandenen Daten beschränkt sei. Aus dem Urheberrechtsgesetz
folge keine Pflicht, noch nicht erhobene Daten aus laufenden Verbindungen zum Zweck
einer späteren Auskunftserteilung zu beschaffen. Für ein solches Vorgehen fehle
darüber hinaus auch eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, da die bestehenden
Regelungen die fremdnützige Erhebung dieser Daten und den daraus resultierenden
Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nicht erfassen.

Die Beschlüsse bilden den vorläufigen Abschluss einer seit vier Jahren währenden
Prozessserie um die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage für die
Auskunftsverlangen von abmahnenden Rechteinhabern. Unser Partner Dr. Stefan Maaßen
vertrat in allen Verfahren die Vodafone GmbH (zuvor Vodafone D2 GmbH).
OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 07.03.2013, Az. I-20 W 118/12, I-20 W 121/12, I-20 W
123/12, I-20 W 124/12, I-20 W 126/12, I-20 W 128/12, I-20 W 142/12, I-20 W 143/12,
I-20 W 162/12
___________________________

Quelle: www.loschelder.de

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8239 Beitrag von Steffen » Mittwoch 20. März 2013, 16:20

LG Köln zu Filesharing in Wohngemeinschaften:
Hauptmieter treffen keine anlasslosen Prüfungs-
und Belehrungspflichten gegenüber seinen
Untermietern





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Rechtsanwalt Christian Solmecke

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
50672 Köln
Fon: 0221 40067550
Fax: 0221 40067552
E-Mail: info@wbs-law.de
Web: www.wbs-law.de


::::::::::::::::::::::::::::::::::::::



Tausende Hauptmieter in deutschen Wohngemeinschaften (kurz: WG) können aufatmen. Sie sind nicht für die
Filesharing-Aktivitäten ihrer Untermieter verantwortlich. Ohne konkreten Anlass müssen sie ihre Mitbewohner
nicht belehren oder überwachen. So entschied es jetzt das LG Köln (Urteil vom 14.03.2013 (Az. 14 O 320/12,
noch nicht rechtskräftig)) in einem von der Kanzlei "WILDE BEUGER SOLMECKE" geführten Verfahren.


Geklagt hatte wieder einmal die Musikindustrie gemeinsam mit der Hamburger Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte".
Über den Anschluss der WG sollten hunderte Songs getauscht worden sein. Der Hauptmieter wurde in Anspruch
genommen, konnte aber nachweisen, dass er zur Tatzeit gar nicht anwesend war und sich für einen längeren
Zeitraum in einer anderen Stadt aufhielt. Somit schied eine Haftung als Täter aus.

Blieb also noch die spannende Frage, ob der Hauptmieter allein deswegen haftet, da der Internetanschluss
auf ihn angemeldet war. Auch diese Frage nach der so genannten Störerhaftung haben die Richter am LG Köln
verneint. Zu der wichtigen Frage, ob den Hauptmieter und Internetanschlussinhaber Prüfungs- und Belehrungs-
pflichten gegenüber seinen Untermietern treffen, bezog das Gericht klar Stellung:
"Nach Auffassung der Kammer bestehen auch keine anlasslosen Prüfungs- und Belehrungspflichten gegenüber
seinen Untermietern, die nicht in seinem Haushalt wohnen. Prüfungs- und Kontrollpflichten vor Ort könnte
der Hauptmieter, der die Räumlichkeiten und den Internetanschluss vollständig an die Untermieter überlässt,
nicht erfüllen, wollte er nicht die im Rahmen des Mietverhältnisses geschuldete Unverletzlichkeit der
Privatsphäre des Mieters verletzen. Auch eine gesonderte Belehrung ist nicht erforderlich, sofern keine
konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Verletzung bestehen. Denn aus dem Untermietverhältnis folgen
Schutz- und Rücksichtnahmepflichten der Untermieter, die auch die ordnungsgemäße und rechtmäßige Nutzung
des Internetanschlusses umfassen, die ihnen im Rahmen des Untermietverhältnisses gestattet war."
Gegenüber seinen Untermietern treffen den Hauptmieter und Anschlussinhaber nach Ansicht des LG Köln also
ohne konkreten Anlass weder Prüfungs- und Kontrollpflichten noch Belehrungspflichten. Zwar bewohnte der
Beklagte die Wohnung vorliegend nicht (mehr) selbst, die Begründung lässt sich jedoch auch auf "klassische"
WG-Konstellationen mit Haupt- und Untermieter übertragen. Auch wenn der Hauptmieter ebenfalls Mitbewohner
der Wohngemeinschaft ist, hat er die Privatsphäre seiner Untermieter zu achten, während diesen wiederum
Schutz- und Rücksichtnahmepflichten obliegen.

Weiter stellt das Landgericht Köln auch deutlich den Unterschied zwischen Wohngemeinschaften gegenüber
Familienhaushalten heraus:
"Hinzu kommt im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass es sich bei dem Beklagten und den Zeugen um eine
Gruppe von ungefähr gleichaltrigen Studenten gehandelt hat. Es ist von den Klägerinnen nicht vorgetragen
oder sonst erkennbar, dass der Beklagte gegenüber den drei Beklagten einen Informationsvorsprung hinsichtlich
der Benutzung und der Gefahren des Internets hatte, so dass er kraft überlegenen Wissens verpflichtet gewesen
wäre, eine Belehrung auszusprechen, wie dies etwa im Verhältnis der sorgepflichtigen Eltern gegenüber ihren
minderjährigen Kindern der Fall ist."
Die jetzige Entscheidung ist die konsequente Fortführung der viel beachteten so genannten "Morpheus"-
Entscheidung des BGH (Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12). In dem Morpheus Verfahren, welches ebenfalls
von der Kanzlei "WILDE BEUGER SOLMECKE" für die Beklagten und von der Kanzlei "Rasch Rechtsanwälte" für
die Klägerinnen geführt wurde, wurde die Haftung von Eltern für Filesharing-Aktivitäten ihrer minderjährigen
Kinder erheblich eingeschränkt.


Mit Spannung erwartet werden können jetzt auch erste Urteile zu weiteren Konstellationen wie etwa Hotelbetrieben
oder Internetcafés.


_________________________________

Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: wbs-law.de
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#8240 Beitrag von Steffen » Dienstag 26. März 2013, 22:42

AG München:
Filesharing-Klage wegen fehlerhafter
Beweisführung abgewiesen!




Der Nachweis, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Torrent-Datei
(Dateinamenserweiterung .torrent oder .tor) auf dem Rechner eines mutmaßlichen
Tauschbörsennutzers befunden hat, beweist nicht, dass der Nutzer auch das in der
Datei verlinkte urheberrechtliche geschützte Werk angeboten hat. Das geht aus einem
aktuellen Urteil des AG München (Az.: 111 C 13236/12, Urteil vom 15.03.2013) hervor.


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...............................................

"Es kann sich durchaus lohnen, die angeblich beweissicheren Ermittlungen der
Rechteinhaber konkret zu hinterfragen", stellt Rechtsanwalt Christian Solmecke fest,
der das Verfahren für den Beklagten geführt hat. "Während die Gerichte in der
Vergangenheit bei der Beweisführung zugunsten der Rechteinhaber schon einmal beide
Augen zugedrückt haben, hat sich seit einigen Monaten der Wind erheblich gedreht. Das
mag auch daran liegen, dass die Sachkenntnis bzgl. der technischen Vorgänge beim
Filesharing bei den deutschen Richtern aufgrund der Vielzahl der Verfahren erheblich
gestiegen ist."

Hintergrund des Verfahrens war eine Klage eines Rechteinhabers (Paul Elcombe,
Großbritannien) aus der Erotik-Branche zusammen mit Rechtsanwalt Lutz Schroeder auf
Erstattung von Abmahnkosten sowie Lizenzschadensersatz. Das AG München hat die Klage
komplett abgewiesen. Der Kläger muss sämtliche Kosten des Verfahrens tragen.

"Um die Rechtsverletzung im Internet effektiv ermitteln zu können, verwenden
Rechteinhaber in der Regel eine weitgehend automatisierte Ermittlungssoftware. Die
Zuordnung angebotener Dateien erfolgt dann zumeist nicht durch vollständigen
Download, sondern durch Abgleich eines sogenannten Hashwertes. Diesen kann man als
den "digitalen Fingerabdruck" einer Datei bezeichnen", erklärt Christian Solmecke.

Auch im vorliegenden Verfahren wurden die Ermittlungsergebnisse der Firma LoogBerry
IT GmbH auf einen Hashwert Abgleich gestützt. Hierzu wurde unter anderem eine
(falsche) eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Ermittlungsfirma
vorgelegt. Darin bestätigte dieser, dass die über den Internetanschluss des Beklagten
angebotene Datei den Film des Klägers enthalte und den ebenfalls angegebenen Hashwert
besitze.

"Unsere Recherchen haben jedoch ergeben, dass sich keinerlei Zusammenhang zwischen
dem angegebenen Hashwert und dem streitgegenständlichen Film herstellen ließ", macht
Rechtsanwalt Solmecke deutlich.

Im Rahmen der Beweisaufnahme durch Befragung eines Mitarbeiters der Ermittlungsfirma
sowie eines Sachverständigen stellte sich dann heraus, dass der bisher vorgelegte
Hashwert eben nicht der der angeblich angebotenen Filmdatei sondern nur der einer
sogenannten Torrent-Datei war, die lediglich den Internetstandort eines Zieldownloads
(vergleichbar mit einer Verlinkung) angibt.

Der Versuch der Klägerseite, im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen weiteren
Hashwert als den eigentlichen Datei-Hashwert vorzulegen, war aus Sicht des Gerichts
nicht geeignet, die notwendige Beweisführung zu ermöglichen. Dies auch vor dem
Hintergrund, dass die mit der Klageschrift in Bezug genommenen Anlagen ausschließlich
den Hashwert der Torrent-Datei enthielten und weiterhin nicht vorgetragen werde, ob
überhaupt und wenn ja zu welchem Zeitpunkt welche Datei mit dem neu vorgelegten
angeblichen Datei-Hashwert öffentlich zugänglich gemacht wurde.

Das Gericht hält insofern fest:

"Es obliegt dem beweispflichtigen Kläger, die sog. Anschlusstatsachen, die dem
Sachverständigen ggf. nach Weisung durch das Gericht gem. § 404a ZPO für die
Begutachtung zu Grunde gelegt werden, darzulegen. Dem ist der Kläger jedoch nicht
nachgekommen."

Und weiter:

"Es ist nicht die Aufgabe des Sachverständigen und mit dem Beibringungsgrundsatz
durch die Parteien unvereinbar, dass sich der Sachverständige durch ein „Nachstellen“
oder eine Rekonstruktion durch (nochmaliges) Anbieten des streitgegenständlichen
Filmes in einer Tauschbörse, diese Anknüpfungstatsachen selbst beschaffen soll."

Dieses Urteil zeigt sehr deutlich, dass die Beweisführung der abmahnenden bzw.
klagenden Rechteinhaber in Filesharing Verfahren stets hinterfragt werden muss.
Insbesondere bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte sollte dann ggf. auch das Risiko
kostspieliger Sachverständigengutachten nicht gescheut werden.

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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: wbs-law.de

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