Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Steffen
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AG Charlottenburg, Az. 214 C 170/15

#10721 Beitrag von Steffen » Sonntag 26. Juni 2016, 09:05

WBS-Law: Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer - Hauptmieter haftet nicht für Untermieter!


09:05 Uhr


Hauptmieter müssen normalerweise nicht für das Filesharing von ihrem volljährigen Untermieter einstehen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg, die wir für einen unserer Mandanten erstritten haben.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.


Tel.: 0221 400 67 55 | E-Mail: info@wbs-law.de
Homepage der Kanzlei: http://www.wbs-law.de/
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WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ter-68051/



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Unser Mandant hatte eine Abmahnung wegen Filesharing eines Musikalbums über eine Tauschbörse erhalten. Nachdem er die geforderten Zahlungen verweigerte, wurde er von der Sony Music Entertainment auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von 405,00 Euro auf Ersatz der angeblich entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 Euro verklagt.

Hiergegen machten wir erfolgreich geltend, dass der abgemahnte Anschlussinhaber zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung gar nicht zu Hause war. Er war nämlich zusammen mit einem Mitbewohner während der Sommerferien ununterbrochen abwesend gewesen und die Wohnung an einen Feriengast aus Frankreich untervermietet gehabt.



Filesharing: Keine Heranziehung von Hauptmieter als Täter

Das Amtsgericht Charlottenburg wies daraufhin die Klage des Rechteinhabers mit Urteil vom 24.05.2016 ab (Az. 214 C 170/15). Zunächst einmal verwies das Gericht darauf, dass eine Heranziehung des Anschlussinhabers der Wohnung im Wege der Täterhaftung ausscheidet. Denn er hat die Täterschaftsvermutung durch seinen Tatsachenvortrag entkräftet. Durch seine detaillierten Angaben auch über die Person des Untermieters hatte er der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinreichend genügt.


Bild



Störerhaftung scheidet aus mangels Belehrungspflicht gegenüber Untermieter

Ferner kommt eine Haftung des Anschlussinhabers im Wege der sogenannten Störerhaftung nicht in Betracht. Denn die Belehrung des volljährigen Untermieters als Feriengast ist für den Hauptmieter als Gastgeber nicht zumutbar gewesen. Ebenso wenig kam eine Inspektion des Rechners in Betracht.



Fazit

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg ist noch nicht rechtskräftig. Sie ist zu begrüßen, weil der Hauptmieter die Privatsphäre von seinem volljährigen Untermieter respektieren muss. Eine Belehrungspflicht oder gar Überwachungspflicht des Anschlussinhabers wäre damit kaum vereinbar. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12.05.2016 (Az. I ZR 86/15) in dieser Frage ein Machtwort gesprochen. Er hat klargestellt, dass normalerweise keine Belehrungspflichten gegenüber volljährigen Gästen beziehungsweise den Mitgliedern einer Wohngemeinschaft besteht. (HAB)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Charlottenburg, Urteil vom 24.05.2016, Az. 214 C 170/15,
Untermieter,
volljähriger Untermieter,
sekundäre Darlegungslast,
Klage Waldorf Frommer,
Klage Sony Music Entertainment,
Feriengast,
BGH - Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 86/15,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

tanjak
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10722 Beitrag von tanjak » Mittwoch 29. Juni 2016, 03:17

Hallo zusammen!

ich hätte da mal eine Frage... früher gab es hier doch eine Übersicht über die Songs/Filme/Spiele etc, die aktuell abgemahnt werden? Gibt es das noch irgendwo? Habe mich schon halb tot gegoogelt, aber nur eine Liste gefunden, die seit Februar nicht mehr erneuert wurde. Hat jemand eine Idee, so ich so etwas finden kann?

Vielen Dank!

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10723 Beitrag von Steffen » Mittwoch 29. Juni 2016, 09:40

Hallo @tanjak,


Princess - Übersicht der abgemahnten Werke
Hinweis = Status: Wartung

oder

Abmahnungsarchiv Kanzlei MS Concept

Man muss aber eindeutig sagen, alle Auflistungen sind nur so aktuell, wie diese mit Infos gefüttert werden. Gibt es keine Infos durch Abgemahnte, gibt es keine Aktualisierungen. Sehr viele wollen nur etwas in Anspruch nehmen, aber nichts selbst dafür tun. Dies funktioniert so nicht.

Wenn man aber etwas Aktuelles suchen möchte, kann man einfach die die Suchmaschine eingeben (z.B.):

Abmahnung TV-Serie "The Vampire Diaries - Der Todespakt"

Jetzt kommen die Suchergebnisse. Wenn nicht kann man etwas durchschnaufen.

VG Steffen

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10724 Beitrag von Steffen » Mittwoch 29. Juni 2016, 12:06

BGH, Urteil vom 18.12.2015, V ZR 160/14: Zustandsstörer
  • [22] (1) Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (st. Rspr. des Senats, Urteil vom 21. September 2012 – V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 7; Urteil vom 1. Dezember 2006 – V ZR 112/06, NJW 2007, 432 Rn. 14; Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105; Urteil vom 11. Juni 1999 – V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 69 f., jeweils mwN).

Quelle: Lexetius.com

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Steffen
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Statistik I. HJ 2016

#10725 Beitrag von Steffen » Samstag 2. Juli 2016, 15:47

Statistik I. HJ 2016

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Statistik I. HJ 2016

#10726 Beitrag von Steffen » Sonntag 3. Juli 2016, 14:46

Initiative AW3P:
Filesharing Statistik für das 1. HJ 2016



14:50 Uhr


Die Zeit vergeht so rasant, und ehe man sich versieht, ist die erste Hälfte des Jahres 2016 wieder Geschichte. Die Initiative AW3P möchte kurz und knapp sowie aus ihrer subjektiven Sicht heraus versuchen, das erste Halbjahr zu resümieren.



Bild



Antistatist!? Antistatistik!? Natürlich ist diese Formulierung provokant ausgewählt. Es wird von meiner Seite aus - keine - tiefgründige wissenschaftlich fundierte Statistik geben. Nicht nur, weil ich diesbezüglich nicht ausreichend qualifiziert bin, sondern auch, dass zu wenige empirische Daten vorhanden sind. Auf die Nennung diverser Zahlen möchte ich dennoch nicht verzichten, diese werden für den einen oder anderen vielleicht doch von Interesse sein, oder auch nicht.




AW3P Zahlensalat



Bild



Besucher der Homepage


Bild


Beginn 01.05.2007: 0
Zwischenstand 30.06.2016; 23:35 Uhr: 2.903.096 Besucher






Downloads



Musterschreiben einer "mod. UE"


Word-Dokument



Bild


Bild




PDF-Format


Bild





PDF: "Wegweiser Inkasso"


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Bild






Klagezahlen

Mit der Veröffentlichung dieser Zahlen sind regelmäßig zwei Extreme ersichtlich. Einerseits wird den Zahlen kein Glauben geschenkt, da ja weit mehr Klageverfahren bundesweit geführt werden. Anderseits wird geschlussfolgert, dass die daraus resultierende bzw. berechnete Klagewahrscheinlichkeit bis mehrere Stellen hinter dem Komma - keinen - Anlass zur Sorge bietet.

Natürlich - und dies betone ich immer und immer wieder - stellen diese Zahlen eben nicht die Gesamtzahlen der geführten Klageverfahren bundesweit bei Filesharing-Fällen dar, sondern nur die mitgeteilten Zahlen - 40 - von insgesamt - 53 - auf AW3P aktuell gelisteten Kanzleien. Es gibt bundesweit weit mehr Anwaltskanzleien die Filesharing-Fälle übernehmen sowie Betroffene, die sich allein (mit ohne Anwalt) verteidigen. Hierbei werden diese obsiegen, anerkennen, versäumen, oder sich außergerichtlich bzw. gerichtlich vergleichen - ohne - in dieser Antistatistik erfasst zu sein.

Selbstverständlich werden die übermittelten Informationen vertraulich behandelt, nach der Zusammenfassung die zugesandten E-Mails gelöscht und nur die Gesamtzahlen - ohne - namentliche Spezifizierung veröffentlicht. Ich bedanke mich bei allen Kanzleien, die ihre Zahlen freundlicherweise mitgeteilt haben.


Des Weiteren gilt der umgemünzte Grundsatz: "iudex non calculat" - "der Richter rechnet nicht".


.................


Kanzleien

2011: 21
2012: 42
HJ 2013: 35
2013: 34
HJ 2014: 37
2014: 33
HJ 2015: 44
2015: 47
HJ 2016: 40

.................


Mandate

2011: 13.784
2012: 15.652
HJ 2013: 7.425
2013: 12.854
HJ 2014: 4.660
2014: 10.469
HJ 2015: 4.416
2015: 10.901
HJ 2016: 4.851

.................


Vergleichsbereitschaft (Mandanten)

2011: 0
2012: 42,60 %
HJ 2013: 41,45 %
2013: 36,00 %
HJ 2014: 23,05 %
2014: 20,78 %
HJ 2015: 3 - 10 % - größere Kanzleien; 30 - 80 % - kleinere Kanzleien
2015: 20 - 30 %
HJ 2016: 42,33 %

.................


Wöchentlicher Durchschnitt - Anrufe von Abgemahnte

2014: 1-2
HJ 2015: 3 - 5
2015: 1 - 3
HJ 2016: 3 - 5
  • Hinweis:
    Da im Grundsatz es nur noch eine Großkanzlei gibt, wäre eine Aufspaltung in kleine und große Kanzleien nicht mehr aussagekräftig.

.................


Negative Feststellungsklage

2011: 0
2012: 0
HJ 2013: 0
2013: 0
HJ 2014: 0
2014: 5 (4 Sonstige, 1 WF)
HJ 2015: 5 (5 Debcon)
2015: 8 (5 Debcon, 3 Sonstige)
HJ 2016: 0

.................


Einstweiliges Verfügungsverfahren (EV)

2011: 0
2012: 27 (27 Sonstige)
HJ 2013: 19 (10 Selig, 5 Sch./Sch., 2 Nimrod, 1 Goethe, 1 Sonstige)
2013: 13 (10 Selig, 3 Sch./Sch.)
HJ 2014: 4 (1 Fareds, 1 Sch./Sch., 1 c-law, 1 WSYCR)
2014: 7 (4 Fareds, 1 Sch./Sch., 1 c-law, 1 WSYCR)
HJ 2015: 2 (1 WF, 1 S&P)
2015: 2 (1 WF, 1 S&P)
HJ 2016: 0

.................


Beschwerdeverfahren

2011: 0
2012: 7 (7 Sonstige)
HJ 2013: 5 (2 Sonstige, 1 WF, 1 Negele, 1 U+C)
2013: 7 (6 § 101 IX UrhG, 1 Streitwert)
HJ 2014: 2 (§ 101 IX UrhG)
2014: 2 (2 Sonstige (§ 101 X UrhG))
HJ 2015: 4 (2 Sonstige, 1 WF, 1 rka.)
2015: 4 (2 Sonstige, 1 WF, 1 rka.)
HJ 2016: 0

.................


Mahnbescheid (MB)

2011: 124 (124 Sonstige)
2012: 495 (495 Sonstige)
HJ 2013: 599 (307 Sonstige, 153 WF, 44 Rasch, 39 rka., 36 Sch./Sch., 8 Fareds, 4 Schröder, 2 Haas (infoscore, S&W), 2 Condor (BB), 1 Debcon, 1 Goethe, 1 S&P, 1 Es.Ka.We.)
2013: 2.016 (1.379 Sonstige, 164 WF, 131 Wulf, 72 BB, 55 Rudolph, 44 Negele, 42 Fareds, 38 Sch./Sch., 37 rka., 35 Rasch, 4 Edelmaier, 3 S&P, 2 adebio, 2 Schroeder, 2 Selig, 1 Schmietenknop, 1 Europa, 1 Wehrl, 1 Sebastian, 1 Es.Ka.We., 1 CSR)
HJ 2014: 482 (159 Sonstige, 101 WF, 67 Wulf, 43 BB, 29 Rudolph, 23 Debcon, 21 Fareds, 15 Sch./Sch., 10 Edelmaier, 5 Negele, 3 CSR, 2 U+C, 2 S&P, 1 Haas, 1 Sebastian)
2014: 1.060 (681 Sonstige, 139 WF, 82 Fareds, 42 BB, 28 Sch./Sch., 27 Sebastian Wulf, 18 Inkasso, 11 Negele, 9 rka., 7 CSR, 5 S&P, 4 Condor, 4 c-law, 2 U+C, 1 WSYCR)
HJ 2015: 441 (340 Sonstige, 40 WF, 30 BB, 12 Sch./Sch., 6 Fareds, 4 Rasch, 4 Sebastian, 4 rka., 1 c-law)
2015: 765 (630 Sonstige, 46 WF, 32 BB, 17 Fareds, 14 Sch./Sch., 10 Debcon, 7 rka., 5 Rasch, 2 S&P, 2 Sebastian)
HJ 2016: 1.155
  • 1.050 Sonstige,
  • 71 WF,
  • 11 BB,
  • 9 rka.,
  • 4 Negele,
  • 3 S&S,
  • 2 Fareds,
  • 2 c-law,
  • 1 Nimrod,
  • 1 WSYCR,
  • 1 DS,
[/b]

.................


Vollstreckungsbescheid (VB)

2011: 0
2012: 22 (22 Sonstige)
HJ 2013: 3 (2 Fareds, 1 Rasch)
2013: 31 (16 Sonstige, 6 WF, 3 BB, 3 Wulf, 2 Fareds, 1 U+C)
HJ 2014: 38 (20 Sonstige, 5 BB, 4 Debcon, 3 Rudolph, 3 Wulf, 3 Sch./Sch.)
2014: 61 (30 Sonstige, 14 BB, 10 Inkasso, 2 Fareds, 1 Schroeder, 1 Sch./Sch., 1 c-law, 1 Condor, 1 Wulf)
HJ 2015: 22 (19 Sonstige, 2 Sebastian, 1 Fareds)
2015: 50 (43 Sonstige, 4 Sebastian, 2 WF, 1 Debcon)
HJ 2016: 22
  • 20 Sonstige,
  • 2 WF,
[/b]

.................


Unterlassungsklage

2011: 0
2012: 19 (19 Sonstige)
HJ 2013: 7 (2 Sch./Sch., 2 Sonstige, 1 Rasch, 1 WF, 1 Schröder)
2013: 10 (5 WF, 2 Sonstige, 1 Rasch, 1 Schroeder, 1 S&P)
HJ 2014: 5 (4 Sonstige, 1 Rasch)
2014: 8 (4 Sonstige, 2 WF, 1 Rasch, 1 Negele)
HJ 2015: 7 (7 Sonstige)
2015: 7 (7 Sonstige)
HJ 2016: 5
  • 4 Sonstige,
  • 1 Negele,
[/b]

.................


Amtsgericht (AG)

2011: 165 (165 Sonstige)
2012: 498 (498 Sonstige)
HJ 2013: 238 (85 WF, 48 Rasch, 30 rka., 29 Sonstige, 27 Sch./Sch., 7 Schroeder, 3 Fareds, 2 CSR, 2 S&P, 2 Es.Ka.We., 2 ZD, 1 Lexius)
2013: 641 (189 WF: 189, 173 Sonstige, 120 Sch./Sch., 72 Rasch, 33 rka., 13 Marquort, 9 Schroeder, 8 BB, 5 Negele, 4 Fareds, 3 Es.Ka.We., 2 Kornmeier, 2 Condor, 2 CSR, 2 Nimrod, 2 Lexius, 1 S&P, 1 ZD)
HJ 2014: 237 (72 Sch./Sch., 55 WF, 34 BB, 34 Sonstige, 18 Rasch, 6 Fareds, 5 rka., 5 Negele, 3 Wulf, 2 CSR, 1 Debcon, 1 Sebastian, 1 S&P)
2014: 1.062 (340 Sonstige, 269 BB, 252 Sch./Sch., 95 WF, 28 rka., 18 Rasch, 10 Schalast, 8 Negele, 8 S&P, 7 CSR, 6 Debcon, 5 Sebastian Wulf, 5 Fareds, 3 Nimrod, 2 Inkasso, 2 Kornmeier, 2 Bindhardt, 1 U+C, 1 Es.Ka.We. Schwrz.)
HJ 2015: 525 (333 Sonstige, 95 BB, 51 WF, 18 Rasch, 14 Sch./Sch., 6 rka., 2 Focus, 2 c-law, 1 Fareds, 1 Kornmeier, 1 Munderloh, 1 Sebastian)
2015: 964 (381 Sonstige, 370 BB, 85 WF, 31 rka., 25 NZGB, 24 Rasch, 22 Sch./Sch., 12 Nimrod, 9 S&P, 3 Sebastian, 1 Fareds, 1 c-law)
HJ 2016: 384
  • 240 Sonstige,
  • 72 WF,
  • 25 rka.,
  • 14 Negele,
  • 9 BB,
  • 8 Rasch,
  • 7 S&S,
  • 4 c-law,
  • 3 DS,
  • 1 Sarwari,
  • 1 S&P,
[/b]

.................


Landgericht (LG)

2011: 5 (5 Sonstige)
2012: 57 (57 Sonstige)
HJ 2013: 98 (90 Sonstige, 4 WF, 2 Rasch, 1 Schroeder, 1 rka.)
2013: 13 (6 Sonstige, 5 Rasch, 1 rka., 1 WF)
HJ 2014: 12 (10 Sonstige, 1 WF, 1 Nimrod)
2014: 69 (51 Sonstige, 7 Rasch, 4 WF, 4 BB, 2 rka., 1 Sch./Sch.)
HJ 2015: 61 (41 Sonstige, 14 BB, 2 WF, 2 Rasch, 1 Negele, 1 rka.)
2015: 131 (95 Sonstige, 27 BB, 4 Rasch, 2 WF, 1 NZGB, 1 rka., 1 Nimrod)
HJ 2016: 88
  • 61 Sonstige,
  • 16 BB,
  • 6 rka.,
  • 3 WF,
  • 1 Negele,
  • 1 Rasch,
[/b]

.................


Oberlandesgericht (OLG)

2011: 1 (1 Sonstige)
2012: 12 (12 Sonstige
HJ 2013: 9 (8 Sonstige, 1 Rasch)
2013: 1 (1 Rasch)
HJ 2014: 4 (4 Sonstige)
2014: 4 (4 Sonstige)
HJ 2015: 9 (9 Sonstige)
2015: 6 (5 Sonstige, 1 Rasch)
HJ 2016: 6
  • 6 Sonstige,
[/b]

.................


Bundesgerichtshof (BGH)

2011: 0
2012: 2 (2 Sonstige)
HJ 2013: 2 (2 Sonstige)
2013: 2 (2 Sonstige)
HJ 2014: 2 (2 Sonstige)
2014: 1 (1 Sonstige)
HJ 2015: 1 (1 Rasch)
2015: 1 (1 Sonstige)
HJ 2016: 2
  • 2 Sonstige,
[/b]

.................


Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

2011: 0
2012: 0
HJ 2013: 9 (9 Sonstige)
2013: 0
HJ 2014: 0
2014: 1 (1 Sonstige)
HJ 2015: 0
2015: 5 (5 Sonstige)
HJ 2016: 0

.................

  • Kurz und knapp:


    "Filesharing, hier stark rückläufig. Scheint sich, auch finanziell nicht mehr zu lohnen ..."

    "Hier herrscht derzeit nahezu vollständige Ruhe ..."

    "Allgemein scheint der Abmahnungswahnsinn etwas zurückzugehen, auch schon vor der Verabschiedung des Gesetzes über freie WLANs ..."

    "Sowohl Klage- als auch Abmahnfälle sind deutlich zurückgegangen. Wir führen das zum einen darauf zurück, dass wir wegen begrenzter zeitlicher Kapazitäten derzeit unsere urheberrechtliche Tätigkeit nicht besonders bewerben, zum anderen liegt es aber auch daran, dass die Abmahnungen insgesamt zurückgegangen sind. Das wird mir auch von anderen Kollegen bestätigt ..."

    "Filesharing ist tod ..."

    "Nichts zu vermelden ..."

    "Auffällig ist noch das Gebaren der Debcon. Von der gesamten Filesharing-Post, die bei uns einläuft, stammt ca. 1/3 von Debcon. Weitere Schritte, insbesondere Klagen, wurden von dort noch nicht eingeleitet ..."

.................




Forenwelt

Es ist weiterhin ersichtlich, die so wichtige Forenwelt besteht im Grundsatz - nur - noch aus zwei nennenswerten Foren (Forum IGGDAW, AW3P).



Bild



Diskussionen bzw. Postings von Neu- sowie Altabgemahnten sind extrem rückläufig. Sicherlich ist die mittlerweile angebotene Informationsvielfalt so groß, dass kein Registrieren und keine Anmeldung erforderlich sind, um sein Anliegen zu erläutern und zur Diskussion zu stellen. Der (Neandertaler-) Trend setzt sich aber in diesen zwei Foren unaufhaltsam fort, das heißt, ein Forum zum Thema Filesharing-Abmahnung verliert an Interesse.

Seit dem offensichtlichen Stillstand der Klagen an den Amtsgerichten durch die Kanzlei "BaumgartenBrandt" sowie dem Nichtdurchsetzen der zumindest angekündigten Klageverfahren durch ein Inkasso, erhärtet sich die Prognose dass es seit dem inkrafttreten des GguGpr (09.10.2013):
  • 1. die jährlich anzahlmäßig versendeten Abmahnungen rückläufig sind,
    2. abgemahnt (und geklagt) wird,
    a) in großer "Stückzahl"
    - 1 "Großkanzlei" mit der entsprechenden wirtschaftlichen Klientel (wie z.B. Münchner Kanzlei "Waldorf Frommer")
    b) in geringer "Stückzahl"
    - wenige "Kleinkanzleien" (wie z.B. "rka.-RAe", "Nimrod", "FAREDS", "Schutt, Waetke"; "Daniel Sebastian", "c-Law", "Yussof Sarwari" usw.)
Und für jeden - der es erkennen will - wird deutlich, dass die Kluft zwischen der allgemeinen Foren-Meinung und der Realität in der Rechtsprechung und Klageverfahren größer wird. Aber zu Ungunsten der Foren, egal wer auch die "alten goldenen Gullizeitenparolen" weiterhin werbekräftig propagiert. Punkt.




Rechtsprechung

Höhepunkt in der ersten Hälfte des Jahres bildete der kompakte Verhandlungs-Termin am Bundesgerichtshof. Stand es letztes Jahr (11.06.2015: I ZR 19/14 - "Tauschbörse I", I ZR 21/14 - "Tauschbörse II", I ZR 75/14 - "Tauschbörse III") noch aus unserer Sicht 0:3, konnte aktuell zumindest ein 1:4 verbucht werden (12.06.2016: I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15; Hinweis: noch kein Volltext!). Und was für eines. Hier muss aber der Volltext abgewartet werden, bringt aber ein einfacher Passus (Pressemitteilung, I ZR 86/15) höchstwahrscheinlich Licht ins Dunkel des Störer-Dschungels (beachte: nur in der - volljährige - Konstellation Mitnutzer!).
  • (...) Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht. (...)
Aber wie immer gilt, bindend ist nicht die Pressemitteilung, deshalb muss die Veröffentlichung des Volltextes abgewartet werden.

Ansonsten ist ersichtlich, die Klagewellen der Kanzlei "BaumgartenBrandt" vor den Amtsgerichten sind Geschichte sowie ist die groß angekündigte Klagewelle eines Inkassos wohl im Verborgenen geschehen oder einfach ausgeblieben. Begrüßenswert, dass die abmahnenden Kanzleien sich weiter öffnen und über ihre Entscheidungen berichten.

Das bedeutet aber auch, die Qualität der Filesgaring-Verfahren steigt. Haben sich noch Gerichte bei "BaumgartenBrandt-Klagen" mit einem qualitativ geringen Beklagten-Sachvortrag zufrieden gegeben, wird jetzt die Messlatte höher gelegt. Jeder Beklagte ist - in Zusammenarbeit mit seinem Anwalt - gut beraten dem Hauptaugenmerk auf die Detailliertheit und Plausibilität des eigenen Sachvortrages zu legen. Natürlich ist es menschlich bei Gott und die Welt die Schuld zu suchen und diese bei bestimmten Gerichtsstandorten oder deren Kammern, Verstößen gegen das Grundrecht, Rechtsbruch, unfähigen Richtern usw. usf. vermeintlich zu finden.

Oder einfach abzugehen von widersprüchlichen (Zeugen-) Aussagen, pauschalem Bestreiten, theoretischen Möglichkeiten sowie Anpassung seines Sachvortrages an den Hinweisen des Gerichtes oder von Erst- zu Berufungsgericht usw. usf.

Ich werde ein Urteil separat anschneiden. Hierbei geht es um die Entscheidung des Amtsgericht Charlottenburg (Urt. v. 26.05.2016, Az. 218 C 37/16), erstritten durch die Berliner Kanzlei "Jüdemann Rechtsanwälte". Die Klägerin (DigiRights Administration GmbH / Rechtsanwalt Daniel Sebastian) behauptet, Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte für dezentrale Computernetzwerke für diverse Musikstücke zu sein und insoweit berechtigt zu sein zur Auswertung und zum öffentlichen Zugänglichmachen. Das Amtsgericht sagt aber, dass nach dem Sachvortrag der Klägerin an sie nur Rechte "mit Bezug auf Filesharing in Peer-2-Peer-Netzwerken ..." übertragen wurde. Ein solches, eigenständig übertragbares Nutzungsrecht gibt es nicht. Erlangt diese Entscheidung Rechtskraft, wird es spannend, ob bei entsprechender Nachprüfung ähnlich gelagerte Abmahnungen rechtlich aufrechterhaltbar sind oder Schadensersatzklagen drohen können.




Was war, was wird?

Diese Einschätzung basiert natürlich aus meinem subjektiven Blickwinkel heraus und ich versuche nicht abschweifen.

Wer mit offenen Augen sieht, wird bemerken, dass Filesharing-Abmahnungen nicht mehr das Interesse haben, wie vor den inkrafttreten des GguGpr (09.10.2013). Die versendeten Abmahnungen gehen zurück und es kristallisiert sich immer weiter heraus, es gibt nur noch einen Großabmahner und mehrere Kleinabmahner. Und zukünftig - egal wer welchen Standpunkt haben sollte - wird man sich im Wesentlichen nur mit der Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer" im Gerichtssaal auseinandersetzen müssen. Sicherlich sollte man auch Klagen der Hamburger Kanzlei ".rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR" immer beachten. Und wichtigstes Indiz, dass die Berichte über gewonnen Entscheidungen - jedenfalls aus unserer Sicht - immer mehr verebben.

Abschließend, es bleibt weiterhin spannend zumindest nur im Gerichtssaal. Danke an alle, die sich weiterhin engagieren. ...

... Eines wäre trotzdem noch erwähnenswert. Am 14. Dezember dieses Jahres habe ich - so viel Egoismus sei gewährt - mein 10-jähriges Jubiläum.



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Hier wird natürlich ein Sonderbericht ("10 Jahre im Abmahnwahn mit ohne Therapie!") erfolgen mit viel Abmahnwahnhistory und "pikanten" Details (Fax, E-Mail, Schriftsätzen, Pannen usw. usf.).





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Steffen Heintsch für AW3P




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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10727 Beitrag von tanjak » Montag 4. Juli 2016, 00:10

Steffen hat geschrieben:
Wenn man aber etwas Aktuelles suchen möchte, kann man einfach die die Suchmaschine eingeben (z.B.):

Abmahnung TV-Serie "The Vampire Diaries - Der Todespakt"

Jetzt kommen die Suchergebnisse. Wenn nicht kann man etwas durchschnaufen.

VG Steffen
Vielen Dank für die Infos, @Steffen! Du scheinst ja genau zu wissen, was bei mir gerade abläuft :-)

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#10728 Beitrag von Steffen » Montag 4. Juli 2016, 16:53

WALDORF FROMMER: Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt Verurteilung in Tauschbörsenverfahren - Anschlussinhaberin beharrt auf gerichtlicher Klärung und schuldet nunmehr auch 6.000,00 EUR Sachverständigenkosten


16:50 Uhr


Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlicher Filmaufnahmen

In einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte eine Anschlussinhaberin erfolglos versucht, ihre Verurteilung in der Vorinstanz aufzuheben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... 6-000-sac/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 151_14.pdf


Autor:
Rechtsanwalt Florian Thür


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Vor dem Landgericht Düsseldorf hatte sie zunächst geklagt, um sich gegen eine angeblich zu Unrecht erfolgte Abmahnung wegen illegalen Filesharings zur Wehr zu setzen.

Die Anschlussinhaberin wurde daraufhin selbst mittels einer sog. Widerklage vom Rechteinhaber verklagt, um die bestehenden Unterlassungs-, Kostenerstattungs- und Schadenersatzansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Das Landgericht hat daraufhin ein Sachverständigengutachten zur Zuverlässigkeit der Ermittlungen eingeholt. Nach mehreren Gerichtsterminen war das Gericht von der persönlichen Täterschaft überzeugt und verurteilte die Anschlussinhaberin (LG Düsseldorf, Az. 12 O 158/11). Die ursprünglich selbst klagende Anschlussinhaberin wurde für die illegale Verbreitung eines Kinofilms über eine Internet-Tauschbörse unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR zur Unterlassung, zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 506,00 EUR und zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 725,00 EUR verurteilt.

Der für die Berufung zuständige Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat nunmehr unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (u.a. "Tauschbörse III", Az. I ZR 75/14) die Auffassung des Landgerichts bestätigt.

Zu den Ermittlungen durch das Peer-to-Peer Forensic System (PFS) führt das Oberlandesgericht aus:
  • "Es steht fest, dass die Klägerin [...] eine Datei mit dem streitgegenständlichen Filmwerk über das BitTorrent-Netzwerk angeboten hat. Der Sachverständige Dr. [...], an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, hat schon in seinem schriftlichen Gutachten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass sich aus dem von der Firma ipoque [nunmehr: Digital Forensics] im Auftrag der Beklagten ermittelten Netzwerkverkehr dies herleiten lässt. In den von dem Ermittlungsunternehmen erstellten "Stundendateien" tauchen die jeweils der Klägerin zugewiesenen IP-Adressen auf. Aufgrund der untersuchten Fragmente der Übertragung steht auch fest, dass es sich bei dem auf diesem Wege öffentlich zugänglich gemachten Werk um eine Datei handelt, die das streitgegenständliche Filmwerk wiedergibt."
Auch eine Fehlzuordung der ermittelten IP-Adressen zum Internetanschluss durch den zuständigen Provider schließt das Oberlandesgericht aus:
  • "Insoweit ist beachtlich, dass dem Anschluss der Klägerin zu den genannten Zeiten unterschiedliche IP-Adressen zugewiesen waren. Damit lässt sich auch eine Fehlzuordnung der IP-Adresse zum Anschluss der Klägerin durch das Telekommunikationsunternehmen ausschließen."
Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dem teils widersprüchlichen Vortrag zu den tatsächlichen Gegebenheiten zur Zeit der Rechtsverletzung - wie schon das Landgericht Düsseldorf in erster Instanz - eine klare Absage erteilt:
  • "Das Protokoll ist aber auch nicht zum Beweis der Tatsache geeignet, dass der Laptop der Klägerin, nach ihrer Behauptung das einzige internetfähige Gerät, jedenfalls zeitweise nicht eingeschaltet war. Es bestehen nämlich erhebliche Zweifel an der Authentizität der Anlage K7. So ist die Datei - wie der Sachverständige festgestellt hat - unvollständig wiedergegeben. Darüber hinaus stammt die Datei von einem Windows Server-Betriebssystem. Der Laptop der Klägerin verfügte aber nach ihren eigenen Angaben über ein normales Desktop-Betriebssystem (Windows XP). Danach ist die Anlage K7 nicht geeignet zu belegen, wann der Laptop der Klägerin in Betrieb war und wann nicht. Erst recht lässt sich der Anlage K7 nicht entnehmen, dass zu den von der Firma ipoque [nunmehr: Digital Forensics] ermittelten Zeiten nicht vom Anschluss der Klägerin auf das Internet zugegriffen worden ist.

    Somit seht damit fest, dass zu den genannten Zeiten das streitgegenständliche Filmwerk vom Anschluss der Klägerin aus öffentlich zugänglich gemacht wurde, folgt daraus hier, dass die Klägerin hierfür als Täterin verantwortlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers, darzulegen und nachzuweisen, dass der vermeintliche Verletzer für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH GRUR 2013, 511 Rn. 32 - "Morpheus"; BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten.

    Nach diesen Grundsätzen ist der Anscheinsbeweis für eine Täterschaft der Klägerin nicht erschüttert. Die Klägerin hat selber vorgetragen, dass außer ihr selbst im fraglichen Zeitraum niemand berechtigt auf ihren Anschluss zugreifen konnte. Sie hat damit ihren Anschluss nicht Dritten zur Nutzung überlassen. Wie sie bei ihrer persönlichen Anhörung erklärt hat, hatte sie auch im fraglichen Zeitraum keinen Besuch, der etwa auf den Anschluss hätte zugreifen können."
Im Ergebnis hat die Anschlussinhaberin (und ursprüngliche Klägerin) nunmehr nicht nur die geltend gemachten Ansprüche zu erfüllen, sondern darüber hinaus die Kosten zweier Rechtszüge aus einem Streitwert von 12.000,00 EUR mit Sachverständigenkosten von mehr als 6.000,00 EUR zu tragen.






OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2016, Az. I-20 U 151/14

  • (...)

    I-20 U 151/14
    12 O 158/11
    LG Düsseldorf



    OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL



    Verkündet am 14.06.2016
    [Name] Justizbeschäftigte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    In dem Rechtsstreit


    der Frau [Name], 42651 Solingen,
    Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin,

    - Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte [Name], 40212 Düsseldorf -


    gegen


    [Name],
    Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte,

    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München -



    hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht [Name], den Richter am Oberlandesgericht [Name] und die Richterin am Landgericht [Name]

    für Recht erkannt:

    Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. Juli 2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

    Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin

    Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.



    Gründe


    A)

    Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    Durch dieses hat das Landgericht ein Versäumnisurteil vom 18.04.2012 im Wesentlichen aufrechterhalten und den Tenor dahingehend neu gefasst, dass der Klägerin bei Meldung naher bezeichneter Ordnungsmittel aufgegeben wurde, es zu unterlassen, die Bild- / Tonaufnahme [Name] in Filesharing-Systemen zum Abruf über das Internet bereitzustellen und / oder bereitstellen zu lassen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und / oder zugänglich machen zu lassen, und sie zur Zahlung eines Lizenzschadens von 725,00 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 506,00 EUR an die Beklagte verurteilt wurde. Das Landgericht hat es auf Grund des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens für erwiesen angesehen, dass der streitgegenständliche Film, an dem die Beklagte unstreitig die ausschließlichen Nutzungsrechte inne hat, jedenfalls am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr, am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr über den Anschluss der Klägerin in der Tauschbörse BitTorrent öffentlich zugänglich gemacht wurde Den damit bestehenden Anscheinsbeweis, Täterin einer Urheberrechtsverletzung zu sein, habe die Klägerin nicht erschüttert. Sie habe nicht dargelegt, dass die ernsthafte Möglichkeit bestünde, dass ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen habe.

    Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

    Sie behauptet weiterhin, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Sie habe unter Zeugenbeweis gestellt, dass der einzige in ihrem Besitz befindliche Rechner zu mehreren von der Beklagten ermittelten Verletzungszeiten ausgeschaltet gewesen sei Auch habe sie ihr WLAN ordnungsgemäß mit einem 12-Stelligen Passwort geschützt und niemandem Zugriff auf das WLAN gewährt: Dies müsse ausreichen, um den Anscheinsbeweis zu erschüttern, weil ansonsten alleinstehenden Anschlussinhabern eine Entlastung nicht möglich sei.


    Die Klägerin beantragt,
    das angefochtene Urteil sowie das Versäumnisurteil vom 18.04.2012 aufzuheben und die Widerklage abzuweisen sowie die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.


    Die Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages.

    Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung eines Zeugen und die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich der Beweisthemen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 20. Januar 2015, Bl. 603 ff. GA, den ergänzenden Beweisbeschluss vom 27. Juli 2015, BI 635 GA, das Schreiben des Sachverständige Dr. [Name] vom 6. August 2015, Bl. 641 ff GA, das Schreiben des Berichterstatters vom 10. August 2015, Bl. 645 GA, das fälschlich auf den 6. August 2015 datierte Schreiben des Sachverständigen vom 14. September 2015, Bl. 651 GA und das Protokoll der Sitzung vom 19. April 2016, Bl. 690 ff GA Bezug genommen.

    Erstmals mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.05.2016 behauptet die Klägerin unter anderem, der von ihr eingesetzte Router sei zum damaligen Zeitpunkt auch von einer Sicherheitslücke betroffen gewesen, die einen Zugriff ohne Kenntnis des Passworts über die Ausnutzung der Funktion "WiFi Protected Setup (WPS)" ermöglicht habe.

    Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsatze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.



    B)

    Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

    Auch nach der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu den oben genannten Zeitpunkten im Dezember [Jahr] und Januar [Jahr] den Film [Name] über das BitTorrent Filesharing-Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht hat, weshalb sie zu Recht zur Unterlassung, zum Schadensersatz und zur Erstattung der vorgerichtlichen Kosten verurteilt worden ist.

    Es steht fest, dass die Klägerin am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr, am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr eine Datei mit dem streitgegenständlichen Filmwerk über das BitTorrent-Netzwerk angeboten hat. Der Sachverständige Dr. [Name] an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, hat schon in seinem schriftlichen Gutachten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass sich aus dem von der Firma ipoque im Auftrag der Beklagten ermittelten Netzwerkverkehr dies herleiten lässt. In den von dem Ermittlungsunternehmen erstellten "Stundendateien" tauchen die jeweils der Klägerin zugewiesenen IP-Adressen auf. Aufgrund der untersuchten Fragmente der Übertragung steht auch fest, dass es sich bei dem auf diesem Wege öffentlich zugänglich gemachten Werk um eine Datei handelt, die das streitgegenständliche Filmwerk wiedergibt.

    Insoweit ist beachtlich, dass dem Anschluss der Klägerin zu den genannten Zeiten unterschiedliche IP-Adressen zugewiesen waren Damit lässt sich auch eine Fehlzuordnung der IP-Adresse zum Anschluss der Klägerin durch das Telekommunikationsunternehmen ausschließen.

    Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Schlussfolgerung, dass diese Übertragung vom Anschluss der Klägerin aus erfolgte, die Anlage K7 nicht entgegen Es handelt sich nicht um einen Ausdruck des Router-Logs, wie der Zeuge [Name] bekundet hat, sondern - wie es die Klägerin auch ursprünglich vorgetragen hat - um ein Systemprotokoll eines Windows-Betriebssystems. Dies hat der Sachverständige anschaulich erläutert, indem er unter anderem entsprechende Protokolldateien von eigenen Systemen vorgelegt hat. Das Protokoll ist aber auch nicht zum Beweis der Tatsache geeignet, dass der Laptop der Klägerin, nach ihrer Behauptung das einzige internetfähige Gerät, jedenfalls zeitweise nicht eingeschaltet war. Es bestehen nämlich erhebliche Zweifel an der Authentizität der Anlage K7. So ist die Datei - wie der Sachverständige festgestellt hat - unvollständig wiedergegeben. Darüber hinaus stammt die Datei von einem Windows Server-Betriebssystem. Der Laptop der Klägerin verfügte aber nach ihren eigenen Angaben über ein normales Desktop-Betriebssystem (Windows XP). Danach ist die Anlage K7 nicht geeignet zu belegen, wann der Laptop der Klägerin in Betrieb war und wann nicht. Erst recht lässt sich der Anlage K7 nicht entnehmen, dass zu den von der Firma ipoque ermittelten Zeiten nicht vom Anschluss der Klägerin auf das Internet zugegriffen worden ist.

    Somit steht damit fest, dass zu den genannten Zeiten das streitgegenständliche Filmwerk vom Anschluss der Klägerin aus öffentlich zugänglich gemacht wurde, folgt daraus hier, dass die Klägerin hierfür als Täterin verantwortlich ist.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es grundsätzlich Sache des Rechteinhabers, darzulegen und nachzuweisen, dass der vermeintliche Verletzer für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH GRUR 2013, 511 Rn. 32 - "Morpheus", BGHZ 200, 76 Rn. 14 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III"). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fallen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht er seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Rechteinhabers als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - "BearShare", GRUR 2016, 191 Rn 37 - "Tauschbörse III").

    Nach diesen Grundsätzen ist der Anscheinsbeweis für eine Täterschaft der Klägerin nicht erschüttert.

    Die Klägerin hat selber vorgetragen, dass außer ihr selbst im fraglichen Zeitraum niemand berechtigt auf ihren Anschluss zugreifen konnte. Sie hat damit ihren Anschluss nicht Dritten zur Nutzung überlassen. Wie sie bei ihrer persönlichen Anhörung erklärt hat, hatte sie auch im fraglichen Zeitraum keinen Besuch, der etwa auf den Anschluss hätte zugreifen können.

    Die Möglichkeit eines unberechtigten Zugriffs Dritter kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls ausgeschlossen werden. Unstreitig war das WLAN nach dem aktuellen Verschlüsselungsstandard WPA2 verschlüsselt. Die Klägerin hat ebenfalls unstreitig auch das werksseitig voreingestellte Passwort durch ein eigenes ersetzt. Damit entfällt die vom Sachverständigen in seiner mündlichen Anhörung erläuterte Möglichkeit, aus der sogenannten MAC-Adresse des Routers das voreingestellte Passwort zu errechnen. Da das Passwort damit nur der Klägerin und dem Zeugen [Name] bekannt war und der Zeuge [Name] als Täter ausgeschlossen werden kann, weil er sich nicht zu den genannten Zeiten in der Wohnung der Klägerin oder deren nächster Umgebung aufgehalten hat, kann ausgeschlossen werden, dass ein Dritter das Passwort ermittelt und sich so Zugriff auf den Anschluss der Klägerin verschafft hat.

    Soweit die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.05.2016 vorträgt, entgegen der Ausführungen des Sachverständigen sei es erforderlich zur Schließung dieser Sicherheitslücke gewesen, auch den Netzwerknamen (SSID) zu ändern, kann dieses Vorbringen schon nach § 296a ZPO nicht berücksichtigt werden. Der Einwand ist zudem auch nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige hat erläutert, dass sich das werksseitig voreingestellte Passwort seinerzeit aus der MAC-Adresse des Routers herleiten ließ - was sich mit der Beschreibung der Sicherheitslücke in den von der Klägerin nunmehr vorgelegten Unterlagen deckt. Dann ist die Lücke aber schon geschlossen, wenn das werksseitig voreingestellte Passwort durch ein eigenes ersetzt wird, wie der Sachverständige überzeugend hergeleitet hat. Warum ergänzend auch der Netzwerkname geändert werden soll, ist nicht nachvollziehbar. Andere Sicherheitslücken, die einen unberechtigten Zugriff auf den Router Speedport W 503 V der Klägerin ermöglicht hatten, hat der Sachverständige in seiner Anhörung nicht angegeben.

    Soweit die Klägerin nunmehr im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.05.2016 behauptet, ihr Router sei von einer Schwachstelle der WPS-Funktion betroffen gewesen, die auch ohne Kenntnis des Passworts einen unberechtigten Zugriff auf den Router ermöglicht habe, ist sie auch mit diesem Vortrag nach § 296a ZPO ausgeschlossen. Dieses Vorbringen gibt auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen Es ist schon nicht ansatzweise ersichtlich, aus welchem Grund die Klägerin diesen Sachvortrag nicht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gehalten hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Erörterung der Sache im Termin vom 20.01.2015 durch den Senat (und nicht etwa durch die insoweit darlegungspflichtige Klägerin) die Frage damals bestehender Sicherheitslücken angesprochen worden ist Spätestens dies hätte der Klägerin Veranlassung gegeben, zu diesen Sicherheitslücken in Bezug auf das konkrete Routermodell vorzutragen. Die Frage der Sicherheitslücken ist dann ausdrücklich nochmals im Schreiben des Berichterstatters an den Sachverständigen vom 10.08.2015 angesprochen worden und dem Sachverständigen als Gegenstand seiner Anhörung in Aussicht gestellt worden. Auch dies hat die Klägerin nicht zum Anlass genommen, näher vorzutragen. Schließlich hätte sie die nunmehr von ihr behauptete Sicherheitslücke im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen ansprechen können und müssen. Es ist nach alledem nicht nachvollziehbar, warum der Sachvortrag erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Nur der Vollständigkeit halber ist demnach noch darauf hinzuweisen, dass sich die Angreifbarkeit des Routers unter Ausnutzung dieser Sicherheitslücke nicht aus den von der Klägerin überreichten Unterlagen ergibt. Der Router Speedport W503 V wird zwar im Zusammenhang mit der Sicherheitslücke "Errechenbarkeit des voreingestellten Passworts", nicht aber bei der Ausnutzung der Sicherheitslücke im Zusammenhang mit der WPS-Funktionalität erwähnt. Damit ist auch die Möglichkeit des Zugriffs unbefugter Dritter auf den Anschluss der Klägerin ausgeschlossen, so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von der Täterschaft der Klägerin auszugehen ist (vgl. BGHZ 200, 76 Rn. 15 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 48 - "Tauschbörse III").

    Die Klägerin ist damit zu Recht zur Unterlassung, zum Schadensersatz und zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten verurteilt worden. Die Schadensberechnung des Landgerichts und deren Grundlagen greift die Klägerin nicht konkret an, so dass die Verurteilung der Klägerin auch der Höhe nach Bestand hat.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr 10, § 713 ZPO.

    Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs 2 Nr 2 ZPO.

    Streitwert: bis 12.000,00 EUR (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)

    (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2016, Az. I-20 U 151/14,
LG Düsseldorf, Beschluss vom 26.09.2013, Az. 12 O 158/11,
Sachverständigengutachten,
Sicherheitslücke Router Speedport W503 V,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Florian Thür,
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Digital Forensics,
sekundäre Darlegungslast,
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#10729 Beitrag von Steffen » Dienstag 5. Juli 2016, 14:44

WALDORF FROMMER: Landgericht Leipzig - Anschlussinhaber haftet in voller Höhe! Bloße Zugriffsmöglichkeit weiterer Familienmitglieder und der Verweis auf familiäre Verbundenheit genügen nicht den Anforderungen an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes


14:45 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen

Das Landgericht Leipzig hat in einem Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Leipzig aufgehoben und den Beklagten wegen des illegalen Angebotes eines Musikalbums zur Zahlung von Schadensersatz, Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen in verurteilt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nuegen-ni/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 627_15.pdf


Autor:
Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich in erster Instanz damit verteidigt, dass neben ihm auch seine Ehefrau sowie die nicht mehr im Haushalt lebenden Kinder (soweit diese zu Besuch waren) Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss hätten nehmen können.

Zu den konkreten Tagen der Rechtsverletzung hatte sich der Beklagte wie folgt eingelassen: Am ersten Tag der Rechtsverletzung seien der Beklagte und seine Ehefrau an ihren jeweiligen Arbeitsplätzen gewesen. An dem weiteren Tag hätte man sich anlässlich einer familiären Geburtstagsfeier mit den angereisten Kindern in einem Lokal in der Innenstadt aufgehalten. Ernsthafte Nachforschungsbemühungen im Sinne einer Befragung sämtlicher Familienmitglieder hatte der Beklagte nicht vorgenommen. Dies sei dem Beklagten aufgrund der familiären Verbundenheit und dem damit korrespondierenden Grundrechtsschutz nicht zumutbar gewesen.

Das Amtsgericht hatte den pauschalen Vortrag des Beklagten als ausreichend erachtet, um diesen aus der Haftung zu entlassen.

Die zuständige Berufungskammer des Landgerichts Leipzig hat nunmehr unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (insb. "Tauschbörse III", Az. I ZR 75/14 vom 11.06.2015) die Auffassung der Klägerin bestätigt und der Berufung vollumfänglich stattgegeben:
  • "Allein die Behauptung einer Möglichkeit, wie hier, des Zugriffs durch Dritte genügt gerade nicht (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14, - "Tauschbörse III", zitiert nach juris); ferner genügt es der Nachforschungspflicht nicht, wenn die vom Beklagten benannten Nutzer nicht von ihm zum Tatvorwurf befragt werden und das Ergebnis der Befragung nicht mitgeteilt wird. Hieran ändert auch die Berufung auf familiäre Zeugnisverweigerungsrechte nichts (Oberlandesgericht München, Urt. v. 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15, zitiert nach juris)."
Zudem sei nach zutreffender Auffassung der Leipziger Kammer auch "die persönliche Anwesenheit beim Computer für die Teilnahme an einer Tauschbörse nicht Voraussetzung (BGH, Urt. v. 11.06.2015, Az. I ZR 19/14, - "Tauschbörse I", zitiert nach juris)."

Das Landgericht positionierte sich auch klar zu der lediglich pauschal bestrittenen Aktivlegitimation der Klägerin sowie zur Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung:
  • "Die Klägerin genießt urheberrechtlichen Schutz nach § 85 UrhG als Tonträgerhersteller. Die Aktivlegitimation ist durch die Aufnahme der Klägerin in die Datei "musicline" indiziert und vom Beklagten nicht hinreichend bestritten worden, also als unstreitig nach § 138 Abs. 3 ZPO zu behandeln. Die von der Klägerin eingeführte Datei begründet ein Indiz der Rechteinhaberschaft, das die Kammer im vorliegenden Fall als substantiierten Sachvortrag wertet. Diesem Vortrag ist der Beklagte durch einfaches Bestreiten nicht hinreichend entgegengetreten.
    [...]
    Die Klägerin hat die Rechtsverletzung durch Angabe der Tatzeit, des Hashwertes der Datei, der IP-Adresse des Anschlusses, über den die Rechtsverletzung nach ihren Ermittlungen begangen worden ist, sowie ferner die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzten IP-Adresse dargelegt. Sie hat zudem beschrieben, dass sie die Daten über das PFS der Firma ipoque GmbH hat ermitteln lassen. Die Zuverlässigkeit der Identifizierung und die Richtigkeit der Zuordnung hat der Beklagte lediglich pauschal bestritten. Da er keine fallbezogene Fehleranfälligkeit der Software zur Ermittlung und Dokumentation der Rechtsverletzung aufgezeigt hat, ist sein Bestreiten unerheblich (OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13 Tz. 18, zitiert nach juris)."




LG Leipzig, Urteil vom 25.05.2016, Az. 05 S 627/15


  • (...)

    Ausfertigung

    Landgericht Leipzig
    Zivilkammer


    Aktenzeichen: 05 S 627/15
    Amtsgericht Leipzig, 110 C 481/15
    Verkündet am: 25.05.2016

    [Name] Justizangestellte
    Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle


    IM NAMEN DES VOLKES


    ENDURTEIL


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen


    [Name],
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte: [Name]


    wegen Schadensersatz



    hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch

    am 25.05.2016

    für Recht erkannt:

    • 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 29.10.2015 (Az. 110 C 481/15) abgeändert:

      Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2013 zu zahlen.

      2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

      4. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 956,00 EUR festgesetzt.



    Gründe



    I.

    Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug auf das angefochtene Urteil vom 29.10.2015 (Blatt 202 d.A) genommen. Im Übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

    Das Amtsgericht hat die auf den Vorwurf des illegalen Filesharing gestützte Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte die tatsächliche Vermutung für seine Täterschaft hinreichend widerlegt habe.

    Das Urteil ist der Klägerin am 02.11.2015 zugestellt worden. Sie legte dagegen mit beim Landgericht am 02.12.2015 eingegangen Schriftsatz Berufung ein, die sie nach Fristverlängerung am 22.01.2016 auch begründete.

    Sie ist der Auffassung, das Amtsgericht habe die Grundsätze der sekundären Darlegungslast fehlerhaft angewendet. Insbesondere sei die in der Rechtsprechung anerkannte Nachforschungspflicht nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die Beklagtenseite sei beweisfällig geblieben.

    Der Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil und beruft sich darauf, dass die Konstellation für eine tatsächliche Vermutung zu Lasten des Beklagten nicht ausreiche.



    II.


    1.

    Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).


    2.

    Die Berufung ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten pauschalen Schadensersatzansprüche und Abmahnkosten gegen den Beklagten zu.


    a)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.


    aa)

    Die Klägerin genießt urheberrechtlichen Schutz nach § 85 UrhG als Tonträgerhersteller. Die Aktivlegitimation ist durch die Aufnahme der Klägerin in die Datei "musicline" indiziert und vom Beklagten nicht hinreichend bestritten worden, also als unstreitig nach § 138 Abs. 3 ZPO zu behandeln. Die von der Klägerin eingeführte Datei begründet ein Indiz der Rechteinhaberschaft, das die Kammer im vorliegenden Fall als substantiierten Sachvortrag wertet. Diesem Vortrag ist der Beklagte durch einfaches Bestreiten nicht hinreichend entgegengetreten.


    bb)

    Der Beklagte ist auch passivlegitimiert.


    (1)

    Die Klägerin hat die Rechtsverletzung durch Angabe der Tatzeit, des Hashwertes der Datei, der IP-Adresse des Anschlusses, über den die Rechtsverletzung nach ihren Ermittlungen begangen worden ist, sowie ferner die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzten IP-Adresse dargelegt. Sie hat zudem beschrieben, dass sie die Daten über das PFS der Firma ipoque GmbH hat ermitteln lassen. Die Zuverlässigkeit der Identifizierung und die Richtigkeit der Zuordnung hat der Beklagte lediglich pauschal bestritten. Da er keine fallbezogene Fehleranfälligkeit der Software zur Ermittlung und Dokumentation der Rechtsverletzung aufgezeigt hat, ist sein Bestreiten unerheblich (OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13 Tz. 18, zitiert nach juris).

    Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass die ermittelte IP-Adresse nach Auskunft des zuständigen Internet-Providers zum ermittelten Tatzeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war, der dessen Inhaber ist.


    (2)

    In dieser Eigenschaft besteht zu Lasten des Beklagten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er als Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen, die über den Anschluss begangen worden sind, verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12, Tz. 33, zitiert nach juris). Beruft sich der Anschlussinhaber darauf, dass dritte Personen Zugang gehabt hätten, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az. I ZR 169/12, Tz. 19 - "BearShare"). Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, um die tatsächliche Vermutung zu entkräften. Diese tatsächliche Vermutung kann jedoch nur dann entkräftet werden, wenn der Inhaber eine ernsthafte Möglichkeit aufzeigt, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung benutzt hat (BGH, a.a.O., Tz. 34). Der Anschlussinhaber ist im Rahmen des Zumutbaren insbesondere auch zu Nachforschungen verpflichtet, ob andere und wenn ja welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O., Tz. 18).

    Allein die Behauptung einer Möglichkeit, wie hier, des Zugriffs durch Dritte genügt gerade nicht (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14, - "Tauschbörse III", zitiert nach juris); ferner genügt es der Nachforschungspflicht nicht, wenn die vom Beklagten benannten möglichen Nutzer nicht von ihm zum Tatvorwurf befragt werden und das Ergebnis der Befragung nicht mitgeteilt wird. Hieran ändert auch die Berufung auf familiäre Zeugnisverweigerungsrechte nichts (OLG München, Urt. v.14.01.2016, Az. 29 U 2593/15, zitiert nach juris).


    (3)

    Die persönliche Anwesenheit beim Computer ist für die Teilnahme an einer Tauschbörse nicht Voraussetzung (BGH, Urt. v. 11.06.2015, Az. I ZR 19/14 - "Tauschbörse I", zitiert nach juris).


    cc)

    Als Rechtsfolge schuldet der Beklagte hier Schadensersatz, der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden kann (§§ 249 BGB; 287 ZPO). Lizenzanaloger Schaden setzt nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass der Rechteinhaber solche Lizenzverträge auf dem Markt anbietet. Die Höhe kann vom Gericht nach § 287 ZPO geschätzt werden, wobei die geltend gemachten 450,00 EUR für ein Musikalbum im Lichte der Rechtsprechung der Kammer bei einem Album mit 13 Titeln unbedenklich sind, aber auch nicht zu einer Erhöhung Anlass bieten.


    b)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch Anspruch auf Erstattung der ihr vorgerichtlich durch Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in begehrter Höhe gemäß § 97a Abs. 1 UrhG a.F.


    aa)

    Für die Beurteilung der Rechtsanwaltskosten ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Abmahnung zu Grunde zu legen. Die Beschränkung der einklagbaren Abmahnkosten gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. findet vorliegend keine Anwendung. Bei der hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer so genannten Tauschbörse handelt es sich um eine erhebliche Rechtsverletzung, da das Angebot zum unentgeltlichen Download unbegrenzt ist und eine unkontrollierte Verbreitung im Internet die Rechte des Urhebers oder der Verwerter dadurch massiv beeinträchtigt werden.


    bb)

    Der von der Klägerin zu Grunde gelegte Gegenstandswert der Abmahnung in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Das Unterlassungsbegehren ist ausgehend vom Interesse des Anspruchsinhabers zu bewerten. Der von der Beklagten gegebene Wert ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechungspraxis in ähnlich gelagerten Fällen angemessen, die Berechnung der Geschäftsgebühr mit einer 1,0 Gebühr gemäß Nr. 2300 VVRVG sowie gemäß Nr. 7002 RVG nicht zu beanstanden.


    c)

    Der Anspruch ist nicht verjährt, §§ 195, 199 Abs.1 BGB, da die zunächst bis 31.12.2014 laufende Verjährungsfrist durch Mahnbescheid und Fortführung des Verfahrens ab 29.07.2014 gehemmt war (§ 204 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB).



    III.


    1.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


    2.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.


    3.

    Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache zum einen keine grundsätzliche Bedeutung hat und zum anderen weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.


    4.

    Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.



    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 956,00 EUR festgesetzt.




    [Name]
    Richter am Landgericht

    (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Leipzig, Urteil vom 25.05.2016, Az. 05 S 627/15,
Vorinstanz: AG Leipzig, Urteil vom 29.10.2015, Az. 110 C 481/15,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Berufung Waldorf Frommer,
theoretische Möglichkeit,
Nachforschungspflicht,
sekundäre Darlegungslast,

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LG Hamburg, Az. 308 S 1/15

#10730 Beitrag von Steffen » Freitag 8. Juli 2016, 18:04

WBS-Law: Landgericht Hamburg - Filesharing Erfolg gegen Universal Music


18:05 Uhr


Filesharing-Erfolg unserer Kanzlei "WILDE BEUGER SOLMECKE" gegen "Universal Music", vertreten durch die Hamburger Abmahnkanzlei "Rasch Rechtsanwälte", vor dem Landgericht Hamburg (Urt. v. 24.06.2016, Az. 308 S 1/15). Die Richter am Landgericht Hamburg bestätigten das Urteil des Amtsgerichts Hamburg (Urt. v. 03.12.2014, Az. 32 C 23/13). "Universal Music" konnte unserem Mandanten nicht nachweisen, dass er Täter der ihm vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung gewesen ist.


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Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.


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Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... sch-68239/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... S-1_15.pdf



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"Universal Music", vertreten von der Rechtsanwaltskanzlei "Rasch Rechtsanwälte" verlangte von unserem Mandanten Schadensersatz sowie Erstattung von Abmahnkosten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von Tonaufnahmen über eine Internettauschbörse. Konkret ging es um ein Musikalbum der schwedischen Rock-Band "Mando Diao", die unser Mandant über seinen Anschluss in einem Filesharing-Netzwerk anderen zum Tausch angeboten haben soll.



"Universal Music" rügt rechtsfehlerhafte Erfassung der Tatsachengrundlage des Amtsgericht Hamburg

Im Verfahren vor dem Landgericht Hamburg hat "Universal Music" eine rechtsfehlerhafte Erfassung der Tatsachengrundlage des Amtsgerichts Hamburg gerügt. Das Amtsgericht habe unter anderem in seinem Urteil nicht berücksichtigt, dass "Universal Music" mehrere Verletzungszeitpunkte in den Rechtsstreit eingeführt habe. Zudem habe unser Mandant im Rahmen seiner Anhörung vor dem Amtsgericht mitgeteilt, dass seine Ehefrau nicht "IT-affin" (IT-affin auch IT-Experte) sei und in der Regel nur Word oder E-Mail-Programme nutze. Daher, so die Gegenseite, sei es lebensfern, dass die Ehefrau unseres Mandanten das Filesharing-Programm selbstständig benutzt haben könne. Da die Kinder zum vermeintlichen Tatzeitpunkt schliefen, schieden diese als Täter aus.



LG Hamburg - "Universal Music" ist es nicht gelungen Täterschaft nachzuweisen

Das Landgericht Hamburg war jedoch nach erneuter Prüfung ebenso wie zuvor bereits das Amtsgericht Hamburg zu Recht nicht davon überzeugt, dass einerseits die Ehefrau unseres Mandanten als Täterin gänzlich auszuschließen ist und andererseits allein unser Mandant selbst das Musikalbum der Band "Mando Diao" selbst öffentlich zugänglich gemacht haben soll.

Grundsätzlich gilt: Wenn der Anschlussinhaber im Filesharing Verfahren nachweisen kann, dass die ernsthafte Möglichkeit bestand, dass der Anschluss zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung von jemand anderem genutzt wurde, scheidet eine Haftung als Täter aus (sekundäre Darlegungslast). Die bestehende Möglichkeit, dass die Rechtsverletzung auch von jemand anderen hätte begangen werden können, reicht aus. Diese Möglichkeit ist immer dann gegeben, wenn zum Beispiel wie in diesem Fall andere Familienmitglieder (Ehefrau) selbstständig auf den Anschluss zugreifen können.

Die unseren Mandanten treffende sekundäre Darlegungslast hat er auch nach Ansicht der Richter des Landgerichts Hamburg erfüllt. Es bestand zu den geltend gemachten Verletzungszeitpunkten nicht nur die theoretische Möglichkeit des Zugriffs jedenfalls durch die Ehefrau unseres Mandanten. Im Haus unseres Mandanten befanden sich mehrere Computer und zumindest auf einen Laptop hatten alle Familienmitglieder zugriff. Auch trotz des geringen Computersachverstandes seiner Ehefrau hätte diese aufgrund der leichten Bedienung von Tauschbörsen diese zumindest theoretisch durchaus benutzen können, so dass sie als vermeintliche Täterin nicht auszuschließen ist.



Festzuhalten bleibt:

"Universal Music" gemeinsam mit "Rasch Rechtsanwälte" ist es auch vor dem Landgericht Hamburg nicht gelungen, die Täterschaft unserem Mandanten nachzuweisen. Das Gericht hat die Berufung der Gegenseite zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens muss nun die Gegenseite tragen. (TOS)





LG Hamburg, Urteil vom 24.06.2016, Az. 308 S 1/15

  • (...) Abschrift

    Landgericht Hamburg
    Az.: 308 S 1/15
    32 C 23/13 AG Hamburg

    Verkündet am: 24.06.2016
    [Name], Jufa als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Urteil


    IM NAMEN DES VOLKES


    In der Sache


    [Name]
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen

    [Name],
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,


    erkennt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 8 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. [Name], die Richterin am Landgericht Dr. [Name]und den Richter am Landgericht Dr. [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2016 für Recht:

    • 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 03.12.2014, Az. 32 C 23/13, wird zurückgewiesen.
      2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.



    Beschluss
    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.879,80 EUR festgesetzt.



    Gründe:


    I.

    Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz sowie Erstattung von Abmahnkosten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von Tonaufnahmen über eine Internet-Tauschbörse (Filesharing-Netzwerk).

    Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Insoweit wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen.

    Mit der Berufung rügt die Klägerin eine rechtsfehlerhafte Erfassung der Tatsachengrundlage. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin mehrere Verletzungszeitpunkte in den Rechtsstreit eingeführt habe. Dies ergebe sich aus der Aussage des Zeugen [Name], welche sich die Klägerin zu eigen gemacht hätte. Der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick auf diese weiteren Verletzungszeitpunkte nicht Genüge getan.

    Darüber hinaus greift die Klägerin die vom Amtsgericht vorgenommene Tatsachenwürdigung als rechtsfehlerhaft an. Insofern macht sie geltend, das Amtsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Beklagte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung mitgeteilt habe, dass seine Ehefrau nicht IT-affin sei, nur Standardprogramme wie Word oder E-Mail-Programme nutze und üblicherweise auch zu ihm komme, wenn es Probleme mit dem Computer gebe. Insoweit sei es lebensfern anzunehmen, die Ehefrau des Beklagten habe einen BitTorrent-Client selbstständig installiert. Zudem habe das Gericht nicht berücksichtigt, dass der Beklagte im Keller mehrere Server stehen habe, auf denen auch ein Torrent-Client installiert gewesen sei, welcher 24 Stunden mit dem Internet verbunden gewesen sei und dessen Verwaltung er auch allein betreut habe. Da die Kinder zu den Verletzungszeitpunkten geschlafen hätten und daher überhaupt keinen Zugriff auf diese Server gehabt hätten, scheide deren Täterschaft aus. Das Amtsgericht habe im Übrigen angesichts des schwankenden und widersprüchlichen Vortrags des Klägers zur Zahl der internetfähigen Endgeräte, zur Zahl der installierten Torrent-Clients und zu der Möglichkeit des Zugriffs durch Ehefrau und Kinder sowohl die Glaubhaftigkeit der Aussage des Beklagten im Rahmen seiner Parteivernehmung sowie dessen Glaubwürdigkeit unzutreffend beurteilt. Insbesondere sei es nicht glaubhaft, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Tonaufnahmen bei Überprüfung seiner Geräte angeblich nicht gefunden hätte. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass er die Aufnahmen sehr wohl auf den Rechnern seiner Frau oder der Kinder hätte finden müssen. Schließlich habe das Amtsgericht, worauf sich die Klägerin hilfsweise stützt, nicht beachtet, dass dem Beklagten soweit eine Täterschaft seiner Kinder in Betracht komme - eine Belehrungspflicht oblag, die er nicht erfüllt habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.


    Die Klägerin beantragt,
    das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin
    1. einen angemessenen Schadensersatz in Höhe von mindestens 2.500,00 EUR;
    2. 1.379,80 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Er verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.

    Die Kammer hat Beweis erhoben durch Parteivernehmung des Beklagten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2016 Bezug genommen.



    II.

    Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz oder Ersatz von Abmahnkosten zu.


    1.

    Die Klägerin hat nicht zu beweisen vermocht, dass der Beklagte Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung ist. Auch nach nochmaliger Durchführung der Beweisaufnahme durch Parteivernehmung des Beklagten ist die Kammer - ebenso wie das Amtsgericht - nicht davon überzeugt, dass einerseits die Ehefrau des Beklagten als Täterin auszuschließen ist und andererseits allein der Beklagte selbst das streitgegenständliche Musikalbum der Künstlergruppe [Name] selbst öffentlich zugänglich gemacht hat.


    a)

    Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 32 - "Morpheus"; BGHZ 200, 76 Rn. 14 = GRUR 2014, 657 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III").

    Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Insoweit trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH GRUR 2014, 657 - "BearShare"; GRUR 2016, 191 Rn. 37 - "Tauschbörse III" mwN).


    b)

    Die ihm danach obliegende sekundäre Darlegungslast hat der Beklagte, wie das Amtsgericht zutreffend angenommen hat, erfüllt. Es bestand zu den geltend gemachten Verletzungszeitpunkten nicht nur eine theoretische Möglichkeit des Zugriffs jedenfalls durch die Ehefrau des Beklagten. Der Beklagte hat dargelegt, dass sich in seinem Haus zum Tatzeitpunkt drei Rechner befanden, die Zugang zum Internet hatten und zudem mit Torrent-Software ausgestattet waren. Dazu zählten der Dienstrechner des Beklagten, ein kleiner Netzwerk-Rechner im Keller sowie möglicherweise der private Laptop des Beklagten. Daraus, dass der Beklagte nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, auf welchen Rechnern Tauschbörsensoftware installiert war, folgt nicht, dass er insoweit seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt hätte. Der Beklagte hat weiter dargelegt, dass sämtliche Familienmitglieder jedenfalls zum privaten Laptop des Beklagten jederzeitigen Zugang hatten. Diese Zugriffsmöglichkeit war nicht bloß theoretischer Art, wie der Beklagte in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht ausgeführt hat. Der Beklagte hat dargelegt, dass seine Ehefrau zwar nur über geringe Computerkenntnisse verfüge und sie auch nicht IT-affin sei, sie aber den Computer - wenn auch weniger als der Beklagte - für Internetanwendungen nutzte. Auch wenn er nicht davon ausgehe, dass seine Frau Täterin der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung sei, vermochte er eine solche Tatbegehung angesichts der einfachen Bedienung der Torrent-Software nicht auszuschließen.

    Dass der Beklagte im Prozess keine Angaben zu der Frage machen konnte, ob sich die streitgegenständlichen Musikalben auf den von ihm genutzten Rechnern befanden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei der sekundären Darlegungslast handelt es sich um eine prozessuale Vortrags- und Nachforschungslast, nicht jedoch um eine vorprozessuale Nachforschungspflicht.

    Der Beklagte war daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gehalten, bereits vor gerichtlicher Inanspruchnahme Nachforschungen auf seinen Rechnern durchzuführen oder für den Fall einer zukünftigen gerichtlichen Auseinandersetzung durch Aufbewahrung von Beweismitteln Sorge für die Erfüllung der dann bestehenden sekundären Darlegungslast zu tragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Tatzeitraum mittlerweile fast sieben Jahre zurück liegt (vgl. Hans. OLG, Beschluss vom 02.02.2015 - Az. 5 W 46/13). Der Beklagte hat bekundet, dass er seinen Dienstlaptop an seinen damaligen Arbeitgeber zurückgegeben hat und dass der private Laptop nicht mehr existiere. Dem Beklagten kann angesichts des Zeitablaufs auch nicht zum Nachteil gereichen, dass er zum jetzigen Zeitpunkt keine präziseren Angaben über die Anzahl der im Haushalt verfügbaren Rechner machen konnte, welche mit Torrent-Clients ausgestattet waren.

    Der Beklagte war auch nicht gehalten, gezielt zu den weiteren, ganz überwiegend nächtlichen Ermittlungszeiträumen vom 21., 22., 23., 25. und 26.10.2009 vorzutragen. Zwar hat sich die Klägerin vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht im Schriftsatz vom 08.10.2014 auf die weiteren Ermittlungszeitpunkte, wie sie der Zeuge [Name] in seiner Aussage vor dem Amtsgericht bekundete, gestützt. Allerdings kann aufgrund der unmittelbaren zeitlichen Nähe zum ursprünglich einzig geltend gemachten Verletzungszeitraum und des langen Zeitraums, der seit den Tatzeiten verstrichen ist, nach vorstehenden Ausführungen keine nach einzelnen Verstoßzeitpunkten gesonderte Darlegung verlangt werden. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die weiteren Verstöße über den Anschluss des Beklagten im Wesentlichen nachts ermittelt wurden, schließt dies die ernsthafte Möglichkeit einer Tatbegehung durch andere im Haushalt lebende Angehörige schon deswegen nicht aus, weil möglicherweise einer der im Haushalt befindlichen Rechner, auf den die Angehörigen Zugriff hatten, zu diesen Zeitpunkten mit dem Internet verbunden war. Nach den Bekundungen des Beklagten in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht war der private Laptop ständig am Strom angeschlossen. Nur dann, wenn der Beklagte es mitbekam, versuchte er regelmäßig, diesen Rechner auszuschalten. Auch war nach den Erläuterungen des Beklagten die für die WLAN-Verbindung genutzte "Fritzbox" immer eingeschaltet.


    c)

    War es danach Sache der Klägerin, die Täterschaft des Beklagten zu beweisen, so ist ihr dieser Beweis nicht gelungen.


    aa)

    Die Kammer glaubt nicht, dass die zum Tatzeitpunkt acht- und zehnjährigen Zeugen [Name] und [Name], die Kinder des Beklagten, als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen.


    bb)

    Allerdings kann die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Überzeugungsbildung ausschließen, dass die Zeugin [Name], die Ehefrau des Beklagten, als Täterin der Urheberrechtsverletzung auszuschließen ist. Die Kammer hält es mit der Klägerin zwar durchaus für wahrscheinlich, dass der Beklagte Täter der Urheberrechtsverletzung war, Dies beruht auf dem Umstand, dass der Beklagte selbst Tauschbörsensoftware - wenn auch nach eigenem Bekunden nur aus technischem Interesse - genutzt hat, die Mehrzahl der festgestellten Verstöße nachts erfolgten zu einer Zeit, zu der mit Sicherheit jedenfalls der allein im Verantwortungsbereich des Beklagten stehende Netzwerkrechner am Netz war, und der Beklagte selbst die technischen Fähigkeiten seiner Ehefrau als nicht besonders ausgeprägt darstellte. Gleichwohl ist die Kammer aufgrund der Parteivernehmung des Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass die Ehefrau des Beklagte die Tat nicht und dass umgekehrt der Beklagte selbst die Tat begangen hat. Der Beklagte hat bekundet, dass seine Frau den Computer auch für Internetanwendungen nutze. Er vermochte es trotz seiner eigenen erheblichen Zweifel zumindest nicht auszuschließen, dass seine Frau die vorgeworfene Tat begangen hat. Dies ist auch nicht aufgrund der nur beschränkten Computerkenntnisse der Zeugin [Name] ausgeschlossen, da es für die Aktivierung eines Links bei bereits - möglicherweise - vorinstallierter Tauschbörsen-Software am privaten Laptop des Beklagten keiner eingehenden IT-Kenntnisse bedurfte. Der Beklagte hat weiterhin bekundet, die Künstlergruppe [Name] vor Erhalt der Abmahnung nicht gekannt zu haben und insoweit nachvollziehbar auf seinen eigenen Musikgeschmack (Hip-Hop) verwiesen.

    Auch wenn einzelne, von der Klägerin mit der Berufung ins Feld geführte Gesichtspunkte, insbesondere der im Laufe des Prozesses widersprüchliche Vortrag zur Installation von Tauschbörsen-Software im Hause des Beklagten, die Glaubhaftigkeit dessen Aussage durchaus einschränken, so verhilft dies der Klägerin dennoch nicht zum Erfolg. Denn solche Zweifel können die umgekehrt erforderliche Überzeugung von der Richtigkeit der klägerischen Behauptung, der Beklagte sei der Täter, nicht positiv begründen. Da die in erster Linie ebenfalls als Täterin in Betracht kommende Ehefrau des Beklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, konnte die klägerische Behauptung auch durch weitere Beweismittel nicht weiter gestützt werden.


    2.

    Soweit die Klägerin ihr Klagebegehren - hilfsweise - auf eine fehlende Belehrung der Kinder stützt, war diese nach den gegebenen Umständen für die Rechtsverletzung nicht kausal. Zum einen ist die Kammer bereits davon überzeugt, dass die Kinder des Beklagten die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen haben. Zum anderen stünde angesichts der nicht auszuschließenden Täterschaft der Ehefrau des Beklagten aber auch dann, wenn die Kinder als Täter in Betracht kämen, nicht fest, dass sich diese mangelnde Belehrung auch ursächlich ausgewirkt hätte.



    III.

    Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO, diejenige über die vorläufige
    Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Landgericht Hamburg
    Sievekingplatz 01
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.


    Dr. [Name]
    Vorsitzender Richter am Landgericht

    Dr. [Name]
    Richterin am Landgericht

    Dr. [Name]
    Richter am Landgericht (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Hamburg, Urteil vom 24.06.2016, Az. 308 S 1/15,
Vorinstanz: AG Hamburg, Urteil vom 03.12.2014, Az.32 C 23/13,
Berufung Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Berufung Universal Music,
sekundäre Darlegungslast,
prozessuale Vortrags- und Nachforschungslast,

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10731 Beitrag von Steffen » Montag 11. Juli 2016, 23:12

[quoteemMistreaded]... irgendwie ist mein letzter Beitrag verändert, aber macht euch mal Gedanken alle dazu.[/quoteem]

Du hattest in kurzer Zeit drei separate Beiträge verfasst. Wie Du erkennst, habe ich diese in einem Beitrag zusammengefasst Der Inhalt der drei Beiträge ist unverändert.

VG Steffen

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LG Flensburg, Az. 8 S 48/15

#10732 Beitrag von Steffen » Dienstag 12. Juli 2016, 01:15

WBS-Law: Filesharing in Wohngemeinschaft -
Sieg vor dem Landgericht Flensburg



01:15 Uhr


Für Filesharing Fälle in einer Wohngemeinschaft gibt es erneut eine erfreuliche Nachricht. Auch das Landgericht Flensburg hat kürzlich entschieden, dass unser Mandant als Inhaber eines Internetanschlusses normalerweise nicht für Urheberrechtsverletzungen seiner volljährigen Mitbewohner haften muss.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... urg-68255/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... schaft.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Nachdem unser Mandant von der Kanzlei Sasse & Partner eine Filesharing Abmahnung erhalten hatte - in dem ihm eine urheberrechtswidrige Verbreitung des Films "The Iceman" im Auftrag der Splendid Film GmbH vorgeworfen wurde - wollte er weder für die Abmahnkosten aufkommen, noch Schadensersatz zahlen. Er berief sich darauf, dass er die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat und seinen Anschluss einem Mitbewohner seiner Wohngemeinschaft zur Verfügung gestellt hatte.

Doch Sasse & Partner akzeptierte diesen Einwand nicht und bestand zunächst auf vollständiger Zahlung.



Amtsgericht Kiel weist Filesharing Klage ab

Doch das Amtsgericht Kiel sah dies anders und wies die Klage gegen unseren Mandanten mit Urteil vom 20.11.2015 (Az. 120 C 77/15) ab. Doch Sasse & Partner gab sich hiermit nicht zufrieden und legte gegen die Entscheidung - in Bezug auf die Abmahnkosten - Berufung ein. Nach Auffassung der Abmahnkanzlei hafte unser Mandant im Wege der Störerhaftung. Dies begründete sie damit, dass jedenfalls gegenüber dem volljährigen Mitglied einer Wohngemeinschaft eine Belehrungspflicht bestehen würde. Hier dürfe man als Anschlussinhaber nicht so vertrauensselig sein wie gegenüber einem nahen Familienangehörigen.



Filesharing: Grundsätzlich keine Belehrungspflicht in Wohngemeinschaft

Doch mit dieser Argumentation hatte die Abmahnkanzlei keinen Erfolg. Das Landgericht Flensburg wies die Berufung von Sasse & Partner mit Urteil vom 27.05.2016 (Az. 8 S 48/15) zurück. Die Richter entschieden, dass unser Mandant nicht im Rahmen der so genannten Störerhaftung für die Abmahnkosten aufkommen muss.

Denn er hatte gegenüber seinem WG-Mitbewohner keine Aufsichtspflicht. Denn eine Belehrung von Erwachsenen ist normalerweise entbehrlich, weil sie über eine genügende Einsichtsfähigkeit verfügen und daher anders als minderjährige Kinder für ihr eigenes Handeln verantwortlich sind. Von daher ist hier ein prinzipielles Misstrauen nicht angebracht. Anders ist das nur, wenn dieses Vertrauen in den Mitbewohner einer Wohngemeinschaft infolge von klaren Verdachtsmomenten nicht gerechtfertigt ist. Diese sind hier jedoch nach den Feststellungen des Gerichtes nicht ersichtlich gewesen. Eine unterschiedliche Behandlung zu den Fällen, in denen nahen Familienangehörigen der Zugriff auf den Internetanschluss gestattet wird (vgl. BGH - Urteil vom 08.01.2014 - Az. I ZR 169/12 - "Bear Share"), ist nicht gerechtfertigt.

Das Landgericht Flensburg hat in dieser Frage die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.



Fazit zum Filesharing in Wohngemeinschaften

Ob Sasse & Partner gegen die von uns erstrittene Entscheidung des Landgerichts Flensburg erfolgreich Revision einlegen werden, erscheint fragwürdig. Denn inzwischen hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12.05.2016 (Az. I ZR 86/15) klargestellt, dass es gegenüber volljährigen Gästen sowie unter den Mitgliedern einer Wohngemeinschaft gewöhnlich keine Belehrungspflichten gibt. Damit steht mittlerweile fest, dass Wohngemeinschaften gegenüber Familien nicht benachteiligt werden dürfen. Diese Grundsatzentscheidung ist für viele Wohngemeinschaften von erheblicher Bedeutung. (HAB)





LG Flensburg, Urteil vom 27.05.2016, Az. 8 S 48/15


  • (...) Beglaubigte Abschrift

    8 S 48/15
    120 C 77/15, AG Kiel
    Verkündet am 27.05.2016

    gez.
    [Name], JAng
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



    Landgericht Flensburg


    Urteil


    Im Namen des Volkes



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name]
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,


    wegen Schadensersatz



    hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht[Name], den Richter am Landgericht [Name] und den Richter [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2016 für Recht erkannt:

    Die Berufung wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Die Revision wird zugelassen.


    Beschluss:
    Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 965,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz wegen Verletzung eines ausschließlichen Nutzungsrechts an den Filmwerk [Name], der am 30.08.2013 als DVD und Blu-ray Disc veröffentlicht wurde.

    Sie behauptet, das Filmwerk sei am 20.08.2013 und am 21.08.2013 über IP-Adressen, die dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen seien, mit einem Filesharingprogramm im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden.

    Die Klägerin erhielt aufgrund des Gestattungsbeschlusses des Landgerichts Köln vom 23. August 2013, Az: 229 0 160/13 von der Zugangsanbietern, der [Name], zu beiden ermittelten IP-Adressen die Auskunft, dass zu beiden Zeitpunkten der Verletzungshandlungen der Anschluss dem Beklagten zugewiesen worden sei (Anlage K4, Blatt 18/19 der Akte; Anlage K5, Blatt 20 der Akte).

    Der Beklagte hatte seinen Internetanschluss an seinen niederländischen Mitbewohner [Name] zur Mitbenutzung überlassen. Herr [Name] räumte auf Nachfrage des Beklagen ein, sich das Filmwerk [Name] über einen BitTorrent-Client angeschaut zu haben.

    Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 19.09.2013 ab und bot die vergleichsweise Einigung gegen Zahlung eines Pauschalbetrages von 800,00 EUR an (Anlage K 6, Blatt 21 der Akte). Der Beklagte gab mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.09.2013 (Anlage K 7, Blatt 26 der Akte) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die die Klägerin mit Schreiben vom 21.10.2013 annahm. Der Zahlungsanspruch wurde von dem Beklagten zurückgewiesen.

    Die Klägerin hat behauptet, sie habe hat mit der[Name], Los Angeles, USA, am 28.02.2011 einen Lizenzvertrag geschlossen, durch den die [Name] ihr die Kinorechte, Videorechte und Internetrechte an dem Film [Name] in der Originalfassung mit und ohne deutschsprachigen Untertiteln sowie in deutscher Synchronisation unter anderem für Deutschland für die Dauer von 10 Jahren allein und exklusiv übertragen habe. Die Klägerin hat hierzu einen Auszug aus dem Phononet-Medienkatalog zur Akte gereicht, wonach die Klägerin als Label des streitgegenständlichen Filmwerks eingetragen ist (Anlage K1, Blatt 10 der Akte).

    Die Klägerin behauptet ferner, der Beklagte habe das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht. Das von ihr beauftragte Unternehmen [Name] habe mithilfe der Software [Name] ermittelt, dass am 20.08.2013 um 00:36 Uhr und nochmals am 21.08.2013 um 23:08 Uhr die Datei "[Name].2012.0.HDRip.1400MB.avi" des Filmwerks [Name] über die IP-Adressen [IP]und [IP] zum Download angeboten worden seien (Anlage K 5, Blatt 20 der Akte). Die Ermittlungssoftware [Name] arbeite fehlerfrei und zuverlässig, was von dem Sachverständigenbüro für Computerwesen, Professor Dr. [Name], und dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Diplom-Ingenieur [Name] bestätigt worden sei.

    Die Auskünfte der [Name], dass der Beklagte Inhaber des Internetanschlusses gewesen sei, dem die beiden IP-Adressen jeweils im Zeitpunkt der Verletzungshandlung zugeordnet gewesen seien, sei zutreffend. Es kämen ausschließlich automatisierte technische Verfahren ohne händische Bearbeitung durch einzelne Mitarbeiter zum Einsatz. Eine manuelle Bearbeitung/Übertragung von Daten erfolge weder bei der Ermittlung der IP-Adressen durch die [Name] noch bei der Zuordnung der IP-Adressen durch die [Name].

    Soweit der Beklagte behaupte, nicht die am gerichtlichen Gestattungsverfahren beteiligte [Name], sondern die [Name] habe die Auskunft erteilt, dass er Inhaber des angeblich ermittelten Internetanschlusses sei, folge daraus kein Beweisverwertungsverbot.

    Der Beklagte könne nicht wirksam bestreiten, dass sein Internetanschluss als derjenige ermittelt worden sei, über den das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Das Bestreiten stehe im Widerspruch zu Behauptung des Beklagten, sein Mitbewohner [Name] habe ihm gegenüber auf Nachfrage eingeräumt, das streitgegenständliche Filmwerk über einen BitTorrent-Client gesehen zu haben. Das Eingeständnis des Mitbewohners [Name], er habe sich den Film [Name] über einen BitTorrent-Client angeschaut, sei zugleich die Bestätigung, diesen Film im Internet öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Für das Ansehen eines Films über einen solchen Filesharing-Client sei das vorherige Herunterladen des Films auf dem verwendeten Rechner zwingend erforderlich. Zugleich werde das Filmwerk von dem Filesharingprogramm automatisch für Dritte zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht

    Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe dadurch, dass er seinem Mitbewohner [Name] den Internetanschluss zur selbstständigen Nutzung überlassen habe, die nicht fernliegende Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Internet-Tauschbörsen teilnehme. Eine Belehrung seines Mitbewohners sei wenigstens dahingehend geboten und zumutbar gewesen, dass eine illegale Nutzung von Internettauschbörsen urheberrechtlich geschützter Werke, wie insbesondere Filme, Musik und Computerspiele, zu unterbleiben habe. Eine Belehrungspflicht bei Überlassung des Anschlusses an nahestehende Personen, die nicht Familienangehörige seien, sei zum Schutz des Urheberrechts geboten. Sie hat behauptet, der Beklagte habe den Zeugen [Name] vor Gewährung des selbstständigen Zugriffs nicht in dieser Weise über die Rechtswidrigkeit von Filesharing-Programmen aufgeklärt und ihm die rechtswidrige Nutzung solcher Programme über seinen Anschluss auch nicht verboten.

    Der Beklagte habe nicht ausreichend dargetan, dass die ernsthafte Möglichkeit bestehe, die Rechtsverletzung könne infolge eines Missbrauchs des Routers durch einen unberechtigten Dritten begangen worden sein. Der Beklagte habe ferner nicht dargetan, dass der Router nur unzureichend gegen einen Missbrauch von außen gesichert gewesen sei. Insbesondere habe er nicht dargelegt, dass der von ihm verwendete Router von einer Sicherheitslücke betroffen gewesen sei. Die Sicherheitslücke, auf die sich der Beklagte berufe, habe nicht alle Router des Modells "Speedport 723 V", sondern nur die des "Typs B" betroffen (Anlage K 8, Blatt 98). Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Rechtsverletzung einen Router des Modells "Speedport V 723 Typ B" verwendet habe. Die Produktwarnung und die Updates zum Schluss der Sicherheitslücke seien vor der Rechtsverletzung veröffentlicht worden. Die von dem Beklagten vorgelegte Sicherheitswarnung stamme vom 03.05.2012 (Anlage B 1, Blatt 85 der Akte). Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass sich in dem gleichen Zeitraum unabhängig von dem Zeugen [Name] ein Dritter unter Ausnutzung einer etwaigen Sicherheitslücke widerrechtlich Zugang zu dem Internetanschluss des Beklagten verschafft haben könne, um sich das streitgegenständliche Filmwerk herunterzuladen.

    Sie hat gemeint, sie habe gegen den Beklagten wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des Filmwerks [Name] einen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ermittelten Schadensersatzanspruch in Höhe von 400,00 EUR. Wegen der weiteren Ausführungen zur Höhe des Schadens wird auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 27.07.2015 (Blatt 38a der Akte) verwiesen.

    Darüber hinaus habe sie Anspruch auf Erstattung der Ermittlungs-, Dokumentations- und Beweissicherungskosten in Höhe von 100,00 EUR netto. Sie hat behauptet, sie habe für die Ermittlungsmaßnahmen 100,00 EUR aufgewendet (Rechnung [Name] vom 01.07.2015, Anlage K 2, Blatt 12 der Akte).

    Schließlich könne sie Ersatz ihrer Aufwendungen für die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten verlangen, die ihr auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr und eines Gegenstandswertes von 15.000,00 EUR mit insgesamt 865,00 EUR berechnet worden seien.


    Die Klägerin hat beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.365,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.


    Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin Inhaberin der exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Filmwerk [Name] sei, insbesondere dass sie mit der [Name] einen entsprechenden Lizenzvertrag abgeschlossen habe und dass die [Name] zur Einräumung von Rechten befugt gewesen sei.

    Er hat ferner bestritten, dass über seinen Internetanschluss Rechtsverletzungen begangen worden seien. Es hat insbesondere bestritten, dass der mitgeteilte Hashwert mit einer Datei des streitgegenständlichen Filmwerks identisch sei. Er hat behauptet, eine zweifelsfreie Identifizierung des Originals eines Werkes sei anhand eines Hashwertes nicht möglich. Der vom Ermittlungsprogramm angeblich identifizierte Chunk habe keinen urheberrechtlich geschützten Bestandteil des streitgegenständlichen Werks enthalten. Er bestreitet dass eine Datei mit diesem Hashwert über die IP-Adressen [IP] und [IP] angeboten worden sei. Die Ermittlungen, die ihn als Inhaber des Anschlusses, dem die IP-Adressen im Verletzungszeitpunkt zugewiesen gewesen sein sollen, identifiziert hätten, seien fehlerhaft. Die Software [Name] erfasse bei der Überwachung von Tauschbörsen nicht nur tatsächliche Datenübertragungen durch Up- oder Downloads, sondern auch bloße Downloadanfragen, die keine Urheberrechtsverletzungen darstellten. In dem Verfahren vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 03. Mai 2011, Az. 16 U 55/11) habe die zuverlässige Funktion der Ermittlungssoftware der [Name] nicht bewiesen werden können. Die von der Klägerin benannten Beweismittel seien nicht geeignet, die Zuverlässigkeit und Richtigkeit des Ermittlungsvorganges zu beweisen. Er bestreitet die Authentizität der vorgelegten Tabellen zu den Ermittlungsergebnissen, weil diese keinen Aussteller erkennen ließen.

    Die Auskunft der [Name], dass er Inhaber des Internetanschlusses sei, dem die IP-Adressen in den fraglichen Zeitpunkten zugewiesen gewesen seien, unterliege einem Beweisverwertungsverbot. Mit dem Beschluss des Landgerichts Köln sei ausschließlich der [Name] gestattet worden, eine Auskunft über den Inhaber des Internetanschlusses zu erteilen. Sein Name und seine Adresse seien der [Name] von der [Name] auf die die Privatkundengeschäfte ab dem 01.04.2010 übertragen worden seien, mitgeteilt worden. Zu dieser Auskunft sei die [Name] aber nur berechtigt gewesen, wenn auch ihr die Auskünfte nach § 101 Abs. 9 UrhG gestattet worden wären.

    Der Beklagte hat behauptet, er verfüge über einen PC, einen Laptop und ein Smartphone. Er benutzte das Internet ausschließlich für E-Mails, Online-Nachrichten, Spiele und Facebook. Er habe an den Tattagen jeweils in der Zeit von 17:30 Uhr bis 03:30 Uhr in dem [Name] in [Name] gearbeitet. Während dieser Zeit habe [Name], der bei ihm gewohnt und einen eigenen Laptop gehabt habe, auf seinen Internetanschluss zugreifen dürfen. Hierfür habe er ihm das WLAN-Passwort mitgeteilt. [Name] habe - im Folgenden unstreitig - auf Nachfrage eingeräumt, das Filmwerk über einen BitTorrent-Client gesehen zu haben. Er - der Beklagte - habe vor dem Zugang der Abmahnung keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass über seinen Internetanschluss Urheberrechtsverletzungen begangen worden seien.

    Die WLAN-Verbindung werde über einen Speedport V 723 hergestellt. Der Anschluss sei durch ein 12-stelliges Passwort mit einer WPA2- Verschlüsselung gegen Zugriffe von außen gesichert. Die Speedport-Modelle 723 B seien von einer schweren Sicherheitslücke betroffen, Diese Schwachstelle ermögliche es einem Angreifer, der sich innerhalb der Reichweite des Funknetzes aufhalte, sich unbefugt einen Zugang zu dem WLAN zu verschaffen.

    Das Amtsgericht Kiel hat mit dem am 20.11.2015 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Der Beklagte hafte nicht auf Schadensersatz, weil nicht feststehe, dass er selbst das Filmwerk [Name] zum Download bereitgestellt habe. Es bestehe die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, weil der Beklagte vorgetragen habe, sein damaliger Mitbewohner [Name] habe ihm gegenüber eingeräumt, dass Filmwerk über seinen Internetanschluss zum Download angeboten zu haben. Der Beklagte hafte auch nicht als Störer. Er sei nicht verpflichtet gewesen, seinem Mitbewohner vor der Überlassung des Internetanschlusses darauf hinzuweisen, keine Rechtsverstöße im Internet zu begehen.

    Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung nur noch ihre streitigen Aufwendungsersatzansprüche über 965,00 EUR. Sie rügt mit ihrer Berufung einen Rechtsverstoß. Das Amtsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Beklagte für die über seinen Internetanschluss begangene Verletzung des Nutzungsrechts nicht als Störer einzustehen habe.

    Den unterbliebenen Hinweis des Beklagten gegenüber seinem damaligen Besucher auf das Verbot der Nutzung von Internet-Tauschbörsen zum Zweck des illegalen Einstellens urheberrechtlich geschützten Materials habe das Amtsgericht rechtsfehlerhaft nicht als Verhaltenspflichtverletzung des Beklagten gewertet. Der Beklagte habe durch die Überlassung seines Internetanschlusses an seinen Mitbewohner [Name] die Begehung des streitgegenständlichen Urheberrechtsverstoßes hierüber ermöglicht und damit einen kausalen Beitrag zu dem in Rede stehenden Urheberrechtsverstoß geleistet. Der BGH (Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens") habe die Haftung des Inhabers eines ungesicherten WLAN Anschlusses auch ohne konkreten Anlass bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses mit der Begründung bejaht, es sei nicht ganz unwahrscheinlich, dass unberechtigte Dritte einen unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss benutzten, um urheberrechtlich geschützte Werke im Internet in Tauschbörsen einzustellen. Eine Belehrungspflicht des Anschlussinhabers habe der BGH bei Überlassung des Internetanschlusses an volljährige Dritte nur unter der zusätzlichen Voraussetzung abgelehnt, dass es sich bei den Dritten um Familienmitglieder des Anschlussinhabers handele.

    Die Frage, ob eine Belehrungspflicht des Anschlussinhabers auch bei Überlassung des Anschlusses an volljährige Dritte, die nicht Familienangehörige des Anschlussinhabers seien, abzulehnen sei, habe er offen gelassen. Die Nutzung eines Internetanschlusses zu rechtswidrigem Filesharing sei keine ganz fernliegende Nutzung, an die der Anschlussinhaber nicht zu denken bräuchte. Vielmehr sei zumindest die abstrakte Kenntnis der Tauschbörsenproblematik unter Internetnutzern weit verbreitet. Darüber hinaus habe ein Anschlussinhaber die Vornahme von Filesharing-Urheberrechtsverletzungen über seinen Anschluss umso mehr zu befürchten, wenn sich der seinem Anschluss mit benutzende Dritte - wie hier - nur vorübergehend in Deutschland aufhalte und Filesharing-Handlungen im Heimatland des Dritten rechtlich nicht verfolgt würden.

    Mit weiterem Schriftsatz vom 05.04.2016 trägt sie vor, es sei zwar zutreffend, dass ihr der Gegenbeweis für die täterschaftliche Verantwortlichkeit des Beklagten nicht gelungen sei. Das führe aber nicht dazu, dass eine Haftung des Beklagten für die über seinen Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzung ausscheide. Insbesondere scheide eine Haftung nicht wegen Fehlens einer kausalen Pflichtverletzung des Beklagten aus. Denn die ernsthaft möglichen Geschehensabläufe, die zu der streitgegenständlichen Rechtsverletzung geführt haben könnten, seien auf diejenigen beschränkt, die der Beklagte zur Erschütterung der Tätervermutung im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkret aufgezeigt habe. In dem erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten seien konkrete Umstände zu einer möglichen Alleintäterschaft eines anderen Nutzers nur in Bezug auf den Mitbewohner [Name] dargelegt worden. Die ernsthafte Möglichkeit einer Alleintäterschaft eines weiteren Nutzers habe der Beklagte erstinstanzlich gerade nicht konkret dargetan. Sofern der Beklagten erstmalig in der Berufungsinstanz pauschal darauf verweise, der Zeuge [Name] habe den Internetanschluss einem Dritten zur Nutzung überlassen, könnte diese namentlich nicht benannte Person einen Rechtsverstoß hierüber, entgegen der ausdrücklichen Einlassung des Zeugen [Name], vorgenommen haben könnte, ist er mit diesen - ohnehin völlig unsubstantiierten - Vortrag in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.


    Die Klägerin beantragt,
    unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Kiel vom 20.11.2015, Aktenzeichen 120 C 77/15, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 965,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Er meint, seine Störerhaftung scheitere schon daran, dass die Klägerin die Rechtsverletzung durch seinen Mitbewohner [Name] nicht bewiesen habe. Zulasten des Zeugen [Name]; streite keine Tätervermutung. Der Zeuge [Name]; habe die Rechtsverletzung ihm - dem Beklagten - gegenüber zwar zugegeben, es entziehe sich aber seiner tatsächlichen Kenntnis, ob die Behauptung des Zeugen [Name] der Wahrheit entspreche. Es könne auch sein, dass der Zeuge [Name] einem Dritten Zugriff auf das Internet eingeräumt habe.

    Eine Störerhaftung komme aber auch dann nicht in Betracht, wenn der Zeuge [Name], die Rechtsverletzung begangen haben sollte. Die Haftung eines Anschlussinhabers als Störer setze die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Der Umfang dieser Prüfpflichten bestimme sich danach, ob und inwieweit dem Anschlussinhaber nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten sei. Bei einer Wohngemeinschaft bestehe keine anlasslose Verpflichtung, den Mitbewohner zu belehren. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze zu erwachsenen Familienangehörigen seien insoweit auch auf Mitbewohner anzuwenden (OLG Frankfurt am Main, GRUR- RR 2008,73 [74]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. März 2013, Az. 20 U 63/12, zitiert juris Rn. 29).

    Er behauptet nunmehr, sein Mitbewohner [Name] sei bei ihm Untermieter gewesen. Er meint, er habe mit der Untervermietung aber keine Verpflichtung zur Aufsicht übernommen. Prüfungs- und Kontrollpflichten könne der Hauptmieter, der die Räumlichkeiten und den Internetanschluss einem Mieter überlasse, zudem nicht erfüllen, wolle er nicht die im Rahmen des Mietverhältnisses geschuldete Unverletzlichkeit der Privatsphäre des Mieters verletzen. Eine Belehrungspflicht setze zudem voraus, dass die Überlassung des Anschlusses an einen Mitbewohner eine wahrscheinliche Gefährdung mit sich bringe, die es zu unterbinden gelte. Er habe jedoch mit einer Rechtsverletzung durch seinen Mitbewohner nicht rechnen müssen, weil aus dem Untermietverhältnis Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Untermieters folgten, die auch die ordnungsgemäße und rechtmäßige Nutzung des Internetanschlusses umfassten (so auch LG Köln, Urteil vom 14. März 2013, Az. 14 0 320/12, AG Leipzig, Urteil vom 07.08.2015, Az. 106 C 119/15, AG Bochum, Urteil vom 16.04.2014, Az. 67 C 57/14). Die Rechtsprechung des BGH zum ungesicherten WLAN-Anschluss sei auf diesen Fall nicht übertragbar, weil es dort um den Missbrauch durch unberechtigte Personen gegangen sei.



    Entscheidungsgründe

    Die Berufung ist unbegründet.



    I.

    Das Amtsgericht hat die Klage zurecht abgewiesen.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch aus § 97a Abs. 1 und Abs. 3 UrhG auf Erstattung der Aufwendungen für die anwaltliche Abmahnung. Die Abmahnung war nicht begründet. Denn die Klägerin hat nicht bewiesen, dass gegen den Beklagen ein Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG bestand und er zur Abgabe der strafbewerten Unterlassungserklärung verpflichtet war.


    1.

    Der Beklagte haftet nicht als Täter oder Teilnehmer wegen des öffentlichen Zugänglichmachens des Filmwerks [Name] auf Schadensersatz in Höhe von 500,00 EUR.

    Die Klägerin ist zur Behauptung, der Beklagte habe das Filmwerk über seinen Internetanschluss mittels eines Filesharingprogramms öffentlich zugänglich gemacht, beweisfällig geblieben. Der Beklagte hat diese Behauptung in zulässiger Weise bestritten. Er hat seine ihm obliegende sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem er mit seinem damaligen Mitbewohner [Name] eine Person mit ihrer ladungsfähigen Adresse namhaft gemacht hat, die ebenfalls als Täterin der Verletzungshandlung in Betracht kommt.

    Es ist zwischen den Parteien als unstreitig zugrunde zu legen, dass der damalige Mitbewohner des Beklagten, [Name], das Filmwerk [Name] über einen BitTorrent-Client heruntergeladen hat. Damit hat er das Filmwerk auch öffentlich zugänglich gemacht. Denn ein BitTorrent-Client ist ein Filesharing Programm zum Austausch von Dateien über das Internet. Für das Ansehen eines Films über einen solchen Client ist das vorherige Herunterladen (Download) des Filmwerks zwingend erforderlich, wodurch das Filmwerk zugleich anderen Nutzern dieses Filesharing-Programms zum Heruntergeladen angeboten wird, was ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG darstellt. Soweit der Beklagte erstmals mit der Berufungserwiderung vortragen lässt, sein Mitbewohner [Name] sei sein Untermieter gewesen und bestritten hat, dass dieser das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht habe, ist dieser Vortrag nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht zugrunde zu legen. Es handelt sich um neuen, von der Klägerin bestrittenen Vortrag, der nicht nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen ist.

    Die Klägerin hat aber auch eine Beteiligung des Beklagten an einer von dem damaligen Mitbewohner oder einem anderen Dritten begangenen Rechtsverletzung nicht dargetan. Als Teilnehmer haftet eine Person, wenn diese zur Rechtsverletzung anstiftet, also vorsätzlich einen anderen zur Begehung der Rechtsverletzung bestimmt, oder vorsätzlich einen Beitrag zur Tat eines anderen, also Beihilfe, leistet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere hat der Beklagte keinen Tatbeitrag geleistet, indem er seinem Mitbewohner den Zugang zu seinem Internetanschluss gewährte. Das Zurverfügungstellen des Computers oder der Internetverbindung ist sozial adäquat und gehört zum erlaubten Risiko, solange der Beklagte nicht mit Rechtsverletzungen durch den Benutzer rechnen musste. Dass der Beklagte voraussehen musste, dass sein Mitbewohner mit Hilfe eines Filesharingprogramms über den Internetanschluss ein Filmwerk öffentlich zugänglich macht, hat die Klägerin nicht dargelegt.


    2.

    Der Beklagte hat aber auch sonst - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - nicht irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen (Störerhaftung). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, Urteil vom 16.05.2013, I ZR 216/14, "Kinderhochstühle im Internet II", GRUR 2013, 1229 [1231], Rn. 34, zitiert Beck-online). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Hierzu gehören neben den sog. Prüf- auch Belehrungspflichten. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit die als Störerin in Anspruch genommenen Person nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung ihrer Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. 05.2010, I ZR 121/08, "Sommer unseres Lebens", NJW 2010, 2061 [2062] Rn. 19 m. N., zitiert Beck-online) oder eine Obliegenheit zur Überwachung des Benutzerverhaltens oder zur Belehrung trifft (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014, 1 ZR 169/12, "BearShare" GRUR 2014, 657 [659], Rn. 27, zitiert Beck-online).


    a)

    Der Beklagte hatte gegenüber seinem früheren Mitbewohner keine Aufsichtspflicht. Eine Belehrung oder Überwachung von volljährigen Personen ist grundsätzlich entbehrlich, weil sie - anders als bei minderjährigen Kindern, bei denen eine Belehrung wegen des vermuteten Fehlens eigener Urteilskraft notwendig ist - aufgrund eigener Einsicht und Verantwortlichkeit handeln (Borges, in: NJW 2014, 2305 [2308], zitiert Beck online). Im Kern geht es bei Schutzrechtsverletzungen über Internetanschlüsse um das Vertrauen in die Einhaltung von Rechtsnormen durch Dritte.

    Dieses Vertrauen ist grundsätzlich gerechtfertigt, soweit es nicht durch besondere Verdachtsmomente widerlegt wird oder die besondere Gefährlichkeit des Gegenstands zu besonderen Schutzmaßnahmen gegen rechtswidriges Verhalten zwingt (Borges, in: NJW 2014, 2305 [2307], zitiert Beck-online).

    Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Beklagte damit rechnen musste, dass sein Bewohner den Internetanschluss nutzen wird, um urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich zu machen. Mit der Überlassung des Internetanschlusses hat der Beklagte keine Gefahrenlage geschaffen. Ein Internetanschluss ist eine Versorgungseinrichtung, die im privaten Bereich in gleicher Weise wie ein Telefonanschluss Gästen bei Bedarf zur Verfügung gestellt wird (von Ungern - Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck-online unter Hinweis auf T. Koch, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.01.2014 I ZR 169/12 "BearShare" in: juris PR-ITR 16/2014 Anm. 4). Eine Gefahr kann erst haftungsbegründend werden, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (BGH, Urteil vom 25.02.2014, VI ZR 299/13, 2104 [2105] Rn. 9, zitiert Beck-online; von Ungern - Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck-online).

    Die Kammer teilt die Auffassung des Landgerichts Hamburg nicht, eine Belehrung durch den Anschlussinhaber sei dahingehend geboten, dass eine Nutzung von so genannten Internet-Tauschbörsen zum illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials wie insbesondere Filmen, Musik oder Computerspielen zu unterbleiben habe, weil eine Nutzung eines überlassenen Internetanschlusses zu rechtswidrigem Filesharing keine ganz fernliegende Nutzung sei, an die der Anschlussinhaber nicht zu denken bräuchte (LG Hamburg, Urteil vom 20. März 2015, Az. 310 S 23/14, Rn. 18, zit. Juris). Das Landgericht Hamburg verweist zur Begründung seiner Auffassung auf eine weit verbreitete abstrakte Kenntnis der Tauschbörsenproblematik unter Internetnutzern und auf die Schutzbedürftigkeit des Urheberrechts. Indessen ist die Kammer der Auffassung, dass eine allgemeine Missbrauchgefahr nicht auch eine allgemeine Überwachungs- oder Belehrungsobliegenheit gegenüber volljährigen Personen begründen kann. Ein Anschlussinhaber haftet grundsätzlich nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen Dritter, denen er den Zutritt in seinen Wohnbereich und damit verbunden die Nutzung seines Internetanschlusses gestattet hat, wenn er keine konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch hatte (von Ungern - Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck-online).


    b)

    Es bestand auch keine Belehrungsobliegenheit des Beklagten gegenüber seinem erwachsenen Mitbewohner. In seiner "BearShare"-Entscheidung hat der BGH zur Beurteilung, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung einer Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten sei, auch berücksichtigt, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruhte. Im Unterschied zum Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde lag, bestand zwischen dem Beklagten und seinem Mitbewohner keine solche Verbundenheit. Indessen kann nicht angenommen werden, bei Fehlen einer familiären Bindung oder eines besonderen Vertrauensverhältnisses sei eine Belehrung von erwachsenen Personen grundsätzlich geboten, damit der Anschlussinhaber seinen Verkehrspflichten genüge. Wer anderen Zutritt in seinen privaten Wohnbereich gestattet, in dem er einen Internetanschluss unterhält, darf bei volljährigen Personen im Allgemeinen davon ausgehen, dass sein Vertrauen nicht missbraucht wird (von Ungern - Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck online).

    Dieses Vertrauen ist grundsätzlich gerechtfertigt, soweit es nicht durch besondere Verdachtsmomente widerlegt wird (Borges, in: NJW 2014, 2305 [2307]). Solche Anhaltspunkte bestehen grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind oder hätten bekannt sein können (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.03 2013, Az. 1-20 U 63/12, Az. 20 U 63/12, zit. Juris Rn. 29; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, Az. 11 W 58/07, zit. Juris Rn. 16). Solange keine Umstände vorliegen, die den Verdacht eines rechtswidriges Verhaltens begründen, kann der Anschlussinhaber davon ausgehen, dass jeder Erwachsene weiß, dass es verboten ist, das Internet für Urheberrechtsverletzungen zu nutzen, und dass sich sein Gast dementsprechend verhält. Es wäre dem Anschlussinhaber unzumutbar, anders als etwa bei der Nutzung des Telefonanschlusses, beim Internetanschluss ein besonderes Misstrauen zu entwickeln und offen zu legen (von Ungern - Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck online).

    Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine solche Belehrungspflicht nicht auf das Unterlassen von rechtswidrigem Filesharing zu beschränken wäre, sondern anlasslos auch für andere rechtswidrige Nutzungen und Verhaltensweisen zu gelten hätte. Das würde zu einer unzumutbaren Ausweitung von Belehrungs- und Überwachungspflichten führen. Es wäre nicht nur darüber zu belehren, dass bei einer Nutzung von Verkaufsplattformen, sozialen Medien oder anderen Diensten kein urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht oder auf andere Weise genutzt werden dürften. Vielmehr wären zur ordnungsgemäßen und vollständigen Belehrung weitere rechtswidrige Handlungen bei der Internetnutzung, wie Straftaten gegen die Ehre bei der Benutzung von Internetmedien (Twitter, WhatsApp Web) oder eine Beteiligung an Straftaten, in Betracht zu ziehen. Um seiner Belehrungspflicht zu genügen, müsste der dem Nutzer bei jeder auch nur vorübergehenden Überlassung des Internetzugangs an Dritte Auskunft über die beabsichtigte Nutzung verlangen, um die Notwendigkeit und den Umfang einer Belehrung ermessen zu können. Das ist nicht mehr verhältnismäßig.

    Die Überlassung eines Internetanschlusses an einen Dritten zur selbstständigen Nutzung ist mit dem Betrieb eines unzureichend gesicherten WLAN-Netzes nicht vergleichbar. Denn der Anschlussinhaber geht mit dem Betrieb eines ungesicherten WLAN-Anschlusses das Risiko ein, dass sich eine ihm unbekannte und unbestimmte Zahl von Personen einen nicht kontrollierbaren Zugang zu seinem Internetanschluss verschafft. Im Unterschied zur Gestattung des Internetzugangs für Dritte in den Räumen des Anschlussinhabers an ihn namentlich bekannte Personen besteht für den Anschlussinhaber eines ungesicherten WLAN-Anschlusses keine Möglichkeit, diesen Zugang zum Internet und dessen Nutzung zu überwachen oder die Nutzer nach Rechtsverletzungen namhaft zu machen.


    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

    Die Anordnung zur der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


    III.

    Die Zulassung der Revision erfolgt aufgrund von § 543 Abs. 1, Abs, 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO.

    Die Revision ist zuzulassen, weil durch den Bundesgerichtshof bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden worden ist, ob der Inhaber eines Internetanschlusses vor dessen Überlassung an einen volljährigen Dritten diesen über die Grenzen der rechtlich zulässigen Nutzung zu belehren hat. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob und inwieweit seine Ausführungen zur Störerhaftung des Anschlussinhabers bei einer Überlassung des Internetanschlusses an andere ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, bislang offengelassen (BGH, Urteil vom 08.01. 2014 - I ZR 169/12 - "BearShare", Rn. 28, zit. Juris).


    IV.

    Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2, § 48 GKG.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Landgericht Flensburg
    Südergraben 22
    24937 Flensburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Flensburg, Urteil vom 27.05.2016, Az. 8 S 48/15,
Vorinstanz: AG Kiel, Urteil vom 20.11.2015; Az. 120 C 77/15,
sekundäre Darlegungslast,
Wohngemeinschaft,
WG,
Klage Sasse & Partner,
Berufung Sasse & Partner,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
WG-Mitbewohner

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10733 Beitrag von Steffen » Samstag 16. Juli 2016, 08:45

Hallo @Mistreaded,

was erwartest du denn? Es ist sehr schwer zu folgen, was du beantwortest haben möchtest!

1ööüüää1

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10734 Beitrag von Steffen » Sonntag 17. Juli 2016, 09:37

Hallo @Mistreaded,

glaube mir, in puncto Gesundheit bzw. Krankheit kann ich Nachvollziehen, was du durchlebst. Nur ändert es nichts daran, dass man auf eine direkte Frage sicherlich auch eine direkte Antwort erhält.

Ansonsten wünsche ich dir nur gute Nachrichten.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10735 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. Juli 2016, 04:44

[quoteemMistreaded]Ändert sich doch noch was?[/quoteem]
Wa soll sich denn mit der Pressemitteilung - genau - ändern?

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#10736 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. Juli 2016, 15:23

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte:
Filesharing über Familienanschluss -
Sieg vor dem Amtsgericht Rostock




15:20 Uhr



Eltern die als Anschlussinhaber eine Abmahnung wegen Filesharing erhalten, sollten sich nicht von der Musikindustrie einschüchtern lassen. Das gilt auch, wenn sich die volljährigen Kinder - etwa wegen eines Studiums - nur noch zeitweise zu Hause aufgehalten haben. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichtes Rostock, die zu Gunsten von unserem Mandanten ergangen ist.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ock-68372/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Unserem Mandanten war im Rahmen einer Abmahnung von der Kanzlei Rasch Rechtsanwälte vorgeworfen worden, dass er das Musikalbum "Back to Black" der Künstlerin "Amy Winehouse" illegal über eine Tauschbörse im Internet verbreitet haben soll. Obwohl seine Frau und die volljährige Tochter bei Besuchen während der Semesterferien den Anschluss frei nutzen konnten, verklagte Rasch Rechtsanwälte im Auftrage von der Universal Music GmbH unseren Mandanten. Er forderte 2.200,00 Euro Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von angeblich 1.005,40 Euro. Rasch Rechtsanwälte bestritt dabei, dass die Urheberrechtsverletzung durch einen Familienangehörigen begangen worden war.

Doch das Amtsgericht Rostock sah das anders und wies im Filesharing Verfahren die Klage von Rasch mit Urteil vom 29.06.2016 (Az. 49 C 42/15) ab.



Keine "kriminalistische Aufklärungsarbeit" gegenüber nahen Angehörigen

Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz scheitert daran, dass wir darauf verwiesen haben, dass sowohl die Ehefrau als auch die Tochter ebenfalls den Internetanschluss unseres Mandanten genutzt haben. Von daher kommen sie ebenfalls als Täter infrage. In diesem Zusammenhang gab der Gericht zu bedenken, dass vom Abgemahnten keine "kriminalistische Aufklärungsarbeit" gegenüber seinen eigenen Familienangehörigen erwartet werden darf. Denn dies verstößt gegen den besonderen Schutz der Familie, der im Grundgesetz verankert ist. Mit anderen Worten: Familienangehörige brauchen nichts ans Messer der Abmahnindustrie geliefert zu werden.



Filesharing Störerhaftung scheidet wegen Volljährigkeit aus

Darüber hinaus kommt eine Inanspruchnahme des Anschlussinhabers für die Abmahnkosten im Wege der Störerhaftung nicht infrage. Denn sowohl der Sohn wie die eigene Ehefrau sind volljährig gewesen. Hier besteht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gewöhnlich weder eine Belehrungspflicht, noch eine Überwachungspflicht des abgemahnten Anschlussinhabers gegenüber seinen nahen Angehörigen.



Fazit

Aufgrund dieser Rechtsprechung von vielen Gerichten sollten wegen Filesharing abgemahnte Anschlussinhaber keinesfalls vorschnell zahlen. Vielmehr sollten sie sich umgehend mit einer Rechtsanwaltskanzlei oder einer Verbraucherzentrale in Verbindung setzen. Das gilt übrigens nicht für Inhaber von Familienanschlüssen, sondern auch für Abgemahnte, die in einer Wohngemeinschaft leben. Dies hat etwa jüngst das Landgericht Flensburg in einer ebenfalls von unserer Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erstrittenen Entscheidung klargestellt (LG Flensburg, Urteil vom 27.05.2016 - Az. 8 S 48/15), die mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Einklang steht (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - Az. I ZR 75/14).(HAB)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Rostock, Urteil vom 29.06.2016, Az. 49 C 42/15,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
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Klage Rasch Rechtsanwälte

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#10737 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. Juli 2016, 15:51

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte: Filesharing Sieg - Tochter braucht nicht ihren Eltern nachzuspionieren


15:50 Uhr


Unsere Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE hat einen weiteren Filesharing Sieg errungen. Das Amtsgericht Düsseldorf hat eine Klage von der Kanzlei SKW Schwarz abgewiesen, weil die Eltern unserer Mandantin ebenfalls Zugriff auf ihren Internetanschluss gehabt haben.


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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ren-68379/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Die Kanzlei Rechtsanwälte SKW Schwarz hatte unserer Mandantin als Anschlussinhaberin eine Abmahnung zukommen lassen. In dieser warfen sie ihr vor, dass sie den Film "Killing Them Softly" illegal über ein Filesharing Netzwerk zum Download angeboten haben soll. Sie sollte für die angeblich entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 1005,40 Euro aufkommen.

Hiergegen haben wir erfolgreich vorgebracht, dass unsere Mandantin des Internetanschlusses gemeinsam mit ihrem Stiefvater und ihrer Mutter genutzt hat. Dabei erfolgte der Zugriff über den im Wohnzimmer befindlichen Familien PC. Alle Mitglieder dieser Familien haben das Internet regelmäßig täglich genutzt und verfügten zumindest über PC-Grundkenntnisse.



Filesharing: Keine Täterschaftsvermutung bei Familienanschluss

Das Amtsgericht Düsseldorf sah daher die Klage von SKW Schwarz mit Urteil vom 05.07.2016 (Az. 11 C 3/16) als unbegründet an. Dies begründete das Gericht damit, dass bei dem Zugriff von Familienmitglieder keine Vermutung der Täterschaft bezüglich des Anschlussinhabers besteht. Denn die allgemeine Lebenserfahrung spricht dafür, dass dieser von der gesamten Familie benutzt wird.



Keine strengen Anforderungen an sekundäre Darlegungslast

Darüber hinaus genügte unser Tatsachenvortrag der sekundären Darlegungslast. Aufgrund dessen kommen nämlich die Eltern ernsthaft als mögliche Täter in Betracht. Zu Recht verweist das Gericht darauf, dass die Anforderungen an das Verteidigungsvorbringen des abgemahnten Anschlussinhabers nicht zu hoch sein dürfen. Es reicht aus, wenn der Anschlussinhaber in groben Zügen Auskunft über die Internetkenntnisse sowie den zeitlichen Umfang der Internetnutzung der Familienmitglieder erteilt. Dies ist hier laut Amtsgericht Düsseldorf geschehen. Darlegungen zum konkreten Nutzerverhalten sind hingegen entbehrlich.



Störerhaftung scheidet wegen Volljährigkeit der Eltern aus

Eine Heranziehung im Wege der Störerhaftung scheitert daran, dass die Eltern als Mitnutzer volljährig sind. Infolgedessen besteht normalerweise weder eine Belehrungspflicht, noch eine Überwachungspflicht der Tochter als Inhaberin des Internetanschlusses.



Fazit

Diese lebensnahe Entscheidung des Amtsgerichtes Düsseldorf begrüßen wir sehr. Sie reiht sich in die vielen Erfolge ein, die unserer Kanzlei bereits in Filesharing Verfahren für ihre Mandanten erzielt hat. Gerade bei einem gemeinsam genutzten Anschluss haben die abgemahnten Anschlussinhaber nach der Rechtsprechung oft gute Karten. Aber auch bei Singles gibt es häufig entlastende Umstände. So muss etwa sorgfältig geprüft werden, ob die Filesharing Ermittlungssoftware des Rechteinhabers wirklich sorgfältig gearbeitet hat. Denn nur dann wird der richtige Anschlussinhaber ermittelt und abgemahnt. Zuweilen haben aufgrund von Pannen Unschuldige eine Filesharing Abmahnung erhalten. Von daher sollten Sie sich beraten lassen. (HAB)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2016, Az. 11 C 3/16,
Klage Rechtsanwälte SKW Schwarz,
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AG Saarbrücken, Az. 121 C 34/15 (09)

#10738 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. Juli 2016, 18:47

WALDORF FROMMER: Sachverständigengutachten attestiert erneut ordnungsgemäße Ermittlung - Amtsgericht Saarbücken verurteilt Anschlussinhaber aufgrund seines unplausiblen Vortrags


18:50 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlicher Filmaufnahmen

In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Saarbrücken hatte sich der beklagte Anschlussinhaber mit dem Einwand zu verteidigen versucht, dass er sich zum Verletzungszeitpunkt zusammen mit seinem Lebensgefährten außer Haus auf einer Party aufgehalten habe und der einzige im Haushalt befindliche Computer ausgeschaltet gewesen sei. Da somit niemand Zugriff auf den Internetanschluss habe nehmen können, seien die Ergebnisse des Ermittlungssystems "Peer-to-Peer Forensic System (PFS)" wohl fehlerhaft und es müsse sich um eine "Verwechslung" handeln.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... -vortrags/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _15_09.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Nach Einholung eines umfangreichen Sachverständigengutachtens zu dem verwendeten Ermittlungssystem stand jedoch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt ist.
  • "Die Klägerseite hat nachgewiesen, dass der Film über die gegenständliche IP-Adresse zu dem Vorwurfszeitraum in einem Peer-to-Peer-Netzwerk angeboten wurde. Nach dem Gutachten des Sachverständigen [...] ist das eingesetzte Ermittlungssystem der ipoque GmbH, zwischenzeitlich Digital Forensics, zur Ermittlung des betreffenden Verstoßes geeignet."
Auch etwaigen Spekulationen hinsichtlich eins Fehlers in der Beauskunftung durch den Internetprovider des Beklagten erteilte das Gericht eine Absage.
  • "Weiter steht fest, dass die festgestellte IP Adresse zum Vorfallszeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet werden kann. Denn die Klägerin hat im Beauskunftungsverfahren zu zwei verschiedenen Zeitpunkten die IP Adresse beauskunften lassen. Zu beiden Zeitpunkten war diese dem Anschluss des Beklagten zugeordnet. Im Beauskunftungsverfahren hat das Landgericht München keine Fehler der Auskunft moniert. Auch der Beklagte hat das Beauskunftungsverfahren selbst nicht angegriffen. Die Feststellungen aus diesem Verfahren gelten mithin als erwiesen. [...]

    Der Fehler, den der Sachverständige insofern theoretisch dennoch für möglich hält, ist ein Divergieren der Zeitstempel in den Datenbanken von ipoque und [Providername] um Millisekunden, so dass zum Beauskunftungszeitpunkt die festgestellte dynamische Adresse gerade dem Beklagten zugewiesen wurde, unmittelbar bevor oder nachdem der Verstoß unmittelbar zuvor von einem anderen Nutzer von [Providername] begangen wurde, dem diese IP-Adresse zuvor oder danach zugewiesen war.

    Bei einer sehr großen Zahl von dynamischen IP-Adressen, die der Provider [...] seinen Kunden beim Einloggen zuweist, wäre es im Ergebnis schon völlig unwahrscheinlich, dass dem Beklagten 2x hintereinander dieselbe Adresse zugewiesen wird. Fast sicher ausgeschlossen ist es aber, dass der Beklagte zufällig bei der ersten Beauskunftung gerade unmittelbar vor und bei der zweiten Beauskunftung unmittelbar nach dem Verstoß eines Dritten falsch beauskunftet wird. Denn mit einer Gangdifferenz beider Systeme wäre dies nicht mehr zu erklären, da die Fehlzuordnung in einem Fall zu früh, im zweiten aber zu spät erfolgt sein müsste.

    lm Übrigen hat die ipoque GmbH den Mitschnitt mit derselben IP-Adresse für die gesamte benannte Dauer festgestellt. Damit ist im Sinne des § 286 ZPO festgestellt, dass die IP Adresse im gesamten Verstoßzeitraum dem Beklagtenanschluss zuzuordnen ist. lm Ergebnis kann der theoretisch denkbare Fehler bezüglich der Zeitdatenbanken daher auch ausgeschlossen werden."
Auf Basis der ordnungsgemäßen Ermittlung der Rechtsverletzung kam das Gericht zu dem Schluss, dass der gesamte Vortrag des Beklagten unplausibel ist. Denn nach dem Vorbringen des Beklagten war es ausgeschlossen, dass die Rechtsverletzung über seinen Anschluss stattgefunden hätte. Denn weder er selbst noch sein Lebensgefährte hätten die Rechtsverletzung begangen, so der Beklagte. Weitere Nutzer des Internetanschlusses hat es zum fraglichen Zeitpunkt jedoch nicht gegeben.

Daher haftet der Beklagte als Anschlussinhaber für die über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung, so das Gericht in seinen Urteilsgründen. Der Verweis auf eine vermeintliche Ortsabwesenheit sei jedenfalls nicht geeignet, die gegen den Anschlussinhaber streitende tatsächliche Vermutung zu entkräften.

Der Beklagte hat nunmehr nicht nur Schadenersatz zu zahlen und die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten. Er hat vielmehr auch für die Kosten des Rechtsstreits (inkl. Reisekosten sowie der Kosten des Sachverständigengutachtens) in Gesamthöhe von über 9.000,00 EUR aufzukommen.






AG Saarbrücken, Urteil vom 06.07.2016, Az. 121 C 34/15 (09)


  • (...)
    - Ausfertigung -

    121 C 34/15 (09)


    Verkündet am 06.07.2016
    [Name], Richter am Amtsgericht
    als Richter am Amtsgericht


    Amtsgericht Saarbrücken



    Urteil


    Im Namen des Volkes


    In dem Rechtsstreit

    [Name]
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Waldorf und Kollegen, Beethovenstraße 12, 80336 München,


    gegen

    [Name]
    Beklagter

    Prozessbevollmächtigter: [Name],


    wegen Urheberrechtsverletzung


    hat das Amtsgericht Saarbrücken durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2016 am 06. Juli 2016

    für Recht erkannt:

    • 1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 03.11.2014 bleibt aufrecht erhalten.
      2. Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Tatbestand


    1.

    Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung am [Datum] durch Filesharing betreffend das Werk [Name]. Die Klägerin vertreibt Filme; der Beklagte ist Individualperson.

    Der Film ist aktuell in dem Sinne, dass seine Erstveröffentlichung auf DVD in Deutschland weniger als 6 Monate vor dem [Datum] erfolgte.

    Die Klägerin hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt. Der Beklagte hat die angeforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung uneingeschränkt abgegeben, den eingeforderten Schadenersatz und die Anwaltskosten der Abmahnung indes nicht bezahlt, dies trotz mehrerer Mahnungen.

    Die Klägerseite macht neben 600,00 EUR Schadenersatz 506,00 EUR Anwaltskosten für die Abmahnung, nämlich eine 1,0 Gebühr aus 10.000,00 EUR Streitwert geltend.


    2.

    Die Klägerin behauptet, ihr stünden aus einer Urheberrechtsverletzung des Beklagten 600,00 EUR an Schadenersatz zu. Sie habe die exklusiven Urheberrechte für Deutschland an dem betreffenden Werk nach §§ 16, 17, 19a UrhG, vor allem in Bezug auf Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung Sie legt eine Farbkopie der DVD-Hülle und der DVD selbst, sowie ein Werkstück der DVD vor.

    Der Preis pro legalem Download habe mim Durchschnitt bei 8,00 EUR gelegen, bei aktuellen Werken bis zu 6 Monate nach deren Erstveröffentlichung bei 13,99 EUR inkl. MwSt. bzw. 11,76 EUR ohne MwSt. Eine Lizenz für einen solchen Download erlöse 50% des Nettoverkaufspreises, also 5,88EUR (50% von 11,76 EUR).

    Die ipoque GmbH, Neumarkt 29 - 33, 04109 Leipzig, habe festgestellt, dass über die IP-Adresse [IP] am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr eine Datei mit dem Hashwert des Filmwerks in einem BitTorrent-Netzwerk (Tauschbörse) zum Download angeboten worden sei.

    Das Gestattungsverfahren vor dem Landgericht [Name] habe die Auskunft erbracht, dass diese IP-Adresse [Provider] zugewiesen war; [Provider] habe für zwei angefragte Zeitpunkte ([Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr an diesem Tag) den Beklagten unter der Adresse [Anschrift] als Anschlussinhaber beauskunftet.

    Die Beklagtenseite sei mithin für die in dieser Zeit getätigten Downloads ersatzpflichtig, auch soweit diese nur teilweise erfolgten, sowie für die Derivate dieser Downloads und deren Derivate. In Tauschbörsen fanden Filme eine exponentielle Verbreitung.

    Sie beantragt,
    wie erkannt.



    3.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids abzuweisen.


    Er behauptet, weder er noch sein Lebenspartner seien zum Tatzeitpunkt zu Hause gewesen. Beide schieden als Täter aus.


    4.

    Dem streitigen Verfahren ging ein Vollstreckungsbescheid voraus. Darin sind 600,00 EUR Schadenersatz, 506,00 EUR Anwaltskosten für die Abmahnung und 228,00 EUR Rechtsanwaltskosten ausgeurteilt. Der Vollstreckungsbescheid wurde dem Beklagten am 06.01.2015 zugestellt; Einspruch ging am 08.01.2015 ein. Aufgrund eines Verwaltungsfehlers wurde das Mahnverfahren zunächst in zwei Verfahren aufgeteilt; diese wurden durch Verbindung zusammengelegt.

    Auf die gewechselten Schriftsatze wird ergänzend verwiesen.

    Das Gericht hat den Beklagten angehört und ein Gutachten des Sachverständigen eingeholt.



    Entscheidungsgründe


    I.

    Der Einspruch ist zulässig, insbesondere nicht verfristet.


    II.

    Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das AG Saarbrücken nach § 104a, 105 UrhG zuständig.


    III.

    Die Klage ist vollumfänglich begründet.


    1.

    Der Beklagte der Klägerin in ausgeurteiltem Umfang auf Schadenersatz als Täter einer Urhebernebenrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung von Filmwerken nach §§ 89 Abs. 1, 94 Abs. 1, 97 Abs. 2, 19a UrhG.


    a)

    Die Klägerin hat die ausschließlichen Nutzungsrechte §§ 16, 17, 19a UrhG an dem gegenständlichen Filmwerk.

    Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin Filmherstellerin des betreffenden Filmwerks ist oder diese Rechte im Sinne des § 89 Abs. 1 UrhG eingeräumt erhalten hat, jeweils in dem Sinne, dass ihr nach § 94 Abs. 1 UrhG die für einen Schadenersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG notwendigen Ausschließlichkeitsrechte zustehen.

    Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin hinreichende Indizien für die Rechteinhaberschaft vorgelegt hat. Insbesondere hat sie die Kopie eines DVD Covers sowie später die DVD selbst nebst Hülle vorgelegt. Auf diesen Werkstücken ist die Klägerin durch ein "©" als Inhaberin der Urheberrechte ausgewiesen.

    Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Indizien ausreichen, die Wirkungen des § 10 UrhG unmittelbar auszulösen. Zweifel daran bestehen weiterhin, weil die DVD-Rechte separat von den sog. Internet-Rechten, also den Aufführungs- bzw. digitalen Vervielfältigungsrechten, vermarktet werden können.

    Denn es liegt technisch ein Geständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO mangels konkreten Bestreitens vor.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Vorlage von Indizien auf die Rechteinhaberschaft durch denjenigen, der die Rechteinhaberschaft behauptet, wenigstens zu einer Verschiebung der Vortragslast, nämlich dazu, dass ein pauschales Bestreiten der Rechteinhaberschaft durch den möglichen Verletzer nicht mehr ausreicht. Es bedarf in solchen Fällen vielmehr eines konkreten Bestreitens der Rechteinhaberschaft, wobei sich der Grad der Konkretheit des Bestreitens am Grad der Konkretheit des Vortrags zu orientieren hat. Im gegenständlichen Fall wäre es Sache des Beklagten gewesen, öffentlich zugängliche Datenbanken zu benennen, welche einen anderen Urheber als die Klägerin benennen.

    Die Beklagtenseite hat die Rechteinhaberschaft der Klägerin indes nur pauschal bestritten. Sie hat auch die Echtheit der DVD-Hülle nicht bestritten; dies reicht nicht aus, um den Anscheinsbeweis zu entkräften. Im Übrigen weisen auch öffentlich zugängliche Quellen wie etwa "www.amazon.de" die Klägerin als Rechteinhaberin aus.


    b)

    Der gegenständliche Film hat die erforderliche Schöpfungshöhe für ein Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr, 6 UrhG erreicht. Es handelt sich um einen Zeichentrickfilm mit einer Spieldauer von mehr als 80 Minuten.


    c)

    Die Klägerseite hat nachgewiesen, dass der Film über die gegenständliche IP-Adresse zu dem Vorwurfszeitraum in einem Peer-to-Peer-Netzwerk angeboten wurde. Nach dem Gutachten des Sachverständigen [Name] ist das eingesetzte Ermittlungs-System der ipoque GmbH, zwischenzeitlich Digital Forensics, zur Ermittlung des betreffenden Verstoßes geeignet. Die Netzwerkkarte protokolliere passiv den vollständigen Datentransfer zwischen dem Agent-Provokateur-Client und dem Täter-Client. Aus den so festgestellten Protokolldateien habe der Sachverständige ermitteln können, dass tatsächlich das gegenständliche Werk zum Download angeboten worden sei. Die einzelnen heruntergeladenen Datenpakete hätten festgestellt werden können. Zusammengesetzt hätten sie das gegenständliche Werk ergeben. Es stehe aufgrund des Mitschnitts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass über die o.g. IP Adresse das gegenständliche Werk angeboten worden sei.

    Der Sachverständige lässt nur drei Möglichkeiten offen, welche dem Anschluss des Beklagten fehlerhaft die Verbindung zuschrieben. Ausscheiden kann dabei der Betrieb eines Anonymisierungsservers oder Proxyservers wie Tor. Dazu hat der Beklagte nichts vorgetragen. Ebenso kann der Betrieb eines ungesicherten WLAN's ausscheiden. Denn auch dazu hat der Beklagte nichts vorgetragen. Auch die letzte Möglichkeit einer Fehlzuordnung scheidet aus; diese liegt indes nicht in einem Fehler des, sondern betrifft den folgenden Punkt der Beauskunftung.

    Die Beklagtenseite hat das Gutachten technisch nicht angegriffen Der Gutachter hat bislang weder Gutachten der Rechteinhaberseite, noch der Abwehrseite erstattet. Er ist bei der IHK München vereidigt und erstattet Gutachten für Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland. Weder seine Sachkompetenz noch seine Neutralität unterliegen damit Anfechtungen. Der technische Inhalt des Gutachtens war nach vollziehbar, so dass sich das Gericht das Gutachten vollumfänglich zu Eigen macht.


    d)

    Weiter steht fest, dass die festgestellte IP Adresse zum Vorfallszeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet werden kann. Denn die Klägerin hat im Beauskunftungsverfahren zu zwei verschiedenen Zeitpunkten die IP Adresse beauskunften lassen. Zu beiden Zeitpunkten war diese dem Anschluss des Beklagten zugeordnet. Im Beauskunftungsverfahren hat das Landgericht München keine Fehler der Auskunft moniert Auch der Beklagte hat das Beauskunftungsverfahren selbst nicht angegriffen Die Feststellungen aus diesem Verfahren gelten mithin als erwiesen.

    Der Fehler, den der Sachverständige insofern theoretisch dennoch für möglich hält ist ein Divergieren der Zeitstempel in den Datenbanken von ipoque und [Name] um Millisekunden, so dass zum Beauskunftungszeitpunkt die festgestellte dynamische Adresse gerade dem Beklagten zugewiesen wurde, unmittelbar bevor oder nachdem der Verstoß unmittelbar zuvor von einem anderen Nutzer von [Name] begangen wurde, dem diese IP-Adresse zuvor oder danach zugewiesen war.

    Bei einer sehr großen Zahl von dynamischen IP-Adressen, die der Provider - in diesem Falle [Provider] - seinen Kunden beim Einloggen zuweist, wäre es im Ergebnis schon völlig unwahrscheinlich, dass dem Beklagten 2x hintereinander dieselbe Adresse zugewiesen wird. Fast sicher ausgeschlossen ist es aber, dass der Beklagte zufällig bei der ersten Beauskunftung gerade unmittelbar vor und bei der zweiten Beauskunftung unmittelbar nach dem Vorstoß eines Dritten falsch beauskunftet wird. Denn mit einer Gangdifferenz beider System wäre dies nicht mehr zu erklären, da die Fehlzuordnung in einem Fall zu früh im zweiten aber zu spät erfolgt sein müsste. Im Übrigen hat die ipoque GmbH den Mitschnitt mit derselben IP-Adresse für die gesamte benannte Dauer festgestellt. Damit ist im Sinne des § 286 ZPO festgestellt, dass die IP Adresse im gesamten Verstoßzeitraum dem Beklagtenanschluss zuzuordnen ist.

    Im Ergebnis kann der theoretisch denkbare Fehler bezüglich der Zeitdatenbanken daher auch ausgeschlossen werden.


    e)

    Die klagende Partei konnte der beklagten Partei auch die Täterschaft einer Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 2 UrhG in dem Sinne nachweisen, dass sie vorsätzlich oder fahrlässig das dem Urheberrecht verwandte Schutzrecht für Filmhersteller dadurch verletzt hat, dass sie dem ausschließlichen Recht der klagenden Partei auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zuwider gehandelt hat. Die klagende Partei konnte nachweisen, dass die beklagte Partei das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich gemacht hätte, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich war.


    aa)

    Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, tragen die Rechteinhaber "nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte zu 1 Täter oder Teilnehmer der von ihnen behaupteten Urheberechtsverletzung ist." (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12 -, juris - "Morpheus", Rn, 32).


    bb)

    Ihrer Darlegungslast ist die klagende Partei nachgekommen, nachdem sie vortrug, die Rechtsverletzung sei über den Anschluss des Beklagten erfolgt. Mehr kann ein Rechteinhaber typischerweise im ersten Schritt nicht vortragen, denn ihm ist der Blick in die familiären und Wohnverhältnisse eines Anschlussinhabers verwehrt.


    cc)

    Aus dem Sachvortrag des Beklagten folgt indes bereits ein Geständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO. So nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, dass den in Anspruch genommenen Inhaber eines DSL-Anschlusses eine sekundäre Darlegungslast trifft, wenn - nach den üblichen prozessual Regeln des Zivilprozesses feststeht, dass eine Rechtsverletzung über seinen Anschluss erfolgte:

    • "16 cc) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 12 - "Sommer unseres Lebens"); dieser hat er jedoch entsprochen.

      17 (1) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstande und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - I ZR 140/10, GRUR 2012 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 -" Vorschaubilder II", mwN). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen den primär darlegungsbelasteten Klägerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung seines Internetanschlusses erfüllt.

      18 (2) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 - 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246, LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG München 1, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, "TranspR" 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München I, MMR 2013, 396)." (BGH, GRUR 2013, 511Rn. 33 f. "Morpheus")."

      (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 - I ZR 169/12 -, juris - "BearShare", Rn. 16-18)
    Der in Anspruch Genommene genügt also seinen Pflichten nur, wenn er (1) die zugangsberechtigten Personen benennt, die (2) als Täter in Betracht kommen, und (3) die Nachforschungen wie im Transportrecht anstellt. Dabei sind die Einzelheiten rechtlich höchst umstritten.

    Der Beklagte hat aber keinen Infrage kommenden Dritten benannt. Zwar gab er an, mit einem Lebenspartner zusammen zu wohnen. Diesen schloss er als Täter aber aus Auch hat er keine Nachforschungen angestellt, als es zur Abmahnung kam. Jedenfalls hat er nichts dergleichen vorgetragen.


    dd)

    Die klagende Partei wäre im übrigen auch ihrer o.g. Beweislast nachgekommen.


    (1)

    So greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung gegen den Inhaber eines Internetanschlusses:

    • "Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. Urteil vom 12 Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 - "Sommer unseres Lebens"). Da die Beklagten Inhaber des Internetanschlusses sind, über den die Musikstücke nach Darstellung der Klägerinnen in Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht wurden, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie für die von den Klägerinnen behauptete Verletzung ihrer Rechte verantwortlich sind."
      (BGH, Urteil vom 15. November 2012 I ZR 74/12 -, juris - "Morpheus", Rn. 33)
    Nach Auffassung des erkennenden Gerichts greift diese Vermutung grundsätzlich Platz, und zwar unabhängig davon, ob der Internetanschluss von einer alleinstehenden Person, in einer Familie oder in einer Wohngemeinschaft betrieben wird. Da die beklagte Partei eingeräumt hat, zur relevanten Zeit Inhaber des Internetanschlusses gewesen zu sein, streitet die genannte Vermutung grundsätzlich für die klagende Partei.


    (2)

    Der Beklagtenseite ist es nicht gelungen, die Vermutung zu entkräften. Der Vollbeweis der Ausnahme von der Vermutung hätte dabei der beklagten Partei oblegen. Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden.

    • "Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - 1 ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 und 13 - Sommer unseres Lebens) oder - wie hier - bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, GRUR 2013, 511Rn. 33 f. - "Morpheus")."

      (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 - I ZR 169/12 -, juris - "BearShare", Rn. 15)
    Aus dieser Formulierung blieb offen, welche Partei notfalls welche Behauptung beweisen muss.

    Nach der vom Bundesgerichtshof in Morpheus (aao) gewählten Formulierung "tatsächliche Vermutung" kann es sich bei dieser Beweiserleichterung für den Rechteinhaber nicht lediglich um eine wegen typischen Geschehensablaufs nach allgemeiner Lebenserfahrung vorliegende Anscheinsbeweisregel handeln, deren Eingangstatsache die Inhaberschaft eines Internetanschlusses ist.

    Die Regeln für den Beweis prima fade (z.B. bei Thomas / Putzo, ZPO, § 286, Rn. 12ff.) können also nicht unmittelbar gelten Der Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, dass die gegnerische Partei konkrete Tatsachen behauptet und nötigenfalls beweist (BGHZ 8, 239), aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs ergibt (vgl. BGH VersR 1995, 723 zur Frage der Ernsthaftigkeit). Alternativ können die Eingangstatsachen des Anscheinsbeweises bestritten werden.

    Aus der im Vergleich zum Anscheinsbeweis stärkeren "Vermutung" folgt jedenfalls, dass die Anforderungen für eine Erschütterung diejenigen für eine Erschütterung des Beweis des ersten Anscheins nicht unterschreiten dürfen. Damit ist ausgeschlossen, dass die in Anspruch genommene Partei die Vermutung durch den bloßen streitigen Vortrag von alternativen Umständen entkräften kann. Allerdings erfordert die Entkräftung der Vermutung nicht zwingend den Vollbeweis des Gegenteils - also die Widerlegung der Täterschaft - nach § 286 Abs. 1 ZPO.

    Es bedarf und genügt zur Erschütterung der Vermutung, dass die in Anspruch genommene Partei Beweis dafür führt, dass eine Ausnahme vorliegt. Den Unterschied zwischen Vermutung und Beweis des ersten Anscheins sieht das Gericht darin, dass nicht jede ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs zur Entkräftung der Vermutung ausreicht; vielmehr bedarf es hierzu des Vollbeweises einer Ausnahme, also einer die Vermutung ausschließenden Situation, wie sie durch die Rechtsprechung definiert wurden. Das erkennende Gericht versteht den Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 -I ZR 169/12 -, juris - BearShare, Rn. 15) so, dass bislang nur die Zurverfügungstellung an konkret in Betracht kommende Dritte und die unzureichende Absicherung des WLAN solche die Vermutung ausschließende Ausnahmen darstellen.

    Zu beiden Alternativen hat der Beklagte indes nichts vorgetragen. Seinen Lebensgefährten hat er als Täter ausgeschlossen. Von einem offenen WLAN hat er nicht berichtet.


    (3)

    Dass der Beklagte behauptet, er sei zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung nicht zugegen gewesen, erschüttert die Vermutung demgegenüber nicht.(vgl. OLG Köln, Urteil vom 18. Oktober 2013 - 6 U 93/13 -, Rn. 10, juris, Rn. 13). Der entsprechende Beweis war nicht zu erheben Denn PCs sind programmierbar. Die denkbare kurzfristige Abwesenheit des Beklagten von seinem PC im Tatzeitraum vermag die Vermutung daher nicht zu entkräften.


    f)

    Der Schadenersatz von 600,00 EUR ist - geschätzt nach § 287 ZPO -für ein Filmwerk in den ersten 6 Monaten nach Veröffentlichung angemessen; er folgt aus der Lizenzanalogie und der Überlegung, dass während des festgestellten Verstoßzeitraums der Download durch eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern möglich war. Das Gericht folgt dabei den Erwägungen, die auch das LG Bochum angestellt hat:

    • "35 Für die illegale Zurverfügungstellung eines Filmwerks im Internet schatzt die Kammer den zu zahlenden Schadensersatz auf 600,00 Euro.

      36 Um den Lizenzschaden zu bestimmen, ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln, der in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr besteht (BGH, Urteil vom 26.03.2009 - I ZR 44/06). Der Schaden bemisst sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie.

      37 Für die kostenlose und unkontrollierte Weiterverbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Wege des Filesharings in lnternettauschbörsen existiert keine marktübliche Lizenz. Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr gern § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung des Tatrichters zu bemessen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14)."

      (LG Bochum, Urteil vorn 18. März 2016 -1-5 S 165/15, 5 S 165/15 -, Rn. 35, juris)

    2.

    Der Klägerin stehen Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 UrhG Abmahnkosten in erkannter Hohe aus § 249 BGB zu. Sowohl der Streitwert von 10.000,00 EUR als auch die 1,0 Gebühr erweisen sich nicht als Überzogen. Die Deckelung der Abmahngebühren tritt schon deshalb nicht ein, weil es sich gegenständlich nicht nur um einen unberechtigten Download, sondern um ein Zurverfügungstellen handelte. Das OLG Köln, Urteil vom 18. Oktober 2013 - 6 U 93/13 -, Rn 14, juris, ging sogar von 15.000,00 EUR aus.


    3.

    Die weiter ausgeurteilten vorgerichtlich Anwaltsgebühren folgen aus Verzug, § 286 BGB.


    4.

    Die Zinsen folgen aus der unerlaubten Handlung, sowie aus §286, 288 BGB.


    IV.

    Die weiteren Kosten waren dem Beklagten nach § 91, 344 ZPO aufzuerlegen


    V.

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Saarbrücken,
    Franz-Josef-Röder-Straße 15,
    66119 Saarbrücken.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    [Name]
    Richter am Amtsgericht
    (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Saarbrücken, Urteil vom 06.07.2016, Az. 121 C 34/15 (09),
Sachverständigengutachten,
Klage WALDORF FROMMER,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
ipoque GmbH,
Digital Forensics,
Peer-to-Peer Forensic System (PFS),
unplausibler Vortrag

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#10739 Beitrag von Steffen » Donnerstag 21. Juli 2016, 15:25

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In den letzten Jahren ist es aufgrund der Abschaffung des so genannten "fliegenden Gerichtsstands" im Jahr 2013 zu einer Vielzahl von Klagen vor nahezu sämtlichen für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Gerichten gekommen. Eine erfreulich differenzierte Sicht hat bereits seit mehreren Jahren das Amtsgericht Bielefeld, im Hinblick auf Filesharingklagen vertreten. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Frage des erforderlichen Vortrags der Kläger und der Beklagten als auch die Frage der Verantwortung für Handeln Dritter, denen der Anschluss durch den Abgemahnten zur Verfügung gestellt wurde.

Zwischenzeitlich hat bekanntlich der BGH zu diesen Themen Stellung nehmen können und in Urteilen vom 11.06.2015 und 12.05.2016 - Aktenzeichen I ZR 7/14, I ZR 19/14, I ZR 75/14, I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15 - seine Sicht der Dinge abschließend dargestellt.

In einem aktuellen Verfahren hat das Amtsgericht Bielefeld mit Hinweisbeschluss vom 27.06.2016 jetzt ausgeführt, dass ältere instanzrechtliche Entscheidungen, insbesondere auch solche des Amtsgerichts Bielefeld aufgrund dieser Urteile nicht mehr uneingeschränkt auf die jetzigen Rechtsstreitigkeiten übertragbar sind.

Damit kündigt das Amtsgericht Bielefeld nicht anderes an, als dass es sich im Hinblick auf die Frage der Substantiierung des Vortrags der Parteien und der Fragen der Haftung vollumfänglich an den genannten Urteilen des BGH orientieren wird.

Hierdurch wird noch deutlicher, dass - wie bereits auf der Seite "abmahnwahn-dreipage.de" in der "Statistik für das erste Halbjahr 2016" dargestellt - großer Wert auf den anwaltlichen Vortrag gelegt werden muss.



Der genaue Wortlaut des gerichtlichen Hinweises aus dem Verfahren Amtsgericht Bielefeld, Aktenzeichen 42 C 38/16 lautet wie folgt:

  • (...) b)

    Das Gericht weist darauf hin, dass sich die rechtliche Beurteilung der in Filesharing-Fällen wesentlichen Streitpunkte wie Aktivlegitimation, Ordnungsgemäßheit der Ermittlungen und Auskunftserteilung, tatsächliche Vermutung für die Haftung als Anschlussinhaber, sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, Belehrungs- und Prüfpflichten des Anschlussinhabers, Höhe des Lizenzschadens, Berechtigung zur Geltendmachung anwaltlicher Abmahnkosten, Höhe der Abmahnkosten und Verjährung nach den Urteilen des BGH vom 11.06.2015 und 12.05.2016 - Az.: I ZR 7/14, I ZR 19/14, I ZR 75/14, I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43 /15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15 - richten dürfte. Tatsächliches Vorbringen der Parteien, welches den in den neun vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes aufgestellten Grundsätzen nicht genügt, dürfte unsubstantiiert sein. Ältere instanzrechtliche Entscheidungen, insbesondere auch solche des Amtsgerichts Bielefeld, dürfen daher nicht mehr uneingeschränkt auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar sein. (...)

Pauschales Bestreiten, theoretische Hinweise oder widersprüchliches Vorgehen wird sich zukünftig angesichts der Klarheit der Rechtsprechung des BGH nicht mit prozessualem Erfolg betreiben lassen.



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AG Bielefeld, Hinweisbeschluss vom 27.06.2016, Az. 42 C 38/16

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#10740 Beitrag von Steffen » Donnerstag 21. Juli 2016, 18:05

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR: Landgericht Bielefeld - Unterlassungsanspruch besteht auch gegenüber Minderjährigen / Anschlussinhaber muss eigene Anwaltskosten tragen


18:00 Uhr


Hamburg / Bielefeld, 21.Juli 2016 (eig.). Auf die Einsichtsfähigkeit von Minderjährigen kommt es - im Unterschied zum verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch - bei der Geltendmachung verschuldensunabhängiger Unterlassungsansprüche in Filesharingfällen nicht an. Der Anschlussinhaber kann auch bei Benennung des Täters die ihm entstandenen Anwaltsgebühren für seine Verteidigung nicht von dem Rechteinhaber ersetzt verlangen. Dies hat das Landgericht Bielefeld in einem jüngst ergangenen Urteil entschieden (LG Bielefeld, Urt. v. 30.06.2016, Az. 4 O 363/15).


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Dem Rechtsstreit vorangegangen war eine Abmahnung gegen die Anschlussinhaberin über deren Internetanschluss ein Computerspiel rechtswidrig zum Download in Tauschbörsen bereit gehalten wurde. Diese verwies - anwaltlich vertreten - auf die Täterschaft des zur Tatzeit 13-jährigen Sohnes, wies die Ansprüche im übrigen zurück und verlangte von dem Rechteinhaber die Erstattung entstandener Anwaltsgebühren über 859,80 EUR. Auf die Abmahnung gegen den benannten Täter antwortete derselbe Anwalt und verweigerte die Erfüllung jeglicher geltend gemachter Ansprüche.

Die daraufhin anhängig gemachte Klage führte neben der Verurteilung zur Unterlassung auch dazu, dass die Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach festgestellt und der Beklagte zu 1) (als Täter) verpflichtet wurde, Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung zu erteilen. Denn dem minderjährigen Beklagten sei auch ein Verschuldensvorwurf zu machen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung u.a. des OLG Hamm (Urt. v. 28.01.2016, Az. I-4 U 75/15) ist das Landgericht davon ausgegangen, dass 13-jährige wissen, dass illegale Kopien von Spielesoftware, Musik oder Filmen im Internet kursieren und dass sie weder heruntergeladen noch verbreitet werden dürfen. Dies gilt umsomehr, als dass der Täter der Verletzungshandlung im vorliegenden Verfahren von seiner Erziehungsberechtigten - so der Vortrag des Anwalts der beiden Beklagten - umfassend belehrt worden ist. Weswegen dann allerdings nicht der Versuch unternommen wurde, die Angelegenheit außergerichtlich zu regeln, bleibt das Geheimnis der Beklagten und ihres Vertreters. Das vorgerichtliche Vergleichsangebot belief sich am Ende auf 900,00 EUR. Nach der ersten Instanz sind Verfahrenskosten von weit über 4.000,00 EUR angefallen, die ganz überwiegend von den Beklagten zu tragen sind. Hinzu kommt ein noch zu beziffernder Schadensersatzbetrag, der nicht unter 1.000,00 EUR liegen wird.

Mit dem Urteil wurde zugleich festgestellt, dass ein Anspruch der Anschlussinhaberin auf Erstattung ihrer Anwaltskosten nicht besteht, auch wenn sie selbst für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich gewesen sein mag. Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des BGH, wonach eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers besteht (siehe nur BGH GRUR 2016, 191), durfte die Klägerin auch zunächst davon ausgehen, dass die Beklagte zu 2) als Täterin der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt und daher ihr gegenüber ein Unterlassungsanspruch bestand. "Eine Haftung des Abmahnenden für Kosten des Abgemahnten scheidet aber aus, wenn der Abmahnende bei Ausspruch der Abmahnung nicht erkennen konnte, dass die Abmahnung unberechtigt war, also kein Übernahmeverschulden vorliegt (OLG München, GRUR-RR 2008, 461)", so die Bielefelder Richter in ihrem Urteil.






LG Bielefeld, Urteil vom 30.06.2016, Az. 4 O 363/15


  • (...) Abschrift

    4 0 363/15

    Verkündet am 30.06.2016
    [Name], Justizobersekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    Landgericht Bielefeld


    IM NAMEN DES VOLKES


    Urteil


    in dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin,

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte rka Reichelt, Klute, Rader, Kant, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



    gegen


    1. [Name],
    2. [Name],
    Beklagten,

    Prozessbevollmächtigter: [Name],


    hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld aufgrund mündlicher Verhandlung vom 09.06.2016 durch den Richter [Name] als Einzelrichter

    für Recht erkannt:

    • 1. Dem Beklagten zu 1) wird es bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, das Computerspiel "[Name]" ohne Einwilligung der Klägerin in Tauschbörsennetzwerken zum Herunterladen für Dritte bereitzuhalten,
      2. der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 1,98 Euro nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2016 zu zahlen,
      3. der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 1.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2016 zu zahlen,
      4. der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 183,80 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2014 zu zahlen,
      5. der Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziff. 1 zu erteilen, geschlüsselt nach Uploadrate der jeweils verwendeten Internetanschlüsse (Bandbreite), Tauschbörsenprogramme, Daten und Dauer (Zeiträume) der Verletzungshandlungen,
      6. es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren, über die Klageanträge hinausgehenden, Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist und
      noch entsteht, dass der Beklagte zu 1) die Datei "D ... GOTY Edition" (Hashwert: [Hash]) mit dem Computerspiel der Klägerin "[Name]" Dritten über Internettauschbörsen im Internet zum Download bereitgehalten hat,
      7. es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der Beklagten zu 2) einen Betrag i.H.v. 859,80 Euro für ihre außergerichtliche Rechtsverteidigung gegen die Klägerin aufgrund der Abmahnung vom 23.11.2012 zu erstatten.
      8. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
      9. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 4 %, der Beklagte zu 1) zu 92 % und die Beklagte zu 2) zu 4 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen der Beklagte zu 1) zu 92 % und die Beklagte zu 2) zu 4 %, Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin in Höhe von 5 %. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
      10. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin hinsichtlich der Ziff. 2, 3, 4 und 9 nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages sowie hinsichtlich der Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 Euro und hinsichtlich der Ziff. 5 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 Euro. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand:


    I.

    Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1) wegen der Verletzung von Urheberrechten im Rahmen einer Tauschbörsennutzung und die Beklagte zu 2) im Wege der negativen Feststellungsklage in Anspruch.


    1.

    Die Klägerin ist Produzentin und Vermarkterin von Softwareprodukten, u.a. im Unterhaltungsbereich. Im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit übernimmt die Klägerin im Rahmen von Vertriebsvereinbarungen die komplette Vermarktung und den Vertrieb u.a. auch von Computerspielen, wie dem hier streitgegenständlichen Spiel "[Name]". Das Spiel "[Name]" wurde von der Firma [Name] produziert und exklusiv an die Klägerin lizenziert. Das Spiel wird in Listenteil A der Liste jugendgefährdender Medien geführt. Es darf in Deutschland unter Beachtung gewisser Einschränkungen zur Werbung, Erwerb und Vertriebsweise vertrieben werden.

    Für die Lizenzierung zahlte die Klägerin einen Betrag von ca. [Betrag] Euro. Das Spiel wurde mehr als [Zahl] Mio. Mal verkauft.

    Die Klägerin beauftragt Drittfirmen mit der Ermittlung von Urheberrechtsverstößen insbesondere durch den Upload von Computerspielen in sog. Filesharing Netzwerken. Die Mitarbeiter der Drittfirmen, hier der Firma Excipio GmbH, verwenden dabei eine NARS-Software, bei der Netzwerkaktivitäten in Tauschbörsen überwacht werden können. Insbesondere kann dabei über einen jeweils individuell vergebenen Hash-Wert festgestellt werden, dass Programme der Klägerin, oder Teile davon für die Nutzer jeweiligen Tauschbörse zum Download bereitgehalten werden. Anhand des Hash-Wertes lässt sich dann die jeweilige IP-Adresse ermitteln, über die die Datei zum Download angeboten wird.


    2.

    Der Beklagte zu 1), geboren am [Geburtsdatum] ist der Sohn der Beklagten zu 2).


    3.

    Am 17.09.2012 ermittelte die von der Klägerin beauftragte Firma Excipio GmbH, dass das Spiel "[Name]" über die IP-Adresse [IP] über den P2P-Client MG21p0 im Internet für Tauschbörsennutzer zum Download angeboten wurde. Ein daraufhin angestrengtes Verfahren vor dem LG Köln zum Az. [Aktenzeichen] auf Auskunftserteilung gegenüber dem Internet Service Provider führte zu der Feststellung, dass die IP-Adresse zum streitgegenständlichen Zeitpunkt einem Telefonanschluss zugewiesen war, dessen Inhaberin die Beklagte zu 2) ist. Für die Ermittlung des Anschlussinhabers hat die Klägerin anteilig 1,98 Euro aufgewendet.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.11.2012 wurde die Beklagte zu 2) abgemahnt und aufgefordert, bis zum 04.12.2012 eine Unterlassungserklärung hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung am 17.09.2012 abzugeben. Ferner wurde sie aufgefordert, binnen gleicher Frist die für die Klägerin angefallenen Abmahnkosten i.H.v. 859,80 Euro (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 20.000,00 Euro nebst 20,00 Euro Pauschale für Post und Telekommunikation) zu zahlen. Gleichzeitig wurde der Beklagten zu 2) angeboten, die Angelegenheit insgesamt durch Zahlung eines Pauschalbetrages i.H.v. 1.500,00 Euro zu erledigen.

    Mit Schreiben vom 29.11.2012 wies der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Forderungen der Klägerin unter Verweis darauf zurück, dass der zu dieser Zeit 13 Jahre alte Beklagte zu 1) den Urheberrechtsverstoß begangen habe. Sie - die Beklagte zu 2) - habe ihren Sohn hingegen zuvor belehrt, nichts im Internet zu kopieren oder sich in anderer Weise nutzbar zu machen. Mit demselben Schreiben forderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Klägerin auf, wegen seiner Inanspruchnahme 859,80 Euro zu zahlen.

    Die Abgabe einer Unterlassungserklärung oder eine Zahlung erfolgten nicht.

    Mit Schreiben vom 03.03.2014 mahnte die Klägerin den Beklagten zu 1) mit einer an seine gesetzlichen Vertreter gerichteten Abmahnung wegen des streitgegenständlichen Urheberrechtsverstoßes ab. Sie forderte ihn auf, bis zum 16.03.2014 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Ferner wurde der Beklagte zu 1) aufgefordert, binnen gleicher Frist der Klägerin Aufwendungen für die Abmahnung i.H.v. 124,00 Euro (= 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 1.000,00 Euro nebst 20,00 Pauschale für Post und Telekommunikation) und für die Ermittlung des Verstoßes i.H.v. 1,98 Euro zu ersetzen. Außerdem veranschlagte die Klägerin hinsichtlich der geforderten Auskunftserteilung und Anerkennung des Schadensersatzanspruches weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 119,60 Euro.

    Die Klägerin bot dem Beklagten zu 1) ferner an, die Angelegenheit durch Zahlung einer Pauschale i.H.v. 900,00 Euro nebst Abgabe der Unterlassungserklärung zu erledigen.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.03.2014 wies der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auch die nunmehr gegenüber dem Beklagten zu 1) geltend gemachten Ansprüche zurück. Er wies darauf hin, dass keinerlei Zahlung geleistet und keinerlei Erklärung abgegeben werde. Abermals forderte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Klägerin dazu auf, einen Betrag von 859,80 Euro für seine Inanspruchnahme zu zahlen und kündigte für den Fall des Ausbleibens der Zahlung rechtliche Schritte an.


    II.

    Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr aufgrund des vorliegenden Urheberrechtsverstoßes die geltend gemachten Ansprüche zustehen.

    Der Beklagte zu 1) hafte für die Urheberrechtsverletzung als Täter. In diesem Rahmen sei der Beklagte zu 1) auch verpflichtet, die Abmahnkosten für die gegenüber der Beklagten zu 2) ausgesprochene Abmahnung zu übernehmen.

    Die Klägerin bestreitet in diesem Zusammenhang mit Nichtwissen, dass die Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) über die das rechtmäßige Verhalten im Internet belehrt habe.

    Die Klägerin ist ferner der Auffassung, dass die von ihr angesetzten Streitwerte und Schadenshöhen angemessen seien. Ein Unterlassungsstreitwert i.H.v. 20.000,00 Euro für das streitgegenständliche Computerspiel sei nicht übersetzt. Ferner sei der geltend gemachte Schadensersatz i.H.v. 1.000,00 Euro angemessen.

    Die Klägerin meint schließlich, dass auch ein negatives Feststellungsinteresse gegenüber der Beklagten zu 2) gegeben sei, da ihr ein etwaiger Kostenerstattungsanspruch i.H.v. 859,80 Euro nicht zustehe.


    Der Klägerin beantragt,
    • 1. es dem Beklagten zu 1) bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu verbieten das Computerspiel "[Name] " ohne ihre Einwilligung in Tauschbörsennetzwerken zum Herunterladen für Dritte bereitzuhalten,
      2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 859,80 Euro nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.12.2012 zu zahlen,
      3. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 1,98 Euro nebst jährlicher Zinsen I.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
      4. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 1.000,00 Euro nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.12.2012 zu zahlen,
      5. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 243,60 Euro nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2014 zu zahlen.
      6. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, ihr Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziff. 1 zu erteilen, geschlüsselt nach Uploadrate der jeweils verwendeten Internetanschlüsse (Bandbreite), Tauschbörsenprogramme, Daten und Dauer (Zeiträume) der Verletzungshandlungen,
      7. festzustellen, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihr allen weiteren, über die Klageanträge hinausgehenden, Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass
      der Beklagte zu 1) die Datei "D ... GOTY Edition" (Hashwert: [Hash]) mit dem Computerspiel der Klägerin "[Name]" Dritten über Internettauschbörsen im Internet zum Download bereitgehalten hat,
      8. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der Beklagten zu 2) einen Betrag i.H.v. 859,80 Euro für ihre außergerichtliche Rechtsverteidigung gegen die Klägerin aufgrund der Abmahnung vom 23.11.2012 zu erstatten.
    III.

    Die Beklagten beantragen,
    • die Klage abzuweisen.
    Die Beklagten meinen, dass eine Einstandspflicht des Beklagten zu 1) nicht gegeben sei. Eine Einwilligung oder Genehmigung der Handlungen nach §§ 106 ff. BGB habe nicht vorgelegen. Gleichermaßen sei damit auch die Beklagte zu 2) nicht einstandspflichtig.

    Ferner sei zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Spiel jugendgefährdend sei. Die Klägerin habe daher dafür Sorge zu tragen, dass das Spiel Minderjährigen wie dem Beklagten zu 1) nicht zugänglich sei.

    Ferner berufen sich die Beklagten auf Verjährung.

    Die Beklagte zu 2) meint außerdem, dass ihr wegen der unberechtigten Abmahnung im November 2012 ein Anspruch auf Erstattung ihrer Anwaltskosten zustehe. Die negative Feststellungsklage sei daher unbegründet.


    IV.

    Die Klage wurde am 30.12.2015 per Fax beim Landgericht Bielefeld erhoben. Mit Verfügung vom 11.01.2016 wurde der Gerichtskostenvorschuss von der Klägerin angefordert. Den Gerichtskostenvorschuss hat die Klägerin am 21.01.2016 eingezahlt. Mit Verfügung des Kammervorsitzenden vom 27.01.2016 wurde die Zustellung der Klage veranlasst. Die Zustellung erfolgte ausweislich der Zustellungsurkunden Bl. 92/93 d.A. am 04.02.2016.

    Das Gericht hat die mündliche Verhandlung am 09.06.2016 durchgeführt. Im Rahmen des Termins wurden die Beklagten persönlich angehört. Es wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.06.2016 (Bl. 131 ff. d.A.) Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet. Im Übrigen ist sie abzuweisen.


    I.

    Der von der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 97 Abs. 1 UrhG.


    1.

    Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Beklagte zu 1) am 17.09.2012 das Computerspiel "[Name]" dessen ausschließliche Nutzungsrechte bei der Klägerin liegen, in einer Tauschbörse im Internet zum Download angeboten hat.

    Darin ist eine urheberrechtswidrige öffentliche Zugänglichmachung nach §§ 19a, 69c Nr. 4 UrhG zu sehen.

    Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, dass es sich bei dem Computerspiel um ein jugendgefährdendes Spiel handele. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus der Einstufung des streitgegenständlichen Computerspiels als "jugendgefährdend" nicht, dass die Klägerin nunmehr gehalten wäre, Maßnahmen zu ergreifen, die Minderjährige daran hindern, auf illegalem Wege an das Spiel zu gelangen.

    Auch steht für das Gericht nicht in Zweifel, dass das Computerspiel "[Name]" trotz der vorgenommenen Einstufung urheberrechtlichen Schutz genießt.


    2.

    Der nunmehr gerichtlich geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht auch nach wie vor. Die Klägerin hat dem Beklagten zu 1) außergerichtlich die Möglichkeit gegeben, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Vorliegend hätten die gesetzlichen Vertreter des Beklagten zu 1) die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung für diesen abgeben können. Damit wäre eine Wiederholungsgefahr auszuschließen gewesen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Abgabe von Erklärungen jedweder Art jedoch abgelehnt.


    3.

    Der Geltendmachung des Anspruchs steht auch nicht die Minderjährigkeit des Beklagten zu 1) zur Tatzeit entgegen. Auf die Einsichtsfähigkeit eines Minderjährigen kommt es - im Unterschied zum verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch - bei der Geltendmachung des verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruchs gerade nicht an. Mit der Rechtsprechung des OLG Hamm steht der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Hinblick auf dessen Vollstreckbarkeit auch nicht das Alter des Beklagten zu 1) zum Tatzeitpunkt entgegen (OLG Hamm, Urteil v. 28.01.2016, I-4 U 75/15). Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zu 1) über 14 Jahre alt.


    4.

    Schließlich ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht verjährt, da die am 31.12.2015 ablaufende Anspruchsverjährung durch die Einreichung der Klage am 30.12.2015 per Fax nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt wurde.

    Maßgeblich ist nach § 102 UrhG i.V.m. §§ 195, 199 BGB zunächst die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Frist begann nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2012 zu laufen, da die Klägerin jedenfalls aufgrund des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Beklagten Kenntnis von der Person des Verletzers und den anspruchsbegründenden Tatsachen hatte. Sie endete folglich mit Ablauf des 31.12.2015. Die Hemmung der Verjährung tritt nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ein, wenn die Klage erhoben, d.h. insbesondere gem. § 253 Abs. 1 ZPO zugestellt worden ist. Erfolgt die Zustellung, wie hier, außerhalb der Verjährungsfrist, kommt eine Rückwirkung der Hemmung auf den Eingang der Klage bei Gericht nach § 167 ZPO nur dann in Betracht, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgte. In welchem Zeitraum die Zustellung einer Klage noch "demnächst" erfolgt, ist nicht gesetzlich definiert. Aus Gründen des Vertrauensschutzes für den Empfänger muss die Zustellung aber in einem nicht allzu erheblichen Abstand vom Fristablauf erfolgen (Zöller / Greger, ZPO (2014), § 167 Rdnr. 10). Insbesondere müssen sich die .dem Gläubiger zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten (BGH, Urteil v. 10.07.2015, V ZR 154/14). Andererseits sind auch die Gläubigerinteressen dahingehend in den Blick zu nehmen, dass dem Gläubiger solche Verzögerungen grds. nicht zum Nachteil gereichen sollen, die im Geschäftsbetrieb des Gerichts zu suchen sind (Zöller / Greger, ZPO (2014), § 167 Rdnr. 12). Der Gläubiger ist bspw. nicht verpflichtet, den Gerichtskostenvorschuss mit Klageerhebung einzuzahlen. Er kann zunächst die Anforderung durch das Gericht abwarten, muss aber nach der Anforderung die Zahlung unverzüglich, d.h. regelmäßig binnen zwei Wochen, leisten (siehe nur BGH NJW 2009, 999).

    Vorliegend wurde der Gerichtskostenvorschuss durch das Gericht mit Verfügung vom 11.01.2016 angefordert. Die Klägerin hat den angeforderten Vorschuss am 21.01.2016 und damit binnen zwei Wochen nach der Anforderung eingezahlt. Der Grund für den weiteren Zeitablauf bis zur Zustellung der Klage am 04.02.2016 war somit in der Sphäre des Gerichts zu suchen und ist der Klägerin nicht zuzurechnen, so dass die Zustellung am 04.02.2016 noch demnächst erfolgte.


    II.

    (...)


    III.

    Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 1.000,00 Euro ergibt sich aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG


    1.

    Hinsichtlich des Verstoßes durch den Beklagten zu 1) und den Erwägungen zur Verjährung kann nach oben verwiesen werden (1.).


    2.

    Der Beklagte zu 1) ist für die begangene Rechtsverletzung auch deliktisch verantwortlich.


    a.

    Zur Bemessung der deliktischen Verantwortlichkeit ist auch im Rahmen urheberrechtlicher Verstöße auf § 828 BGB abzustellen (siehe OLG Hamm, Urteil v. 28.01.2016, 1-4 U 75/15). Die Verantwortlichkeit richtet sich hier nach § 828 Abs. 3 BGB, da der Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung 13 Jahre alt war.


    b.

    Die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besitzt, wer nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein (BGHZ 161, 180). Die Einsichtsfähigkeit ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn ein allgemeines Verständnis dafür vorhanden ist, dass die Handlung gefährlich ist und die Verantwortung begründen kann (BGH, VersR 1970, 374).

    Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt der in Anspruch genommene Minderjährige. Ab einem Alter von sieben Jahren wird das Vorliegen der Einsichtsfähigkeit widerlegbar vermutet (BGHZ 161, 180).

    Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1) vorliegend nicht einsichtsfähig war, sind weder ersichtlich noch dargelegt. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat der Beklagte zu 1) selbst geschildert, dass ihn seine Eltern im Vorfeld der Internetnutzung darauf hingewiesen hätten, was er im Internet dürfe und was nicht. Deshalb sei ihm auch bewusst gewesen, dass sein Verhalten nicht ganz korrekt gewesen sei. Seine Eltern hätten ihn außerdem auch darauf hingewiesen, dass er Spiele wie das Streitgegenständliche nicht spielen solle.


    3.

    Der Beklagte zu 1) handelte auch schuldhaft. Im Rahmen des jedenfalls im Raum stehenden Fahrlässigkeitsvorwurfs nach § 276 Abs. 2 BGB kommt es bei dem Verhalten Minderjähriger darauf an, ob Kinder desselben Alters und derselben Entwicklungsstufe den Eintritt eines Schadens hätten voraussehen können und müssen und ob es ihnen bei Erkenntnis der Gefährlichkeit ihres Handels in der konkreten Situation möglich und zumutbar gewesen wäre, sich diese Erkenntnis gemäß zu verhalten (BGHZ 161,180).


    a.

    Das Gericht geht, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OLG Hamm (Urteil v. 28.01.2016, Az. 1-4 U 75/15) davon aus, dass 13-jährige wissen, dass illegale Kopien von Spielesoftware, Musik oder Filmen im Internet kursieren und dass sie diese weder herunterladen, noch weiter verbreiten dürfen.

    Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte zu 1), wie von der Beklagten zu 2) geschildert, wiederholt darüber aufgeklärt wurde, was im Internet erlaubt ist und was nicht und welche Gefahren beim Surfen im Internet lauern. Bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten, ist der Beklagte zu 1) darüber belehrt und immer wieder angehalten worden, keine Dinge aus dem Internet zu kopieren oder sich in irgendeiner anderen Weise nutzbar zu machen.

    Einem 13-jährigen ist es auch möglich und zumutbar, sich im Internet so zu verhalten, dass Schädigungen urheberrechtlich geschützter Rechtspositionen vermieden werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass im vorliegenden Fall der Urheberrechtsverstoß über eine Tauschbörse begangen wurde. Die Nutzung einer solchen Tauschbörse geschieht nicht durch bloßes Surfen im Internet, sondern erfordert das Starten eines entsprechenden Programms auf dem Computer.


    b.

    Im Hinblick auf obige Erwägungen hat der Beklagte zu 1) die im Verkehr übliche und gebotene Sorgfalt missachtet.

    Die Eltern des Beklagten zu 1) hatten diesem nicht nur aufgegeben, Spiele wie das streitgegenständliche insgesamt zu meiden, sondern ihm auch untersagt, Dinge im Internet herunterzuladen oder sich sonst nutzbar zu machen. Dass der Beklagte zu 1) in Kenntnis dieser Verbote aber dennoch ein Weg suchte und auch fand, das Spiel "[Name]" herunterzuladen, kann ihm als Sorgfaltsverstoß zum Vorwurf gemacht
    werden.

    Dies gilt gleichermaßen für die mit der Nutzung der Tauschbörse verbundene Verbreitung der heruntergeladenen Dateien. Soweit der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung geschildert hat, sich nicht daran erinnern zu können, dass das Spiel auch für andere zum Download bereit gestanden habe, ergeben sich daraus keine Zweifel hinsichtlich eines Sorgfaltsverstoßes. Gerade die Tatsache, dass zur Begehung des Urheberrechtsverstoßes ein Tauschbörsenprogramm verwendet wurde, spricht dafür, dass der Beklagte zu 1) nicht unerfahren und ahnungslos im Umgang mit dieser Art von Computerprogrammen gewesen war. Die Nutzung eines Tauschbörsenprogramms geschieht nicht beiläufig, sondern erfordert ein aktives Eingreifen des Benutzers, begonnen bei der Installation des Programms auf dem Computer und endend bei der Auswahl der gewünschten Raubkopie. Die Schilderung des Beklagten zu 1), sich nicht mehr an einen Upload der Dateien erinnern zu können, ist vor diesem Hintergrund als bloße Schutzbehauptung zu sehen.


    c.

    Den obigen Erwägungen steht auch nicht die von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 15.11.2012; I ZR 74/12) entgegen. Diese Entscheidung nimmt Bezug auf die Haftung der Eltern für das Verhalten ihrer minderjährigen Kinder. Einer Aussage über eine etwaige eigene Verantwortlichkeit des Minderjährigen enthält diese Entscheidung nicht.


    4.

    Hinsichtlich des geltend gemachten Schadenersatzes hat das Gericht keine Bedenken, der Klägerin im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO einen Schadenersatz i.H.v. 1.000,00 Euro zuzusprechen. Dieser Betrag erscheint im Hinblick auf die Rechtsprechung der Kammer (LG Bielefeld, Urteil vom 04.03.2015; Az. 4 0 211/14) und den erheblichen kommerziellen Erfolg des streitgegenständlichen Spiels nicht übersetzt.


    IV.

    Ferner schuldet der Beklagte zu 1) gem. § 97 Abs. 2 UrhG auch die von der Klägerin geltend gemachten anteiligen Kosten i.H.v. 1,98 Euro für die Auskunfterteilung. Die dem Verletzten nach § 101 Abs. 9 S. 5 UrhG anfallenden Kosten werden im Verhältnis zum Schädiger als notwendige Rechtsverfolgungskosten von dem geschuldeten Schadensersatz erfasst.


    V.

    Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten zu 1) auch Anspruch auf Ersatz der angefallenen Abmahnkosten aus § 97a n.F. Ein Anspruch besteht aber nur i.H.v. 183,80 Euro.


    1.

    Auf die im März 2014 gegenüber dem Beklagten zu 1) erfolgte Abmahnung ist § 97a UrhG in der seit 09.10.2013 geltenden Fassung anzuwenden. Folglich besteht hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsbegehrens ein Kostenerstattungsanspruch i.H.v. 124,00 Euro (= 1,3 Geschäftsgebühr bei einem Unterlassungsstreitwert von 1.000,00 Euro zzgl. Pauschale für Post und Telekommunikation).


    2.

    Die weiteren geltend gemachten Kosten i.H.v. 119,60 Euro sind dem Grunde nach erstattungsfähig, in der Höhe aber auf 59,80 Euro begrenzt.

    Das Gericht schätzt den Streitwert für das Auskunftsbegehren auf 500,00 Euro und den Streitwert für den Feststellungsantrag auf 1.500,00 Euro. Diese Werte erscheinen insbesondere im Hinblick auf den geltend gemachten und zugesprochenen Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 Euro angemessen.

    Damit ergibt sich ein Gegenstandswert von 18.000,00 Euro und unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr ein Betrag von 904,80 Euro, von dem wiederum die Gebühr in Bezug auf die Unterlassung i.H.v. 845,00 Euro abzuziehen ist.


    VI.

    Der Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1), ihr Auskunft über die Art, Dauer und Reichweite der Urheberrechtsverletzung zu erteilen, folgt aus § 97 UrhG i.V.m. § 242 BGB.

    Der Anspruch auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Berechnung eines Schadensersatzanspruchs setzt voraus, dass dem Geschädigten nicht nur dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zusteht, zu dessen (weiterer) Berechnung die Auskunft erforderlich ist, sondern auch, dass der Geschädigte in entschuldbarer Weise über den Umfang des Anspruchs im Unklaren ist, während der Beklagte unschwer Aufklärung geben kann (vgl. BGH, GRUR 2010, 1090). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Insbesondere hängt die Höhe des verursachten Schadens auch von den konkreten Umständen der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Spiels ab. Die Upload-Rate gibt dabei in Verbindung mit dem Zeitraum, in dem das Spiel zum Download angeboten wurde, darüber Aufschluss, in welchem Maße aufgrund der Handlung des Beklagten zu 1) eine Verbreitung überhaupt stattfinden konnte.


    VII.

    Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der Beklagte zu 1) zum Schadensersatz verpflichtet ist. Zwar ist die Feststellungsklage nach § 256 ZPO grds. subsidiär und ein Feststellungsinteresse entfällt regelmäßig dann, wenn der Anspruchsteller Leistungsklage erheben könnte. Nach der Rechtsprechung des BGH gilt dieser Grundsatz bei urheberrechtlichen Sachverhalten aber nur eingeschränkt. Zu bedenken ist dabei, dass (auch) im Urheberrecht die Begründung des Schadensersatzanspruchs häufig auch nach erteilter Auskunft Schwierigkeiten bereitet und eine eingehende sachliche Prüfung zur Berechnungsmethode des Schadens erfordert (BGH NJW 2003, 3274). Das Feststellungsurteil trägt diesem Umstand Rechnung und kann den Verletzten so vor dem Eintritt der Verjährung des gesamten Schadens schützen (BGH NJW 2003, 3274).


    VIII.

    Die Klägerin hat schließlich auch ein negatives Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO hinsichtlich der durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten geltend gemachten Forderung i.H.v. 859,80 Euro.

    Eine Forderung der Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin besteht nicht (1.). Dennoch hat sich die Beklagte zu 2), vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, mehrmals und ausdrücklich der Forderung berühmt (2.).


    1.


    a.

    Auch wenn nach den obigen Ausführungen die gegenüber der Beklagten zu 2) im November 2012 ausgesprochene Abmahnung unberechtigt war, erwächst für die Beklagte zu 2) daraus per se aber noch kein Kostenerstattungsanspruch für Aufwendungen, die sie zur Abwehr der unberechtigten Abmahnung getätigt hat. Grds. gehört die Abwehr unberechtigter Ansprüche zum allgemeinen Lebensrisiko, weshalb im Regelfall auch diesbezüglich anfallende Kosten nicht ersatzfähig sind.


    b.

    Ein Erstattungsanspruch aus § 97a Abs. 4 S. 1 UrhG n.F. kommt vorliegend nicht in Betracht, da die Abmahnung seitens der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2) bereits vor Inkrafttreten der Norm in ihrer heutigen Form ausgesprochen wurde.


    c.

    Ebenso wenig besteht für die Beklagte zu 2) ein Anspruch nach anderen Anspruchsgrundlagen.

    Ein Anspruch des Abgemahnten kann sich nach alter Rechtslage und, da hier kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt, allenfalls aus § 678 BGB ergeben (vgl. OLG München, GRUR-RR 2008, 461; Beck-OK / Reber, UrhR, Stand 01.01.2016, § 97a Rdnr. 31). Eine Haftung des Abmahnenden für Kosten des Abgemahnten scheidet aber aus, wenn der Abmahnende bei Ausspruch der Abmahnung nicht erkennen konnte, dass die Abmahnung unberechtigt war, also kein Übernahmeverschulden vorliegt (OLG München, GRUR-RR 2008, 461).

    Vorliegend konnte die Klägerin zunächst lediglich die Beklagte zu 2) als Inhaberin des Anschlusses ermitteln, von dem der streitgegenständliche Verstoß verübt worden war. Einblicke in die Sphäre der Beklagten zu 2), insbesondere, wem der Anschluss in welcher Weise und wann zugänglich gemacht wurde, hatte sie nicht, Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des BGH, wonach (zunächst) eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers besteht (siehe nur BGH GRUR 2016, 191), durfte die Klägerin auch zunächst davon ausgehen, dass die Beklagte zu 2) als Täterin der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt und daher ihr gegenüber der Unterlassungsanspruch bestand.


    2.

    Die Klägerin hat auch ein negatives Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Dieses besteht jedenfalls dann, wenn der vermeintliche Anspruchsinhaber sich der Forderung ausdrücklich berühmt (Zöller / Greger, ZPO (2014), § 256 Rdnr. 14a). Ferner muss sich das Berühmen auf ein gegenwärtiges, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis beziehen (BGH GRUR 2001, 1036).

    Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte die Klägerin mehrmals zur Zahlung eines Betrags i.H.v. 859,80 Euro aufgefordert und dieses Verlangen auf die Kosten seiner Inanspruchnahme gestützt. Darin ist ein ausdrückliches Berühmen, welches sich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis, nämlich einen vermeintlichen Kostenerstattungsanspruch, bezieht, zu erkennen.


    IX.

    Zinsansprüche der Klägerin bestehen nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

    Eine Verzinsung der Schadensersatzforderung kommt erst ab Rechtshängigkeit in Betracht. Dass der Beklagte zu 1) bereits mit Ablauf der Frist am 04.12.2012 in Verzug geraten sein soll, ist nicht dargetan. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung lediglich gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemacht worden. Auch ein Verzugseintritt mit Ablauf der in der Abmahnung vom 03.03.2014 gesetzten Frist kommt nicht in Betracht, da die Abmahnung keine Aufforderung zur Zahlung des nunmehr konkret geltend gemachten Schadensersatzes enthielt.

    Insoweit bleibt es bei einer Verzinsung ab Rechtshängigkeit, die das Gericht als Minus ohne gegen § 308 ZPO zu verstoßen, zusprechen konnte.


    X.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 100 ZPO. die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für die Klägerin auf § 709 ZPO und für den Beklagten zu 1) auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    XI.

    Der Streitwert wird auf 20.751,80 EUR festgesetzt.

    Das Gericht beziffert dabei den Wert des Unterlassungsanspruchs, wie von der Klägerin außergerichtlich (BI. 82 d.A.) selbst zu Grunde gelegt, mit 16.000,00 Euro. Dieser Wert erscheint im Hinblick auf die Rechtsprechung der Kammer, die wirtschaftliche Bedeutung des streitgegenständlichen Spiels für die Klägerin und die Intensität des Verstoßes durch den Beklagten zu 1), als angemessen.

    Den Streitwert für den Auskunftsanspruch und das Feststellungsbegehren beziffert das Gericht mit 500,00 bzw. 1.500,00 Euro (s.o. V.2.).



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
    • 1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
      2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem
    • Oberlandesgericht Hamm,
      Heßlerstr. 53,
      59065 Hamm,
    eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Hamm zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Hamm durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.



    [Name]
    als Einzelrichter (...)




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LG Bielefeld, Urteil vom 30.06.2016, Az. 4 O 363/15,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Minderjährige,
Minderjährige Kinder,
Unterlassungsanspruch,
negative Feststellungsklage,

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