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Steffen
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Neue Forenstrategie

#11261 Beitrag von Steffen » Montag 9. April 2018, 15:05

Neue Forenstrategie: "Wie überliste ich den Abmahner mittels vorgerichtlichen Vergleich durch Ausnutzung der dreijährigen Regelverjährung"



15:00 Uhr



AW3P: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Eigentlich dürfte ich Ihnen diese unsere "neue Strategie" gar nicht mitteilen, da auch Ihre Kanzlei der sichere Verlierer sein wird. Die Foren-These: Wenn am Ende des Jahres die Forderungen und Ansprüche der vorgerichtlichen Abmahnung gemäß § 102 Satz 1 UrhG innerhalb drei Jahren verjähren würden, dann ziehe ich einen Vergleich mittels Ratenzahlung bis ungefähr September des letzten Jahres hinaus. Das bedeutet, ein Betroffener muss maximal von September bis Dezember (4 Monate) zahlen (egal ob die Vergleichssumme abgegolten ist, oder nicht), dann greift die rettende dreijährige Verjährung. Aus die Maus für den Abmahner. Es ist doch so einfach. Ausrufezeichen. Ist diese Strategie realistisch und mit Erfolg gekrönt?


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.............................................Rechtsanwalt Marc Hügel


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Rechtsanwalt Marc Hügel: Die angesprochene Strategie kann nicht funktionieren. Richtig ist, dass die meisten Ansprüche in der Regel frühestens nach 3 Jahren verjähren, wobei diese Frist immer am Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Habe ich also im Januar 2018 einen Anspruch erworben, verjährt dieser mit dem 31.12.2021.

Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn sich die Parteien vergleichen. Denn ein Vergleichsschluss stellt insofern einen neuen Anspruchsgrund dar, so dass ab dem Zeitpunkt des Vergleichsschlusses eine neue Verjährung zu laufen beginnt. Auch diese Frist endet frühestens drei Jahre nach Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Zudem können sowohl die Vergleichsverhandlungen, als auch die Ratenzahlungen dazu führen, dass die Verjährungsfrist gehemmt wird, die Verjährung also später eintritt.

Im Hinblick auf Schadensersatzansprüche bei Rechtsverletzungen über Filesharing-Systeme hat der Bundesgerichtshof ohnehin in der Entscheidung "Everytime we touch" (BGH - I ZR 48/15) entschieden, dass diese gemäß § 102 Satz 2 UrhG, 852 BGB erst binnen zehn Jahren verjähren.

Zugleich möchte ich aber betonen, dass eine Einigung - egal zu welchem Zeitpunkt - in den allermeisten Fällen dennoch die beste Lösung sein wird. Denn dadurch entfällt insbesondere die ansonsten ggf. jahrelange Unsicherheit über den Ausgang des eigenen Falles.



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AW3P: Ich bedanke mich bei der Münchener Kanzlei "Waldorf Frommer Rechtsanwälte" und Herrn Rechtsanwalt Marc Hügel für die Beantwortung dieser Frage.




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Steffen Heintsch für AW3P





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LG Köln, Az. 14 S 18/17

#11262 Beitrag von Steffen » Freitag 13. April 2018, 17:32

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Rechteinhaber gewinnen Berufung vor dem Landgericht Köln - Ein den Internetanschluss nutzendes Familienmitglied kommt als Täter der Rechtsverletzung nicht ernsthaft in Betracht, wenn dieser auf Nachfrage die Rechtsverletzung abstreitet und der Anschlussinhaber sich mit dieser Antwort zufrieden gibt



17:30 Uhr




Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Im unten genannten Verfahren hat sich das Landgericht Köln u.a. mit dem Umfang der sekundären Darlegungslast bei einer ausschließlichen Mitnutzung des Internetanschlusses durch Familienmitglieder befasst.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... erletzung/




Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _18_17.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann




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Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich gegen den Tatvorwurf mit der Behauptung gewehrt, er selbst habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Zu den maßgeblichen Verletzungszeiten sei er nicht zu Hause gewesen bzw. habe geschlafen. Das Musikalbum sei ihm unbekannt und es habe sich zu keiner Zeit in seinem Besitz befunden. Auch Tauschbörsensoftware habe er nicht genutzt, ihm sei bereits deren Funktion unbekannt.

Neben ihm habe seine im Haushalt lebende Ehefrau generell Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Diese habe sich zuhause aufgehalten und auf Nachfrage sogar bestätigt, das Internet zu den Zeiten der Rechtsverletzung tatsächlich genutzt zu haben. Auf Nachfrage habe sie allerdings angegeben, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben, was der Beklagte auch nicht ernsthaft in Zweifel zog.

Die Ehefrau wurde vom Amtsgericht als Zeugin geladen, machte vor der Vernehmung jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Das Amtsgericht Köln wies daraufhin die Klage mit der Begründung ab, es könne nicht festgestellt werden, dass ausschließlich der Beklagte und nicht auch dessen Ehefrau Täter der Rechtsverletzung gewesen sei.

Auf die Berufung der Klägerin hob das Landgericht Köln das erstinstanzliche Urteil nunmehr auf und verurteilte den Beklagten in vollem Umfang.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts habe der Beklagte mit seinem Vorbringen die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast gerade nicht erfüllen können. Dass die Ehefrau des Beklagten auf Nachfrage zugestanden haben will, den Internetanschluss zur konkreten Verletzungszeit genutzt zu haben, führe nicht zwingend dazu, dass diese auch ernsthaft als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht komme. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Ehefrau ihre persönliche Täterschaft abgestritten, der Beklagte diese Angabe nicht angezweifelt und darüber hinaus die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzung bestritten habe.

Der Vortrag des Beklagten zur Ehefrau sei insoweit "bewusst detailarm" und sogar "widersprüchlich", weshalb er nicht den Anforderungen an die Darlegungslast und den damit einhergehenden Nachforschungspflichten eines Anschlussinhabers genüge. Etwas anderes gelte auch nicht vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Ehefrau um ein Familienmitglied handelt.

"Vorliegend genügt der Vortrag des Beklagten zu seinem eigenen Verhalten bereits nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs "Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15, juris Rn. 15, 27) aufgestellt wurden. Auch in der vorgenannten Entscheidung, auf welche der Beklagte Bezug nimmt, führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs vom im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren, der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eigenen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (Bundesgerichtshof, a.a.O., "Afterlife" juris Rn. 15, 27).

Der Vortrag hierzu ist zum einen bewusst detailarm, zum anderen widersprüchlich. Soweit der Beklagte zum Thema Filesharing vortragen lässt, er wisse nicht einmal, worum es sich dabei handele und sich der Beklagte, von Beruf Arzt, als nahezu unbedarft darstellt, steht dies im Widerspruch zur außergerichtlichen Korrespondenz, im Rahmen derer der Beklagte der Klägerin mitteilen ließ, er habe Mitbewohner angewiesen, keine Downloads vorzunehmen (...). Auch der Vortrag, ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, steht im Widerspruch zu dem Vortrag "jedenfalls" sei es nicht in seinem Besitz.

(...) Der Beklagte hat seiner Darlegungslast auch im Übrigen nicht genügt. So hat der Beklagte weder Angaben zu seinem eigenen Nutzungsverhalten, noch erstinstanzlich zu dem seiner Ehefrau vorgetragen, keine Angaben zu dem Vorhandensein der Zahl von internetfähigen Geräten in dem Familienhaushalt gemacht und sich insbesondere nicht dazu erklärt, ob die jeweiligen Computer der Ehegatten auch vom jeweils anderen Ehegatten (mit)genutzt wurden oder ob es einen gemeinsam genutzten Computer gab. Bereits aus diesem Grund ist nach dem Vorbringen des Beklagten nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beklagten als Alleintäterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Betracht kommt.

Darüber hinaus hat der Beklagte erstinstanzlich trotz der mehrfachen Ermittlungen, aufgrund derer auch dem Beklagten bewusst sein musste, dass die Rechtsverletzungen von seinem Anschluss aus erfolgten, also nur von dem Beklagten selbst oder seiner Ehefrau begangen worden sein können, seine Ehefrau nicht als Täterin bezeichnet. Vielmehr hat der Beklagte ausgeführt, seine Ehefrau habe sich seines Wissens keine Urheberrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen, es müsse ein Ermittlungsfehler vorliegen. Dies spricht dafür, dass der Beklagte die wiederholten Erklärungen seiner Ehefrau, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen, für wahrheitsgemäß hält. Denn das nur pauschal vorgetragene Leugnen der Tathandlung hat der Beklagte nach eigenem Vorbringen nicht weiter hinterfragt. Wenn der Beklagte indes die Aussage seiner Ehefrau nicht in Zweifel zieht, hat er nach Ansicht der Kammer gerade nicht vorgetragen und dargelegt, dass ein anderer, hier die Ehefrau des Beklagten, als alleinige Täterin in Betracht kommt (zu einem vergleichbaren Fall vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 15.02.2018 - Az. 14 S 13/17). Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau.
"

Dass die von der Klägerseite als Zeugin angebotene Ehefrau erstinstanzlich das Zeugnis verweigerte, sei mithin unerheblich, da es mangels Erfüllung der sekundären Darlegungslast einer Beweisaufnahme überhaupt nicht bedurfte.

"Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegende nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen."

Auch die ansonsten umfassenden, aber im Ergebnis pauschal verbliebenen Einwände der Beklagtenseite konnten keinerlei Berücksichtigung finden. So war nach Auffassung des Landgerichts aufgrund des unsubstantiierten Bestreitens und mangels anderweitiger Angaben insbesondere von der Anspruchsbefugnis der Klägerin sowie der korrekten Ermittlung der Rechtsverletzung auszugehen. Die Höhe der geltend gemachten Ansprüche erachtete das Landgericht ebenfalls für angemessen.

Folgerichtig hat die Kammer die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der Beklagte wurde daher zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche in voller Höhe sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten beider Instanzen verurteilt. Die Entscheidung wurde von WALDORF FROMMER für ein führendes Medienunternehmen erwirkt.








LG Köln, Urteil vom 15.02.2018, Az. 14 S 18/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


14 S 18/17

125 C 228/16
Amtsgericht Köln


Verkündet am 15.02.2018
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle .



Landgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der Firma [Name] vertreten durch die [Name] München,
Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte: WALDORF FROMMER Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 50737 Köln,
Beklagten und Berufungsbeklagten,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwälte [Name] GbR, 50674 Köln,





hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht und den Richter am Landgericht

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 03.04.2017, Az.: 125 C 228/16, wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2015 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in I. und II. Instanz. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.





I.

Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Musikalbum [Name] des Künstlers [Name] gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz i.H.v. mindestens 450,00 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 506,00 EUR geltend.

Auf der CD sowie dem Cover des streitgegenständlichen Musikalbums ist jeweils vermerkt: [Text].

Das streitgegenständliche Musikalbum wurde ohne Zustimmung der Rechteinhaber in Peer-to-Peer-Netzwerken, sogenannten Filesharing-Tauschbörsen, anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten.

Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster Ermittlungen teilte die von der Klägerin beauftragte Firma Digital Forensics GmbH der Klägerin mit, dass sie mittels des von ihr eingesetzten "Peer-to-Peer Forensic System" ("PFS") festgestellt habe, dass das streitgegenständliche Musikalbum in der Zeit vom [Datum] bis zum [Datum] vier Mal unter drei verschiedenen IP-Adressen von Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes anderen Nutzern zum Download angeboten worden war (Bl. 18 GA; Anlage K 3, Bl. 45 GA).

Die Deutsche Telekom AG - Konzernmutter der Deutschen Telekom GmbH - erteilte der Klägerin aufgrund des von dieser bei dem Landgericht Köln gemäß § 101 Abs. 9 UrhG erwirkter Gestattungsbeschlusses (Az. 214 O 205/12) die Auskunft, dass die festgestellten IP-Adressen zu den angegebenen Tatzeitpunkten jeweils dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen waren (Anl. K 2, Bl. 44 GA). Der Beklagte war im Jahr [Jahreszahl] Inhaber eines von der Deutschen Telekom GmbH zur Verfügung gestellten Internetanschlusses mit WLAN-Verbindung, welches mittels WPA2-Verschlüsselung und individuellen Passwortes gesichert war. Er wohnte damals wie heute mit seiner Ehefrau zusammen.

Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom [Datum] wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzung vom [Datum] abmahnen und zur Zahlung von Lizenzschadensersatz auffordern (Anlage K 4-1, Bl. 46 ff. GA). Diesbezüglich begehrt die Klägerin Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 506,00 EUR, berechnet nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale.

Der Beklagte gab mit Schreiben vom [Datum] eine Unterlassungserklärung ab, lehnte Zahlungen an die Klägerin indes ab unter Hinweis darauf ab, dass er selbst das Werk nicht heruntergeladen habe und Mitbewohner angewiesen worden seien, keine Downloads vorzunehmen (Anlage K4-2, Bl. 57 GA). In der Folge forderte die Klägerin den Beklagten mehrfach vergeblich, zuletzt mit Schreiben vom 16.04.2015 (Anl. K4:7; Bl. 74 ff. GA) unter Fristsetzung bis zum 23.04.2015 zur Zahlung von Lizenzschadensersatz i:H:v. 450,00 EUR und Begleichung der Rechtsanwaltskosten auf.

Die Klägerin hat behauptet, sie verfüge über die Rechte des Tonträgerherstellers nach. § 85 UrhG unter Bezugnahme auf die unter "www.musicline.de"abrufbare Datenbank der Musikwirtschaft. Sie behauptet, für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stünden ihr die exklusiven Rechte zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung aus einem konzerninternen Repertoire-Austauschvertrag mit der [Name] zu.

Der Beklagte habe zu den oben genannten Zeitpunkten des Musikalbum im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten. Die Ermittlungen seien zutreffend erfolgt, was sie näher ausführt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei für die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen täterschaftlich verantwortlich. Er habe seiner Darlegungslast als Anschlussinhaber nicht genügt. Weder habe der Beklagte zur eigenen Nutzung ausreichend vorgetragen, noch widerspruchsfrei zur Nutzung des Internetanschlusses durch Dritte, insbesondere seiner Ehefrau.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadenersatz gegen den Beklagten zu, welcher wegen der Möglichkeit, Musikalben zeitlich unbegrenzt auszuwerten, vom Gericht gemäß § 287 ZPO mit mindestens 450,00 EUR zu bemessen sei. Im Hinblick auf die Abmahnkosten sei der nunmehr geltende § 97 Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. nicht anwendbar, da auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung abzustellen.

Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und ausgeführt, in Anlage K 1 sei eine Firma RCA Records als Urheber und Produzent ausgewiesen. Der Beklagte hat ferner bestritten, die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen zu haben. Er hat bestritten, dass das vorgetragene Ermittlungsergebnis zutreffend sei, insbesondere die entsprechenden IP-Adressen und Upload-Angebote korrekt ermittelt und die IP-Adressen ihm zugeordnet gewesen seien.

Er hat behauptet: Ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, "jedenfalls" (Schriftsatz vom 03.08.2016, Seite 3, Bl. 121 GA) habe es sich zu keiner Zeit in seinem Besitz befunden. Er habe weder irgendeine Tauschbörsen-Software genutzt, noch jemals ein sonstiges Filesharing-Netzwerk aufgesucht. Ein solches Programm sei zu keiner Zeit auf der Festplatte seines Rechners installiert gewesen. Er wisse gar nicht, was ein Filesharing-Netzwerk sei, geschweige denn, wie ein solches funktioniere. Er habe "den streitgegenständlichen Film" (Schriftsatz vorn 03.08.2016, Seite 11, Bl. 129 GA) weder zu den Tatzeitpunkten noch zu einem anderen Zeitpunkt zum Download angeboten. Er habe zu den Tatzeiten am [Datum] geschlafen, am [Datum] sei er beruflich unterwegs gewesen. Seine Ehefrau sei zu den Tatzeiten jeweils zu Hause gewesen. Seine Ehefrau habe damals mit einem eigenen Rechner unabhängig und selbstständig den Internetanschluss des Beklagten genutzt. Auf Nachfrage unmittelbar nach Erhalt des Abmahnschreibens habe seine Ehefrau bejaht, zu den streitgegenständlichen Tatzeiten am [Datum] und [Datum] mit ihrem eigenen Rechner online gewesen zu sein, den Tatvorwurf als solchen aber bestritten. Soweit dem Beklagten bekannt; habe seine Ehefrau noch nie Urheberrechtsverletzungen begangen.

Der Beklagte meint, weitergehende Nachforschungspflichten habe er nicht, er sei seiner ihn als Anschlussinhaber treffenden, sekundären Darlegungslast nachgekommen.

Mit Urteil vom 03.04.2017 (BI. 248 ff. GA) hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei jedenfalls der ihm als Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Vortrag des Beklagten sei ausreichend. Sofern Mitnutzer, eines Internetanschlusses vorhanden seien, die auch als Täter des Filesharing generell in Betracht kämen, sei die für die tatsächliche Vermutung erforderliche höchster Wahrscheinlichkeit erkennbar nicht erreicht. Die Klägerin sei sodann beweisfällig geblieben, weil die von der Klägerin als Zeugin benannte Ehefrau des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Köln vom 13.03.2017 die Aussage verweigert habe. Die Beklagte hafte auch nicht als Störer.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Gegen das ihr am 12.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.05.2017, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.07.2017 - mit Schriftsatz vom 10.07.2017, am 10.07.2017 bei Gericht eingegangen, begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht, das Amtsgericht habe die Anforderungen an die dem Beklagten als Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast verkannt. Nach den von dem Bundesgerichtshof hierzu aufgestellten Grundsätzen sei es nicht ausreichend, lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss zu behaupten. Darüber gehe der Vortrag des Beklagten jedoch nicht hinaus. Der Beklagte sei der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast zur Erschütterung der gegen ihn sprechenden tatsächlichen Vermutung der Täterschaft auch nicht ansatzweise nachgekommen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die mittlerweile ergangenen BGH-Entscheidungen. Hierzu habe der Beklagte zu eigenem Nutzerverhalten und dem seiner Ehefrau vortragen und das Ergebnis von Nachforschungen mitteilen müssen. Auch habe sich der Beklagte nicht dazu erklärt, welche internetfähigen Endgeräte sich in seinem Haushalt befunden hätten und auf welche er berechtigt zugreifen konnte. Der Vortrag des Beklagten zur möglichen Täterschaft seiner Ehefrau sei weder substantiiert, noch plausibel vor dem Hintergrund, dass erstinstanzlich der Beklagte selbst nicht von einer Täterschaft seiner Ehefrau ausgegangen sei, sondern Ermittlungsfehler vorgetragen habe. Soweit die Beklagte nun weiter zur Nutzung durch seine Ehefrau vortrage, sei dieser Vortrag ohnehin verspätet.



Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.



Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.



Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er trägt weiter vor, seine Ehefrau habe ihren eigenen Rechner (Laptop) schon im [Name] zur elektronischen Datenverarbeitung und zur Kommunikation und Informationen und zum Online-Konsum von Social Media, Musik und Filmen genutzt. Er sei davon ausgegangen, dass dies über legale Dienste erfolgte. Gegenteilige Hinweise habe es nicht gegeben.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.



II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.


1.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und, in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, 517, 519, 522 ZPO.


2.

Die Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin rügt zu Recht gemäß § 513 ZPO, dass die Entscheidung des Amtsgerichts auf einer Rechtsverletzung (§§ 546, 286) ZPO beruht und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.


a)

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung des Musikalbums [Name] in Form der öffentlichen Zugänglichmachung aus §§ 97 Abs. 2, 85 Abs. 1, 2, 31 Abs. 3 UrhG sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 97 a Abs. 1 UrhG a.F. in' Höhe von insgesamt 956,00 EUR (450,00 EUR + 506;00 EUR) zu.


aa)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Gemäß § 85 Abs, 4 i.V.m. § 10 Abs. 1 UrhG wird vermutet, dass die Inhaberin der Tonträgerrechte an dem streitgegenständlichen Musikalbum ist, weil sie auf Vervielfältigungsstücken in der üblichen Weise, nämlich durch den Vermerk als Rechtsinhaberin bezeichnet ist. Keines Beweises. bedurfte der Vortrag der Klägerin, bei der [Name] handele es sich um die amerikanische Dachgesellschaft der Klägerin, weil dieser Umstand der erkennenden Kammer aus einer Vielzahl. von Rechtsstreitigkeiten und Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG gerichtsbekannt ist. Das weitere Vorbringen der Klägerin, dass diese für die Bundesrepublik Deutschland aufgrund eines konzerninternen Repertoire- Austauschvertrages ("International Repertoire License") verfügt, hat der Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten. Denn der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Tonaufnahmen auf Tonträgern sowie über kostenpflichtige Download-Portale im Internet auswertet. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin diese Nutzungshandlungen ohne entsprechende Berechtigung hätte vornehmen können. Insbesondere trägt der Beklagte nicht vor, wer, wenn nicht die Klägerin, zur Nutzung des Musikalbums für die Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei. Schließlich hat der Beklagte auch das Vorbringen der Klägerin . zur Eintragung in den Produktkatalog der Musikwirtschaft nicht bestritten.


bb)

Als Inhaberin der Tonträgerherstellerrechte für die Bundesrepublik Deutschland steht der Klägerin das ausschließliche Recht zu, den Tonträger öffentlich zugänglich zu machen (§§ 85 Abs. 1, 31 Abs. 3 UrhG).


cc)

Der Beklagte ist passivlegitimiert, weil über seinen Internetanschluss vom [Datum] bis zum [Datum] das streitgegenständlichen Musikalbum mehrfach im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten wurde. Dies stellt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § §§ 85 Abs. 1, 19a UrhG dar.

Im Hinblick auf die Mehrfacherfassungen des Internetanschlusses des Beklagten über unterschiedliche IP-Adressen im Rahmen der Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen vom [Datum] ist ein Indizienbeweis geführt, aufgrund dessen an der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses keine Zweifel bestehen. Denn es ist äußerst unwahrscheinlich, dass mehrere unrichtige Ermittlungen zu dem Internetanschluss derselben Person führen könnten, weshalb in Fällen von Mehrfachermittlungen unter unterschiedlichen IP-Adressen der Anschlussinhaber substantiiert dazu vortragen muss, weshalb dennoch Zweifel an der Richtigkeit dieser Mittelungsergebnisses begründet sein könnten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012 - Az. 6 U 239/11).

Schließlich bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Deutsche Telekom AG - und nicht der Vertragspartner der Beklagten, der Reseller Deutsche Telekom GmbH - nach dem Beschluss des Landgerichts Köln die Auskunft erteilt hat (vgl. Urteil der Kammer vom 02. Juni 2016 - Az. 14 S 21/14, Tz. 63 und nun auch BGH, Urteil vom 13.7.2017, I ZR 193/16).


dd)

Der Beklagte ist auch täterschaftlich dafür verantwortlich, dass das streitgegenständliche Musikalbum zu den hier fraglichen Zeitpunkten über seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich gemacht worden ist.

Der Beklagte hat den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht in erheblicher Weise bestritten.

Nach allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-) Schadensersatz sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vorn 15. 11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 - Morpheus, juris Rn. 32; BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - BearShare, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 175/14 - Tauschbörse III; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil 06.10.2016 - I ZR 154/15 - Afterlife; BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud). Auch besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist. Hierfür fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 Afterlife).

Eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers greift aber ein, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, Urteil vom 11.06.2015 -I ZR 175/14 - Tauschbörse III; BGH, Urteil vorn 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud).

Eine diese tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III, juris Rn. 37; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 -. Everytime we touch, juris Rn. 33; BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 - Afterlife, juris Rn. 15; Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 - Loud).

Dabei betrifft die sekundäre Darlegungslast die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 - Az. 29 U 2593/15 - Loud, juris Rn. 38; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch; BGH, Urteil vom 06.10.2016 - Afterlife, juris. Rn. 15).

Vorliegend genügt der Vortrag der Beklagten zu seinem eigenen Verhalten bereits nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs "Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15, juris Rn. 15, 27) aufgestellt werden. Auch in der vorgenannten Entscheidung, auf welche der Beklagte Bezug nimmt, führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eigenen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (BGH, a.a.O., Afterlife juris Rn. 15, 27).

Der Vortrag des Beklagten hierzu ist zum einen bewusst detailarm, zum anderen widersprüchlich. Soweit der Beklagte zum Thema Filesharing vortragen lässt, er wisse nicht einmal, worum es sich dabei handele und sich der Beklagte, von Beruf Arzt, als nahezu unbedarft darstellt, steht dies im Widerspruch zur außergerichtlichen' Korrespondenz, im Rahmen derer der Beklagte der Klägerin mitteilen ließ, er habe Mitbewohner angewiesen, keine Downloads vorzunehmen (Schreiben vom 04.09.2012, Anlage K 4-2). Auch der Vortrag, ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, steht im Widerspruch zu dem Vortrag "jedenfalls" sei es nicht in seinem Besitz. Die Vornahme von Upload-Angeboten bestreitet der Beklagte nur in Bezugnahme auf den streitgegenständlichen "Film", wobei offen ist, ob es sich hierbei um ein Schreibversehen handelt. Auch das Vorbringen des Beklagten zu von ihm angestrengten Nachforschungen ist wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich und damit unzureichend. So trägt der Beklagte vor, er habe unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung seine Ehefrau befragt und diese habe erklärt, zu den Tatzeiten vom [Datum] online gewesen zu sein, sie habe den Tatvorwurf jedoch geleugnet. Dieser Vortrag des Beklagten ist nicht erklärlich vor dem Hintergrund, dass Gegenstand der Abmahnung vom [Datum] (Anlage K 4-1, Bl. 46 ff GA) lediglich der Tatzeitraum vom [Datum] war und der Beklagte deshalb seine Ehefrau zu den Rechtsverletzungen vom [Datum] nicht befragen konnte, es sei denn, aus eigener Kenntnis. Denn der Beklagte trägt vor, die Abmahnung der Klägerin sei die erste ihrer Art gewesen.

Der Beklagte hat seiner Darlegungslast auch im Übrigen nicht genügt. So hat der Beklagte weder Angaben zu seinem eigenen Nutzungsverhalten, noch erstinstanzlich zu dem seiner Ehefrau vorgetragen, keine Angaben zu dem Vorhandensein der Zahl von Internetfähigen Geräten in dem Familienhaushalt gemacht und sich insbesondere nicht dazu erklärt, ob die jeweiligen. Computer der Ehegatten auch von dem jeweils anderen Ehegatten (mit) genutzt wurden oder ob es noch einen gemeinsam genutzten Computer gab. Bereits aus diesem Grund ist nach dem Vorbringen des Beklagten nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beklagten als Alleintäterin der streitigen ständigen Rechtsverletzungen in Betracht kommt.

Darüber hinaus hat der Beklagte erstinstanzlich trotz der mehrfachen Ermittlungen, aufgrund derer auch dem Beklagten bewusst sein musste, dass die Rechtsverletzungen von seinem Anschluss aus erfolgten, also nur von dem Beklagten selbst oder seiner Ehefrau begangen worden sein können, seine Ehefrau nicht als Täterin bezeichnet. Vielmehr hat der Beklagte ausgeführt, seine Ehefrau habe sich seines Wissens keine Urheberrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen, es müsse ein Ermittlungsfehler vorliegen. Dies spricht dafür, dass der Beklagte die. wiederholten Erklärungen seiner Ehefrau, sie habe die Rechtsverletzungen nicht begangen, für wahrheitsgemäß hält. Denn das nur pauschal vorgetragene Leugnen der Tathandlungen hat der Beklagte nach eigenem Vorbringen nicht weiter hinterfragt. Wenn der Beklagte indes die Aussage. seiner Ehefrau nicht in Zweifel zieht, hat er nach Ansicht der Kammer gerade nicht vorgetragen und dargelegt, dass ein anderer, hier die Ehefrau des Beklagten, als alleinige Täterin in Betracht kommt (zu einem vergleichbaren Fall vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 15.02.2018. - Az. 14 S 13/17). Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau. Es kann aus diesem Grund dahinstehen, ob. der Vortrag des Beklagten in zweiter Instanz zu Nutzungsverhalten seiner Ehefrau zutrifft und im Hinblick auf das bewusste Zurückhalten des Vorbringens in erster Instanz überhaupt berücksichtigungsfähig wäre.

Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegend nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.


ee)

Der Beklagte handelte auch widerrechtlich, da er von der Klägerin keine Lizenz zur Nutzung des streitgegenständlichen Musikalbums erworben hatte.

Das dem Beklagten zur Last fallende Verschulden im Sinne von § 276 BGB liegt darin, dass der Beklagte zumindest fahrlässig verkannt hat, zum Anbieten von Musikalben über seinen Internetanschluss im Rahmen von Filesharing-Tauschbörsen ohne Zustimmung der Klägerin nicht berechtigt zu sein.


ff)

Der Höhe nach steht der Klägerin wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung ihrer Urheberrechte durch den Beklagten nach der von ihr gewählten Schadensberechnungsart der sogenannten Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG ein Zahlungsanspruch in Höhe von 450,00, EUR zu.

Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse I). Dabei ist für die Bemessung des Lizenzschadensersatzes maßgeblich und im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts, welches die Beklagte durch Teilnahme an der Filesharing-Tauschbörse in Anspruch genommen hat, vereinbart hätten (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG).

Der der Klägerin zustehende Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau. Es kann aus diesem Grund dahinstehen, ob. der Vortrag des Beklagten in zweiter Instanz zu Nutzungsverhalten seiner Ehefrau zutrifft und im Hinblick auf das bewusste Zurückhalten des Vorbringens in erster Instanz überhaupt berücksichtigungsfähig wäre.

Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegend nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.

Streitgegenständlich ist nicht eine einmalige Kopie des streitgegenständlichen Musikalbums, sondern von dem Beklagten wurde das Recht in Anspruch genommen, dieses im Internet unbeschränkt im Rahmen eines Netzwerkes für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereithalten zu dürfen und damit im Sinne von § 19a UrhG öffentlich zugänglich zu machen. Der der Klägerin zustehende Schadensersatzanspruch kann aus diesen Gründen nicht auf den Kaufpreis einer Kopie des Musikalbums beschränkt oder daran orientiert werden, da das von dem Beklagten in Anspruch genommene Nutzungsrecht zum weltweiten öffentlichen. Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Musikalbums einen wesentlich größeren Umfang hatte als der (einmalige) Erwerb eines Vervielfältigungsstücks, etwa in Form einer CD. Demzufolge hätten vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien eine an dem Umfang dieser Lizenz orientierte, wesentlich höhere Lizenzgebühr als die für den Erwerb eines Vervielfältigungsstücks vereinbart. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die durch die Mehrfacherfassungen des Anschlusses des Beklagten dokumentierte Intensität der Rechtsverletzungen von Seiten des Beklagten.

Sachgerecht erscheint es aus diesen Gründen, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der im Schwerpunkt für, Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Kammer ist aus mehreren Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Upload einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharing-Netzwerke im Internet jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz für den Regelfall an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 - Az. 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - Az. 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu I ZR 19/14, I ZR 21/14, I ZR 75/14 - Tauschbörse I bis III).

Vor diesem Hintergrund hält die Kammer für das rechtswidrige Download-Angebot des streitgegenständlichen Musikalbums den von der Klägerin eingeforderten Betrag von 450,00 EUR für angemessen.


b)

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom [Datum] ist gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. in Höhe von 506,00 EUR begründet.

Der Anspruch der Klägerin ist gemäß § 97a UrhG a.F. in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung zu beurteilen.. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteile v. 12.05.2016 - I ZR 272/14 - Die Päpstin, juris Rn. 19; m.w.N.).

Die Abmahnung des Beklagten vom 23.08.2012 war berechtigt, da der. Klägerin aus vorstehenden Gründen gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 85 Abs. 1 UrhG wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums zustand; die für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs vorauszusetzende Wiederholungsgefahr war durch die vorangegangene Rechtsverletzung indiziert. Insbesondere handelt es sich bei der Ermittlung der Rechtsverletzung in so genannten Filesharing-Netzwerken wie im vorliegenden Fall und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche nicht um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97a UrhG in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung (ständige Rechtsprechung der Kammer; OLG Köln, Beschluss vom 13.09.2013 - Az. 6 W 152/13; BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 1/15 - Tannöd).

Der Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR für den Unterlassungsanspruch wegen der öffentlichen Zugänglichmachung eines Musikalbums übersteigt nicht den Wert, den die Kammer regelmäßig in derartigen Fällen für das Jahr [Jahreszahl] annahm. Umstände, die ein Abweichen von dieser regelmäßigen Bestimmung des Gegenstandswertes begründen könnten, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich anhand einer - geforderten - 1,0 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR. Damit ergeben sich 486,00 EUR, zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7300 W RVG in Höhe von 20,00 EUR, wobei die bis zum 31.07.2013 geltenden Gebührensätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zugrunde zu legen sind. Daraus folgt ein Gesamtbetrag von 506,- EUR.


c)

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2, 247 BGB.



III.

Die Kostenentscheidung beruht § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 .Nr. 8 EGZPO.



IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).



V.

Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 03.01.2018, bei Gericht eingegangen innerhalb der Schriftsatzfrist, hat vorgelegen, gibt jedoch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Wandlung gemäß § 156 ZPO, weil die Berufung der Klägerin auch ungeachtet des nachgelassenen Vorbringens in vollem Umfang Erfolg hat.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 956,00 EUR festgesetzt.



[Name]
Vorsitzenden Richter am Landgericht

[Name]
Richterin am Landgericht

[Name]
Richter am Landgericht




Beglaubigt [Name], Justizbeschäftigte
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Landgericht Köln (...)








~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Köln, Urteil vom 15.02.2018, Az. 14 S 18/17,
Vorinstanz: AG Köln, Urteil vom 03.04.2017, Az. 125 C 228/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
detailarmer und widersprüchlicher Sachvortrag

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Steffen
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AG Landshut, Az. 4 C 1319/16

#11263 Beitrag von Steffen » Freitag 13. April 2018, 22:13

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): P2P-Verfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Landshut - Sekundäre Darlegungslast kann nicht durch widersprüchlichen Vortrag erfüllt werden


22:05 Uhr


Gegenstand des Gerichtsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Landshut in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte schriftsätzlich behauptet, den streitgegenständlichen Film nicht in einer Tauschbörse verbreitet zu haben. Zum Tatzeitpunkt hätten seine Ehefrau, seine Kinder sowie sein Schwiegersohn ebenfalls unbeschränkten Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt. Zwar hätten allesamt die Begehung der Tat auf seine Nachfrage hin abgestritten, jedoch könne es sich bei diesen Angaben auch um reine Schutzbehauptungen handeln. Schließlich hätten die Familienmitglieder in größerem Umfang Filme und Musikdateien heruntergeladen, wenn auch - nach Kenntnis des Beklagten - auf legalem Wege.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... lt-werden/




Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 319_16.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Eva-Maria Forster



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Im Termin zur mündlichen Verhandlung bekräftigte der Beklagte dann, er glaube seiner Familie, dass sie die Tat nicht begangen hätten. Auch im Übrigen widersprach der Beklagte seinen schriftsätzlichen Ausführungen in wesentlichen Teilen. Die bereits zum Termin als Zeugen geladenen Familienmitglieder machten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch bzw. bestätigten, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich gewesen zu sein.

Das Amtsgericht bewertete den Vortrag des Beklagten insgesamt als nicht ausreichend zur Erfüllung der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sein Vorbringen widersprüchlich gewesen sei. Darüber hinaus sei der Beklagte seinen Nachforschungspflichten nur unzureichend nachgekommen. Die ergebnislose Nachfrage bei den weiteren Familienmitgliedern, ob diese für die Rechtsverletzung verantwortlich seien, sei auch unter Berücksichtigung des Art. 6 GG schlicht zu wenig.

"Zwar hat der Beklagte schriftsätzlich vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.10.2016 - ZR 154/15 - "Afterlife" aus Sicht des Gerichts hinreichend konkret vorgetragen. Er hat dies jedoch durch seine eigene Einlassung in der mündlichen Verhandlung wieder relativiert. Dabei hat der Beklagte angegeben, es könne sein, dass an dem Tattag die Kinder und / oder Enkelkinder bei ihm zu Hause gewesen wären. Die seien täglich bei ihm. Sie würden auch bei ihm ins Internet gehen und darüber Filme anschauen bzw. Musik hören. Was sie im Einzelnen machen würden, überprüfe er nicht.

Damit hat der Beklagte die konkrete Möglichkeit eingeräumt, dass zum Tatzeitpunkt auch andere als die von ihm benannten Familienangehörigen die Tat begehen hätten können. Insoweit hat der Beklagte aber nur pauschal vorgetragen, jeden einzelnen befragt zu haben und alle hätten abgestritten. Das genügt der sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" offenkundig nicht, weil damit der Klägerin von vorneherein die Möglichkeit abgeschnitten wird, etwaige in Betracht kommende Täter als Zeugen zu benennen.
"

Im Übrigen war das Amtsgericht auch nicht überzeugt davon, dass der Beklagte die von ihm behauptete Befragung tatsächlich durchgeführt hat. Denn im Rahmen der mündlichen Verhandlung berief sich der Beklagte gerade darauf, die Abmahnung für Betrug gehalten und deshalb "selbst nichts weiter unternommen" zu haben.

"Ein weiterer Grund, weshalb der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" durch seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist, liegt darin, dass der Beklagte angegeben hat, er sei gegenüber der Abmahnung sehr skeptisch gewesen, sei von einem Betrug ausgegangen und habe selbst nichts weiter unternommen. Es stellte sich sodann heraus, dass nicht der Beklagte seinen Prozessbevollmächtigten aufgesucht hatte, sondern dessen Sohn [Name] und der Beklagte letztlich nur die Anwaltsvollmacht unterschrieben hat."

Es sei daher zu vermuten, dass der Beklagte die erforderlichen Nachforschungen von seinem Sohn durchführen ließ. Dieser wiederum sollte nach dem entsprechenden Vortrag aber selbst als Täter in Betracht kommen. Dass der Beklagte die Nachforschungen einem potentiellen Täter überließ, führe zu erheblichen Zweifeln am Wahrheitsgehalt des Vortrages, was allein zu Lasten des Beklagten gehe.

Die Forderungshöhe hielt das Amtsgericht ebenfalls für angemessen. Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz und zum Ersatz der außergerichtlichen Abmahnkosten sowie zur Übernahme der Kosten des Verfahrens.








AG Landshut, Urteil vom 10.11.2017, Az. 4 C 1319/16



(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Landshut

Az.: 4 C 1319/16




IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 84030 Ergolding,
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 84028 Landshut,



wegen Urheberrecht




erlässt das Amtsgericht Landshut durch den Richter am Amtsgericht [Name] am 10.11.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2017 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.11.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.





Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.




Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten wegen Urheberrechtsverletzung durch Filesharing im Internet.

Die Klägerin ist Urheberrechtsinhaberin am Film [Name] mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom [Datum] (Anlage K4 - 1) mahnte sie den Beklagten wegen streitiger Urheberrechtsverletzung ab und forderte zur Zahlung von Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten auf.

Die Klägerin behauptet, am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr sei vom Internetanschluss des Beklagten aus unter der IP-Adresse [IP] der vorgenannte Film zum Herunterladen für Dritte angeboten worden.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.11.2015 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.11.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.



Der Beklagte trägt vor, er habe den Film nicht zum Download angeboten. Selbständigen, zeitlich unbeschränkten Zugang zu seinem Internetanschluss hätten zum vermeintlichen Tatzeitpunkt seine Ehefrau [Name], Sohn [Name], seine Tochter [Name] und sein Schwiegersohn [Name] gehabt. Diese Personen habe er nach Erhalt der Abmahnung befragt. Im Ergebnis hätten jedoch alle eine Tatbegehung abgestritten. Der Kläger halte es für möglich, dass es sich dabei um bloße Schutzbehauptungen handelt. Den WLAN-Zugang habe jede dieser Personen uneingeschränkt nutzen können, er sei nicht durch ein gesondertes Passwort gesichert gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen [Namen].

Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.



I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das AG Landshut sachlich nach §§ 23, 71 GVG und örtlich gemäß § 105 UrhG, § 45 Abs. 1 GZVJu zuständig.



II.

Die Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gegen den Beklagten nach § 97 Abs. 2 Satz 1, Satz 3 UrhG.

Der Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des Filmes zumindest fahrlässig widerrechtlich verletzt.


a)

Der streitgegenständliche Film ist über den Anschluss des Beklagten hochgeladen worden. Die Klägerin halt im Detail die einzelnen Schritte der Ermittlung dieses Sachverhalts geschildert und alle Ergebnisse offengelegt. Demgegenüber genügt das reine Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen nicht, § 138 Abs. 3 ZPO. Soweit der Beklagte weiter auf den Aufsatz "Zuverlässigkeit von IP-Adressen Ermittlungssoftware" (CR 2011, 203) verweist, liegt ebenfalls kein hinreichend substantiiertes Bestreiten vor, da der entsprechende Aufsatz zeitlich vor der hier streitgegenständlichen Ermittlung liegt. Ausführungen zu vorherigen Versionen von Ermittlungssoftware stellen schon aufgrund dieses Umstands kein hinreichend konkretes Bestreiten dar.

Dass die von der Klägerin ermittelte IP-Adresse im Tatzeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet war, folgt aus der entsprechenden Auskunft des Providers (Anlage K3). Für die vom Beklagten angesprochenen Möglichkeiten, dass die Auskunft nicht authentisch sei und dem Provider bei der Auskunft auch ein Fehler unterlaufen sein könnte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Die entsprechenden Einwände des Beklagten sind deshalb als ins Blaue hinein zurückzuweisen.


b)

Der Beklagte ist für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich. Es kann dabei dahinstehen, ob der Beklagte die entsprechende nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung geltende tatsächliche Vermutung entkräftet hat. Denn jedenfalls hat der Beklagte durch seine eigene Einlassung in der mündlichen Verhandlung im Gegensatz zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt und die durchgeführte Beweisaufnahme hat keinen Nachweis dahingehend erbracht, dass eine andere Person der Täter war.


aa)

Sämtliche befragten Zeugen haben entweder eine Tatbegehung abgestritten oder berechtigt nach § 384 ZPO eine Angabe hierzu verweigert. Soweit die Zeugen Angaben gemacht haben, hat sich kein hinreichender Anhaltspunkt für eine Tatbegehung durch einen der Zeugen ergeben.


bb)

Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, weil er nicht alle zumutbaren Nachforschungen angestellt hat. Zwar hat der Beklagte schriftsätzlich vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 ("Afterlife") aus Sicht des Gerichts hinreichend konkret vorgetragen. Er hat dies jedoch durch seine eigene Einlassung in der mündlichen Verhandlung wieder relativiert. Dabei hat der Beklagte angegeben, es könne sein, dass an dem Tattag die Kinder und / oder Enkelkinder bei ihm zu Hause gewesen wären. Die seien täglich bei ihm. Sie würden auch bei ihm ins Internet gehen und darüber Filme anschauen bzw. Musik hören. Was sie im Einzelnen genau machen würden, überprüfe er nicht. Damit hat der Beklagte die konkrete Möglichkeit eingeräumt, dass zum Tatzeitpunkt auch andere als die von ihm benannten Familienangehörigen die Tat begehen hätten können. Insoweit hat der Beklagte aber nur pauschal vorgetragen, jeden Einzelnen befragt zu haben und alle hätten abgestritten. Das genügt der sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" offenkundig nicht, weil damit der Klägerin von vorneherein die Möglichkeit abgeschnitten wird, etwaige in Betracht kommende Täter als Zeugen zu benennen.

Ein weiterer Grund, weshalb der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast auch unter Anwendung der Maßstäbe aus der Entscheidung "Afterlife" durch seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen ist, liegt darin, dass der Beklagte angegeben hat, er sei gegenüber der Abmahnung sehr skeptisch gewesen, sei von einem Betrug ausgegangen und habe deshalb selbst nichts weiter unternommen. Es stellte sich dann heraus, dass nicht der Beklagte seinen Prozessbevollmächtigten aufgesucht hatte, sondern dessen Sohn, der Zeuge [Name] und der Beklagte letztlich nur die Anwaltsvollmacht unterschrieben hat. Demzufolge drängen sich hier erhebliche Zweifel auf, dass der Beklagte die schriftsätzlich behaupteten Ermittlungsmaßnahmen überhaupt selbst vorgenommen hat. Da sich offenbar der Zeuge [Name] um die Abwehr der Abmahnung gekümmert hat und der Beklagte angibt, selbst nichts weiter unternommen zu haben, ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Beklagte die behaupteten Nachforschungen zur Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast vollständig selbst vorgenommen hat.

Es steht stattdessen zu vermuten, dass der Zeuge [Name] zumindest zum Teil anstelle oder zusammen mit dem Beklagten die Nachforschungen durchgeführt und v.a. dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten weitergegeben hat. Da der Zeuge [Name] aber nach den Ausführungen des Beklagten als möglicher Täter in Betracht kommt, bestehen wiederum erhebliche Zweifel daran, ob der Beklagte den Zeugen [Name] tatsächlich hinreichend befragt hat. Weiter bestehen erhebliche Zweifel am behaupteten Umfang der vom Beklagten behaupteten Nachforschungen, wenn er sie jedenfalls zum Teil einem der als Täter in Betracht kommenden Zeugen überlassen hat. All diese Zweifel gehen hier zu Lasten des Beklagten, dessen Obliegenheit die Erfüllung der sekundären Darlegungslast ist.


c)

Die Tat war zumindest fahrlässig. Wer einen fremden, urheberrechtlich geschützten Gegenstand nutzen will, muss sich vorab Gewissheit über den Umfang seiner Nutzungsberechtigung verschaffen.


d)

Die Klägerin macht Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie geltend. Der Höhe der fiktiven Lizenzgebühr schätzt das Gericht hier gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR. Insoweit nimmt das Gericht Bezug auf die von der Klägerin mitgeteilten Schätzgrundlagen vor dem Hintergrund der tauschbörsenimmanenten lawinenartigen Verbreitung.


2.

Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der bis 08.10.2013 gültigen Fassung.

Die Abmahnung war nach den obigen Ausführungen berechtigt.

Der zugrunde gelegte Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit von 10.000,00 EUR entspricht der ständigen Rechtsprechung der Berufungskammer des LG München I bei einem Film. Die Höhe des Gebührenfaktors und die Pauschale für Post und Telekommunikation sind nicht zu beanstanden.

§ 97a Abs. 2 UrhG in der bis 08.10.2013 geltenden Fassung ist nicht anzuwenden. Es ist in der Instanzrechtsprechung geklärt, dass Fälle der vorliegenden Art weder einfach gelagert sind, noch eine unerhebliche Rechtsverletzung darstellen.


3.

Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befand sich jedenfalls nach dem geführten Schriftwechsel Anlagenkonvolut K4 seit 27.11.2015 in Verzug.



III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert ist nach §§ 39, 43, 48 GKG in Verbindung mit §§ 3, 6 ZPO festgesetzt.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.



gez. [Name]
Richter am Amtsgericht



Für die Richtigkeit der Abschrift Landshut, 10.11.2017
[Name], JHSekr
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Landshut, Urteil vom 10.11.2017, Az. 4 C 1319/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Aufsatz "Zuverlässigkeit von IP-Adressen Ermittlungssoftware" (CR 2011, 203),
widersprüchlicher Sachvortrag,
Zweifel am Sachvortrag

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Steffen
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#11264 Beitrag von Steffen » Mittwoch 18. April 2018, 00:12

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht Bielefeld - Verweis auf Kinder als Täter im Filesharing begründet Haftung nach § 832 BGB, keine Deckelung nach § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG


00:10 Uhr


Hamburg / Bielefeld, 17.04.2018 (eig.). Der Verweis auf Kinder als Täter im Filesharing begründet die Haftung des elterlichen Anschlussinhabers eines Internetanschlusses nach § 832 BGB. Eine Begrenzung der Erstattungspflicht von geltend gemachten Anwaltsgebühren nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG findet in Filesharing-Fällen nicht statt, soweit es um Computerspiele geht. Dies hat das Amtsgericht Bielefeld in einem nun bekannt gewordenen Urteil entschieden (Urt. v. 28.03.2018, Az. 42 C 309/17).



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Rechtsanwalt Nikolai Klute
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Bericht

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http://rka-law.de/filesharing/ag-bielef ... -s-2-urhg/



Urteil als PDF

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http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 309-17.pdf



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Zwar war das Amtsgericht davon überzeugt, dass die Beklagte die fragliche Verletzungshandlung (Bereithalten eines Computerspiels für Dritte in einer Filesharing- oder Tauschbörse) nicht selbst begangen hat; indes ist das Gericht von der Haftung der Beklagten nach § 832 BGB wegen der Verletzung von Aufsichtspflichten ausgegangen: "Da das Gericht davon überzeugt ist, dass die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen über den Anschluss der Beklagten erfolgt sind … , bleibt nur eines der Kinder als Täter übrig", so das Gericht. Den Beweis für die ordnungsgemäße Belehrung und Beaufsichtigung ihrer Kinder indes habe die Beklagte nicht geführt. Widersprüchlich sei bereits gewesen, dass die Beklagte ihre Kinder belehrt haben wolle, andererseits aber nicht gewusst hat, wie man über eine Tauschbörse an eine Datei gelangt. Dies spreche gegen eine ordnungsgemäße Belehrung. In der Folge hafte die Beklagte und sei zur Zahlung des geltend gemachten lizenzanalogen Teilschadensersatzes verpflichtet.

Auch zur Zahlung der geltend gemachten Anwaltsgebühren wurde die Beklagte in vollen Umfange verurteilt. Eine Deckelung der Erstattungspflicht für die Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG sei nicht anzunehmen, weil dies im vorliegenden Fall unbillig im Sinne von § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG ist. Im vorliegenden Fall wurde ein Computerspiel, welches nicht einmal ein Jahr vor den streitgegenständlichen Verletzungshandlungen veröffentlicht wurde, über eine Tauschbörse zum Download angeboten. Der Ermittlungszeitraum, in dem es zu insgesamt sechs Ermittlungen des Anschlusses der Beklagten kam, betrug ca. drei Monate, sodass von einer längeren Zurverfügungstellung und auch nicht von einer einmaligen Urheberrechtsverletzung auszugehen ist.

Die Rechtsprechung des Amtsgerichts Bielefeld folgt damit einer stärker werdenden Auffassung in der Rechtsprechung, dass eine Deckelung der Erstattungspflicht von Anwaltsgebühren nach §97a Abs. 3 S. 2 UrhG in Filesharingfällen, in denen es um Urheberrechtsverletzungen an Computerspielen geht, nicht vorzunehmen ist. Jüngst hatten das Amtsgericht Düsseldorf und das Amtsgericht Koblenz so entschieden.










AG Bielefeld, Urteil vom 28.03.2018, Az. 42 C 309/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -


42 C 309/17



Verkündet am 28.03.2018
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle



Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der [Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


Frau [Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name],





hat das Amtsgericht Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vom 07.03.2018 durch den Richter [Name]

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 745,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 750,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2014 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubter Verwendung des Computerspiels [Name] in einer Internettauschbörse geltend.

Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am streitgegenständlichen Computerspiel, welches im Mai 2013 veröffentlicht wurde und im zu Beginn der streitgegenständlichen Ermittlungen zu einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 29,99 EUR angeboten wurde.

Zum Zweck der Verfolgung widerrechtlicher Verbreitungen von geschützten Werken beauftragte die Klägerin die Excipio GmbH (heute firmieren unter TECXIPIO GmbH) mit der Überwachung bestimmter Peer-to-Peer-Netzwerke. Für einen Zeitraum vom 16.10.2013 bis zum 11.01.2014 teilte die Excipio GmbH der Klägerin mit, dass das streitgegenständliche Computerspiel zum Download angeboten worden sei über den Filesharing-Client "µTorrent 3.2.3" von einem unbekannten Nutzer mit verschiedenen IP-Adressen. Als genaue Ermittlungszeitpunkte nannte die Excipio GmbH den 16.10.2013 um 20:58:16 Uhr (IP-Adresse: [IP 1]), den 17.10.2013 um 01:13:57 Uhr (IP-Adresse: [IP 1]), den 14.11.2013 um 03:49:12 Uhr (IP-Adresse: [IP 2]),den 14.11.2013 um 04:06:00 Uhr (IP-Adresse: [IP 2]), den 11.01.2014 um 15:06:04 Uhr (IP-Adresse: [IP 3]) und den 11.01.2014 um 15:14:40 Uhr (IP-Adresse: [IP 3]).

Die Klägerin erwirkte beim Landgericht Köln (LG Köln Az: 222 O 181/13, Az: 237 O 187/13 und Az: 225 O 5/14) gegenüber dem Internetserviceprovider die Gestattung, Auskunft zu erteilen über Namen und Anschrift der Nutzer, denen u.a. die streitgegenständlichen IP-Adressen zugewiesen waren.

Der Internetprovider der Beklagten erteilte sodann die Auskunft, dass die streitgegenständlichen IP-Adressen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten dem Anschluss der Beklagten zugewiesen gewesen seien.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13.02.2014, welches sich lediglich auf die streitgegenständlichen Verstöße aus dem Jahr 2013 bezog, zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf und bot gleichzeitig an, Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin durch Zahlung eines pauschalen Vergleichsbetrages in Höhe von 800,00 EUR abzugelten. Die Klägerin setzte der Beklagten hierzu eine Frist bis zum 24.02.2014.

Die Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab. Zahlungen nahm sie nicht vor.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. Hilfsweise hafte sie nach § 832 Abs. 1 BGB aufgrund einer Aufsichtspflichtverletzung. Die Beschränkung des Gegenstandswertes der Abmahnung nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG sei wegen Unbilligkeit nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG nicht einschlägig.



Die Klägerin beantragt,
1 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 745,40 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2014 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 750,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 25.02.2014 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.


Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Sie trägt vor, sie spiele keinerlei Computerspiele und habe lediglich ab und zu das Kartenspiel Solitär gespielt. Das streitgegenständliche Computerspiel und ob dieses über ihren Anschluss mittels Tauschbörse zum Herunterladen angeboten wurde, sei ihr nicht bekannt. Sie nutze den in ihrem Haushalt vorhandenen PC lediglich für Textverarbeitungen wie z.B. das Erstellen von Briefen, sowie zur Tabellenkalkulation oder zum Empfangen und Versenden von E-Mails. Neben ihr haben auch ihr damals 14 Jahre alter Sohn, der Zeuge [Name] und die damals 11 Jahre alte Tochter, die Zeugin [Name] Zugriff auf ihren Internetanschluss gehabt. Ihre Kinder haben auch Computerspiele gespielt, wobei sie diese regelmäßig mittels ihres ersparten Taschengeldes erworben haben. Sie könne nicht ausschließen, dass die streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen durch einen Hacker von einem vor der Wohnung gelegenen Parkplatz oder von einem der Kinder durchgeführt worden ist. Sie habe ihre Kinder ausdrücklich verboten Filesharing-Börsen zu nutzen. Auf Nachfrage haben ihre Familienmitglieder die Tatbegehung abgestritten. Eine Durchsuchung der Endgeräte habe keine Hinweise auf Tauschbörsen ergeben.

Auf Antrag der Klägerin vom 29.12.2016 ist am 30.12.2016 ein Mahnbescheid erlassen worden, der der Beklagten am 04.01.2016 zugestellt worden ist. Die Beklagte hat am 12.01.2017 Widerspruch erhoben. Am 13.01.2017 ist die Benachrichtigung über den Gesamtwiderspruch durch das Mahngericht erfolgt. Unter dem 12.06.2017 hat das Mahngericht die Sache an das Amtsgericht Beckum abgegeben. Die Anspruchsbegründung vom 04.07.2017, bei Gericht eingegangen am 08.07.2017, ist der Beklagten am 12.07.2017 zugestellt worden. Die Akte ist nach Verweisung durch das Amtsgericht Beckum am 21.08.2017 beim Amtsgericht Bielefeld eingegangen.

Die prozessleitend geladenen Zeugen [Name] und [Name] haben in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2018 von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.




Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.



A



I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 750,00 EUR gemäß § 832 Abs. 1 BGB.


1.

Die Beklagte war gemäß §§ 1626, 1631 BGB als Mutter zur Aufsicht über ihre zum Tatzeitpunkt minderjährigen Kinder verpflichtet.


2.

Das erkennende Gericht ist auch davon überzeugt, dass eines der zum Tatzeitpunkt minderjährigen Kinder die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen und der Klägerin damit auch einen Schaden zugefügt hat.


a.

Das Gericht ist zunächst davon überzeugt, dass die Beklagte selbst die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen nicht begangen hat.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2018 glaubhaft erklärt, dass sie die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen nicht begangen hat und auch das streitgegenständliche Computerspiel nicht kenne und auch keine Computerspiele nutze.

Dies ist für das Gericht glaubhaft und nachvollziehbar. Bei dem streitgegenständlichen Computerspiel handelt es sich auch um ein solches, welches eher durch Personen jüngeren Alters genutzt wird, sodass die Beklagte auch nicht in die Nutzergruppe fällt.


b.

Das Gericht ist jedoch davon überzeugt, dass eines der beiden Kinder der Beklagten, der Zeuge [Name] oder die Zeugin [Name] die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen hat.

Beide Kinder kommen auch nach den Einlassungen der Beklagten als Täter in Betracht, da diese auch im streitgegenständlichen Zeitraum Computerspiele gespielt haben. Andere Anschlussnutzer neben der Beklagten und den beiden Kindern sind nicht ersichtlich.


aa.

Das Gericht hat auch keine Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen über den Anschluss der Beklagten begangen wurden. Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass über die dem Anschluss der Beklagten zugeordneten IP-Adressen zwischen dem 16.10.2013 und dem 11.01.2014 das streitgegenständliche Computerspiel heruntergeladen und in einer Tauschbörse Dritten zum Download angeboten wurde.

Selbst wenn möglicherweise nicht ausgeschlossen werden könnte, dass es bei der Ermittlung oder Zuordnung von IP-Adressen zur Fehlern kommen kann, so ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass fehlerhafte Ermittlungen, Übermittlungen oder Zuordnungen von IP-Adressen in sechs Fällen zur Ermittlung des Anschlusses derselben Person führen (vgl. LG Bielefeld Urteil vom 01.08.2017 - Az: 20 S 55/16).


bb.

Das Gericht hält es nach dem Vortrag der Beklagten auch für höchst unwahrscheinlich, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen nicht durch eines der Kinder der Beklagten, sondern von einem Hacker vom nahegelegenen Parkplatz durchgeführt wurden.

Die Beklagte keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, dass ihr Anschluss gehackt wurde. Weiterhin sprechen auch die streitgegenständlichen Ermittlungen gegen eine Rechtsverletzung durch einen Hacker vom nahegelegenen Parkplatz aus. Bei den streitgegenständlichen Ermittlungen wurden die ermittelten Rechtsverletzungen im Zeitraum vom 16.10.2013 bis zum 11.01.2014 insgesamt sechs Mal dem Anschluss der Beklagten zugeordnet, wobei die ersten beiden Rechtsverletzung vom 16.10.2013 um 20:58:16 Uhr und 17.10.2013 um 01:13:57 Uhr, Rechtsverletzung Nummer drei und vier vom 14.11.2013 um 03:49:12 Uhr bzw. 04:06:00 Uhr und Rechtsverletzung Nummer fünf und sechs vom 11.01.2014 um 15:06:04 Uhr bzw. 15:14:40 Uhr datieren.

Hätte ein Hacker vom nahegelegenen Parkplatz die Rechtsverletzungen durchgeführt, so würde das bedeuten, dass dieser Hacker sich in der Nacht vom 16.10.2013 auf den 17.10.2013, in der Nacht des 14.11.2013 und nochmals am 11.01.2014 mit seinem Endgerät auf dem Parkplatz befunden und das streitgegenständliche Computerspiel heruntergeladen haben muss.

Dies hält das Gericht für abwegig. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass ein Hacker, der in der Lage auf einen fremden Internetanschluss zuzugreifen zwei Nächte und einen Nachmittag in einem Zeitraum von ca. drei Monaten auf einem Parkplatz verbringt um ein Computerspiel von einem fremden Anschluss herunterzuladen.


cc.

Da das Gericht davon überzeugt ist, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen über den Anschluss der Beklagten erfolgt sind, ein Hackerangriff durch die Beklagten nicht ausreichend dargelegt wurde und die Beklagte nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht Täter der Rechtsverletzungen ist, bleibt nur eines der Kinder als Täter übrig.


3.

Die Beklagte hat auch nicht bewiesen, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen ist.

Aus der Formulierung des § 832 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich, dass der Aufsichtführende zu beweisen hat, welche Maßnahmen er zur Erfüllung seiner Aufsichtspflicht getätigt hat (Spindler in BeckOK BGB § 832 Rn. 38 BGB).

Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch das Kind zu verhindern. Dazu zählt die Verhinderung der Urheberrechte verletzenden Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen. Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14).

Die Beklagte hat zwar vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2018 weiter ausgeführt, dass sie mit ihren Kindern über Tauschbörsen gesprochen und ihnen die Nutzung verboten habe.

Das Gericht ist jedoch nicht alleine aufgrund der Einlassungen der Beklagten von einer ordnungsgemäßen Belehrung der Kinder über das Verbot von Tauschbörsennutzungen überzeugt. Bei den Einlassungen der Beklagten kann es sich auch an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angepasste Schutzbehauptungen handeln. Schon der Vortrag der Beklagten, dass sie nicht wisse wie über eine Tauschbörse an eine Datei gelangt werden kann spricht gegen eine ordnungsgemäße Aufklärung der Kinder durch die Beklagte.

Wie oben dargestellt ist das Gericht davon überzeugt, dass eines der Kinder die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen hat.

Es besteht ist daher möglich, dass die Rechtsverletzung trotz der umfangreichen Belehrung der Klägerin erfolgt ist und sich eines der Kinder bewusst über das Verbot hinweggesetzt hat oder dass die Belehrung nicht ausreichend und den Kindern nicht bewusst war, dass keine Tauschbörsen genutzt werden dürfen.

Die als Zeugen benannten Kinder der Beklagten haben nach erfolgter Belehrung gemäß § 383 Nr. 3 ZPO von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.


4.

Die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens ist nicht zu beanstanden.

Gibt es- wie im vorliegenden Fall- keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14).

Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatz in Höhe von ist angemessen.

Nach Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14) können im Rahmen der Schadensschätzung verkehrsübliche Entgeltsätze für legale Downloadangebote im Internet herangezogen werden.

Das Gericht ist hierbei von einem Mindestpreis für den legalen Download eines Computerspiels von 20,00 EUR ausgegangen. Dies ergibt sich daraus, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung ca. fünf Monate nach der Erstveröffentlichung und damit noch in der Erstverwertungsphase stattfand. Nach den Erfahrungen des erkennenden Gerichts sind legale Downloads von aktuellen Computerspielen nicht weitaus günstiger als der Kauf eines Computerspieles im Einzelhandel.

Das Gericht schätzt hier gemäß § 287 ZPO auf mindestens 40 Zugriffe. Dies ergibt sich daraus, dass sich das streitgegenständliche Computerspiel zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraumes in der Erstverwertungsphase befand und damit auch in Tauschbörsen beliebt gewesen sein dürfte. Weiterhin wurde das streitgegenständliche Computerspiel über einen Zeitraum von ca. drei Monaten über den Anschluss der Beklagten zum Herunterladen angeboten. Auch wenn zugunsten der Beklagten anzunehmen ist, dass das Anbieten des streitgegenständlichen Spieles nicht die gesamten drei Monate durchgehend erfolgte, so ist jedoch davon auszugehen, dass trotzdem über eine längeren Zeitraum ein Anbieten zum Herunterladen erfolgt ist.


5.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt.

Für Ansprüche aus § 832 BGB gilt gemäß § 195 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Mit Schreiben des damaligen Bevollmächtigten der Beklagten vom 21.02.2014 hat die Klägerin frühestens davon Kenntnis erlangt, dass minderjährige Kinder als Täter in Betracht kommen und damit auch ein Anspruch aus § 832 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, sodass die Verjährung frühestens mit Ablauf des Jahres 2017 eingetreten wäre.

Die Verjährung ist jedoch durch den Antrag auf Erlass des Mahnbescheides vom 29.12.2016 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden.



II.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Mit Abmahnung vom 13.02.2014 hat die Klägerin die Beklagte zur Zahlung bis zum 24.02.2014 auffordern lassen. Eine Zahlung erfolgte nicht.



B



I.

Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 745,40 EUR gemäß § 832 Abs. 1 BGB.


1.

Wie oben dargestellt hat die Beklagte für die Rechtsverletzung eines ihrer Kinder einzustehen. Dieses hat - wie ebenfalls oben dargestellt - den durch die Abmahnung entstanden Schaden kausal verursacht.


2.

Auch der vorliegend den Abmahnkosten zugrunde gelegte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht übersetzt.

Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes ist das Interesse der Klägerin an einer wirkungsvollen Abwehr von Urheberrechtsverletzungen und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Rechteinhaber bestimmt. Weiterhin sind auch die Intensität und der Umfang der Rechtsverletzung zu berücksichtigen. Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen der Verletzung eines Schutzrechtes ist nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen des erkennenden Gerichts zu bestimmen (BGH Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 272/14).

Vorliegend handelt es sich um eine erhebliche Urheberrechtsverletzung, da ein Computerspiel betroffen ist, welches sich zumindest bei Beginn der Rechtsverletzungen noch in der Erstverwertungsphase befand. Das Anbieten von Computerspielen in einer Filesharing-Börse ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts geeignet zu erheblichen Umsatzeinbußen der Computerspielindustrie zu führen. Weiterhin ist auch der Nachahmeffekt durch eine straflose Inanspruchnahme von Tauschbörsen hoch, sodass eine wirkungsvolle Abwehr für die Rechteinhaber erforderlich ist, um weitere Verstöße zu verhindern. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich das streitgegenständliche Computerspiel noch in der Erstverwertungsphase befand, bestand nach Ansicht des erkennenden Gerichts ein hohes Interesse der Klägerin an der Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen.

Auch eine Deckelung der Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG nicht anzunehmen, da dies im vorliegenden Fall unbillig im Sinne des § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG wäre.

Bei § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die - anders als der Vorläufer des § 97a Abs. 2 UrhG a.F. - die Deckelung von erstattbaren Abmahnkosten nicht unterlaufen soll. Es bedarf daher einer tatsächlichen besonderen Situation, welche ein Abweichen von der Berechnung des Anspruchs aus dem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR rechtfertigt. Dass der private Nutzer ein urheberrechtlich geschütztes Werk über das Internet öffentlich zugänglich gemacht hat, genügt für die Erfüllung der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht. Vielmehr bedarf es einer besonderen Häufigkeit oder eines qualifizierten Verstoßes, welcher die Berechnung des Erstattungsanspruchs aus einem höheren Gegenstandswert rechtfertigt. (Reber in BeckOK UrhR UrhG § 97a Rn. 28).

Im vorliegenden Fall wurde ein Computerspiel, welches nicht einmal ein Jahr vor den streitgegenständlichen Tathandlungen veröffentlicht wurde über eine Tauschbörse zum Download zur Verfügung gestellt. Der Ermittlungszeitraum in dem es zu insgesamt sechs Ermittlungen des Anschlusses der Beklagten kam, betrug ca. drei Monate, sodass von einer längeren Zurverfügungstellung und auch nicht mehr von einer einmaligen Urheberrechtsverletzung auszugehen ist.


3.

Der Anspruch ist, aus den oben dargestellten Gründen ebenfalls nicht verjährt.



II.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aus den oben genannten Gründen nach §§ 286, 288 BGB begründet.



C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.495,40 EUR festgesetzt.



Rechtsbehelfsbelehrung:


A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,


schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.



gez.
[Name]
Richter




Beglaubigt
[Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle Amtsgericht Bielefeld (...)




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AG Bielefeld, Urteil vom 28.03.2018, Az. 42 C 309/17,
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Unbillig,
§ 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG,
sekundäre Darlegungslast,
Belehrung Minderjähriger,
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#11265 Beitrag von Steffen » Mittwoch 18. April 2018, 00:15

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht München - Keine Deckelung nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG in Filesharing Fällen - Befragung von Nutzern erforderlich


00:12 Uhr


Hamburg / München, 17.04.2018 (eig.). Eine Beschränkung der Erstattungspflicht hinsichtlich der Anwaltsgebühren in sog. Filesharingfällen nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG zugunsten des Beklagten findet nicht statt. Dies hat das Amtsgericht München in einem nun bekannt gewordenen Urteil entschieden (Urt. v. 06.04.2018, Az. 158 C 13140/17).



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Eine Beschränkung der Kosten der Abmahnung gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG greift vorliegend nicht ein, da die Beschränkung nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre, § 97 a Abs. 3 Satz 4 UrhG. Bei der öffentlichen Zugänglichmachung von Werken im Rahmen anonymer Online Tauschbörsen, so das Gericht, besteht durch den Multiplikatoreffekt der viralen Weiterverbreitung ein erhebliches Gefährdungspotential. Zudem hat die Beeinträchtigung des Urheberrechts vorliegend besonderes Gewicht, da es sich um die Weiterverbreitung eines aktuellen, hochpreisigen und sehr erfolgreichen Computerspiels im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstveröffentlichung handelt. Es besteht daher ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Klägerin an der Rechtsverfolgung, so dass eine Beschränkung vorliegend unbillig im Sinne des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG wäre.

Die Rechtsprechung des Amtsgerichts München folgt damit einer stärker werdenden Auffassung in der Rechtsprechung, dass eine Deckelung der Erstattungspflicht von Anwaltsgebühren nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG in Filesharingfällen, in denen es um Urheberrechtsverletzungen an Computerspielen geht, nicht vorzunehmen ist. Jüngst hatten das Amtsgericht Düsseldorf, das Amtsgericht Koblenz und das Amtsgericht Bielefeld so entschieden.

Das Amtsgericht München hat den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit vollen Umfangs in Anwaltsgebühren und Schadensersatz verurteilt, dies auch deshalb, weil er die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast im Verfahren trotz entsprechender Hinweise durch das Gericht nicht erfüllt hat. Zur Frage seiner Täterschaft oder zur Täterschaft eines Dritten hat der Beklagte keinerlei hinreichend substantiierte Angaben gemacht. Er verwies zwar abstrakt auf seinen 13jährigen Sohn, machte aber keinerlei Angaben zur Befragung und zu dem Ergebnis der Befragung. Damit aber ist die sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt. Insoweit liegt die Entscheidung des Amtsgerichts München auf der Linie der jüngst ergangenen Entscheidungen z.B. des Landgerichts Hannover und des Landgerichts Bielefeld.










AG München, Urteil vom 06.04.2018, Az. 158 C 13140/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht München

Az.: 158 C 13140/17



IM NAMEN DES VOLKES



In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



gegen


[Name],
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte: [Name],



wegen Forderung




erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2018 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 984,60 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.02.2014 sowie weitere 900,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.02.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz und Aufwendungsersatz wegen des öffentlichen Zugänglichmachens eines von ihr exklusiv vertriebenen Computerspiels.

Im August 2013 wurde das Computerspiel [Name] veröffentlicht. Bereits in der ersten Verkaufswoche wurden über eine Million Exemplare des Computerspiels verkauft. Zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung hatte das Computerspiel einen Verkaufspreis von 50,00 EUR, im Jahr 2014 wurden noch Verkaufspreise oberhalb 40,00 EUR erzielt.

Dokumentationen der von der Klägerin zur Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen eingesetzten Firma TECXIPIO GmbH (seinerzeit firmierend unter Excipio GmbH bzw. UG) ergaben, dass am 13.09.2013 um 19.45 Uhr und um 19.46 Uhr das Computerspiel [Name] vom Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] aus öffentlich zugänglich gemacht wurde. Das von der Klägerin gegen den Provider des entsprechenden Anschlussinhabers geführte Auskunfts- und Gestattungsverfahren vor dem Landgericht Köln ergab, dass die vorgenannte IP-Adresse zu diesem Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet war.

Mit Schreiben vom 06.02.2014 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Die Klägerin behauptet, sie habe die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel [Name]. Sie ist der Auffassung, der Aufwendungsersatz für die Abmahnung berechne sich aus einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR. Daneben sei für das öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Werks ein Schadensersatz von 900,00 EUR, berechnet nach dem Grundsatz der Lizenzanalogie, angemessen.



Die Klägerin beantragt,
1. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin einen Betrag von 984,60 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Februar 2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 900,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 08. Februar 2014 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, weder das genannte Computerspiel zum Download bereitgehalten noch etwas auf einer Tauschbörse heruntergeladen und anderen zum Download angeboten zu haben. Der Beklagte sei zum fraglichen Zeitpunkt im September 2013 aufgrund seiner Tätigkeit für eine Hausmeisterfirma gar nicht zu Hause gewesen, um von seinem Computer aus die behaupteten Handlungen durchzuführen. Außer dem Beklagten kämen für die behauptete Rechtsverletzung seine Ehefrau [Name] oder sein Sohn [Name] in Betracht. Sowohl die Ehefrau als auch der Sohn des Beklagten hätten jederzeit wie der Anschlussinhaber den Internetzugang des Beklagten genutzt. Während die Ehefrau des Beklagten über keine ausreichenden Computerkenntnisse verfüge, um die Rechtsverletzung selbst begangen haben zu können, bleibe nach Befragung der im Haushalt des Beklagten lebenden Personen als potenzieller Verantwortlicher nur der zwischenzeitlich 17-jährige Sohn [Name]. Sowohl die Ehefrau wie auch der Sohn hätten sich zum angeblichen Verletzungszeitpunkt im Haushalt des Beklagten aufgehalten und eigenständigen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt.


Das Gericht hat in dieser Sache am 02.03.2018 mündlich verhandelt. Beweis wurde nicht erhoben.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 900,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG und auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 984,60 EUR gemäß § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG.



I.


1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 900,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG. Der Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des geschützten


a)

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass sie die tatsächliche Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am Computerspiel [Name] ist, § 286 ZPO. Auf der vorgelegten Ablichtung der DVD-Vorderseite und der Umverpackung eines Vervielfältigungsstückes des streitgegenständlichen Computerspiels findet sich ein Herausgebernachweis auf die Klägerin gemäß § 10 Abs. 2 UrhG. Dieser begründet eine gesetzliche Vermutung für die Rechtsinhaberschaft der Klägerin. Im Übrigen ist die Klägerin bei allen großen Händlern mit ihrem Label als Herstellerin des streitgegenständlichen Spiels gelistet. Dies begründet eine Indizwirkung für die Rechtsinhaberschaft (so auch BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - "Tauschbörse I" zur Listung in Datenbanken), die vorliegend nicht durch den Beklagtenvortrag entkräftet wird. Dieser hat die Rechtsinhaberschaft lediglich pauschal bestritten. Dies löst die Geständnisfiktion nach § 138 Abs. 3 ZPO aus, so dass der Vortrag der Klägerin zur Aktivlegitimation als zwischen den Parteien unstreitig zu behandeln ist.


b)

Das streitgegenständliche Computerspiel genießt Urheberrechtsschutz nach § 1 UrhG bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG.

Der Beklagte hat das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des geschützten Werks nach § 19a UrhG schuldhaft verletzt.


aa)

Der Beklagte hat an einer Internettauschbörse teilgenommen. Hierbei kam es neben einem Download auch zu einem Upload des urheberrechtlich geschützten Werks, was als öffentliche Zugänglichmachung des betroffenen Werkes gern. § 19a UrhG einzuordnen ist.


i)

Die von der Klagepartei durchgeführten Ermittlungen, die zu der gegenständlichen IP-Adresse geführt haben, wurden vom Beklagten nicht bestritten. Auch die Tatsache, dass diese IP-Adresse dem Internetanschluss dem Beklagten zugeordnet werden konnte, wurde von diesem nicht bestritten. Es steht deshalb für das Gericht fest, dass die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten begangen wurde.


ii)

Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über den Anschluss des Beklagten fest, wie hier, besteht eine tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Anschlussinhaber auch für über den Anschluss begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich ist. Ein einfaches Bestreiten durch den Beklagten reicht insoweit nicht aus. Die genannte Vermutung kann vielmehr nur durch einen Sachvortrag widerlegt werden, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt ausschließlich eine dritte Person und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"). Eine persönliche Anwesenheit im Zeitpunkt des Hochladens ist nicht Voraussetzung für eine Urheberrechtsverletzung, da im Rahmen einer Tauschbörse ein zu einem anderen Zeitpunkt in Gang gesetzter Vorgang selbständig weiterlaufen kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 - "Loud"). Insoweit ist unerheblich, dass der Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt (seinen Sachvortrag unterstellt) nicht zu Hause war.

Der Beklagte ist der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts vorliegend nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Der Beklagte hat zur Frage seiner Täterschaft oder der Täterschaft eines Dritten keinerlei hinreichend substantiierte Angaben gemacht. Zwar trägt der Beklagte vor, nach Befragung der im Haushalt des Beklagten lebenden Personen komme nur der Sohn [Name] in Betracht, der zum Tatzeitpunkt 13 Jahre alt gewesen sei. Er trägt aber weder vor, dass er den Sohn zur konkreten Rechtsverletzung befragt hätte, noch, was das Ergebnis dieser Befragung gewesen ist. Auch dazu, welches konkrete Nutzungsverhalten die Familienmitglieder zum Tatzeitpunkt hatten und ob überprüft wurde, ob auf den im Haushalt vorhandenen Computern Spuren des Computerspiels oder von Filesharing-Software auffindbar waren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.09.2016 - 2 BvR 1797/15, Rn. 23), äußert sich der Beklagte nicht. Zumindest Letzteres wäre jedoch erforderlich gewesen, um hier in irgendeiner Weise zu Gunsten des Beklagten unterstellen zu können, dass er seiner Nachforschungspflicht, im Rahmen des Zumutbaren die als Täter in Betracht kommenden Personen nach ihrer potentiellen Täterschaft zu befragen und das Ergebnis der Befragung darzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"), tatsächlich nachgekommen wäre. Vorliegend ist aus dem Vorbringen des Beklagten nicht ersichtlich, dass er sich um den Erhalt tatbezogener konkreter Informationen, die für eine Dritttäterschaft sprechen, ernsthaft bemühte. Es kann dem Beklagten abverlangt werden, seinen Sohn konkret zur Internetnutzung während des streitgegenständlichen Zeitpunktes zu befragen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beklagten diese weitergehenden Nachforschungen unmöglich oder nicht zumutbar waren, wurden nicht vorgetragen. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass konkretere und nähere Angaben in Anbetracht der verstrichenen Zeit zwischen dem Tatzeitpunkt und der Abmahnung heute grundsätzlich nicht mehr gemacht werden könnten, so kann er mit diesem Einwand nicht durchdringen. Zwischen der streitgegenständlichen Verletzungshandlung und der Abmahnung lagen vorliegend knapp fünf Monate. In diesem zeitlichen Rahmen erscheint eine Nachforschung sowohl zumutbar als auch erfolgsversprechend. Eine solche ist auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass derjenige, dem eine Abmahnung wegen öffentlicher Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen im eigenen Interesse recherchieren wird. Denn würde der Sorgeberechtigte Kenntnis von gegebenenfalls sogar strafbaren Handlungen seiner minderjährigen Kinder erhalten, wäre er verpflichtet, erzieherische Maßnahmen zu ergreifen (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 25.11.2014 - Az. 17 0 468/14). Hat der Beklagte jedoch nach Erhalt der Abmahnung keine diesbezüglichen Nachforschungen angestellt, so kann er sich nicht darauf berufen, dass aufgrund des Zeitablaufes heute keine näheren Angaben mehr gemacht werden können.


iii)

Insgesamt sind die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast vorliegend nicht erfüllt. Eine ernsthafte und plausible Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, und damit die alleinige Begehung der Rechtsverletzung durch einen Dritten, hat der Beklagte nicht dargelegt. Hierdurch gilt der Vortrag der Klägerseite gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 138 Rn. 8b).


bb)

Der Beklagte handelte auch fahrlässig. Vor der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes muss sich der Nutzer über das Bestehen eines Schutzes und über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit besteht eine Prüf- und Erkundungspflicht des Benutzers. Vorliegend hätte sich der Beklagte über die Funktionsweise einer Internettauschbörse sowie über die Rechtmäßigkeit des damit nutzbaren Angebots kundig machen können und müssen. Dass dies tatsächlich erfolgt ist, wird vom Beklagten nicht vorgetragen.


d)

Als Rechtsfolge der begangenen Urheberrechtsverletzung hat der Beklagter der Klägerin Schadensersatz zu leisten sowie die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu erstatten.


aa)

Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Werks verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO der Höhe nach auf 900,00 EUR schätzt.


bb)

Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten kann der Schaden nach Wahl des Verletzten in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009). Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist darauf abzustellen, was ein vernünftiger Lizenzgeber bei vertraglicher Einräumung der Rechte gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten.

Demnach sind die von der Klagepartei im vorliegenden Fall angesetzten 900,00 EUR angemessen. Der Sachvortrag der Klägerin bietet insoweit eine ausreichende Schätzgrundlage. Insbesondere waren bei der Schätzung die Popularität des Spiels, der Kaufpreis und seine Aktualität zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung zu berücksichtigen. Der Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen.


2.

Der Klägerin steht zudem ein Anspruch aus § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG auf Ersatz der für die Abmahnung entstandenen Kosten von 984,60 EUR zu.


a)

Die Abmahnung war formell wirksam. Insbesondere wurden die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung sowie der Rechteinhaber konkret benannt, so dass für den Abgemahnten klar erkennbar war, gegen welche Verletzungshandlung sich diese Abmahnung richtete.

Der angesetzte Gegenstandswert für die Abmahnung in Höhe von 20.000,00 EUR ist angemessen und begegnet bei einem kompletten Computerspiel und unter Berücksichtigung der Aktualität sowie der Popularität des Spiels zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung keinen Bedenken. Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr für die streitgegenständliche Abmahnung ist angemessen.


c)

Eine Beschränkung der Kosten der Abmahnung gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG greift vorliegend nicht ein, da die Beschränkung nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre, § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG. Bei der öffentlichen Zugänglichmachung von Werken im Rahmen anonymer Online-Tauschbörsen besteht durch den Multiplikatoreffekt der viralen Weiterverbreitung ein erhebliches Gefährdungspotential.

Zudem hat die Beeinträchtigung des Urheberrechts vorliegend besonderes Gewicht, da es sich um die Weiterverbreitung eines aktuellen, hochpreisigen und sehr erfolgreichen Computerspiels im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstveröffentlichung handelt. Es besteht daher ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Klägerin an der Rechtsverfolgung, so dass eine Beschränkung vorliegend unbillig im Sinne des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG wäre.


3.

Die Ansprüche sind auch nicht verjährt. Die Ansprüche auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 102 Satz 1 UrhG i. V. m. § 195 BGB). Die Verjährung beginnt am Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Rechteinhaber Kenntnis von der Person des Anschlussinhabers erlangt hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Maßgeblich ist folglich das Jahr, in dem Rechteinhaber bzw. seinen Anwälten der Name und die Anschrift des Anschlussinhabers vorliegen. Vorliegend haben die Klägervertreter zwar keine Angaben zur Kenntniserlangung gemacht. Die Rechtsverletzung erfolgte jedoch im September 2013 und das maßgebliche Auskunftsverfahren vor dem Landgericht Köln wurde ebenfalls im Jahr 2013 durchgeführt, so dass eine Kenntnis von der Person des Anschlussinhabers frühestens im Jahr 2013 vorlag. Vor Ablauf der Verjährungsfrist hat die Klägerin am 27.12.2016 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt, wodurch eine Hemmung der Verjährung nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 3, 209 BGB herbeigeführt wurde. Der Rechtsstreit wurde mit Verfügung vom 27.06.2017 an das Amtsgericht München abgegeben, so dass die Verjährung analog § 204 Abs. 1 Nr. 1 gehemmt blieb.


4.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 97, 97a UrhG, 280, 286, 288 BGB. Mit Ablauf der in der Abmahnung gesetzten Zahlungsfrist zum 17.02.2014 ist hinsichtlich beider Forderungen Verzug eingetreten.



II.

Die Entscheidung über die Kosten folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Das elektronische Dokument muss
- mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
- auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
- an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.

Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.



gez.
[Name]
Richterin am Amtsgericht




Verkündet am 06.04.2018
gez. [Name]
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle



Für die Richtigkeit der Abschrift
München, 10.04.2018
[Name], JAng
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig (...)






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AG München, Urteil vom 06.04.2018, Az. 158 C 13140/17,
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Rechtsanwalt Nikolai Klute,
Klage .rka Rechtsanwälte,
Unbillig,
§ 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG,
sekundäre Darlegungslast

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AG Frankfurt, Az. 32 C 3164/17 (22)

#11266 Beitrag von Steffen » Freitag 20. April 2018, 23:36

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Filesharing Verfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Frankfurt an Main - Eine pauschale Behauptung der Täterschaft eines Dritten genügt nicht um klägerische Ansprüche zu erschüttern


23:35 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegale Tauschbörsenangebote urheberrechtlich geschützter Werke. Die beklagte Anschlussinhaberin hatte sich in dem Verfahren zunächst darauf berufen, nicht selbst für die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen verantwortlich zu sein. Sie verfüge nicht über die nötigen technischen Kenntnisse zur Bedienung einer Tauschbörse und sei zu vielen Zeitpunkten der maßgeblichen Rechtsverletzungen nicht zu Hause gewesen. Jedoch habe ihr damaliger Lebensgefährte Zugriff auf ihren Internetanschluss nehmen können. Dieser komme als Täter ernstlich in Betracht bzw. habe seine Täterschaft der Beklagten gegenüber zugegeben. Zu weitergehenden Ermittlungen sei die Beklagte ihrer Auffassung nach nicht verpflichtet gewesen.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
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Bericht

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https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... chuettern/




Urteil als PDF

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https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _17_22.pdf




Autorin

Rechtsanwältin Sandrine Schwertler




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Dieser Auffassung trat das Amtsgericht Frankfurt entschieden entgegen:

"Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen ergibt sich hier, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in hinreichend konkreter Weise nachgekommen ist. So ist bereits ihr pauschal gehaltener Vortrag, sie sei zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Hause gewesen, angesichts der Mehrzahl der Rechtsverletzungen, in Bezug auf die einzelnen Rechtsverletzungen nicht konkret nachvollziehbar.

Auch ihr pauschaler Vortrag, XX habe die Rechtsverletzung begangen bzw. begangen müssen bzw. habe dies zugegeben, erfüllt die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar vorgetragen, woraus diese Schlussfolgerung zu ziehen ist. Der Umstand, dass XX im Zeitraum der Urheberrechtsverletzung erwerbslos alleine zu Hause gewesen sei, bietet auch angesichts der Mehrzahl der Urheberrechtsverletzungen keine konkret begründeten Anhaltspunkte für eine Täterschaft des Herrn XX. Der pauschale Vortrag in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2018, die Hauptbevollmächtigte der Beklagten habe gegenüber dem Terminsvertreter geäußert, dass die Beklagte gesagt habe, dass Herr XX ihr gegenüber die Urheberrechtsverletzung zugegeben habe, ist wiederum pauschal und daher auch in Bezug auf den Vortrag, die Beklagte wisse nicht, ob Herr XX noch an der alten Adresse wohne, nicht nachvollziehbar.

Auch der Vortrag, die Beklagte wisse nicht sicher, ob XX sich noch an der alten Adresse aufhalte, erfüllt die Darlegungslast der Beklagten nicht. Die Beklagte hat damit nicht vorgetragen, inwiefern sie ihrer Nachforschungspflicht nachgekommen ist und welche konkreten Erkenntnisse zur möglichen Täterschaft des XX ermittelt werden konnten bzw. warum er Beklagten weitere Nachforschungen nicht zumutbar gewesen sein sollten.
"

Weiterhin hatte die Beklagte die korrekten Ermittlungen sowie die Zuordnung ihres Internetanschluss bestritten. Derartiges Vorbringen ordnete das Gericht jedoch als nicht erheblich ein. Insbesondere sei das Bestreiten vor dem Hintergrund der Behauptung der Täterschaft des Lebensgefährten widersprüchlich:

"Das Bestreiten der ordnungsgemäßen Ermittlungen durch die Beklagte ist dabei angesichts der von der Klägerin substantiiert dargelegten Ermittlungen der mehrfachen Rechtsverletzung von dem Internetanschluss der Beklagten nicht erheblich. Zum einen ist das Bestreiten der Beklagten insofern widersprüchlich, als dass sie einerseits davon ausgeht, dass [Name] die Urheberrechtsverletzung begangen hat, die ordnungsgemäße Ermittlung und Zuordnung ihres Internetanschlusses jedoch bestreitet (vgl. LG Berlin, Urt. Vom 19. Januar 2016, Az. 16 S 20/15)."

In der Folge verurteilte das Amtsgericht die Beklagte antragsgemäß, wobei es einen Schadensersatzbetrag von 1.350,00 EUR für die streitgegenständlichen Werke als angemessen ansah. Darüber hinaus hat die Beklagte sowohl die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, wie auch die kompletten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.








AG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2018, Az. 32 C 3164/17 (22)



(...) - Beglaubigte Abschrift -


Amtsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 32 C 3164/17 (22)



Verkündet lt. Protokoll am: 27.03.2018
[Name], JAe
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle



Im Namen des Volkes

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 60489 Frankfurt am Main,
Beklagte

Prozessbevollmächtigte: [Name], 60329 Frankfurt am Main,





hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2018

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, 1.441,49 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, 123,51 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz und Abmahnkosten wegen einer Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Klägerin ist Inhaberin von Nutzungsrechten u.a. von Büchern und eBooks. Die Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Netzwerken lässt sie durch die Digital Forensics GmbH ermitteln. Die Digital Forensics GmbH ermittelt Urheberrechtsverletzung durch Veröffentlichung eines Werks in einem Peer-to-Peer Forensic System, indem die Kommunikation zwischen einem hochladenden und einem herunterladenden Nutzer gesichert und die jeweiligen IP-Adressen ermittelt werden.

Die Klägerin betrieb im Anschluss an diese Ermittlungen drei Auskunftsverfahren vor dem LG Köln (207 O 39/14; 214 O 45/14; 216 O 33/14), in dessen Rahmen die Telekom Deutschland Auskunft bezgl. zum Internetanschluss der Beklagten zugehöriger IP-Adressen erteilte.

Mit Schreiben vom [Datum] forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Unterlassung und zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes auf. Mit Schreiben vom 30.03.2017 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von 1.350,00 EUR sowie Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR mit Fristsetzung zum 06.04.2017 auf.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Nutzungsrechte der Bücher zu sein und beruft sich dabei auf die vorgelegten Buch-Kopien, die C-Vermerke bzgl. der Rechtsvorgängerin der Klägerin enthalten. Der durchschnittliche Preis eines Buches betrage mindestens 10,00 EUR. Eine Lizenz für ein umfangreiches und aktuelles eBook betrage nicht weniger als 40% von 8,40 EUR (Ladenpreis netto), also 3,36 EUR.

Die Klägerin behauptet, dass über den Internetanschluss der Beklagten am [unterschiedliche Datums] an 36 unterschiedlichen Zeitpunkten von acht verschiedenen IP-Adressen diese Bücher als eBook ohne Einwilligung der Klägerin über ein Peer-to-Peer Forensic System öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Bzgl. der einzelnen streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen wird auf die Klageschrift vom 20.11.2017 (BI. 9 d. A.) verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 1.350 EUR habe. Bei einer Mindestabruflizenz von 6,72 EUR und 400 Abrufen ergebe sich bereits eine Lizenzgebühr von 2.600,00 EUR. Darüber hinaus habe die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten bemessen an einem Gegenstandswert in Höhe von 1.875,00 EUR.



Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.350,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen,
2. 91,49 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017, sowie
3. 123,51 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.04.2017 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass sie die streitgegenständlichen Bücher nicht zum Download angeboten habe. Sie verfüge nicht über die nötigen Kenntnisse über Peer-to-Peer-Netzwerke. Sie habe zum streitgegenständlichen Zeitpunkt mit Ihrem damaligen Lebenspartner [Name]zusammengelebt, der die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung habe begangen müssen. Er sei aufgrund seiner damaligen Erwerbslosigkeit den ganzen Tag zu Hause gewesen und habe daher auch die Möglichkeit gehabt, auf ihren Internetanschluss zuzugreifen und die Uploads auszuführen komme daher als Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung ernstlich in Betracht bzw. habe das auch zugegeben. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie zu weitergehenden Ermittlungen nicht verpflichtet sei.

Bzgl. des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

Gemäß § 97 Abs. 2 UrhG ist derjenige, der gemäß § 97 Abs. 1 UrhG das Urheberrecht oder / ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt und diese Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, Inhaberin der Nutzungsrechte der streitgegenständlichen Bücher zu sein. Die Klägerin hat dies unter Vortage der Bucheinband-Kopien mit dem C-Vermerk für die Rechtsvorgängerin der Klägerin substantiiert dargelegt. Für die Klägerin spricht damit die Vermutungsregel des § 10 Abs. 3 UrhG, wobei diese zwar grundsätzlich nur im Rahmen des Unterlassungsanspruch relevant ist, als Indiz aber auch in dem vorliegenden Zusammenhang verwendet werden kann (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2017, Az. 2-06 0 120/17). Die Aktivlegitimation wurde durch die Beklagte nicht erheblich bestritten. Es ist nicht ersichtlich, welche konkreten Gesichtspunkte ernstlich gegen die Rechteinhaberschaft der Klägerin in Bezug auf die streitgegenständlichen Werke sprechen sollen.

Von dem Anschluss der Beklagten wurde das Urheberrecht der Klägerin verletzt, indem die streitgegenständlichen Bücher gemäß § 19a UrhG ohne ihre Einwilligung öffentlich zugänglich gemacht worden ist.

Das Bestreiten der ordnungsgemäßen Ermittlung durch die Beklagte ist dabei angesichts der von der Klägerin substantiiert dargelegten Ermittlungen der mehrfachen Rechtsverletzung von dem Internetanschluss der Beklagten nicht erheblich. Zum einen ist das Bestreiten der Beklagten insofern widersprüchlich, als dass sie einerseits davon ausgeht, dass die Urheberrechtsverletzung begangen hat, die ordnungsgemäße Ermittlung und Zuordnung ihres Internetanschlusses jedoch bestreitet (vgl. LG Berlin, Urt. v. 19.01.2016, Az. 16 S 20/15). Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin 36 unterschiedliche konkrete Rechtsverletzungen vorgetragen hat, die von insgesamt acht verschiedenen IP-Adressen ausgegangen sein sollen. Dabei hat die Klägerin jeweils den konkreten Zeitraum der Verletzung, die IP-Adresse, die Ports, über die die Daten je Protokolltyp übertragen wurden sowie die Clients, über die die Rechtsverletzungen begangen wurden, vorgetragen. Jede der ermittelten IP-Adressen wurde dabei dem Anschluss der Klägerin zugeordnet und stimmte auch jeweils mit dem Kreis der streitgegenständlich verletzten urheberrechtlich geschützten Werke überein. Es erscheint daher außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass in Bezug auf fünf IP-Adressen mit jeweils drei identischen eBook-Titeln zufällig fehlerhaft ermittelt worden ist. Ebenso unwahrscheinlich erscheint es angesichts der Mehrfachermittlung der IP-Adressen der Beklagten, dass eine fehlerhafte Zuordnung des Internetanbieters zum Anschluss der Beklagten im Rahmen des Auskunftsverfahrens erfolgt ist. Die Beklagte hat keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, warum die von der Klägerseite dargelegten Ermittlungen nicht ordnungsgemäß erfolgt sein sollen.

Im Bezug auf diese Rechtsverletzung ist von einer Täterschaft der Beklagten auszugehen.

Im Ausgangspunkt ist es gem. der allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast Sache der Klägerin, die Voraussetzungen ihrer Ansprüche und damit auch die Täterschaft der Beklagten darzulegen.

Hier spricht jedoch zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte die gegenständliche Rechtsverletzung begangen hat, die die Beklagte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast ihrerseits nicht erschüttert hat.

Sofern ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, spricht dies dafür, dass der der 1P-Adresse zuzuordnende Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Dem Anschlussinhaber obliegt dann eine sekundäre Darlegungslast für die Darlegung, dass tatsächlich eine andere Person die Rechtsverletzung begangen habe (BGH, Urt. v. 12.05. 2010 -I ZR 121/08, NJW 2010, 2061; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2017, Az. 2-06 0 120/17).

Diese sekundäre Darlegungslast führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast, so dass der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch genügt, dass er vorträgt, ob und ggf. welche andere Personen selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Diesbezüglich besteht auch eine Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers. Er hat darzulegen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung erlangt hat. Allerdings genügt der Anschlussinhaber seiner obliegenden sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich pauschal vorträgt, dass andere Personen theoretisch Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss hatten, sondern er "hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen" (BGH, Urt. v. 30.3.2017 - I ZR 19/16, NJW 2017, 1233, 1234).

Der Anschlussinhaber hat zudem "hinsichtlich derjenigen Personen, die selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen, im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat" (BGH Urt. v. 12.05.2016 - I ZR 48/15).

Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen ergibt sich hier, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in hinreichend konkreter Weise nachgekommen ist.

So ist bereits ihr pauschal gehaltener Vortrag, sie sei zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Hause gewesen, angesichts der Mehrzahl der Rechtsverletzungen, in Bezug auf die einzelnen Rechtsverletzungen nicht konkret nachvollziehbar.

Auch ihr pauschaler Vortrag, [Name] habe die Urheberrechtsverletzung begangen bzw. begangen müssen bzw. habe dies zugegeben, erfüllt die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar vorgetragen, woraus diese Schlussfolgerung zu ziehen ist. Der Umstand, dass IM. im Zeitraum der Urheberrechtsverletzungen erwerbslos und allein zu Hause gewesen sei, bietet auch angesichts der Mehrzahl der Urheberrechtsverletzungen keine konkret be-gründeten Anhaltspunkte für eine Täterschaft des [Name]. Der pauschale Vortrag in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2018, die Hauptbevollmächtigte der Beklagten habe gegenüber dem Terminsvertreter geäußert, dass die Beklagte gesagt habe, dass ihr gegenüber die Urheberrechtsverletzungen zugegeben habe, ist wiederum pauschal und daher auch in Bezug auf den Vortrag, die Beklagte wisse nicht, ob Herr [Name] noch an der alten Adresse wohne, nicht nachvollziehbar.

Auch der Vortrag, die Beklagte wisse nicht sicher, ob [Name] sich noch an der alten Adresse aufhalte, erfüllt die Darlegungslast der Beklagten nicht. Die Beklagte hat damit nicht vorgetragen, inwiefern sie ihrer Nachforschungspflicht nachgekommen ist und welche konkreten Erkenntnisse zur möglichen Täterschaft des [Name] ermittelt werden konnten, bzw. warum der Beklagten weitere Nachforschungen nicht zumutbar gewesen sein sollten.

Insofern verfängt auch der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des LG Frankfurt am Main (Urt. v. 14.02.2018, Az. 2-06 S 55/15) nicht. In dem Urteil ging es nämlich um die Frage der Einschränkung der Zumutbarkeit der Nachforschungspflicht aufgrund des Grundrechtes auf Schutz der Ehe und Familie gemäß Art. 6 I GG, weshalb im Falle der Gefahr, durch weitere Darlegungen Familienangehörige in die Gefahr der Strafverfolgung zu bringen, die weitere Nachforschungspflicht eingeschränkt sein kann. Die Beklagte war aber mit [Name] nicht in einer vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfassten Weise verbunden bzw. hat dies nicht geltend gemacht.

Die Rechtsverletzung erfolgte auch schuldhaft. Der Beklagten ist jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Derjenige, der ein fremdes Werk veröffentlicht, hat regelmäßig die Pflicht, sich umfassend nach den erforderlichen Rechten zu erkundigen (LG München I, Endurteil vom 01.07.2015, Az. 37 0 5394/14, GRUR-RS 2015, 12287).

Der Klägerin steht ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte in der geltend gemachten Höhe von 1.350,00 EUR zu.

Die Klägerin kann gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie geltend machen. Als angemessen gilt die Lizenzgebühr, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (LG München I, Endurteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5394/14, GRUR-RS 2015, 12287 m.w.Nw.).

Die Klägerin hat die Lizenzberechnung unter Zugrundelegung der Abrufanzahl substantiiert dargelegt. Bei einer öffentlichen Zugänglichmachung eines digitalen Werkes im Internet ist zu beachten, dass die Reichweite nicht begrenzt ist. Es macht den Kauf des Werks für die Nutzer der Tauschbörse entbehrlich. Vor diesem Hintergrund ist die Bemessung des Schadensersatzes auf der Grundlage der fiktiven Lizenzberechnung der Klägerin in Bezug auf die streitgegenständlichen eBooks von insgesamt wenigstens 1350,00 EUR angemessen.

Daneben steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 97a Abs. 1 UrhG zu.

Gemäß § 97a Abs. 1 UrhG soll der Verletzte den Täter vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Gemäß § 97a Abs. 1 S. 1 UrhG kann der Verletzte hierfür den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, soweit die Abmahnung berechtigt ist.

Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. Diese Abmahnung war berechtigt.

Die Klägerin hat somit Anspruch auf Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts ist der hohe Angriffsfaktor einer öffentlichen Zugänglichmachung in einem Online-System zu berücksichtigen. Sie kann Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert von 1.875,00 EUR verlangen, so dass insgesamt 215,00 EUR nicht zu beanstanden sind, wobei die Klägerin diese anteilig als Hauptforderung (91,49 EUR) und anteilig als Nebenforderung (123,51 EUR) geltend macht.

Der Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren ist nicht gemäß § 97a Abs. 2 S. 3 UrhG beschränkt. In dem Hochladen eines geschützten Rechtsguts in einer Tauschbörse, wodurch eine zahlenmäßig unbeschränkte weltweite öffentliche Zugänglichmachung erfolgt, kann nicht eine nur unerhebliche Rechtsverletzung gesehen werden (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2017, Az. 2-06 0 120/17).

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 709 S. 2 ZPO.




Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.


Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.



[Name]
Richterin




Beglaubigt
Frankfurt am Main, 03.04.2018
[Name]Justizangestellte
Urkundsbeamtin/Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (...)








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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2018, Az. 32 C 3164/17 (22),
Rechtsanwältin Sandrine Schwertler,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Mehrfachermittlung,
36 Ermittlungsdatensätze - 8 IP-Adressen,
Art. 6 Abs. 1 GG

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#11267 Beitrag von Steffen » Freitag 20. April 2018, 23:44

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Landgericht Köln stellt klar: Bei der 3D- und 2D-Version eines Filmwerks handelt es sich lediglich um unterschiedliche Darstellungsformen - Keine Auswirkungen auf die Richtigkeit der Ermittlungen


23:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Verfahrensgegenständlich war in diesem Rechtsstreit insbesondere die Frage, ob eine 3D-Version und eine 2D-Version desselben Films unterschiedliche Filmwerke im Sinne des Urheberrechts darstellen. Ausgangspunkt war eine Abmahnung wegen der illegalen öffentlichen Zugänglichmachung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerks in einer Internet-Tauschbörse. Die Klägerin hatte das Filmwerk in der dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Abmahnung mit dem offiziellen Filmtitelzusatz "3D" versehen. Das illegale Tauschbörsenangebot hatte die 2D-Version des Films umfasst, der ursprünglich als 3D-Version in die Kinos kam.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ngsformen/




Autorin

Rechtsanwältin Carolin Kluge




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Das Amtsgericht Köln hatte sich in der angegriffenen Entscheidung der Ansicht des Amtsgerichts Bochum (Urteil vom 02.05.2017, Az. 65 C 478/15) angeschlossen, in welcher das Amtsgericht - ohne Durchführung einer Beweisaufnahme - zu dem Ergebnis kam, dass die vorgenannte Bezeichnung eines Films ein Beleg für eine vermeintlich fehlerhafte Ermittlung der Rechtsverletzung sein solle.

Gegen die im Wesentlichen gleichlautende Entscheidungspassage des Amtsgerichts Köln hatte die Klägerin, soweit sie in dem Rechtsstreit unterlegen war, Berufung eingelegt. Die Beklagte schloss sich im Wege der Anschlussberufung hinsichtlich ihrer Verurteilung wegen eines zweiten Filmwerks an.

Das Landgericht Köln hob die Entscheidung - soweit von der Klägerin angegriffen - mit Urteil vom 01.05.2018 mit der folgenden Begründung auf:

"Unstreitig hat die 2-D Version dieselben Inhalte wie die 3-D Version. Die Unterschiede bestehen lediglich darin, dass in der 3- D Version die Szenerie 3-dimensional dargestellt ist, im Übrigen aber mit der 2-D Version inhaltlich identisch ist. Der Unterschied ist mithin lediglich die Verwendung der 3-D-Technik.

Nicht mehr derselbe Streitgegenstand wäre erst dann betroffen, wenn es sich bei der 3-D Version im Verhältnis zu der 2-D Version des Films um eine neue Nutzungsart im Sinne von § 31 a UrhG handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. So hat der BGH etwa für die Zweitauswertung von Filmen den Übergang von der Videokassette zur DVD nicht als neue Nutzungsart bewertet. Er hat vielmehr ausgeführt, dass eine neue Nutzungsart im Sinne des - damals maßgeblichen - § 31 Abs 4 UrhG a.F. nur eine konkrete technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes sein könne. Technische Neuerungen, die eine neue Verwendungsform kennzeichnen, ohne wirtschaftlich eigenständige Vermarktungsmöglichkeiten zu erschließen, reichen daher nicht aus, um eine neue Nutzungsart anzunehmen (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 - I ZR 285/02 - Der Zauberberg, Rn. 27 nach juris).

Eine wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform ist vor allem dann anzunehmen, wenn mit Hilfe einer neuen Technik ein neuer Absatzmarkt erschlossen wird. Aus der Sicht des Urhebers erscheint es besonders wichtig, ihm seine Rechte für die Vermarktung auf neuen Absatzwegen uneingeschränkt vorzubehalten; dagegen kann ihm zugemutet werden, für die bloße Intensivierung der Nutzung bereits im Rahmen der ursprünglichen Rechtseinräumung eine angemessene Regelung zutreffen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 31).

Um einen derartigen neuen Absatzmarkt und neuer Absatzwege handelt es sich je- doch bei der 3-D Version eines Filmes nicht. Es sind vielmehr die identischen und traditionellen Absatzwege, die auch mit. der 3-D Version bedient werden, nämlich im Kino und in der Zweitauswertung durch DVD/ Blu-ray und gegebenenfalls zum Download oder Streaming über das Internet. Es wird auch kein zusätzliches Publikum gewonnen, da keinerlei Anzeichen erkennbar sind, dass eine nennenswerte Zahl an Konsumenten sich demselben Film im Kino sowohl in der 2-D Version als auch in der 3-D Version ansähen oder sich entsprechende Bild/Tonträger für beide Versionen zulegten.

Vielmehr ist es gerade im Rahmen der Zweitauswertung in der Regel so, dass bei Erwerb der 3-D Version der Kunde die 2-D Version sofort mitgeliefert erhält, wie sich anschaulich für den streitgegenständlichen Film ergibt (vergleiche Anlage K1-2, BI. 50 der Akte). Damit ist zwar aufgrund der 3-D-Technik der Film für den Nutzer möglicherweise noch intensiver wahrnehmbar als bei der 2-D Version. Ein neuer Absatzmarkt ergibt sich daraus wie dargelegt jedoch nicht.

Insofern weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass dies sehr häufig vorkommt, weil die kleinsten Veränderungen an der Datei, in der das Filmwerk abgespeichert ist, zu einem unterschiedlichen Hashwert führen, obwohl es sich inhaltlich um den identischen Film handelt.
"

Da die Beklagte in dem Verfahren auch ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen war, was auch das Amtsgericht bereits zutreffend beurteilt hatte, hafte sie für den wegen der öffentlichen Zugänglichmachung beider Filmwerke entstandenen Schaden in vollem Umfang. Die Beklagte hat daher nun - neben den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten - auch Lizenzschadenersatz in Höhe von 2.000,00 EUR zu leisten sowie die Kosten zweier Instanzen einschließlich der kompletten Reisekosten der Rechtsanwälte zu tragen.

Die Entscheidung wurde von WALDORF FROMMER für ein führendes Medienunternehmen erwirkt.







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LG Köln, Urteil vom 01.03.2018, Az.14 S 30/17,
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Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
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Wochenrückblick

#11268 Beitrag von Steffen » Sonntag 22. April 2018, 10:27

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2018, KW 16................................Initiative AW3P............................16.04. - 22.04.2018

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1. Bundesgerichtshof - Pressemitteilungen Nr. 78/2018: Angebot des Werbeblockers Adblock Plus nicht unlauter


BGH, Urteil vom 19.04.2018 - I ZR 154/16


(...) Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass das Angebot des Werbeblockerprogramms Adblock Plus nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. (...)



Quelle: 'http://juris.bundesgerichtshof.de'
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... s=0&anz=78











2. Rechtslupe (Bonn): Beweiswürdigung im Zivilprozess - und ihre Überprüfung durch das Revisionsgericht


BGH, Urteil vom 18.01.2018 - I ZR 150/15


(...) Das Revisionsgericht ist an seine Feststellungen nach § 559 ZPO gebunden und überprüft die Beweiswürdigung lediglich dahin, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. (...)



Quelle: 'https://www.rechtslupe.de'
Link: https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/be ... htslupe%29











3. JurPC (Wiesbaden): Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe der anwaltlichen Handakten


LG Frankfurt am Main, Urteil vom 01.03.2018, Az. 2-25 O 125/17


(...) Der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher Handakten verjährt unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. (...)



Quelle: 'http://www.jurpc.de'
Link: http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20180051











4. juris GmbH (Saarbrücken): Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. vom 16.04.2018 - Keine Upload-Filter durch die Hintertür


(...) Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. (vzbv), Klaus Müller, hat sich im Zusammenhang mit der Reform des europäischen Urheberrechts kritisch zu Upload-Filtern geäußert. (...)



Quelle: 'https://www.juris.de'
Link: https://www.juris.de/jportal/portal/pag ... hricht.jsp















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Gerichtsentscheidungen





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  • LG Köln, Urteil vom 01.03.2018, Az.14 S 30/17 [WF gewinnen Berufung; 3D- und 2D-Version eines Filmwerks lediglich um unterschiedliche Darstellungsformen, keine Auswirkungen auf die Richtigkeit der Ermittlungen (keine Volltextveröffentlichung)]
  • AG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2018, Az. 32 C 3164/17 (22) [WF gewinnen; sek. Darlegungslast (pauschale Behauptung der Täterschaft eines Dritten genügt nicht)]
  • AG München, Urteil vom 06.04.2018, Az. 158 C 13140/17 [.rka RAe gewinnen; keine Deckelung nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG]
  • AG Bielefeld, Urteil vom 28.03.2018, Az. 42 C 309/17 [.rka RAe gewinnen; keine Deckelung nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG; Verweis auf Kinder als Täter begründet Haftung nach § 832 BGB]









Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. LG Köln, Urteil vom 01.03.2018, Az.14 S 30/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Landgericht Köln stellt klar - Bei der 3D- und 2D-Version eines Filmwerks handelt es sich lediglich um unterschiedliche Darstellungsformen - Keine Auswirkungen auf die Richtigkeit der Ermittlungen



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ngsformen/









2. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2018, Az. 32 C 3164/17 (22)



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Filesharing Verfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht Frankfurt an Main - Eine pauschale Behauptung der Täterschaft eines Dritten genügt nicht um klägerische Ansprüche zu erschüttern



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... chuettern/











.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg):



1. AG München, Urteil vom 06.04.2018, Az. 158 C 13140/17



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht München - Keine Deckelung nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG in Filesharing Fällen - Befragung von Nutzern erforderlich



Quelle: 'http://rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/ag-muench ... orderlich/









2. AG Bielefeld, Urteil vom 28.03.2018, Az. 42 C 309/17



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Amtsgericht Bielefeld - Verweis auf Kinder als Täter im Filesharing begründet Haftung nach § 832 BGB, keine Deckelung nach § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG



Quelle: 'http://rka-law.de'
Link: http://rka-law.de/filesharing/ag-bielef ... -s-2-urhg/















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Forenwelt





Neue Forenstrategie: "Wie überliste ich den Abmahner mittels vorgerichtlichen Vergleich durch Ausnutzung der dreijährigen Regelverjährung"


(...) AW3P: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Marc Hügel. Eigentlich dürfte ich Ihnen diese unsere "neue Strategie" gar nicht mitteilen, da auch Ihre Kanzlei der sichere Verlierer sein wird. Die Foren-These: Wenn am Ende des Jahres die Forderungen und Ansprüche der vorgerichtlichen Abmahnung gemäß § 102 Satz 1 UrhG innerhalb drei Jahren verjähren würden, dann ziehe ich einen Vergleich mittels Ratenzahlung bis ungefähr September des letzten Jahres hinaus. Das bedeutet, ein Betroffener muss maximal von September bis Dezember (4 Monate) zahlen (egal ob die Vergleichssumme abgegolten ist, oder nicht), dann greift die rettende dreijährige Verjährung. Aus die Maus für den Abmahner. Es ist doch so einfach. Ausrufezeichen. Ist diese Strategie realistisch und mit Erfolg gekrönt? (...)



Quelle: 'https://abmahnwahn-dreipage.de/forum'
Link: https://abmahnwahn-dreipage.de/forum/vi ... 805#p47805
















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Politik Splitter





Viele Leser und Betroffene sind der Meinung, das Politik nichts in einem Forum für Filesharing-Abgemahnte zu suchen hätte. Vielleicht, weil ihre Probleme wichtiger sind, als die unserer gemeinsamen und einzigen Welt, des Planeten Erde. Ich vertrete den Standpunkt, jeder sollte sich umfassend informieren und darüber diskutieren oder zumindest seinen Standpunkt kundtun. Egal erst einmal, ob richtig (insgesamt, zu einem Teil) und/oder/bzw. falsch (insgesamt, zu einem Teil). Die Wiedervereinigung hat mit als ehemaligen DDR-Bürger ein hohes Gut geschenkt, nämlich freie Meinung sowie das Recht diese frei zu äußern!








Syrien Krieg - Banal, Langweilig, oder es wird langsam Zeit!?


Diese Woche erreichte der "Syrien Konflikt" eine neue abstruse Ebene. Der Russe lässt nichts aus und dreht den "Spieß" um. Es ist gut, dass die Masse von freien und demokratischen Presseorganen auf dieses schändliche (russische) Spiel nicht eingingen und lieber von der "Titten-Akte" von Frau Wollersheim oder dem Aus für irgendein nichtssagendes GNTM Model berichteten (leichter Anflug von Sarkasmus).





1. "Giftgas-Opfer-Darsteller"

Das russische Staatsfernsehen sendete am Mittwoch das Gespräch mit dem syrischen Kind. In dem Video sagte ein vom Sender Rossiya 24 als Vater des Jungen vorgestellter Mann, seinem Sohn seien "Datteln, Kuchen und Reis" für seine Mitwirkung an dem inszenierten Angriff gegeben worden. Der 11-Jährige erzählt im syrischen Krankenhaus, was die Kämpfer mit ihm und den anderen Kindern getan hätten, um die Folgen der Vergiftung zu simulieren.



... zum Video




Quelle: 'https://www.epochtimes.de'
Link: https://www.epochtimes.de/politik/welt/ ... 05001.html









2. Ost-Ghuta: "Chlorbehälter" aus Deutschland und Rauchgranaten aus Großbritannien gefunden

Im syrischen Ost-Ghuta starben mutmaßlich Dutzende Menschen bei einem Giftgasangriff. Der Westen beschuldigte Assad und griff an. Nun findet Russland angeblich Chlor-Kanister, die aus Deutschland sein sollen.



Quelle: 'http://www.t-online.de'
Link: http://www.t-online.de/nachrichten/ausl ... unden.html







Ganz ehrlich? Ich werde mir zu keiner "Schlagzeile" - egal von wem und über wem - mehr eine parteiische Meinung bilden, da die Vorgehens- und Handlungsweisen - aller - Beteiligten langsam nur lächerlich sind und das Wichtigste außer Acht gelassen wir - der Mensch, die Zivilbevölkerung in Syrien.

Hört mit Euren Kindergarten-Spielen auf, setzt Euch an einen Tisch und findet eine Lösung in diesem Völkermord. Nicht aber für wirtschaftliche Interessen, sondern für die Menschen in Syrien, die geflohen sind und ihr Leben gaben und geben.






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Fakten / Zahlen


Dauer:
seit 2011


Tode:
470.000 Menschen


Verwundete:
1,9 Millionen Menschen


Vertriebene:
mehr als 5 Millionen Menschen (45 % der Bevölkerung)


Wirtschaftlicher Schaden:
226 Milliarden Euro (geschätzt)


Interessen:
Russland vs. IS (Verteidigung der russischen Militärbasen, Hilfe für Assad)
Iran vs. IS (ft. libanesische Hisbollah-Miliz, Hilfe für Assad)
Türkei vs. Kurden (YPG, PKK)
Israel vs. Iran
USA/EU vs. IS
Golfstaaten vs. Iran


Maßnahmen zur Beendigung des Völkermordes:
?, ?, ?, ? ...











Integrationspolitik falsch umgesetzt - Verdacht auf Korruptionsskandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)



(...) In der Außenstelle des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Bremen sollen 2000 Asylanträge bestätigt worden sein, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Gegen die Leiterin wird ermittelt. (...)



Quelle: 'http://www.handelsblatt.com'
Link: http://www.handelsblatt.com/politik/deu ... 96108.html











VW-Chef Matthias Müller muss seinen Chefposten räumen


(...) Da sein Vorstandsvertrag eigentlich noch bis Februar 2020 läuft, also noch knapp zwei Jahre, muss Volkswagen ihm entweder die Bezüge aus dem Vertrag weiter bezahlen oder eine üppige Abfindung anbieten. Finanziell dürfte das keinen großen Unterschied machen. Vergütungsberater schätzen, er könnte zum Abschied eine Abfindung in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro bekommen Grob überschlagen, dürfte Müller somit etwas mehr als eine Million Euro im Jahr Rente bekommen - das wären rund 2900 Euro am Tag. (...)



Quelle: 'http://www.faz.net'
Link: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/m ... 38968.html





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Ambrose Gwinnett Bierce (1842 - 1914), genannt Bitter Pierce, US-amerikanischer Journalist und Satiriker














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AG Charlottenburg, Az. 216 C 330/17 (WG)

#11269 Beitrag von Steffen » Donnerstag 26. April 2018, 17:09

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Inhaber eines WG-Internetanschlusses - Sekundäre Darlegungslast kann in Filesharing Verfahren nicht durch widersprüchlichen Vortrag erfüllt werden (Wohngemeinschaft)



17:00 Uhr




Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich in dem Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg damit verteidigt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Internetanschluss um einen klassischen WG-Anschluss handeln würde. Der Beklagte selbst habe das streitgegenständliche Filmwerk nicht mittels einer Filesharing-Software öffentlich zugänglich gemacht. Weder kenne er das Werk, noch habe er zu den maßgeblichen Zeiten über Filesharing-Software auf seinen Endgeräten verfügt. In der Wohngemeinschaft (WG) habe es insgesamt neun Bewohner gegeben, die zu den maßgeblichen Zeiten der Rechtsverletzung selbstständig und eigenverantwortlich Zugriff zum Internetanschluss gehabt hätten. Lediglich eine Mitbewohnerin sei zur Tatzeit im Ausland gewesen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -einer-wg/



Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 330_17.pdf



Autor

Rechtsanwalt David Appel



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



In Bezug auf die Mitbewohner wurde zunächst vorgetragen, dass gegenüber dem Beklagten auf Befragung niemand die Begehung der Rechtsverletzung eingeräumt habe, zum Teil hätten die Mitbewohner sogar keine Antworten gegeben. Zum Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner könne der Beklagte keine Angaben machen.

Erst nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis modifizierte der Beklagte seinen Vortrag dahingehend, dass nunmehr sämtliche Mitbewohner angegeben hätten "das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing-Software zu nutzen". Zudem wurde beklagtenseitig nunmehr zum Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner vorgetragen.

Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks.

Auf den klägerseits erhobenen Einwand der Widersprüchlichkeit dieser Angaben erfolgte seitens des Beklagten keine weitere Reaktion.

Das Amtsgericht erachtete den Vortrag des Beklagten als unzureichend, da er aufgrund fehlender Plausibilität nicht den vom Bundesgerichtshof postulierten Anforderungen an die dem Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast genüge:

"Der Vortrag des Anschlussinhabers ist dabei einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -), insbesondere können Modifizierungen des Vortrags im Laufe des Prozesses berücksichtigt werden (BGH, Urteil v. 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 31, juris).

Ausgehend hiervon ist der Vortrag des Beklagten unzureichend. Die Klägerin hat zu Recht (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146 ff.) darauf hingewiesen, dass der in Reaktion auf den Hinweis vom 23.11.2017 erfolgte Vortrag des Beklagten, sämtliche Mitbewohner hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing Software zu besitzen, dem Vortrag in der schriftlichen Klageerwiderung widerspricht, wo er diesbezüglich vorgetragen hat: 'Zum Teil erfolgte keine Antwort'. Ebenso zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zunächst vorgetragen hat 'keine Angaben' zu dem Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner machen zu können, nunmehr jedoch diesbezüglich in Reaktion auf den Hinweis weiter vorgetragen hat ohne diese Modifizierungen des Parteivortrags zu erläutern. Zur Klarstellung: Es gereicht dem Beklagten an sich nicht zum Nachteil, dass er seinen Parteivortrag modifiziert hat. Ausschlaggebend ist allerdings, dass er dies auch auf die Rüge im genannten Schriftsatz der Klägerin nicht, auch nicht im nachgelassenen Schriftsatz, erläutert hat.
"

Hinsichtlich des geltend gemachten Lizenzschadens für das Öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Filmwerkes befand das Gericht den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR in jedem Falle für angemessen.

"Den Schadensersatz bestimmt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR. Ausgehend von der von der Klägerin gewählten Schadensberechnung gem. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -) wonach an die vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, trägt der klägerische Sachvortrag eine Schätzung in dieser Höhe.

Nachvollziehbar sowie in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sie unter Heranziehung von Lizenzentgelten für den Download unter besonderer Würdigung des Besonderheiten des sog. Filesharings (Zurverfügungstellung der Datei bzw. des Dateifragments an einen unbegrenzten Kreis von Nutzern) einen Mindestschaden von 1.000,00 EUR errechnet.

Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks. Dementsprechend orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin auch nur an einer - nicht mehreren - Angebotslizenzen. Für die Bestimmung der diesbezüglichen fiktiven Vergütungshöhe ist die Zahl der konkreten Abrufe, spricht der tatsächlichen (unerlaubten) Rechtsauswertung, jedoch gerade nicht von Bedeutung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88 -). Allein mittelbar von Interesse ist die Frage der potentiellen - im Zeitpunkt der fiktiven Lizenzerteilung - zu erwartenden Abrufe. Hierzu, wie auch zur Berechnung insgesamt, hat der Beklagte indes - anders als die Klägerin - nichts vorgetragen.
"

Der Beklagte wurde daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten verurteilt.









AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17





(...) - Beglaubigte Abschrift -



Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil




Geschäftsnummer: 216 C 330/17

verkündet am: 31.01.2018



In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, -



gegen


den Herrn [Name], 12249 Berlin,
Beklagten,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 10178 Berlin, -





hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 216, auf die mündliche Verhandlung vom 20.12.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die. Kosten des Rechtsstreifs zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.





Tatbestand

Die Klägerin macht geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film [Name] zu sein. Dieser Filme bzw. Teile hiervon wurde über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss am [Datum] zum Herunterladen angeboten. Auf die Abmahnung vom [Datum] (Bl. 41 - 54 GA) leistete der Beklagte keine Zahlungen. Vorgerichtliche Korrespondenz blieb - ebenso wie eine zum [Datum] fristgebundene Anmahnung der nunmehr auch im Prozess geltend gemachten Zahlungen (Schreiben vom 03.11.2016, Bl. 87 ff. GA) - erfolglos.

Die Klägerin macht nunmehr im Wege der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatz in Höhe von zumindest 1.000,00 EUR sowie nach einem Gegenstandswert von 1.600,00 EUR berechnete vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten - ausgehend von einer 1,3 Gebühr - in Höhe von insgesamt weiteren 215,00 EUR geltend.

Die Klägerin trägt - im Wesentlichen - wie folgt vor: Sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem gegenständlichen Werk. Der Vortrag zur Schadenshöhe bilde - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine hinreichende Schätzgrundlage, die Schadenshöhe sei zudem auch angemessen. Die gegen sie sprechende Täterschaftsvermutung habe die Beklagte nicht ausgeräumt, ihr Vortrag sei insbesondere widersprüchlich und angepasst auf den gerichtlichen Hinweis vom 23.11.2017. Die vorhandene Widersprüche habe die Beklagte auch nicht aufgeklärt.



Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016,

107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016 sowie

107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hat - im Wesentlichen - zunächst wie folgt vorgetragen: Er habe das gegenständliche Werk nicht öffentlich zugänglich gemacht und sei weder als Täter noch als Störer haftbar. Seine Mitbewohner kämen, bis auf eine Mitbewohnerin die sich unstreitig im Ausland befand, als Täter in Betracht. Auf Befragen habe keiner der Mitbewohner den Tatvorwurf eingeräumt, zum Teil sei keine Antwort erfolgt. Zum Nutzungsverhalten der Mitbewohner könne er keine Angaben machen, hierzu sei er auch nicht verpflichtet. Eine Kontrolle der Endgeräte der Mitbewohner sei ihm weder möglich noch zumutbaren und zudem nach über drei Jahren auch nicht geeignet, eine potentielle Täterschaft zu belegen. Zudem sei der klägerische Sachvortrag zur Schadensberechnung bzw. Schadenschätzung unzureichend.

Auf den Hinweis vom 23.11.2017 (Bl. 135 GA) hat der Beklagte im Wesentlichen wie folgt weiter vorgetragen: Er habe nach Erhalt der Abmahnung sämtliche für ihn zugänglichen Endgeräte ohne Erfolg darauf untersucht, ob sich dort Spuren von Filesharing Software oder des gegenständlichen Werks befunden hätten. Er habe am Tag nach Erhalt der Abmahnung alle Mitbewohner befragt, diese hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt oder Filesharing Software genutzt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien sowie das. Protokoll Bezug genommen. Die Parteien haben im Termin in tatsächlicher Hinsicht unter ausschließlicher Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze verhandelt.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.


1.

Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 1.000,00 EUR.


a.

Die Klägerin ist zunächst als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte (§ 31 UrhG) aktivlegitimiert. Der diesbezüglichen Behauptung der Klägerin ist der Beklagte zwar unter Verweis auf Filmdatenbanken, entgegen getreten, gleichwohl unterstellt das Gericht diese Behauptung der Klägerin ohne Beweisaufnahme als zutreffend. Denn der Beklagte ist dem in der Folge substanziierten Vortrag der 'Klägerin, sie habe (nur) die Rechte für die DVD- sowie Kinoauswertung an die dort ersichtlichen Körperschaften, bei verbleibender Inhaberschaft der exklusiven Rechte gemäß § 19a UrhG, vergeben (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146, 150 GA) nicht weiter entgegen getreten. Für diesen Vortrag der Klägerin streitet zudem der mit der Anl. K1 (Bl. 35 GA) vorgelegte Bildschirmausdruck, der die Klägerin als "Studio" benennt. Dass das Kürzel [Name]dabei für die Klägerin steht, hat der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt.


b.

Der insoweit unstreitige Vortrag der Klägerin rechtfertigt auch die Annahme, dass der gegenständliche Film nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG geschützt ist.


c.

Dieser Film oder Teile hiervon wurden über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss im Wege des sog. Filesharings zum Herunterladen angeboten, was das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) verletzt.


d.

Der Beklagte ist auch passivlegitimiert. Als Inhaber des Internetanschlusses spricht gegen ihn zunächst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sog. tatsächliche Vermutung. Allein die Tatsache, dass er diesen Internetanschluss (wechselnden) Mitbewohnern euch im hier fraglichen Zeitraum zur Nutzung überlassen hat, ändert daran zunächst nichts. Denn ihn trifft dann eine sog sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt er dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und alt Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 68/16 -, Rn. 13, m.w.N.). Zudem ist der Anschlussinhaber auch zu der Angabe verpflichtet, ob auf dem von ihm genutzten Computern Filesharing Software (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 -I ZR 154/15 -, Rn. 27, juris, m.w.N.) oder Spuren des gegenständlichen Werks (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. September 2016 - 2 BvR 1797/15 -, Rn. 18, juris, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 15, juris). Der Vortrag des Anschlussinhabers ist dabei einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - I ZR 48/15 -), insbesondere können Modifizierungen des Vortrags im Laufe des Prozesses berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 31, juris).

Ausgehend hiervon ist der Vortrag des Beklagten unzureichend. Die Klägerin hat zu Recht (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146 ff.) darauf hingewiesen, dass der in Reaktion auf den Hinweis vom 23.11.2017 erfolgte Vortrag des Beklagten, sämtliche Mitbewohner hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing-Software zu besitzen, dem Vortrag in der schriftlichen Klageerwiderung widerspricht, wo er diesbezüglich vorgetragen hat: "Zum Teil erfolgte keine Antwort". Ebenso zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zunächst vorgetragen hat "keine Angaben" zu dem Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner machen zu können, nunmehr jedoch diesbezüglich in Reaktion auf den Hinweis weiter vorgetragen hat ohne diese Modifizierungen des Parteivortrags zu erläutern. Zur Klarstellung: Es ist gereicht dem Beklagten an sich 'nicht zum Nachteil, dass er seinen Parteivortrag modifiziert hat. Ausschlaggebend ist allerdings, dass er dies auch auf die Rüge im genannten Schriftsatz der Klägerin nicht, auch nicht im nachgelassenen Schriftsatz, erläutert hat.


e.

Ausgehend von dem oben festgestellten Sachverhalt liegt auch zumindest fahrlässiges Handeln im Sinne des § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG vor.


f.

Den Schadensersatz bestimmt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR. Ausgehend von der von der Klägerin gewählten Schadensberechnung gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 -), wonach an die vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, trägt der klägerische Sachvortrag eine Schätzung in dieser Höhe.

Nachvollziehbar sowie in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sie unter Heranziehung von Lizenz gelten für den Download unter besonderer Würdigung des Besonderheiten des sog. Filesharings (Zurverfügungstellung der Datei bzw. des Dateifragments an einen unbegrenzten Kreis von Nutzern) einen Mindestschaden von 1.000,00 EUR errechnet. Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks. Dementsprechend orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin auch nur an einer - nicht mehreren - Angebotslizenzen. Für die Bestimmung der diesbezüglichen fiktiven Vergütungshöhe ist die Zahl der konkreten Abrufe, spricht der tatsächlichen (unerlaubten) Rechtsauswertung, jedoch gerade nicht von Bedeutung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. März 1990 - I ZR 59/88 -). Allein mittelbar von Interesse ist die Frage der potentiellen - im Zeitpunkt der fiktiven Lizenzerteilung - zu erwartenden Abrufe. Hierzu, wie auch zur Berechnung insgesamt, hat der Beklagte indes - anders als die Klägerin - nichts vorgetragen.


2.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 215,00 EUR aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG. Die Voraussetzungen der Norm liegen vor, insbesondere bestand ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Auf die obigen Ausführungen wird entsprechend Bezug genommen. Die Bestimmung des Gegenstandswerts ist, ebenso wie die Berechnung des Anspruchs im Übrigen, nicht zu beanstanden.


3.

Der nachgelassene Schriftsatz des Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Soweit dieser Schriftsatz - weit überwiegend - neuen Tatsachenvortrag enthält, ist er ohnehin nicht berücksichtigungsfähig (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 283 ZPO, Rn. 5, m.w.N.). Der Beklagte muss diesbezüglich auf die hinreichend lang bemessen Äußerungsfristen im Vorfeld der mündlichen Verhandlung verwiesen werden. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.


4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 708 Nr. 11, §§ 711, 709 S. 2 ZPO.




Streitwertbeschluss

Der Streitwert wird endgültig auf 1.107,50 EUR festgesetzt (§ 48 GKG, § 3 ZPO).




Rechtsbehelfsbelehrung



I.

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit'Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 Euro übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin


eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.



II.


1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 EUR übersteigen oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.


2. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Beschwerde einlegen?

Die Beschwerde ist beim

Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin


einzulegen, entweder

a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.


3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.

Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.


4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.



gez. [Name]
Richter




Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 31.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig.




Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts - in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin -


auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)




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AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
WG,
Wohngemeinschaft

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#11270 Beitrag von Steffen » Freitag 27. April 2018, 22:12

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Rechteinhaber gewinnen Berufung in Tauschbörsenverfahren vor dem Landgericht Bochum - Beklagte genügt der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast auch in zweiter Instanz nicht


22:10 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Am 08.11.2017 hatte WALDORF FROMMER NEWS bereits über ein Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 22.08.2017 (Az. 65 C 354/16) berichtet, in welchem die beklagte Anschlussinhaberin vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits verurteilt wurde.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... verfahren/




Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... _43_17.pdf




Autor

Rechtsanwalt Jung-Hun Kim



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Auf die Berufung der Beklagten bestätigte nun das Landgericht Bochum das erstinstanzliche Urteil und hielt die Verurteilung vollumfänglich aufrecht. Auch nach Auffassung der Berufungskammer des Landgerichts ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, weshalb von ihrer eigenen Täterschaft auszugehen sei. Insbesondere habe es an konkret verletzungs- und tatzeitbezogenen Vortrag gefehlt, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit ergeben hätte, dass ausschließlich ein Dritter als Täter in Betracht kommt. Auch der Umstand, dass der einzige internetfähige Computer im Haushalt der Beklagten im Eigentum des Lebensgefährten gestanden habe, ändere hieran nichts.

"Der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht genügt. Denn es fehlt konkretes vorfallsbezogenes Vorbringen der Beklagten dazu, wer aufgrund seines Wissens und der vorhandenen technischen Ausstattung zu den konkreten Zeitpunkten der Ermittlung der IP-Adresse als Täter in Betracht kommt.

Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Allein die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Beklagten, es habe in ihrem Haushalt nur ein internetfähiges Gerät, nämlich den Laptop ihres Lebensgefährten, gegeben, ändert am Fehlen konkreten vorfallsbezogenen Vorbringens nichts. Vielmehr stellt sich die Frage, wieso dem Lebensgefährten der Beklagten, der den Laptop doch überwiegend zu beruflichen Zwecken genutzt haben soll, das Vorhandensein der entsprechenden Tauschbörsenprogramm nicht aufgefallen ist.
"

Die Beklagte hat neben den zuvor genannten Forderungen und Verfahrenskosten nunmehr auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.










LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -


I-8 S 43/17

65 C 354/16
Amtsgericht Bochum


Verkündet am 15.03.2018
[Name], Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle



Landgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


der Frau [Name], 44149 Dortmund,
Beklagten und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 5127 Mainz,



gegen


[Name],
Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,





hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2018 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], Richterin am Landgericht [Name] und die Richterin [Name]

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum ist zurückzuweisen. Denn die Beklagte ist gemäß § 97 UrhG zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten an die Klägerin verpflichtet, so dass das Amtsgericht zutreffend den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 11.08.2016 aufrechterhalten hat. Die von der Beklagten gegen dieses Urteil vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

So ist die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert. Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation hinreichend konkretisiert, sie hat insbesondere das Cover des streitgegenständlichen Filmwerks vorgelegt, auf dem sie als Rechteinhaberin benannt ist. Demgegenüber beschränkt sich die Beklagte auf ein einfaches Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin, ohne mitzuteilen, wer, wenn nicht diese, Inhaber der fraglichen Rechte sein soll. Dieses einfache Bestreiten ist unerheblich.

Da der streitgegenständliche Film an mehreren Tagen mit unterschiedlichen IP-Adressen von dem Internetanschluss der Beklagten zum Download angeboten worden ist, kommt auch ein einfaches Bestreiten der von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzung nicht in Betracht. Denn es liegt außerhalb der Wahrscheinlichkeit, dass die Ermittlung dieser unterschiedlichen der Beklagten zugeordneten IP-Adressen auf einem Fehler des von der Klägerin eingesetzten Ermittlungsprogramms beruht.

Schließlich hat die Beklagte auch ihrer sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH, insbesondere den Grundsätzen, die dieser in dem sog. "BearShare"-Urteil (I ZR 169/12 vom 08.01.2014) aufgestellt hat. Danach gilt:

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch entspricht, dass er vorträgt, dass und ggfs. welchen anderen Personen er Zugang zu seinem Internetanschluss gewährt hat und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hierbei ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.

Der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht genügt. Denn es fehlt konkretes vorfallsbezogenes Vorbringen der Beklagten dazu, wer aufgrund seines Wissens und der vorhandenen technischen Ausstattung zu den konkreten Zeitpunkten der Ermittlung der IP-Adressen als Täter in Betracht kommt. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Allein die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Beklagten, es habe in ihrem Haushalt nur ein internetfähiges Gerät, nämlich den Laptop ihres Lebensgefährten, gegeben, ändert am Fehlen konkreten vorfallsbezogenen Vorbringens nichts. Vielmehr stellt sich die Frage, wieso dem Lebensgefährten der Beklagten, der den Laptop doch überwiegend zu beruflichen Zwecken genutzt haben soll, das Vorhandensein der entsprechenden Tauschbörsenprogramme nicht aufgefallen ist.

Die Berufung war daher mit den aus §§ 97, 708 Nr. 11, 711 ZPO folgenden prozessualen Nebenentscheidungen zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung der Kammer beruht auf dem Urteil des BGH vom 08.01.2014 (I ZR 169/12).



[Name]

[Name]

[Name]




Beglaubigt
[Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Landgericht Bochum (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17,
Vorinstanz: AG Bochum, Urteil vom 22.08.2017, Az. 65 C 354/16,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
einfaches Bestreiten,
Mehrfachermittlung

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AG Frankenthal, Az. 3c C 27/18

#11271 Beitrag von Steffen » Samstag 28. April 2018, 09:09

Justizportal Rheinland-Pfalz: Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) weist Filesharing Klage der .rka Rechtsanwälte unter Anwendung des BGH-Entscheides "Konferenz der Tiere" zurück


09:05 Uhr



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Justizportal Rheinland-Pfalz



Quelle:

juris GmbH - Juristisches Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland

Gutenbergstraße 23 | 66117 Saarbrücken




Urteil:

Link:
http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/p ... doc.part=L



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~







AG Frankenthal, Urteil vom 18.04.2018, Az. 3c C 27/18




(...) Leitsatz Juris

Die Haftung eines Tauschbörsenteilnehmers als Mittäter wegen der Zurverfügungstellung einzelner, für sich genommen unbedeutender oder unbrauchbarer Daten setzt voraus, dass in zeitlichem Zusammenhang mit dem vom Internetanschluss des in Anspruch Genommenen zur Verfügung gestellten Angebot in der konkret genutzten Tauschbörse auch eine vollständige Version des Werkes (oder eines urheberrechtsschutzfähigen Teils davon) zum Herunterladen angeboten worden ist, weil es ansonsten schon an einer Verletzungshandlung fehlt, zu der der einzelne Teilnehmer als Mittäter einen konkreten Beitrag geleistet haben könnte und der in Anspruch genommene Tauschbörsenteilnehmer einen objektiven Tatbeitrag geleistet, also dem betroffenen Werk zuzuordnende Datenpakete zum Herunterladen angeboten hat.

Die gesamtschuldnerische Haftung der Mittäter gemäß § 840 BGB führt u.a. dazu, dass jeder Mittäter den ganzen Schadensersatz zu zahlen verpflichtet, der Gläubiger diesen aber nur einmal zu fordern berechtigt ist (§ 421 BGB) und die Erfüllung durch einen in Anspruch Genommenen Mittäter auch zu Gunsten der übrigen Mittäter wirkt (§ 422 BGB), weshalb der Gläubiger in Filesharing-Fällen, in denen ihm aufgrund seiner umfangreichen Ermittlungen im Gegensatz zum beklagten Gesamtschuldner weitere Mittäter bekannt sind und von ihm in Anspruch genommen werden bzw. wurden, zur schlüssigen Darlegung des verfolgten Schadensersatzanspruchs sowie zur Vermeidung einer Überkompensation und letztlich zurückzugewährender Überzahlungen vorzutragen hat, in welchem Umfang die geforderte Leistung bereits durch anderweitig in Anspruch genommene Mittäter bewirkt worden ist.





Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung kommenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.




Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem PC-Spiel "Saints Row IV".


Die Klägerin trägt vor,
dass über den Anschluss des Beklagten am 08.09.2013 eine Datei zum Herunterladen angeboten worden sei, die mit einer über ihren Hashwert identifizierten Datei identisch sei, welche eine funktionsfähige Kopie des eingangs genannten Computerspiels enthalte. Außer dem Beklagten habe an dem fraglichen Tag niemand Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt, auch nicht die Mitglieder der in einer separaten Wohnung in seinem Anwesen lebenden Familie seiner Tochter. Aufgrund des Vorgangs vom September 2013 habe sie den Beklagten am 06.02.2014 erfolglos abgemahnt. Ihr stehe ein Schadenersatzanspruch auf Basis einer fiktiven Lizenzgebühr zu. Daneben sei der Beklagte zur Erstattung der Kosten für die ausgesprochene Abmahnung aus einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR verpflichtet. Die Deckelung des Wertes nach § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG greife nicht, weil diese bei dem hier betroffenen hochpreisigen und erfolgreichen Computerspiel unbillig und nicht mit europarechtlichen Normen in Einklang zu bringen sei.

Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag von 964,60 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.02.2014 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen weiteren Betrag von 900,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.02.2014 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,
er habe das streitgegenständliche Spiel weder ganz noch in Teilen zum Download angeboten und könne dies auch gar nicht, weil er gar keine Computer und auch das Internet nicht nutze. Zum fraglichen Zeitpunkt hätten allerdings seine 2017 verstorbene Ehefrau sowie seine Tochter, deren Ehemann und deren damals 20/21 bzw. 15/16 Jahre alte Kinder mit ihren eigenen Endgeräten selbständig Zugriff auf den auf ihn angemeldeten Internetanschluss gehabt und diesen auch genutzt. Eine Abmahnung habe er 2014 nicht erhalten, sondern sei erst durch den Mahnbescheid vom Dezember 2016 bzw. ein kurz zuvor erhaltenes Schreiben auf die Behauptungen der Klägerin aufmerksam geworden. Unmittelbar danach habe er seine in seinem Anwesen wohnenden Angehörigen ohne Ergebnis zu dem Vorwurf befragt. Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs bestehe schon deshalb nicht, weil die Klägerin diesen Anspruch gar nicht weiterverfolgt habe. Im Übrigen sei der Anspruch verjährt und die Forderung im Hinblick auf die Regelung des § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG, die vom Gesetzgeber eigens wegen massenhafter Abmahnungen in Fällen wie dem vorliegenden geschaffen worden sei, überhöht. Bezüglich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs berücksichtige die Klägerin nicht, dass die jeweiligen Tauschbörsennutzer lediglich als Gesamtschuldner haften, Zahlungen anderer in Anspruch genommener Nutzer folglich auch gegenüber dem Beklagten schuldbefreiend wirkten.


Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg.


1.

In seiner unlängst veröffentlichten Entscheidung vom 06.12.2017 (I ZR 186/16 - "Konferenz der Tiere" = NJW 2018, 784) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Haftung von Teilnehmern einer Internet Tauschbörse in Betracht kommt und diese Haftung konsequent aus der regelmäßig anzunehmenden Mittäterschaft hergeleitet.

Bis dahin war - soweit das Problem überhaupt erörtert wurde - in Rechtsprechung und Schrifttum jedenfalls unklar und wohl auch umstritten, wie sich beispielsweise der Umstand auswirkt, dass von einem Tauschbörsenteilnehmer allenfalls kleine, für sich genommen unbedeutende oder sogar unbrauchbare, einem urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnende Dateiteile zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wurden. Die Unklarheit bestand insbesondere vor dem Hintergrund, dass von Rechteinhabern in sog. Filesharing Fällen regelmäßig Schadensersatz auf Grundlage einer Lizenzanalogie begehrt wird und insofern grundsätzlich vor allem Intensität und Umfang der behaupteten Verletzungshandlung entscheidende Faktoren für die dem Tatrichter nach § 287 ZPO obliegende Schätzung der Höhe eines solchen Anspruchs darstellen (vgl. zum Ganzen etwa LG Frankenthal, ZUM-RD 2016, 648 - "Konferenz der Tiere"; AG Frankenthal, ZUM-RD 2018, 123; Hilgert, MMR 2016, 773, 775).

Nach der jetzt vorliegenden, oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfordert die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Tauschbörsennutzer als Mittäter u.a., dass in zeitlichem Zusammenhang mit dem vom Internetanschluss des in Anspruch Genommenen zur Verfügung gestellten Angebot auch eine vollständige Version des Werkes (oder eines urheberrechtsschutzfähigen Teils davon) in der genutzten Tauschbörse zum Herunterladen angeboten worden ist (BGH a.a.O. Rn. 26 a.E. = NJW 2018, 784, 785/786), weil es ansonsten schon an einer Verletzungshandlung fehlt, zu der der einzelne Teilnehmer als Mittäter einen konkreten Beitrag geleistet haben könnte. Zudem ist zu fordern, dass der in Anspruch Genommene dem betroffenen Werk zuzuordnende Datenpakete zum Herunterladen angeboten (BGH a.a.O. Rn. 12 = NJW 2018, 784), also überhaupt einen objektiven Tatbeitrag geleistet hat.

Da vom weiter erforderlichen bewussten und gewollten Zusammenwirken der anonym handelnden und nicht miteinander bekannten Tauschbörsenteilnehmer u.a. aufgrund der langjährigen medialen Berichterstattung über die Funktionsweise von Internettauschbörsen regelmäßig, d.h. sofern der Einzelfall keine abweichende Annahme rechtfertigt, auszugehen ist (BGH a.a.O. Rn. 27 = NJW 2018, 784, 786 m.w.N. auch zu abw. Auffassungen in Literatur und Rspr.), haften die Teilnehmer bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen als Mittäter i.S.d. § 830 BGB. Die sich daraus nach § 840 BGB ergebende gesamtschuldnerische Haftung führt wiederum dazu, dass jeder Mittäter den ganzen Schadensersatz zu zahlen verpflichtet, der Gläubiger diesen aber nur einmal zu fordern berechtigt ist (§ 421 BGB) und zudem die Erfüllung durch einen in Anspruch genommenen Gesamtschuldner auch für die übrigen Gesamtschuldner wirkt (§ 422 BGB). Dabei gehört zur schlüssigen Darlegung der geltend gemachten Schadensersatzforderung wenigstens ein Vortrag, aus dem sich ergibt, inwieweit auf diese Forderung bereits mit Erfüllungswirkung geleistet worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Gläubiger sich jedenfalls in Filesharing Fällen, in denen ihm aufgrund seiner umfassenden Recherchen im Gegensatz zum beklagten Gesamtschuldner weitere Mittäter bekannt sind und separat von ihm in Anspruch genommen werden bzw. wurden, auch infolge einer ihn insoweit treffenden sekundären Darlegungslast darüber hinaus dazu zu erklären, welche Personen als Mittäter ermittelt wurden und in welchem Umfang die geforderte Leistung bereits durch anderweitig in Anspruch genommene Mittäter bewirkt worden ist, um eine Überkompensation und letztlich zurückzugewährende Überzahlungen zu vermeiden. Hinzu kommt, dass dem oder den in Anspruch Genommenen nur durch die Bekanntgabe entsprechender Informationen ein Innenregress nach § 426 BGB möglich ist.


2.

Der Vortrag der Klägerin reicht zur Darlegung der oben aufgelisteten Voraussetzungen einer mittäterschaftlichen Haftung des Beklagten nicht aus.

Es fehlt bereits an einer Angabe, in welcher Tauschbörse der monierte Verstoß stattgefunden haben soll. Zudem mangelt es an einem Vortrag dazu, dass in zeitlichem Zusammenhang mit dem nach Behauptung der Klägerin vom Internetanschluss des in Anspruch Genommenen zur Verfügung gestellten Angebot in dieser Tauschbörse auch eine vollständige Version des Werkes (oder eines urheberrechtsschutzfähigen Teils davon) zum Herunterladen angeboten worden ist. Aus der in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherung einer Mitarbeiterin der mit der Ermittlung von der Klägerin beauftragten E. UG (Anl. K4, Bl. 144 d.A.) zur Erfassung des Werkes folgt lediglich, dass im Vorfeld der eigentlichen Ermittlungen gegen Tauschbörsennutzer zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt im Internet eine Datei mit einem bestimmten Hashwert gesucht und gesichert wurde, die zweifelsfrei das geschützte Werk in funktionstauglicher Version enthielt, bevor sodann gezielt nach Angeboten dieser über ihren Hashwert identifizierbaren Datei in Tauschbörsen gesucht worden ist. Damit wird aber weder eine Aussage darüber getroffen, dass ein derartiges Angebot in der im konkreten Fall genutzten Tauschbörse (welcher?) vorhanden war, noch, dass dieses Angebot in dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang mit dem behaupteten, über den Anschluss des Beklagten zur Verfügung gestellten Angebot existierte.

Zudem ergibt sich aus der weiter in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherung eines anderen Mitarbeiters der E. UG (Anl. K3, Bl. 133 ff. d.A.), dass über den Anschluss des Beklagten ein Teilstück der dort angebotenen Datei heruntergeladen und bei dem automatisch durchgeführten Abgleich mit der vorab ermittelten Referenzdatei eine Übereinstimmung festgestellt worden sei. Auch dieser Vortrag genügt den oben dargestellten Anforderungen jedoch nicht. Aus ihm erschließt sich nämlich bereits nicht in einer der Beweiserhebung zugänglichen Weise, welche Datenpakete nach den Recherchen der Klägerin über den Anschluss des Beklagten angeboten worden sind bzw. welchen konkreten Inhalt diese aufgewiesen haben, obwohl ein entsprechender Vortrag der Klägerin gemäß ihren eigenen Angaben, nach denen sie den gesamten Netzwerkverkehr samt übermittelter Daten "revisionssicher archiviert" hat, ohne weiteres möglich sein dürfte. Vor allem aber ist die notwendige Zuordnung der zur Verfügung gestellten Dateninhalte zu dem geschützten Werk so nicht herstellbar. Eine solche Zuordnung ist indes gerade deshalb geboten, weil in Filesharingnetzwerken angebotene Dateien bzw. Dateicontainer schon aus technischen Gründen regelmäßig nicht nur solche Daten enthalten, die auch Bestandteil des geschützten Werkes sind (vgl. AG Frankenthal, ZUM-RD 2018, 123 m.w.N.).

Hinsichtlich des auf Grundlage einer Lizenzanalogie geltend gemachten Schadensersatzanspruchs kommt hinzu, dass die Klägerin trotz des ausführlichen und expliziten Vortrags des Beklagten zu einer möglichen Überkompensation nichts dazu ausführt, in welchem Umfang sie bezüglich der monierten Urheberrechtsverletzung bereits Schadensersatzleistungen durch von ihr ermittelte und in Anspruch genommene Tauschbörsennutzer gefordert und erhalten hat, was nach den obigen Ausführungen unter 1. ebenfalls im Rahmen schlüssigen Vorbringens von ihr zu verlangen ist.

Letztlich erscheint im konkreten Fall zumindest zweifelhaft, ob beim Beklagten von dem nach der eingangs zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich vorauszusetzenden Kenntnisstand über die Funktionsweise von Tauschbörsen und damit von einem bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Nutzern im mittäterschaftlichen Sinne ausgegangen werden könnte. Der im März 1941 geborene Beklagte hat dazu unter Hinweis auf sein Alter ausgeführt, dass er weder das Internet nutze, noch überhaupt mit Computern umzugehen wisse. Dies entspricht dem Eindruck, den das Gericht vom Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung gewonnen hat. Dort hat er u.a. nachvollziehbar erläutert, dass er erst nach Aufklärung durch seinen Rechtsanwalt überhaupt eine ungefähre Vorstellung davon erhalten hat, um was es im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt geht.


3.

Die Klage war daher abzuweisen, ohne dass es auf die zwischen den Parteien streitige Frage der Täterschaft des Beklagten und der in diesem Zusammenhang von Klägerseite bestrittenen Zugriffsmöglichkeit der mit dem Beklagten im selben Anwesen lebenden Familienangehörigen auf dessen Internetanschluss am fraglichen Tag ankommt.


4.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Frankenthal, Urteil vom 18.04.2018, Az. 3c C 27/18,
Klage .rka Rechtsanwälte,
BGH - I ZR 186/16 - "Konferenz der Tiere",
Datenpakete,
"Datenmüll",
Überkompensation,
gesamtschuldnerische Haftung der Mittäter gemäß § 840 BGB,
Ermittlungsergebnisse,
Beklagter 77 Jahre alt

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Wochenrückblick

#11272 Beitrag von Steffen » Sonntag 29. April 2018, 10:58

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2018, KW 17................................Initiative AW3P............................23.04. - 29.04.2018

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.............................................................Bild





1. Justizportal des Landes Nordrhein-Westfalen: Verwaltungsgericht Köln - Keine Pflicht für Telekommunikationsunternehmen zur Vorratsdatenspeicherung


VG Köln, Urteil vom 20.04.2018,Az. 9 K 7417/17


(...) Mit Urteil vom heutigen Tag hat das Verwaltungsgericht Köln festgestellt, dass die Deutsche Telekom nicht verpflichtet ist, im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung die Telekommunikationsverbindungsdaten ihrer Kunden zu speichern. (...)



Quelle: 'https://www.justiz.nrw/JM/Presse'
Link: https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse ... /index.php











2. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg: Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beseitigt grundsätzlich nur eine dem Verletzten gegenüber abgegebene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr


OLG Hamburg, Urteil vom 20.03.2018, Az. 7 U 175/16


(...) Soweit im Wettbewerbsrecht eine gegenüber einem von mehreren Gläubigern abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung (Drittunterwerfung) ausreichen kann, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen, ist dieser Gedanke nicht auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts übertragbar; denn anders als im Wettbewerbsrecht geht es bei Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts um den Schutz höchstpersönlicher Rechtsgüter, so dass die aus der Verletzung dieses Rechts erwachsenen Unterlassungsansprüche grundsätzlich nur von dem Betroffenen selbst geltend gemacht werden können (und nicht abtretbar sind). Zudem führt im Bereich des Wettbewerbsrechts eine wettbewerbswidrige Handlung häufig zu einer ganzen Reihe inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche einer größeren Zahl Aktivlegitimierter, während bei (rechtswidrigen) Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht regelmäßig nur der Betroffene selbst verletzt ist. (...)



Quelle: 'http://www.rechtsprechung-hamburg.de'
Link: http://www.rechtsprechung-hamburg.de/jp ... focuspoint











3. Bayern.Recht (München): Oberlandesgericht München - Nutzungssperren bei Tauschbörsen


OLG München, Urteil von 15.03.2018, Az. 6 U 1741/17


(...) 1. Wird ein Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt, ist eine darauf gegründete Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung rechtswidrig ist. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Von einem Passwortschutz mit Identitätsangabe des Nutzers geht eine nennenswerte Abschreckungswirkung aus, welche zwar nicht in jedem Fall eine Rechtsverletzung zu verhindern vermag, aber geeignet ist, einen unerlaubten Zugriff auf die Schutzgegenstände zumindest zu erschweren. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei dem Begriff der "Sperrung der Nutzung von Informationen" in § 7 Abs. 4 TMG handelt es sich um eine maßnahmenoffene Regelung. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
5. Dass anzuordnende Maßnahmen nach § 7 Abs. 4 TMG auch zumutbar und verhältnismäßig sein müssen, folgt unmittelbar aus § 7 Abs. 4 S. 2 TMG. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
(...)



Quelle: 'http://www.gesetze-bayern.de'
Link: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Do ... 8-N-003015











4. Beckmann und Norda Rechtsanwälte (Bielefeld): Oberlandesgericht Bamberg - Abmahnung mit Frist von 6 Tagen zur Abgabe der Unterlassungserklärung regelmäßig zu kurz wenn Feiertage und Brückentage dazwischen liegen


OLG Bamberg, Beschluss vom 09.04.2018, Az. 3 W 11/18


(...) Das OLG Bamberg hat entschieden, dass eine Abmahnung mit Frist von 6 Tagen zur Abgabe der Unterlassungserklärung regelmäßig zu kurz ist, wenn zudem noch Feiertage und Brückentage dazwischen liegen. (...)



Quelle: 'http://www.beckmannundnorda.de'
Link: http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... iegen.html















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Gerichtsentscheidungen





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  • AG Frankenthal, Urteil vom 18.04.2018, Az. 3c C 27/18 [.rka RAe verlieren; i.S.d. BGH, Urt. v. 06.12.2017 - I ZR 186/16 - "Konferenz der Tiere" (NJW 2018, 784)]




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  • LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17 [WF gewinnen Berufung; Berufung Beklagte wird zurückgewiesen (sek. Darlegungslast)]
  • AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17 [WF gewinnen; sek. Darlegungslast¸Wohngemeinschaft]









Justizportal Rheinland-Pfalz:



AG Frankenthal, Urteil vom 18.04.2018, Az. 3c C 27/18



Justizportal Rheinland-Pfalz: Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) weist Filesharing Klage der .rka Rechtsanwälte unter Anwendung des BGH-Entscheides "Konferenz der Tiere" zurück



Quelle: 'http://www.landesrecht.rlp.de'
Link: http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/p ... doc.part=L











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



1. LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Rechteinhaber gewinnen Berufung in Tauschbörsenverfahren vor dem Landgericht Bochum - Beklagte genügt der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast auch in zweiter Instanz nicht



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... verfahren/









2. AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Inhaber eines WG-Internetanschlusses - Sekundäre Darlegungslast kann in Filesharing Verfahren nicht durch widersprüchlichen Vortrag erfüllt werden (Wohngemeinschaft)



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... -einer-wg/















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Politik Splitter






1. Ein historischer Handschlag für unsere Erde!




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2. Konzerne bluten neue Bundesländer aus (ISV)!





1400 Opel-Mitarbeiter protestieren in Eisenach gegen Streichung 20 Prozent der Stellen bis 2020


(...) Die Opel-Mitarbeiter sollen heftige Einbußen hinnehmen, während die Mutter PSA ihren Umsatz deutlich steigert. Während in Paris gefeiert wird, kommt es in Eisenach zum Showdown. (...)



Quelle: 'http://www.faz.net'
Link: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/u ... 57445.html




Nun mal "Butter bei die Fische". Ich habe den Eindruck, dass die neuen Bundesländer hier einen "Industriellen Schlussverkauf" (ISV) unterliegen. Alle großen Konzerne, die im Rahmen "Aufbau Ost" mit den entsprechenden staatlichen Zuschüssen - neu - bauten, ziehen sich jetzt zurück (Opel - Eisenach; Coca Cola - Weimar; Siemens, Bombardier - Görlitz). Das heißt, es werden Arbeitsstellen massiv abgebaut, verkauft (wieder Arbeitsstellen zur Gesund-Sanierung abgebaut) oder geschlossen.

Am Beispiel Opel / Eisenach. Unsere Autoindustrie oder "Und täglich grüßt das Murmeltier". PSA (Frankreich, Macron) droht mit Schließung, erhält dann von der deutschen Regierung Zuschüsse fürs weitermachen und Erhaltung von Arbeitsplätzen i.V.m. kann noch höhere Gewinne (insgesamt kletterten die Erlöse von PSA im ersten Quartal um 42 Prozent auf 18,18 Milliarden Euro.) erzielen. Das Nachsehen haben die Arbeiter in Thüringens modernsten Autowerk.

Die GroKo als kriechender Handlanger der Wirtschaft nimmt dieses stete wirtschaftliche Ausbluten der neuen Bundesländer billigend in Kauf. Warum? Sollte es eskalieren, gehen im "Ossiland" Anzahlmäßig weniger Menschen auf die Straße, als wenn die Schließung auch die alten Bundesländer voll betreffen. Die neuen Bundesländer als dummes Bauernopfer der GroKo und Wirtschaft. Da macht schon wieder Sinn, dass die Bundeswehr auch im Innland eingesetzt werden kann. Übertrieben? Höchstens der letzte Satz.










3. FOCUS Online (München): Ex-Leibwächter Osama bin Ladens und Gefährder kann nicht abgeschoben werden - und kassiert weiter deutsche Hilfeleistungen


(...) Ein ehemaliger Leibwächter des getöteten Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden darf noch immer nicht nach Tunesien abgeschoben werden - dabei gilt Sami A. als Gefährder. In Deutschland kassiert er weiter Hilfeleistungen. (...)



Quelle: 'https://www.focus.de'
Link: https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 17498.html











4. Ösis 60-Stunden-Woche findet in Deutschland Anhänger




.....................................................Bild


............................................................."Prima!
.............................................................Uns eigentlich egal,
.............................................................wir sind sowieso nur selten auf der Arbeit!"











4. Die Gazetten überschlagen sich bei Merkels grandiosen Besuch bei Trump mit: "Sie macht einen fantastischen Job"


(...) Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump haben sich über Zölle, Militärausgaben, Syrien und Iran ausgetauscht. Nicht immer war Fortschritt erkennbar (Quelle: Zeit Online). (...)


Aber wie ist denn die tatsächliche Bedeutung (Merkel-)Deutschlands? Im aggressiven Vergeltungsschlag gegen Syrien wurde Deutschland gar nicht erst angefragt und Macron hatte bei seinen Staatsbesuch mehr private Zeit, als Merkel bei ihren 20 minütlichen Arbeitsbesuch mit Trump.

NATO

"Gleichzeitig forderte er Deutschland auf, mindestens 2% seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Er hoffe, dass jeder NATO-Partner dieses Ziel erreiche. "Und hoffentlich viel mehr", fügte Trump hinzu. Merkel erklärte, dass sich die Bundesrepublik der Steigerung der Wehrausgaben verpflichtet fühle." Deutschland ist aber lt. Merkel auf einem "guten Weg".


Freihandel

Merkel erklärte, die EU und Deutschland müssen mit den USA weiter über faire Handelsbedingungen verhandeln. Deutschland habe seinen Handelsüberschuss mit Amerika bereits reduziert, sagte Merkel. Sie zeigte aber Verständnis, dass dies Trump noch nicht ausreiche.


Fazit

Wir tun schon was Du willst Donald, aber noch zu wenig. Bei Iran machst Du eh was Du willst. Aber immerhin gab es ein, zwei Küsschen (20 bei Macron + Schuppenentfernung Späßchen). Ergo, Weniger Küsschen und kein Befummeln, keine Erfolge, keine Kompromisse. Ein fantastischer Job!?














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Steffen Heintsch für AW3P




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#11273 Beitrag von Steffen » Montag 30. April 2018, 14:12

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilt Beklagten in Filesharing Verfahren antragsgemäß - Mitnutzer eines Internetanschlusses, welche eine Tatbegehung auf Nachfrage abstreiten, kommen als Täter der Rechtsverletzung nicht in Betracht (Beklagter ohne Anwalt)


14:05 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Düsseldorf in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte im Laufe des Verfahrens behauptet, den streitgegenständlichen Film nicht über eine Internettauschbörse verbreitet zu haben. Insoweit habe er nicht über die notwendigen Computer- und Sprachkenntnisse verfügt. Der Sohn des Beklagten, welcher ebenfalls Zugang zum Internetanschluss gehabt habe, hatte auf Befragung die Begehung der Rechtsverletzung unstreitig verneint. An den Angaben seines Sohnes hatte der Beklagte auch keine Zweifel.



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Bericht

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Urteil als PDF

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Autor

Rechtsanwalt David Appel



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Das Amtsgericht bewertete das dargestellte Vorbringen insgesamt als unzureichend und verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß zur Zahlung eines Lizenzschadens in Höhe von 1.000,00 EUR, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.

Dass der Beklagte pauschal behauptete, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben, sei vor dem Hintergrund der tatsächlichen Vermutung unbeachtlich. Darüber hinaus habe er nicht darlegen können, wer sonst als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen könne. Dies gelte - trotz möglicher Anschlussnutzung - auch in Bezug auf den Sohn, da dieser die Tatbegehung auf Nachfrage unstreitig und glaubhaft abgestritten habe.

"Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den Internetanschluss benutzen konnten (BGH, NJW 2016, 953, 955 - Tauschbörse III). Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde; in diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast (a.a.O.).

Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (a.a.O.). lm vorliegenden Fall spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begangen hat: Es ist zunächst mangels diesbezüglichen Bestreitens unstreitig, dass die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt ist. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass er selbst den Filesharingverstoß nicht begangen habe, der Internetanschluss aber auch von seinem Sohn genutzt werde. Der Beklagte hat aber zudem erklärt, dass sein Sohn auf Befragen verneint habe, den Filesharingverstoß begangen zu haben, was er ihm glaube.

Folglich kommt der Sohn des Beklagten nach dem Beklagtenvortrag gerade nicht als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, so dass es bei der gegen den Beklagten sprechenden tatsächlichen Vermutung verbleibt. Die Höhe des der Klägerin entstandenen Mindestlizenzschadens von 1.000,00 EUR bestreitet der Beklagte nicht.
"










AG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018, Az. 14 C 92/17





(...) - Vollstreckbare Ausfertigung -


14 C 92/17


Verkündet am 22.02.2018
[Name] Justizbeschäftigte (mD)
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle



Amtsgericht Düsseldorf

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


Herrn [Name], 40472 Düsseldorf,
Beklagten,




hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19.02.2018 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2016 zu zahlen.

Dem Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen angeblichen Anbietens des Films [Name] - an dem die Klägerin für Deutschland die ausschließlichen Nutzungsrechte hält - im Internet im Wege des Filesharings in Anspruch. Der vorgenannte Film wurde am [Datum] über den Internetanschluss des Beklagten zum Download angeboten.

Mit der Klage verlangt die Klägerin in der Hauptsache Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR und Erstattung von anwaltlichen Abmahnkosten in Höhe von 107,50 EUR netto.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe. den Film am [Datum] im Wege des Filesharings im Internet angeboten.



Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,

1. an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.09.2016,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich 'Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.09.2016,
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.09.2016 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.

Der Beklagte behauptet, er habe den Filesharingverstoß nicht begangen. Sein mit ihm zusammen lebender, auf den Internetanschluss zugreifender Sohn habe auf Nachfrage verneint, den Filesharingverstoß begangen zu haben. Er glaube seinem Sohn.


Im Übrigen wird auf. alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.



I.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten nach § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu. Ein Anspruch nach § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG setzt voraus, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Urheberrechte der Klägerin verletzt und dieser dadurch einen Schaden zugefügt hat. Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den Internetanschluss benutzen konnten (BGH, NJW 2016, 953, 955 - Tauschbörse III). Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde; in diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast (a.a.O.). Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch; dass er dazu vorträgt, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (a.a.O.).

Im vorliegenden Fall spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begangen hat. Es ist zunächst mangels diesbezüglichen Bestreitens unstreitig, dass die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt ist. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass er selbst den Filesharingverstoß nicht begangen habe, der Internetanschluss aber auch von seinem Sohn genutzt werde. Der Beklagte hat aber zudem erklärt, dass sein Sohn auf Befragen verneint habe, den Filesharingverstoß begangen zu haben, was er ihm glaube. Folglich kommt der Sohn des Beklagten nach dem Beklagtenvortrag gerade nicht als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, so dass es bei der gegen den Beklagten sprechenden tatsächlichen Vermutung verbleibt. Die Höhe des der Klägerin entstandenen Mindestlizenzschadens von 1.000,00 EUR bestreitet der Beklagte nicht.

Der Klägerin steht aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG ein Anspruch auf Erstattung der geforderten Abmahnkosten gegen den Beklagten zu. Die Abmahnung war berechtigt, weil der Beklagte nach dem Vorgesagten als "Verletzer" im Sinne der Vorschrift anzusehen ist. Der Inhalt der Abmahnung entspricht auch unproblematisch den Vorgaben des § 97a Abs. 2 S. 1 UrhG. Die Klägerin kann damit Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 107,50 EUR für die Abmahnung verlangen. Die Beschränkung des Gegenstandswert für die Abmahnung auf 1.000,00 EUR gemäß § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG hat die Klägerin beachtet.



II.

Die Klägerin kann zudem aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG für die vorgerichtliche Abmahnung des Lizenzschadens weiterer vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 107,50 EUR verlangen. Zinsen schuldet der Beklagte aus §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die prozessualen Nebenkostenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2 ZPO.



Streitwert: 1.107,50 EUR




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Düsseldorf,
Werdener Straße 1,
40227 Düsseldorf,


eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichtsmöglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. I, S.3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite 'www.justiz.de'.



[Name]
Richter




Ausgefertigt
[Name], Justizbeschäftigte (m D)
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Vorstehende Ausfertigung wird der Klägerin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.

Diese Entscheidung würde dem Beklagten am 28.02.2018 zugestellt.



Düsseldorf, 02.03.2018
[Name], Justizbeschäftigte (m D)
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018, Az. 14 C 92/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt David Appel,
Klage Waldorf Frommer,
Beklagter ohne Anwalt,
sekundäre Darlegungslast,
tatsächliche Vermutung,
bestreiten Mitnutzer, kommen diese als Täter nicht infrage

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sekundäre Darlegungslast

#11274 Beitrag von Steffen » Dienstag 1. Mai 2018, 12:32

2018 - Mögliche richterliche Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Beklagten


12:25 Uhr



Ich möchte mit diesem Bericht versuchen, die Anforderungen der Gerichtsstände (bundesweit) aus den im Forum veröffentlichten Entscheidungen zusammenzufassen. Es gibt hierzu einfach zu viele falsche Vorstellungen und Vorgehensweisen. Natürlich soll es kein Katalog darstellen, den ein Abgemahnter bzw. Beklagter "abarbeitet", um sich eine Verteidigung zusammen zu basteln. Es soll als laienhafte Hilfestellung verstanden werden, welche richterlichen Anforderungen bundesweit mittlerweile abverlangt werden. Auf einzelne Gerichtsstände, Sachverhalte wie Einfach- / Mehrfachermittlung (technische Seite) und Aktivlegitimation werde ich nicht eingehen. Sicherlich ist es Aufgabe der Anwälte, aber letztendlich muss der Abgemahnte / Beklagte seinerseits etwas Verwertbares anbieten, mit dem der Anwalt auch arbeiten kann. Dieser kann und darf nichts Erfinden sowie reichen pauschale und theoretische Gedanken in der Verteidigung nicht aus.






Was ist Verletzungshandlung?

Wichtig, die Verletzungshandlung des Vorwurfs ist unstreitig u.a. das öffentliche Zugänglichmachen (siehe § 19a UrhG).

Es wurde in das - alleinige - Recht des Urhebers, Inhaber und/oder/bzw. Verwerters des streitgegenständlichen Rechts,
a) ohne Erlaubnis,
b) ohne einer erworbenen Lizenz,
eingegriffen diesen Streitgegenstand öffentlich Zugänglich zu machen, zu vervielfältigen, zu verbreiten etc.

Uninteressant deshalb, wie viele Male geloggt wurde, ob der Betroffene das Original im Regal stehen hat, es niemals nie ansehen würde usw. usf.






Welchen Inhalt umfasst der Vorwurf?

Der Vorwurf lautet,
- der Streitgegenstand wurde über den Anschluss des Inhabers des Internetzuganges angeboten

Der Vorwurf lautet nicht,
- der Streitgegenstand wurde vom Anschlussinhaber über ein bestimmtes Endgerät angeboten






Wer muss was beweisen?

Immer der sich auf etwas beruft, der muss dieses auch beweisen. Dies bedeutet, der Kläger muss beweisen, dass der Vorwurf und die resultierenden Ansprüche bestehen und der abgemahnte / beklagte Anschlussinhaber als Täter infrage kommt. Dieses wird regelmäßig mit dem Ergebnis der IP-Beweiskette (Log., Antrag auf Gestattung (hier wird erstmals die Aktivlegitimation mit geprüft), Gestattung nach § 101 Abs. 9 UrhG, Providerauskunft) sowie den vorgerichtlichen (Abmahnung, resultierender Korrespondenz) / gerichtlichen (evtl. Mahnbescheid) Maßnahmen erreicht.

Wenn also beispielsweise eine dritte Person mit Wissen und Wollen den Anschluss des Beklagten mit dem eigenen Endgerät für Filesharing nutzte, würde dies an der täterschaftlichen Haftung des Beklagten erst einmal nichts ändern. Dieses nennt der Bundesgerichtshof, die tatsächliche Vermutung der Täterschaft durch den abgemahnten / beklagten Anschlussinhaber (kurz: "AI"). In heutigen Verfahren kommt der möglichen Täterhaftung eine höhere Bedeutung zu, als der Störerhaftung.






Tatsächliche Vermutung der Täterschaft

Anzunehmen:
- immer, bei alleiniger Internetnutzung

Nicht anzunehmen:
- Internetzugang nicht hinreichend gesichert war
- Internetzugang bewusst anderen Personen zur selbstständigen Nutzung überlassen wurde



Wichtig

Der Beklagte ist erst einmal als Täter für die Rechtsverletzung verantwortlich. Zu seinen Lasten streitet die sogenannte Anschlussinhabervermutung.






Sekundäre Darlegungslast

Natürlich ist es eine Art Beweiserleichterung für den Kläger. Keine Frage. Aber, bei Sachverhalten, wo der Kläger keinerlei Einschicht hat, sondern nur der Beklagte (i.S.d. § 138 ZPO), ergibt sich für den Beklagten eine Erklärungspflicht zum Sachverhalt (sekundäre Darlegungslast). Der Kläger kann nicht wissen, wie es zum Vorwurf am Internetzugang des Beklagten aussah, wer den Internetzugang wie nutzte, oder nicht. Wurde die tatsächliche Vermutung der möglichen Täterschaft erfolgreich erschüttert, ist diese resultierende sekundäre Darlegungslast entscheidend in der Verteidigung und muss substantiiert (bewiesener Tatsachenvortrag) erfolgen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es unfair oder ungerecht sei. Irrelevant!



Wichtig

Was viele Betroffene vergessen oder nicht wissen oder wissen wollen, auf den Abgemahnten kommen schon mit Erhalt des Abmahnschreibens bestimmte Nachforschungs- und Recherchepflichten zu, nicht erst mit Erhalt der Klageschrift.



Beachte

Wird der Beklagte dieser sekundären Darlegungslast gerecht und genügt er der Tatsachenvortrag den Anforderungen des jeweiligen Gerichtes, muss der Kläger weiter vortragen, wer als Täter infrage kommt.

Wird der Beklagte hingegen dieser sekundären Darlegungslast nicht gerecht und genügt er der Tatsachenvortrag den Anforderungen des jeweiligen Gerichtes nicht, geht die Täterschaft wieder auf ihn zurück und er haftet voll.



Tatsachenvortrag:

Eine Behauptung ist ein Tatsachenvortrag. Dieser muss bewiesen werden. Der Beweis ist erbracht, wenn die behauptete Tatsache zur Überzeugung des Gerichtes feststeht.



Sehr viele "Foren-Experten" und Betroffene haben bei dem Umfang der sekundären Darlegungslast zu naive Vorstellungen sowie einfach eine arrogante Haltung. Natürlich kommt es auch auf den jeweiligen Gerichtsstand, dem konkreten Einzelfall und Sachvortrag der Parteien an. Es kristallisieren sich einige richterliche Anforderungen 2018 heraus. Diese nachfolgenden richterlichen Anforderungen sind kein "Abarbeitungskatalog", sondern soll verdeutlichen, einmal die Bedeutung der dogmatischen höchstrichterlichen zweistufigen Verteidigung, andermal ohne Anwalt vor Gericht ist ein No-Go!






Mitnutzer werden benannt, verneinen (bestreiten) aber den Vorwurf

Ist nach dem Sachvortrag des Beklagten weder er noch einer der Benannten für den Vorwurf verantwortlich UND hat das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen, ist dieser Sachvortrag nicht plausibel und genügt damit der sekundären Darlegungslast nicht. Denklogisch ist es nicht möglich, dass niemand für die Rechtsverletzung verantwortlich ist.






Was ist dem Beklagten nicht zumutbar

- die Internetnutzung seiner Familienangehörigen einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können.
- die Untersuchung des Computers seines Ehegatten oder volljähriger Haushaltsangehöriger im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen (vgl. BGH - "Afterlife"; Ausnahme: Es ist nur ein Endgerät vorhanden, was alle benutzen).






Mitnutzer werden benannt, aber nicht mit "Name und Hausnummer" (Hausnummer = ladungsfähige Anschrift)

Benenne ich einen Mitnutzer, nenne aber nicht seinen "Namen und Hausnummer", genügt es nicht. Warum? Weil damit der Klägerin von vorneherein die Möglichkeit abgeschnitten wird, etwaige in Betracht kommende Täter als Zeugen zu benennen bzw. vorgerichtlich zu befragen.



Fazit

Mangels Nennung von Namen hat der Beklagte gerade nicht dargelegt, dass eine andere Person für die Rechtsverletzung in Betracht kommt.






Ehepartner


Wie schon erwähnt, ist es dem Beklagten nicht zuzumuten

- die Internetnutzung seiner Familienangehörigen einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können.
- die Untersuchung des Computers seines Ehegatten oder volljähriger Haushaltsangehöriger im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen



Zumutbar hingegen

1) Vortrag auf die Internetnutzung der Ehegatten, zu
a) Kenntnissen,
b) Fähigkeiten,
c) Nutzerverhalten


2) Pflicht des beklagten Ehegatten
a) den Ehegatten zu befragen, ob
aa) dieser die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat
ab) Filesharing-Software auf den von ihm genutzten internetfähige Geräten installiert war und
ac) das streitgegenständliche Werk zum Download in einer Filesharing-Tauschbörse zu der Tatzeit / den Tatzeiten angeboten hatte
b) Angaben, ob er überhaupt insoweit seinen Ehegatten befragt hat
c) das Ergebnis seiner Nachforschungen der Klägerin wahrheitsgemäß und vollständig mitzuteilen


3) sonstige Umstände der Anschlussnutzung,
a) ob und welche sonstigen internetfähigen Geräte neben dem Rechner seines Ehegatten und seinem eigenen in seinem Haushalt vorhanden waren,
b) wie diese Geräte, einschließlich seines Rechners und des seines Ehegatten, von den Eheleuten genutzt wurden.
c) ob der Ehegatte den Rechner des / der Beklagten mit nutzt (wie: vollständig / teilweise)


4) Untersuchung der eigenen internetfähigen Geräte durch den Beklagten nach Zugang der Abmahnung, nach
a) installierter Filesharing-Software
b) Installation des Streitgegenstandes


Im Zusammenleben unter Ehegatten sind grundlegenden Tatsachen bekannt, wie
a) eine besondere Gewandtheit des Ehegatten im Hinblick auf Computer- und Programmierkenntnisse
b) oder auch das Gegenteil, nur rudimentäre Kenntnisse
c) Wer nur mit Hilfe oder auf Grundlage der technischen Voreinstellungen eines anderen das Internet nutzt bzw. nutzen kann, kommt gegebenenfalls als (Allein-) Täter - nicht - in Betracht






Kenntnisse zum Täter bei Befragung

Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, müsse er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.



Dagegen,

- der bloße Vortrag, nicht zu wissen, wer die Urheberrechtsverletzungen begangen haben könnte, reicht nicht aus, um die beschriebene sekundäre Darlegungslast zu erfüllen.






Kein eigener Computer

Dieser Sachvortrag reicht, auch wenn dieses wieder Unverständnis auslöst, regelmäßig nicht aus. Denn dieser Sachvortrag besagt nicht, dass die Rechtsverletzung nicht über ein anderes internetfähiges Endgerät oder mit einem Computer einer anderen Person begangen wurde.



Hinweis

Der Beklagte ist erst einmal als Täter für die Rechtsverletzung verantwortlich. Zu seinen Lasten streitet die sogenannte Anschlussinhabervermutung.






Hacker / Sicherheitslücke

Aus dem Sachvortrag des Beklagten muss sich ergeben, dass eine Begehung der Rechtsverletzung durch einen unerlaubt auf den Anschluss zugreifenden Dritten oder durch eine bestehende Sicherheitslücke an seinem Endgerät konkret in Betracht käme.

Ein rein pauschaler Hinweis darauf, dass das WLAN-Netzwerk auch gehackt worden sein könne, oder ein Vortrag zu dem behaupteten Vorfall, bei dem sein Router gehackt worden sei, genügt in keinster Weise den Anforderungen an die sekundäre Dar1egungslast.



Warum?

- der Beklagte behauptet eines solches Eindringen Dritter, sondern stellt bloß eine Vermutung auf
- es fehlt an konkretem Vortrag zu dieser behaupteten Sicherheitslücken






Beklagter (Anschlussinhaber) nicht anwesend

Da der Down- bzw. Upload eine körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt, greift der Einwand in der Regel nicht durch.






Langer Zeitraum zwischen Abmahnung und Befragung


Es kann dem Beklagten abverlangt werden, Mitnutzer konkret zur Internetnutzung während des streitgegenständlichen Zeitpunktes zu befragen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beklagten diese weitergehenden Nachforschungen unmöglich oder nicht zumutbar waren, müssen vorgetragen werden. Zeiträume zwischen Vorwurf (Log.) und Abmahnung von ca. 5 Monaten können zumutbar und erfolgreich sein. Es ist auch im Interesse des Abgemahnten, damit er durch diese Recherche weitere Rechtsverletzungen vermeiden kann. Diese Pflicht besteht im Grundsatz immer bei minderjährigen Kindern als Mitnutzer.



Beachte

Hat der Beklagte jedoch nach Erhalt der Abmahnung keine diesbezüglichen Nachforschungen angestellt, so kann er sich nicht darauf berufen, dass aufgrund des Zeitablaufes heute keine näheren Angaben mehr gemacht werden können.






Weitere Nachforschungspflichten (zusammengefasst)



Anschlussinhaber

- Sicherung Internetzugang und seines Endgerätes oder der Endgeräte (wenn mehrere im Haushalt)
- ob sein eigenes Endgerät (wenn mehrere im Haushalt) zum Tatzeitpunkt ein- oder ausgeschaltet gewesen sei
- was er zum Vorwurf konkret machte
- er muss den Computer des Ehegatten nicht nach Filesharing Software / Streitgegenstand durchsuchen, aber den Eigenen
- konkreter Sachvortrag ob eine andere Person seinen Anschluss gerade benutzen konnte





Anschlussinhaber vs. Mitnutzer


4 Tatsachenmerkmale:
1.) Nutzerverhalten
2.) Kenntnissen
3.) Fähigkeiten
4.) zeitliche Hinsicht


- Mitnutzer sind unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen.
- nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, zu machen.

Hierzu gehören Angaben,
- wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten (Geräte + Sicherung),
- wie häufig diese Personen das Internet nutzen,
- wozu das Internet genutzt wird
- Kenntnisse und Fähigkeiten
- wurde das Internet zum Vorwurf benutzt (waren diese überhaupt zur fraglichen Tatzeit zu Hause und hatten Zugriff auf den Internetanschluss)
- wie das Nutzungsverhalten im Einzelfall kontrolliert wurde
- Befragung zum Vorwurf UND Erkenntnisse






Fazit

Es kommt darauf an - und das ist das Komplizierte - dass der benannte Mitnutzer zum Verletzungszeitpunkt als Täter in Betracht kommt. Es kommt nämlich nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf den Verletzungszeitpunkt an (vergleiche BGH -Tauschbörse III).


Diese Auflistung soll deutlich machen, wie komplex die Verteidigung gegen eine Abmahnung / Klage geworden ist. Es ist kein Platz mehr für ein Laienforum und selbst ernannte virtuelle Prozessbevollmächtigte. Mit Erhalt der Klageschrift muss ein Anwalt beauftragt werden.






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Steffen Heintsch für AW3P




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Offenes WLAN?

#11275 Beitrag von Steffen » Freitag 4. Mai 2018, 13:33

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Abmahnung i.V.m. offenen WLAN - Was gilt?


AW3P: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies. In letzter Zeit liest man in den diversen Verbraucherschutzforen von Betroffenen, die z.B. für ihre Gäste (Gaststätte) oder Patienten (Wartebereich Arzt) offenes WLAN zur Verfügung stellen und wegen einer vermeintlichen Urheberverletzung abgemahnt worden. Nun gibt es ja mittlerweile das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (3. TMGÄndG; Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017, Teil I Nummer 67) was "Offenes WLAN" regelt. Wie sollte sich ein Betroffener in so einem Fall verhalten. Sollte er eine mod. UE abgeben, mit dem Abmahner in Kontakt treten oder sich vorsichtshalber an einem Anwalt wenden, der diese Abmahnung prüft. Oder spielt es bei vorbenannten Beispielen gar keine Rolle für den Abmahner und fällt nicht unter dem WLAN-Gesetz"?



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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies: Die Situation, die Sie hier beschreiben ist meiner Meinung nach genau diejenige, die der Gesetzgeber durch das neue Haftungsprivileg schützen wollte. Auch wir hatten jetzt einige Fälle, in denen Ärzte oder andere Gewerbetreibende abgemahnt wurden, weil sie Kunden ein W-LAN zur Verfügung gestellt hatten.

Ich würde hier meist nicht dazu raten, modifizierte Unterlassungserklärungen abzugeben, weil deren Einhaltung vom Netzbetreiber ja kaum garantiert werden kann. Es macht aber durchaus Sinn sorgfältig rechtlich gegenüber der Abmahnkanzlei zu argumentieren, damit diese sehen, dass ihre Abmahnung chancenlos ist.

Und es macht meiner Meinung nach auch Sinn, technisch betrachtet in das Netzwerk zu investieren, denn man kann die Möglichkeiten der Nutzer des W-LANs illegale Torrents zu benutzen jedenfalls durchaus einschränken.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies




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LG Köln, Az. 14 O 38/17

#11276 Beitrag von Steffen » Samstag 5. Mai 2018, 10:13

Beckmann und Norda Rechtsanwälte (Bielefeld): Landgericht Köln - Filesharing über Internetanschluss der Eltern - Volljähriger Haushaltsangehöriger haftet auch für Kosten der gegen Anschlussinhaber ausgesprochenen Abmahnung


10:10 Uhr



Das Landgericht Köln hat entschieden (Urt. v. 19.04.2018, Az. 14 O 38/17), dass ein volljähriger Haushaltsangehöriger bei einer Urheberrechtsverletzung durch Nutzung von Filesharing Programmen über den Internetanschluss der Eltern auch für die Kosten der gegenüber dem Anschlussinhaber ausgesprochenen Abmahnung haftet. Im laufenden Verfahren räumt der volljährige Mitnutzer den Vorwurf ein, so dass die Klage erweitert wurde. Die förmliche Aufhebung des Versäumnisurteil des Amtsgericht Köln (Urt. v. 04.08.2016, Az. 148 C 207/16) unterbleibt; das Versäumnisurteil des Landgericht Köln (Urt. v. 05.10.2017, Az. 14 O 38/17) wird aufgehoben. Täter wird zu einen Schadensersatz i.H.v. 3.899,00 EUR verurteilt.



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BECKMANN UND NORDA - Rechtsanwälte GbR

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Fon 0521/98628-0 | Fax 0521/98628-28
E-Mail info@beckmannundnorda.de | Web www.beckmannundnorda.de




Bericht

Link:
http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... nung.html=




Urteil im Volltext

Link:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koel ... 80419.html



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LG Köln, Urteil vom 19.04.2018, Az. 14 O 38/17




(...) Tenor

Das Versäumnisurteil vom 05.10.2017 - LG Köln Az. 14 O 38/17 - wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte zu 2) in Ziffern 1. und 5. des Tenors zur Zahlung von Zinsen vor dem 15.10.2016 verurteilt worden ist. Ferner wird das Versäumnisurteil vom 05.10.2017 - LG Köln Az. 14 O 38/17 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen im Kostenpunkt teilweise aufgehoben.


Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst:

Von den Kosten des Rechtsstreits - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), über die bereits mit Beschluss vom 05.10.2017 erkannt wurde - tragen die Parteien vorab jeweils allein:

1. die Klägerin die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Euskirchen (Az. 17 C 116/16) entstandenen Kosten;

2. die Beklagte zu 1) die durch ihre Säumnis im Termin vom 04.08.2016 vor dem Amtsgericht Köln (Az. 148 C 207/16) entstandenen Kosten;

3. der Beklagte zu 2) die durch seine Säumnis im Termin vom 05.10.2017 vor dem Landgericht Köln (Az. 14 O 38/17) entstandenen Kosten.

Im Übrigen tragen die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) die Klägerin zu 3/7 und der Beklagte zu 2) zu 4/7.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Klägerin darf die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 05.10.2017, Az.14 O 38/17, nur gegen Sicherheitsleistung fortsetzen. Diese wird für die Vollstreckung der Klägerin aus Ziffer III des Versäumnisurteils auf 1.000,00 EUR sowie für die Vollstreckung aus Ziffern IV. und V. auf jeweils 500,00 EUR festgesetzt, im Übrigen auf 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Fortsetzung der Vollstreckung des Beklagten zu 2) aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 05.10.2017 sowie die Vollstreckung aus diesem Urteil gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.




Tatbestand

Die Klägerin vermarktet unter anderem Computerspiele, darunter das streitgegenständliche Computerspiel "Risen 2", an dem die Klägerin ausschließliche Nutzungsrechte behauptet. Die Klägerin macht nach Klagerücknahme gegenüber der Beklagten zu 1) gegen den Beklagten zu 2) urheberrechtliche Ansprüche in Zusammenhang mit der öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels "Risen 2" in einer sogenannten Filesharing-Tauschbörse geltend.

Die Beklagte zu 1) war im Jahr 2012 Inhaberin eines Internetanschlusses unter der im Rubrum angegebenen Anschrift. Sie lebte mit dem Beklagten zu 2), ihrem damals bereits volljährigen Sohn, in häuslicher Gemeinschaft. Der Beklagte zu 2) verfügte über einen von der Beklagten zu 1) unabhängigen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten zu 1).


Das streitgegenständliche Computerspiel wurde von der Firma B. GmbH & Co. KG unter dem Label "Piranha Bytes" produziert und von der Klägerin erstmals im Jahr 2012 veröffentlicht. Das Computerspiel wurde in der Folge ohne Zustimmung der Rechteinhaber in Peer-to-Peer-Netzwerken, so genannten Filesharing-Tauschbörsen, anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten.

Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster Ermittlungen wurden in der Zeit vom 02.05.2012 bis 05.05.2012 vier Erfassungszeitpunkte festgestellt, zu denen unter jeweils unterschiedlichen IP-Adressen das streitgegenständliche Computerspiel "Risen 2" im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse anderen Nutzern zum Download angeboten worden war. Die IP-Adressen waren zu den Erfassungszeitpunkten jeweils dem Anschluss der Beklagten zu 1) zugeordnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.03.2016 (dort Seite 12 ff., Bl. 36 ff. GA) Bezug genommen.

Die Klägerin ließ die Beklagte zu 1) mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2012 abmahnen.

Die Klägerin hat zunächst lediglich gegen die Beklagte zu 1) Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides wegen Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 697,40 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 555,60 EUR (Schriftsatz vom 17.03.2016, Bl. 38 GA) beantragt. Auf den Widerspruch der Beklagten zu 1) ist die Sache auf Antrag der Klägerin an das Amtsgericht Euskirchen (Az. 17 C 116/16) abgegeben worden. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Köln (Az. 148 C 207/16) ist die Beklagte zu 1) mit Versäumnisurteil vom 04.08.2016 - 148 C 207/16 - antragsgemäß verurteilt worden. Die Beklagte zu 1) hat hiergegen fristgerecht Einspruch eingelegt mit der Begründung, dass der Beklagte zu 2) zwischenzeitlich ihr gegenüber die Rechtsverletzungen eingestanden habe, wie zwischen den Parteien unstreitig ist.

Die Klägerin ließ daraufhin den Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 13.09.2016 (Anlage K 3, Bl. 149 ff.) abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Auskunftserteilung auffordern. Der Beklagte zu 2) gab gegenüber der Klägerin eine Unterlassungserklärung ab (Anlage K4, Bl. 154 GA), lehnte jedoch eine Auskunftserteilung sowie Löschung der streitgegenständlichen Datei ab.

Mit Schriftsätzen vom 06.10.2016 und 02.02.2017 (Bl. 142 ff, 185 ff. GA) hat die Klägerin die Klage gegen den Beklagten zu 2) erweitert, daraufhin hat das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 09.02.2017 den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Köln verwiesen.

Die Klägerin behauptet, die Firma B GmbH & Co. KG habe das streitgegenständliche Computerspiel exklusiv an die Klägerin lizenziert. Hierzu nimmt die Klägerin Bezug auf den zwischen der Klägerin und der Firma B GmbH & Co. KG geschlossenen Vertrag "Development Agreement" vom 28.07.2009 (vorgelegt in Anl. K1f, Bl. 74 ff. als Kopie des englischen Originals und deutscher Übersetzung) sowie Ablichtungen von Datenträgern des von der Klägerin vertriebenen, streitgegenständlichen Computerspieles mit dem Vermerk:

"published 2012 by Deep Silver, a division of Y GmbH, H-Straße 1, 06.06.2004 G, Austria. Developed Piranha Bytes, T-Straße, 45138 Essen, Germany"

Die Klägerin behauptet ferner, das Computerspiel sei erstmals am 27.04.2012 veröffentlicht worden. Hierzu nimmt die Klägerin Bezug auf einen Screenshot der Webseite www.geizhals.de zu Preisentwicklungen, das streitgegenständliche Spiel betreffend (Anl. K5, Bl. 190 GA).

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 2) habe mindestens in der Zeit von 02.05.2012 bis 05.05.2012 das streitgegenständliche Computerspiel zum Download angeboten, unmittelbar nach dessen Erstveröffentlichung am 27.04.2012, weshalb die Verletzungshandlungen des Beklagten zu 2) besonders schwer wögen. Sie ist der Ansicht, der Beklagte zu 2) sei als Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihr in Zusammenhang mit der Abmahnung gegenüber der Beklagten zu 1) als Anschlussinhaberin mit 555,60 EUR entstanden sei (Klageantrag zu 1.), es handele sich um einen durch die Rechtsverletzungen adäquat verursachten Schaden. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, ihr stehe wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen ein Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz gegen den Beklagten zu 2) zu, welcher wegen der von der Klägerin behaupteten Aktualität und der Beliebtheit des überaus erfolgreichen, streitgegenständlichen Computerspieles im Zeitpunkt der Rechtsverletzungen sowie der kostenaufwändigen Herstellung mit mindestens 3.899,00 EUR zu bemessen sei. Sie behauptet ferner, dieser Betrag entspreche dem Faktor 100 des damaligen Einzelhandelspreises von 38,99 EUR und meint, auf Grundlage der Grundsätze des Bundesgerichtshofes zur Schadensberechnung im Rahmen der Lizenzanalogie sei der geforderte Betrag deshalb nicht überhöht. Des Weiteren habe der Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für die Abmahnung des Beklagten zu 2), verbunden mit der Aufforderung zur Beseitigung, Schadensersatzfeststellung und Auskunft in Höhe von 243,60 EUR zu tragen (Klageantrag zu 5.). Wegen der Berechnung wird Bezug genommen auf das Schreiben der Klägerin vom 13.09.2016, Anl. K3, Bl. 151 GA).


Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.10.2017 vor der erkennenden Kammer hat die Klägerin die Klage gegen die Beklagte zu 1) mit deren Zustimmung zurückgenommen und im Übrigen beantragt,
1. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag über 555,60 EUR nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 24.08.2012 zu zahlen;
2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 3.899,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 24.08.2012 zu zahlen;
3. festzustellen, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass der Beklagte zu 2) die Datei "Risen.2.Dark.Waters-SKIDROW" mit dem Computerspiel der Klägerin "Risen 2" (Hash-Wert: #######) Dritten über Tauschbörsen im Internet zum Herunterladen für Dritte bereitgehalten hat, dies einschließlich der Kosten des Rechtsstreits aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Köln -148 C 207/16 - die der Klägerin bis zum Eingang des Schriftsatzes der Beklagten zu 1) vom 24.08.2016 (Einspruch) durch die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) entstanden sind. Ausgenommen sind jedoch die Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Euskirchen sowie dadurch entstanden sind, dass in der Anspruchsbegründung die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Verhältnis zum Mahnantrag in Höhe von 84,60 EUR zurückgenommen worden sind;
4. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den Umfang seiner Verletzungshandlungen gem. Ziff. 3. zu erteilen, dies geschlüsselt nach Uploadrate bzw. Bandbreite der jeweils verwendeten Internetanschlüsse, Tauschbörsenprogramms, Daten und Dauer bzw. der Zeiträume seiner Verletzungshandlungen;
5. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 243,60 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2016 zu zahlen;
6. den Beklagten zu 2) zu verpflichten, die auf seinem Computer befindliche Datei "Risen.2.Dark.Waters-SKIDROW" mit dem Computerspiel der Klägerin "Risen 2" (Hash-Wert: #######) zu löschen.


Auf Antrag der Klägerin hat die erkennende Kammer den im Termin vom 05.10.2017 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumigen Beklagten im Wege des Versäumnisurteils vom 05.10.2017 nach vorstehenden Anträgen verurteilt (Bl. 218 ff. GA).

Der Beklagte zu 2) hat gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 22.11.2017 zugestellte Versäumnisurteil mit Schriftsatz vom 06.12.2017, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Einspruch eingelegt.



Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil vom 05.10.2017 - 14 O 38/17 - aufrechtzuhalten.



Der Beklagte zu 2) beantragt,
das Versäumnisurteil vom 05.10.2017 - 14 O 38/17 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Er ist der Ansicht, die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte gehe aus der von der Klägerin vorgelegten Vereinbarung (Anl. K1) nicht eindeutig hervor. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass die von der Klägerin vorgelegte Übersetzung den Inhalt des "Development Agreement" zutreffend wiedergebe.

Der Beklagte ist ferner der Ansicht, der von der Klägerin geltend gemachte Lizenzschadensersatz sei übersetzt. Maßgebend für dessen Bemessung sei stets nur die Dauer des eigenen Downloads. Die gebotene Berechnung müsse wegen der kleinen Größe der streitgegenständlichen Datei und der damit verbundenen kurzen Downloadzeit zu einem angemessenen, niedrigen Lizenzschadensersatz führen. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Verletzungshandlungen des Beklagten zu 2) und der Erstveröffentlichung des Computerspiels rechtfertige keinen erhöhten Lizenzschadensersatz. Hierzu bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen, dass die Erstveröffentlichung am 27.04.2012 erfolgt sei. Auch die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien nicht angemessen. Der Beklagte bestreitet zudem, dass zwischen der Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten eine Gebührenvereinbarung getroffen und die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren von der Klägerin tatsächlich gezahlt worden seien.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.




Entscheidungsgründe

Der Einspruch des Beklagten zu 2) gegen das Versäumnisurteil der erkennenden Kammer vom 05.10.2017 ist zulässig, insbesondere form - und fristgerecht erfolgt. Der Rechtsstreit ist durch den Einspruch in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO).


Gemäß § 343 S. 1 ZPO war das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 05.10.2017, Az. 14O 38/17, bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs aufrechtzuerhalten, weil die gegen den Beklagten zu 2) erhobene Klage zulässig und überwiegend begründet ist.




I.

Die Klage ist zulässig.

Die Voraussetzungen einer Feststellungsklage (Klageantrag zu 3.) gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sind dargetan. Insbesondere hat die Klägerin ein streitiges Rechtsverhältnis vorgetragen, den der Klägerin nach ihrem Vortrag gemäß § 97 Abs. 2 UrhG und § 823 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten zu 2) zustehenden Lizenzschadensersatzanspruch wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels gemäß §§ 97 Abs. 2, 69c Nr. 4 UrhG und den der Klägerin in Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung dieses Anspruchs gegenüber der Beklagten zu 1) entstandenen Schadensersatzanspruch. Es besteht auch ein für die Zulässigkeit der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse. Denn mangels Auskunftserteilung von Seiten des Beklagten zu 2) über den Umfang der Benutzungshandlungen über den streitgegenständlichen Zeitraum 02. - 05.05.2012 hinaus kann die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz nicht abschließend beziffern. Ebenso kann die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch gemäß § 823 S. 1 BGB nicht abschließend beziffern, weil der Umfang des Kostenerstattungsanspruchs gegen den Beklagten zu 2) abhängig ist von der der Klägerin auferlegten Kostenquote im vorliegenden Rechtsstreit.




II.

Die Klage ist auch im jetzt noch erhobenen Umfang bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs begründet.



1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) zunächst Anspruch auf Zahlung von Lizenzschadensersatz in Höhe von 3.899,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG i.V.m. §§ 69a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, 69c Nr. 4, 69b Abs. 1, 31 UrhG wegen der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels "Risen 2" in der Zeit vom 02.05.2012 bis 05.05.2012 über den Internetanschluss der Beklagten zu 2) (Klageantrag zu 2.).


a.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin hat ausweislich der Vertragsbedingungen mit Vereinbarung vom 28.07.2009 (Development Agreement Ziffer 3.1 und 3.2, Anlagen K 1f, Bl. 74 ff GA)) von der Firma B. GmbH & Co. KG die ausschließlichen Rechte ("exclusive right to exploit the Product") zur Nutzung des streitgegenständlichen Spiels, damit auch das ausschließliche Recht der öffentlichen Zugänglichmachung g (§ 69c Nr. 4 UrhG) für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Die Bedeutung des Ausdrucks "exclusive" im Sinne von "ausschließlich" bei der Bezeichnung des Rechteumfangs ist auch im deutschen Sprachgebrauch üblich. Die Mitglieder der erkennenden Kammer verfügen zudem über ausreichende Kenntnisse der englischen Sprache um beurteilen zu können, dass die deutsche Übersetzung des Originalvertrages die Vereinbarung ausschließlicher Nutzungsrechte zutreffend wiedergibt.

Die Firma B. GmbH & Co. KG war auch in der Lage, an die Klägerin das ausschließliche Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels zu lizenzieren, da die Firma B GmbH & Co. KG unstreitig die Produzentin des Computerspieles und damit originäre Rechteinhaberin (§ 69b Abs. 1 UrhG) ist.


b)

Das streitgegenständliche Computerspiel ist als Computerprogramm gemäß § 69a Abs. 1, 3 S. 1 UrhG urheberrechtlich geschützt. Bei Programmen von nicht unerheblichem Umfang wie dem streitgegenständlichen, das nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin einer Entwicklungszeit von mehreren Mannjahren bedurfte, spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Schutzfähigkeit (vgl. Dreier in: Dreier / Schulze, UrhG, 5.Aufl. 2016 § 69a Rn. 29 m.w.N.). Dem ist der Beklagte zu 2) nicht entgegengetreten.


c)

Das Angebot des streitgegenständlichen Computerspiels zum Download in einer Filesharing Tauschbörse zu den streitgegenständlichen Tatzeitpunkten stellt einen Eingriff in das der Klägerin ausschließlich zustehenden Verwertungsrecht zur öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 69c Nr. 4 UrhG dar.


d)

Der Beklagte zu 2) ist passivlegitimiert. Der Beklagte zu 2) hat gegenüber der Beklagten zu 1) auf Befragen die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen eingeräumt, wie zwischen den Parteien unstreitig ist. Zwar hat der Beklagte zu 2) nach Klageerweiterung gegenüber der Klägerin seine Täterschaft bestritten, jedoch nicht vorgetragen, dass er der Beklagten zu 1) gegenüber die Unwahrheit gesagt habe. Die Kammer hat den Beklagten mit Beschluss vom 02.05.2017 (Bl. 24 f BA), mit welchem das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten zu 2) zurückgewiesen worden ist, darauf hingewiesen, dass sie davon ausgeht, der Beklagte zu 2) habe seinen Vortrag unter Verstoß gegen § 138 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf die begehrte Prozesskostenhilfe erklärt. Dem ist der Beklagte zu 2) in der Folge nicht entgegengetreten. Insbesondere hat der Beklagte zu 2) keine Erklärung für sein widersprüchliches Verhalten vorgetragen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten steht seiner Haftung nicht entgegen, dass die Erfassungszeitpunkte vom Umfang her nicht einen Zeitraum umfassen, der für einen vollständigen Download des streitgegenständlichen Computerspiels von dem seitens des Beklagten genutzten Internetanschluss erforderlich gewesen wäre. Dahinstehen kann ferner, ob die zu den Erfassungszeitpunkten von den Beklagten zum Download bereit gestellten Dateifragmente für sich genommen den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen im Sinne von § 69a Abs. 3 UrhG genügten. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in der von dem Beklagten zu 2) genutzten Filesharing-Tauschbörse im Tatzeitraum (02.05.2012 - 05.05.2012) eine vollständige Version des streitgegenständlichen Computerspiels zum Herunterladen angeboten worden ist. Die von dem Beklagten zu 2) zu den Erfassungszeitpunkten zum Download bereitgestellten Dateifragmente waren damit kein "Datenmüll", sondern individuell adressierte Datenpakete, die auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zu einer Gesamtdatei zusammengefügt werden konnten. Aus der Funktion des Peer-to-Peer-Netzwerkes als arbeitsteiliges System folgt zugleich, dass den Tatbeiträgen der Teilnehmer eine kumulative Wirkung zukommt und die Gesamtheit der im Netzwerk verfügbaren Dateifragmente eine funktionsfähige Kopie der Ursprungsdatei ergibt (BGH, Urteil vom 06.12.2017 - I ZR 106/16 - Konferenz der Tiere, juris Rn. 26). Das Bereitstellen von Dateien oder Dateifragmenten über ein Peer-to-Peer-Netzwerk erfolgt regelmäßig im Rahmen eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens der Teilnehmer, denn den Teilnehmern ist regelmäßig geläufig und sie nehmen zumindest billigend in Kauf, dass sie nicht nur Dateien oder Dateifragmente von den Computern anderer Teilnehmer auf ihren Computer herunterladen, sondern zugleich im Netzwerkverbund anderen Nutzern des Herunterladen von Dateien oder Dateifragmente ermöglichen, um eine funktionsfähige Gesamtdatei zu erhalten. Dies reicht für die Annahme von Mittäterschaft aus (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2017, I ZR 106/16 - Konferenz der Tiere, juris Rn. 27). Der Beklagte haftet damit als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern des Filesharing-Netzwerkes begangenen Verletzung der Rechte der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels "Risen 2".


d)

Die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspieles war auch rechtswidrig, da sie ohne Zustimmung der Rechteinhaber erfolgte.


e)

Der Beklagte zu 2) hat auch schuldhaft gehandelt. Es ist davon auszugehen, dass dem Beklagten zu 2) jedenfalls im Grundsatz die tatsächliche und rechtliche Problematik des Filesharings bekannt war. Dem Beklagten zu 2) musste sich insbesondere der Gedanke aufdrängen, dass ein Computerspiel nicht ohne Zustimmung der Rechteinhaber weniger als eine Woche nach dessen Erstveröffentlichung "kostenlos" einer unbegrenzten Anzahl von Nutzern zum Download angeboten werden durfte. Ein Einverständnis der Rechteinhaber mit einer solchen Vorgehensweise war undenkbar. Der Beklagte musste deshalb wissen, dass es sich bei der Teilnahme an einer derartigen Tauschbörsen um rechtswidriges Verhalten handelte. Dies genügt; insbesondere reicht einfache Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB) aus.


f)

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) aus vorstehenden Gründen ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspieles in Filesharing-Netzwerken zu, §§ 97 Abs. 2, 69c Nr. 4 UrhG. Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz von 3.899,00 EUR ist auch der Höhe nach begründet.

Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 68/08 - Restwertbörse I; Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - Tauschbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine Lizenzierung vorzunehmen; die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als schlechthin undenkbar erscheint (vgl. BGH GRUR 1993, 55 - Tchibo / Rolex II) oder ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts auf den Beklagten zu 2) vereinbart hätten, infolge dessen dieser das streitgegenständliche Computerspiel im Internet im Rahmen eines Netzwerks für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereit halten durfte.

Für den Schadensersatzanspruch entspricht es unter Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung der Kammer, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der Kammer ist aus einer Reihe von Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Euro-Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet für den Regelfall jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 - 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 - 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 - 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 - 11 U/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu - I ZR 7/14, I ZR 19/14 und I ZR 75/14 - Tauschbörse I-III; Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch).

Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ebenfalls in ständiger Rechtsprechung Schadensersatzverlangen im Bereich von 400,00 EUR bis 600,00 EUR für das rechtswidrige Download-Angebot im Internet im Rahmen eines Filesharingnetzwerks für einen kompletten Film und auch ein Computerspiel nicht für übersetzt. So hat die Kammer in vergleichbaren Fällen Schadensersatzbeträge von 500,00 EUR bezüglich eines Computerspiels als angemessen angesehen (Urteil vom 11.02.2016 - 14 S 23/14; vgl. zu einem Schadensersatzbegehren in Höhe von 510,00 EUR auch den Rechtsstreit vor der Kammer - 14 O 277/13, bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 24.01.2016 - 6 W 7/14). Dabei ist die Kammer jeweils dem Antrag der jeweiligen Klägerin gefolgt, ohne abschließend darüber urteilen zu müssen, ob auch ein höherer Betrag angemessen gewesen wäre.

Vorliegend macht die Klägerin wegen der Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels in der Zeit vom 02.05.2012 bis 05.05.2012 einen Anspruch auf Lizenzschadensersatz i.H.v. 3.899,00 EUR geltend. Auch diesen Betrag erachtet die Kammer gemäß § 287 ZPO als Lizenzschadensersatz nicht für übersetzt aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles. Streitgegenständlich ist nicht eine einmalige Rechtsverletzung, sondern die mehrfache öffentliche Zugänglichmachung des Computerspiels "Risen 2" im Rahmen einer Filesharing Tauschbörse. Rechtsverletzungen wurden, insoweit unstreitig, in der Zeit vom 02.05.2012 bis 05.05.2012 zu vier verschiedenen Zeitpunkten unter vier verschiedenen IP-Adressen ermittelt. Zu berücksichtigen ist neben der Anzahl der Rechtsverletzungen auch deren konkreter Zeitpunkt (02.05.2012 - 05.05.2012), beginnend weniger als eine Woche nach Erstveröffentlichung des Spiels am 27.04.2012. Der Beklagte ist nicht in erheblicher Weise dem Vortrag der Klägerin zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung entgegen getreten. Mit Schriftsatz vom 20.06.2016 (dort S. 2, Bl. 71 GA) hat die Klägerin einen Screenshot der Webseite "www.pcgames.de/Risen-2-Dark-Waters-Spiel-30277" vorgelegt, mit dem Vermerk "Release 27.04.2012". Auch aus der Darstellung der Preisentwicklungen, das streitgegenständliche Spiel betreffend, auf der Webseite www.geizhals.de (Anlage K 5, Bl. 190 GA) ist zu entnehmen, dass die Erstveröffentlichung des Computerspiels Ende April 2012 erfolgte, weil der Verkaufspreis (38,99 EUR) am 02.05.2012 für das Computerspiele mit dem Vermerk "Verlauf eine Woche" angegeben ist. Die öffentliche Zugänglichmachung eines Werkes in einer Filesharing-Tauschbörse und der damit verbundene Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte stellt die kommerzielle Auswertung des Werks insgesamt in Frage (BGH, Urteil vom 12.05.2016, - I ZR 1/15 - Tannöd, Juris Rn. 41). Das illegale Upload-Angebot im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse war vorliegend in besonderem Maße geeignet, die der Klägerin zustehenden Verwertungsrechte der öffentlichen Zugänglichmachung und auch des Vertriebs wirtschaftlich zu beeinträchtigen. Wegen der nahezu zeitgleichen Erstveröffentlichung und rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachung war der Klägerin der Eintritt in die wirtschaftliche Verwertung des Computerspieles von vornherein massiv erschwert. Aufgrund der Zeitumstände ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2) mit zu den ersten zählte, die die illegale "Verteilerkette" in Gang setzten, weshalb seine Rechtsverletzung aus Sicht der Klägerin besonders schwer wiegt. Es liegt auf der Hand, dass eine Vielzahl von Nutzern nicht den Kaufpreis für ein neu auf den Markt gekommenes Computerspiel entrichten, wenn dieses ihnen kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien hätten diese Umstände bei der Bemessung der Lizenzgebühr für die von dem Beklagten zu 2) in Anspruch genommene Nutzung berücksichtigt und im Hinblick auf die Aktualität des Computerspiels und die zu erwartenden Nachfrage nach dem Download-Angebot des Beklagten zu 2) eine entsprechend höhere Lizenzgebühr vereinbart. Der von der Klägerin angesetzte Lizenzschadensersatz i.H.v. 3.899,00 EUR, welcher wertmäßig dem Betrag entspricht, den die Klägerin für 100 als DVD vertriebene Computerspiele erzielen konnte, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch ohne konkrete Kenntnis von der Zahl der Teilnehmer der Filesharing-Tauschbörse zu den jeweiligen Tatzeitpunkten eine Zahl von (mindestens) 400 möglichen Zugriffen auf ein in einer solchen Tauschbörse zum Download angebotenes, aktuelles Werk durchaus realistisch ist und zur Grundlage der Bemessung eines Anspruchs auf Lizenzschadensersatz geeignet ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 08.05.2013 - 6 W 256/12, juris Rn. 9; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 - 11 U 115/13; OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 - 6 U 209/13; nicht beanstandet von BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - Everytime we touch, juris Rn. 56). Umgerechnet ergibt der von der Klägerin begehrte Lizenzschadensersatz eine Lizenzgebühr für den einzelnen Download in Höhe von 10,00 EUR für ein aktuelles Computerspiels zu Beginn der Verwertungsphase. Diesen Betrag erachtet die Kammer vorliegend nicht für übersetzt auch in Relation zu den Beträgen, die regelmäßig wegen des illegalen Download-Angebotes einer Single mit 200,00 EUR (0,50 EUR / Download) für angemessen erachtet werden. Dies im Hinblick auf die wesentlich höheren Produktionskosten, dass weit umfangreichere Werk und die wesentlich höheren auf dem Markt erzielbaren Verwertungspreise, die zumindest zu Beginn der aktuellen Verwertungsphase des Computerspiels die Annahme rechtfertigen, dass das 20fache der Lizenzgebühr für eine einfache Single vereinbart worden wäre.



2.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) ferner gemäß § 97 a Abs. 3 S. 1 UrhG Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung des Beklagten zu 2) vom 13.09.2016 (Anl. K3, Bl. 149 ff) in Höhe von 243,60 EUR.

Die Abmahnung war berechtigt, weil der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) gemäß §§ 97 Abs. 1, 69c Nr. 4, 31 UrhG ein Unterlassungsanspruch wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels zustand. Die Abmahnung entspricht auch den Anforderungen des § 97a Abs. 2 Nr. 1 - 4 UrhG und ist unter Berücksichtigung der weiter geltend gemachten Ansprüche der Klägerin auf Beseitigung, Schadensersatz und Auskunftserteilung auch der Höhe nach zutreffend mit 243,60 berechnet (Anlage K3, Bl. 190 ff. GA). Dabei die Klägerin zutreffend berücksichtigt, dass für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs als solchen im Rahmen der Abmahnung lediglich ein Gegenstandswert von 1.000,00 EUR gemäß § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG anzusetzen ist.



3.

Die Klägerin kann des Weiteren von dem Beklagten zu 2) gemäß § 823 Abs. 1, 249, 250 BGB in Verbindung mit § 69c Nr. 4, 31 UrhG Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber der Beklagten zu 1) in Zusammenhang mit der Abmahnung der Beklagten zu 1) vom 14.06.2012 in Höhe von 555,60 EUR verlangen (Klageantrag zu 1.). Die Abmahnung der Anschlussinhaberin steht in adäquat ursächlichen Zusammenhang mit den von dem Beklagten zu 2) begangenen, rechtswidrigen und schuldhaften Verletzungen der Rechte der Klägerin aus § 69c UrhG, die als sonstige Rechte gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützt sind. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) selbst kein Anspruch aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. zu, weil diese weder als Täterin, noch als Störerin für die streitgegenständliche Verletzungen haftet. Naheliegend und für den Beklagten zu 2) vorhersehbar war, dass die Klägerin als Rechteinhaberin sich zunächst an die Beklagte zu 1) als Anschlussinhaberin (außergerichtlich und ohne Kenntnis des Täters auch gerichtlich) wenden würde, weil diese für die Klägerin zunächst die einzige Ansprechpartnerin war mangels Kenntnis der Tatumstände auf Klägerseite.

Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 8.000,00 EUR, nach dem diese die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung der Beklagten zu 1) zutreffend in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr nach § 13 RVG VV 2300 a.F. zuzüglich 20,00 Auslagenpauschale mit 555,60 EUR berechnet, ist nicht zu beanstanden. Wird ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiele nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 15.000,00 EUR angemessen (BGH, Versäumnisurteil vom 06.10.2016 - I ZR 97,15, juris Rn. 48).

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten eine von den Vorschriften des RVG abweichende Honorarvereinbarung getroffen habe, sind nicht ersichtlich und von dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten auch nicht dargetan.

Dahinstehen kann, ob die Klägerin die Gebührenforderungen ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten zu I und V des Tenors (vorstehend Ziffern 2 und 3) zwischenzeitlich ausgeglichen hat, weil aufgrund der Zahlungsverweigerung von Seiten des Beklagten zu 2) die Klägerin nunmehr anstelle eines Freistellungsanspruchs gemäß § 250 BGB Zahlung verlangen kann.



4.

Der Klägerin steht ferner gegen den Beklagten zu 2) gemäß §§ 242, 259 BGB im zuerkannten Umfang ein Auskunftsanspruch zu. Ein solcher Anspruch ist gewohnheitsrechtlich aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anerkannt, wenn, wie hier, die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen. Dabei genügt es, dass für den Leistungsanspruch oder die Einwendung, die mit Hilfe der Auskunft geltend gemacht werden soll, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. BGH, Urteil vom 01. August 2013 - VII ZR 268/11 -, Rn. 20, juris; Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Auflage § 260, Rz. 4 und 6 m.w.N). Im Hinblick auf die mehrfachen, nachgewiesen Rechtsverletzungen besteht eine solche Wahrscheinlichkeit, dass der Beklagte zu 2) auch über den Zeitraum 02.05.2012 - 05.05.2012 hinaus das streitgegenständliche Computerspiel öffentlich zugänglich gemacht hat, zumal der Beklagte zu 2) eine Löschung der Datei abgelehnt hat.



5.

Der Feststellungsanspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes (Klageantrag zu 3.) folgt aus §§ 97 Abs. 2, 69 c Nr. 4 UrhG und § 823 Abs. 1 BGB. Dem Grunde nach steht der Klägerin wegen der weiteren öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspiels ein nach Auskunftserteilung zu bemessender Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz gegen den Beklagten zu 2) zu. Ferner kann die Klägerin aus vorstehenden Gründen gemäß § 823 Abs. 1 BGB von den Beklagten zu 1) im zuerkannten Umfang Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung gegen die Beklagte zu 1) verlangen, die der Klägerin bis zur Kenntnis der Täterschaft des Beklagten zu 2) entstanden sind. Auch insoweit sind die gerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) als Anschlussinhaberin und die damit der Klägerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten adäquat ursächliche Folgen der Rechtsverletzungen von Seiten des Beklagten zu 2).



6.

Der Anspruch auf Löschung der von den Beklagten zu 2) zum Download angebotenen Version des streitgegenständlichen Computerspiels ergibt sich aus § 98 Abs. 1 S. 1 UrhG. Bei der von dem Beklagten zu 2) genutzten Version handelt es sich um ein rechtswidrig hergestelltes Vervielfältigungsstück, weshalb der Beklagte zu 2) zur Vernichtung desselben verpflichtet ist. Der Beklagte zu 2) hat nicht bestritten, weiterhin im Besitz der Datei zu sein.



7.

Zahlung von Zinsen auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren kann die Klägerin gemäß § 291 BGB erst ab 15.10.2016, dem auf die Klagezustellung folgenden Tag verlangen (§§ 253 Abs. 1, 261 ZPO, § 187 BGB), weil für einen früheren Verzugseintritt nichts vorgetragen ist. Die Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung bis 23.09.2016 erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil es sich bei einer einseitigen Fristsetzung nicht um eine Leistungsbestimmung im Sinne dieser Vorschrift handelt. Ein weitergehender Zinsanspruch steht der Klägerin auch nicht aus sonstigen Gründen zu. Ein Anspruch auf Verzinsung von Aufwendungen besteht erst ab Ausgleich der Forderung, § 256 S. 1 BGB. Die Klägerin hat sich indes nicht dazu erklärt, zu welchem Zeitpunkt sie die außergerichtlichen Honorarforderungen ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten ausgeglichen hat. Insoweit war aus diesem Grund das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 343 ZPO).

Hingegen kann die Klägerin Zahlung von Zinsen auf den geltend gemachten Anspruch auf Lizenzschadensersatz verzugsunabhängig in der beanspruchten Höhe, grundsätzlich bereits ab dem Zeitpunkt der Rechtsverletzung verlangen (vgl. BGH GRUR 1982, 301 - Fersenabstützvorrichtung; OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2015 - 4 U 34/15, juris Rn. 202 m.w.N.).



III.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 281 Abs. 3 S. 2, 344 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 S. 3 ZPO.



IV.

Eine förmliche Aufhebung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Köln vom 04.08.2016 - 148 C 207/16 unterbleibt mangels diesbezüglichen Antrags der Beklagten zu 1), § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO. (...)






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LG Köln, Urteil vom 19.04.2018, Az. 14 O 38/17,
Vorinstanzen:
LG Köln, Urteil vom 05.10.2017, Az. 14 O 38/17
AG Köln, Urteil vom 04.08.2016, Az. 148 C 207/16,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR
Klage .rka Rechtsanwälte,
Berufung .rka Rechtsanwälte,
Versäumnisurteil,
Täter gesteht im Verfahren,
Mehrfachermittlung (4 Tage - 4 Zeitpunkte - 4 IP-Adressen)

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Wochenrückblick

#11277 Beitrag von Steffen » Samstag 5. Mai 2018, 13:18

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2018, KW 18................................Initiative AW3P............................30.04. - 06.05.2018

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.................................................................Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies




.................................................................Rechtsanwälte Knies & Albrecht

.................................................................Widenmayerstraße 34 | 80538 München
.................................................................Tel.: 089 - 47 24 33 | Fax.: 089 - 470 18 11
.................................................................Email: bernhard.knies@new-media-law.net | Web: www.new-media-law.net







Abmahnung i.V.m. offenen WLAN - Was gilt?


AW3P: Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies. In letzter Zeit liest man in den diversen Verbraucherschutzforen von Betroffenen, die z.B. für ihre Gäste (Gaststätte) oder Patienten (Wartebereich Arzt) offenes WLAN zur Verfügung stellen und wegen einer vermeintlichen Urheberverletzung abgemahnt worden. Nun gibt es ja mittlerweile das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (3. TMGÄndG; Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017, Teil I Nummer 67) was "Offenes WLAN" regelt. Wie sollte sich ein Betroffener in so einem Fall verhalten. Sollte er eine mod. UE abgeben, mit dem Abmahner in Kontakt treten oder sich vorsichtshalber an einem Anwalt wenden, der diese Abmahnung prüft. Oder spielt es bei vorbenannten Beispielen gar keine Rolle für den Abmahner und fällt nicht unter dem WLAN-Gesetz"?



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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies: Die Situation, die Sie hier beschreiben ist meiner Meinung nach genau diejenige, die der Gesetzgeber durch das neue Haftungsprivileg schützen wollte. Auch wir hatten jetzt einige Fälle, in denen Ärzte oder andere Gewerbetreibende abgemahnt wurden, weil sie Kunden ein W-LAN zur Verfügung gestellt hatten.

Ich würde hier meist nicht dazu raten, modifizierte Unterlassungserklärungen abzugeben, weil deren Einhaltung vom Netzbetreiber ja kaum garantiert werden kann. Es macht aber durchaus Sinn sorgfältig rechtlich gegenüber der Abmahnkanzlei zu argumentieren, damit diese sehen, dass ihre Abmahnung chancenlos ist.

Und es macht meiner Meinung nach auch Sinn, technisch betrachtet in das Netzwerk zu investieren, denn man kann die Möglichkeiten der Nutzer des W-LANs illegale Torrents zu benutzen jedenfalls durchaus einschränken.


Ihr Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies




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1. juris GmbH (Saarbrücken): Gesetzliche Neuregelungen im Mai 2018


(...) 1. Datenschutz - Neue Datenschutz-Grundverordnung in der EU
2. Justiz - Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren
3. Umweltschutz -Neue Schutzräume für Insekten
(...)



Quelle: 'https://www.juris.de'
Link: https://www.juris.de/jportal/portal/pag ... hricht.jsp











2. MIR - Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher (Bonn): Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, umfasst regelmäßig auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands


BGH, Beschluss vom 11.10.2017 - I ZB 96/16


(...) Der Schuldner einer auf Unterlassung lautenden Entscheidung kann zu einem aktiven Handeln verpflichtet sein und daher, wenn er diese Handlungspflicht verletzt, gegen den Unterlassungstitel verstoßen. Abweichend von der Verwendung des Begriffs des "Unterlassens" im allgemeinen Sprachgebrauch ist im Wege der Auslegung des Unterlassungstitels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst und ob er den Schuldner zu einem aktiven Handeln verpflichtet. (...)



Quelle: 'https://medien-internet-und-recht.de'
Link: https://medien-internet-und-recht.de/vo ... ok_id=2867











3. Beckmann und Norda Rechtsanwälte (Bielefeld): Landgericht München - Posten von Fotografien der Werke einer Ausstellung in Facebook Gruppe ist Urheberrechtsverletzung durch öffentliches Zugänglichmachen


LG München, Urteil vom 31.01.2018, Az. 37 O 17964/17


(...) Das Landgericht München hat entschieden, dass das Posten von Fotografien der Werke einer Ausstellung in einer Facebook Gruppe eine Urheberrechtsverletzung durch öffentliches Zugänglichmachen ist. (...)



Quelle: 'http://www.beckmannundnorda.de'
Link: http://www.beckmannundnorda.de/serendip ... achen.html















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Gerichtsentscheidungen





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  • LG Köln, Urteil vom 19.04.2018, Az. 14 O 38/17 [.rka RAe gewinnen Berufung; Mitnutzer gesteht im Verfahren die Tat (SE: 3.899,00 EUR)]
  • AG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018, Az. 14 C 92/17 [WF gewinnen; Mitnutzer eines Internetanschlusses, welche eine Tatbegehung auf Nachfrage abstreiten, kommen als Täter der Rechtsverletzung nicht in Betracht (Beklagter ohne Anwalt)]









.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg):



LG Köln, Urteil vom 19.04.2018, Az. 14 O 38/17



Landgericht Köln - Filesharing über Internetanschluss der Eltern - Volljähriger Haushaltsangehöriger haftet auch für Kosten der gegen Anschlussinhaber ausgesprochenen Abmahnung



Quelle: 'https://www.justiz.nrw.de'
Link: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koel ... 80419.html











Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München):



AG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2018, Az. 14 C 92/17



Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilt Beklagten in Filesharing Verfahren antragsgemäß - Mitnutzer eines Internetanschlusses, welche eine Tatbegehung auf Nachfrage abstreiten, kommen als Täter der Rechtsverletzung nicht in Betracht (Beklagter ohne Anwalt)



Quelle: 'https://news.waldorf-frommer.de'
Link: https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... ls-taeter/















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Forenwelt





1. AW3P: 2018 - Mögliche richterliche Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Beklagten


(...) Ich möchte mit diesem Bericht versuchen, die Anforderungen der Gerichtsstände (bundesweit) aus den im Forum veröffentlichten Entscheidungen zusammenzufassen. Es gibt hierzu einfach zu viele falsche Vorstellungen und Vorgehensweisen. Natürlich soll es kein Katalog darstellen, den ein Abgemahnter bzw. Beklagter "abarbeitet", um sich eine Verteidigung zusammen zu basteln. Es soll als laienhafte Hilfestellung verstanden werden, welche richterlichen Anforderungen bundesweit mittlerweile abverlangt werden. Auf einzelne Gerichtsstände, Sachverhalte wie Einfach- / Mehrfachermittlung (technische Seite) und Aktivlegitimation werde ich nicht eingehen. Sicherlich ist es Aufgabe der Anwälte, aber letztendlich muss der Abgemahnte / Beklagte seinerseits etwas Verwertbares anbieten, mit dem der Anwalt auch arbeiten kann. Dieser kann und darf nichts Erfinden sowie reichen pauschale und theoretische Gedanken in der Verteidigung nicht aus. (...)



Quelle: 'https://abmahnwahn-dreipage.de/forum'
Link: https://abmahnwahn-dreipage.de/forum/vi ... 866#p47866











2. AW3P: Hab' 'nen Mahnbescheid bekommen - was nun - S.O.S.?


(...) In einem Forum gibt es Fragen, deren Inhalt immer wiederkehrt. Der Fragesteller sollte aber bedenken, dass ein Forum (Zusammenkunft von meist anonymen Nichtjuristen) keine konkrete Frage auf einen konkreten Rechtsfall beantworten darf. Dieses ist - wenn auch Geiz geil ist - nur einem Anwalt vorbehalten und dient vordergründig zur eigenen Sicherheit vor eventueller Fehlberatung. Last but not least, liegt ja auch nicht zu einer Beurteilung der komplette Sachverhalt vor, sondern nur das Wenige, was der Fragestellende freiwillig preisgibt. Dennoch kann ich auf einige allgemeine Fragen eingehen. (...)



Quelle: 'https://abmahnwahn-dreipage.de/forum'
Link: https://abmahnwahn-dreipage.de/forum/vi ... 867#p47867















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Politik Splitter





1. FOCUS Online (München): Deutscher Erdüberlastungstag - Ressourcen für 2018 verbraucht - Deutsche leben ab dem 2. Mai auf Pump


(...) Deutschland hat an diesem Mittwoch seine natürlich verfügbaren Ressourcen für 2018 aufgebraucht. Das ergaben Berechnungen der Forschungsorganisation Global Footprint. Die Menschen in Deutschland würden dann für den Rest des Jahres auf Kosten kommender Generationen und der Menschen im Süden leben, teilte die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch mit. (...)



Quelle: 'https://www.focus.de'
Link: https://www.focus.de/wissen/klima/deuts ... 57459.html




Wenn alle Staaten leben würden wie Deutschland, bräuchte es drei Erden. Da ist doch eigentlich gut, dass die neue / alte GroKo beschließt: "Wir werden ein Maßnahmenpaket vereinbaren, mit dem die Lücke so weit wie möglich geschlossen und das Ziel am Anfang der 2020er-Jahre erreicht wird". Vielleicht brauchen wir dann 5 Erden ... vielleicht ist es auch dann für uns Menschen zu spät!










2. Zitat der Woche




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Jupp Heynckes (Trainer Bayern München):

(...) Natürlich ist das ein Elfmeter. Aber ich will mich nicht daran hochziehen. Wir haben Geschenke verteilt, in München und hier auch. Wir müssen da nicht über den Schiedsrichter diskutieren. (...)










3. Unsere Welt im Wettrüsten



1. t-online.de (Frankfurt am Main): Größte Summe seit Kaltem Krieg - Staaten investieren massiv in Aufrüstung


(...) Weltweit investieren Staaten wieder mehr in Waffen. Während China immer mehr ausgibt, schrumpft Russlands Militärbudget. Deutschland liegt auf Platz neun. (...)



Quelle: 'https://www.t-online.de'
Link: https://www.t-online.de/nachrichten/aus ... -neun.html









2. Bundeswehr - Deutschland am Hindukusch verteidigen - das war einmal


(...) Inmitten hitzig geführter Debatten über die künftige Finanzausstattung der Bundeswehr will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen grundlegenden Umbau der Truppe einleiten. Die CDU-Politikerin plant, die jahrelang vorherrschende Fokussierung auf Auslandseinsätze, die unter anderem als Argument für Einsparungen herhalten musste, zu beenden, und sich künftig "gleichrangig" wieder der Landes- und Bündnisverteidigung zu widmen.
(...)
Die anhaltende Krise um die Ostukraine hat jedoch wieder die Landes- und Bündnisverteidigung stärker in den Blick rücken lassen.
(...)



Quelle: 'http://www.sueddeutsche.de'
Link: http://www.sueddeutsche.de/politik/bund ... -1.3965754







.........................................................................Shakespeare: "König Lear"


.........................................................................(...) Graf Gloucester:
........................................................................."Das ist die Seuche dieser Zeit, Verrückte führen Blinde."
(...)



















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Steffen Heintsch für AW3P




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#11278 Beitrag von Steffen » Dienstag 8. Mai 2018, 17:11

Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Koblenz verurteilt Anschlussinhaber in Filesharing Verfahren - Behauptete Ortsabwesenheit sowie der Verweis auf die Anwesenheit einer weiteren Person schließt die persönliche Haftung nicht aus (Beklagter im Urlaub)


17:00 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Koblenz auf Rechtsanwaltskosten und Schadensersatz in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte sich mit der Behauptung zu verteidigen versucht, sich zu den Zeiten der Rechtsverletzung mit seiner Familie im Urlaub befunden und daher keinen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt zu haben. Statt seiner wäre jedoch seine Mutter im Haushalt anwesend gewesen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf ... e-persoen/



Urteil als PDF

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-cont ... 398_17.pdf



Autorin

Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Amtsgericht Koblenz bestätigte in seiner Entscheidung, dass die behauptete Ortsabwesenheit des Beklagten aufgrund der technischen Funktionsweise einer Tauschbörse nicht geeignet ist, dessen eigene zu vermutende Täterschaft auszuschließen.

"Der Beklagte hat darauf verwiesen, zu den von der Klägerseite in Bezug genommenen Verletzungszeitpunkten habe er sich mit seiner Familie, das heißt, mit seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen außer Haus im Urlaub befunden. (...) Die Klägerseite weist hier zutreffend darauf hin, den Verletzungszeitpunkt betreffend müsse der Beklagte nicht an seinem Computer befindlich gewesen sein. Dokumentiert wird vielmehr nur der Zeitpunkt des Zugriffs auf die Datei in der Tauschbörse. Durch die Vorlage der Hotelrechnung (...) zerstreut der Beklagte die zu seinen Lasten gehende Vermutung, er habe die Rechtsverletzung begangen, gerade nicht."

Darüber hinaus sei der Verweis auf eine zur Tatzeit im Haushalt anwesende Person auch kein ausreichendes Indiz für deren Täterschaft. Es wäre vielmehr Aufgabe des Beklagten gewesen, konkrete Anhaltspunkte in den Prozess einzuführen, die für die Täterschaft eines Dritten sprechen. Da der Beklagte dem nicht nachgekommen ist, haftet er täterschaftlich für die in diesem Verfahren streitgegenständliche Rechtsverletzung.

"Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast nur dann gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Zu Nutzungsverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten sowie auch zu einer Gelegenheit in zeitlicher Hinsicht führt der Beklagte - die weiteren Nutzer seines Internetanschlusses betreffend - nichts Relevantes aus.

Er verweist allein auf die Übernachtung seiner Ehefrau, seiner beiden Söhne und seiner Person in einem Gasthof (...). Weiter führt er aus, seine zur Tatzeit 85-jährige Mutter sei zu Hause gewesen. Weiteres wird von dem Beklagten nicht mitgeteilt. Den - strengen - Anforderungen an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast wird der Beklagte bei dieser Sachlage nicht gerecht.

Es lebt deshalb die Vermutung auf, der Beklagte sei als Anschlussinhaber für die ihm zur Last gelegten Urheberrechtsverletzung verantwortlich. Er haftet der Klägerin deshalb als Täter auf Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens."

Das Amtsgericht Koblenz verurteilte daher den Beklagten vollumfänglich zur Zahlung des Schadensersatzes sowie zur Übernahme sämtlicher vorgerichtlichen als auch gerichtlichen Kosten, die aufgrund des Rechtsstreits entstanden sind.




"Den Verletzungszeitpunkt betreffend müsse der Beklagte nicht an seinem Computer befindlich gewesen sein.
Dokumentiert wird vielmehr nur der Zeitpunkt des Zugriffs auf die Datei in der Tauschbörse."











AG Koblenz, Urteil vom 15.03.2018, Az. 152 C 2398/17




(...) - Beglaubigte Abschrift -


Aktenzeichen:
152 C 2398/17




Amtsgericht
Koblenz

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil




In dem Rechtsstreit


[Name],
- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf. Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



gegen


[Name], 67578 Gimbsheim
- Beklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 52070 Aachen,



wegen Forderung




hat das Amtsgericht Koblenz durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 08.02.2018

für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 107,50 EUR Abmahnkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu zahlen.
3. Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 107,50 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2016 zu zahlen.
4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.





Tatbestand:

Die Klägerin wertet nationale und internationale Bildaufnahmen und Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Dazu gehört auch der Filmtitel [Name]. Sie beauftragte die Firma ipoque GmbH mit der Überprüfung, ob das vorbezeichnete Filmwerk in sogenannten Tauschbörsen angeboten werde. Seitens der Firma ipoque GmbH durchgeführte Untersuchungen führten zu einem sogenannten Auskunftsverfahren, welches bei dem. Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen [Aktenzeichen] geführt wurde. Die entsprechenden Auskünfte nahm die Klägerin zum Anlass, dem Beklagten am [Datum] eine Abmahnung zuzuleiten, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K 4 verwiesen wird.

Sie begehrt nunmehr Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe anteiliger 107,50 EUR als Hauptforderung und weiterer 107,50 EUR als Nebenforderung.


Die Klägerin trägt vor,
die Ermittlungen der Firma ipoque GmbH hätten ergeben, dass das Filmwerk [Name] über den Internetanschluss des Beklagten am [Datum] bei zwei verschiedenen Gelegenheiten im Rahmen eines Tauschbörsenprogrammes illegal Dritten zum Download angeboten worden seien. Der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht entsprochen.


Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.



Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen:


Er trägt vor,
die Zuordnung seines Internetanschlusses zu den klägerseits reklamierten Verletzungshandlungen sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Er habe das Filmwerk nicht heruntergeladen und anderen illegal zum Download angeboten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt hätten sich er, seine Ehefrau und seine beiden Söhne nicht in dem Haushalt befunden, sondern seien urlaubsabwesend gewesen.


Wegen des ausführlichen weiteren Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht ausdrücklich Bezug auf die zu der Akte gelangten Schriftsätze und Anlagen.




Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat zum einen gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Zum anderen kann sie gemäß § 97a Abs. 2 UrhG Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 107,50 EUR als Hauptforderung beanspruchen.



1. Zum Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz

Dieser ergibt sich aus § 97 UrhG.

Der Beklagte ist unstreitig Inhaber eines Internetanschlusses. Er hat zwar die zutreffende Ermittlung seiner IP-Adresse und die zutreffend Zuordnung dieser IP-Adresse zu seinem Internetanschluss in Abrede gestellt. Wegen der Mehrfachermittlungen bei zwei verschiedenen Zeiträumen bestehen allerdings keine vernünftigen Zweifel an einem ordnungsgemäßen Ermittlungsvorgang.

Weil der Beklagte Inhaber des Internetanschlusses ist, besteht zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür, er habe die dargelegten Rechtsverletzungen selbst begangen. Der Beklagte hat dies in Abrede gestellt. Er hat darauf verwiesen, zu den von der Klägerseite in Bezug genommenen Verletzungszeitpunkten habe er sich mit seiner Familie, d. h. mit seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen außer Haus in Urlaub befunden. Dazu legt er eine Hotelrechnung, wie Anlage B1, vor. Dies reicht nicht aus, um die gegen den Beklagten streitende Vermutung zu zerstreuen. Die Hotelrechnung bezieht sich auf eine Übernachtung in dem Zeitraum vom [Datum] bis zum [Datum] und beinhaltet die Buchung von zwei Doppelzimmern für vier Personen. Nach den von der Klägerseite angestellten Ermittlungen ist ein sogenannter Upload in einer Tauschbörse am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und um [Uhrzeit] Uhr erfolgt. Die Klägerseite weist hier zutreffend darauf hin, den Verletzungszeitpunkt betreffend müsse der Beklagte nicht an seinem Computer befindlich gewesen sein. Dokumentiert wird vielmehr nur der Zeitpunkt des Zugriffs auf die Datei in der Tauschbörse. Durch die Vorlage der Hotelrechnung vom [Name], welche eine Übernachtung des Beklagten, seiner Ehefrau und seiner beiden Söhne in der Nacht vom [Datum] bis zum [Datum] dokumentieren soll, zerstreut der Beklagte die zu seinen Lasten gehende Vermutung, er habe die Rechtsverletzung selbst begangen, gerade nicht.

Im Übrigen genügt der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast erkennbar nicht. Die Klägerseite hat auf Seite 14 der Anspruchsbegründung auf die insoweit relevante Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 12.05.2016, Aktenzeichen I ZR 48/15 hingewiesen. Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast nur dann gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Zu Nutzerverhalten, Kenntnissen und Fähigkeiten sowie auch zu einer Gelegenheit in zeitlicher Hinsicht führt der Beklagte - die weiteren Nutzer seines Internetanschlusses betreffend - nichts Relevantes aus. Er verweist allein auf die Übernachtung seiner Ehefrau, seiner beiden Söhne und seiner Person in einem Gasthof in [Name] in der Nacht vom [Datum] bis zum [Datum]. Weiter führt er aus, seine zum Tatzeitpunkt 85-jährige Mutter sei zu Hause gewesen. Weiteres wird von dem Beklagten nicht mitgeteilt. Den - strengen - Anforderungen an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast wird der Beklagte bei dieser Sachlage nicht gerecht.

Es lebt deshalb die Vermutung auf, der Beklagte sei als Anschlussinhaber für die ihm zur Last gelegten Urheberrechtsverletzungen verantwortlich. Er haftet der Klägerin deshalb als Täter auf Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens.

Zu der Schadenhöhe hat die Klägerseite in der Anspruchsbegründung umfangreich unter Hinweis auf die Berechnungsmethode der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ausgeführt. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

Die Klägerin hat hier auf Seite 22 der Anspruchsbegründung - unwidersprochen - ausgeführt, die . entsprechende Lizenz für einen aktuellen Spielfilm belaufe sich auf jedenfalls 5,88 EUR. Auf Seite 21 wird die höchstrichterliche Rechtsprechung referiert, wonach von mindestens 400 Abrufen durch unbekannte Tauschbörsenteilnehmer ausgegangen werden könne. Unter Berücksichtigung der Schätzungsmöglichkeit des § 287 ZPO hält das Gericht hier den geltend gemachten Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR deshalb für angemessen. Mit der Zahlung dieses Betrages befindet sich der Beklagte aufgrund der vielfältigen, vorgerichtlichen 'Mahnungen, so auch mit Schreiben vom 14.04.2016 jedenfallS- seitdem 22.04.2016 in Verzug. Die Höhe der klägerseits geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.



2. Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten

Dieser ergibt sich aus § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG neuer Fassung.

Nach den obigen Ausführungen ist die Abmahnung vom [Datum] zu Recht erfolgt. Der Ansatz eines Gegenstandswertes von 1.600,00 EUR ist von der Klägerseite zutreffend dargetan und von dem Beklagten auch nicht angezweifelt worden. Die Klägerseite macht den ihr zustehenden Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 215,00 EUR in Höhe von 107,50 EUR anteilig als Hauptforderung geltend. Auch mit diesem Betrag befindet sich der Beklagte aufgrund des Anwaltsschreibens vom 14.04.2016 jedenfalls seit dem 22.04.2016 in Verzug. Auch diesbezüglich ergibt sich der Zinsanspruch der Höhe nach aus § 288 Abs. 1 BGB.



3. Nebenforderung

Gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB kann die Klägerin Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 107,50 EUR für die vorgerichtliche Geltendmachung des Schadenersatzanspruches und des Anspruchs auf Zahlung von Abmahnkosten gegenüber dem Beklagten beanspruchen. Die Berechnungsweise auf Seiten 24 und 25 der Anspruchsbegründung ist von dem Beklagten nicht bestritten worden. Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr ist gerechtfertigt gewesen. Auch hier ergibt sich der Zinsanspruch dem Gründe und der Höhe nach aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB.

Bei dieser Sachlage war dem Klagebegehren mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO zu entsprechen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Der Gegenstandswert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.




Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankenthal (Pfalz)
Bahnhofstraße 33
67227 Frankenthal (Pfalz)


einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert -des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Koblenz
Karmeliterstraße 14
56068 Koblenz


einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Fetsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Das elektronische Dokument muss
- mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
- auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
- an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.

Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite' www.justiz.de verwiesen.



[Name]
Richter am Amtsgericht




Verkündet am 15.03.2018
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Beglaubigt:
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)






~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Koblenz, Urteil vom 15.03.2018, Az. 152 C 2398/17,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Ortsabwesenheit Beklagter,
Urlaub

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OLG Schleswig, Az. 6 U 41/17

#11279 Beitrag von Steffen » Mittwoch 9. Mai 2018, 15:54

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht bestätigt das Landgericht Flensburg: Schadensersatz im Filesharing mit Faktor 227, Alternative Haftung aus Täterschaftsvermutung oder Verletzung von Aufsichtspflichten




15:50 Uhr




Hamburg / Schleswig / Flensburg, 07.05.2018 (eig). Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat ein Urteil des Landgerichts Flensburg (Urt. v. 31.08.2017, Az. 8 O 9/16) bestätigt, in dem die dortige Beklagte als Anschlussinhabern eines Internetanschlusses, über den Filesharing mittels einer sogenannten Tauschbörse betrieben wurde, zur Zahlung von Schadensersatz von 5.000,00 EUR verurteilt wurde (OLG Schleswig, Urt. v. 26.04.2018, Az. 6 U 41/17).




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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



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Bericht

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Urteil als PDF

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http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... -41-17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




Der Rechtsstreit nahm zunächst beim Amtsgericht Lübeck seinen Anfang, vor dem lediglich Anwaltsgebühren und ein Teilschadensersatz von deutlich unter 1.000,00 EUR geltend gemacht wurden. Dort erweiterte die Klägerin die Klage gegen die Anschlussinhaberin und begehrte neben den Anwaltsgebühren einen lizenzanalogen Teilschadensersatz von 5.000,00 EUR. Das Landgericht Flensburg hat es in seinem Urteil noch dahin stehen lassen, ob die Beklagte selbst die Verletzungshandlung begangen hat oder wegen der Täterschaftsvermutung haftet, oder aber ob ihr damals 15 - 17jähriger Sohn als Täter der Verletzungshandlung in Betracht komme. Denn jedenfalls hafte die Beklagte dann nach § 832 BGB wegen der Verletzung von Belehrungs- und Aufsichtspflichten, die sie auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht erfüllt hat. Ausgehend von angenommenen 227fachen des zur Zeit der Verletzungshandlung durchschnittlichen Verkaufspreises von 21,99 EUR ergab sich so der Betrag der klägerseits geltend gemachten 5.000,00 EUR, die das Landgericht im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO für angemessen erachtete.

Die gegen das erstinstanzliche Urteil durch die Beklagte eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Die Haftung dem Grunde nach wurde mit der Berufung nicht angegriffen, sodass sich nur die Frage der Höhe der Schadensersatzverpflichtung stellte. Mit Blick auf die Neuheit des Spieles, den Verletzungszeitraum und die Verletzungsintensität sahen die Schleswiger Richter den Betrag von 5.000,00 EUR im Rahmen des lizenzanalogen Schadensersatzes allemal gerechtfertigt, § 287 ZPO. Auch die weiteren Einwände der Beklagten hatten keinen Erfolg. Auch wenn nur kleinste Dateifragemente nach dem Vortrag der Beklagten angeboten worden seien, komme es hierauf nicht an. Der Tatbeitrag liege eben in jenem tauschbörsenimmanenten Angebot derartiger Dateifragmente, die dann zu einer Datei zusammengefügt werden könnten. Insoweit handelten die Nutzer einer Tauschbörse als Mittäter (s.a. BGH Urt. v. 06.12.2017 - I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere). Jeder Nutzer einer Tauschbörse schulde der Klägerin eine angemessene Lizenzgebühr und es sei auch nicht unbillig, die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Weder sei der Klägerin abzuverlangen, bei jedem Tauschbörsennutzer nur einen kleinen Teil geltend zu machen, noch sei die Vorgehensweise der Klägerin unbillig, weil die Beklagte bei den weiteren Nutzern einer Tauschbörse keinen Regress nehmen könne. Dies nehme das Gesetz in Kauf.









OLG Schleswig, Urteil vom 26.04.2018, Az. 6 U 41/17



(...) - Beglaubigte Abschrift -


6 U 41/17
8 O 9/16 LG Flensburg


Verkündet am 26.04.2018
gez.
[Name], JAng
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Urteil

Im Namen des Volkes




In dem Rechtsstreit


Frau [Name], 23556 Lübeck,
- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 23568 Lübeck,



gegen


[Name]
- Klägerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,



wegen Schadenersatzes wegen Urheberrechtsverletzung




hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. [Name] als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2018

für Recht erkannt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.





Gründe



I.

Die Klägerin ist Inhaberin der Urheberechte an dem Computerspiel "Dead Island'', das im September 2011 erschien. Die Klägerin hat der Beklagten vorgeworfen, in der Zeit vom Oktober 2011 bis Juli 2013 wiederholt - in 172 Fällen an 52 Tagen - an einer Tauschbörse teilgenommen zu haben, in der das Computerspiel urheberrechtswidrig verwertet wurde. Sie hat sie klageweise auf Schadensersatz wegen der Kosten für die Ermittlung ihres Anschlusses (429,63 EUR) und der Einschaltung eines Rechtsanwalts (859,80 EUR) und ferner Schadensersatz wegen entgangener Lizenzgebühren in Höhe von 5.000,00 EUR in Anspruch genommen. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat bestritten, dass sie, ihr Ehemann oder ihr Sohn die Handlungen begangen hätten.

Das Landgericht hat es für erwiesen erachtet, dass entweder die Beklagte oder - näherliegend - ihr Sohn an dem Computerspiel teilgenommen habe. Jedenfalls sei die Beklagte täterschaftlich verantwortlich. Im Ergebnis hat es der Klage unter geringfügiger Kürzung der Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Die Beklagte nimmt die Verurteilung zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR hin, im übrigen hat sie Berufung eingelegt. Sie hält den Schadensersatzbetrag für übersetzt, Ihre Einwände stützt sie nicht nur auf einen ihres Erachtens gegebenen Werbeeffekt durch die Nutzung des Spieles, sondern auch darauf, dass die Anwendung der Grundsätze des BGH zur mittäterschaftlichen und gesamtschuldnerischen Haftung der Teilnehmer einer Tauschbörse zu unangemessenen Ergebnissen führten.



Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzbetrages in Höhe von 5.000,00 EUR sowie der geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 608,24 EUR abzuweisen.



Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.


Im übrigen wird von einer Darstellung des Tatbestands abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO).



II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Klägerin steht aus den §§ 19a UrhG i.V.m. § 97 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 UrhG, 832 BGB wegen einer von der Beklagten zu verantwortenden Verletzung des Rechts der Klägerin auf öffentliches Zugänglichmachen des Computerspiels in der zuerkannten Höhe zu.

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten steht im Berufungsverfahren nicht mehr im Streit. Umstritten ist noch die Höhe des zuzuerkennenden Schadens. Hierzu lässt § 97 Abs. 2 UrhG drei verschiedene Berechnungsweisen zu: die immer zulässige konkrete Schadensberechnung, die Geltendmachung des entgangenen Gewinns (§ 252 S. 2 BGB) und die Berechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie. Diese - gebräuchlichste - Form hat die Klägerin gewählt. Danach kann der Anspruchsteller von dem Verletzer die Vergütung verlangen, die ihm bei ordnungsgemäßer Nutzungsrechtseinräumung gewährt worden wäre. Es wird der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Parteien bereit gewesen wären, einen Lizenzvertrag abzuschließen, ob der Verletzer die Vergütung hätte zahlen können oder ob er mit der Verwertung des Werkes Gewinn oder Verlust erzielt hat. Grundlegender Ansatz dieser Berechnungsweise ist vielmehr, dass der Verletzer sich das Werk und den in ihm verkörperten wirtschaftlichen Wert zunutze macht, ohne hierzu berechtigt zu sein (s. im Einzelnen Reber in BeckOK Urheberrecht, Stand 01.03.2018, § 97 Rnr. 119 121).

Als Schadensersatz geschuldet ist die nach § 287 ZPO zu schätzende angemessene Lizenzgebühr. Sie lässt sich am Einfachsten bemessen, wenn es zwischen den Parteien bereits einmal einen Lizenzvertrag gegeben hatte oder wenn es jedenfalls übliche Vergütungssätze für die in Frage stehende urheberrechtswidrige Handlung gibt. An beidem fehlt es hier. In solchen Fällen ist die angemessene Lizenzgebühr nach den Umständen des Einzelfalls zu schätzen. Von Einfluss sind hierbei die Intensität, der Umfang und die Dauer der Rechtsverletzung, Gewinn und Umsatz für den Verletzer und umgekehrt der Verlust für den Verletzten, die Bekanntheit des Werks u.a. (ebd. Rnr. 121).

Der im angefochtenen Urteil zuerkannte Betrag von 5.000,00 EUR hält sich im Rahmen dessen, was bei einer Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO als Verletzungsfolge zugebilligt werden kann. Der Betrag entspricht in seiner Höhe noch dem, was vernünftigerweise für die Vergabe einer Unterlizenz, die die hier fragliche Verletzungshandlung abgedeckt hätte, hätte vereinbart werden können. Dabei ist einerseits die Neuheit des Spiels zu Beginn der Verletzungshandlungen und seine anhaltende Beliebtheit zu berücksichtigen, andererseits der Umfang der Nutzung durch die Beklagte oder ihren Sohn, die das Computerspiel in großem Umfang über einen längeren Zeitraum hinweg allen Teilnehmern der Tauschbörse zugänglich gemacht haben. Dies waren letztlich mehrere 1.000 oder gar 10.000 Nutzer, wie die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.06.2017 Seite 2 unbestritten vorgetragen hat und wie es im Hinblick auf den Umfang und die Dauer der Teilnahme der Beklagten oder ihres Sohnes an der Tauschbörse auch naheliegend ist. Unter diesen Umständen hält sich ein Schadensbetrag in Höhe von etwa dem 227fachen des mittleren Preises für das Computerspiel - rund 22,00 EUR - im Rahmen des Vertretbaren.

Die Einwände der Beklagten gegen die Schadensberechnung der Klägerin greifen nicht durch.

Ihrem Einwand, sie habe nur kleine und kleinste Dateifragmente in die Tauschbörse eingestellt, ist entgegenzuhalten, dass es auf den Umfang der von dem einzelnen Teilnehmer des Netzwerks heruntergeladenen Dateien nicht ankommt. Der Tatbeitrag des einzelnen Teilnehmers an einer Internettauschbörse liegt in der Bereitstellung von Dateifragmenten, die gemeinsam mit weiteren von anderen Teilnehmern der Tauschbörse bereitgestellten Dateifragmenten auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zur Gesamtdatei zusammengefügt werden können. Das Filesharing dient damit der Erlangung und Bereitstellung funktionsfähiger Dateien; die Teilnehmer handeln als Mittäter (BGH, Urteil vom 06.12.2017 - I ZR 186/16 - Ls. und Rnr. 25 - 27 - Konferenz der Tiere). Mit den schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung ausführlich dargestellten Fällen eines Ladendiebstahls oder der Weitergabe einer Kassette mit urheberrechtswidrigem Inhalt hat die Situation in einer Tauschbörse nichts gemein. Der Dieb handelt für sich allein und ist deshalb Alleintäter, auch dann, wenn es davor und danach im selben Geschäft zu weiteren Diebstählen durch Dritte kommt. Wer eine Kassette weitergibt, handelt zwar im Einvernehmen mit dem Empfänger; zwischen beiden mag daher Mittäterschaft an einer Urheberrechtsverletzung bestehen. Damit aber ist die Verletzungshandlung für den Weggebenden beendet, selbst dann, wenn die Kassette sodann von Hand zu Hand weitergereicht wird. Es bedarf auch keines gemeinschaftlichen Zusammenwirkens mehrerer, um den Inhalt der Kassette nutzbar zu machen. Sie enthält bereits das geschützte Werk. In einer Tauschbörse hingegen entsteht das Werk erst durch das Zusammenwirken aller Teilnehmer. Von diesen begeht jeder eine eigene Verletzungshandlung durch die Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit auf das geschützte Werk für Dritte. Im gemeinsamen Zusammenwirken wird dabei die Nutzung des Werkes möglich. Der Filesharing-Vorgang unterscheidet sich damit schon grundlegend von dem Absenden und Empfangen eines Dateifragments im Zweipersonenverhältnis (BGH, Urteile vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 Rnr. 64 -Tauschbörse I, - I ZR 7/14 Rnr. 51 - Tauschbörse II, - I ZR 75/14 Rnr. 56 - Tauschbörse III), erst recht von der Weitergabe vollständig nutzungsfähiger Werke wie Dateien oder Kassetten im Zweipersonenverhältnis.

Auch der Einwand, dass die Klägerin bei Inanspruchnahme mehrerer Teilnehmer an der Tauschbörse unter Umständen ein Vielfaches der ihr allenfalls zustehenden Lizenzgebühr erhalten könne, verfängt nicht. Sie übergeht mit diesem Einwand, dass jeder Teilnehmer, wie eben ausgeführt, eine eigene Verletzungshandlung begeht, indem er den Zugriff auf das Werk für Dritte zu eröffnet. Jeder Verletzer schuldet hierfür die in seinem Fall angemessene Lizenzgebühr. Die Beklagte kann auch nicht darauf verweisen, dass es unbillig wäre, sie als eine von vielen Gesamtschuldnern herauszugreifen und auf den vollen Schadensersatzbetrag in Anspruch zu nehmen, obwohl offenkundig sei, dass sie ihrerseits keinen Rückgriff bei den ihr nicht bekannten weiteren Teilnehmern der Tauschbörse nehmen könne. Zum Einen besteht diese Gefahr bei jeder Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners. Das Gesetz nimmt sie zugunsten des Gläubigers in Kauf. Er ist gerade nicht gehalten, gegen jeden einzelnen Schuldner nur in Höhe des auf diesen entfallenden Anteils vorzugehen. Zum Anderen besteht aber auch nur in geringem Umfang eine Gesamtschuld zwischen den einzelnen Nutzern der Tauschbörse. Sie besteht, soweit sie gemeinsam an einem Verlauf des Spiels teilnehmen. Daran aber ist im Laufe der Zeit niemals derselbe Teilnehmerkreis beteiligt. Beteiligt sind nur diejenigen Nutzer, deren Computer gerade eingeschaltet ist und die damit ihre heruntergeladenen Dateifragmente anderen Nutzern zum Heraufladen zur Verfügung stellen können. Für jeden Teilnehmer ergeben sich daraus verschiedene mittäterschaftliche Beziehungen, die sich überschneiden, aber niemals vollkommen decken werden.

Ob schließlich der auf eine Studie der EU-Kommission gestützte Einwand, die unerlaubte Nutzung habe auch eine der Klägerin zugute kommende Werbewirkung, wirksam in den Rechtsstreit eingeführt wurde oder nicht - wie die Klägerin rügt -, bedarf keiner Entscheidung. Er kann der Berufung jedenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Dass der Klägerin durch das ungenehmigte Spielen des Computerspiels zunächst einmal ein Lizenzgewinn entgangen ist, steht fest; dies räumt auch die Beklagte ein. Fraglich kann nur sein, inwieweit der Schaden dadurch wieder ausgeglichen wurde, dass der Klägerin anschließend zusätzlicher Gewinn durch die Werbewirkung des unerlaubten Spielens zugeflossen ist. Die Berücksichtigung einer so begründeten Vorteilsausgleichung scheitert jedoch an zweierlei. Zum Einen bedarf es für die Anrechnung von Vorteilen stets einer wertenden Betrachtung, in die auch einzufließen hat, dass sie den Schädiger nicht unangemessen entlasten darf (Oetker in MüKoBGB, 7, Aufl. 2016, § 249 Rn. 225). In diesem Zusammenhang ist hier zu bewerten, dass sich die Klägerin gegen eine Bewerbung ihres Spiels durch das Angebot zu kostenloser Nutzung entschieden hat. Ihr einen Vorteil anzurechnen, der durch eine solche Nutzung entstanden ist, hieße, ihr diese "Werbemethode" faktisch doch aufzuzwingen. Zum Anderen ist gänzlich ungewiss, dass und wann der Klägerin in welchem Umfang ein solcher Vorteil tatsächlich zufließt. Aus der Studie soll sich nur ergeben, dass sich statistisch bei Computerspielen hat feststellen lassen sollen, dass durch die unerlaubte Nutzung der Gewinn gesteigert werde. Dass dies auch hier der Fall ist, ab wann und für welchen vergangenen oder künftigen Zeitraum die Werbewirkung greift, ist nicht feststellbar.

Die zuerkannten Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin als Anspruch auf Aufwendungsersatz erstattet verlangen. Auf die Ausführungen hierzu unter Ziff. 3. des angefochtenen Urteils, die die Beklagte als solche nicht angreift, wird Bezug genommen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs, 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.



Dr. [Name]
Richter am Oberlandesgericht



Beglaubigt
[Name], JAng (...)







~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



OLG Schleswig, Urteil vom 26.04.2018, Az. 6 U 41/17,
Vorinstanz: LG Flensburg, Urteil vom 31.08.2017, Az. 8 O 9/16,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Rechtsanwalt Nikolai Klute,
Mehrfachermittlung (172 Fälle an 52 Tagen),
Werbemethode,
Überkompensation,
Dieb,
kleine und kleinste Dateifragmente

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Foren Nachbesprechung - OLG Schleswig

#11280 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. Mai 2018, 13:07

Die Foren Nachbesprechung: "Das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht bestätigt das Landgericht Flensburg"



13:05 Uhr






.....................................................Bild







Die Hamburger Kanzlei: ".rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg)" veröffentlichte am 07.05.2018 ein gewonnenes Berufungsurteil vor dem Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (OLG Schleswig, Urteil vom 26.04.2018, Az. 6 U 41/17). Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Gedanken diesbezüglich zu äußern. Dabei geht es mir nicht darum, den Gewinner abzufeiern, oder die Verliererin mit Häme zu überschütten. Es sollte aber eine sachliche Auseinandersetzung erfolgen.






Werdegang

Nach einem widersprochenen Mahnbescheid und Einzahlung der weiteren Kosten wurde das Mahnverfahren an das Streitgericht (Amtsgericht Lübeck) abgegeben und der Kläger begründete seine Ansprüche (26.08.2015). Die abgemahnte Anschlussinhaberin sollte verurteilt werden zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 859,80 EUR und einem (Teil-) Schadensersatz i.H.v. 429,63 EUR. Mit dem Schriftsatz des Klägers vom 15.01.2016 wurde die Klage erweitert. Die abgemahnte Anschlussinhaberin sollte jetzt zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 859,80 EUR und einem (Teil-) Schadensersatz i.H.v. 429,63 EUR sowie einen Schadensersatz wegen entgangener Lizenzgebühren i.H.v. 5.000,00 EUR verurteilt werden. Da bei einen Streitwert über 5.000,00 EUR ein Landgericht sachlich zuständig ist (gemäß §§ 23 Abs. 1 Nr. 1; 71 Abs. 1 GVG), wurde mittels Beschluss des Amtsgericht Lübeck das Streitverfahren an das Landgericht Flensburg verwiesen. Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung (Betrag ohne Angabe der jeweiligen Zinsen) von 5.000,00 EUR Schadensersatz wegen entgangener Lizenzgebühren sowie 755,80 EUR und 429,63 EUR vorgerichtliche Kosten (Rechtsanwaltskosten, (Teil-) Schadensersatz)). Dabei wurde nicht festgestellt, dass die Beklagte selbst die Täterin sei oder der minderjährige Sohn. Durch einen widersprüchlichen und pauschalen Sachvortrag der Beklagten kam niemand - weder Beklagte selbst, Ehemann noch der minderjährige Sohn - als Täter in Betracht. Dieses genügte den höchstrichterlichen Anforderungen an die sekundären Darlegungslast nicht.

Gegen das Urteil des Landgericht Flensburg wehrte sich die abgemahnte Anschlussinhaberin und legte Berufung ein (Urt. v. 31.08.2017, Az. 8 O 9/16). In diesen Berufungsverfahren stand die Haftung der Beklagten als Täterin fest und wurde nicht in Abrede gestellt. Das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht wies die Berufung zurück und bestätigte somit das Urteil des Landgerichts. Diesbezüglich erteilten das Oberlandesgericht / Landgericht den Foren-Irrglauben i.V.m. ihren "Experten" eine vernichtende Abfuhr.







Foren Irrglauben




1. Beklagter muss nur eigene Täterschaft bestreiten, Mitnutzer benennen, die ihrerseits ihre Täterschaft bestreiten oder Zeugnis verweigern



Maßstäbe des Bundesgerichtshofs:


1) Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist.


2) Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde


3) In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast.


4) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen


5) In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat.


6) Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.


7) Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebots haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an.


8) Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht.


Denn bestreitet der Beklagte seine eigene Täterschaft und benennt Mitnutzer, die ihrerseits nicht als Täter in Betracht kommen, genügt der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht und die Täterschaft geht wieder auf ihn zurück. Ich muss es jetzt einmal mit aller Deutlichkeit sagen. 2018 sollten die vorbenannten Maßstäbe des Bundesgerichtshofs in den Adern des Prozessbevollmächtigten und / oder / bzw. Beklagten fließen.






2. Keine höheren Sicherungspflichten mit Kenntnis


In der "Forenbentz-Ära" wurde regelmäßig negiert, dass auf dem abgemahnten Anschlussinhaber mit Erhalt eines Abmahnschreiben höhere Sicherungs- und Prüfpflichten zukommen. Gerade dieser Abmahnfall macht deutlich, dass die Beklagte höhere Sicherungs- und Prüfpflichten hatte.



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Kurznotiz:

I. Ermittlungsdatensätze - vor - Erhalt Abmahnung

Ermittlungsdatensätze 09.10. - 22.10.2011
- 82 Fälle - 14 verschiedene IP-Adressen - 14 Tage


II. Abmahnung 08.12.2011


III. Ermittlungsdatensätze - nach - Erhalt Abmahnung

1. Ermittlungsdatensätze 20.02. - 16.04.2012
- 8 Fälle - 5 verschiedene IP-Adressen - 3 Tage

2. Ermittlungsdatensätze 22.08.2012 bis 16.07.2013
- 82 Fälle - 36 verschiedene IP-Adressen - 35 Tage


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Es wurde ersichtlich, das trotz Abmahnschreiben vom 08.12.2011 der Streitgegenstand weiter öffentlich zugänglich gemacht wurde (siehe zu III). Spätestens mit dem Schreiben des Abmahners vom 23.11.2012, wo weitere Verstöße - nach Erhalt - der Abmahnung mitgeteilt wurden, gab es eigentlich keine Ausreden mehr.

Wenn die beklagte Anschlussinhaberin selbst nicht für diese Verstöße verantwortlich ist, müssen höhere Sicherungs- und Prüfpflichten erfolgen. Und das Recht sagt, egal ob wir es für richtig erachten: "Habe ich keine Kenntnis, muss ich mir technische Hilfe holen, notfalls entgeltlich."


(...) Überdies war die Beklagte jedenfalls nach Zugang des klägerischen Abmahnschreibens vom 08.12.2011, da sie nunmehr konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass eine Urheberrechte verletzende Teilnahme an Tauschbörsen (durch ihren Sohn) stattfand, gehalten, die Nutzung des Internets durch ihren Sohn zu überwachen, den Computer des Sohnes zu überprüfen oder ihm den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren (vergleiche BGH - I ZR 7/14 - Rdnr. 32). Dass sie derartige Maßnahmen ergriffen hätte, hat die Beklagte jedoch bereits nicht vorgetragen. (...)






3. Überkompensation


In vielen Filesharing Verfahren wird als Verteidigungsargument gegenüber die durch den Kläger angesetzten Höhe des fiktiven Lizenzschadens, die mögliche Überkompensation (Ausgleich der höher ist, als die Differenz zum Normalzustand und somit "übers Ziel hinausschießt".), vorgetragen. Es wird dabei die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kläger bei Inanspruchnahme mehrerer Teilnehmer an der Tauschbörse unter Umständen ein Vielfaches der ihr allenfalls zustehenden Lizenzgebühr erhalten könne. Das heißt, es darf in diesem konkreten Einzelfall auch nur anteilmäßig Lizenzgebühr verlangt werden.



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Beispiel des Verteidigungsargumentes:

a) Überkompensation: 100 Klagen, in denen jeweils 5.000,00 EUR fiktiver Lizenzschaden verlangt werden
b) Kompensation: In einer dieser betreffenden 100 Klagen dürfen nur 50,00 EUR fiktiver Lizenzschaden verlangt werden (5.000,00 EUR fiktiver Lizenzschaden geteilt durch 100 Klagen)


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Diesem regelmäßigen Verteidigungsargument erteilte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht eine Abfuhr.


1) Jeder Teilnehmer begeht eine eigene Verletzungshandlung, indem er den Zugriff auf das Werk für Dritte zu eröffnet. Jeder Verletzer schuldet hierfür die in seinem Fall angemessene Lizenzgebühr.


2) Das Gesetz ist nicht gehalten, gegen jeden einzelnen Schuldner nur in Höhe des auf diesen entfallenden Anteils vorzugehen. Zum Anderen besteht aber auch nur in geringem Umfang eine Gesamtschuld zwischen den einzelnen Nutzern der Tauschbörse.


3) Beteiligt sind nur diejenigen Nutzer, deren Computer gerade eingeschaltet ist und die damit ihre heruntergeladenen Dateifragmente anderen Nutzern zum Heraufladen zur Verfügung stellen können. Für jeden Teilnehmer ergeben sich daraus verschiedene mittäterschaftliche Beziehungen, die sich überschneiden, aber niemals vollkommen decken werden.






4. Studie der EU-Kommission: Die unerlaubte Nutzung habe auch eine der Klägerin zugutekommende Werbewirkung, die wirksam in den Rechtsstreit eingeführt wurde


Die Berücksichtigung einer so begründeten "Vorteilsausgleichung" scheitert.


1) Es bedarf für die Anrechnung von Vorteilen stets einer wertenden Betrachtung, in die auch einzufließen hat, dass sie den Schädiger nicht unangemessen entlasten darf. In diesem Zusammenhang ist zu bewerten, dass sich die Klägerin - gegen - eine Bewerbung ihres Spiels durch das Angebot zu kostenloser Nutzung entschieden hat. Ihr einen Vorteil anzurechnen, der durch eine solche Nutzung entstanden ist, hieße, ihr diese "Werbemethode" faktisch doch aufzuzwingen.


2) Es ist gänzlich ungewiss, dass und wann der Klägerin in welchem Umfang ein solcher Vorteil tatsächlich zufließt. Aus der Studie soll sich nur ergeben, dass sich statistisch bei Computerspielen hat feststellen lassen sollen, dass durch die unerlaubte Nutzung der Gewinn gesteigert werde. Dass dies auch hier der Fall ist, ab wann und für welchen vergangenen oder künftigen Zeitraum die Werbewirkung greift, ist nicht feststellbar.






5. Es wurden nur kleine und kleinste Dateifragmente in die Tauschbörse eingestellt


Das Berufungsgericht macht deutlich, dass es auf den Umfang der von dem einzelnen Teilnehmer des Netzwerks heruntergeladenen Dateien nicht ankommt, und verweist auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Konferenz der Tiere" (Urt. v. 06.12.2017 - I ZR 186/16).

Der Tatbeitrag des einzelnen Teilnehmers an einer Internettauschbörse liegt in der Bereitstellung von Dateifragmenten, die gemeinsam mit weiteren von anderen Teilnehmern der Tauschbörse bereitgestellten Dateifragmenten auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zur Gesamtdatei zusammengefügt werden können. Das Filesharing dient damit der Erlangung und Bereitstellung funktionsfähiger Dateien; die Teilnehmer handeln als Mittäter.


Durch das Berufungsgericht wird ein klägerseits geführter Vergleich mit dargestellten Fällen eines Ladendiebstahls oder der Weitergabe einer Audiokassette mit urheberrechtswidrigem Inhalt und die Situation in einer Tauschbörse - verneint.


(...) Der Dieb handelt für sich allein und ist deshalb Alleintäter, auch dann, wenn es davor und danach im selben Geschäft zu weiteren Diebstählen durch Dritte kommt. Wer eine Audiokassette weitergibt, handelt zwar im Einvernehmen mit dem Empfänger; zwischen beiden mag daher Mittäterschaft an einer Urheberrechtsverletzung bestehen. Damit aber ist die Verletzungshandlung für den Weggebenden beendet, selbst dann, wenn die Audiokassette sodann von Hand zu Hand weitergereicht wird. Es bedarf auch keines gemeinschaftlichen Zusammenwirkens mehrerer, um den Inhalt der Audiokassette nutzbar zu machen. Sie enthält bereits das geschützte Werk.

In einer Tauschbörse hingegen entsteht das Werk erst durch das Zusammenwirken aller Teilnehmer. Von diesen begeht jeder eine eigene Verletzungshandlung durch die Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit auf das geschützte Werk für Dritte. Im gemeinsamen Zusammenwirken wird dabei die Nutzung des Werkes möglich. Der Filesharingvorgang unterscheidet sich damit schon grundlegend von dem Absenden und Empfangen eines Dateifragments im Zweipersonenverhältnis, erst recht von der Weitergabe vollständig nutzungsfähiger Werke wie Dateien oder Audiokassetten im Zweipersonenverhältnis.
(...)






6. Das Gericht darf nur einen Schadensersatz i.H.d. Verkaufspreis des Computerspiels annehmen


§ 97 Abs. 2 UrhG lässt drei verschiedene Berechnungsweisen zu:

a) die immer zulässige konkrete Schadensberechnung,
b) die Geltendmachung des entgangenen Gewinns (§ 252 S. 2 BGB),
c) die Berechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie.


Die - gebräuchlichste - Form der Lizenzanalogie hat die Klägerin gewählt.

Danach kann der Anspruchsteller von dem Verletzer die Vergütung verlangen, die ihm bei ordnungsgemäßer Nutzungsrechtseinräumung gewährt worden wäre. Es wird der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Parteien bereit gewesen wären, einen Lizenzvertrag abzuschließen, ob der Verletzer die Vergütung hätte zahlen können oder ob er mit der Verwertung des Werkes Gewinn oder Verlust erzielt hat. Grundlegender Ansatz dieser Berechnungsweise ist vielmehr, dass der Verletzer sich das Werk und den in ihm verkörperten wirtschaftlichen Wert zunutze macht, ohne hierzu berechtigt zu sein.



Berechnung:

Als Schadensersatz geschuldet ist die nach § 287 ZPO zu schätzende angemessene Lizenzgebühr. Sie lässt sich am Einfachsten bemessen, wenn es zwischen den Parteien bereits einmal einen Lizenzvertrag gegeben hatte oder wenn es jedenfalls übliche Vergütungssätze für die infrage stehende urheberrechtswidrige Handlung gibt. An beidem fehlt es hier. In solchen Fällen ist die angemessene Lizenzgebühr nach den Umständen des Einzelfalls zu schätzen. Von Einfluss sind hierbei die Intensität, der Umfang und die Dauer der Rechtsverletzung, Gewinn und Umsatz für den Verletzer und umgekehrt der Verlust für den Verletzten, die Bekanntheit des Werks u.a.






Fazit

Die Urteile des Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht und Landgericht Flensburg sind in vieler Hinsicht lesenswert. Einmal wird überdeutlich, dass sehr viele Beklagte und ihre Prozessbevollmächtigten sich einfach in der Materie nicht auskennen. Die Foren sowieso nicht. Andermal sind beide Gerichtsentscheidungen eine gute Weiterbildung. Denn letztendlich geht es immer um das eigene Risiko und dessen Folgen - DEIN Geld.








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Steffen Heintsch für AW3P




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