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Steffen
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LG Hamburg, Az. 310 S 11/15

#10621 Beitrag von Steffen » Freitag 8. April 2016, 00:43

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR: Das Landgericht Hamburg verurteilt im Filesharingprozess zur Zahlung von 600,00 EUR und zusätzlich zu Auskunft und Schadensersatz dem Grunde nach!


00:40 Uhr


Hamburg, 07.April 2016 (eig). Das Landgericht Hamburg hat den Beklagten in einem Filesharingprozess wegen unerlaubten Verbreitens eines Computerspiels in Zweiter Instanz zur Zahlung von 600,00 EUR verurteilt. Darüber hinaus muss der Beklagte Auskunft erteilen über den Umfang der Verletzungshandlung, insbes. über Verbreitungswege, Dauer des Bereithaltens des Werks in einer Filesharingbörse und Bandbreite der genutzten Anschlüsse. Zugleich wurde festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die fraglichen Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entsteht (LG Hamburg, Urt. v. 31.03.2016, Az. 310 S 11/15).


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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web www.rka-law.de


Bericht

Link: http://rka-law.de/filesharing/lg-hambur ... unde-nach/

Urteil als PDF: http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... -11-15.pdf


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Das Amtsgericht hatte die Klage hinsichtlich des lizenzanalogen Schadensersatzanspruchs noch abgewiesen, weil es die Aktivlegitimation der Klägerin nicht als gegeben ansah. Das Landgericht erkannte dementgegen, dass die Klägerin lediglich die Vertriebsrechte, keineswegs aber die so genannten "Online-Rechte", insbesondere die "Download-to-Own-Rechte" abgegeben habe. Die Aktivlegitimation sei in Abweichung der Auffassung des Amtsgerichts schon deswegen gegeben und folglich sahen die Hamburger Richter auch den geltend gemachten Betrag von 600,00 EUR als lizenzanalogen Schadensersatz als nicht unangemessen an.

Damit aber nicht genug: Sie verurteilten den Beklagten zu Auskunft und weiterem Schadensersatz:
  • "Der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über alle zur Schadensberechnung erforderlichen Angaben ist als Hilfsanspruch zum Schadensersatzanspruch gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. BGH Urt. v. 07.12.1979, I ZR 157/77, "Monumenta Germaniae Historica", GRUR 1980, 227/228). Voraussetzung (...) ist, dass die Klägerin in entschuldbarer Weise über den Umfang ihres Ersatzanspruchs im Unklaren ist, während der Verletzer unschwer Aufklärung geben kann."
Diese Voraussetzungen lagen nach Auffassung der Hamburger Richter vor. Die Klägerin habe dargelegt, so das Landgericht Hamburg, dass sie einen über den Mindestschadensersatzanspruch hinaus gehenden Schadensersatzanspruch hat. Die Klägerin habe somit auch einen Anspruch auf Feststellung einer Pflicht des Beklagten zum Ersatz eines über den bezifferten Mindestschaden hinausgehenden Schadens.

"Nutzer von Filesharingbörsen tragen somit das Risiko, dass in jedem gegen sie geführten Prozess nicht nur ein bezifferter Schadensersatzanspruch geltend gemacht, sondern darüber hinaus auch ein Auskunfts- sowie ein Feststellungsanspruch durchgesetzt wird, der den ggfls. in einem Folgeprozess geltend zu machenden Schadensersatzbetrag expotentiell in die Höhe steigen lassen kann", erläutert der Hamburger Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte. "Dies gilt insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass es immer noch Gerichte gibt, die der irrigen Annahme unterliegen, dass die lizenzanalogen Schadensersatzansprüche nach drei Jahren verjähren. Den Verjährungslauf zu unterbrechen dienen derartige Feststellungsanträge", so Rechtsanwalt Nikolai Klute weiter.




Landgericht Hamburg, Urteil vom 31.03.2016, Az. 310 S 11/15 (Volltext)



Vorinstanz: AG Hamburg, Urteil vom 23.04.2015, Az. 31c C 166/13


  • (...) erkennt das Landgericht Hamburg - Zivilkammer 10 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name] und die Richterin Dr. [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2016 für Recht:

    1.) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 23.04.2015 (Az. 31c C 166/13) wie folgt abgeändert und neu gefasst:

    a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.723,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.123,80 EUR seit dem 26.04.2013 und auf weitere 600,00 EUR seit dem 13.02.2014 zu zahlen;

    b) die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Verletzungshandlungen geordnet Auskunft zu erteilen und zwar unter Angabe

    aa) - soweit bekannt - von Dritten, die das Computerspiel [Name] von der Beklagten erhalten haben, dies unter Datumsangabe und namentlicher Nennung derselben und deren Anschriften,

    bb) der Verbreitungswege, insbesondere der Filesharingbörsen, auf denen das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde,

    cc) der Zeiträume, in denen das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde,

    dd) der Datenbandbreite, mit der das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde.

    c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der der Klägerin dadurch entstanden ist, dass die Beklagte das Computerspiel [Name] ohne Einwilligung der Klägerin über den Internetanschluss ihres Vaters in P2P-Netzwerken zum Herunterladen bereitgehalten hat.

    d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    2.) Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.

    3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    4.) Die Revision wird nicht zugelassen.



    Gründe


    I.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gern. § 540 1 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 23.04.2015 (Bi. 226 ff. d.A.).

    Das Amtsgericht Hamburg hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil dazu verurteilt, an die Klägerin die insgesamt entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 1.123,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2013 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat hinsichtlich der Abmahnkosten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs bejaht und insbesondere die erforderliche deliktische Einsichtsfähigkeit der Beklagten gern. § 828 III BGB nach persönlicher Anhörung, in der die Beklagte angegeben hatte, ihr sei ein Herunterladen aus dem Internet seitens der Eltern eigentlich verboten gewesen, weil dies Kosten verursachen könnte, angenommen.

    Hinsichtlich des abgewiesenen Teils der Klage betreffend lizenzanalogen Schadensersatz hat das Amtsgericht hingegen bereits die Aktivlegitimation der Klägerin verneint. Ein Lizenzgeber müsse sich entweder die Rechte vom Lizenznehmer abtreten lassen oder sie in Prozessstandschaft geltend machen oder darlegen, welcher Anteil auf ihn und welcher auf den Lizenznehmer entfalle. Vorliegend habe auch die [Name] wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzung einen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, weil ihre Auswertungsrechte durch die widerrechtliche Nutzung der Beklagten ebenfalls geschmälert seien. Da die Klägerin nur für sich klage und nicht klar sei, welcher Anteil auf sie und welcher Anteil auf die [Name] entfalle, sei eine Bezifferung, auch des Mindestschadens über § 287 ZPO, nicht möglich gewesen. Hieraus folge auch die Ablehnung des Auskunfts- und des Feststellungsanspruchs.

    Die Klägerin hat gegen das ihr am 28. April 2015 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 13. Mai 2015 Berufung eingelegt und die Berufung mit Schriftsatz vom Montag, dem 29.06.2015, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tage, begründet. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Anträge auf 600,00 EUR Teilschadensersatz nach Lizenzanalogie sowie Auskunft und Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden weiter.

    Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie als alleinige Inhaberin der "Download-to-Own-Rechte" auch für die weiterhin geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert sei, weil es insoweit gerade an einer Lizenzweitergabe fehle.


    Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 23. April 2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Hamburg, Az. 31c C 166/13 die Beklagte zu verurteilen,

    1.) an die Klägerin Teilschadensersatz über 600,00 EUR nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Februar 2013 zu zahlen;

    2.) der Klägerin über den Umfang der Verletzungshandlungen geordnet Auskunft zu erteilen und zwar unter Angabe,

    a. - soweit bekannt - von Dritten, die das Computerspiel [Name] von der Beklagten erhalten haben, dies unter Datumsangabe und namentlicher Nennung derselben und deren Anschriften;

    b. der Verbreitungswege, insbesondere der Filesharingbörsen, auf denen das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereit gehalten wurde;

    c. der Zeiträume, in denen das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereit gehalten wurde;

    d. der Datenbandbreite, mit der das Computerspiel[Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde.

    3.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist, dass die Beklagte das Computerspiel [Name] ohne Einwilligung der Klägerin über den
    Internetanschluss ihres Vaters in P2P-Netzwerken zum Herunterladen bereitgehalten hat.


    Die Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.


    Sie macht sich die Argumentation des amtsgerichtlichen Urteils zu eigen. Ferner macht sie erstmals geltend, dass ihr aufgrund einer Sehstörung die deliktische Einsichtsfähigkeit gefehlt habe.


    II.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie gem. § 222 II ZPO auch fristgemäß im Sinne von § 520 II ZPO begründet, da es sich bei dem 28. Juni 2015 um einen Sonntag handelte.

    Die Berufung ist zudem auch begründet. Die Berufungsanträge sind dahin auszulegen, dass die Klägerin über die amtsgerichtliche Verurteilung hinaus die weitere Verurteilung der Beklagten entsprechend der Berufungsanträge erstrebt.

    Die Klage ist in dem noch zur Entscheidung gestellten Umfang zulässig, insbesondere liegt hinsichtlich des Feststellungsantrags auch ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 I ZPO der Klägerin vor.

    Die Klage ist im Umfang der Berufung begründet.


    1.

    a)

    Der Klägerin steht gem. § 97 II UrhG ein Anspruch auf lizenzanalogen Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR gegen die Klägerin zu.

    Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Amtsgerichts, wonach die Klägerin insoweit nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Denn die Klägerin ist Inhaberin des durch das Bereithalten zum Herunterladen des streitgegenständlichen Computerspiels über ein P2P-Netzwerk seitens der Beklagten verletzten Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19 a UrhG.

    Die das Spiel kreierende [Name] hat mit Software-Entwicklungsvertrag vom 29.10.2010 (Anlage K 11) unter Ziffer 4 der Klägerin umfassend und exklusiv die Rechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel eingeräumt. Das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung gem. § 19a UrhG hat die Klägerin auch nicht dadurch verloren, dass sie es wiederum im Rahmen des Intercompany-Vertrags der deutschen [Name] eingeräumt hätte. Denn laut Vertragstext Ziffer 2 in Anlage K 10 sind in der Aufzählung der der [Name] eingeräumten Rechte die sog. "Online-Rechte", also insbesondere ein "Download-to-Own-Recht", sog. DTO-Recht, gerade nicht genannt, sondern lediglich Vertriebsrechte.

    Entgegen der Ansicht des Amtsgerichtes hätte die [Name] als Lizenznehmer deswegen vorliegend keinen eigenen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gegen die Beklagte geltend machen können. Sie hätte allenfalls - eine Exklusivität der ihr eingeräumten Rechte vorausgesetzt - Unterlassung aus einem über ihre Nutzungsrechte hinausgehenden Verbietungsanspruch geltend machen können. Das Verbotsrecht kann nämlich in der Tat weiter reichen als das eigene Nutzungsrecht, soweit dem Lizenznehmer ein berechtigtes Interesse an der Untersagung zusteht, vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1999 - 1 ZR 65/96, BGHZ 141, 267-285, Rn. 20 - "Laras Tochter". Nach dem Verständnis der Kammer ist aus der vorgenannten Entscheidung aber keineswegs der deutlich weitergehende Schluss zu ziehen, dass auch wegen der Verletzung niemals dem jeweiligen Anspruchsteller eingeräumter Nutzungsrechte Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zuzusprechen sein sollen. Der in der Entscheidung "Laras Tochter" seitens des BGH zugesprochene Schadensersatzanspruch war vielmehr ein solcher eines Verlags, der Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte an einem Sprachwerk war, einem anderen ein ausschließliches (Unter-)Verlagsrecht eingeräumt hatte, aber wegen einer Beteiligung an den Einnahmen des Unterlizenznehmers weiterhin ein berechtigtes Interesse an der Rechtsverfolgung hatte. Auch dieser Schadensersatzanspruch wurde zudem der Höhe nach auf den Ersatz des Schadens beschränkt, der dem Verlag selbst - trotz der Einräumung der Unterlizenz - durch die unbefugte Werknutzung entstanden war, vgl. BGH a.a.O. Diese Konstellation ist mit der vorliegenden, in der die [Name] nie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, etwa in Form des DTO-Rechts, eingeräumt worden ist, nicht vergleichbar. Hinsichtlich der Annahme des Verschuldens der Beklagten wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen. Der neue Vortrag der Beklagten zu ihren Sehstörungen ist gern. § 531 II 1 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen. Die vorgelegten Arztberichte datieren bereits auf das Jahr 2007. Gründe, warum der Gesichtspunkt nicht bereits in erster Instanz vorgetragen wurde, sind nicht geltend gemacht, so dass von Nachlässigkeit im Sinne der Vorschrift ausgegangen werden muss.

    Der Schadensersatzanspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt Die konkrete Schadensbezifferung erfolgt gem. § 97 II 3 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie. Danach muss ein Verletzter dasjenige zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten, vgl. BGH GRUR 1990, 1008 f. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verletzte zur Lizenzerteilung grundsätzlich bereit gewesen wäre, vgl. Dreier / Schulze, UrhG, 4. Auflage 2013, § 97 Rn. 61. Denn der Verletzer, der jedenfalls immer eine Marktnachfrage abschöpft, die der Verletzte selbst oder im Wege der Lizenzerteilung hätte abschöpfen können, soll nicht besser stehen als ein ordnungsgemäßer Lizenznehmer. Das Bereithalten des Spiels durch die Beklagte im Internet erfolgte über mehrere Tage in zeitlicher Nähe zur Erstveröffentlichung, weswegen die geltend gemachte Anspruchshöhe von 600,00 EUR nicht unangemessen ist.

    Die Klägerin kann Verzinsung des lizenzanalogen Schadensersatzes ab Nutzung im Oktober 2013 verlangen (vgl. Fromm / Nordemann / J.B. Nordemann, UrhR, 11. Auflage 2014, § 97 Rn. 105 m.w.N.). Vorliegend ist Verzinsung ab 13.02.2014 beantragt und dementsprechend zugesprochen. (Nur vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass sie den Verzinsungs-Zeitpunkt für die über 600,00 EUR hinausgehende Hauptforderung nicht geändert hat, weil die Klägerin insofern mit ihren Berufungsanträgen keine Abänderung beantragt hat.)

    b)

    Die Klägerin hat darüber hinaus auch einen Anspruch auf Auskunft über die Angabe - soweit bekannt - von Dritten, die das Computerspiel [Name] von der Beklagten erhalten haben, unter Datumsangabe und namentlicher Nennung derselben und deren Anschriften, der Verbreitungswege, insbesondere der Filesharingbörsen, auf denen das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde sowie der Zeiträume, in denen das Computerspiel [Name] von der Beklagten zum Herunterladen bereitgehalten wurde aus §§ 242, 259, 260 BGB, Zum Verbreitungsweg gehört auch die Angabe der Datenbandbreite.

    Der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über alle zur Schadensberechnung erforderlichen Angaben ist als Hilfsanspruch zum Schadensersatzanspruch gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.1979 - I ZR 157/77, "Monumenta Germaniae Historica", GRUR 1980, 227/232). Voraussetzung dieses Anspruchs ist, dass die Klägerin in entschuldbarer Weise über den Umfang der Verletzung und damit über Bestehen und Umfang ihres Ersatzanspruchs im Unklaren ist, während der Verletzer unschwer Aufklärung geben kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Klägerin hat unbestritten dargelegt, dass sie einen über den bezifferten Mindestschadensersatzanspruch hinausgehenden Schadensersatzanspruch hat, wenn die Beklagte zu weiteren Zeitpunkten das Spiel in Tauschbörsen bereithielt oder es anderweitig an Dritte weitergab.

    c)

    Nach dem Vorstehenden hat die Klägerin schließlich auch einen Anspruch auf Feststellung einer Pflicht der Beklagten zum Ersatz eines etwaigen über den bezifferten Mindestschaden hinausgehenden Schadens.


    2.

    Die Kostenentscheidung beruht bzgl. der Kosten der Berufungsinstanz auf § 91 ZPO, im Übrigen auf § 92 II Nr. 1 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.


    3.

    Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts im Sinne von § 543 11 1 ZPO. (...)


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LG Hamburg, Urteil vom 31.03.2016, Az. 310 S 11/15,
Klage .rka Rechtsanwälte,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Schadensersatz,
Auskunftsanspruch

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#10622 Beitrag von Steffen » Samstag 9. April 2016, 01:32

WALDORF FROMMER: Das Amtsgericht Charlottenburg zur Haftung in Tauschbörsenverfahren bei unzureichender Darlegung eines alternativen Geschehensablaufs - illegales Angebot eines Kinofilms kein Bagatellverstoß!


01:32 Uhr


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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de


Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... atellvers/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 585_15.pdf


Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka


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Die in diesem Verfahren in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte ihre Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung bestritten und darauf verwiesen, dass sie ihren Internetzugang mit Mitbewohnern geteilt hätte. Der verwendete WLAN-Router sei verschlüsselt gewesen. Naturgemäß könne, so die Beklagte, aber auch bei Beachtung aller Sicherheitsanforderungen nicht ausgeschlossen werden, dass Dritte den Zugang missbräuchlich genutzt hätten.

Dieser Vortrag befreite die Beklagte aber nicht aus ihrer Haftung.

Das Amtsgericht Charlottenburg erkannten insbesondere nicht die ausreichende Darlegung eines alternativen Geschehensablaufs:
  • "Sie [Anmerkung: die Beklagte] trägt insoweit lediglich vor, sie selbst habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen, in Betracht kämen Dritte, wohl insbesondere ihre "Mitbewohner". Damit hat die Beklagte nicht im Ansatz substantiiert zu einem alternativ in Betracht kommenden Geschehensablauf vorgetragen. Sie legt weder dar, um wen es sich bei den "Mitbewohnern" handelte (Name? Alter? Beziehung zur Beklagten?), noch auf welche Weise diese Zugang zu dem Internetanschluss hatten, oder welche PCs, Laptops etc. in dem Haushalt vorhanden waren. Zu den konkreten Tagen fehlt ebenfalls jeglicher Vortrag."
Auch die anhaltslose Spekulation der Beklagten zu einem vermeintlichen Missbrauch ihres Anschlusses konnte das Amtsgericht nicht überzeugen:
  • "Unbekannte Dritte scheiden schon deswegen aus, weil der Internetanschluss nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ausreichend gesichert war und ein unberechtigter Zugriff von außen unter diesen Umständen nicht plausibel ist."
Aufgrund des insgesamt pauschalen Vorbringens verbleibe es bei der Vermutung der Täterhaftung der Beklagten als Anschlussinhaberin, so das Amtsgericht.

Gegen den angesetzten Schadensersatz in Höhe von EUR 600,00 für die illegale Verbreitung eines Filmwerkes hatte das Amtsgericht keine Bedenken. Im Gegenteil:
  • "Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 600,00 EUR für einen erfolgreichen Kinofilm nicht nur angemessen, sondern eher niedrig, § 278 ZPO."
Auch gegen den angesetzten Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR bestanden keine Bedenken. Das Amtsgericht befand den klägerseits angesetzten Betrag als angemessen und hat darüber hinaus klargestellt, dass eine Deckelung nach § 97 a Abs. 2 UrhG keinesfalls in Betracht kommt.
  • "Eine Deckelung gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG kommt nicht in Betracht, da es sich weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handelt. Das Anbieten eines erfolgreichen Kinofilms stellt nicht ansatzweise einen Bagatellverstoß dar."
Die Beklagte wurde antragsgemäß verurteilt und hat darüber hinaus auch sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.




Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 22.03.2016, Az. 206 C 585/15

  • (...) hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 206, auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt

    • 1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Coburg vom 26.11.2015 wird aufrecht erhalten.
      2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




    Tatbestand

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film [Name].

    Am [Name] Datum von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am nächsten Tag von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr wurde der Film ohne Erlaubnis der Klägerin von der IP-Adresse [IP-Adresse] bzw. aus auf einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten. Dies wurde durch Recherchen einer von der Klägerin beauftragten Firma festgestellt. Die Klägerin führte ein Auskunftsverfahren in Bezug auf die genannte IP-Adresse durch Ihr wurde von dem Provider die Auskunft erteilt, dass die genannte IP-Adresse zu den oben angegebenen Zeitpunkten dem Anschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei.

    Mit anwaltlichem Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] (BI. 59ff d.A ) wurde die Beklagte im Auftrag der Klägerin wegen Anbietens des streitgegenständlichen Films abgemahnt sowie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR und zum Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR aufgefordert Die Beklagte gab daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, leistete aber keine Zahlungen an die Klägerin.


    Die Klägerin behauptet:

    Die Beklagte habe den Film wie zutreffend ermittelt zum Download angeboten.

    Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 600,00 EUR zu, ferner Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nach einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR (1,0 Geschäftsgebühr, 20,00 EUR Auslagenpauschale).

    Mit Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht [Name] vom 26.11 2015 - zugestellt am 02.12.2015 - ist die Beklagte zur Zahlung von 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.03.2015 verpflichtet worden. Hiergegen hat sie mit am 09.12.2015 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.


    Die Klägerin beantragt,
    den Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Coburg vom 26.11.2015 ([Aktenzeichen]) aufrechtzuerhalten.



    Die Beklagte beantragt,
    den Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Coburg vom 26.11.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte behauptet:

    Sie sei für die angeblich über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung nicht verantwortlich. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass die Beklagte einen WLAN-Router mit Verschlüsselung verwende; den Zugang teile sie sich mit ihren Mitbewohnern. Trotz Beachtung aller Sicherheitsanforderungen könne sie es naturgemäß nicht vollständig ausschließen, dass möglicherweise Dritte den Zugang missbräuchlich genutzt hätten.

    Die Beklagte halt die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten für überhöht.



    Entscheidungsgründe

    Aufgrund des form- und fristgemäßen Einspruchs der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid ist der Prozess in die Lage vor deren Säumnis zurückversetzt worden (§§ 700, 338 ff, 342 ZPO) Der Einspruch führt jedoch nicht zu einer Abänderung des Vollstreckungsbescheides.

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens des Filmwerks[Name] auf einer Internet-Tauschbörse in der geltend gemachten Höhe.

    Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Filmwerk, bei dem es sich um ein geschütztes Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG bzw. um ein Filmwerk, an dem Leistungsschutzrechte gemäß §§ 88, 89 UrhG bestehen, handelt, aktivlegitimiert.

    Die Beklagte ist als Täterin der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzung anzusehen.

    Das Filmwerk ist gemäß § 19 a UrhG von ihrem Internetanschluss aus öffentlich zugänglich gemacht worden. Die ist unbestritten geblieben und ist zudem aufgrund der Mehrfachermittlungen als sicher anzusehen.

    Steht aber fest, dass die Urheberrechtsverletzung über einen bestimmten Internetanschluss begangen wurde, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber, von dessen Anschluss aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, GRUR 2010, 912, "Sommer unseres Lebens"), hier mithin die Beklagte. Diese Vermutung beruht auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert.

    Aus dieser tatsächlichen Vermutung ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast der Anschlussinhabers, der geltend macht, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Die Annahme kann mithin erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt werden, wenn der Anschlussinhaber Umstände darlegt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt (BGB, a.a.O., LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, recherchiert unter juris).

    Einen solchen anderen Geschehensablauf hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt Sie trägt insoweit lediglich vor, sie selbst habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen, in Betracht kämen Dritte, wohl insbesondere ihre "Mitbewohner". Damit hat die Beklagte nicht im Ansatz substantiiert zu einem alternativ in Betracht kommende Geschehensablauf vorgetragen. Sie legt weder dar, um wen es sich bei den "Mitbewohnern" handelte (Name? Alter? Beziehung zur Beklagten?), noch auf welche Weise diese Zugang zu dem Internetanschluss hatten, oder welche PCs, Laptops etc. in dem Haushalt vorhanden waren. Zu den konkreten Tagen fehlt ebenfalls jeglicher Vortrag.

    Unbekannte Dritte scheiden schon deswegen aus, weil der Internetanschluss nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ausreichend gesichert war und ein unberechtigter Zugriff von außen unter diesen Umständen nicht plausibel ist. Damit bleibt es bei der Vermutung der Täterhaftung der Beklagten als Anschlussinhaberin. Von einer schuldhaften Verletzung des Urheberrechts ist ebenfalls auszugehen.

    Der Höhe nach ist die Klägerin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG zu berechnen. Für diese Art der Schadensberechnung ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 3 Aufl., § 97 Rn. 61 m.w.N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein branchenüblicher Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt. Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 600,00 EUR für einen erfolgreichen Kinofilm nicht nur angemessen, sondern eher niedrig, § 287 ZPO. Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes des streitgegenständlichen Werks geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche den geltend gemachten Betrag jedenfalls nicht unterschreitet.

    Des Weiteren schuldet die Beklagte die durch die Einschaltung von Rechtsanwälten angefallenen Abmahnkosten, und zwar sowohl als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, als auch als Aufwendungsersatz gemäß § 97a UrhG a F. Die Abmahnung war begründet, da die mit ihr gerügte Rechtsverletzung tatsächlich gegeben war. Sie war auch berechtigt, da sie objektiv erforderlich war, um dem Beklagten den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen.

    Die insoweit geltend gemachten 506,00 EUR sind höhenmäßig nicht zu beanstanden. Eine Deckelung gemäß § 97a Abs. 2 UrhG kommt nicht in Betracht, da es sich weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handelt. Das Anbieten eines erfolgreichen Kinofilms stellt nicht ansatzweise einen Bagatellverstoß dar. Auch handelt es sich bei den Filesharing-Fallen nach einhelliger Rechtsprechung im Hinblick auf den Arbeitsaufwand nicht um einfach gelagerte Fälle.

    Der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ist angemessen. Dies begründet bei Ansatz einer angemessenen 1,0 Geschäftsgebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 506,00 EUR.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Charlottenburg, Urteil vom 22.03.2016, Az. 206 C 585/15,
Vollstreckungsbescheid
Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid,
Klage Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflicht

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#10623 Beitrag von Steffen » Samstag 9. April 2016, 09:55

WBS-Law: Filesharing Sieg am Amtsgericht Köln - Vater braucht Zugang von Angehörigen nicht zu beweisen!


09:55 Uhr


Die Kanzlei Negele hat in einem aktuellen Filesharing Verfahren vor dem Amtsgericht Köln eine Niederlage einstecken müssen. Wir konnten unseren Mandanten erfolgreich von dem Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing entlasten.


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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.

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Bericht

Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... sen-67010/


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Ein Familienvater hatte von der Kanzlei Rechtsanwälte Negele, Zimmel u.a. eine Abmahnung wegen Filesharing im Auftrag der M.I.C. Mircon International Content Management & Consulting Ltd. aus Zypern bekommen. In der Abmahnung wurde ihm vorgeworfen, dass er zwei Pornofilme illegal über eine Tauschbörse im Internet verbreitet haben soll.

Der abgemahnte Anschlussinhaber war jedoch nicht bereit, für die Abmahnkosten sowie den geforderten Schadensersatz aufzukommen. Er verwies darauf, dass er die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat. Darüber hinaus brauchte er vor, dass seine Frau sowie seine beiden volljährigen Kinder ebenfalls Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt haben.

Das Amtsgericht Köln wies die Klage des Rechteinhabers - die auf Zahlung von insgesamt 2.303,60 Euro zuzüglich Zinsen gerichtet war - mit Urteil vom 04.04.2016 (Az. 137 C 362/15) ab.

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer angeblich begangenen Urheberrechtsverletzung nach § 97 UrhG scheidet gegen den abgemahnten Vater aus. Denn in einem Mehrfamilienhaushalt erscheint bereits fragwürdig, ob gegen den Anschlussinhaber überhaupt die Vermutung der Täterschaft besteht.



Filesharing: Täterschaftsvermutung ist lebensfremd

Denn es entspricht hier der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Anschlussinhaber seinen bei ihm lebenden Familienangehörigen - wie Ehegatten und Kindern - den Zugang ermöglicht. Selbst wenn man hier anderer Auffassung ist - und auch bei einem Familienanschluss von einer Täterschaftsvermutung hinsichtlich des Anschlussinhabers ausgeht, so ist diese hier hinreichend erschüttert worden.



Vater hat sekundärer Darlegungslast genügt - Kein Beweis erforderlich

Denn der Anschlussinhaber ist hier ausreichend seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Hierzu reicht es aus, dass er die Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten hinreichend plausibel dargelegt hat. Zu Recht verweist das Amtsgericht Köln in diesem Zusammenhang darauf, dass der Familienvater nicht die Beweislast dafür trägt, dass Angehörige seinen Anschluss nutzen konnten. Eine andere Sichtweise ist nicht vertretbar, weil dies der gesetzlichen Beweislastverteilung widerspricht. Hiernach muss normalerweise der Rechteinhaber nachweisen, dass der abgemahnte Anschlussinhaber Filesharing begangen hat.



Keine Belehrungspflicht gegenüber Erwachsenen

Eine Heranziehung wegen der Abmahnkosten im Wege der so genannten Störerhaftung scheidet ebenfalls aus. Denn dem Anschlussinhaber ist normalerweise nicht zuzumuten, dass er seine volljährigen Familienangehörigen belehrt oder den Zugriff auf seinen Internetzugang sicherheitshalber untersagt.



Fazit

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Köln ist zu begrüßen. Sie steht auch nach unserer Rechtsauffassung im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im so genannten BearShare Fall (Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12) sowie der Entscheidung Tauschbörse III (Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14). Bereits mehrfach haben Gerichte festgestellt, dass Anschlussinhaber die von ihnen vorgetragenen Tatsachen - die die Täterschaftsvermutung infrage stellen - nicht zu beweisen brauchen. Dies ist gerade in den Fällen von großer Bedeutung, in denen Eltern eine Abmahnung wegen Filesharing ihrer Kinder bekommen haben. Allerdings ist diese Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt. (HAB)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Köln - Urteil vom 04.04.2016 - Az. 137 C 362/15,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Kanzlei Rechtsanwälte Negele, Zimmel u.a.,
sekundäre Darlegungslast,
M.I.C. Mircon International Content Management & Consulting Ltd.

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Berufungsrücknahme WF (WG)

#10624 Beitrag von Steffen » Samstag 9. April 2016, 13:54

Rechtsanwalt Robin Neuwirth:
Die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer
nimmt Berufung zurück!
(Wohngemeinschaft)




13:55 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Rechtsanwalt Robin Neuwirth

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Bericht

Link: http://www.anwalt.de/rechtstipps/filesh ... 80720.html


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Filesharing: Keine Haftung für Bewohner von Wohngemeinschaften

Das Amtsgericht Leipzig hatte mit Urteil vom 16.06.2015 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht für eine über dessen Internetanschluss begangene Urheberrechtsverletzung haftet, wenn es sich um den Anschluss einer Wohngemeinschaft handelt.

In dem vom Amtsgericht Leipzig entschiedenen Fall hatte die Beklagte zum Zeitpunkt der angeblichen Rechtsverletzung zusammen mit einer Freundin in einer Wohnung gewohnt. Zudem befand sich auf der gleichen Etage noch eine zweite Wohnung, in der drei weitere Freunde der Beklagten wohnten. Zusammen mit der Freundin habe die Beklagte einen Internetanschluss des Anbieters "Kabel Deutschland" betrieben. Der Internetanschluss sei dann gemeinsam mit den drei weiteren Freunden betrieben worden. Der W-LAN Router habe in der Wohnung der Beklagten gestanden und sei mittels Passwort gesichert gewesen. Die Beklagte hatte die Namen ihrer damaligen Mitbewohner benannt und diese auch zum Sachverhalt befragt.



Nachforschungspflicht ist erfüllt

Das Amtsgericht Leipzig hatte entschieden, dass die Beklagte damit ihrer Nachforschungspflicht genügt hat. Die Beklagte habe die sekundäre Darlegungslast erfüllt, sodass keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft der Beklagten bestehe. Daher liege keine Urheberrechtsverletzung vor, mit der Folge, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Erstattung von Rechtsverfolgungskosten habe.



Waldorf Frommer legt Berufung ein

Wie die Rechtsanwälte Grundmann Häntzschel berichten, legte die Kanzlei Waldorf Frommer gegen das Urteil beim Landgericht Leipzig Berufung ein (Az. 05 S 372/15). Nachdem das Landgericht Leipzig dann offenbar in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gab, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen, nahm Waldorf Frommer die Berufung zurück. Das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts Leipzig ist damit rechtskräftig.



Fazit

Anschlussinhaber, die in einer Wohngemeinschaft leben und eine Abmahnung wegen Filesharing erhalten, sollten nicht vorschnell handeln und stattdessen fachkundigen anwaltlichen Rat einholen. In derartigen Fällen bestehen für den Abgemahnten häufig gute Verteidigungsmöglichkeiten.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Wohngemeinschaft,
Klage Waldorf Frommer,
WG,
Rechtsanwalt Robin Neuwirth,
Berufungsrücknahme durch Waldorf Frommer,
Berufungsrücknahme WF (WG)

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Gerichtsstandort München

#10625 Beitrag von Steffen » Sonntag 10. April 2016, 15:12

Factum: München ermisst konsequent gemäß der Rechtsprechung des BGH!



15:10 Uhr



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Initiative AW3P
z.H. Herr Steffen Heintsch
An der Kirche 11 / 07343 Wurzbach/Thüringen
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E-Mail: steffen@abmahnwahn-dreipage.de / Web: http://www.abmahnwahn-dreipage.de/
Blog: http://www.aw3p.de/ / http://www.initiative-abmahnwahn.de/


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



[col]Seite 1

Es ist immer wieder zu lesen, das der Gerichtsstandort München nicht die Rechtsprechung des BGH umsetzt; eng verbandelt mit der Unterhaltungsindustrie sei; in Bayern nicht nur bei Horst Seehofer die Uhren anders ticken; man ein Sippenhaftungs-Standort wäre; Gelegenheitsgutachten anordne bzw. akzeptiere; keine Ahnung von der ultrakomplizierten P2P-Technik besäße; zu überzogene Anforderungen mit "Detailliertheit und Plausibilität" stelle usw. usf. Nur sollte man sich dann einmal die Frage stellen und vor allem sachlich beurteilen, ob es wirklich den Tatsachen entspricht, oder wir unsere (vorsichtig ausgedrückt) Defizite dahinter verbergen wollen bzw. einem anderen als sich selbst den "Schwarzen Peter" zuschieben.



Factum: München ermisst konsequent stur, gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Blenden wir aus der weiteren Betrachtungsweise den geografischen Standort aus, bleiben an Kritikpunkten aus - unserer - Sichtweise,
  • a) keine nennenswerte Siege;
    b) zu strenge Rechtsprechung;
    c) überzogene Anforderungen an den Beklagten mit "Detailliertheit und Plausibilität";
    d) lebensfremde richterliche Denklogik;
    e) fehlende Kenntnisse der hoch komplizierten P2P-Techink (Gelegenheitsgutachten)

2010, einmal vielen belächelt, andermal aber nicht immer verstanden, legte der Bundesgerichtshof (BGH) seinen Kurs bei Filesharingfällen fest. Vom "Sommer unseres Lebens", "Morpheus" über "BearShare" bis hin zu "Tauschbörse III" wurde dieser fortgeführt und stetig ausgebaut. Denn der BGH soll als höchste Instanz z.B. in Zivilverfahren das Recht wahren und fortbilden.



Welchen Kurs liegt bei Filesharing-Fälle in Karlsruhe an?

Spätestens mit dem BGH-Entscheid: "Tauschbörse III" sollte eigentlich für jeden klar und deutlich sein, das der BGH die Verteidigung gegen den erhobenen Vorwurf auf zwei Rechtsinstitute ("Täterschaftsvermutung" / sekundäre Darlegungslast) dogmatisiert und deren Anforderungen stetig konkretisiert. Sicherlich bleiben hier noch viele Fragen offen, aber es wird deutlich, ein pauschaler Sachvortrag wird in der "Zeitrechnung nach BB"nicht mehr ausreichen, wenn der beklagte Anschlussinhaber (AI) seiner sekundären Darlegungslast gerecht werden will.



Grundlage: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast


I. Tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des AI

Grundlage
  • Vermutung!

  • - ist der AI selbst nicht Täter, muss er die gegen ihn streitende tatsächliche Vermutung seiner Verantwortlichkeit für den Vorwurf entkräften;
    - Anscheinsbeweis;
    Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der AI seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft - bewusst und alleine - kontrolliert
Beachte
Wird mittels Sachvortrag die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig höchstrichterlich dann, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung,
  • a) nicht hinreichend gesichert war;
    b) bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde

Das heißt
  • a) der AI muss seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten und als möglicher Täter infrage kommen können, oder das sein Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war;
    b) wird die tatsächliche Vermutung vom AI nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der AI Verantwortlich für die Rechtsverletzung gemacht werden kann und somit als Täter haftbar (verschuldensunabhängig).

Hinweis
In einem sog. Single-Haushalt oder bei fehlenden Mitnutzern i.V.m. einem hinreichend gesicherten Internetanschluss wird der Anscheinsbeweis bestehen bleiben.



II. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Grundlage
  • Bewältigung von Wissens-, Wahrnehmungs- sowie Informationsdefiziten


  • - kein typischer Geschehensablauf ausreichend;
    - die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger) ;
    - der Gegner der beweisbelasteten Partei (AI) hat - allein - über die die Kenntnisse über Tatumstände und kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit - zumutbarem - Aufwand verschaffen
Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung


Das heißt
  • a) Beweislast bleibt beim Kläger, der AI muss nicht beweisen, das er nicht Verantwortlich für den Vorwurf ist;
    b) bei Mitnutzer ist ein pauschaler Sachvortrag zur theoretischen Möglichkeit,
    • aa) des Internetzugriffs;
      ab) eines Tauschbörsenbesuches
    nicht mehr ausreichend
    c) es kommt konkret auf die Situation am Internetzugang zum Vorwurf an;
    d) Kommt der AI der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen - auch wenn diese nicht bewiesenen sind - im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen;
    e) Kommt der AI seiner sekundären Darlegungslast nach, ist es wieder an den Kläger, darzulegen und vor allem zu beweisen wer der wahre Täter ist

Und nein, diese Grundlagen wurden mir von keinem Ghostwriter vorgegeben oder schon gar nicht selbst kreiert. Dieses kann jeder selbstständig - der will - in den BGH Entscheidungen zu Filesharing-Fällen nachlesen.

  • BGH - Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 -"Sommer unseres Lebens"
    BGH - Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 - "Morpheus"
    BGH - Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
    BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"
    BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14 - "Tauschbörse II"
    BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"

Nur stellt dieses wahrscheinlich ein großes Problem dar. Denn Anwälte, "Foren-Experten" und selbst Beklagte lesen und propagieren bei dem BGH Entscheid "BearShare" nur zwei Sätze
  • (...) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. (...)
  • (...) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. (...)
Alle anderen aus den Zusammenhang gerissene Entscheidungsgründe sind unwichtig für uns. Denn schon ein kleines Stück weiter - weit ab unserer Aufmerksamkeit - steht
  • (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)


Tatsächlichen Vermutung = Anscheinsbeweis?

Nun werden die meisten aufmerksamen Leser denken, das die tatsächliche Vermutung der Verantwortung für den Vorwurf kein Anscheinsbeweis wäre, sondern nur eine vom BGH aufgestellte lebensfremde und strittige Vermutung. Ich glaube hier liegt man falsch, denn in den Grundsatzentscheidungen aus Karlsruhe steht es doch schwarz auf weiß.


BGH - Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens"
  • (...) Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. (...)

BGH - Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 - "Morpheus"
  • (...) Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (...)

BGH - Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
  • (...) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. (...)

BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - "Tauschbörse III"
  • (...) Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. (...)

Und man sollte bitte einmal davon abgehen, das vielleicht ein Amtsgericht "A" oder ein Landgericht "B", ein Anwalt "C" oder ein "Foren-Experte "- wie zum Beispiel "hoffnung2" - dieses nicht so sehen können oder wollen. Die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für den Vorwurf basiert auf der Annahme eines typischen Geschehensablaufs, nämlich das typischerweise der Anschlussinhaber derjenige ist, der seinen Anschluss nutzt und daher für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (Weber / Dombrowski, ZUM 2016, 380 - "Sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing"). Es geht um keine Beweislastumkehr, wie eben oft propagiert. Der Anscheinsbeweis ist zwar nicht legaldefiniert, aber in den regelmäßigen Begriffserläuterungen liest man,

Anscheinsbeweis [lat.: "prima-facie"; dtsch.: "auf dem ersten Blick"]:
Wenn ein Sachverhalt erfahrungsgemäß auf einen bestimmten typischen Geschehensablauf hindeutet und diesen somit beweist. Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis des atypischen Kausalverlauf [völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten ist] erschüttert werden."
Seite 1|Seite 2


Nur ein Beispiel aus Filesharing-Klage-Tagen vor dem BGH - Urteil vom 12. 05. 2010 - I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens


Amtsgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 12.08.2009 - Az. 31 C 1738/07-17
  • (...) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Ein Anscheinsbeweis setzt voraus, dass ein Sachverhalt vorliegt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 29.06.1982, VI ZR 206/80, zitiert nach Juris). Der Beklagte hat - insoweit von der Klägerin unwidersprochen - vorgetragen, dass der Internetanschluss nicht nur von ihm, sondern auch von seinem Sohn genutzt wird. Zudem wohnt der Beklagte nicht allein, sondern zusammen mit seinem Sohn und seiner Ehefrau. Nutzt der Inhaber des Anschlusses diesem jedoch nicht alleine, kann nicht angenommen werden, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass gerade der Inhaber des Internetanschlusses diesen zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung genutzt und die Rechtsverletzung begangen hat (so im Ergebnis auch LG Mannheim, Beschluss vom 25.01.2007, 7 O 65/06, zitiert nach Juris).
    (...)
    Selbst wenn man einen Anscheinsbeweis annehmen wollte, hätte der Beklagte diesen entkräftet. Nach dem Ergebnis per Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht selbst begangen hat. (...)
Quelle: http://www.aufrecht.de/urteile/urheberr ... 07-17.html


Und für die noch Skeptiker, dieser Anscheinsbeweis bzw. tatsächliche Vermutung der Verantwortung des Anschlussinhabers für den Vorwurf ist nichts für Filesharing extra Erfundenes, sondern gang und gäbe im Zivil- und Strafrecht. Zwei von vielen Beispielen,


Kammergericht Berlin - Hinweisbeschluss vom 20.11.2013 - Az. 22 U 72/13 - "Auffahrunfall"
  • (...) Kommt es im Straßenverkehr zu einem Auffahrunfall, so spricht die allgemeine Lebenserfahrung und damit ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende den Unfall verschuldet hat. Dieser Anscheinsbeweis kann nur dadurch erschüttert werden, dass der Auffahrende das Vorliegen eines untypischen Unfallhergangs darlegt. (...)
Quelle: http://openjur.de/u/673674.html


Oberlandesgericht Celle - Urteil vom 27.02.2004 - Az. 9 U 220/03 - "Glatteis"
  • (...) Denn bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat (...). Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist es bei einem Glatteisunfall zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. (...)
Quelle: http://openjur.de/u/303142.html



München: Sippenhaft und Gelegenheitsgutachten!?

Wenn man sich jetzt mit der Rechtsprechung des Gerichtsstandortes München zu Filesharing-Fälle vertraut macht, wird schnell deutlich, das hierzu Einheitlichkeit vorherrscht,

Abmahner (allgemein):
  • - Konsequente und fortführende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes;
    - München verlangt nichts Unmögliches;
Abgemahnte (allgemein):
  • - München ermisst nicht gemäß den BGH Entscheiden zu Filesharing;
    - Ermessensgrundlage der Münchener Richter zu streng, bis hin als Überzogen;
    - Sippenhaft-Urteile;
    - Gelegenheitsgutachten i.V.m. fehlendes Technikverständnis on Detail;
    - Geklüngel (Golf- und Porsche-Club Member) usw. usf.

Erschwerend für meine Sichtweise, das eben andere Gerichtsstandorte - insbesondere Amts- und Landgerichte - eine andere Ermessensfrage zugrunde legen, entweder richtig oder falsch die Gesetze und höchstrichterliche Rechtsprechung umsetzen. Und, die Richter mögen mir alten Narr verzeihen, wird mit unterschiedliche Ellen gemessen bei einmal einem Klageverfahren hinsichtlich der Kanzlei "BaumgartenBrandt", andermal bei den Kanzleien "Waldorf Frommer", "Rasch Rechtsanwälte" oder ".rka Rechtsanwälte". Diese Beobachtung entspricht aber meiner rein persönlichen Meinung und ist nicht bewiesen.


Ein aktuelles Beispiel (LG Saarbrücken - Beschluss vom 18.03.2016 - Az. 7 S 16/15). Hier handelt es sich um ein Berufungsverfahren am Gerichtsstandort Saarbrücken der Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt". Ehe man mir wieder etwas unterstellt. Ich möchte weder jemand bloßstellen, lächerlich machen oder anderes Böses unterstellen, noch anwaltliche Tätigkeit angreifen. Also weiter ...


Amtsgericht
  • - AI: nutzt keinen PC aufgrund eines Augenleidens - Täter: nein; benennt Mitnutzer (Ehefrau, 2 volljährige Söhne)
    - Mitnutzer: Täter: nein

Landgericht
  • - AI kam seiner sekundären Darlegungslast nach, indem er seine Täterschaft bestritt und namentlich 3 Mitnutzer benannte.
    - Nach dem BGH besteht eine Nachforschungspflicht, hierzu hätte gehört ,das der AI die Mitnutzer konkret befragt, ob diese den Streitgegenstand in einer Tauschbörse heruntergeladen hätten.
    - Aber, der AI hatte nach der Abmahnung die Mitnutzer zur Abmahnung befragt, alle drei hätten eine Tauschbörsenbenutzung bestritten = Nachforschungspflicht wurde nachgekommen


Münchner Prinzip: Detailliertheit und Plausibilität

Wenn wir jetzt den Hinweisbeschluss der Saarbrücker Landesrichter mit denen aus München vergleichen, wird eines überdeutlich. In München fragen sich jetzt die Richter: "AI bestreitet und benennt Mitnutzer = kein Täter - Benannte Mitnutzer bestreiten = keine Täter - wer war es denn dann, wenn der Anscheinsbeweis (Rechtsverstoß) im Raum steht?" Ist dies überzogen, zu streng, lebensfremd, entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung? Nein!


Der BGH gibt es doch glasklar - zumindest hierzu - vor, indem er zur sekundären Darlegungslast sagt,


BGH - Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare"
  • (...) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...)

Das heißt doch nichts anderes,
  • 1. Mit Ermittlung des Rechtsverstoßes / Beauskunftung der Person hinter der P2P-IP-Adresse besteht der Anscheinsbeweis, das erst einmal diese - der AI als einziger ermittel- und zuordenbar (nicht der wahre Verursacher = Filesharer) - für den Rechtsverstoß verantwortlich ist;
    2. Diesen Anscheinsbeweis kann er nach regelmäßiger Rechtsprechung erschüttern, wenn er vorträgt,
    a) (...) wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (...);
    b) (...) wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (...);
    3. Hieraus ergibt sich die sekundäre Darlegungslast des AI, die er gerecht wird, wenn er vorträgt,
    (...) ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (...);
    Hinweis: zumutbare Nachforschungspflicht;
    4. Dabei kommt es aber nicht,
    (...) auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt (...);
    5. Wird der sekundären Darlegungslast nicht genüge getan, spricht wieder Anscheinsbeweis, das der AI für den Rechtsverstoß verantwortlich ist;
    6. Und ja,
    (...) Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. (...)

Deshalb ist es eben so, werden Mitnutzer benannt und bestreiten diese die Tat - es wird kein anderer Geschehensablauf das jemand anderer als der bestreitende AI als Täter infrage kommt aufgezeigt - dann muss der AI die Täterschaft eingestehen. Jeder Anwalt und "Foren-Experte" wird jetzt laut vor Empörung aufrufen, aber es ist und bleibt denklogisch. Und wenn jetzt man nach zusätzlich aufzählt,
  • - "gruslige" Sachvorträge seitens der Beklagten;
    - Anpassung der Verteidigungsstrategie des Beklagten hinsichtlich den Hinweisen der Gerichte;
    - Verteidigungswechsel des Beklagten zwischen Erst- und Berufungsgericht
dann liegt es nicht an München, sondern an unseren Defiziten bzw. Unfähigkeit mit den Gesetzen, Rechtsschriften und Rechtsprechung zurecht zu kommen. Und hier mit Rechtsprechung meine ich nicht nie der Amtsgerichte, sondern die Rechtsprechung des BGH


Nach dem BGH Entscheid: "BearShare" wurde eindeutig auf AW3P gesagt, das niemand weiß in welche Richtung die Rechtsprechung sich hinbewegt. Es kommt vor Gericht nicht an zu erzählen was alles möglich sein hätte können, sondern wie es letztendlich war. Und seit dem BGH Entscheid: "Tauschbörse III" muss jeder erkennen, das mit einem pauschalen Sachvortrag zu keiner Klageabweisung mehr kommt, außer vielleicht wenn der Kläger von der Kanzlei "BaumgartenBrandt" vertreten wird. Punkt.



AW3P = AfD-Wahlwerber bzw. -helfer und pro dehortator!


Mir persönlich ist es egal, ob irgend jemand mich auf eine bestimmte Schiene (AfD) stellt, oder einer Schublade (lat.: "dehortator"; dtsch.: "Abmahner"; "Deutsch-lateinisches Handelslexikon", Auflage 1807, Georg Heinrich Lünemann) zuordnen möchte solange die Realität meine Sichtweise nicht widerlegt. Ich würde sofort meine Sichtweise ändern und Fehler eingestehen. Wer aber jetzt wirklich hofft, das der BGH Termin am 12.05.2016 (I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) neue revolutionäre Erkenntnis - zumindest aus unserer Sicht - bringt, wird wohl erneut auf Sand gebaut haben. Warum sollten die Bundesrichter ihren Kurs (I ZR 121/08 , I ZR 74/12, I ZR 169/12, I ZR 19/14, I ZR 7/14 und I ZR 75/14) gerade 2016 ändern. Weil wir nicht in München obsiegen? Das wäre zu einfach gestrickt gedacht.

Der Erfolg bei der Verteidigung hängt davon ab, je eher man die die zwei Rechtsinstitute (Anscheinsbeweis, sekundäre Darlegungslast) on Detail verinnerlicht und einen qualitativen und vor allem plausiblen Sachvortrag tätigt, um dem gegenüber den Beklagten erhobenen Vorwurf zu exkulpieren. Beide Rechtsinstitute müssen dogmatisch getrennt werden. Sie bestehen unabhängig von einander und sind - im Zivilverfahren - auf verschiedene Ebenen relevant aufgrund verschiedener Ursachen, Zwecke und Rechtsfolgen (Weber / Dombrowski, ZUM 2016, 380 - "Sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing"). Und man muss es mit aller Deutlichkeit sagen, wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast ausreichen nachkommt, dann liegt die Beweislast wieder beim Kläger.

Seite 2[/col]


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Steffen Heintsch für AW3P


Bild


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Rechtsinstitute: Anscheinsbeweis und sekundäre Darlegungslast,
tatsächliche Vermutung,
sekundäre Darlegungslast,
Anscheinsbeweis,
Verteidigung in Filesharing-Fälle,
Detailliertheit und Plausibilität

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Steffen
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#10626 Beitrag von Steffen » Montag 11. April 2016, 17:10

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Anschlussinhaber in Filesharing Verfahren - Vorlage einer bloßen schriftlichen Erklärung des behaupteten Verursachers verspricht keinen Erfolg!


17:10 Uhr



Der Beklagte hat in diesem Verfahren behauptet, er selbst habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Diese sei vielmehr durch seinen minderjährigen - in Bosnien-Herzegowina lebenden - Neffen während eines Besuchs verursacht worden. Der Neffe spreche kein Deutsch und es sei auch nicht zu erwarten, dass dieser für eine Beweisaufnahme nach Deutschland reisen würde.



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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ht-keinen/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 321_15.pdf



Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser



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Der Beklagte hat daher eine in deutscher Sprache verfasste Kopie einer Erklärung vorgelegt, in der sich eben dieser Neffe vermeintlich für die Rechtsverletzung verantwortlich erklärte. Dies hat dem Gericht jedoch nicht gereicht, um eine Haftung des Beklagten entfallen zu lassen. In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht insoweit aus, dass der Beklagte keinen vom üblichen Verlauf abweichenden Sachverhalt unter Beweis gestellt habe.

Für den Vortrag, dass der Neffe den Verstoß begangen haben soll - und damit einhergehend eine Zugriffsmöglichkeit auf den betreffenden Internetanschluss hatte - ist der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Dieser Beweis konnte nicht geführt werden, da der Beklagte selbst eine Anreise des Neffen ausgeschlossen habe. Eine Vorführung aus Bosnien-Herzegowina habe der Beklagte nicht beantragt.

Auch die vorgelegte schriftliche Erklärung kann nicht als taugliches Beweismittel verwertet werden. Denn durch die bloße Vorlage dieser Erklärung, habe der Beklagte keinen Beweis für deren inhaltliche Richtigkeit geführt. Zudem sei zu befürchten, dass der Neffe - sofern er tatsächlich Verfasser dieser Erklärung sei - nicht gewusst habe, was er eigentlich unterzeichnet, da der Beklagte selbst dargelegt hatte, dass der Neffe die deutsche Sprache nicht verstehe.

Gegen den angesetzten Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR für die illegale Verbreitung eines Filmwerkes sowie die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506,00 EUR hatte das Gericht keinerlei Bedenken:
  • "Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs sind Lizenzschäden von 200,00 EUR je Titel nicht unangemessen. Insofern erscheint vorliegend bei 17 Titeln ein Lizenzschaden von 450,00 EUR sicher nicht überhöht."
Auch den angesetzten Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR sowie die in Ansatz gebrachte 1,0 Geschäftsgebühr wurden vom Gericht als angemessen angesehen.
  • "Der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Albums und Geltendmachung des Lizenzschadens ist angemessen und entspricht ständiger Rechtssprechung. Die in Ansatz gebrachte 1,0-fache Gebühr ist ebenfalls angemessen. Die Abmahnung stellt kein einfaches Schreiben dar."



Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 10.03.2016, Az. 218 C 321/15

  • (...) hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 218, auf die mündliche Verhandlung vom 11.02.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

    • 1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 13.08.2015, AZ. bleibt aufrecht erhalten.
      2. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die vorläufige Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen ihn beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Die vorläufige Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages fortgesetzt werden.



    Tatbestand

    Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz wegen eines Urheberrechtsverstoßes in Anspruch.

    Die Klägerin ist Herstellerin und Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Musik-Album [Name] von[Name]. Unstreitig befindet sich auf der entsprechende DVD sowie auf dem Inlett unter der Bezeichnung der einzelnen Stücke ein entsprechender ©-Vermerk zu ihren Gunsten (Anlage K1 = BI. 53, 54).

    Das Album wurde - letztlich unstreitig - am [Datum] von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP-Adresse] innerhalb einer sog. Tauschbörse zum Download angeboten. Diese IP-Adresse war zu diesen Zeitpunkten dem Beklagten zugeordnet, wie sich aus den Auskünften der [Name Provider] (Anlage K 2-1 uns 2-2 = BI. 55, 56) aufgrund des Beschlusses des LG [Name] vom [Datum] (Anlage K 4 - 1 = BI. 65 - 67) ergibt.

    Unstreitig hat der Beklagte auf die Abmahnung vom [Datum] (Anlage K 4 - 1 = BI. 58 - 62) die vorformulierte Unterlassungserklärung (Anlage K 4 - 1 = BI. 68) abgegeben.

    Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

    Am 13.08.2015 hat das Amtsgericht [Name] Vollstreckungsbescheid erlassen über Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR und Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR sowie Zinsen und Kosten. Hiergegen hat der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.


    Die Klägerin beantragt,
    den Vollstreckungsbescheid des AG [Name] vom 13.08.2015 aufrecht zu erhalten.


    Die Beklagte beantragt,
    den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.


    Nachdem er zunächst bestritten hatte, jemals das entsprechende Album auch nur besessen zu haben, trägt er nunmehr vor, er selbst habe es geschenkt bekommen und an seinen vom [???] auf Besuch in seiner Wohnung weilenden Neffen, den als Zeugen benannten [Name] weiter geschenkt. Dieser habe Filesharing-Software auf seinem persönlichen Rechner installiert gehabt und könne nicht ausschließen, dass auf das ebenfalls auf dem Rechner gespeicherte Album von außerhalb zugegriffen worden sei. Zum Beleg reicht der Beklagte die Kopie einer entsprechenden, in deutscher Sprache abgefassten Erklärung des Zeugen (BI. 110) zur Akte. Auf die Frage des Gerichts, wie man den Zeugen in Bosnien-Herzegowina lebenden Zeugen nach Berlin laden könne, antwortete der Beklagte, er halte es für ausgeschlossen, dass der Zeuge zu einer Vernehmung in Berlin erscheinen werde.



    Entscheidungsgründe

    Der Vollstreckungsbescheid war aufrecht zu erhalten, da die zulässige Klage auch in vollem Umfang begründet ist.

    Der Klägerin stehen die geltend gemachten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche aus §§ 97 Abs. 2, 97a UrhG zu, da der Beklagte als Täter für die Rechtsverletzung haftet.


    1.

    Der Beklagte haftet als Täter aus § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz.


    a)

    Wie im Termin vom 11.02.2016 unstreitig geworden ist, ist die Klägerin Herstellerin und Inhaberin der Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Album. Der Beklagte hat sein diesbezügliches Bestreiten nach Einsichtnahme in die Gerichtsakte aufgegeben und die Aktivlegitimation unstreitig gestellt.


    b)

    Das Gericht ist auch von der Richtigkeit der Ermittlungen überzeugt. Hier bilden die Auskünfte des Internetserviceproviders, ein derart starkes Indiz, dass ernsthaften Zweifeln Schweigen geboten wird. Es ist nicht nachvollziehbar, dass vorliegend zu mindestens 3 verschiedenen Zeitpunkten der Anschluss nach Angaben des Internetserviceproviders, der ja Vertragspartner des Beklagten ist, diesem zuzuordnen war, ohne dass die vorgetragenen Verstöße auch zutreffen würden. Der Beklagte hat jedenfalls die Indizien nicht widerlegen und die daraus folgende Vermutung nicht erschüttern können. Das Gericht berücksichtigt dabei, dass durchaus Ermittlungen fehlerhaft sein können und ebenso die späteren Auskünfte. Dafür spricht vorliegend allerdings nichts. Hier kommt dann noch dazu, dass auch nach dem Sachvortrag des Beklagten sowohl das Album auf dem Rechner des Neffen als auch entsprechende Filesharing-Software vorhanden waren.


    c)

    Für diese Rechtsverletzung haftet der Beklagte als Täter, weil er keinen vom üblichen Verlauf abweichenden Sachverhalt unter geeigneten Beweis gestellt hat.

    Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 08. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare).

    Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerseite als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris).

    Diese Vermutung hat der Beklagte nicht erschüttert. Er selbst hatte grundsätzlich durchaus Zugriff auf seinen Computer und den Internetanschluss. Dass nach Behauptung des Beklagte dessen Neffe den Verstoß - möglicherweise - begangen haben soll, ändert daran nichts. Denn auch nach den o.g. Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast ist der Beklagte dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass überhaupt Dritte Zugriff auf seinen Internetzugang hatten. Allein die Behauptung, es gebe solche Personen, reicht als pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf den Internetanschluss zur Erschütterung der Vermutung nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III, Rn. 42, juris).

    Zur Erschütterung einer Vermutung ist es vielmehr erforderlich, die Tatsachen, aus denen sich die Erschütterung ergeben soll, auch zu beweisen, wenn sie denn bestritten sind. Das ist vorliegend der Fall. Die Klägerin hat die Zugriffsmöglichkeit des Neffen bestritten, und zwar sowohl hinsichtlich seiner Anwesenheit in der Wohnung des Beklagten als auch hinsichtlich der Gewährung von Zugang zum Internetanschluss.

    Soweit man den Sachvortrag des Beklagten als hinreichend substantiiert ansehen wollte, hätte er allerdings keine hinreichenden Beweismittel für seine Behauptung bezeichnet.

    Seinem Angebot auf Parteivernehmung kann gemäß § 447 ZPO nicht nachgegangen werden, da es an der erforderlichen Zustimmung der Klägerin fehlt. Seine persönliche Anhörung im Termin stellt nur einfachen Sachvortrag dar, nicht aber eine Beweisaufnahme.

    Die behauptete schriftliche Erklärung des Neffen kann ebenfalls nicht verwertet werden. Als Urkunde kann sie nicht verwertet werden, weil sie nur in Kopie bzw. als Computerausdruck vorliegt. Abgesehen davon hätte eine solche Urkunde auch nur den Wert, dass die Erklärung als so abgegeben gelten würde. Ein Beweis für die inhaltliche Richtigkeit kann damit nicht geführt werden (vgl. Zöller - Geimer ZPO 31. Aufl., § 416 Rdnr. 9). Vorliegend kommen noch Bedenken hinzu, weil auch nach Angaben des Beklagten der Zeuge die deutsche Sprache nicht beherrscht und insofern unklar bleibt, ob und inwieweit er überhaupt weiß, was da oberhalb der Unterschrift steht.

    Schließlich ist auch der angebotene Zeugenbeweis ungeeignet. Schon nach Angaben des Beklagten ist auszuschließen, dass sein Neffe zu einer Zeugenvernehmung erscheinen würde. Eine Vorführung aus Bosnien-Herzegowina ist von Beklagtenseite nicht beantragt und wegen der Familienzwistigkeiten erkennbar nicht gewollt.


    d)

    Durch die Rechtsverletzung ist der Klägerin ein Schaden - berechnet nach der Lizenzanalogie in Höhe von 450,00 EUR entstanden. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.

    Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstande des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier/Schulze, UrhG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.

    Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Albums die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass - theoretisch - jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass das Album mit einigem finanziellen Aufwand hergestellt worden ist und sich zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen in der eigentlichen Verwertungsphase befand. Zudem handelt es sich um eine weltweit bekannte Künstlerin. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Lizenzschäden von 200,00 EUR je Titel nicht unangemessen. Insofern erscheint vorliegend bei 17 Titeln ein Lizenzschaden von 450,00 EUR sicher nicht überhöht.


    2.

    Der Beklagte haftet als Täter auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

    Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14 - Tauschbörse III - zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015).

    Die Berechnung ist auch nicht zu beanstanden. Der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Albums und Geltendmachung des Lizenzschadens ist angemessen und entspricht ständiger Rechtsprechung. Die in Ansatz gebrachte 1,0-fache Gebühr ist ebenfalls angemessen. Die Abmahnung stellt kein einfaches Schreiben dar.

    § 97a Abs. 2 in der Fassung des Gesetzes vom 01.09.2008 findet keine Anwendung, da es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall handelt. Sowohl die Rechtsverletzung als auch die Personalien des Beklagten mussten zunächst aufwändig ermittelt werden.

    Die Berechnung ist ansonsten unstreitig geblieben.


    3.

    Nach alle dem besteht Anspruch auf Schadens- der Aufwendungsersatz in der verlangten Höhe.

    Diese Ansprüche sind nicht verjährt. Die 3-jährige Verjährungsfrist hätte bei dem Verstoß aus 2012 gemäß §§ 195, 199 BGB mit dem 31.12.2015 ablaufen können. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings der Ablauf der Frist durch Zustellung des Mahnbescheides am 24.06.2015 bereits gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Die Hemmung endete auch nicht etwa wegen Nichtbetreibens des Verfahrens gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB. Denn jeweils rechtzeitig vor Ablauf der 6-Monats-Frist hat die Klägerin das Verfahren weiter voran getrieben: am 12.08.2015 durch Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides und am 30.11.2015 durch Einreichung der Anspruchsbegründung. Auf weitere Handlungen, die das Verfahren vorantrieben, insbesondere solche des Beklagten oder des Gerichts kommt es danach nicht an.

    Beide Forderungen sind gemäß § 288, 291 BGB zu verzinsen.


    4.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.


    Streitwert: 956,00 EUR (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Charlottenburg, Urteil vom 10.03.2016, Az. 218 C 321/15,
Parteivernehmung
sekundäre Darlegungslast,
Klage Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Parteivernehmung,
Zeugenvernehmung,
Zeuge: Bosnien-Herzegowina

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#10627 Beitrag von Steffen » Dienstag 12. April 2016, 15:05

Rasch Rechtsanwälte: Das Landgericht Leipzig setzt erhöhtes Ordnungsgeld gegen Sharehoster fest!


15.05 Uhr



Das Landgericht Leipzig (LG) hat ein Ordnungsgeld gegen einen Sharehoster verdreifacht, nachdem dieser keine "nennenswerten Bemühungen" vorgetragen hatte, um Rechtsverletzungen über seinen Dienst zu verhindern (LG Leipzig, Beschl. v. 24.03.2016, Az. 05 O 3137/13).


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Rasch Rechtsanwälte

An der Alster 6 | 20099 Hamburg
Fon: 040 244 297-0 | Fax: 040 244 297-20
Mail: kanzlei@raschlegal.de | Web: www.raschlegal.de



Bericht

Link: http://www.raschlegal.de/aktuelles/lg-l ... ster-fest/

Beschluss als PDF: http://www.raschlegal.de/uploads/media/ ... 313713.pdf



Autorin:
Rechtsanwältin Anja Heller



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Schon mehrfach haben wir über Sharehoster berichtet, über die immer wieder Software, Musik, Serien usw. abrufbar sind. Inhalte, die aufwändig produziert wurden, werden Endnutzern so kostenlos zur Verfügung gestellt, ohne dass Rechteinhabern irgendeine Vergütung dafür zufließt. Stattdessen verdienen die Sharehoster (über eingeblendete Werbung oder den Verkauf von Premium-Accounts) und auch die hochladenden Nutzer daran (über die Downloadvergütung, die Sharehoster ihnen auszahlen). ...



... weiterlesen auf: 'www.raschlegal.de'



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LG Leipzig, Beschluss vom 24.03.2016, Az. 05 O 3137/13,
Sharehoster

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#10628 Beitrag von Steffen » Dienstag 12. April 2016, 20:43

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte: Amtsgericht Leipzig - Abweisung einer Klage der Rasch Rechtsanwälte wegen Tauschbörsen Urheberrechtsverletzung


20:45 Uhr


In einem Urteil vom 6. April 2016 - Aktenzeichen: 113 C 3374/15 hat das Amtsgericht Leipzig die Klage Universal Music GmbH, vertreten durch Rasch Rechtsanwälte, abwiesen. Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte hat den Anschlussinhaber erfolgreich vertreten.


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Bild

Rechtsanwalt Alexander Grundmann LL.M.


Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Gustav-Adolf-Straße 17 | 04105 Leipzig
Telefon: 0341/2 15 39 46 | Telefax: 0341/2 15 39 84
E-Mail: post [at] hgra.de | Web: http://www.urheberrecht-leipzig.de/



Bericht

Link: http://www.urheberrecht-leipzig.de/amts ... tzung.html



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Es ging um die Haftung des Anschlussinhabers, der im Rahmen der sekundären Darlegungslast nach Meinung des Amtsgerichts Leipzig ausreichend die Täterschaftsvermutung erschüttert hat.

Die Entscheidung liegt auf der Linie, die der BGH mit Tauschbörse III vorgegeben hat und entspricht auch der Auffassung des Landgerichts Leipzigs zur sekundären Darlegungslast.


Rasch Rechtsanwälte können gegen das Urteil Berufung einlegen. Hier der Text:



Amtsgericht Leipzig, Urteil vom 06.04.2016, Az. 113 C 3374/15

  • (...) Amtsgericht Leipzig

    Aktenzeichen: 113 C 3374/15

    Verkündet am: 06.04.2016


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL



    In dem Rechtsstreit

    ...

    hat das Amtsgericht Leipzig

    Richter am Amtsgericht ...

    aufgrund der Aktenlage am 24.03.2016 gemäß § 128 Abs. 2 ZPO am 06.04.2016 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 3.599,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Bezahlung von Schadenersatz wegen des unerlaubten Anbieten von Tonaufnahmen.

    Die Klägerin behauptet, ausschließliche Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Musikalbum "Born this Way" zu sein. Die Ermittlungen der pro Media GmbH hätten ergeben, dass über den Internetanschluss des Beklagten am 20.05.2011 und 16.07.2011 das Musikalbum anderen Teilnehmern des Filesharingsystems zum Herunterladen angeboten und somit öffentlich zugänglich gemacht worden wäre. Der Beklagte sei als Täter in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte hätte die ernsthafte Möglichkeit der Alleintäterschaft eines Dritten nicht dargetan, und sei diesbezüglich seiner sekundären Darlegungslast nach wie vor nicht gerecht geworden.

    Der Klägerin stünde ein Anspruch auf Schadenersatz und Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu.

    Im Übrigen wird Bezug genommen im vollen Umfang auf die schriftsätzlichen Darlegungen.


    Die Klägerin stellte folgenden Antrag:
    Der Beklagte wird verurteilt, einen angemessenen Wertersatz in Höhe von 2.500,OO EUR, 1.099,00 EUR Kostenersatz nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Beklagte beantragte,
    die Klage abzuweisen.


    Der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei. Die bisher dazu erfolgten Ausführungen würden selbiges nicht beweisen.

    Die Passivlegitimation des Beklagten wurde bestritten. Er sei nicht Täter, Teilnehmer oder Störer. Am 20.05.2011 hätte er sich in Berlin zu einem Kundentermin befunden und am 21.05.2011 hätte er sich mit ... in Dresden getroffen. Am 16.07.2011 wäre der Beklagte familiär mit ... in ... gewesen. Es werde auf die diesbezüglichen Beweisangebote verwiesen. Der Beklagte habe seinen Internetanschluss im fraglichen Zeitraum zur selbständigen Nutzung seinem volljährigen Sohn, seinen mit im Haus lebenden Eltern sowie den genannten Mitarbeitern seines Unternehmens zur Vertagung gestellt.

    Nach der Abmahnung habe der Beklagte alle die von ihm aufgeführten Personen befragt, ob sie das Internet zur Urheberrechtsverletzung missbraucht oder Tauschbörsen genutzt hätten.

    Dies wäre von allen verneint worden. Auch würden die Feststellungen hinsichtlich der IP-Adresse und des Umfangs der behaupteten Pflichtverletzung bestritten.

    Des weiteren sei der geltend gemachte Schadenersatz überhöht.

    Im übrigen wird Bezug genommen im vollen Umfang auf das schriftsätzliche Vorbringen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch auf Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von 2.500,00 EUR, noch ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR gemäß der §§ 97, 19a UrhG zu.

    Nach neuester Rechtssprechung des BGH lässt sich die Indizwirkung der Auflistung des streitgegenständlichen Werkes in der Katalogdatenbank "Media-Cat" der Phononet GmbH nicht durch pauschales Bestreiten der Aktivlegitimation zerstören, sondern es müssen konkrete Anhaltspunkte gegen die Rechtsinhaberschaft vorgebracht werden, die sich ohne weiteres auch durch eigene Recherchen zu den streitgegenständlichen Musiktiteln gewinnen lassen.

    Auch hinsichtlich der Ermittlung der IP-Adresse genügt ein pauschales Bestreiten nicht, wenn mehrere, hier zwei Rechtsverletzungen, vorgeworfen werden.

    Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht festzustellen, dass der Beklagte Täter der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen ist. In seiner Entscheidung vom 11.06.2015 (Az. I ZR75/14) hat der BGH festgestellt: "Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen."

    Der Beklagte hat detailliert dargelegt, dass er sich am 20.05.2011 in Berlin befunden hat. Er legte die entsprechende Rechnung (BI. 127 d. A) vor, aus der sich ergibt, dass der Beklagte vom 20.05.2011 bis 21.05.2011 zu Gast in diesem Hotel gewesen ist.

    Weiter hat er substantiiert dargelegt, dass er sich am ... mit ... zu einem Sommerfest in ... befunden hat und dort auch übernachtete. Dafür hat er Zeugenbeweis angeboten.

    Letztendlich legt er dar, dass er seinen Internetanschluss im fraglichen Zeitraum zur selbständigen Nutzung seinem Sohn, seinen mit im Haus lebenden Eltern sowie aufgeführten Mitarbeitern seines Unternehmens zur Verfügung gestellt hat. Auch diesbezüglich hat er Beweis angeboten und darüber hinaus dargelegt, dass er nach der Abmahnung alle die genannten Personen befragte, ob sie das Internet zur Urheberrechtsverletzung missbraucht oder Tauschbörsen genutzt hätten, und dass dies von allen verneint wurde.

    Damit ist der Beklagte entsprechend der oben zitierten Entscheidung des BGH seiner sekundären Darlegungslast im vollen Umfang nachgekommen.

    Die Klägerin hat keine Beweis dafür angeboten, dass dennoch der Beklagte Täter der von der Klägerin bezeichneten Pflichtverletzung ist.

    Da keine Urheberrechtsverletzung vorliegt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadenersatz und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe, so dass die Klage abzuweisen war. Es bedurfte auch diesbezüglich keiner Entscheidung zur Höhe der geltend gemachten Forderung.

    Mangels Anspruch in der Hauptsache kann die Klägerin auch keine Nebenforderungen geltend machen. Diese waren ebenso abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO entsprechend dem Unterliegen der Klägerin im Rechtsstreit

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708, 711 ZPO und die Höhe des Streitwertes gemäߧ 3 ZPO aus der Höhe der geltend gemachten Forderung. (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Leipzig, Urteil vom 06.04.2016, Az. 113 C 3374/15,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Alexander Grundmann,
sekundäre Darlegungslast

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Steffen
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AG Nürnberg, Az. 27 C 4750/15

#10629 Beitrag von Steffen » Mittwoch 13. April 2016, 17:04

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR: Amtsgericht Nürnberg - Täter haftet in Filesharingfällen für die Kosten des Vorprozesses und trägt die Kosten der Abmahnung gegen den Anschlussinhaber


17:05 Uhr


Hamburg / Nürnberg, 13.04.2016 (eig.). Derjenige, der eine Filesharingbörse nutzt und dabei Rechtsverletzungen zum Nachteil eines Nutzungsrechtsinhabers begeht, haftet auch für diejenigen Kosten, die dem Rechteinhaber dadurch entstehen, dass dieser zunächst den Anschlussinhaber (erfolglos) gerichtlich in Anspruch genommen hat. Dies hat das Amtsgericht Nürnberg in einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil entschieden (AG Nürnberg, Urt. v. 14.01.2016, Az. 27 C 4750/15).


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
Telefon +49 (040) 5 50 06 05 0 | Telefax +49 (040) 5 50 06 05 55
E-Mail kanzlei@rka-law.de | Web www.rka-law.de



Bericht

Link: http://rka-law.de/filesharing/ag-nuernb ... ssinhaber/

Urteil als PDF: http://rka-law.de/wp-content/uploads/20 ... 750-15.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


"Die Rechteinhaberin führte zunächst ein Verfahren hinsichtlich Abmahnkosten und Schadensersatz gegen den Anschlussinhaber", erläutert Rechtsanwalt Nikolai Klute aus der Kanzlei .rka Rechtsanwälte den Sachverhalt. Im Verlaufe dieses Verfahrens benannte der beklagte Anschlussinhaber seinen Sohn als Täter der fraglichen Urheberrechtsverletzung und dieser räumte - nach vorherigem Bestreiten - seine eigene Verantwortung in der Anhörung im Vorprozess ein. Daraufhin wurde der identifizierte Täter in Anspruch genommen und das Amtsgericht Nürnberg stellte antragsgemäß fest, dass der Beklagte nicht nur verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Verletzungshandlung unmittelbar entstanden ist, sondern auch diejenigen Kosten, die der Klägerin in dem vorangegangenen Rechtsstreit Amtsgericht Nürnberg (Az. 27 C 5639/14) entstanden sind und noch entstehen:
  • "Dem Beklagten sind (...) auch diese Kosten zuzurechnen, da er durch das zunächst vorliegende Nichteinräumen und Bestreiten der Täterschaft jedenfalls diese Kosten verursacht hat. Das Klageverfahren wäre jedenfalls nicht durchgeführt worden, wenn die Täterschaft des Beklagten von vornherein nach Erhalt des Abmahnschreibens an die Klägerin genannt worden wäre",
so dass Amtsgericht in den Urteilsgründen.

Auch dass der Beklagte darüber hinaus ebenso die Anwaltskosten der Abmahnung gegen den Anschlussinhaber zu erstatten hat, stellte das Amtsgericht Nürnberg fest. Denn nicht nur die Kosten des Vorprozesses sondern auch die Tätigkeiten der Klägervertreter gegenüber dem Anschlussinhaber insgesamt seien dem Beklagten als Täter zuzurechnen. Folgerichtig verurteilte das Gericht den Beklagten zur Zahlung von 500,00 EUR für die Kosten der Abmahnung gegen den Anschlussinhaber.





Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 14.01.2016, Az. 27 C 4750/15

(in Auszügen)



  • (...) erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch die- Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 folgendes


    Endurteil


    • 1. Der Beklagte,wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.07.2015 zu bezahlen.
      2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Teilschadensersatz in Höhe von 500,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.07.2015 zu bezahlen.
      3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten zu ersetzen, die dieser, in dem Rechtsstreit Amtsgericht Nürnberg Az. 27 C 5639/14 entstanden sind oder noch entstehen.
      4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch weiteren Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist oder noch entsteht, dass :der Beklagte die Datei [Name] (Hashwert: [Hashwert]) mit dem Computerspiel der Klägerin [Name] Dritten über Filesharingbörsen im Internet zum Download bereitgehalten hat.
      5. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 15 % und der Beklagte zu 85 % zu tragen.
      6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu Vollstreckenden Betrages abwenden; Wenn. nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Beschluss
    Der Streitwert wird auf 2.280,29 EUR festgesetzt.



    Tatbestand
    [Auszugsweise]


    Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Urheberrechtsverstoß.

    Die Klägerin entwickelt und vertreibt Computerspiele. Mit dem offiziellen Verkaufsstart vom 17. Mai 2011 wurde. das Computerspiel [Name] auf den Markt gebracht. Das Einzelspiel wurde für einen Kaufpreis von etwa 30,00 bis 40,00 EUR angeboten.

    Nach Sachvortrag der Klägerin befand sich das Computerspiel in den Amazon-Bestsellercharts bereits am 16.05.2012 als meistverkauftes Computerspiel.

    Aufgrund der Ermittlungen der Firma[Name] leitete die Klägerin mit einem entsprechenden Antrag das Auskunftsverfahren beim Landgericht Köln ein. Dort wurde als Inhaber der zugrunde gelegten IP-Adresse Herr [Name] unter der Anschrift [Anschrift] ermittelt. Die Klägerin legte dabei folgende Verstöße zugrunde:
    • am 22.11.2011 um 23:16:21 MEZ unter der IP-Adresse 84.xxx.xxx.56,
    • am 26.11.2011 um 20:27:17 MEZ unter der IP-Adresse 84. xxx.xxx.189,
    • am 26.11.2011 um 22:48:28 MEZ unter der IP-Adresse 84. xxx.xxx.189,
    • am 27.11.2011 um 01:44:59 MEZ unter der IP-Adresse 84. xxx.xxx.189 und
    • am 27.11.2011 um 03:53:30 MEZ unter der IP-Adresse 84. xxx.xxx.58.
    Die Klägerin schickte an den damaligen Internetanschlussinhaber [Name] das Abmahnschreiben vom 09.01.2012.

    Unter dem Aktenzeichen 27 C 5639/14 wurde sodann ein Verfahren vor Amtsgericht Nürnberg geführt. Anhand dieses Klageverfahrens wurde mitgeteilt, dass der Internetanschlussinhaber [Name] nicht selbst die Urheberrechtsverletzung begangen habe, sondern hierfür der hiesige Beklagte verantwortlich sei. Dieser wurde im Verfahren Az. 27 C 5639/14 im Termin der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2015 als Zeuge vernommen und räumte hier die Urheberrechtsverletzung im Rahmen einer Nutzung einer Torrent-Datei ein.

    Hierauf wurde durch Endurteil vom 19.03.2015 die Klage hinsichtlich der Klägerin gegen den beteiligten[Name] abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden der Klägerin auferlegt. Ein Kostenfestsetzungsverfahren konnte noch nicht durchgeführt werden.

    Die Klägerin trägt vor, dass der Beklagte für die ihr bereits entstandenen Kosten für das Vorverfahren gegen den Anschlussinhaber [Name] ebenfalls verantwortlich sei, da er diese Kosten dadurch verursacht habe, dass er seine Täterschaft nicht sofort eingeräumt habe. Obwohl der Beteiligte [Name] sowohl mit dem Abmahnschreiben vom 09.01.2012 über den Urheberrechtsverstoß aufgeklärt wurde und im laufenden Verfahren auch dessen Täterschaft eindeutig bestritten wurde, wurde weiter auch bestritten, dass durch den hiesigen Beklagten [Name] bzw. überhaupt durch ein Mitglied der Familie der Urheberrechtsverstoß begangen worden sei. Erst im Parallelverfahren wurde nach der Anhörung im Termin mit Schreiben vom 29.12.2014 eingeräumt, dass es sich bei dem Täter um [Name] handelte.

    Die Klägerin trägt vor, dass dem Beklagten die Kosten insoweit auch zurechenbar sind, als dieser zum Tatzeitpunkt erst 14 Jahre alt war. Er habe zumindest fahrlässig hinsichtlich des Verstoßes gehandelt, da auch für ein 14-jährigen erkennbar gewesen sei, dass ein Urheberrechtsverstoß, insbesondere ein verbotenes Illegales Herunterladen eines kostenpflichtigen Spieles einen Schaden verursachen könnte bzw. entsprechende Folgekosten. Es sei nicht erforderlich, dass er sich über die Höhe dieser Folgekosten bewusst gewesen sei.



    Entscheidungsgründe

    Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 1.000,00 EUR zu. Darüber hinaus muss der Beklagte die Kosten des Verfahrens Az. 27 C. 5639/14 tragen sowie etwaige weitere noch festgestellte Schäden.


    I.

    Die Abmahnkosten gegen den Beteiligen [Name] sind vom Beklagten zu tragen, §§ 19 a,. 97 Abs. 1 UrhG, § 249 BGB.


    1.

    Der Internetanschluss des Beteiligen [Name] wurde korrekt ermittelt, da von diesem Anschluss aus Urheberrechtsverstöße im Zeitraum 22.11.2011 bis 27.11.2011 begangen wurden. In diesem Zeitraum lagen Uploadvorgänge für das Spiel[Name] vor. Insgesamt wurden 5 Verstöße festgestellt. Der Beklagte räumte in seiner Anhörung im vorliegenden Verfahren wie auch als Zeuge in dem Vorverfahren ein, dass er über einen gewissen Zeitraum das Spiel [Name] über eine Torrent-Datei genutzt habe, er habe in verschiedene Taskelemente hineingeschaut und letztlich auch festgestellt, dass man den Upload verhindern könne. Das habe er denn nach einer gewissen Zeit getan. Der Beklagte konnte nicht mehr angeben, ob diese Suche über verschiedene Vorgänge über Stunden oder Tage gelaufen sei, in Hinblick auf die Angaben des Beklagten erscheint ein Zeitraum von etwa 5 Tagen durchaus nachvollziehbar.

    Die Schilderungen des Beklagten lassen es jedenfalls nachvollziehbar erscheinen, dass dieser nicht nur einmalig kurz einen Uploadvorgang vorgenommen hat, sondern über einen gewissen Zeitraum sich das Spiel angesehen hat, bis er dann feststellte, wie er den Upload verhindern konnte. Insoweit geht das Gericht aufgrund der Einlassung des Beklagten, der äußeren Umständen und der festgestellten Ermittlungen davon aus, dass hier fünf Verstöße einem Zeitraum von fünf Tagen vorgelegen haben.


    2.

    Aus dem Parallelverfahren geht hervor, dass dem Beteiligten [Name] tatsächlich eine Abmahnung geschickt wurde, sodass hier eine rechtsanwaltliche Tätigkeit der Klägervertreter vorgelegen hat. Für diese sind dann auch Gebühren entstanden. Das Gericht geht aufgrund seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass der Gegenstandswert für ein Spiel, das immerhin in den Charts als meistverkaufte Spiele aufgenommen wurde und zu einem Einzelkaufpreis von 30,00 EUR bis 40,00 EUR verkauft wurde, jedenfalls mit einem Gegenstandswert anzunehmen ist, der über einen Gegenstandswert von 6.500,00 EUR liegt, der bereits einen Anspruch von 500,00 EUR begründen würde. Insoweit kann dahinstehen, ob die Kläger möglicherweise einen höheren Gebührenanspruch geltend hätten machen können, wenn nicht die anwaltliche Gebührenvereinbarung über 500,00 EUR vorgelegen hätte. Auch ist davon auszugehen, dass bei einer möglichen ungültigen Gebührenvereinbarung jedenfalls die gesetzlichen Gebühren angefallen wären.

    Dies ist in jedem Fall mit mindestens 500,00 E anzusetzen.


    3.

    Grundsätzlich ist dem Beklagten der Folgeprozess und die darin entstandenen Kosten auf die Tätigkeit der Klägervertreter gegenüber dem Anschlussinhaber zuzurechnen. Der Beklagte war zum Tatzeitpunkt zwar erst 14 Jahre alt, sodass insoweit davon auszugehen ist, dass eine Haftung des Beklagten im Schadensrecht nur gemäß § 828 Abs. 3 BGB zuzurechnen ist. Vorliegend war der Beklagte noch nicht 18 Jahre alt, aber älter als 10 Jahre, eine Verantwortlichkeit ist dann nicht anzunehmen, wenn er für den Schaden, den er einem Anderen zufügte nicht verantwortlich war, insbesondere weil er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte.

    Bei der Einvernahme des Beklagten sowohl als Zeuge als auch vorliegend als Partei ist festzustellen, dass dieser normal entwickelt ist, insoweit jedenfalls keine Rückstände hinsichtlich der üblichen Entwicklung anzunehmen ist. Auch seine Schilderung über die Vorgänge zum Zeitpunkt der Uploadvorgänge zeigen, dass der Beklagte in Computerhinsicht durchaus Kenntnisse hatte, er gab an, dass er zum Zeitpunkt der Uploadvorgänge auch wusste, was ein Filesharing-Programm ist. Insgesamt geht das Gericht davon aus, dass ein durchschnittlicher normaler 14-Jähriger jedenfalls in der Lage ist, zu erkennen, dass das Herunterladen von sonst kostenpflichtigen Vorgängen trotz Verbotes der Eltern Schadensersatzansprüche auslösen kann-. im vorliegenden Fall geht das Gericht nach der Anhörung des Beklagten davon: aus, dass dieser zumindest durchschnittlich oder noch weiter entwickelt war, wenn es hier um die vorliegenden Computerprogramme geht. Ihm war nach dem Vortrag der Eltern auch ausdrücklich bekannt gegeben worden, dass er keine kostenpflichtigen Vorgänge herunterladen dürfte. Insoweit war ihm klar, dass dieses Verhalten jedenfalls Verboten war, auch wenn ihm etwaige konkrete rechtliche und computertechnische Kenntnisse gefehlt haben sollten. Darüber hinaus ist festzusetzen, dass nicht erforderlich ist, dass dem Beklagten jede Konsequenz hinsichtlich Höhe und Rechtsfolge bekannt war, es reicht aus, dass ihm laienhaft bewusst wer, dass hier finanzielle Schadensersatzansprüche auf ihn oder den Anschlussinhaber zukommen könnten.

    Dies war vorliegend offensichtlich der Fall.


    III.

    Der Beklagte ist auch zur Zahlung von Schadensersatz hinsichtlich des von ihm durchgenommenen Urheberrechtsverstoßes verpflichtet.

    Dass der Beklagte Uploadvorgänge angeboten hat, ist aufgrund seiner eigenen Einlassung. unstreitig. Dass das Spiel zum Tatzeitpunkt der Klägerin zuzurechnen ist, steht:aufgrund dieser umfangreichen und konkret dargelegten Rechteabfolge durch die Klägervertreter, im Schriftsatz vom 29.09.2015 fest, dieser konkrete Sachvortrag wurde seitens des Beklagten auch nicht mehr konkret bestritten. Ein allgemeines Bestreiten reicht nicht aus, wenn hier konkret der Ablauf begründet wurde.

    Aufgrund der allgemeinen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass ohne weiteres bei einem Spiel, das mit ca. 30,00 EUR bis 40,00 EUR angeboten wird und das stark in den Medien vertreten ist, nicht davon ausgegangen werden kann, dass hier kein oder praktisch kein Schaden entstanden ist. Vielmehr wird von der Rechtsprechung allgemein bei einem Werk grundsätzlich etwa das zwanzigfache des Verkaufpreises angenommen, so dass hier ein Schaden im Bereich von etwa 600,00 EUR bis 800,00 EUR ohne Weiteres angenommen werden kann. Es handelt sich bereits hier um einen eher im geringeren Bereich angesetzten Schaden, wobei berücksichtigt wird, dass der konkrete Schaden letztlich niemals ermittelt werden kann, sondern geschätzt werden muss. Nachdem Torrent-Dateien grundsätzlich dazu gedacht sind, sich in einer Vielzahl und sehr schnell zu verbreiten, ist hier mit einer nicht unerheblichen Anzahl von Mitnutzern zu rechnen, die wegen der kostenlosen Mitnutzmöglichkeit über die Torrent-Funktion auf den Ankauf des Spieles verzichten. Bei der Berechnung des Schadens ist auch nicht von den für den Beklagten günstigsten Fall auszugehen, sondern eine durchschnittliche Situation anzunehmen. Dass das Spiel von vornherein keinerlei Interesse in der Medienwelt fand, widerspricht den Veröffentlichungen, die dem Gericht aufgrund der Vielzahl der Verfahren bekannt ist.


    IV.

    Der Beklagte hat wach- die Kosten aus dem Verfahren Amtsgericht Nürnberg Az. 27 C 5639/14 in Höhe von geschätzten 682,60 EUR zu tragen, sobald diese durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt und bezifferbar sind. Ein Feststellungsinteresse liegt vor, da die Klägerin letztlich die Kosten dieses Verfahrens noch nicht konkret beziffern kann, weil ein entsprechendes Kostenfestsetzungsverfahren noch nicht durchgeführt wurde. Diese Verzögerung ist der Klägerin auch nicht zuzurechnen, da es hier an dem Kostenantrag der Beklagtenvertreterin fehlt. Nachdem die Kosten durch eine Kostenfestsetzung in einem bestimmten Verfahren festgesetzt werden, ist euch nicht davon auszugehen, dass der Klageantrag unbestimmt formuliert wäre, da ein konkreter Kostenansatz sich jedenfalls aus diesem Kostenfestsetzungsbeschluss ergeben wird.

    Dem Beklagten sind aus den oben unter Ziffer 1 genannten Gründe auch diese Kosten zuzurechnen, da er durch. das zunächst vorliegende Nichteinräumen und Bestreiten der Täterschaft jedenfalls diese Kosten verursacht hat. Das Klageverfahren wäre jedenfalls nicht durchgeführt worden, wenn die Täterschaft des Beklagten von vornherein nach Erhalt des Abmahnschreibens an die Klägerin genannt werden wäre.


    V.

    Grundsätzlich könnte ein weiterer Schaden entstanden sein, wobei für das Gericht aufgrund der Einlassung des Beklagten über den Zeitraum der Verstöße und der tatsächlich festgestellten Verstöße die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadens als äußerst gering anzusetzen ist. Insoweit ist hier von einem Feststellungsinteresse hinsichtlich eines Streitwertbetrages von etwa 50,00 EUR auszugehen. Das Feststellungsinteresse kann aber nicht deswegen verneint werden, nur weil der Schaden als sehr gering anzusetzen ist.


    VI.

    Grundsätzlich sind die Ansprüche der Klägerseite noch nicht verjährt, da die Identität des Beklagten als Täter der Klägerseite erst im Jahr 2015 bekannt wurde, sodass hier die Verjährungsfrist noch nicht einmal zu laufen begonnen hat.


    VII.

    Die Zinsforderung beruht auf §§260, 288 BGB.


    VIII.

    Die Kostenentscheidung, erging gemäß §§ 92, 269 III, 91a ZPO, hinsichtlich-der Klagerücknahme und der Erledigung wurden die Kosten der Beklagtenseite auferlegt, wobei das Gericht den Streitwert für den Auskunftsanspruch auf 200,04 EUR festsetzt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erging gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Nürnberg, Urteil vom 14.01.2016, Az. 27 C 4750/15,
BGH-Entscheid "Morpheus",
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Klage .rka Rechtsanwälte,
.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR,
Verjährung,
Schadensersatz

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#10630 Beitrag von Steffen » Donnerstag 14. April 2016, 17:51

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Künzelsau folgt strenger Linie des Landgericht Stuttgarts - Anschlussinhaber hat in Filesharing-Verfahren substantiiert zur Zugriffsmöglichkeit Dritter zum Tatzeitpunkt vorzutragen und zudem weiterreichende Nachforschungen innerhalb seiner Sphäre anzustrengen


17:50 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
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E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... n-und-zud/

Verfügung als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 294_15.pdf



Autor:
Rechtsanwalt David Appel



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Bei den beklagten Anschlussinhabern handelt es sich um Eheleute, die im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgetragen hatten, dass zum Tatzeitpunkt auch deren volljährige Söhne im Haushalt gelebt hätten. Diese haben mittels eigener Computer uneingeschränkten und selbständigen Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss gehabt.

Die Beklagten vermuten, dass einer der Söhne die Rechtsverletzung begangen habe. Zugegeben habe die Tat auf Nachfrage jedoch keiner der beiden.

In einem weiteren Schreiben wurde sodann vorgetragen, dass einer der Söhne die Nutzung von Filesharing-Programmen zwar eingeräumt und in der Vergangenheit auch bereits Filme heruntergeladen habe. Ob darunter jedoch auch die streitgegenständlichen Filmwerke gewesen seien könne der Sohn nicht mehr sagen.

Das Amtsgericht erachtete den Vortrag der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast für unzureichend und erteilte unter Verweis auf die Rechtsprechung des Landgerichts Stuttgart folgenden Hinweis:
  • "Die Beklagten mögen näher vortragen:

    a) Zur Ausgestaltung der behaupteten Zugriffsmöglichkeit ihrer Söhne zum genauen Tatzeitpunkt,
    und
    b) zu den genauen Inhalten, Grenzen und Ergebnissen der von ihnen durchgeführten Nachforschungen.

    Hierbei wird auf die Rechtsprechung des für diesen Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständigen Berufungsgerichts (Landgericht Stuttgart) verwiesen, wonach es naheliegend und zugleich zumutbar ist, dass Anschlussinhaber nach Zugang der Abmahnung (insbesondere wenn ihn die Abmahnung - wie vorliegend - zeitnah nach der behaupteten Rechtsverletzung erreicht) durch eigene Recherche (ggf. gemeinsam mit den anderen Personen, die seinen Anschluss nutzen) untersucht, ob sich auf den in seinem Haushalt befindlichen Rechnern das Tauschbörsenprogramm und oder die in der Abmahnung genannte Filmdatei befindet bzw. befinden und den über das Betriebssystem abrufbaren Verlauf der in seinem Haushalt befindlichen Rechner daraufhin überprüft, welche Rechner in dem in der Abmahnung angegebenen Zeitraum online waren."
Nach Ansicht des Amtsgerichts seien derartige Nachforschungen für den Anschlussinhaber nicht nur zumutbar, sondern auch in dessen Interesse:
  • "Eine solche Recherche ist nach Ansicht des Gerichts auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass ohnehin davon auszugehen ist, dass derjenige, dem eine Abmahnung [...] zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen [...] im eigenen Interesse recherchieren wird, ob sich das Programm und/oder die Filmdatei auf einem der in seinem Haushalt genutzten Rechnern befindet."



Amtsgericht Künzelsau, Verfügung vom 05.04.2016, Az. 1 C 294/15


  • (...) 1. Termin zur Güteverhandlung und für den Fall des Nichterscheinens einer Partei oder Erfolglosigkeit der Güteverhandlung unmittelbar anschließender Haupttermin wird bestimmt auf [Wochentag und Datum, Uhrzeit, Zimmer, Etage, Gebäude]


    Belehrungen

    Schriftliche Erklärungen entbinden Sie nicht von der Pflicht zum Erscheinen im Termin. Wenn Sie nicht erscheinen und auch keinen mit schriftlicher Vollmacht versehenen volljährigen Familienangehörigen oder einen anderen nach § 79 Abs. 2 ZPO zugelassenen Bevollmächtigten zum Termin entsenden, kann dies zum Verlust des Prozesses führen. Gegen die nicht erschienene Partei kann auf Antrag des Gegners ein Versäumnisurteil erlassen oder eine Entscheidung nach Aktenlage getroffen werden (§§ 330 bis 331a, 251a ZPO), in diesem Fall hat die säumige Partei auch die Gerichtskosten und die notwendigen Kosten der Gegenseite zu tragen (§ 91 ZPO) Dies gilt auch dann, wenn schriftliche Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch erhoben werden. Diese Einwendungen kann das Gericht nur berücksichtigen, wenn sie im Termin vorgetragen werden. Aus dem Versäumnisurteil oder dem Urteil nach Lage der Akten kann der Gegner der säumigen Partei gegen diese die Zwangsvollstreckung betreiben (§ 708 Nr. 2 ZPO)
    Wird in dem vorstehend bezeichneten Verhandlungstermin ein neuer Termin verkündet, so werden Sie zu dem neuen Termin nicht mehr gesondert geladen. Sie müssen dann auch ohne Ladung erscheinen

    Eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist nicht vorgeschrieben.


    2. Gemäß §§ 273, 278 ZPO wird angeordnet:


    2.1. Das persönliche Erscheinen folgender Parteien:

    • Beklagter zu 1 [Name];
      Beklagte zu 2 [Name];


    Die Anordnung des persönlichen Erscheinens erfolgt zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 141 Abs. 1 ZPO) und für einen Güteversuch (§ 278 Abs. 3 ZPO). Das Gericht wird bei Nichterscheinen einer Partei regelmäßig sofort in die mündliche Verhandlung eintreten (§ 279 Abs. 1 S. 1 ZPO) und bei Nichterscheinen beider Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigten das Ruhen des Verfahrens anordnen (§ 278 Abs. 4 ZPO).


    2.2. Die Beklagten mögen näher vortragen:

    • a) Zur Ausgestaltung der behaupteten Zugriffsmöglichkeit ihrer Söhne zum genauen Tatzeitpunkt; und
      b) zu den genauen Inhalten, Grenzen und Ergebnissen der von ihnen durchgeführten Nachforschungen.


    Hierbei wird auf die Rechtsprechung des für diesen Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständigen Berufungsgerichts (Landgericht Stuttgart) verwiesen, wonach es naheliegend und zugleich zumutbar ist, dass der Anschlussinhaber nach Zugang der Abmahnung (insbesondere wenn ihn die Abmahnung - wie vorliegend - zeitnah nach der behaupteten Rechtsverletzung erreicht) durch eigene Recherche (ggf. gemeinsam mit den anderen Personen, die seinen Anschluss nutzen) untersucht, ob sich auf den in seinem Haushalt befindlichen Rechnern das Tauschbörsenprogramm und oder die in der Abmahnung genannte Filmdatei befindet bzw. befinden und den über das Betriebssystem abrufbaren Verlauf der in seinem Haushalt befindlichen Rechner daraufhin überprüft, welche Rechner in dem in der Abmahnung angegebenen Zeitraum online waren. Eine solche Recherche ist nach Ansicht des Gerichts auch vor dem Hintergrund zumutbar, dass ohnehin davon auszugehen ist, dass derjenige, dem eine Abmahnung wegen öffentlicher Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke zugeht, zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen (für die dann auch eine Haftung als Störer in Betracht kommen kann) im eigenen Interesse recherchieren wird, ob sich das Programm und oder die Filmdatei auf einem der in seinem Haushalt genutzten Rechner befindet.

    Frist: 30.04.2016

    [Name]
    Direktor des Amtsgerichts

    Beglaubigt
    Künzelsau, 06.04.2016 [Amtssiegel]

    [Name]
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
    - ohne Unterschrift gültig - (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Künzelsau, Verfügung vom 05.04.2016, Az. 1 C 294/15,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflicht,
Klage Waldorf frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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#10631 Beitrag von Steffen » Freitag 15. April 2016, 22:46

WBS-Law: Filesharing Sieg gegen Rasch Rechtsanwälte -
Mutter feierte Weihnachten



22:45 Uhr


Die Kanzlei Rasch hat in einem Filesharing Verfahren vor dem Amtsgericht Köln eine Niederlage erlitten. Wir konnten das Gericht davon überzeugen, dass unsre Mandantin die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung gar nicht begangen haben konnte.


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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.

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Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln



Bericht

Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ten-67091/



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



In der Filesharing Abmahnung wurde der Mutter als Anschlussinhaberin vorgeworfen, dass sie ausgerechnet am ersten Weihnachtstag das Album "Lioness: Hidden Treasures" der Künstlerin "Amy Winehouse" illegal über eine Tauschbörse zum kostenlosen Download angeboten haben soll.



Rasch macht hohe Forderungen geltend

Schließlich verklagte sie Rasch im Auftrag von der Musical Music GmbH als mutmaßlicher Rechteinhaberin auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 1.005,40 Euro sowie Schadensersatz wegen urheberrechtswidriger Verbreitung des Musikalbums in Höhe von 2.400,00 Euro.



Filesharing - Keine Heranziehung als Täter möglich

Doch das Amtsgericht Köln erteilte dem eine Abfuhr und wies die Klage mit Urteil vom 04.04.2016 (Az. 148 C 66/15). Das Gericht begründete dies damit, dass die Anschlussinhaberin gar nicht als Täterin infrage kam. Denn unsere Mandantin hielt sich zum mutmaßlichen Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung zusammen mit einem befreundeten Ehepaar im Wohnzimmer auf, das sich im Erdgeschoss des Einfamilienhauses befand. Der Rechner für den Internetzugang befand sich jedoch in ihrem Büro im 3. Stock. Dort hielt sich ihre volljährige Tochter mit ein paar Freunden auf. Infolgedessen hatte sie zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Urheberrechtsverletzung Zugang zum Internet und kommt als Täterin infrage. Insofern ist zumindest die Vermutung der Täterschaft hinsichtlich der Mutter erschüttert.



Störerhaftung scheidet aus mangels Belehrungspflicht

Eine Heranziehung im Rahmen der Störerhaftung scheidet ebenfalls aus, weil gegenüber volljährigen Angehörigen normalerweise keine Belehrungspflicht besteht.



Fazit

Diese von uns erstrittene Entscheidung des Amtsgerichtes Köln zeigt, dass zu Recht viele Gerichte die höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend verstehen, dass an die Verteidigung des Anschlussinhabers im Rahmen der sekundären Darlegungslast keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Daran hat sich nach unserer Ansicht auch nichts durch die kürzlich veröffentlichte Entscheidung Tauschbörse III (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14) geändert. Dies hat das Amtsgericht Köln in einem ähnlich gelagerten Filesharing Fall klargestellt (Urteil vom 04.04.2016 Az. 137 C 362/15). Darüber hinaus dürfen glaubwürdige Zeugenaussagen von Familienmitgliedern nicht einfach infrage gestellt werden.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Köln, Urteil vom 04.04.2016, Az. 148 C 66/15,
sekundäre Darlegungslast,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

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Steffen
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LG FAM, § 102 S. 2 UrhG

#10632 Beitrag von Steffen » Samstag 16. April 2016, 13:13

Landgericht Frankfurt am Main,
Urteil vom 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14:
§ 102 Satz 2 UrhG



[Auszugsweise]


13:10 Uhr


  • (...)
    • 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10.11.2014, Aktenzeichen 29 C 2394/14 (44), abgeändert:

      Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 955,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.08.2014 zu zahlen.

      2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

      4. Die Revision wird zugelassen.




    Gründe


    I.

    Die Berufungsklägerin nimmt den Berufungsbeklagten nach vorangegangenem Mahnverfahren in zweiter Instanz wegen illegalen Filesharings des zu ihren Gunsten urhebergesetzlich geschützten Filmwerks [Name] auf Schadensersatz in Form der Lizenzanalogie sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10.11.2014, Az. 29 C 2394/14 (44), Bezug genommen (Bl. 68 ff. d. A.).

    Die Berufungsklägerin hat bereits erstinstanzlich die Ansicht vertreten, für die Verantwortung des Berufungsbeklagten spreche eine tatsächliche Vermutung. Sie habe zumindest Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr i.H.v. 400,00 EUR sowie auf Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. 555,60 EUR (1,3-Gebühr aus einem Gegenstandswert von 7.500,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Kostenpauschale).

    Die geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt. Hinsichtlich der Abmahnkosten sei auf den Versand des Abmahnschreibens im Jahr 2010 abzustellen. Der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verjähre gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. 852 BGB erst nach 10 Jahren.


    Die Berufungsklägerin hat erstinstanzlich beantragt,
    • 1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite Schadensersatz in Höhe von 400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
      2. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Der Berufungsbeklagte hat erstinstanzlich beantragt,
    • die Klage abzuweisen.

    Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.11.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die klägerischen Ansprüche seien verjährt. Auf den von der Berufungsklägerin geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie seien die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB nicht anwendbar. Die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung beginne nicht erst mit dem Ausspruch der Abmahnung, sondern zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung, im Streitfall also am 11.11.2009. Der Unterlassungs- und der darauf beruhende Kostenerstattungsanspruch unterlägen den gleichen verjährungsrechtlichen Bestimmungen (§ 199 Absatz 5 BGB). Hinsichtlich der Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen (Bl. 70 ff. d. A.).

    Die Berufungsklägerin hat gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 17.11.2014 zugestellte Urteil des Amtsgerichts am 17.12.2014 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13.02.2015 begründet (Bl. 87 ff. d. A.).

    Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ihres Erachtens beruht das erstinstanzliche Urteil auf einer Rechtsverletzung. Die geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt. Hinsichtlich der Einzelheiten ihrer Rechtsansicht wird auf die Berufungsbegründung vom 13.02.2015 verwiesen (Bl. 87 ff. d. A.).


    Die Berufungsklägerin beantragt,
    • den Beklagten zu verurteilen, an sie 955,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


    Der Berufungsbeklagte beantragt,
    • die Berufung abzuweisen.

    Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Berufungsbeklagte bestreitet insbesondere, die Rechtsverletzung begangen zu haben und für diese verantwortlich zu sein.

    Daneben bestreitet er erstmals in der Berufungsinstanz, dass die Software [Name] des IT-Dienstleisters [Name] - mit deren Hilfe der ihm zur Last gelegte Verstoß ermittelt wurde - korrekt bzw. ausreichend sicher sei (Bl. 97 d. A.).

    Nach seiner Behauptung wären aufgrund der in Rede stehenden Zugänglichmachung allenfalls zehn direkte Downloads möglich gewesen, so dass die geforderte Lizenzgebühr von 400,00 EUR aus seiner Sicht überhöht ist.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2015 Bezug genommen (Bl. 105 f. d. A.).


    II.


    1.

    Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a.M. vom 10.11.2014 (Az. 29 C 2394/14 (44)) ist begründet.

    Das Amtsgericht hat die Klage zu Unrecht wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche abgewiesen.


    a)

    Die Berufungsklägerin kann vom Berufungsbeklagten gemäß § 97 Absatz 2 UrhG Schadensersatz in Form der Lizenzanalogie in Höhe der eingeklagten 400,00 EUR wegen schuldhafter öffentlicher Zugänglichmachung des zu ihren Gunsten geschützten Filmwerks [Name] beanspruchen.


    aa)

    Der Berufungsbeklagte hat ihr ausschließliches Recht, das streitgegenständliche Filmwerk öffentlich zugänglich zu machen, widerrechtlich und schuldhaft verletzt (§§ 97 Abs. 1 und 2 i.V.m., 88 ff., 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 19a UrhG).

    Nach den zutreffenden Feststellungen der ersten Instanz wurde der Film [Name] am 11.11.2009 um [Uhrzeit] Uhr von einem Rechner mit der zu diesem Zeitpunkt dem Beklagten zugeordneten IP-Adresse [IP-Adresse] aus über eine Internettauschbörse ohne Zustimmung der Berufungsklägerin öffentlich zugänglich gemacht.

    Aufgrund des ermittelten Filesharingverstoßes über den Internetanschluss des Berufungsbeklagten besteht die tatsächliche Vermutung seiner Verantwortung als Täter (oder jedenfalls Störer) für den Verstoß (vgl. BGH - Urt. v. 12.05.2010 - I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens", juris, Rn. 12; BGH - Urt. v. 15.11.2012 - I ZR 74/12, juris, Rn. 33; siehe auch BGH - Urt .v. 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare", juris, Rn. 15; BGH - Urt. v. 28.02.2013 - I ZR 237/11 - "Vorbeugende Unterwerfungserklärung", juris, Rn. 20).

    Der damit korrelierenden sekundären Darlegungslast hat der Berufungsbeklagte im Streitfall nicht genügt. Die Tatbegehung durch ihn ist daher gemäß § 138 Absatz 3 ZPO als zugestanden anzusehen.

    Der Berufungsbeklagte hat keinen Geschehensablauf dargelegt, der seine fehlende Verantwortung und die Alleinverantwortung eines Dritten zumindest als möglich erscheinen lässt (vgl. insofern auch die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 092/2015 vom 11.06.2015 zum Rechtsstreit BGH - I ZR 75/14). Dass er sich während der Rechtsverletzung bei der Arbeit befunden hat, mag zutreffen, steht einer Rechtsverletzung durch ihn selbst aber nicht entgegen. Der Berufungsbeklagte könnte den Filesharingvorgang z.B. bereits vor Verlassen des Hauses initiiert haben. Da er auch keine Personen benannt hat, die auf seinen Anschluss zugreifen können und an seiner Stelle ernsthaft als Täter in Betracht kommen, ist seine Behauptung, als kinderloses Ehepaar hätten sie keinerlei Nutzen, einen Kinderfilm aus dem Internet herunterzuladen, ebenfalls unerheblich.

    Soweit der Berufungsbeklagte in zweiter Instanz erstmals bestritten hat, dass die klägerseitig zur Ermittlung von Filesharingverstößen eingesetzte Software [Name] des Internetdienstleisters [Name] korrekte bzw. ausreichend sichere Ergebnisse liefere, ist er mit diesem Vorbringen gemäß § 531 Absatz 2 S. 1 ZPO präkludiert. Es ist weder dargetan noch erkennbar, warum er dies nicht bereits erstinstanzlich hätte anzweifeln können. Eine der Ausnahmen des § 531 Absatz 2 S. 1 Nr. 1 und / oder 2 ZPO, bei denen erst in der Berufungsinstanz vorgebrachte (Angriffs- und) Verteidigungsmittel ausnahmsweise zuzulassen sind, ist im Streitfall nicht einschlägig.

    An einem Verschulden des Berufungsbeklagten bestehen mit Blick auf die hohen Sorgfaltsanforderungen im gewerblichen Rechtsschutz keine Zweifel. Filesharingverstöße werden regelmäßig sogar vorsätzlich und nicht nur fahrlässig begangen, da sie die Installation von spezifischer Filesharingsoftware erfordern.


    bb)

    Der aus der schuldhaften Zuwiderhandlung resultierende Anspruch der Berufungsklägerin auf Schadensersatz ist entgegen der vom Amtsgericht im angegriffenen Urteil vertretenen Rechtsansicht nicht verjährt.


    (1)

    Schadensersatzansprüche nach § 97 Absatz 2 UrhG verjähren allerdings prinzipiell - so auch im Streitfall - nach Ablauf von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss desjenigen Jahres, in dem sie entstanden sind.

    Die Verjährung von Ansprüchen wegen der Verletzung eines nach dem UrhG geschützten Rechts richtet sich gemäß § 102 S. 1 UrhG nach den allgemeinen Grundsätzen. Ansprüche auf Schadensersatz (§ 97 Absatz 2 UrhG) verjähren folglich drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründeten Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§§ 195 i.V.m. 199 Abs. 1 BGB, vgl. auch BGH - Urt. v. 15.01.2015 - I ZR 148/13 - "Motorradteile", juris, Rn. 21). Eine grob fahrlässige Unkenntnis i.S.v. § 199 Absatz 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn der Gläubiger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der Gläubiger muss es versäumt haben, eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen (vgl. z. B. OLG Düsseldorf - Urt. v. 03.12.2013 - Az. 20 U 138/12), juris, Rn. 20 m. w. N.).

    Dies trifft vorliegend zu. Die Berufungsklägerin hatte bereits mit Übermittelung der Daten durch die Telekom mit Schreiben vom 18.12.2009 Kenntnis davon, dass der in Rede stehende Verstoß gegen das Urhebergesetz vom Anschluss des Berufungsbeklagten aus begangen wurde (Anlage K 4, Bl. 31 d. A.).


    (2)

    Jedoch schließt die Verjährung der Schadensersatzansprüche aus § 97 Absatz 2 UrhG die Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe des durch die Verletzung Erlangten nicht aus.

    Gemäß § 102 S. 2 UrhG findet, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat, § 852 BGB entsprechende Anwendung. Nach letztgenannter Vorschrift ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, wobei dieser Anspruch frühestens innerhalb von zehn Jahren verjährt (§ 852 S. 1 und 2 BGB; sog. Restschadensersatzanspruch bzw. deliktischer Bereicherungsausgleich).

    Die Klageforderung erstreckt sich auf diesen Restschadensersatzanspruch, bei dem es sich um einen Anspruch aus unerlaubter Handlung handelt, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (vgl. BGH - Urt. v. 15.01.2015 - I ZR 148/13 - "Motorradteile", juris, Leitsatz 2. sowie Rn. 27, 29, 31).


    a)

    Soweit in der Rechtsprechung in jüngerer Zeit vermehrt die Auffassung vertreten wird, die Vorschrift des § 852 BGB sei in Filesharingfällen unanwendbar, Schadensersatzansprüche nach der Berechnungsmethode der Lizenzanalogie seien im Fall einer Verjährungseinrede nach Ablauf der dreijährigen Regelverjährung nicht mehr durchsetzbar, tritt die Kammer dieser Ansicht nicht bei.

    Nach den Entscheidungen einer Reihe von Amtsgerichten - darunter die Vorinstanz - sowie der Landgerichte Bielefeld und Frankenthal als Berufungsinstanzen, sind die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB auf Ansprüche auf Zahlung von Lizenzgebühren wegen eines Filesharingverstoßes unanwendbar. Aus Sicht dieser Gerichte war die Fallkonstellation in der BGH-Entscheidung "Bochumer Weihnachtsmarkt" grundlegend anders, weshalb die dort aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht übertragbar seien. Die Verwertungsgesellschaft GEMA ermögliche es einem Nutzer, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von diesem gewünschte Musiknutzung abzuschließen. Demgegenüber bestehe in Filesharingfällen keine Möglichkeit zum Anschluss eines Lizenzvertrages, selbst wenn der Beklagte dies wünsche. Der Filesharer habe folglich keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart.

    Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass es Benutzern von Filesharing-Systemen in erster Linie darauf ankomme, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und selbst zu nutzen. Dass damit notwendigerweise auch verbunden sei, dass während des eigenen Uploadvorganges Dritten ein Download der übertragenen Datenfragmente vom eigenen Computer aus ermöglicht werde, sei eine notwendige Folge, die die Nutzer einer Filesharingbörse in Kauf nähmen. Hierin liege jedoch kein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte.

    Darüber hinaus fehle es an jeglicher Bereicherung des in Anspruch Genommenen in Höhe der geltend gemachten Lizenzgebühr. Es sei gerade das Wesen von Filesharing-Systemen, diese Dateien kostenfrei an Dritte weiterzuverteilen. Dem Wesensmerkmal nach handele es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse um unerlaubte Handlungen, auf die die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches nicht anwendbar seien (vgl. z. B. LG Bielefeld - Beschl. v. 06.02.2015 - Az. 20 S 65/14, juris, Rn. 1 ff.; LG Frankenthal - Beschl. v. 06.02.2015 - Az. S 65/14), veröffentlicht unter http://www.j...nrw.de (Stand: 05.08.2015), Rn. 1 ff.; AG Bielefeld - Urt. v. 06.03.2014 - Az. 42 C 368/13, juris, Rn. 16; AG Düsseldorf - Urt. v. 24.07.2014 -Az. 57 C 15659/13, juris, Rn. 26; AG Kassel - Urt. v. 26.08.2014 - Az- 410 C 1875/14, juris, Rn. 17; dem folgend Lakkis in: Herberger / Martinek / Rüßmann / Weth, juris PK BGB, 7. Aufl. 2015, Stand: 30.06.2015, § 195 Rn. 36.2).


    (b)

    Entgegen der Rechtsprechung der vorzitierten Land- und Amtsgerichte liegt Filesharingfällen keine "grundlegend andere" Fallgestaltung als der BGH-Entscheidung "Bochumer Weihnachtsmarkt" zugrunde (BGH - Urt. v. 27.10.2011 - I ZR 175/10) - "Bochumer Weihnachtsmarkt", bei juris).

    In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall hatte eine Tochtergesellschaft der Stadt Bochum Unterhaltungs- und Tanzmusik aus dem von der Klägerin (GEMA) wahrgenommenen Repertoire auf unentgeltlich zugänglich gemachten Veranstaltungen (Weihnachtsmarkt, etc.) öffentlich wiedergegeben, ohne dass dafür ein passender GEMA-Tarif existierte (a. a. O., Rn. 1, 12, 17, 19). Der Bundesgerichtshof führte aus (a. a. O. Rn. 36 ff.; Hervorh. durch das Landgericht Frankfurt a.M.):
    • "[36] 3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt sind.

      37a) Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach § 102 Satz 1 UrhG die Vorschriften der §§ 194 ff. BGB über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§ 195, 199 Absatz 1 BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren. Es kann offenbleiben, ob danach Schadensersatzansprüche wegen Musikaufführungen bei Veranstaltungen in den Jahren 2004 und 2005 - wie die Revision geltend macht - zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 24. Februar 2009 verjährt waren.

      38b) Hat der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt, findet nach § 102 Satz 2 UrhG die Bestimmung des § 852 BGB entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist danach jedenfalls deshalb nicht verjährt, weil er auf Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten Bereicherung gerichtet ist.

      39aa) Die Beklagte hat durch die Verletzung der von der Klägerin wahrgenommenen Urheberrechte auf deren Kosten etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe keinen Vermögensvorteil erlangt, weil ihr für die Veranstaltungen kein Entgelt zugeflossen sei. Die Beklagte hat durch die öffentliche Aufführung der Musikwerke in den Zuweisungsgehalt des von der Klägerin wahrgenommenen Rechts zur öffentlichen Wiedergabe der Musikwerke eingegriffen und damit auf Kosten der Klägerin den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - BGH - I ZR 68/08, GRUR 2010, GRUR Jahr 2010 Seite 623 Rn. GRUR Jahr 2010 Seite 623 Randnummer 33 = WRP 2010, WRP Jahr 2010 Seite 927 - "Restwertbörse", m. w. N.).

      40bb) Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Absatz 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, GRUR 2010, GRUR Jahr 2010 Seite 623 Rn. GRUR Jahr 2010 Seite 623 Randnummer 33 - "Restwertbörse", m. w. N.). Die Höhe dieser Lizenzgebühr hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bestimmt (vgl. oben Rn. 15 ff.).

      41cc) Die Verpflichtung zum Wertersatz ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte nicht mehr bereichert wäre (§ 818 Absatz 3 BGB). Die Revision macht geltend, bei der Beklagten sei im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz kein Vermögensvorteil mehr vorhanden gewesen, da sie eine hundertprozentige Tochter der Stadt Bochum mit Gewinnabführungs- und Verlustnachschusspflicht sei. Mit diesem Vorbringen hat die Revision schon deshalb keinen Erfolg, weil es sich dabei um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlichen Sachvortrag handelt (§ 559 Absatz 1 ZPO). Der Einwand der Revision wäre aber auch unbegründet. Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Absatz 3 BGB) berufen, da das Erlangte - also der Gebrauch des Schutzgegenstands - nicht mehr entfallen kann (vgl. BGH - Urt. v. 02.07.1971 - I ZR 58/70, BGHZ 56, BGHZ Band 56 Seite 317, BGHZ Band 56 322 - "Gasparone II")."
    Insofern unterscheidet sich die vom Bundesgerichtshof entschiedene Fallkonstellation nicht grundlegend vom Streitfall.

    Auch derjenige, der ein Werk illegal über eine Tauschbörse öffentlich zugänglich macht, greift ohne Zustimmung des Berechtigten in dessen Zuweisungsgehalt ein und erlangt dadurch einen Gebrauchsvorteil. Dass es maßgeblich auf diesen Eingriff bzw. auf das Verschaffen eines Vorteils durch die Nutzung eines fremden Rechts ankommt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung "Motorradteile" von Anfang 2015 erneut bestätigt (BGH - "Motorradteile", a. a. O., Rn. 32 m. w. N.). Vorliegend ist durch die Veröffentlichung in einer Tauschbörse der Zuweisungsgehalt in Form der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG betroffen. Unerheblich ist, ob der Verletzer einen Gewinn erzielt hat (BGH - "Motorradteile", a. a. O., Rn. 34).

    Eine Schadensberechnung nach entgangener Lizenz scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - entgegen der oben dargestellten Auffassung der Landgerichte Bielefeld und LG Frankenthal - auch nicht deshalb aus, weil der Rechtsinhaber dem Nutzer von vornherein keine Lizenz erteilt hätte. Denn ihrer normativen Zielsetzung nach setzt die - fiktive - Lizenz nicht voraus, dass es bei korrektem Verhalten des Verletzers tatsächlich zum Abschluss eines Lizenzvertrages gekommen wäre (vgl. z. B. BGH - Urt. v. 17.06.1992 - I ZR 107/90 - "Tchibo/Rolex II", juris, Rn. 28; Fromm / Nordemann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn. 88). Der Zahlungsanspruch in Form der Lizenzanalogie fingiert keine Zustimmung des Betroffenen, er stellt den Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Rechtsposition - hier das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG - dar (BGH - Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 182/04 - "Rücktritt des Finanzministers" - juris Rn. 12 m. w. N.).


    cc)

    Was die Höhe des vom Berufungsbeklagten zu zahlenden Schadensersatzbetrages angeht, wird bei der von der Berufungsklägerin gewählten Schadensberechnung nach der Methode der Lizenzanalogie der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen bzw. verkehrsüblichen Bedingungen fingiert (BGH - Urt. v. 22.03.1990 - I ZR 59/88 - "Lizenzanalogie", juris, Rn. 16 f.). Im Rahmen der Lizenzanalogie gelten diejenigen Lizenzgebühren als angemessen, die verständige Vertragspartner vereinbart hätten (vgl. BGH - Urt. v. 17.06.1992 - I ZR 107/90 - "Tchibo / Rolex II", juris, Rn. 32 ff.).

    Bestehen Tarifvergütungen, so sind diese zugrunde zu legen. Es ist von demjenigen Tarif auszugehen, der nach seinen Merkmalen der im Einzelfall vorliegenden Art und Weise sowie dem Umfang der Nutzung möglichst nahe kommt (BGH - "Bochumer Weihnachtsmarkt", a. a. O.). Bei der Bemessung eines angemessenen Schadensbetrages auf Basis des § ZPO § 287 ZPO ist dabei jeder Einzelfall im Hinblick auf seine Besonderheiten gegenüber den Durchschnittswerten der Tarife und einer marktüblichen Vergütung zu untersuchen. Zu berücksichtigen sind Dauer, Art, Ort und Umfang der Verletzungshandlung, wie auch der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechts (vgl. z. B. OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Rn. 23).

    Dass eine Schadensberechnung nach Methode der Lizenzanalogie auch dann in Betracht kommt, wenn für einen dem Grunde nach vergütungspflichtigen Vorgang kein passender Tarif existiert, entspricht seit der Entscheidung "Bochumer Weihnachtsmarkt" gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH - Urt. v. 03.07.2014 - I ZR 30/11 - "PC III", juris, Rn. 59; BGH - Urt. v. 27.10.2011 - I ZR 175/10) - "Bochumer Weihnachtsmarkt", juris, Rn. 17).


    (1)

    Eine Bestimmung des Schadens auf Basis eines unmittelbar anwendbaren Tarifs scheidet vorliegend aus.

    Bei Kinofilmen wie dem streitgegenständlichen werden die Lizenzgebühren in aller Regel individuell vereinbart, wobei Inhaber von Nutzungs- und Verwertungsrechten an Musikstücken und Filmwerken grundsätzlich keine Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung der zu ihren Gunsten geschützten Werke in einer Internettauschbörse vergeben.

    Sieht man davon ab, dass das "Distribution Agreement" vom 11.05.2007, mit dem die Berufungsklägerin die ausschließlichen Rechte an dem Filmwerk [Name] erworben hat, keine Lizenzgebühren ausweist, böten die von ihr gezahlten Beträge allenfalls eine grobe Orientierungshilfe bei der Schadensersatzschätzung gemäß § 287 ZPO. Die Berufungsklägerin hat durch vorgenannte Vereinbarung nicht nur zahlreiche Verwertungsrechte erworben (z. B. "Cinematic Rights", "Video Rights", "On-Demand/Demand View Rights", "Free TV-Rights", "Pay TV-Rights"), sondern ihr Nutzungsrecht erstreckt sich zudem auf verschiedene Territorien außerhalb Deutschlands (vgl. Anlage K 1, Bl. 33 ff. d. A.).

    Eine Heranziehung von Tarifen für andere Nutzungs- und Verwertungsrechte scheitert oft an der fehlenden Vergleichbarkeit der in Rede stehenden Fallkonstellationen. Beim Filesharing wird kein wirtschaftlicher Erfolg erzielt. Bei einer Internettauschbörse kann die Anzahl der Downloads allenfalls nach Erfahrungswerten grob geschätzt werden. Dies spricht gegen die Heranziehung eines vorrangig auf den konkreten Nutzungsumfang abstellenden Tarifs. Zahlreiche Tarife betreffen den kommerziellen Einsatz von urhebergesetzlich geschützten Werken im Rahmen eines öffentlichkeitswirksamen, mit Gewinnaussichten verbundenen Kontextes. Es erscheint nicht angemessen, private Filesharer mit kommerziellen Anbietern auf eine Stufe zu stellen (vgl. z. B. OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Rn. 26).


    (2)

    In der Rechtsprechung wird daher teils - v.a. vom OLG Hamburg - vertreten, für die Bemessung des zu erstattenden Schadens könne nicht auf bestehende Tarifwerke zurückgegriffen werden. Eine Berechnung des Schadens auf Grundlage von GEMA-Tarifen verbiete sich schon aus der Natur der Sache, weil die GEMA ausschließlich die Urheberrechte der Komponisten und Textdichter vertrete, während die Nutzung von Musikdateien im Internet wesentlich weitergehende Rechte Dritter betreffe, insbesondere die Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers und der ausübenden Künstler. Das Tarifgefüge der GEMA sei auch ersichtlich weder geeignet noch dazu bestimmt, Rechtsverletzungen Privater im Wege des nichtkommerziellen Filesharings im Internet zu erfassen, da insbesondere nicht zu ermitteln sei, wie hoch die Zahl der Zugriffe auf die einzelnen Musikdateien jeweils gewesen sei. Der Verletzer nutze die zu lizenzierenden Musikdateien auch nicht selbst, sondern stelle sie Dritten ohne finanzielle Vergütung zur Verfügung. Selbst wenn sein Gegenwert darin bestehe, dass er seinerseits auf Musikdateien anderer zugreifen könne, sei das Lizenzgefüge der GEMA auf eine derartige Nutzungssituation ersichtlich nicht abgestellt (OLG Hamburg - Urt. v. 07.11.2013 - Az. 5 U 222/10) - "Gnutella" - juris, Rn. 61).

    Die Höhe des nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu leistenden Schadensersatzbetrages könne deshalb lediglich im Rahmen von § 287 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände geschätzt werden, wobei es der Ermittlung eines angemessenen Pauschalbetrages als Schadensersatzbetrag bedürfe, der in gewissen Grenzen unabhängig von dem konkret in Frage stehenden Titel und dessen aktueller Popularität sei. Der Versuch, für jeden denkbaren Musiktitel einen individuell ausgestalteten Schadensersatzbetrag zu finden, der den Besonderheiten dieses einzelnen Musikstücks gerecht werde (Alter, Hitparadenplatzierung, Verkaufszahlen, Bekanntheit der Gruppe, usw.), könne angesichts der Vielzahl der verfügbaren Musiktitel nicht gelingen bzw. würde einen unangemessen hohen zeitlichen Aufwand erfordern. Bei der aus diesem Grund gebotenen gewissen Pauschalierung pro Titel könne ein jugendlicher Filesharer nicht auf eine Stufe gestellt werden mit Anbietern, die ein geschütztes Werk auf der Grundlage eines Lizenzvertrags zu nutzen bereit wären. Zwar treffe es zu, dass es für die Schadensersatzhöhe nicht darauf ankomme, ob der Verletzer bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in dieser Höhe zu bezahlen. Gleichwohl könne nicht außer Ansatz bleiben, dass es insoweit in erster Linie um Sachverhalte gehe, in denen Jugendliche häufig ohne vollständige Kenntnis der rechtlichen Tragweite ihres Handelns leichtfertig derartige Verletzungshandlungen begingen. Zudem müssten unvertretbar hohe Beträge vermieden werden (vgl. OLG Hamburg - Urt. v. 07.11.2013 - Az. 5 U 222/10 - "Gnutella", juris, Leitsatz 3 sowie Rn. 58 ff.; siehe auch die Übersicht über den rechtlichen Streitstand beim OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Rn. 31).

    Im Ergebnis folgt das OLG Hamburg für die Schätzung eines Mindestschadens jedoch dem alternativen Ansatz des OLG Köln (zu diesem sogleich) und gelangt ebenfalls zu einem geschätzten Schaden von 200,00 EUR für ein Musikstück (die Vorinstanz hatte nur 15,00 EUR pro Titel zugesprochen, was dem OLG Hamburg mit Blick auf einen seines Erachtens gebotenen Multiplikator von 400 (Größenordnung der geschätzten illegalen Titelzugriffe) als zu gering erschien (OLG Hamburg, a. a. O. Rn. 57 ff.; vgl. auch die Übersicht des OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Rn. 31; der Bundesgerichtshof hat einen Betrag von 200,00 EUR für jeden der in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel im Rechtsstreit BGH - I ZR 7/14 unbeanstandet gelassen, vgl. die Pressemitteilung Nr. 092/2015 vom 11.06.2015; die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht worden).


    (3)

    Die Oberlandesgerichte Köln, Düsseldorf und Frankfurt a.M. ziehen für Werke, bei denen die Rechtswahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften erfolgt, als Anhaltspunkt für die Bestimmung einer angemessenen Vergütung verschiedene Tarife der Verwertungsgesellschaften, v.a. der GEMA, heran.

    Aus Sicht des OLG Frankfurt a.M. bieten diese zumindest eine Orientierungshilfe. Da eine gerichtliche Schätzung nicht vorgenommen werden dürfe, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (vgl. insofern BGH - "Tchibo/Rolex II", a. a. O., Rn. 43; BGH - Urt. v. 22.05.1984 - III ZR 18/83), juris, Rn. 55), erscheine eine Orientierung an den sachlich zumindest ähnlich gelagerten GEMA-Tarifen und den verkehrsüblichen Entgeltsätzen für legale Downloadangebote im Internet jedenfalls zur Bestimmung einer Größenordnung des Schadens entgegen der Auffassung des OLG Hamburg naheliegend und geboten (OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13, juris, Rn. 25 f.; OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Rn. 33).


    (a)

    Für Musikstücke wird v.a. auf den GEMA-Tarif VR-OD 5 rekurriert, der die Nutzung einzelner Titel - auch durch Download aus dem Internet - zum Gegenstand hat und für ein Werk mit einer Spieldauer von bis zu fünf Minuten eine Mindestvergütung von 0,1278 EUR pro Zugriff vorsieht. Mit Blick auf das höhere wirtschaftliche Risiko eines Tonträgers wird kombiniert auf die Rahmenvereinbarung der Tonträger-Branche abgestellt und für jeden Fall des Zugriffs auf die angebotenen Dateien ein Betrag von 0,50 EUR veranschlagt.


    (aa)

    Die Oberlandesgerichte Frankfurt a.M. und Köln gehen im Rahmen der Schadensschätzung - wie auch das OLG Hamburg - von mindestens 400 illegalen Zugriffen aus und gelangen auf diese Weise auf einen fiktiven Lizenzbetrag von 200,00 EUR pro Musikstück (0,50 EUR x 400 Zugriffe, vgl. OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13, juris, Rn. 23 ff., die 3. Zivilkammer des LG Frankfurt a.M. hatte lediglich 150,00 EUR zugesprochen (vgl. Rn. 2); OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Leitsatz 2 sowie Rn. 32 (auch für Zeitraum von mehreren Wochen), jeweils m. w. N.).


    (bb)

    Das OLG Düsseldorf hält die Schätzung von 400 Downloadzugriffen hingegen für übersetzt, nicht zuletzt, weil bei der Nutzung von Filesharingsoftware ein Musiktitel in der Regel nicht vollständig von einem Anbieter, sondern in Fragmenten bei mehreren Anbietern heruntergeladen werde (sog. Chunks). Gerade bekannte Popsongs, die hohe Platzierungen erreichten, würden von vielen Anbietern in Tauschbörsen eingestellt, so dass auf jeden Anbieter nur Bruchteile entfielen, weshalb erst nach mehreren Zugriffen ein kompletter Download vorliege. Es seien daher nicht mehr als 200 Downloadvorgänge in Ansatz zu bringen.

    Das OLG Düsseldorf hat die Bereicherung aufgrund dessen "nur" auf 100,00 EUR pro Musiktitel geschätzt (OLG Düsseldorf - Urt. v. 03.12.2013 - Az. 20 U 138/12, juris, Rn. 31; vgl. auch AG Düsseldorf - Urt. v. 24.07.2014 - Az. 57 C 15659/13, juris, Rn. 24).


    (b)

    Für Filme wird teils auf den GEMA-Tarif VR-W I (für die Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires als Hintergrundmusik, Funktionsmusik oder Streaming von Musik auf Internetseiten und Intranetseiten) zurückgegriffen und im Hinblick darauf, dass Streams im Gegensatz zu den im Rahmen von Filesharing-Netzwerken ermöglichten Downloads nicht auf eine dauerhafte Speicherung ausgerichtet sind, ein Aufschlag von 50% gemacht (LG Düsseldorf - Urt. v. 24.11.2010 - Az. 12 O 521/09, juris, Rn. 21; siehe insofern auch die Darstellung des OLG Frankfurt a. M. - Urt. v. 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13, juris, Rn. 19 sowie Urt. v. 16.12.2014 - Az. 11 U 27/14, juris, Rn. 29).


    (4)

    Die Spezialabteilung des Amtsgerichts Düsseldorf geht demgegenüber davon aus, dass sich der Schadenersatz gemäß der Lizenzanalogie bei lediglich einer festgestellten IP-Adresse grundsätzlich an der Anzahl der möglichen Downloads Dritter unter Beteiligung von Chunks der Beklagtenseite für die Dauer der eigenen Downloadzeit orientiere. Da sich hieraus bei geringer Größe der herunter zu ladenden Datei aber Werte ergeben könnten, die unangemessen niedrig seien, sei in einem solchen Fall bei der Schätzung gemäß § 287 Absatz 1 ZPO von der doppelten eigenen Downloadzeit auszugehen. Dies rechtfertige sich daraus, dass ein Abbruch der Verbindung exakt im Zeitpunkt des Endes des Downloads nicht zu erwarten sei. Angesichts des Zwecks des Filesharings, sich eine Kopie zur Eigennutzung zu verschaffen, könne aber ohne Ermittlung weiterer IP-Adressen nicht von einer noch längeren Verbreitungszeit ausgegangen werden (vgl. z. B. AG Düsseldorf - Urt. v. 24.03.2015 - Az. 57 C 9341/14, juris, Leitsatz sowie Rn. 17 ff.). Das Amtsgericht Düsseldorf geht daher davon aus, dass der bereicherungsrechtliche Anspruch des Geschädigten aus §§ 852 S. 1, 812 ff. BGB nur den durch das Ziehen der einzelnen Kopie zur Eigennutzung gewonnenen Vorteil betreffe. Hinsichtlich der Verbreitung fehle es an einer Bereicherung (AG Düsseldorf - Urt. v. 13.01.2015 - Az. 57 C 7592/14), juris, Leitsatz 4 sowie Rn. 18).

    Gegen Letzteres spricht, dass der Bundesgerichtshof, wie dargetan, maßgeblich auf den Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Rechtsinhabers abstellt.

    Das AG Düsseldorf nimmt insgesamt eine recht aufwendige Schätzung anhand des Nettoverkaufspreises zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung, einer Lizenzgebühr von 20% auf diesen Preis, der konkreten Größe der öffentlich zugänglich gemachten Datei sowie der Größe der Chunks in der jeweiligen Tauschbörse sowie der Dauer von Down- und Uploads bei einem üblichen DSL 6000-Anschluss vor. Es ermittelt auf diese Weise die Zahl der möglichen Downloads durch Dritte während eines eigenen Downloadvorgangs durch den Verletzer und verdoppelt den sich so ergebenden Betrag. Im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung dupliziert es diesen Betrag teils erneut (vgl. z. B. Urt. v. 13.01.2015 - Az. 57 C 7592/14, juris, Rn. 14 ff.; Urt. v. 24.03.2015 - Az. 57 C 9341/14, juris, Rn. 17 ff.).

    Diese Methode erscheint nur auf den ersten Blick exakter als eine Schadensschätzung anhand vergleichbarer GEMA-Tarife. Bei genauerer Betrachtung gründet auch sie auf zahlreichen, nicht empirisch belegten Unterstellungen.


    (5)

    In Fällen, in denen das öffentliche Zugänglichmachen nachweislich oder unstreitig Folge eines illegalen Downloads des betreffenden Werkes bzw. Leistungsschutzrechts ist, besteht der Gebrauchsvorteil für den Verletzer jedenfalls in den ersparten Kosten für einen rechtmäßigen Erwerb des betreffenden Werkes (siehe auch AG Kassel - Urt. v. 26.08.2014 - Az. 410 C 1875/14, juris, Rn. 17, das dennoch die Grundsätze der Lizenzanalogie für unanwendbar hielt). Die Maßgeblichkeit dieses Gebrauchsvorteils scheidet aber bereits dann aus, wenn das betreffende Werk zwar legal erworben wurde, aber unter Verstoß gegen das Urhebergesetz über eine Tauschbörse öffentlich wahrnehmbar gemacht wird, z. B. während der Verletzer gleichzeitig ein oder mehrere andere Werke über die Tauschbörse herunterlädt. Dies kann für ihn sinnvoll sein, da etliche Tauschbörsen die Downloadgeschwindigkeit an den Umfang des Upload-Angebots knüpfen.


    (6)

    In Fällen wie dem vorliegenden besteht keine passende Schätzungsgrundlage.

    Mit [Name] steht ein 80-minütiger Animationsfilm in Rede, dessen Produktion über 6 Mio. USD gekostet hat und der erst kurz vor dem festgestellten Verstoß in Deutschland auf den Markt kam.


    (a)

    Hierfür ist kein Tarif ersichtlich, der Anknüpfungspunkt für eine Schadensschätzung sein könnte.

    Die GEMA-Tarife können nicht herangezogen werden, da sie primär die Kosten der Verwendung von Musikstücken abbilden.

    Die von der GÜFA (Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten mbH) geforderten Tarife bieten keine geeignete Schätzungsgrundlage. Sie decken im Wesentlichen verschiedene Rechte zur (Live-)Vorführung von pornografischen Filmen ab. Soweit mit dem Tarif V ein Tarif für das Vermieten von Videokassetten und Multimedia-Produkten aus dem GÜFA-Repertoire existiert, knüpft dieser neben dem Vermietentgelt in Euro an die Stückzahl der Vermietungen an. Die Zahl der Downloads ist beim Filesharing indes gerade unbekannt.

    Die VGF (Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH) nimmt die Rechte von Filmherstellern an deutschen und ausländischen Filmwerken sowie an deutschen Fernsehwerken wahr, soweit das Fernsehwerk mit eigenen Mitteln des Filmherstellers hergestellt wurde. Sie kalkuliert die Vergütungen für die einzelnen Produktionen nach einem Punktesystems, das u. a. abhängig vom Sender der Ausstrahlung divergiert ("Senderbepunktung"). Die VGF schüttet ihr Aufkommen aus Einnahmen für Vermietungen an Private (§ 27 UrhG), für Vervielfältigungen gemäß § 54 UrhG und für Kabelweitersendungen anhand unterschiedlicher Kriterien, v.a. differenzierter Werkfaktoren für Kino-, Kinodokumentar-, Spielfilme und z. B. Spielserien, jeweils aus dem In- bzw. Ausland, sowie der Länge des Filmwerks in Minuten, aus. Welche Vergütung für die Ausstrahlung eines Filmes wie [Name] zu entrichten wäre, lässt sich dem Internetauftritt der VGF vom 05.07.2015 nicht entnehmen. Allerdings stehen mit der Ausstrahlung von Filmen im Fernsehen und dem Angebot eines Filmes zum Download in einer Internettauschbörse auch keine vergleichbaren Werknutzungen in Rede.

    Bei der VFF handelt es sich um die Verwertungsgesellschaft der deutschen Auftragsproduzenten, öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, von privaten Sendeunternehmen und einigen regionalen Fernsehveranstaltern. Die VFF nimmt treuhänderisch die aus deren Leistungsschutzrecht resultierenden Rechte und Vergütungsansprüche (an Fernsehwerken) wahr. Die am 05.07.2015 auf ihrer Internetseite wiedergegebene Tarife (bzw. Tarifänderungen) für die Vervielfältigung von Fernsehsendungen und Fernsehproduktionen zur internen Wiedergabe durch Bundes- oder Landesbehörden betragen 1,00 EUR, 2,00 EUR bzw. 9,00 EUR pro angefangener Spieldauerminute.

    Schon weil es sich bei dem streitgegenständlichen Film nicht um ein Fernsehwerk, sondern um einen zum Verletzungszeitpunkt gerade erst in Deutschland angelaufenen Kinofilm handelt, lässt sich für den Streitfall aus vorgenannten Tarifen keine Lizenzgebühr ableiten.


    (b)

    Nach Meinung der Berufungsklägerin beträgt der minimale Lizenzsatz für einen legalen Download im Streitfall 5,00 EUR (Bl. 19 d. A.). Ausgehend von 10.000 illegalen Weiterverbreitungen schulde der Berufungsbeklagte ihr prinzipiell eine Lizenzgebühr i.H.v. 50.000,00 EUR (Bl. 18 f. d. A.).

    Die Annahme von 10.000 Weiterverbreitungen erscheint trotz der Aktualität des im Streitfall in Rede stehenden Filmwerkes recht hoch, nicht zuletzt, weil der Download eines ganzen Filmes länger dauern kann und daher weniger üblich sein dürfte als der illegale Download einzelner Musikstücke.

    Ausgehend von 50 bis maximal 100 Weiterverbreitungen infolge der öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Films durch den Berufungsbeklagten gelangte man auf Basis der klägerischen Betragsvorstellung von 5,00 EUR pro Download auf eine fiktive Lizenzgebühr zwischen 250,00 EUR und 500,00 EUR.

    Auf Grundlage der vom Berufungsbeklagten behaupteten allenfalls 10 direkten Downloads, käme man - allerdings ohne Berücksichtigung potenzieller Weiterverbreitungen - nur zu einer Lizenzgebühr von 50,00 EUR.

    Für die der Klage zugrundeliegende gelegte Mindestlizenz von 400,00 EUR hätte es auf Basis eines Betrages von 5,00 EUR je Download insgesamt 80 Weiterverbreitungen bedurft. Auch dies erscheint mit Blick auf den üblichen Download nur einzelner Chunks von verschiedenen Rechnern vergleichsweise viel, wenn auch andererseits mit Blick auf die unbekannte Dauer des Verstoßes nicht absolut unrealistisch.

    Im Streitfall besteht das Dilemma, dass für eine verlässliche Schadensschätzung keine empirische Grundlage besteht. Vernünftige Vertragsparteien hätten die Zahl der Downloads, insbesondere unter Berücksichtigung der sog. Chunks, vermutlich nicht zum Maßstab für die Höhe der Lizenzgebühr gemacht. Sie hätten auch unberücksichtigt gelassen, dass sich die Zahl der Filmanbieter in einer Internettauschbörse mit der Popularität und Aktualität des konkret zugänglich gemachten Filmwerkes potenzieren dürfte.

    Es kann aber dennoch davon ausgegangen werden, dass sich verständige Parteien für die in Rede stehende Werknutzung zumindest auf eine Lizenzgebühr in Höhe der eingeklagten 400,00 EUR verständigt hätten.

    Löst man sich von den oben dargestellten Versuchen einer Schadenschätzung auf Grundlage der hypothetischen Zahl von Weiterverbreitungen, die mangels eines Anhaltspunktes für die Zahl der Downloadvorgänge vollkommen in der Luft hängen würde, und stellt man stattdessen darauf ab, was vernünftige Lizenzvertragsparteien bei objektiver Betrachtung sinnvollerweise vereinbart hätten, erscheint eine Lizenzgebühr von 400,00 EUR für eine nicht exklusive Lizenz zur öffentlichen Zugänglichmachung des Filmes [Name] in einer Internettauschbörse mit Blick auf die Kosten für die Produktion dieses Films und angesichts des Risikos seiner unkontrollierbarer Weiterverbreitung nicht überzogen. In der Vergangenheit hat die Kammer den durch das öffentliche Zugänglichmachen eines pornografisches Filmwerks entstandenen Schaden nach der Lizenzanalogie bereits auf 1.000,00 EUR geschätzt (Urt. v. 14.03.2012 - Az. 2-06 O 528/11, Ziff. 4. d)).


    b)

    Die Berufungsklägerin kann vom Berufungsbeklagten gemäß § 97a Absatz 1 S. 2 UrhG a. F. auch Ersatz von Abmahnkosten für die berechtigte vorgerichtliche Abmahnung des Berufungsbeklagten vom 18.02.2010 (Anlage K 9, Bl. 42 ff. d. A.) in Höhe von 555,60 EUR verlangen (1,3-Gebühr aus 7.500,00 EUR nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Anlage 2 zu § 13 Absatz 1 RVG zzgl. 20,00 EUR Kostenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG; vgl. insofern auch die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 092/2015 zum Urteil vom 11.06.2015 in der Sache BGH Aktenzeichen I ZR 7/14).


    aa)

    Der Anspruch der Berufungsklägerin auf Abmahnkostenersatz ist nicht verjährt.

    Diesbezüglich ist gemäß §§ 97a a.F. i.V.m. 102 UrhG, 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB von einer regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, auszugehen.

    Da weder dargetan noch erkennbar ist, dass die Kosten für die Abmahnung vom 18.02.2010 bereits im Jahr 2009 entstanden sind, hat die Zustellung des Mahnbescheids am 23.11.2013 die Verjährung gehemmt.


    (1)

    Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts begann die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nicht bereits im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung.

    Das Amtsgericht hat - entsprechend einer Entscheidung des Amtsgerichts Bielefeld - auf § 199 Absatz 5 BGB rekurriert, demzufolge bei einem Anspruch auf ein Unterlassen an die Stelle der Anspruchsentstehung die Zuwiderhandlung tritt. Der Zeitpunkt der Zuwiderhandlung ist das behauptete Anbieten zum Download im Internet über eine P2P-Tauschbörse.

    Aus Sicht vorgenannter Amtsgerichte kann der Verjährungsbeginn des Kostenerstattungsanspruches nicht dadurch verlängert werden, dass mit dem Ausspruch einer Abmahnung zugewartet wird. Der Unterlassungs- und der darauf beruhende Kostenerstattungsanspruch unterlägen insoweit den gleichen verjährungsrechtlichen Bestimmungen (vgl. auch AG Bielefeld - Urt. v. 06.03.2014 - Az. C 368/13, juris, Rn. 15).


    (2)

    Für diese Sichtweise bietet das Gesetz allerdings keine Grundlage.


    (a)

    Soweit der Anspruch auf Abmahnkostenersatz als Schadensersatz beansprucht wird - im Streitfall gemäß § 97 Absatz 2 UrhG - gilt zwar der Grundsatz der sog. Schadenseinheit, d. h. die Verjährung auch später erst fällig werdender Ersatzansprüche beginnt einheitlich, sobald der Eintritt irgendeines Vermögensnachteils möglich erscheint und eine Feststellungsklage denkbar ist, ungeachtet dessen finden auf die Verjährung von Aufwendungsersatzansprüchen gemäß § 97a UrhG nach § 102 UrhG, wie dargetan, aber die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 194 ff. BGB entsprechende Anwendung (vgl. LG Frankfurt a.M. - Urt. v. 24.06.2015 - Az. 2-06 O 528/11, S 2/15, Ziffern 1. a), 2. a)).


    (b)

    Soweit die amtsgerichtlich Rechtsprechung teilweise auf § 199 Absatz 5 BGB abstellt, wird verkannt, dass diese Norm den Beginn der Verjährungsfrist für Unterlassungsansprüche vom (früheren) Zeitpunkt der Anspruchsentstehung (es besteht ab sofort ein Unterlassungsanspruch) auf den (späteren) Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verschiebt, damit die Verjährungsfrist nicht schon vor der (ersten) Zuwiderhandlung beginnt. Im Vorfeld eines Verstoßes hat der Berechtigte nämlich weder einen Anlass noch die Möglichkeit, gegen den Verpflichteten vorzugehen (vgl. z. B. Ellenberger in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 199 Rn. 23 m. w. N.).

    Verlagerte man den Beginn der Verjährungsfrist bei einem Anspruch auf Abmahnkostenersatz auf den Zeitpunkt des Verstoßes gegen das Urhebergesetz vor, liefe die Verjährungsfrist demgegenüber bereits, bevor der Anspruch überhaupt entstanden ist. Dies wäre contra legem.

    Eine Vorverlagerung zum Schutz des als Verletzer in Anspruch Genommenen ist auch nicht geboten. Der Rechtsinhaber kann Letzteren - bis zur zeitlichen Grenze einer Verwirkung - jederzeit abmahnen, solange die Wiederholungsgefahr nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung entfallen ist. Ein Missbrauch zulasten des Verletzers liegt darin nicht.


    bb)

    Der Höhe nach ist die Forderung nach Kostenersatz für die Abmahnung des Berufungsbeklagten nicht zu beanstanden.


    (1)

    Die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG a. F., der zufolge der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR beschränkt war, ist im Streitfall mangels einer nicht unerheblichen Rechtsverletzung unanwendbar. Eine unerhebliche Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs setzt ein geringes Ausmaß der Verletzung in qualitativer wie quantitativer Hinsicht, also ein Bagatelldelikt, voraus.

    Jedenfalls aber ist die vorliegende Rechtsverletzung - obschon nur ein einziges Filmwerk betroffen ist - nach den für § 97a Abs. 2 UrhG a. F. anzuwendenden Maßstäben qualitativ nicht als unerheblich zu bewerten. Die im Internet begangenen Urheberrechtsverstöße können in ihrer Häufung zu erheblichen Umsatzeinbußen in der Filmbranche führen. Wer eine Filmdatei auf einer Internettauschbörse zum Herunterladen anbietet, handelt im Allgemeinen nicht rein altruistisch. Er strebt zumindest mittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil an, weil er eigene finanzielle Aufwendungen für den erwünschten Erwerb der vom Tauschpartner kostenfrei bezogenen Werke erspart. Er nimmt dabei in Kauf, dass sich dies negativ auf den Vermarktungserfolg des Rechteinhabers auswirkt (ebenso OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13, juris, Rn. 32 ff.).


    (2)

    Was die Höhe des Gegenstandswerts für die Abmahnkosten anbelangt, sind die von der Berufungsklägerin zugrunde gelegten 7.500,00 EUR nicht zu hoch.

    Das OLG Frankfurt a.M. hat einen Gegenstandswert von 6.000,00 EUR für das Filesharing eines einzelnen Musikstücks unbeanstandet gelassen (OLG Frankfurt a.M. - Urt. v. 15.07.2014 - Az. 11 U 115/13, juris, Rn. 39).

    Im Streitfall steht das Angebot eines mit einem Kostenaufwand von über 6 Mio. USD produzierten, zur Tatzeit aktuellen, internationalen Kinofilms in Rede.

    Der für die Bestimmung des Gegenstandswertes maßgebliche sog. Angriffsfaktor ist angesichts des Wertes des in Rede stehenden Filmwerkes, des Zeitpunktes seiner Wahrnehmbarmachung im Vorfeld der Weihnachtszeit 2009 und mit Blick auf die Gefahr seiner unkontrollierbaren Verbreitung über eine Internettauschbörse nicht gering einzuschätzen.

    Soweit das Amtsgericht Düsseldorf demgegenüber die Ansicht vertritt, angemessen sei bei einem Filesharing durch eine Privatperson nur ein Streitwert in Höhe des fünffachen Schadensersatzes nach der Lizenzanalogie (vgl. z. B. Urt. v. 13.01.2015 - Az. 57 C 7592/14, juris, Rn. 20; Urt. v. 24.03.2015 - Az. 57 C 9341/14, juris, Rn. 19), wird dies dem Angriffsfaktor in Filesharingfällen nicht gerecht. Keinesfalls wäre es legitim, die mittlerweile bestehende gesetzliche Deckelung des Gegenstandswerts für eine Abmahnung von 1.000,00 EUR zu unterschreiten (§ 97 a Absatz 3 S. 2 UrhG n. F.).


    c)

    Zinsen auf die zugesprochenen Beträge kann die Berufungsklägerin jeweils seit dem auf die Zustellung der Anspruchsbegründung vom 15.08.2014 folgenden Tag, d. h. seit dem 30.08.2014 verlangen (zur Zustellung am 29.08.2014, vgl. Bl. 53 d. A.).

    Die Streitsache gilt nicht bereits als seit Zustellung des Mahnbescheids am 23.11.2013 rechtshängig geworden, da sie nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben worden ist. Die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens sind schon am 04.12.2013 bei der Berufungsklägerin angefordert worden. Das Verfahren ist erst am 10.07.2014 abgegeben worden (vgl. Bl. 5 d. A.).

    Da die Berufungsklägerin ausdrücklich Zinsen "seit Rechtshängigkeit" - also seit Zustellung der Klage an den Berufungsbeklagten (§§ 261 Abs. 1 i.V.m. 253 Abs. 1 ZPO) - und keine Verzugszinsen verlangt, können wegen § 308 Absatz 1 ZPO auch keine Zinsen bereits seit Zustellung des Mahnbescheids zugesprochen werden (vgl. insofern § 286 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB).


    2.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Absatz 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.


    3.

    Gegen dieses Urteil war gemäß § ZPO § 543 Absatz 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zuzulassen. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14,
sekundäre Darlegungslast,
Verjährung,
Verjährung Schadenssersatz,
10-jährige Verjährungsfrist,
Klage BaumgartenBrandt,
Berufung BaumgartenBrandt

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#10633 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. April 2016, 10:14

Rechtsanwälte Dorka, Wings und Schmitz:
Nimm dies, Abmahnindustrie!



10:15 Uhr


Nur eine kleine Entscheidung, aber gegen einen nervigen Gegner. Nervig, weil die Abmahnindustrie schlicht und einfach nervt. Das Schema und die Taktik ist doch immer die gleiche: Mandanten bekommen von den üblich verdächtigen Anwaltskanzleien Schreiben mit der Behauptung, man habe irgendetwas, entweder ein Lied, ein Pornofilm oder sonst etwas, was man dringend haben muss, über ein Filesharing-Protokoll geladen. Tattag und sekundengenaue Uhrzeit inklusive. Das ganze verbunden mit einer Unterlassungserklärung, die man unterschreiben soll und dem großzügigen Angebot, bei Zahlung von vielleicht nur 1.000,00 EUR wäre die Sache erledigt.


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Rechtsanwälte Dorka, Wings und Schmitz

Hochstraße 54 | 45964 Gladbeck
Fon (02043) 67880 | Fax (02043) 62145
E-Mail: buero@dorkawings.de | Web: www.dorkawings.de



Bericht

Link: http://www.dorkawings.de/2016/04/nimm-d ... industrie/

Urteil als PDF: http://urteile.dorkawings.de/AGBochum70C40-16.pdf



Autor:
Rechtsanwalt Thomas Wings
Fachanwalt für Strafrecht



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Mal abgesehen von dem Umstand, wie viel Geld das für die meisten Menschen ist, können sehr viele Mandanten weder mit dem angeblich heruntergeladenen Lied (oder Film) etwas anfangen, noch kann es sein, dass von dem in Anspruch genommenen Mandanten zur "Tatzeit XY" etwas illegales gemacht worden sei.

Wir antworten also höflich, geben zu bedenken, dass der Mandant keinen Rechtsverstoß begangen hat, fügen eine selbst formulierte Unterlassungserklärung anbei, weil es zum einen eine Erklärung zu einer Selbstverständlichkeit ist ("... ich werde nie dieses Lied zum Upload bereitstellen" - müsste man eigentlich a la Bart Simpson hundertmal in die Unterlassungserklärung schreiben ...) und weil es andererseits die Abmahnindustrie nicht dazu verführt, teure Prozesse gegen Mandanten zu führen, die die Mandanten schon wegen der Verfahrenskosten an den Rande des Ruins bringt.

Die Industriellen lassen jedoch nicht locker, sondern schicken in loser Reihenfolge nach einem Zufallsprinzip immer wieder Wünsche nach Geld. Man solle doch die Rechtsprechung beachten, vor allem die des internetfeindlichen BGH. Die Forderungen werden nach unten korrigiert, stets mit der Androhung einer Klage. Der Ton wird rauer - wir antworten erst gar nicht. Kostet nur Zeit, Nerven und Geld.

Sehr, sehr selten machen die Industriellen ihre Drohung wahr und verklagen die Betroffenen einer Abmahnung. Dann kann man anfangen, den Sachverhalt gegenüber dem Gericht darzulegen und nicht selten ziehen die Abmahnindustriellen ihre Klage im Verlaufen des Verfahrens wieder zurück.

Nicht so in einem kleinen Verfahren von letzter Woche. Dort bestand eine angebliche Urheberrechtsinhaberin vier Jahre nach dem angeblichen Vorfall auf einem Urteil. Das bekam sie jetzt - und verlor. Das Amtsgericht Bochum (70 C 40/16) hat die Klage abgewiesen, weil die Industriellen nicht beweisen konnten, dass der Mandant den Urheberrechtsverstoß begangen hat.


Recht so!

Und hier ist das Urteil im Volltext.





Amtsgericht Bochum, Urteil vom 13.04.2016, Az. 70 C 40/16


  • (...) In dem Rechtsstreit

    der DigiRights ...
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Sebastian, Daniel,

    gegen

    [Name]
    - Beklagten, -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dorka und Partner, Hochstr. 54, 45964 Gladbeck,


    hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 13.04.2016 durch den Richter am Amtsgericht für Recht erkannt:


    I.

    Die Klage wird abgewiesen.


    II.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.


    III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Tatbestand:

    Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten anlässlich einer angeblichen Urheberrechtsverletzung. Dazu behauptet die Klägerin, der Beklagte habe am 02.03.2012 die Tonaufnahme "Ai ..." von "M. T." über seinen Internetanschluss ohne Erlaubnis der Klägerin, die Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte sei, öffentlich anderen Nutzern zum Download angeboten. Dafür begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe einer Lizenzgebühr sowie Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten.


    Die Klägerin beantragt,
    • die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.05.2015 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.


    Er macht geltend, er habe weder etwas auf einer Tauschbörse herunter geladen noch die streitgegenständliche Tonaufnahme anderen zum Download angeboten. Zur Zeit der angeblichen Urheberrechtsverletzung sei der Internetanschluss auch von anderen, nämlich der Zeugin [Name] und seinem Sohn [Name] genutzt worden. Die Zeugin [Name] habe seinen WLAN-Anschluss über ihren eigenen Laptop genutzt. Der Sohn habe den WLAN-Anschluss entweder über den PC des Beklagten oder über sein eigenes Smartphone genutzt. Den minderjährigen Sohn habe er seinerzeit belehrt, keine Urheberrechtsverletzung im Internet zu begehen. Zudem habe es sich um einen verschlüsselten WLAN-Anschluss gehandelt.

    Für weitere Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Beklagte haftet unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für die geltend gemachte Urheberrechtsverletzung. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung noch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. So war es auch im vorliegenden Fall.

    Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast ausreichend genügt. Der Beklagte hat nämlich nicht nur die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs Anderer auf seinen Internetanschluss, sondern konkret vorgetragen, dass andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. Er hat nämlich dargelegt, dass der Internetanschluss außer ihm auch weiteren in der Klageerwiderung genau bezeichneten Personen zur Verfügung stand und diese auch zur Zeit des angeblichen Urheberrechtsverstoßes den Anschluss mitbenutzt haben. Zugunsten der Klägerin spricht zwar eine tatsächliche Vermutung, die jedoch keine Beweislastumkehr bewirkt, dass eine festgestellte Urheberrechtsverletzung von dem Anschlussinhaber verursacht ist. Der aus der tatsächlichen Vermutung folgenden sekundären Darlegungslast hat der Beklagte aber genügt. Nach seinem Vortrag besteht die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs. Danach war die Klägerin in vollem Umfang für eine Rechtsverletzung durch den Beklagten darlegungs- und beweispflichtig. Indes ist ein entsprechendes Beweisangebot nicht erfolgt.

    Eine Störerhaftung des Beklagten kommt nicht in Betracht. Der Beklagte hat dargelegt, dass er minderjährige Mitnutzer belehrt habe, kein Unrecht im Internet anzustellen. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Beklagten, die Nutzung des Internets durch seinen minderjährigen Sohn zu überwachen, bestand mangels Anhaltspunkten für Verstöße nicht. Zudem handelte es sich auch um einen verschlüsselten WLAN-Anschluss.

    Danach war die Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 91, 708 Nr. 11 in Verbindung mit § 711 ZPO abzuweisen



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
    • 1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
      2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

    • Landgericht Bochum,
      Westring 8,
      44787 Bochum,

    eingegangen sein. (...)


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AG Bochum, Urteil vom 13.04.2016, Az. 70 C 40/16,
sekundären Darlegungslast,
Klage RA Daniel Sebastian,
Klage DigiRights Administration GmbH,
Minderjährige,
Minderjährige Kinder,
Rechtsanwälte Dorka - Wings und Schmitz,
Rechtsanwalt Thomas Wings

The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10634 Beitrag von The Grinch » Dienstag 19. April 2016, 11:23

Herzlichen Glückwunsch, an Mandant und vertretendem RA!
Mal sehen ob RA D.S. in Berufung geht (und sich eine weitere Klatsche ein fängt).

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#10635 Beitrag von Steffen » Dienstag 19. April 2016, 12:41

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AG Nürtingen, Az. 10 C 2031/15

#10636 Beitrag von Steffen » Mittwoch 20. April 2016, 00:31

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Nürtingen verurteilt Anschlussinhaber in Filesharingverfahren antragsgemäß - bloßes Nachfragen bei Mitnutzern reicht nicht aus, um klägerische Ansprüche zu erschüttern


00:30 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen


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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... chuettern/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 031_15.pdf



Autorin:
Rechtsanwältin Claudia Lucka



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Vor dem Amtsgerichts Nürtingen behauptete der Anschlussinhaber, seine Ehefrau, seine Schwester sowie deren Ehemann kämen als Nutzer des Anschlusses und somit Täter der unstreitigen Rechtsverletzung in Betracht. Er selbst habe keine Tauschbörsenprogramme genutzt. Obwohl die benannten Personen auf Nachfrage ihre Täterschaft verneint hätten, ändere dies nichts an der Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs, so der Beklagte. Auch wenn er sich dies nicht vorstellen könne, sei es möglich, dass seine Familienangehörigen ihm nicht die Wahrheit gesagt haben könnten.

Dem Amtsgericht genügten diese Spekulationen nicht um die sekundäre Darlegungslast des Beklagten als erfüllt anzusehen.

Nach Auffassung des Gerichts sei nicht ersichtlich, warum die Mitnutzer als Täter in Betracht kommen sollen:
  • "Dem Zusatz "und als Täter in Betracht kommen" ist eine eigenständige Bedeutung beizumessen bei der Beurteilung der Frage, ob der sekundäre Darlegungslast in hinreichendem Maße nachgekommen wurde."
Zwar habe der Beklagte aufgezeigt, dass es den Mitnutzer möglich gewesen wäre, auf das Internet zuzugreifen. Konkreten Bezug zur Rechtsverletzung konnte dieser Vortrag jedoch nicht herstellen.
  • "Weitere Nachforschungen dazu, ob diese zu streitgegenständlichen Zeiträumen das Internet auch tatsächlich benutzt haben, und wenn ja, mit welchem der drei infrage kommenden Geräte [...], wurden entweder nicht angestellt oder nicht mitgeteilt."
Da der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast damit nicht nachgekommen ist, verurteilte das Amtsgericht ihn zur Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe von 600,00 EUR sowie der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.

Gegen den angesetzten Streitwert hatte das Amtsgericht keine Bedenken:
  • "Nachdem vorliegend vorgerichtlich die Unterlassung der Verbreitung eines aufwändig hergestellten Filmwerks begehrt wurde, hält das Gericht die Annahme eines Gegenstandswerts in Höhe von 10.000,00 Euro für angemessen."
Eine Begrenzung des Gegenstandswertes auf 1.000,00 Euro gemäß § 97 a Abs. 3 UrhG hielt das Gericht für nicht geboten, weil die Regelung zum Zeitpunkt des Tätigwerdens der Klägervertreter noch nicht in Kraft war. Zudem gelte diese Obergrenze nach Auffassung des Amtsgerichts ohnehin dann nicht, wenn der dort genannte Wert nach den Umständen des Einzelfalls unbillig sei. Solche Umstände lägen hier aber vor:
  • "Solche Umstände bejaht das Gericht vorliegend deshalb, weil durch das Anbieten eines Filmwerks zum herunterladen im Internet nicht nur eine einmalige, in ihrem Umfang überschaubare Urheberrechtsverletzung gegeben ist, sondern eine solche Rechtsverletzung, welche das Potenzial einer nicht überschaubaren Folge weiterer Urheberrechtsverletzungen in sich trägt."
Das Berufungsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart ist aktuell noch anhängig.




Amtsgericht Nürtingen, Urteil vom 01.03.2016, Az. 10 C 2031/15

  • (...) hat das Amtsgericht Nürtingen durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.12 2015 für Recht erkannt:

    • 1.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2014 zu bezahlen.
      2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.11.2014 zu bezahlen.
      3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.




    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.106,00 Euro festgesetzt.




    Tatbestand

    Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen illegaler öffentlicher Zugänglichmachung ihrer Bild- / Tonaufnahmen gemäß §§ 97 Abs. 2, 19a UrhG.

    Die Klägerin wertet nationale und internationale Bild- / Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus, unter anderem den Film mit dem Titel [Name].

    Am 30.05.2012 wurde in den Zeiträumen [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr, [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr, [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr jeweils über ein Filesharing-Netzwerk eine Urheberrechtsverletzung zulasten der Klägerseite begangen, indem dort der oben genannte Film zum Download angeboten wurde. Diese Urheberrechtsverletzung wurde über den Internetanschluss des Beklagten begangen.

    Mit Schreiben der Klägervertreter vom [Datum] wurde der Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe 450,00 Euro sowie zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 Euro bis zum 01.08 2012 aufgefordert. Nach weiteren Aufforderungen erfolgte schließlich unter dem 13.11.2014 eine Aufforderung, bis zum 20.11.2014 Schadensersatz in Höhe von 600,00 Euro und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 Euro zu bezahlen.

    Der Beklagte hat sich vorgerichtlich uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen verpflichtet. Zahlungen erfolgten indes nicht

    Auf die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen der Klägerseite, vorgelegt unter Anlage K 4, wird Bezug genommen.

    Die Klägerseite behauptet, durch das unberechtigte Bereitstellen des streitgegenständlichen Films durch den Beklagten sei ihr ein vom Gericht zu schätzender Schaden in Höhe von mindestens 600,00 Euro entstanden, wobei sie ihren Schaden nach der Methode der Lizenzanalogie berechnet. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerseite in der Anspruchsbegründung vom 14.09.2015, dort BI. 17 ff. (BI. 24 ff der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

    Weiter begehrt die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 Euro in Höhe einer 1,0 - Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale, mithin 506,00 Euro.


    Die Klägerin beantragt
    • wie aus dem Tenor ersichtlich.


    Der Beklagte beantragt
    • Klagabweisung.

    Der Beklagte legt dar, er sei [Zahl] Jahre alt und lebe mit seiner Ehefrau, welche ebenfalls [Zahl] Jahre alt sei, und der gemeinsamen Tochter, welche [Zahl] Jahre alt sei, in einem Einfamilienhaus in [Anschrift]. Dies sei auch schon zum Zeitpunkt der angeblichen Urheberrechtsverletzungen der Fall gewesen. Er arbeite in Festanstellung als [Berufsbezeichnung] ca. 8 Stunden am Tag zwischen 09.00 und 18.00 Uhr. Der auf ihn angemeldete Telefon- und Internetanschluss des Haushalts werde sowohl von ihm als auch von seiner Ehefrau genutzt. Die Internetnutzung erfolge über einen PC im Büro, der über ein Netzwerkkabel mit dem Internet verbunden sei und über einen Laptop, der über WLAN mit dem im Wohnzimmer befindlichen Router Modell "Fritz-Box" verbunden sei. Dieser sei mit einem persönlichen, 9-stelligen Passwort gegen unbefugte Zugriffe gesichert. Der Ehefrau sei das Passwort bekannt gemacht und die Internetnutzung erlaubt worden. Als Verschlüsselungstechnik habe er im streitgegenständlichen Zeitraum die Methode WPA2 verwendet. Er nutze das Internet vorwiegend in den Abendstunden, tagsüber nur am Wochenende. Nach der Benutzung schalte er den PC und den Laptop immer aus. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine Filesharing-Software betrieben bzw. auf seinem PC oder Laptop installiert. Auch habe sich der streitgegenständliche Film zu keinem Zeitpunkt auf den Geräten befunden.

    Bis zur Abmahnung der Klägerin habe er keinerlei Veranlassung gehabt, davon auszugehen, dass sein Internetanschluss für Filesharing genutzt worden sei. Seiner Ehefrau habe er, obwohl er dazu nicht verpflichtet sei, über die rechtswidrige Nutzung des Internets durch die Verwendung von Filesharing-Software belehrt. Er gehe davon aus, dass diese sich an Absprachen im Zusammenhang mit der Internetnutzung halte und habe zumindest bis zu der Abmahnung der Klägerin keine Veranlassung gehabt, hieran zu zweifeln. Er könne für die von der Klägerin vorgetragenen Verletzungszeitpunkte eine Nutzung des Computers und des Laptops ausschließen, da er anhand seines Terminkalenders und seiner generellen Gewohnheiten nachvollziehen habe können, was er in dem angegebenen Zeitraum gemacht habe. Am Nachmittag des [Datum] einem regulären Werktag, habe er gearbeitet und sei demzufolge nicht zuhause gewesen. Abends sei er zuhause gewesen und habe den Computer und den Laptop nicht genutzt. Er sei mit seiner Schwester, deren Ehemann und den zwei Kindern der beiden, die zum damaligen Zeitpunkt [Zahl] Jahre alt gewesen seien, zusammen gewesen. Er könne sich noch daran erinnern, weil seine Schwester mit ihrer Familie ihn in dem genannten Zeitraum für mehrere Tage besucht habe. Die Schwester habe damals mit ihrer Familie in Italien gewohnt und habe aufgrund eines Erdbebens ihre Wohnung verlassen. Seine Schwester mit Familie sei bereits am[Datum] bei ihm zuhause angekommen.

    Der Beklagte erklärt, es sei nicht auszuschließen, dass seine Ehefrau oder seine Schwester oder deren Ehemann den Internetanschluss zu den Zeitpunkten, in denen eine Rechtsverletzung vorgeworfen werde, genutzt hätten. Seine Ehefrau sei ebenfalls berufstätig und habe abends nach der Arbeit die Möglichkeit, den Internetanschluss mit dem Computer und dem Laptop zu nutzen.

    Seine Schwester und deren Ehemann hätten sowohl abends als auch nachmittags die Möglichkeit, den Internetanschluss mit dem Computer und dem Laptop zu nutzen, da sie in der Zeit ihres Besuchs in Deutschland bei dem Beklagten gelebt hätten. Der Beklagte hätte ihnen die Zugangsdaten mitgeteilt und seine Schwester und ihren Ehemann ebenfalls über rechtswidrige Nutzung des Internets durch die Verwendung von Filesharing-Software belehrt. Seine Schwester und ihre Familie hätten ihren eigenen Laptop dabei gehabt, hätten aber auch die Geräte des Beklagten und seiner Ehefrau benutzen dürfen. Was seine Schwester und ihr Ehemann am Nachmittag des [Datum] konkret gemacht hätten, könne er nicht sagen, da er tagsüber bei der Arbeit sei. Vermutlich aber seien sie in seinem Haus gewesen.

    Mit Schriftsatz vom 10.12.2015 (BI. 138 ff) teilt der Beklagte Namen und Anschrift der nach wie vor in Italien lebenden Familie seiner Schwester mit. Weiter behauptet der Beklagte, er habe entsprechende Nachforschungen zu der vorgeworfenen Verletzung angestellt. Er habe die eigenen Computer dahingehend untersucht, ob das streitgegenständliche Werk oder eine Filesharing-Software vorhanden sei. Er habe nichts dergleichen vorgefunden. Auf Nachfrage hatten seine Ehefrau, seine Schwester und deren Ehemann die Täterschaft verneint. Dies ändere natürlich nichts an der Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs, nachdem die Ehefrau, die Schwester und deren Ehemann, auch wenn sich der Beklagte dies nicht vorstellen können, gegebenenfalls nicht die Wahrheit gesagt haben könnten, so dass die Nutzung des Internetanschlusses durch die Ehefrau, die Schwester oder deren Ehemann in Betracht komme.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht eine örtlich ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Nürtingen gemäß §§ 104 a, 105 UrhG. Für den vorliegenden Fall besteht auch keine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Stuttgart, nachdem die entsprechende Zuweisung von Urheberrechtsstreitigkeitssachen an dieses Gericht gemäß § 13 Abs. 3 der Zuständigkeitsverordnung Justiz Baden-Württemberg in der ab 01.01.2016 geltenden Fassung nicht für Fälle gilt, die bereits vor Inkrafttreten dieser Fassung anhängig waren.

    Die Klage ist auch begründet. Der Beklagte schuldet der Klägerin sowohl Schadensersatz in Höhe von 600,00 Euro als auch Schadensersatz für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 Euro gemäß §§ 97, 19a UrhG


    1.

    Es ist von einer tatsächlichen Vermutung der täterschaftlichen Verantwortlichkeit des Beklagten auszugehen, nachdem der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist.

    Zwar hat der Beklagte vorgetragen, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten. Der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast ist er damit jedoch nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Anschlussinhaber nicht nur darzulegen, welche andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, sondern darüber hinaus Ausführungen dazu zu tätigen, ob diese als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vergl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - BearShare -). Dem Zusatz "und als Täter in Betracht kommen" ist eine eigenständige Bedeutung beizumessen bei der Beurteilung der Frage, ob der sekundären Darlegungslast in hinreichendem Maße nachgekommen wurde. Denn wenn sich die Mitteilung darüber, ob die weiteren Personen als Täter in Betracht kommen darin erschöpfen würde, dass deren Namen und die theoretische Möglichkeit, dass diese den Internetanschluss zum streitgegenständlichen Zeitpunkt benutzt haben können, erschöpfen würde, hätte es dieser weiteren Anforderung an die sekundäre Darlegungslast nicht bedurft.

    So hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11.06.2015 - 1 ZR 75/14 - Tauschbörse III - ausgeführt, der Inhaber eines Internetanschlusses werde der sekundären Darlegungslast durch die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht.

    Zwar hat der Beklagte Ausführungen dazu gemacht, welche konkreten Möglichkeiten des Internetzugriffs seine Ehefrau sowie seine Schwester und deren Ehemann zu den streitgegenständlichen Zeiträumen gehabt hätten. Weitere Nachforschungen dazu, ob diese zu streitgegenständlichen Zeiträumen das Internet auch tatsächlich benutzt haben, und wenn ja, mit welchem der drei infrage kommenden Geräte (in Frage kamen nach dem Beklagtenvortrag der PC des Beklagten, sein Laptop sowie der von seiner Schwester mitgebrachte Laptop), wurden entweder nicht angestellt oder nicht mitgeteilt. Durch die bloße Behauptung, er habe die betreffenden Personen gefragt, ob sie die betreffende Rechtsverletzung begangen hätten, was diese verneint hätten, ist der Beklagte jedenfalls im Hinblick auf seine Darlegungslast nicht in hinreichendem Ausmaß nachgekommen. So hat der Beklagte nicht mitgeteilt, ob er beispielsweise seine Schwester und seinen Schwager dahingehend befragt hat, ob diese die von ihm mitgeteilten Zugangsdaten auch mit ihrem eigenen Laptop verwendet hätten, dies konkret zu den streitgegenständlichen Zeiträumen. Weiter hat er nicht mitgeteilt, ob er die betreffenden Personen dahingehend befragt hat, ob sie das streitgegenständliche Werk kennen, oder ob sie damit vertraut sind, Filme über das Internet herunterzuladen und gegebenenfalls auf welchen Wegen, falls ja, ob sie auch entsprechende Software während ihres damaligen Aufenthalts in Deutschland verwendet haben.


    2.

    Der Klägerin steht nach der von ihr gewählten Berechnungsmethode der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG ein Schadensersatzbetrag von 600,00 Euro zu. Nachdem es für die Bereitstellung eines Films in einer Tauschbörse keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife gibt, ist die zu zahlende Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu bemessen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III). Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (BGH, a.a.O.).

    Ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 600,00 Euro ergäbe sich vorliegend bereits dann, wenn man pro Abruf einen Betrag in Höhe von 4,00 Euro ansetzen würde und von 150 Abrufen des Films ausgehen würde. Bei beiden dieser Werten ist jeweils davon auszugehen, dass diese nicht unrealistisch sind. Dies gilt hinsichtlich der Höhe des Betrages von 4,00 Euro bereits aus dem Grund gilt, weil vorliegend nicht lediglich ein Musiktitel angeboten wurde, sondern ein ganzer Film, dessen Herstellung ein vielfaches an Aufwand erfordert als die Herstellung eines einzelnen Musiktitels. Die Anzahl der Abrufe in Höhe von 150 ist aufgrund der Natur der Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse ebenfalls als realistisch anzusehen, nachdem auch diejenigen, welche aufgrund der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung den Titel heruntergeladen haben, ihrerseits aufgrund ihrer Teilnahme an Tauschbörsen zu einer weiteren Verbreitung des Werks regelmäßig beitragen.

    Der Beklagte schuldet auch den Ersatz der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten. Der Beklagte kann sich dabei nicht darauf berufen, dass die Klägerseite keine konkrete Rechnung vorlegt, zumal die Vorschrift des § 10 RVG ausschließlich im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant gilt und sich ein Dritter nicht auf die Einrede fehlender Rechnungsstellung berufen kann.

    Soweit der Beklagte vorträgt, eine konkrete Honorarvereinbarung zwischen der Klägerin einerseits und ihren anwaltlichen Vertretern andererseits führe dazu, dass die Klägerin tatsächlich gar nicht mit vorgerichtlichen Anwaltskosten belastet sei, handelt es sich offenbar um einen pauschalen Vortrag ins Blaue hinein, für den das Gericht keine konkrete Grundlage erkennen kann.

    Nachdem vorliegend vorgerichtlich die Unterlassung der Verbreitung eines aufwendig hergestellten Filmwerks begehrt wurde, hält das Gericht die Annahme eines Gegenstandswerts in Höhe von 10.000,00 Euro für angemessen. Eine Begrenzung des Gegenstandswerts auf 1.000,00 Euro gemäß § 97a Abs. 3 UrhG halt das Gericht hingegen vorliegend zum einen aus dem Grund nicht für geboten, nachdem diese Regelung zum Zeitpunkt des Tätigwerdens der Klägervertreter noch nicht in Kraft war, zum anderen deshalb, da gemäß § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG n.F. die Obergrenze von 1.000,00 Euro dann nicht gilt, wenn der dort genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Solche besonderen Umstände bejaht das Gericht vorliegend deshalb, weil durch das Anbieten eines Filmwerks zum herunterladen im Internet nicht nur eine einmalige, in ihrem Umfang überschaubare Urheberrechtsverletzung gegeben ist, sondern eine solche Rechtsverletzung, welche das Potenzial einer nicht überschaubaren Folge weiterer Urheberrechtsverletzungen in sich trägt.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    • Landgericht Stuttgart
      Urbanstraße 20
      70182 Stuttgart

    einzulegen. (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Nürtingen, Urteil vom 01.03.2016, Az. 10 C 2031/15,
sekundäre Darlegungslast,
Klage Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,

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LG Leipzig, Az. 05 S 184/15

#10637 Beitrag von Steffen » Donnerstag 21. April 2016, 11:11

WBS-Law: Doppelter Filesharing Sieg gegen Negele in Leipzig - Eheleute scheiden als Täter aus!


11:10 Uhr


Die Kanzlei Negele hat in einem aktuellen Filesharing Verfahren gleich zweimal eine Niederlage gegen eine Mandantin unserer Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE erlitten.


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Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.

Tel.: 0221 400 67 55
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WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln



Bericht

Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... aus-67129/

Urteil als PDF:

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In der Filesharing Abmahnung warf die Kanzlei Negele, Zimmel, Kremer unserer Mandantin vor, dass sie einen urheberrechtlich geschützten Pornofilm über eine Tauschbörse im Internet verbreitet haben soll. Sie verlangten von unserer Mandantin, dass sie für die Abmahnkosten aufkommen soll sowie wegen der angeblich begangenen Urheberrechtsverletzung Schadensersatz zahlen soll. Dabei scheiterte die Abmahnkanzlei bereits in erster Instanz mit ihrer Klage.



AG Leipzig wies Filesharing Klage ab

Das Amtsgericht Leipzig wies diese mit Urteil vom 18.03.2015 (Az. 102 C 2266/14) ab. Denn aus der Vernehmung des bei ihr lebenden Lebensgefährten und jetzigen Ehemanns ergab sich, dass sie die Tat gar nicht begangen haben konnte. Eine Heranziehung im Wege der Störerhaftung scheidet aus, weil volljährige Angehörige gewöhnlich keiner Belehrung bedürfen.



Abmahnkanzlei legte Berufung ein

Hiermit gab sich die Abmahnkanzlei jedoch nicht zufrieden und legte gegen die von unserer Kanzlei erstrittene Entscheidung Berufung ein.



Negele unterliegt erneut vor dem Landgericht Leipzig

Damit kamen sie jedoch beim Landgericht Leipzig nicht durch. Dieses wies die Berufung von Negele mit Urteil vom 08.04.2016 (Az. 05 S 184/15) zurück.



Anschlussinhaberin war auf Dienstreise - mit ihren Geräten

Wir konnten auch dieses Gericht davon überzeugen, dass die Anschlussinhaberin die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung durch angebliches Filesharing eines Pornofilms gar nicht begangen haben konnte. Denn sie befand sich zu diesem Zeitpunkt auf einer Dienstreise und hatte alle ihre Geräte mitgenommen.



Ehemann schied ebenfalls als Täter aus

Darüber hinaus verfügte zwar der Ehemann in der Wohnung über ein eigenes Büro mit eigenen Laptop. Er verfügte darauf jedoch über keine eigenen Administratorenrechte. Er konnte daher keine spezielle Filesharing Software auf diesem Rechner installieren. In der Beweisaufnahme hatte er zudem angegeben, dass er es nicht gewesen ist. Aufgrund dessen kamen im Ergebnis beide nicht als Täter in Betracht. Darüber hinaus konnten Dritte nicht von außen unberechtigt auf das WLAN zugreifen. Denn dieses war mit einem von der TU Dortmund generierten Passwort verschlüsselt. Diese Fakten sind in zwei Beweisaufnahmen bestätigt worden. Das Landgericht Leipzig hat übrigens in seiner Entscheidung nicht die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. (HAB)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Landgericht Leipzig, Urteil vom 08.04.2016, Az. 05 S 184115


Vorinstanz:
Amtsgericht Leipzig, Urteil vom 18.03.2015, Az. 102 C 2266/14


  • (...) Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln

    wegen Schadensersatz

    hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch Richterin am Landgericht [Name] als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2016 am 08.04.2016 für Recht erkannt:
    • 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 18.03.2015, Az. 102 C 2266/14, wird zu-rückgewiesen.
      2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
      3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
      4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 1.151,80 EUR festgesetzt.



    Gründe


    I.

    Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Inhaberin eines Internetanschlusses Schadensersatz wegen des unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachen eines Filmes sowie Ersatz von zur Rechtsverfolgung aufgewendeten Rechtsanwaltskosten.

    Die Klägerin macht geltend, Inhaberin der umfassenden und ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte des Filmwerks "F***** Tausch - Teil 5" zu sein. Dieses sei, wie am 11.12.2012 um 21:18:52 Uhr von der Media Protector GmbH mittels der Software "FileWatchBT" anhand des Hashwertes [Hash] gestellt, über die IP-Adresse [IP] verbunden mit dem BitTorrent-Netzwerk, anderen Nutzern zum Download angeboten worden. Die Auskunft des Netzbetreibers habe ergeben, dass die IP-Adresse zu diesem Zeitpunkt dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei, die sie durch Rechtsanwaltschreiben vom 11.01.2013 habe abmahnen lassen.

    Die Klägerin führt an, dass der ihr entstandene Schaden, bemessen im Wege der Lizenzanalogie, mindestens 1.500,00 Euro betrage, wovon sie im Wege der Teilklage 500,00 Euro geltend mache (BI.12). Die zu erstattenden Kosten für die Abmahnung würden sich auf 651,80 Euro (1,3 Geschäftsgebühr, Gegenstandswert 10,000,00 Euro) belaufen.

    Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, dass es im Ergebnis der Vernehmung des Zeugen [Name] überzeugt ist, dass die Beklagte dem Verstoß nicht selbst begangen habe. Die aus der Anschlussinhaberschaft der Beklagten folgende Vermutung ihrer Täterschaft sei erschüttert und widerlegt. Einen Beweis für die Täterschaft der Beklagten sei die beweisbelastete Klägerin nicht angetreten.

    Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie meint, dass das Amtsgericht nicht habe offenlassen dürfen, ob der Zeuge [Name] den Verstoß begangen habe oder eine technische Fehlermittlung vorgelegen habe. Hätte es ihren Beweisangeboten folgend festgestellt, dass der Zeuge die Rechtsverletzung nicht begangen habe und keine technische Fehlermittlung vorliege, sei die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs und die Alleintäterschaft einer dritten Person nicht aufgezeigt und die tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten würde noch bestehen. Zudem könne eine Störerhaftung der Beklagten nicht mit der Erklärung ausgeschlossen werden, dass eine Überwachungspflicht des Mitbewohners und Lebensgefährten, des Zeugen [Name] nicht bestanden habe.


    Die Klägerin beantragt,
    unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1,151,80 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 % - punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.


    Die Beklagte beantragt,
    die Berufung unter Aufrechterhaltung des Urteils des Amtsgerichts Leipzig vom 18.03.2015 (Az. 102 C 2266/14) zurückzuweisen.


    Sie wendet ein, dass sie weder als Täterin noch als Störerin hafte. Sie habe dargelegt, dass sie nicht Täterin der behaupteten Verletzungshandlung sei und im etwaigen Verletzungszeitpunkt auch [Name] uneingeschränkt Zugang zu ihrem Internetanschluss hatte. Diesen habe sie auch befragt und dessen Erklärungen mitgeteilt. Sie sei ihrer Nachforschungspflicht nachgekommen und habe der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast genügt.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Amtsgerichts hingewiesen und darauf Bezug genommen. Die Klägerin hat vor dem Amtsgericht dem Zeugen [Name] den Streit verkündet. Das Amtsgericht hat die Beklagte persönlich angehört und den Zeugen [Name] vernommen. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.11.2014 hingewiesen und darauf Bezug genommen (BI. 147).

    Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften hingewiesen und darauf Bezug genommen. Es wurde Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen [Name], [Name] und [Name].

    Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.02,2016 hingewiesen und darauf Bezug genommen.


    II.

    Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz und keinen Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Abmahnkosten gemäß §§ 97 Abs. 2, 97 a Abs. 2, 19a UrhG a.F. v. 07.07.2008.


    1.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen des unerlaubt Öffentlichen Zugänglichmachen des Films "Fotzen Tausch -Teil5" am 11.12.2012 gegen 21:18:52 Uhr über die IP-Adresse 178.24.193.220. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte widerrechtlich und jedenfalls fahrlässig das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht der Klägerin verletzt hat.


    1.1.

    Die Klägerin stützt die Klage auf eine Verletzung der ihr als Herstellerin des Films "F***** Tausch - Teil 5" zustehenden Verwertungsrechte gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Danach hat der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder Öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Dieses Recht am Öffentlichen Zugänglichmachen nach § 19a UrhG wird verletzt, indem der Film mittels eines Filesharing-Programms in einem so genannten "Peer-to-Peer"-Netzwerk im Internet ohne ihre Erlaubnis Öffentlich zugänglich gemacht wird.


    1.1.1.

    Nach §§ 94 Abs. 4, 10 Abs. 1 UrhG ist, wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes anzusehen. Vorliegend ist die Klägerin auf dem Cover der Vervielfältigungsstücke des streitgegenständlichen Films mit dem Vermerk "© by INO GmbH" in üblicher Weise bezeichnet (K1) und deshalb als Filmherstellerin anzusehen. Der Beweis des Gegenteils ist nicht angetreten.


    1.1.2.

    Die Klägerin hat erheblich dargelegt und mit den Angaben der Zeugen [Name] und [Name] bewiesen, dass ihr Film unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht wurde und am 11.12.2012, 21:18:52 MEZ mittels der Software FileWatchBT festgestellt worden ist, dass von dem Anschluss mit der IP-Adresse [IP] Datenpakete zu dem Hashwert [Hash] versendet wurden.

    Die Zeugin [Name] schilderte nachvollziehbar und glaubhaft, dass sie für die Media Protector GmbH im Internet auf bestimmte Seiten geht, wie etwa extratorrent oder piratbay, und dort schaut, ob ihr bekannte Titel gelistet sind. Stellt sie solche Titel, wie den der Klägerin, fest, zieht sie die Torrent-Datei in ein Tauschprogramm und lädt den Film herunter und macht von diesem Film einen optischen Abgleich mit dem ihr vorliegenden Originalfilm des Produzenten und kontrolliert und überprüft, ob es sich um die gleichen Filme handelt. Ist dies der Fall gibt sie den Infohashwert frei für die Protokollierung. Zu dem streitgegenständlichen Film "***** Tausch - 5" hat sie glaubhaft mitgeteilt, dass sie in der geschilderten Weise vorgegangen ist und festgestellt hat, dass der Film der Klägerin in der Torrent-Datei mit dem Infohashwert [Hash] vorhanden ist.

    Der Zeuge [Name], tätig für die Media Protector GmbH, hat zu der Funktionsweise der Software FileWatchBT ausgeführt, dass mit dieser zunächst in dem Tauschprogramm eine Liste mit IP-Adressen, in der jeder BitTorrent-Client angeführt ist, bei dem die BitTorrent-Software geöffnet ist, nach IP-Adressen zu dem bestimmten Hashwert befragt und sodann versucht wird, zu einer dort angeführten IP-Adresse Kontakt aufzunehmen. Gelingt dies und meldet sich ein BitTorrent-Client, dann werden Metainformationen ausgetauscht und Pieces des Filmes bei dem Tauschpartner angefordert. Schickt dieser andere Client die angeforderten Daten, erfolgt die Protokollierung bei FileWatchBT und es wird eine Datenzeile in die Datenbank geschrieben, ein Datensatz zu dem Client-IP, dem Infohash, die Torrentgröße sowie Datum und Uhrzeit zu genau dem Zeitpunkt des Datenflusses.

    Konkret zu der Anlage K3, ASTI (BI. 38) erklärte der Zeuge [Name] glaubhaft, dass es sich hierbei um eine solche Datenzeile handelt, ein Protokoll, das von ihnen erstellt worden ist und in diesem festgehalten ist, dass am 11.12.2012, 21:18:52 MEZ FileWatchBT von dem Client mit der IP-Adresse [IP] Datenpakete zu dem Infohashwert [Hash] und konkrete Nutzdaten von dem Film bekommen hat Hieraus ergibt sich, dass der von der IP-Adresse [IP] ausgehende Datenstrom gemessen und das Messergebnis, wie vom Zeugen mitgeteilt und bestätigt, protokolliert und in der Datenzeile festgehalten wurde. Anhaltspunkte zu einer Fehlfunktion der Software FileWatchBT im streitgegenständlichen Zeitpunkt, zu der die Klägerin die Abschrift eines in einem vor dem Amtsgericht München geführten Rechtsstreit eingeholten Gutachtens vorlegt, liegen nicht vor.

    Es ist danach die Überzeugung zu bilden, dass der streitgegenständliche Film der Klägerin am 11.12.2012 unter der IP-Adresse [IP] zum Download verfügbar war. Unbeachtlich ist, ob lediglich Dateifragmente oder der vollständige Film zum Herunterladen vorhanden war. Bereits die Entnahme kleinster Partikel stellt einen Eingriff in die durch § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Leistung des Filmherstellers dar (BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 14 Metall auf Metall I; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 19/14).


    1.1.3.

    Zu der IP-Adresse [IP] erhielt die Klägerin von der Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH durch Schreiben vom 08.01.2013 die Auskunft, dass diese am 11.12.2012 um 21:18:52 der Beklagten zugeteilt war (K5). Auch hier liegen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit vor (BGH, Urteil vorn 11. Juni 2015 - I ZR 19/14).


    1.2.

    Aus diesen Feststellung folgt die tatsächliche Vermutung, dass die Beklagte als die Inhaberin des Internetanschlusses von dem aus das Datenpaket geschickt wurde, Täterin der Verletzungshandlung ist. Diese tatsächlichen Vermutung hat die Beklagte beseitigt. Sie hat dargelegt und belegt, dass sie im Verletzungszeitpunkt nicht in Leipzig war und sie die ihr zur Verfügung stehenden internetfähigen Endgeräte bei sich hatte. Sie hat zudem erheblich dargelegt, dass der Zeuge [Name], mit dem sie gemeinsam die Wohnung mit dem streitgegenständlichen Internetanschluss bewohnte, anwesend war und uneingeschränkt, selbstständig Zugang zu dem Internetanschluss hatte.


    1.2.1.

    Die Beklagte hat persönlich angehört glaubhaft angegeben, dass sie vom komplett in [Anschrift] und nicht in der Wohnung anwesend war und sie die beiden von ihr genutzten, einen dienstlich, auf dem sei selbst keine Programme aufspielen kann, und einen privat Laptop, auf dem zu keinem Zeitpunkt ein Filesharingprogramm installiert gewesen sei, bei sich hatte. Der Zeuge [Name], heute Ehemann der Beklagten, hat bekundet, dass die Beklagte die ganze Woche ([Wochentag]) in [Anschrift] und am (Wochentag) nicht in [Anschrift]und nicht in der gemeinsamen Wohnung war. Er gab weiter an, dass jeder von ihnen über einen Dienstlaptop und ein Handy verfügt und sie noch ein Apple Macbook haben und seine Frau, die Beklagte, den Dienst-Laptop und das Apple Macbook mit auf der Dienstreise hatte.

    Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft und nachvollziehbar. Hierbei wurde beachtet, dass der Zeuge [Name] im Lager der Beklagten steht und das Interesse am Ausgang des Rechtsstreits der Beklagten teilt. Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, die Zweifel an seinen Angaben und den Angaben der Beklagten begründen könnten. Die Beklagte hat auch die an ihren Arbeitgeber gerichtete Rechnung für die Übernachtungen mit einer Kollegin in [Anschrift] vorgelegt. In dieser Rechnung ist die Beklagte namentlich bezeichnet und die Anreise ist für den [Datum] und die Abreise für den [Datum] notiert. Auch hat sie einen entsprechenden Reisekostennachweis (B3) ihres Arbeitgebers für die Fahrtkosten und die Verpflegung vorgelegt.


    1.2.2.

    Sie hat weiter mitgeteilt, dass sie ihren Mitbewohner und Lebensgefährten, den Zeugen von der Abmahnung in Kenntnis setzte und versuchte die der Abmahnung zu Grunde liegenden Umstände aufzuklären. Sie hat ausgeführt, dass Herr [Name] über einen dienstlichen Laptop verfügte sowie über ein Smartphone und er ihr gegenüber angegeben hat, dass er den Verstoß nicht begangen hat. Er habe in der Wohnung übernachtet, sei jedoch nicht gegen 21:18 Uhr in der Wohnung gewesen.

    Die Beklagte hat mit diesen Angaben der ihr als Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast genügt. Die Beklagte hat die ihr zumutbaren Nachforschungen vorgenommen. Sie hat mitgeteilt, wer als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen kann (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 ). Dem steht nicht entgegen, dass sie der Klägerin den oder die Verletzer nicht mitteilen kann und der Zeuge [Name] der einzig neben der Beklagten berechtigt Zugang zu dem Anschluss der Beklagten hatten, sich dagegen verwehrt, als Verletzer in Betracht zu kommen. Sie hat ihr die möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um die Umstände aufzuklären. Einen Erfolg, die Feststellung eines Täters, schuldet die Beklagte nicht. Die Aufklärungsmaßnahmen der Beklagten sind nicht nur vorgeschoben. Sie sind naheliegend. Auch sind keine Tatsachen ersichtlich und werden von der Klägerin nicht genannt, die, in der Sphäre der Beklagten liegend, von der Beklagten noch hätten aufgeklärt werden können und von ihr aufzuklären waren.


    2.

    Die Klägerin kann von der Beklagten die Abmahnkosten nicht erstattet verlangen.


    2.1.

    Nach § 97a UrhG in der Fassung vom 07.07.2008 soll der Verletzte den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.


    2.2.

    Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Abmahnung berechtigt war und die Beklagte jedenfalls als Störerin die Verletzungshandlung ermöglich hat. Die Beklagte hat nicht - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts der Klägerin beigetragen. Dabei ist berücksichtigt, dass als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen kann, sofern sie die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 - I ZR 169/12 -, BGHZ 200, 76-86, Rn. 22).

    Die Beklagte hat es als Inhaberin eines WLAN-Anschlusses nicht unterlassen, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08 BGHZ 185, 330-341; BI. 224).

    Der Zeuge [Name] hat glaubhaft bekundet, dass als er und die Beklagte zusammengezogen seine Frau ihren Internetanschluss und den Router mitgenommen und er nach der Installation ein Softwareupdate des Routers vorgenommen und dann ein neues Passwort vergeben hat. Er hat hierzu überzeugend geschildert, dass er die Möglichkeit der wahrgenommen und ein Passwort hat generieren lassen.

    Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht angezeigt, § 543 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO.




    [Name]
    Richterin am Landgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Leipzig, Urteil vom 08.04.2016, Az. 05 S 184/15,
Klage Negele, Zimmel, Kremer,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
sekundäre Darlegungslast

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10638 Beitrag von The Grinch » Donnerstag 21. April 2016, 12:17

Herzlichen Glückwunsch für das schöne LG-Urteil - für den Beklagten und dem vertretenden RA!

Schön das hier die Zeugenaussagen als Glaubhaft angesehen werden, wo sonst an anderen Standorten in DE
diese gerne als "fadenscheinig" betrachtet werden.

Ist dann nur die Frage offen wo hier jetzt der Ermittlungsfehler lage, oder wer hier "perfektioniert ********" eine Aussage gemacht hat!?!

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10639 Beitrag von Saufkopp » Donnerstag 21. April 2016, 15:43

Tja vielleicht ist die Ermittlungssoftware doch nicht so zuverlässig wie gerne behauptet wird.
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#10640 Beitrag von Steffen » Donnerstag 21. April 2016, 23:21

WALDORF FROMMER: Urteil des Amtsgerichts Leipzig - Beklagter hat Nachforschungspflichten nicht erfüllt und blieb für seinen Sachvortrag beweisfällig


23:20 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Hörbuchaufnahmen


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht

Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... isfaellig/

Urteil als PDF: http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 470_15.pdf



Autor:
Rechtsanwalt David Appel



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Der beklagte Anschlussinhaber hat in dem Verfahren vorgetragen, dass er die Rechtsverletzung nicht begangen habe und im streitgegenständlichen Zeitraum sowohl seine Ehefrau als auch sein Sohn sowie dessen Freundin Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Auf Nachfrage hätten sämtliche Mitnutzer die Tatbegehung jedoch abgestritten.

Im Rahmen der anschließend durchgeführten Beweisaufnahme konnte die ehemalige Freundin des Sohnes des Beklagten lediglich allgemeine Angaben zu den damals typischen Tagesabläufen machen. Sowohl die Ehefrau als auch der Sohne des Beklagten hatten das Zeugnis hingegen verweigert.

Im Einklang mit zuvor ergangenen und auch den jüngsten BGH-Entscheidungen (BGH, "Tauschbörse I-III") führt das Amtsgericht Leipzig aus, dass ein Sachvortrag, der auf eine bloße theoretische Zugriffsmöglichkeit Dritter abzielt, nicht ausreicht um die klägerischen Ansprüche zu erschüttern.

Da die Zeugin selbst keine Erinnerung mehr an die damalige Internetnutzung im Haushalt des Beklagten hatte, war der Anschlussinhaber hinsichtlich einer Nutzung bzw. konkreten Möglichkeit der Nutzung durch die von ihm benannten Personen beweisfällig geblieben.
  • "Die Zeugin war für das Gericht inhaltlich unergiebig. Ein Nachweis des Sachvortrags des Beklagten ist somit nicht erfolgt.
    [...]
    Es verbleibt somit bei der Vermutung zu Lasten des Beklagten. Weitere Zeugen haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, so dass sich der Sachvortrag des Beklagten durch die Beweisaufnahme nicht erwiesen hat."
Auch seien die dem Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast zumutbaren Nachforschungen nicht ausreichend gewesen:
  • "Der Beklagte konnte bereits keine konkreten Angaben dazu machen, wo sich der Beklagte und seine Familienangehörigen zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt aufgehalten haben und ob hier eine Internetnutzung erfolgte. Dies war dem Beklagten jedoch zumindest zum Zeitpunkt des Erhalts der Abmahnung möglich, die ca. 2 Monate nach dem Rechtsverstoß eingetroffen ist.

    Das Gericht geht dabei davon aus, dass entsprechende Erkenntnisse bewusst nicht vorgetragen wurden. Die Angaben des Beklagten [waren] insgesamt inhaltlich nicht ausreichend und damit wenig glaubwürdig."
Im Ergebnis verurteilte das Gericht den beklagten Anschlussinhaber antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, der geforderten Rechtsanwaltskosten und zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits (inklusive Reisekosten) in Gesamthöhe von ca. 1.800,00 EUR.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Amtsgericht Leipzig, Urteil vom 24.02.2016, Az. 102 C 3470/15


  • (...) hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2016 am 24.02.2016 für Recht erkannt:

    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 806,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 30.08.2013 zu zahlen.
      2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
      Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin abwenden durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 806,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin ist Lizenznehmerin und Nutzungsrechteinhaberin von Hörbüchern zur Verwertung auf CD sowie über das Internet. Am [Datum] wurde das Hörbuch [Name] über einen Internetanschluss über ein Filesharing-System mittels eines Computerprogrammes jedem Teilnehmer an dem so genannten Tauschbörsensystem über das Internet kostenlos angeboten in der Form, dass Dritte das Hörbuch als Datei im Internet herunterladen und sich abspeichern konnten. Somit wurde das Hörbuch weltweit öffentlich zugänglich gemacht. Die von der Klägerin veranlassten Ermittlungen über den Inhaber dieses Internetanschlusses ergaben, dass dieser dem Beklagten zuzuordnen sei.

    Mit Abmahnschreiben vom [Datum] wurde der Beklagte aufgefordert die Rechtsverletzung des öffentlichen Angebotes zum kostenlosen Zugriff auf diese Hörbuchdatei zu unterlassen Das öffentliche Angebot von Dateien über Filesharing-Systeme setzt das Vorhandensein eines entsprechenden Computerprogrammes auf dem Computer des jeweiligen Anbieters voraus.


    Die Klägerin trägt vor,

    die von ihr veranlassten Ermittlungen über die Personen des Anschlussinhabers des Internetanschlusses über welchen die Rechtsverletzungen begangen wurden, seien zutreffend. Die Rechtsverletzung sei damit über den Internetanschluss des Beklagten begangen worden. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beklagte diejenige Person gewesen ist, die das Hörbuch zum Herunterladen für Jedermann auf seinem Computer bereitgestellt hat Eine Tatbegehung durch weitere auch im Haushalt des Beklagten lebende Personen wird bestritten.

    Dem Abmahnschreiben der Klägerin war ein Streitwert von 10.000,00 Euro zu Grunde zu legen. Der Klägerin sei darüber hinaus ein Schaden von bis zu 300,00 Euro dadurch entstanden, dass das Hörbuch weltweit zugänglich gemacht und angeboten worden ist.


    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite
    • 1. einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 300,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.08.2013 sowie
      2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.08.2013 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.



    Er trägt hierzu vor,


    dem Beklagten sei das streitgegenständliche Hörbuch unbekannt Er habe dieses nicht über eine Internettauschbörse im Internet verbreitet.

    Im Haushalt des Beklagten hätten sich zum behaupteten Tatzeitpunkt weitere 3 Personen aufgehalten. Alle diese Personen hätten einen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt und den Anschluss des Beklagten für den selbständigen Zugang zum Internet genutzt Es seien mehrere Computer im Haushalt des Beklagten vorhanden gewesen.

    Die technische Ermittlung sei möglicherweise fehlerhaft durchgeführt worden Die Aktivlegitimation der Klägerin wird bestritten.

    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze verwiesen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin [Name] im Termin vom 25.01.2016.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Der Klägerin steht gemäß § 97 Urheberrechtsgesetz i.V.m. § 823 BGB sowie §§ 19a, 16 und 85 Urheberrechtsgesetz ein Schadensersatzanspruch in der im Tenor genannten Höhe zu für die ungenehmigte und öffentliche Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Hörbuchs , dessen Rechteinhaber die Klägerin ist (Anlage K1).

    Die Beklagte war auch als Anschlussinhaber des Internetanschlusses anzusehen, über den die Rechtsverletzung erfolgt ist Dies ergibt sich zum einen aus den vorgelegten Anlagen K2-K3.

    Zum anderen hat der Beklagte die Richtigkeit und die Zuverlässigkeit entsprechender Ermittlungen lediglich pauschal und in theoretischen Fällen bestritten Bereits hier erfolgt seitens des Beklagten jedoch kein substantiierter Sachvortrag zu fehlerhaften Ermittlungen, wie in anderen vergleichbaren Fällen. Der Beklagte äußert lediglich theoretische Bedenken über die technische Zuverlässigkeit der Ermittlungen. Der Beklagte hat jedoch nicht konkret ausgeführt, in welchen anderen Fällen technische Fehler zu fehlerhaften Feststellungen geführt hätten oder in welchen Fällen Mängel der Datenermittlung bei einem solchen Verfahren belegt worden seien.

    Der Beklagte ist darüber hinaus nicht darauf eingegangen,warum er vom einer fehlerhaften technischen Ermittlung ausgeht , obwohl seitens der überprüfenden Beauftragten der Klägerin eine Verbindung zum Computer des Beklagten über einen längeren Zeitraum hergestellt wurde im Rahmen eines Probedownloads. Zudem geht die Beklagte auch nicht darauf ein, inwiefern sich eine fehlerhafte Ermittlung mit dem gleichen Ergebnis insgesamt in einer Mehrzahl von Fällen wiederholen könnte. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass neben dem streitgegenständlichen Verstoß ein gleichartiger Verstoß über den Internetanschluss des Beklagten auch in einem weiteren Fall am [Datum] festgestellt wurde Im Falle einer fehlerhaften technischen Ermittlung hätte sich der identische Fehler mehrfach wiederholen müssen, was zunächst ohne weiteren Sachvortrag des Beklagten ausgeschlossen erscheint (vgl. OLG Köln Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13). Die Verstöße selbst waren auch nicht bestritten.

    Nach der Rechtsprechung ist die fehlerhafte Ermittlung und Zuordnung des Rechtsverstoßes zum Internetanschluss des Beklagten ausgeschlossen bei mehrfach festgestellten gleichartigen Verstößen, die die gleiche Datei betreffen. Dass alle diese von der Klägerin festgestellten Ermittlungsergebnisse zu einer Vielzahl unterschiedlicher Zeitpunkte, die jedoch zu gleich alle die Beklagten betreffen und auch die gleiche Dateifehlerhaft sein sollen ist ausgeschlossen, sodass das bloße Behaupten von Fehlern bei der technischen Ermittlung nicht zu Zweifeln an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung führt. Damit war ohne Beweiserhebung davon auszugehen, dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten begangen wurde (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az. 6 U 239/12).

    Nach der herrschenden Rechtsprechung besteht eine widerlegliche Vermutung zu Gunsten der Klägerin, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, der der jeweilige Internetanschluss auch zum Tatzeitpunkt zuzuordnen war (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2010, Az. I ZR 121/08). Der Beklagte hat daher die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes darzulegen, der von den o g. Erfahrungssatz der Lebenserfahrung abweicht.

    Der Sachvortrag der bloßen und theoretischen Zugriffsmöglichkeit Dritter auf den genannten Internetanschluss reicht hierzu nicht aus (vgl. auch BGH vom 11.06.2015,"Tauschbörse III"). Vielmehr ist ein konkreter Sachvortrag, sowohl bezogen auf die genannten Tatzeitpunkte als auch bezogen auf das allgemeine Benutzerverhalten, erforderlich.

    Hier hat der Beklagte entsprechend vorgetragen, dass insgesamt 3 weitere mögliche Internetnutzer vorhanden gewesen seien und Internettauschbörsen von keiner dieser Personen genutzt worden seien.

    Der Sachvortrag des Beklagten hat sich jedoch im Ergebnis der Beweisaufnahme zum Teil als unrichtig erwiesen und konnte im Übrigen durch die Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden.

    Die Zeugin waren für das Gericht inhaltlich unergiebig. Ein Nachweis des Sachvortrages des Beklagten ist somit nicht erfolgt.

    Die Zeugin konnte lediglich aussagen, dass sie selbst keine Erkenntnisse dazu hat, dass der Beklagte den Rechtsverstoß begangen habe. Ob auf dessen Computer entsprechende Tauschbörsenprogramme vorhanden waren, konnte die Zeugin nicht angeben. Entsprechendes war ihr auch aus technischer Sicht unbekannt.

    Die Zeugin konnte somit insgesamt keine sachdienlichen Angaben machen. An den konkreten Tag hatte die Zeugin keine Erinnerung. Die Zeugin konnte lediglich allgemeine Angaben zu üblichen Tagesabläufen für die Wochentage Freitag und Samstag machen oder eine konkrete Erinnerung an den [Datum] und [Datum]. Dementsprechend konnte die Zeugin auch nicht angeben, selbst das Internet genutzt zu haben oder das ein anderer Anschlussnutzer außer dem Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt das Internet genutzt habe. Das folglich allein ein Dritter als Internetnutzer und somit als Täter in Betracht kommt, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

    Im Ergebnis der Beweisaufnahme geht das Gericht lediglich davon aus, dass die Zeugin den Rechtsverstoß nicht begangen hat.

    Es verbleibt somit bei der Vermutung zu Lasten des Beklagten. Weitere Zeugen haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, so dass sich der Sachvortrag des Beklagten durch die Beweisaufnahme nicht erwiesen hat.

    Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs aus den Entscheidungen vom 12.05.2010 ("Sommer unseres Lebens") sowie vom 15 11.2012 ("Morpheus") sowie vom 08.01.2014 ("BearShare") ist davon auszugehen, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die sekundäre Darlegungslast trägt. Dieser entspricht dadurch, dass er im Rahmen des Zumutbaren auch Nachforschungen anstellt und einen alternativen Geschehensablauf wahrscheinlich erscheinen lässt, aus dem sich ergibt, dass allein ein anderer die Rechtsverletzung begangen haben könnte. Andere Täter, die die Rechtsverletzung begangen haben könnten, hat die Beweisaufnahme somit nicht ergeben.

    Ausreichende Nachforschungen über den Umstand der technischen Ermittlung seines Internetanschlusses und im Hinblick auf die erhaltene Abmahnung hat der Beklagte auch nicht angestellt Der Beklagte konnte bereits keine konkreten Angaben dazu machen.

    Der Beklagte konnte bereits keine konkreten Angaben dazu machen, wo sich der Beklagte und seine Familienangehörigen zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt aufgehalten haben und ob hier eine Internetnutzung erfolgte. Dies war dem Beklagten jedoch zumindest zum Zeitpunkt des Erhalts der Abmahnung möglich, die ca. 2 Monate nach dem Rechtsverstoß eingetroffen ist Das Gericht geht dabei davon aus, dass entsprechende Erkenntnisse bewusst nicht vorgetragen wurden.

    Die Angaben des Beklagten insgesamt inhaltlich nicht ausreichend und damit wenig glaubwürdig.

    Über das allgemeine Nutzerverhalten des Beklagten ist auch kein hinreichender Sachvortrag erfolgt, weder im Bezug auf die Nutzung von bestimmten Endgeräten noch bezogen auf den konkreten Tatzeitpunkt .Der Beklagte hat vielmehr die Rechtsverletzung und die Teilnahme an einem Filesharing-System für seine eigene Person lediglich pauschal bestritten. Die Angaben in der Klageerwiderung waren diesbezüglich oberflächlich und wenig aussagekräftig und beschränkten sich im wesentlichen darauf, dass der Beklagte die Tat bestreite (vgl. LG Leipzig, Beschluss, vom 23.03.2015, Az. 05 S 591/14).

    Seitens des Beklagten ist somit kein einzelfallbezogener Sachvortrag zur Rechtsverletzung in allen Fällen erfolgt. Der Sachvortrag, dass der Verstoß fehlerhaft ermittelt worden sein könnte oder, dass eine Rechtsverletzung durch andere Personen als den Beklagten möglich ist, wird nicht dadurch erfüllt, dass lediglich die vage und theoretische Möglichkeit von dem Beklagten vorgetragen wird. Konkrete Umstände, die eine Rechtsverletzung durch eine andere Person, als den Beklagten wahrscheinlich erscheinen lassen, ist dabei nicht erfolgt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13).

    Dies ergibt sich auch aus der aktuellen Rechtssprechung der örtlich zuständigen Berufungskammer (vgl. Urteil vom 05.06.2014, Az. 05 S 620/13).

    Auch danach folgt eine indizielle Vermutung dafür, dass das streitgegenständliche Filmwerk über die genannte IP-Adresse damit über den Internetanschluss des Beklagten angeboten worden ist durch die vorliegenden Anlagen K2 - K3.

    Aus der Vermutung zu Lasten des Beklagten für seine Täterschaft ergibt sich somit die Beweislast für den Beklagten, Tatsachen nachzuweisen, die einen anderen Geschehensablauf plausibel erscheinen lassen. Der Anscheins beweis wird dabei durch den Nachweis von Tatsachen entkräftet aus denen sich ein anderer Sachablauf ergibt. Ernstliche Umstände, die die Täterschaft des Beklagten in Zweifel ziehen, wurden jedoch, wie oben ausgeführt, nicht nachgewiesen.

    Für den insoweit streitigen Sachvortrag des Beklagten ist dieser beweisfällig geblieben. Der Beklagte ist dabei zwar nicht verpflichtet, im Rahmen eigener Nachforschungen den Täter der Urheberrechtsverletzung zu ermitteln oder entsprechende Nachweise für eine Täterschaft eines Dritten anzubieten. Der Beklagte ist jedoch gehalten, den von ihm selbst vorgetragenen Sachverhalt nachzuweisen, aus dem sich ergäbe, dass allein ein Dritter die Urheberrechtsverletzung begangen haben könnte Allein aus der theoretischen Nutzungsmöglichkeit des Internetanschlusses, noch dazu ohne Bezug zum konkreten Tatzeitpunkt, ergibt sich nicht die ernsthafte Möglichkeit, dass andere Personen als der Beklagte für die Rechtsverletzung in Betracht kommen.

    Die Klage ist somit dem Grunde nach, aber auch der Höhe nach begründet.

    Der Klägerin steht ein Anspruch auf Kostenersatz der vorgerichtlichen Abmahnung zu. Als Gegenstandswert der Abmahnung war ein Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR anzunehmen (§§ 3 ZPO ,48 I GKG), da im vorliegenden Fall ein komplettes Hörbuch, zum Download für Dritte angeboten wurde (vgl. hierzu LG Leipzig, Beschluss vom 15.01.2015, Az. 05 S 557/14).

    Im Einklang mit der Rechtsprechung, insbesondere des OLG Dresden (Beschluss vom 05.11.13, Az. 14 W 348/13, betreffend ein aktuelles Musikalbum) war daher der Streitwert in Höhe von 10.000,00 EUR anzunehmen sowie der Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr für den Gegenstandswert einer urheberrechtlichen Abmahnung.

    Der Klägern steht darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch zu, den die Klägerin im Wege der Lizenzanalogie ermittelt hat und danach steht der Klägerin ein solcher Schadensersatzanspruch zu in der Höhe eines Betrages, den die Klägerin bei redlichem Erwerb der Nutzungslizenz vom Urheberrechtsverletzer erhalten hätte.

    Im vorliegenden Fall vertreibt die Klägerin keine Nutzungslizenzen zur Bereitstellung vollständiger Filme über das Internet zu kostenlosen Download für Jedermann Auf der Hand liegend ist dabei aber, dass bereits beim einmaligen Verkauf einer solchen Lizenz und der sich daran anschließenden rechtmäßigen Verbreitung eines Filmes über das Internet, Verkaufsmöglichkeiten des entsprechenden Datenträgers gleichen Inhaltes nahezu ausgeschlossen wären.
    Unter Berücksichtigung dessen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für eine unbegrenzte weltweite und kostenlose Downloadmöglichkeit für einen vollständigen Film vereinbart hätten, ist gem. § 287 ZPO davon auszugehen, dass dieser Betrag nahezu den gesamten finanziellen Erfolg der Produktion erreichen müsste, so dass der von der Klägerin angenommene Schadensbetrag von 300,00 Euro angemessen ist Das Gericht hat somit im Wege der Lizenzanalogie die Schadenshöhe auf mindestens diese Höhe geschätzt (vgl. LG Leipzig, a.a.O.), wobei davon auszugehen ist, dass der Schadensbetrag auch diese Summe übersteigen könnte.

    Aus dem Streitwert in Höhe von 10.000,00 Euro besteht ein Anspruch auf Abmahnkosten in Höhe von 506,00 Euro Der Klägerin steht ein weiterer Anspruch zu auf Schadensersatz in Form gesetzlicher Zinsen ab Verzugseintritt.



    Nebenentscheidung:
    §§ 709 und 91 ZPO.



    Rechtsbehelfsbelehrungen:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
    • a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
      b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.
    Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim
    • Landgericht Leipzig,
      Harkortstraße 09,
      04107 Leipzig


    eingegangen sein. (...)

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AG Leipzig, Urteil vom 24.02.2016, Az. 102 C 3470/15,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,

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