Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

Antworten
Nachricht
Autor
rubyn
Beiträge: 17
Registriert: Montag 22. Juni 2015, 16:37

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10541 Beitrag von rubyn » Dienstag 9. Februar 2016, 12:10

Sorry, dass ich eine Bemerkung zu deinem Beitrag gemacht habe....
Abofallen gibt es schon länger als Filesharingabmahnungen und habibi ist nur ein Fall von vielen.
Also wie gesagt ein alter Hut. Außer du möchtest es zum Thema machen, dann ist es halt wieder interessant...

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10542 Beitrag von Steffen » Dienstag 9. Februar 2016, 12:35

Hallo @rubyn,

es ist doch ein Beitrag - genau wie Deiner - wo der Lesende einschätzen kann /darf / sollte / muss, ob dieser ihm interessiert oder nicht. Anscheinend gibt es - genau wie bei Filesharing - noch Verbraucher, die auf 'habibi.de' 2016 hereinfallen, wenn man davor warnt.

Nur sollte man, wenn man selbst zu einem Beitrag seine Meinung öffentlich kundtut, nicht gleich eingeschnappt sein, wenn man dann auf seinen Beitrag eine nicht zustimmende Meinung erhält.

Es ist ja schön, das Du es kennst und dich nicht interessiert, einen anderen vielleicht doch. Mir z.B. war es nicht bekannt. Und solange nichts los ist, kann man auch einmal über einen anderen Bereich (eBay, HP, Abofalle usw.) berichten. Und mehr gibt es diesbezüglich nicht zu erörtern.



VG Steffen

rubyn
Beiträge: 17
Registriert: Montag 22. Juni 2015, 16:37

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10543 Beitrag von rubyn » Dienstag 9. Februar 2016, 12:51

Steffen hat geschrieben: Sorry. Das nächste Mal frage ich dich natürlich erst um Erlaubnis. Mein Fehler.
DAS hat mich gestört, nicht deine Erklärungen zum Beitrag.
Deine sarkastische Art.

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

AG Schwarzenbek, Az. 2 C 367/15

#10544 Beitrag von Steffen » Dienstag 9. Februar 2016, 22:56

AG Schwarzenbek: Auf den persönlichen Eindruck des Beklagten kommt es an!


22:57 Uhr

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Werdermann | von Rüden
Partnerschaft von Rechtsanwälten

Leipziger Platz 9 | 10117 Berlin
Telefon: 030 / 200 590 770 | Telefax: +49 (0)30 / 200 590 77 11
E-Mail: info@wvr-law.de | Internet: www.wvr-law.de



Bericht
Link: https://www.wvr-law.de/MIG+FILM+unterli ... hwarzenbek


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

  • (...) Schwarzenbeck / Berlin - Das Amtsgericht Schwarzenbek hat eine Klage gegen einen von der Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden vertretenen Mandanten vollständig abgewiesen (AG Schwarzenbek, Urt. v. 03.02.2016, 2 C 367/15, nicht rechtskräftig). Das Amtsgericht begründete sein Urteil auch mit dem persönlichen Eindruck, den es sich über den Beklagten während der mündlichen Verhandlung gemacht hat. (...)

    (...) Dem Beklagten wurde vorgeworfen, über seinen Anschluss im Oktober 2012 den Film "Gutter King - König der Kämpfer" mit Hilfe einer Tauschbörsensoftware öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Nachdem er außergerichtlich zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, weigerte er sich jedoch Schadenersatz zu leisten. Daraufhin nahm ihn die Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg & Schenk im Auftrag der Rechteinhaberin der MIG Film GmbH auf Zahlung von über 1.110,- Euro in Anspruch. (...)


... weiterlesen auf 'www.wvr-law.de'





AG Schwarzenbek, Urteil vom 03.02.2016, Az. 2 C 367/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10545 Beitrag von Steffen » Mittwoch 10. Februar 2016, 23:38

WALDORF FROMMER: Kein Ausschluss der Anschlussinhaberhaftung in Filesharing-Verfahren bei bloß spekulativem Verweis auf mögliche Tatbegehung durch Dritte - Amtsgericht Traunstein legt strengen Maßstab des BGH zugrunde


23:40 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: http://www.waldorf-frommer.de



Bericht
Quelle: www.news.waldorf-frommer.de
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... gt-streng/
Urteil als PDF-Download: AG Traunstein, Urteil vom 01.02.2016, Az. 314 C 159/15



Autorin
Rechtsanwältin Carolin Kluge


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


In diesem Verfahren stellte sich für das Amtsgericht Traunstein die Frage, welchen Anforderungen ein Anschlussinhaber zu genügen hat, wenn er seine persönliche Verantwortlichkeit im Prozess erfolgreich bestreiten möchte:

Der beklagte Anschlussinhaber hatte auf die potenzielle Tatbegehung durch weitere nutzungsberechtigte Familienangehörige verwiesen, obwohl auf Nachfrage des Beklagten kein "Täter ermittelt" werden konnte. Daneben käme, so der Beklagte, auch ein unberechtigter Zugriff von außen in Betracht: Denn schließlich sei sein Router einer Produktwarnung seines Internetproviders zufolge von einer Sicherheitslücke befallen gewesen.

Das Amtsgericht Traunstein stellte in seinem Urteil klar, dass der jeweilige Anschlussinhaber zur Erfüllung seiner "gesteigerten Darlegungspflicht" konkrete Anhaltspunkte, die für die Tatbegehung eines Dritten sprechen, plausibel darzulegen hat.

Einen solchen konkreten Verletzungsbezug vermochte das Amtsgericht in dem Vorbringen des Beklagten jedoch nicht zu erblicken:

So führte das Gericht aus, dass der pauschale Hinweis auf potenzielle alternative Geschehensabläufe die Darlegungslast gerade nicht erfüllen könne. Vielmehr habe ein Anschlussinhaber nach Erhalt der Abmahnung nachzuforschen und sodann auch vorzutragen, warum eine bestimmte Person als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Die einmalige ergebnislose Nachfrage genügt diesen Anforderungen nicht:
  • "Insoweit verhält es sich unter Berücksichtigung gefestigter Rechtsprechung so, dass der Anschlussinhaber einer gesteigerten Darlegungspflicht unterliegt und auch zu Nachforschungen, wer als tatsächlicher Täter in Betracht kommt, verpflichtet ist. Insoweit hat der Anschlussinhaber nach Durchführung der zumutbaren Nachforschungen zum Verlauf des Schadensfalls detailliert vorzutragen. [...]

    Insoweit reicht es nach Auffassung des Gerichts aber nicht aus, dass der Beklagte nach Erhalt der Abmahnung in der Familie über den Vorfall gesprochen habe und ein Täter nicht habe ermittelt werden können.

    Die generelle Nutzungsmöglichkeit eines Internetanschlusses durch andere Personen stellt gerade keinen konkreten hinreichenden zeitlichen Bezug zur streitgegenständlichen Rechtsverletzung dar. Verletzungsbezogener Vortrag dazu, wer wie im konkreten Fall zur konkreten Zeit den Computer bzw. den Internetanschluss des Beklagten und insbesondere auch wofür benutzt, fehlt. Eine Darlegung, warum die von dem Beklagten genannten Mitnutzer als Täter in Betracht kommen, erfolgte nicht."
Auch der oft gehörte Verweis auf die etwaige Ausnutzung einer "möglicherweise" bestehenden Sicherheitslücke durch Dritte konnte das Amtsgericht Traunstein nicht überzeugen.
  • "lm Ergebnis verbleibt es daher dabei, dass die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers fortbesteht. [...] ein Beweis oder zumindest konkret dargelegte Anhaltspunkte, dass sich eventuell Dritte widerrechtlich Zugang zum WLAN-Netz des Beklagten [...] verschafft haben könnten, fehlen ebenfalls."
Gegen den angesetzten Schadensersatz in Höhe von EUR 600,00 für die illegale Verbreitung eines Filmwerkes sowie die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 506,00 hatte das Gericht keinerlei Bedenken. Der Beklagte wurde daher antragsgemäß verurteilt und hat darüber hinaus die vollen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.




AG Traunstein, Urteil vom 01.02.2016, Az. 314 C 159/15 (Volltext)

  • (...) erlässt das Amtsgericht Traunstein durch den Richter am Amtsgericht [Name] am 01.02.2016 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO aufgrund der bis 15.01.2016 eingereichten Schriftsätze folgendes

    Endurteil
    • 1.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.05.2014 zu bezahlen.
      2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten wegen Schadensersatzansprüchen aus einer Urheberrechtsverletzung betreffend den Film [Name] welcher am [Datum] und am [Datum] von dem Internetanschluss des Beklagten anderen Tauschbörsenteilnehmern zum Herunterladen im Internet bereitgehalten worden ist.

    Diesbezüglich wurde der Beklagte mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt. Die Kosten hierfür beziffert die Klägerin auf 506,00 EUR unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR und der Geltendmachung einer 1,0 Geschäftsgebühr zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale nach dem RVG. In Anlehnung an die "Lizenzanalogie" macht die Klägerin für die öffentliche Zugänglichmachung des genannten Spielfilms einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 600,00 EUR geltend.

    Die Klägerin führt aus, dass der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses von dem - mittlerweile unstreitig - die Urheberrechtsverletzungen stattgefunden haben, verantwortlich sei. Soweit der Beklagte vortrage, dass er persönlich den verfahrensgegenständlichen Film nicht zum Download angeboten habe, führt die Klägerin aus, dass der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast insoweit nicht hinreichend nachgekommen sei. Insoweit beschränke sich die Beklagtenseite auf lediglich pauschale Behauptungen, dass die Tochter und die Ehefrau zu den verfahrensgegenständlichen Zeitpunkten grundsätzlich Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt haben. Die insoweit behauptete generelle Nutzungsmöglichkeit des Internetanschlusses durch andere Personen stelle jedoch gerade keinen konkreten zeitlichen Bezug zur streitgegenständlichen Rechtsverletzung dar. Nachdem die Beklagtenseite auch davon ausgehe, dass ihr Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung hinreichend mit einem individuellen Passwort für das WLAN-Netz gesichert gewesen sei, sei der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass gegebenenfalls ein unberechtigter Dritter auf den ausreichend abgesicherten Internetanschluss zugegriffen habe, was seitens der Klägerin bestritten ist.


    Die Klägerin beantragt daher.

    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite
    • 1. einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.05.2014 sowie
      2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.05.2014 zu bezahlen.



    Der Beklagte beantragt
    Klageabweisung.



    Er selbst habe die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung nicht begangen. Das abgemahnte Filmwerk sei ihm unbekannt. Am vermeintlichen Tattag hatten neben dem Beklagten persönlich auch dessen Ehefrau und seine [Datum] geborene Tochter [Name] Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt. Das Internet sei durch einen Router des Modells [Name] betrieben, welcher durch ein individuelles Passwort bestehend aus zehn Zahlen und. Buchstaben geschützt sei. Nachdem nach Erhalt der Abmahnung innerhalb der Familie über den Vorwurf gesprochen worden sei, habe trotzdem ein Täter nicht ermittelt werden können.

    Ferner sei herauszustellen, dass mehrere [Name]modelle, darunter auch das des Beklagten von einer schweren Sicherheitslücke betroffen gewesen wären, wodurch es möglichen Angreifern, die sich innerhalb der Reichweite des Funknetzes aufgehalten haben, möglich gewesen sei, sich unbefugt Zugang zu dem fremden WLAN zu beschaffen. Dies sei auf entsprechenden Internetseiten auch nachlesbar.

    Nachdem die Klägerin ihre behauptete Rechteinhaberschaft an dem verfahrensgegenständlichen Filmwerk nicht hinreichend nachgewiesen habe, bestehe ihrerseits auch keine Aktivlegitimation.

    Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch von mindestens 600,00 EUR für den verfahrensgegenständlichen Film sei überhöht. Gleiches gelte für die Hohe des angenommenen Streitwertes betreffend die Abmahnung.


    Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen. Mit Zustimmung der Parteien wird gemäß § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden. Berücksichtigt wurden Schriftsätze, die bis 15.01.2016 eingereicht worden sind.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet, nachdem das Gericht sowohl den Schadensersatzanspruch für den verfahrensgegenständlichen Spielfilm [Name] als auch den Gegenstandswert betreffend die verfahrensgegenständliche Abmahnung für gerechtfertigt erachtet.


    1. Aktivlegitimation

    Nach Auffassung des Gerichts hat die Klägerin ihre Rechteinhaberschaft an dem verfahrensgegenständlichen Film [Name] hinreichend dargelegt und entsprechend belegt, vgl. Anlage K1. Dort ist die Klägerin auf dem verfahrensgegenständlichen Filmwerk in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet. Insoweit gilt die Vermutungswirkung gemäß §§ 94 Abs. 4, 10 Abs. 1 UrhG.


    2. Urheberrechtsverletzung

    Die Verletzung der Urheberrechte an dem verfahrensgegenständlichen Filmwerk, die nach Auffassung des Gerichts der Klägerin zustehen, über den Internetanschluss des Beklagten wurde im Laufe des Verfahrens unstreitig gestellt.


    3. Verantwortlichkeit für Urheberrechtsverletzung

    Auch wenn der Beklagte selbst bestreitet, den verfahrensgegenständlichen Film zu kennen und diesen im Rahmen einer Tauschbörse zum Download anderen Internetnutzern angeboten zu haben, verbleibt es nach Auffassung des Gerichts jedoch bei der persönlichen Verantwortlichkeit des Beklagten.

    Nach Auffassung des Gerichts ist der Beklagte nämlich seiner sekundären Darlegungslast, der er als Anschlussinhaber unterliegt, nicht hinreichend nachgekommen. Insoweit reicht es nach Auffassung des Gerichts gerade nicht aus, dass der Anschlussinhaber die verfahrensgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen bestreitet und insoweit pauschal ausfuhrt, dass auch andere im Haushalt lebende Familienangehörige - vorliegend die Ehefrau und die volljährige Tochter - zu den Tatzeitpunkten Zugriff auf den Internetanschluss gehabt haben.

    Insoweit verhält es sich unter Berücksichtigung gefestigter Rechtsprechung so, dass der Anschlussinhaber einer gesteigerten Darlegungspflicht unterliegt und auch zu Nachforschungen, wer als tatsächlicher Täter in Betracht kommt, verpflichtet ist. Insoweit hat der Anschlussinhaber nach Durchführung der zumutbaren Nachforschungen zum Verlauf des Schadensfalls detailliert vorzutragen. Zwar geht die sekundäre Darlegungslast nicht soweit, dass der Anschlussinhaber durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der verfahrensgegenständlichen Rechtsverletzung ist, trotzdem wird von dem Anschlussinhaber zur Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast erwartet, dass er Nachforschungen hinsichtlich anderer in Betracht kommender Täter sowie eine Mitteilung seiner Kenntnisse und Nachforschungsergebnisse vornimmt.

    Insoweit reicht es nach Auffassung des Gerichts aber nicht aus, dass der Beklagte nach Erhalt der Abmahnung in der Familie über den Vorfall gesprochen habe und ein Täter nicht habe ermittelt werden können.

    Die generelle Nutzungsmöglichkeit eines Internetanschlusses durch andere Personen stellt gerade keinen konkreten hinreichenden zeitlichen Bezug zur streitgegenständlichen Rechtsverletzung dar. Verletzungsbezogener Vortrag dazu, wer wie im konkreten Fall zur konkreten Zeit den Computer bzw. den Internetanschluss des Beklagten und insbesondere auch wofür benutzt, fehlt. Eine Darlegung, warum die von dem Beklagten genannten Mitnutzer als Täter in Betracht kommen, erfolgte nicht.

    Im Ergebnis verbleibt es daher dabei, dass die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers fortbesteht. Dies auch unter Berücksichtigung, dass ein Beweis oder zumindest konkret dargelegte Anhaltspunkte, dass sich eventuell Dritte widerrechtlich Zugang zum WLAN-Netz des Beklagten Zugriff verschafft haben könnten, fehlen ebenfalls.


    4. Nachdem das Gericht somit keine Zweifel an der Haftung des Beklagten im Grunde nach hat, war der entsprechende Schadensersatzanspruch festzusetzen.

    Den für die Urheberrechtsverletzung selbst anzusetzenden Schadensersatzanspruch hat das Gericht mit 600,00 EUR beziffert (§ 287 ZPO). Hierbei hat das Gericht berücksichtigt, dass die verfahrensgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen relativ zeitnah zu dem 6. Januar BM, an dem der Film in Deutschland im Verleih der Klägerin erschienen ist, liegen. Das Gericht hat insoweit ferner berücksichtigt, dass vorliegend zwei festgestellte Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Auch die unstreitigen Daten zum verfahrensgegenständlichen Film, insbesondere die Produktionskosten und die Besetzung (v1. BI. 131/132) hat das Gericht seiner Schätzung zugrunde gelegt. Ebenso die Gefahr einer exponentiell schnellen Verbreitung eines einmal zum Download angebotenen Werkes.

    Diese wesentlichen Überlegungen zum verfahrensgegenständlichen Filmwerk mussten sich auch auf den Gegenstandswert betreffend die verfahrensgegenständliche Abmahnung auswirken. Das Gericht ist hier der Auffassung, dass 10 000,00 EUR zugrunde zu legen sind. Hieraus ergeben sich die Anwaltskosten für die verfahrensgegenständliche Abmahnung bei Zugrundelegung einer 1,0 Geschäftsgebühr, die ebenfalls nicht zu beanstanden ist, zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 506,00 EUR.


    5. Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs.


    6. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.


    7. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 708, 711 ZPO.


    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Traunstein
    Herzog-Otto-Str. 1
    83278 Traunstein


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung


    gez.
    [Name]
    Richter am Amtsgericht

    Verkündet am 01.02.2016

    gez.
    [Name] JAng
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)

AG Traunstein Urteil vom 01.02.2016 Az. 314 C 159/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

(Umgangs-)Ton

#10546 Beitrag von Steffen » Donnerstag 11. Februar 2016, 11:40

AW3P: Der (Umgangs-) Ton macht die Musik!


11:40 Uhr


Der Umgangston bzw. das Niveau in den Foren bzw. bei Betroffenen ist im Laufe der Jahre erneut grenzwertig. Punkt. Liegt es an fehlender Kinderstube, Selbstüberschätzung, mangelnder Wahrnehmung der Realität (sagen wir vorsichtig Naivität) oder einfach fehlender Administration, ich weiß es nicht. Einige "Zeitgenossen" denken man könne ungestraft -insbesondere mutig hinter dem anonymen Nicknamen - jeden und alles sinnbefreit beleidigen und sind wahrscheinlich der Meinung, "online" gelten andere Gesetze und Gepflogenheiten als "offline".

Da ist es ganz einfach einem Abmahner (allgemein) als "Betrüger", "Wegelagerer" oder "Abmahnzecke" zu titulieren; Forenuser die andere Meinung sind als "Troll" (natürlich mit den entsprechenden "Likes" und unter Duldung der Administration; ein eher "harmloses" Beispiel); man äußert seine einzig geltende Rechtsauffassung und Meinung offen gegen über dem Abmahner oder einem Inkassounternehmen mal so richtig per Telefon. Man lässt mal so richtig Dampf ab. Es soll auch bei Abgemahnten vertretenden Anwälten vorgekommen sein. Denn man lässt sich bestimmt von Drohungen und Beleidigungen einschüchtern. Pustekuchen.

Natürlich sollte man in einem Foren-Posting, Zwiegespräch "nicht päpstlicher als der Papst sein" aber auch nicht "mit Kanonen auf Spatzen" schießen. Es liegt hier im Ermessen im Gegenüber. Das bedeutet, man kann je nach geistiger Entwicklung und Streitthema auch einmal etwas "deftiger" werden. Nur sollte alles einen gewissen Rahmen wahren, denn die freie grundgesetzlich gesicherte Meinungsfreiheit ist ein zerbrechliches Gut. Persönlichkeitsverletzungen, unwahre Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik, Rufmord, offensichtliche Drohungen usw. müssen bei einem Posting in einem Blog oder Forum bzw. bei fernmündlicher / schriftlicher Klärung eines Rechtsstreites außen vor bleiben. Ganz zu schweigen das dem Verletzten aus solchen unüberlegten und dummen Verhalten bestimmte Ansprüche (Unterlassung, Gegendarstellung, Löschung, Schadensersatz usw.) entstehen können, die man außergerichtlich (Abmahnung) / gerichtlich (Unterlassungsklage) geltend machen kann.




Amtsgericht Bad Kreuznach, Anerkenntnisurteil vom 15.12.2015, Az. 24 C 260/15


Inkassounternehmen [Name] fordert in Sachen Forderungsmanagement u.a. einmal im Auftrag von Rechteinhaber sowie andermal bei Abtretung im eigenen Namen vermeintlich offene Ansprüche gegenüber Filsharing-Abgemahnten ein. Ein Betroffener war hierbei der Meinung, dass man nicht auf Forderungsschreiben angemessen und sachlich reagieren muss, sondern versuchte wahrscheinlich seinen Standpunkt und Meinung mittels Beleidigungen und Drohungen zu verdeutlichen. Zu recht ließ sich das Inkassounternehmen [Name] dies unangebrachte Fehlverhalten nicht gefallen und verklagte den Betroffenen erfolgreich auf Unterlassung.



AG Bad Kreuznach, Anerkenntnisurteil vom 15.12.2015, Az. 24 C 260/15 (Volltext)
  • (...) Aktenzeichen: 24 C 260/15

    Amtsgericht
    Bad Kreuznach

    IM NAMEN DES VOLKES


    Anerkenntnisurteil


    In dem Rechtsstreit

    [Inkassobüro]
    - Klägerin -

    gegen

    [Name]
    - Beklagter

    wegen Unterlassung

    hat das Amtsgericht Bad Kreuznach durch die Richterin am Landgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2015 für Recht erkannt:
    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, es zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 5.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, die Klägerin, deren Mitarbeiter oder deren Geschäftsführung als "Deppen", "Schwachmaten", "schwachsinnig" oder "Winkeladvokaten" zu bezeichnen, sowie Mitarbeiter fernmündlich mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu bedrohen.
      2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung den Beklagten kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Bad Kreuznach
    Ringstraße 79
    55543 Bad Kreuznach


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

    Gegen die Entscheidung den Beklagten kann sofortige Beschwerde (im Folgenden: Beschwerde) eingelegt werden.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert der Hauptsache 600 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

    Amtsgericht Bad Kreuznach
    Ringstraße 79
    55543 Bad Kreuznach


    oder bei dem

    Landgericht Bad Kreuznach
    Ringstraße 79
    55543 Bad Kreuznach


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eines der genannten Gerichte. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei einem der oben genannten Gerichte eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

    Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.


    [Name]
    Richterin am Landgericht



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.


    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Bad Kreuznach
    Ringstraße 79
    55543 Bad Kreuznach


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.

    Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

    [Name]
    Richterin am Landgericht


    Beglaubigt

    (Dienstsiegel)

    [Name]
    Justizhauptsekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)



Appell an die Vernunft!?

Es ist leider immer häufiger zu erkennen, dass sich gerade in den zwei verbliebenen Verbraucherforen der Umgangston wieder dem "Gulli-Niveau" von 2006 annähert. Für Nichteingeweihte, dies stellt keinen positiven Zustand dar. Verunglimpfungen, Persönlichkeitsverletzungen, Verleumdungen, Beleidigungen, Rufschädigungen, Schmähkritik, bis hin zu vereinzelter Drohung, - natürlich und vor allem immer schön im Schutz des anonymen Accounts - sind wieder Hoch im Kurs. Sehr viele Inkassos, Rechteinhaber und Anwälte sind der Meinung das aktuell das Niveau in den Foren niveaulos bis grottenschlecht sei. Nur muss man eindeutig feststellen,
  • a) bei Beleidigungen, unwahren Tatsachenbehauptungen usw. wird immer der Forenbetreiber in Haftung genommen und ist verpflichtet - mit Kenntnis - die entsprechenden Kommentare zu löschen oder zu editieren. Warum? Das ist ganz einfach. Die meisten dieser mutigen und anonymen "Helden" registrieren bzw. melden sich mit Wegwerf-E-Mail-Adressen, Nicknamen, falscher Identität und einem IP-Anonymisierungstool in einem Forum an, um dann zu posten.
    b) ein Forum ist nicht so stark wie seine bzw. ein User, sondern wie die Administration. Punkt.
Im wahren Leben sieht es da schon anders aus. Betroffene die denken mit einer niveaulosen Art und Weise ihre Überlegenheit zu demonstrieren müssen dann mit den eventuellen Konsequenzen aus ihren Handlungen rechnen. Eine Anwaltskanzlei und ein Inkassounternehmen vertreten zahlreiche Mandanten bzw. Auftraggeber, die sicherlich auch Suchmaschinen im Internet bedienen können und selbst nicht in den Mittelpunkt irgendwelcher Querelen kommen wollen. Es geht egal ob Auftraggeber oder Auftragnehmer um die Wahrung der Seriosität und des Leumundes.


Liebe Abgemahnte, Betroffene, Forenuser, Blogger, Interessierte, Experten,

ich möchte an dieser Stelle appellieren, das in einem Forum, in einem Blog sowie bei der außergerichtlichen / gerichtlichen Streitregelung Sachlichkeit und Qualität in Vordergrund zu stellen ist und Beleidigungen oder Drohungen nichts zu suchen haben. Im Grundsatz erreicht man damit sowieso nur das Gegenteil.

Es ist auch ganz einfach ...

"Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem andern zu."


  • Auszug Board-Regeln Forum AW3P:
    (...) (3) Diffamierende, vulgäre, ehrenverletzende, beleidigende, rechtsradikale, fremdenfeindliche, antisemitische oder rechtswidrige Postings durch Foren-Mitglieder oder andere strafbaren Äußerungen oder/und Anschuldigungen werden sofort nach Kenntnis durch den Forenbetreiber gelöscht. In schweren Fällen droht die Löschung des Accounts oder das Erbringen einer erwiesenen Straftat zur Anzeige. Goldene Regel: Wer Respekt erhalten will, sollte selber Respekt gegenüber anderen Menschen haben! (...)

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Steffen Heintsch für AW3P

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~




AG Bad Kreuznach Anerkenntnisurteil vom 15.12.2015 Az. 24 C 260/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

LG Köln - Az. 14 O 179/15

#10547 Beitrag von Steffen » Freitag 12. Februar 2016, 10:53

Landgericht Köln, Beschluss vom 25.01.2016, Az. 14 O 179/15: Bei drei Abmahnungen über einen Anschluss ist die Anschlusinhaberin zum Zeitpunkt der Rechteverletzung "bösgläubig"! (Unterlassungsklage)



10:50 Uhr

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff & Scheffen Rechtsanwälte GbR

Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: www.nimrod-rechtsanwaelte.de/wordpress


Bericht
Quelle: http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/?p=5294
Beschluss als PDF-Download: http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/wor ... 179_15.pdf

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Das LG Köln bestätigt die Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte. In der vorliegenden Unterlassungsklage entschied das Gericht zunächst über den PKH-Antrag der Beklagten durch Beschluss. Dieser wurde zwar bewilligt, allerdings nur, wenn die Klageforderung einen Betrag in Höhe von 984,60 EUR übersteigt.

Die Kammer begründet diesen Beschluss mit der Feststellung, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen vom Anschluss der Antragsgegnerin begangen wurden. Die aus dieser Tatsache resultierende tatsächliche Vermutung der Täterschaft konnte die Beklagte nicht entkräften. Daran änderte auch die Benennung des Sohnes als Täter nichts. Zum einem wurde nicht vorgetragen wurde, ob der Sohn zum Verletzungszeitpunkt minderjährig oder bereits volljährig war. Diese Tatsache ist allerdings maßgeblich für die Notwendigkeit und den Umfang einer Belehrungspflicht.

Zum anderen stellt die Kammer fest, dass es darauf nicht ankommt, denn die Beklagte war insgesamt dreimal wegen Rechtsverletzungen über ihren Internetanschluss abgemahnt worden und damit im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Rechtsverletzung "bösgläubig". Es bestanden konkrete Anhaltspunkte dafür, dass über Ihren Internetanschluss Rechtsverletzungen begangen werden. Sie war vor diesem Hintergrund sowohl einem Minderjährigen als auch einem Volljährigen gegenüber zur Kontrolle und entsprechenden Maßnahmen verpflichtet. Diese hat die Beklagte auf Grundlage ihres eigenen Vortrags schuldhaft nicht vorgenommen.

Die Kammer sieht einen Gegenstandswert in Höhe von 20.000,00 EUR als angemessen. Daraus resultieren Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung bei einer 1,3 Gebühr in Höhe von 964,60 EUR. In dieser Höhe sieht das LG Köln keine Erfolgsaussichten einer Verteidigung.




Landgericht Köln, Beschluss vom 25.01.2016, Az. 14 O 179/15 (Volltext)

  • (...) hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln am 25.01.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name] die Richterin [Name] und die Richterin am Landgericht [Name] beschlossen:
    Der Beklagten wird Prozesskostenhilfe für den Antrag zu 2. aus der Klageschrift bewilligt, soweit dieser den Betrag von 984,60 EUR übersteigt.

    Zugleich wird Anwaltskanzlei [Name] zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte in dieser Instanz beigeordnet.

    Im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der antragstellenden Partei wird von der Anordnung einer ratenweisen Zahlung der Prozesskosten zunächst abgesehen. Sollten sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, kann dieser Beschluss gemäß § 120a Abs. 1 ZPO abgeändert werden.

    Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.


    Gründe:

    Die beabsichtigte Verteidigung gegen das klägerische Vorbringen hat nur insoweit Aussicht auf Erfolg, als die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung betroffen sind, soweit die Klägerin einen Betrag von mehr als 984,60 EUR verlangt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für das streitgegenständliche Computerspiel ein Streitwert von 20.000,00 EUR und nicht von 30.000,00 EUR anzusetzen. Eine 1,3 Gebühr nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beträgt 964,60 EUR, zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 EUR ergibt sich der Betrag von 984,60 EUR.

    Insofern ist jedoch die Klage begründet, weil der Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG besteht. Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel [Name] aktivlegitimiert. Die Beklagte ist passiv legitimiert, weil von ihrem Internetanschluss aus die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen jedenfalls am 27. November 2014 und am 28. November 2014 begangen worden sind. Unabhängig von dem Vortrag der Beklagten, sie habe die behaupteten Urheberrechtsverstöße nicht begangen, ist die Beklagte täterschaftlich für diese Rechtsverletzungen verantwortlich.

    Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er dazu vor-trägt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - 1 ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 -1 ZR 75/14 - Tauschbörse III).

    Dieser sekundären Darlegungslast hat die Beklagte nicht genügt. Zwar hat sie ihren Sohn als Täter benannt, so dass grundsätzlich ein abweichender Kausalverlauf in Betracht käme. Ihr Vortrag dazu reicht jedoch nicht aus. Die Beklagte hat schon nicht dargelegt, ob ihr Sohn zum Verletzungszeitpunkt im November 2014 noch minderjährig oder bereits volljährig war. Dies kann maßgeblich sein für die Frage, ob und in welchem Umfang Belehrungspflichten hinsichtlich der Internetnutzung bestehen. Auf der Grundlage des Vortrages der Beklagten kommt es jedoch darauf vorliegend ausnahmsweise nicht an. Für den Fall, dass der Sohn der Beklagten zum Verletzungszeitpunkt noch minderjährig war, besteht ihre Haftung aus § 832 BGB. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht zwar grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern jedoch verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - 1 ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 24 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14 - Tauschbörse II). Derartige konkrete Anhaltspunkte hatte die Beklagte. Denn sie war bereits am 02. Mai 2013, am 23. Januar 2014 und am 11 Dezember 2014 (Anlagen K 6,7 und 8) wegen Rechtsverletzungen über ihren Internetanschluss abgemahnt worden. Wenn ihr Vortrag unterstellt wird, dass sie selbst die Rechtsverletzungen nicht begangen hat, kam auch insofern nur ihr Sohn in Betracht. Vor diesem Hintergrund wäre sie als Inhaberin des Internetanschlusses zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet gewesen, weitere Rechtsverletzungen zu verhindern.

    Gleichermaßen hätte sie Vorkehrungen treffen müssen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen, wenn ihr Sohn bereits volljährig gewesen ist. Denn auch gegenüber volljährigen Kindern, die im Haushalt leben und den Internetanschluss eines Elternteils nutzen, besteht dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Rechtsverletzungen über den Internetanschluss begangen werden, die gleichen Handlungspflichten. Diese hat die Beklagte auf der Grundlage ihres Vortrages schuldhaft nicht vorgenommen.

    Der Beschluss beruht auf den §§ 114, 115 Abs. 1 und 2, 120, 121 Abs. 1 ZPO.


    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, wenn
    • 1. der Wert der Hauptsache 600,00 EUR übersteigt,
      2. das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint oder
      3. das Gericht die Zahlung von Raten angeordnet hat.
    Die sofortige Beschwerde ist bei dem Landgericht Köln oder dem Oberlandesgericht Köln schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

    Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.

    Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von 1 Monat bei dem

    Landgericht Köln,
    Luxemburger Straße 101,


    oder dem

    Oberlandesgericht Köln,
    Reichenspergerplatz 1,


    eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. (...)



LG Köln, Beschluss vom 25.01.2016, Az. 14 O 179/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Belehrung Minderjähriger

#10548 Beitrag von Steffen » Sonntag 14. Februar 2016, 14:57

Urteil: AG Hannover vom 01.02.2016, Az. 441 C 12840/15 - zu den Anforderungen an eine Belehrung gegenüber Minderjährigen!


15:00 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff & Scheffen Rechtsanwälte GbR

Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/wordpress


Bericht
Quelle: http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/?p=5296
Urteil als PDF-Download: http://www.nimrod-rechtsanwaelte.de/wor ... 840_15.pdf

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Das Amtsgericht Hannover bestätigt die Rechtsauffassung der Nimrod Rechtsanwälte. Eltern haften für die Verstöße ihrer minderjährigen Kinder auch bei Verstößen über den Internetanschluss Dritter. Der Abgemahnte benannte nach eigener Recherche den Sohn der Nachbarin, der im Beisein seiner Mutter den Verstoß gegenüber dem Anschlussinhaber eingeräumt hat.

Im Verfahren selber trug die Beklagte vor, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Verstoß durch den Sohn begangen wurde. Dieser Vortrag ist nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend substantiiert genug. Der Rechtsprechung des BGH in "Tauschbörse III" folgend, hat das Amtsgericht zurecht die Haftung der Beklagten nach § 832 Abs. 1 BGB angenommen.

Das Amtsgericht bestätigt ferner die Rechtsauffassung der Nimrod Rechtsanwälte, dass es der Beklagten oblag, den Nachweis einer ordnungsgemäßen Belehrung zu führen. Dem kam die Beklagte nicht nach.

Das Gericht stellt weiter fest, dass für den Gegenstandswert nicht nur das Wertinteresse des Gläubigers maßgeblich ist, sondern auch auf die Angriffsintensität abzustellen ist. Für einen einmaligen Verstoß, wie im vorliegenden Fall, erachtet das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR für angemessen.

Das Urteil ist hier abrufbar.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Hannover, Urteil vom 01.02.2016, Az. 441 C 12840/15
im Volltext


  • (...) Amtsgericht
    Hannover


    Az. 441 C 12840/15

    Verkündet am 01.02.2016
    Ohne Protokollführer gem. § 159 Abs. 1 S. 2 ZPO.


    Im Namen des Volkes

    Urteil



    In dem Rechtsstreit

    [Name]
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte: Nimrod Rechtsanwälte Bockslaff, Scheffen,

    gegen

    [Name]
    Beklagte

    Prozessbevollmächtigte: [Name]


    hat das Amtsgericht Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 11.01.2016 durch den Richter [Name] für Recht erkannt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.051,80 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 400,00 EUR seit dem 27.08.2015 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 37 Prozent und die Beklagte 63 Prozent zu tragen.

    Davon ausgenommen sind die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die der Klägerin auferlegt werden.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.667,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand


    Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Zahlung von Abmahnkosten aus einer Urheberrechtsverletzung (Filesharing).

    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für die Software [Name].

    Sie mahnte [Name] mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2012 bezüglich einer unerlaubten Verwertung im Rahmen eines Tauschbörsenprogramms ab und behauptet hierzu, eine von ihr beauftragte Ermittlungsfirma habe ermittelt, dass am 29.01.2012 über eine IP-Adresse die Software im Rahmen von Tauschbörsenprogrammen im Internet zum Download vom Anschluss [Name] angeboten worden sei.

    [Name] teilte mit Schreiben vom 08.03.2012 (Anlage K1, Blatt 33 der Akte) der Klägerin mit, dass der Sohn der Beklagten, [Name], für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei und das Spiel vom Anschluss heruntergeladen habe. Daraufhin wurde der Sohn der Beklagten, vertreten durch die Beklagte, mit Schreiben vom 13.06.2012 abgemahnt.

    Die Klägerin behauptet, die Ermittlungen seien ordnungsgemäß verlaufen.

    Die Klägerin hat am 21.08.2015 gegen die Beklagte einen Mahnbescheid über 1.515,40 EUR nebst Zinsen und Verfahrenskosten beantragt, der dieser am 26.08.2015 zugestellt worden ist. Nachdem die Beklagte am 31.08.2015 Widerspruch eingelegt hat und die Klägerin hierüber durch Schreiben vom 01.09.2015 informiert worden ist, hat sie am 11.09.2015 die weiteren Gerichtskosten eingezahlt. Am 18.09.2015 ist die Verfügung des Gerichtes mit der Aufforderung abgesandt worden, den Anspruch zu begründet. Die Anspruchsbegründung ist daraufhin am 25.09.2015 beim Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck eingegangen, das den Rechtsstreit an das erkennende Gericht auf Antrag der Klägerin abgegeben hat.


    Die Klägerin beantragt,
    • 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen,
      2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz in eine nach dem Ermessen des Gerichts zu bestimmender Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 510,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.


    Des Weiteren führt sie aus, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Sohn die Urheberrechtsverletzung begangen habe. Sie behauptet, sie habe ihren Sohn mehrfach darüber belehrt, keine illegalen Handlungen im Internet vorzunehmen.


    Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 11.01.2016 verwiesen.


    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB. Hiernach ist derjenige, der kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.

    Dass der Sohn der Klägerin vom Internetanschluss [Name] die Urheberrechtsverletzung begangen hat, hat die Beklagte nicht ausreichend substantiiert bestritten. Sie hat vielmehr nur ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dies der Fall gewesen sei. Aus diesem Grund kann auch die Richtigkeit der Ermittlungsergebnisse der Klägerin dahingestellt bleiben.

    Für einen Anspruch aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB genügt das Bestehen der Aufsichtspflicht. Minderjährige bedürfen wegen ihrer Minderjährigkeit stets der Aufsicht (Palandt / Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 832 Rn. 4, 5). Die Beklagte ist zur Aufsicht über ihren Sohn gern. § 1626 Abs. 1 BGB verpflichtet. Der Sohn der Beklagten war zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung 15 Jahre alt und damit noch minderjährig, § 2 BGB.

    Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk durch einen Minderjährigen im Rahmen von Tauschbörsenprogrammen öffentlich zugänglich gemacht, haftet der Aufsichtspflichtige nach § 832 Abs. 1 S. 1 BGB als Täter (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14 -, Rn. 42, juris).

    Nach § 832 Abs. 1 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Aufsichtspflichtige seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Die Beweislast hierfür obliegt dem Aufsichtspflichtigen (Palandt/Sprau, § 832 Rn. 8). Es oblag damit der Beklagten, nachzuweisen, dass sie ihrer Aufsichtspflicht durch eine ordnungsgemäße Belehrung ihres Sohnes über die Nutzung des Internets entsprochen hat, worauf die Klägerin in der Anspruchsbegründung zu Recht hinweist. Beweis hat die Beklagte nicht angeboten. Daher kommt es schon gar nicht darauf an, ob sie substantiiert zur Belehrung vorgetragen hat.

    Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Die Urheberrechtsverletzung hat sich im Jahr 2012 ereignet, die Verjährung wäre damit zum 31.12.2015 eingetreten, §§ 194 Abs. 1, 195, 197 Abs. 1 BGB. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagten bereits die Anspruchsbegründung zugestellt worden (Zustellung am 06.10.2015), so dass die Verjährungsfrist gehemmt war, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

    Gibt es wie hier keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, ZUM 2013, 406 Rn. 30). Dabei sind an Art und Umfang der vorn Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14 -, Rn. 44, juris).

    Da das Computerspiel zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung aktuell war (2011), es aber zumindest derzeit nur 6,99 EUR kostet, hält es Gericht einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 400,00 EUR für angemessen und ausreichend. Dass der Klägerin ein höherer Schaden entstanden ist, hätte sie nachweisen müssen.

    Die Klägerin kann zudem die entstandenen Abmahnkosten verlangen, denn eine Abmahnung des Sohnes der Beklagten war berechtigt. Ihr Sohn ist mit Schreiben vom 13.06.2012 abgemahnt worden.

    Bei der Bemessung des maßgeblichen Gegenstandswerts ist dabei nicht nur auf das Wertinteresse des Gläubigers, sondern auch auf die Angriffsintensität abzustellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nur ein einmaliger Verstoß vorliegt, bei der die generalpräventiven Gesichtspunkte zurücktreten (LG Berlin, Urteil vom 24. Januar 2014 - 15 S 16/12 -, Rn. 38, juris). Ein Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist dabei angemessen, so dass sich außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR errechnen.

    Die Entstehung der Abmahnkosten hat die Beklagte auch nur unsubstantiiert bestritten.

    Ein Zinsanspruch kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine Geldschuld handelt, so dass hinsichtlich des Freistellungsanspruchs keine Zinsen zuzusprechen waren. Im Übrigen waren Zinsen gem. den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zuzuerkennen.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Hannover,
    Volgersweg 65,
    30175 Hannover.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

    Der Streitwertbeschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

    Amtsgericht Hannover,
    Volgersweg 1,
    30175 Hannover


    eingeht. Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

    Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

    [Name]
    Richter (...)



AG Hannover, Urteil vom 01.02.2016, Az. 441 C 12840/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10549 Beitrag von Steffen » Montag 15. Februar 2016, 20:24

DR. SCHMEL NOTAR FACHANWÄLTE RECHTSANWÄLTE:
Landgericht Bremen, Beschluss vom 23.12.2015, Az. 7 S 2555/15



20:22 Uhr


In einem aktuellen Berufungsverfahren der Kanzlei BaumgartenBrandt, wurde die Berufung zurückgezogen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Bild

Rechtsanwalt Florian Burgsmüller
Fachanwalt für Strafrecht



Kanzlei DR. SCHMEL NOTAR FACHANWÄLTE RECHTSANWÄLTE
Grashoffstraße 07 / Konrad-Adenauer-Platz | 27570 Bremerhaven
Tel.: 0471/95 200-140 | Fax: 0471/95 200-190
E-Mail: burgsmueller@schmel.de | Homepage: www.schmel.de


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



LG Bremen, Beschluss vom 23.12.2015, Az. 7-S-2555/15 (Volltext)

  • (...) BESCHLUSS

    in Sachen

    Europool Europäische Medienbeteiligungs-GmbH
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Baumgarten und Brandt,


    gegen


    [Name]
    - Beklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Schmel & Partner GbR, Grashoffstraße 7, 27570 Bremerhaven


    Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin aus den auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend gehaltenen Gründen der angefochtenen Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

    Die Klägerin erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen.


    Gründe

    Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Kammer folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall.

    Mit der Berufung greift die Klägerin im Wesentlichen an, dass das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin im Hinblick auf ihre Aktivlegitimation und die Anforderungen an das Bestreiten der hierzu vorgetragenen Tatsachen verkannt habe. Hierzu beruft sie sich auf Rechtsprechung, nach der anerkannt sei, dass auch aus Indizien ohne unmittelbaren Beleg auf eine Rechtsübertragung geschlossen werden könne. Die Rechtsschutzgarantie der Klägerin würde faktisch leerlaufen, wenn, wie hier, nach Vorlage eines Lizenzvertrages, auf dessen Grundlage die Klägerin die kommerzielle Auswertung des Films vornimmt, ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen an einer beliebigen Stelle der Rechtekette zur unmittelbaren Verneinung der Aktivlegitimation der Klägerin führte. Ein Verletzer müsse vielmehr substantiiert darlegen, wen er für den Urheber hält, und die Gründe hierfür darlegen. Vorliegend sei die Klägerin nicht gehalten gewesen, den Verlauf der gesamten Rechtekette darzulegen, weil Indizien und Beweise für die Rechteinhaberschaft der Klägerin vorlägen. Dies sei zum einen die Tatsache, dass die Klägerin ihre Rechteinhaberschaft bereits im Auskunftsverfahren vor dem Landgericht Köln glaubhaft gemacht habe. Ferner habe sie mit Anl. K5 Auszüge aus dem mit der Ulysses GmbH geschlossenen Lizenzvertrag als Beweis vorgelegt, aus dem sich ergebe, dass die Ulysses GmbH auch in Vertretung der übrigen Co-Produzentinnen, gehandelt habe. Die übrigen Co-Produzentinnen seien in den vorgelegten Unterlagen namentlich benannt (Universum Film GmbH, A. Film A.S., Animaker Ltd. und Europool) und aus dem vorgelegten Auszug aus dem Vertragstext (Anl. K5) 'ergebe sich, dass die Produzenten Europool die alleinigen und ausschließlichen Rechte zur Verwertung des Films einräumen. Es bestehe daher kein einziger Anhaltspunkt dafür, dass die Ulysses GmbH und die weiteren aufgeführten Produzentinnen nicht zur Rechteeinräumung befugt waren, so dass das Bestreiten der Aktivlegitimation des Lizenzgebers durch die Beklagte unerheblich und offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Die Beklagte hätte bei den aus dem Vertrag ersichtlichen Lizenzgebern ohne weiteres Nachforschungen anstellen können, dies sei ihr zumutbar gewesen. Auch andere Gerichte hätten keine Bedenken bezüglich der Aktivlegitimation der Klägerin gehabt.

    Diese Rügen der Klägerin greifen jedoch nicht durch. Grundsätzlich ist zunächst derjenige, der von sich behauptet, Rechteinhaber zu sein, beweisbelastet für diesen Umstand (vergleiche z.B Kammergericht Berlin, Urteil vom 13. Juli 2009, 34 U 81/08). Dabei ist der Klägerin beizupflichten, dass unter bestimmten Umständen aus nachgewiesenen oder unstreitigen Indizien auf die Rechtsinhaberschaft geschlossen werden kann (vergleiche z.B. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 19. Dezember 2007, 5 U 15/07) und dass der Verletzer bei einer Urheberrechtsverletzung die Urheberschaft des Gläubigers bei Vorliegen bestimmter Umstände nicht mit bloßem Nichtwissen bestreiten darf (vergleiche z.B. OLG Hamm, Urteil vom 04. Juni 2008, 4 U 25/08). Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung soll nicht infrage gestellt werden. Die Umstände des vorliegenden Falles sind jedoch mit den Umständen der zitierten Entscheidungen nicht vergleichbar.

    Zu Recht stellt das erstinstanzliche Gericht unter Hinweis auf § 8 Abs. 2 UrhG im Kern darauf ab, dass es bei der Rechteeinräumung durch Vertrag mit einer von mehreren Co-Produzentinnen nicht ausreicht, lediglich die Rechteeinräumung durch diese eine Co-Produzentin durch Vorlage des Vertragstextes nachzuweisen.

    Die Klägerin beschränkt sich darauf, Auszüge aus dem Lizenzvertrag vorzulegen, aus denen sich jedoch eine Rechteeinräumung durch die übrigen Co-Produzentinnen nicht ergibt. Wenn die Beklagte auf diesen Umstand hinweist, stellt dies kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das Bestreiten der Beklagten ist schon allein deshalb nicht unsubstantiiert, weil zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es mehrere Co-Produzentinnen gab, und dass eine Rechteeinräumung durch alle diese Co-Produzentinnen zu erfolgen hatte. Aus dem Vertragstext ergibt sich lediglich, wie das Amtsgericht bereits herausgearbeitet hat, dass die Ulysses GmbH behauptet, zur Rechteeinräumung auch im Namen der übrigen Co-Produzentinnen befugt zu sein. Die Einräumung der Befugnis selbst hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Klägerin legte zuletzt eine schriftliche Bestätigung der Geschäftsführerin der Ulysses. GmbH vom 27. März 2015 (Anlage K 5c) vor, die ebenfalls lediglich eine entsprechende Behauptung enthält. Dies ist nicht ausreichend. Sollte sich diese Behauptung allein auf den vorgelegten Vertragstext (Anl. K5) stützen, wäre der Vortrag aus den oben genannten Gründen unschlüssig. Sollten der Geschäftsführerin der Ulysses GmbH weitere Informationen vorliegen, die sich z.B. aus dem vollständigen Vertragstext oder separaten Bevollmächtigungen oder Rechteeinräumungen ergeben könnten, so wäre es der Klägerin auch zumutbar, diese Informationen bei ihrer Vertragspartnerin zu beschaffen, zu offenbaren und sie damit überprüfbar zu machen. Anders als in den von der Klägerin zitierten Fällen ist es nämlich vorliegend die Klägerin selbst, die aufgrund ihrer vertraglichen Beziehungen die Möglichkeit hat, die erforderlichen Informationen zu beschaffen, während die Beklagte als deutsche Verbraucherin nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten hat, Informationen von den internationalen verschiedenen Co-Produzentinnen zu erhalten.

    Hiermit liegt der Sachverhalt ganz anders als z.B. in dem von der Klägerin zitierten Verfahren vor dem Kammergericht Berlin (Urteil vom 13. Juli 2009, 34 U 81/08), wo die Erben eines Opernsängers gegenüber einer Festspielleitung Ansprüche geltend machten; in diesem Fall ergab sich aus einem Vertragstext aus dem Jahr 1973, dass die Philharmonie die Rechte bei sämtlichen Solisten eingeholt hatte und dass sie die entsprechenden Erklärungen in Fotokopie erhalten hatte. Die Beklagte konnte keine Vertragstexte vorlegen. Das Kammergericht Berlin hielt die Indizien für ausreichend, um einen Rechteverlust des Klägers festzustellen. Ähnlich verhielt es sich bei einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 10. März 1993, 6 U 211/92), wo ein Verleger einen Verlagsvertrag für die wissenschaftlichen Werke des Philosophen Husserl nicht vorlegen konnte, weil der ursprünglichen Halle an der Saale in der DDR ansässige Verlag bei seiner Übersiedlung nach Westdeutschland sämtliche geschäftlichen Unterlagen zurücklassen musste. Gleichzeitig war es jedoch u.a. unstreitig, dass die fraglichen Werke mit Zustimmung Husserls bei der Klägerin erschienen waren. Damit unterscheidet sich der Sachverhalt grundlegend von dem Vorliegenden. In einem anderen von der Klägerin bemühten Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 23. März 2012,6 U 67/11) waren die Klägerinnen als Lieferanten im zentralen Einkaufskatalog aufgeführt. Vor diesem Hintergrund hielt das Gericht ein pauschales Bestreiten der Beklagten für nicht ausreichend. Vorliegend ist weder vorgetragen, dass die Klägerin in entsprechenden Katalogen aufgeführt ist, noch ist das Bestreiten der Beklagten, worauf das Amtsgericht zu Recht hinweist, pauschal. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Rechtsinhaberschaft nicht lediglich mit Nichtwissen bestreitet, liegt der Fall zudem auch anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19. April 2001, I ZR 238/98, wo dieser ausführt, dass ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zulässig war, weil die Partei ihren Informationspflichten nicht nachgekommen war; hier ging es jedoch, anders als im vorliegenden Fall für die Beklagte, um Vorgänge, an denen die betroffene juristische Person selbst beteiligt war. Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 24. Juni 2008, 4 U 25/08), bezieht sich lediglich auf ein pauschales Bestreiten und ist damit auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In diesem Fall behauptete der Kläger, selbst Filmaufnahmen von einem tödlichen Fallschirmsprung gefertigt zu haben, und hatte dies durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen von Zeugen glaubhaft gemacht, die beobachtet haben wollten, wie der Kläger die Aufnahmen anfertigte. Für diese Fallkonstellation, die auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, entschied das Oberlandesgericht Hamm, dass zum einen grundsätzlich der Kläger die Beweislast für seine Rechteinhaberschaft trägt, dass jedoch in Anbetracht des substantiierten klägerischen Vortrages unter Vorlage von dem Grunde nach nicht angegriffenen eidesstattlichen Versicherungen ein substantiiertes Bestreiten der Beklagten erforderlich gewesen wäre. Auch der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg vom 19. Dezember 2007 (5U.15/07) zugrunde lag, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Insbesondere lässt sich der Entscheidung gerade nicht entnehmen, dass auf den Nachweis einer Rechteinhaberschaft im Sinne einer lückenlosen Rechtekette verzichtet werden kann. Dort ging es um die Nutzung eines Musikstückes als Handyklingelton und es ergab sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass die Künstler selbst von einer Rechteinhaberschaft der Klägerin ausgehen. Diesem Umstand maß das Gericht erhebliche Indizwirkung zu, so dass es den Beklagten oblegen hätte, einzelfallbezogen konkrete Gegenargumente vorzutragen. In dieser Entscheidung betonte das Hanseatische Oberlandesgericht, dass grundsätzlich ein Anspruchsteller im Verletzungsprozess seine Rechte lückenlos nachweisen muss, und hielt lediglich ausnahmsweise das Bestreiten für unbeachtlich, da es - anders als vorliegend - lediglich pauschal und unsubstantiiert erfolgte.

    Zu Recht weist das Amtsgericht ferner darauf hin, dass weder Entscheidungen durch andere Gerichte noch Entscheidungen aus dem Auskunftsverfahren für das hiesige Gericht bindend sind.

    Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Anhaltspunkte können vorliegen, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges die Beweislast verkannt hat, beweiswürdigende Darlegungen nachvollziehbarer Grundlage entbehren, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wurde, Verfahrensfehler bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen sind oder Fehler bei der Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme vorliegen (vgl. BGH, NJW 2004, 1876; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 529 Rn. 2). Nach Maßgabe dieser Kriterien ist die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden.

    Insgesamt hat die Berufung demnach keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin mag innerhalb der im Beschlusstenor genannten Frist erklären, ob die Berufung zurückgenommen wird, was eine Ermäßigung der Gebühr gemäß Nr. 1222 der Anlage 1 zum GKG von 4,0 auf 2,0 zur Folge hätte.

    Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Nach einstimmiger Auffassung der Kammer ist vorliegend eine Durchführung der mündlichen Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten. Dies kann allerdings dann der Fall sein, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts sich auf eine umfassende neue rechtliche Würdigung stützt und diese im schriftlichen Verfahren nicht angemessen erörtert werden kann (Heßler, in: Zoller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 522 Rn. 40). So liegt es hier aber nicht. Die von der Kammer vertretene rechtliche Bewertung des festgestellten Tatsachenstoffes betrifft, soweit sie von der Beurteilung durch das Amtsgericht abweicht, lediglich einen Teil der Begründung und kann ohne weiteres im schriftlichen Verfahren sachgerecht erörtert werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung lässt hierfür jedenfalls keinen weitergehenden Erkenntnisgewinn erwarten.


    Bremen, den 23. Dezember 2015, Landgericht, 7. Zivilkammer


    gez.
    [Name]
    Für die Ausfertigung
    Urkundsbeamt. der Geschäftsstelle des Landgerichts (...)



LG Bremen, Beschluss vom 23.12.2015, Az. 7 S 2555/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Nette Entscheidung

#10550 Beitrag von Steffen » Donnerstag 18. Februar 2016, 15:19

Eine nette Entscheidung am Gerichtsstandort Hamburg

  • - AG Hamburg, Urteil vom 03.03.2014, 25b C 503/13 (Volltext)
    - Berufung
    - 18.02.2016, mdl. Termin; Klägerin (vertr. durch rka.-RAe) zieht Berufung im Verfahren vor dem Landgericht Hamburg (Az. 308 S 8/15) zurück
VG Steffen

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

LG München, Az. 21 S 1401/15

#10551 Beitrag von Steffen » Donnerstag 18. Februar 2016, 16:03

Landgericht München, Urteil vom 13.01.2016, Az. 21 S 1401/15: Das Landgericht München I hebt Vorinstanz in Tauschbörsenverfahren auf - Anschlussinhaber beharren auf gerichtlicher Klärung und müssen nach Unterliegen auch Sachverständigenkosten in Höhe von ca. 12.000,00 EUR zahlen


16:00 Uhr


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de



Bericht
Quelle: www.news.waldorf-frommer.de
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... genkosten/
Urteil als PDF-Download: LG München, Urteil vom 13.01.2016, Az. 21 S 1401/15



Autor
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Hörbuchaufnahmen

Im Rahmen eines Klageverfahrens vor dem Amtsgericht München hatten die beiden beklagten Anschlussinhaber, ein Ehepaar, lediglich ihre eigene Täterschaft bestritten und darauf verwiesen, dass ihre beiden Kinder ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Sämtliche Rechner des Haushalts seien auf das illegal zum Download angebotene Hörbuch hin durchsucht worden.

Da die Beklagten hierbei angeblich nicht fündig wurden und in Bezug auf ihre Kinder ausschließlich entlastende Umstände vortragen konnten, wurde in erster Linie die fehlerfreie Ermittlung der Rechtsverletzung sowie die korrekte Zuordnung der ermittelten IP-Adresse zum eigenen Internetanschluss bestritten.

Vor diesem Hintergrund beauftragte das Gericht zwei unabhängige und vereidigte Sachverständige mit der gutachterlichen Überprüfung der streitigen Beweisfragen. Der Auslagenvorschuss für die beiden Gutachten belief sich dabei auf insgesamt 15.000,00 EUR.

Die Sachverständigen bestätigten in ihren Gutachten sowohl die Fehlerfreiheit der Ermittlungen als auch die korrekte Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss der Beklagten.

Die Beklagten behaupteten nunmehr, dass ihre Kinder zur maßgeblichen Zeit vermutlich zu Hause gewesen seien. Aufgrund der von den Sachverständigen erwiesenen Rechtsverletzung könne nun nicht mehr ausgeschlossen werden, dass die Kinder die Rechtsverletzung begangen hätten. Konkrete Anhaltspunkte für die Täterschaft eines der Kinder konnten die Beklagten jedoch nicht aufzeigen.

Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht München I wurde der Klage nunmehr in vollem Umfang stattgegeben.

Im Rahmen seiner Entscheidungsgründe hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht durch bloße Spekulationen nachkommen kann. Vielmehr seien konkrete Anhaltspunkte darzulegen, die auch tatsächlich für die Täterschaft eines bestimmten Dritten sprechen würden. Dies sei vorliegend jedoch gerade nicht der Fall gewesen. Die bloße Denkmöglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs sei insoweit unerheblich:
  • "Mit diesem Vortrag sind die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Der Sachvortrag der Beklagten ist unplausibel, weil er darauf abzielt, dass weder die Beklagten oder ihre Kinder noch sonst Dritte für die Rechtsverletzung verantwortlich seien. Dies ergibt sich aus einer Zusammenschau der von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen. [...] Soweit die Beklagten zuletzt vortragen, sie konnten nicht ausschließen, dass eines ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen habe, handelt es sich um eine reine Spekulation ohne Tatsachenvortrag. Die Beklagten haben jedoch im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast Tatsachen dazu vorzutragen, wer als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Nachdem die Beklagten - wie dargelegt - umfangreich Tatsachen vorgetragen haben, dass weder die Beklagten noch ihre Kinder für die Rechtsverletzung verantwortlich seien, ist es insoweit nicht ausreichend - dem übrigen Sachvortrag entgegenstehend - rein spekulativ vorzutragen, dass trotzdem nicht ausgeschlossen werden könne, dass dennoch eines der Kinder die Rechtsverletzung begangen habe. Die Beklagten sind daher bei Anlegung eines nach Auffassung der Kammer gebotenen strengen Maßstabs an den Detailgrad und die Plausibilität des Sachvortrags ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen."
In der Folge verurteilte das Landgericht die Beklagten gesamtschuldnerisch zum Ersatz des entstandenen Schadens, zur Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten, also auch der Kosten für die eingeholten Sachverständigengutachten in Gesamthöhe von ca. 14.000,00 EUR.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG München, Urteil vom 13.01.2016, Az. 21 S 1401/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

AG Köln, Az. 137 C 17/15

#10552 Beitrag von Steffen » Freitag 19. Februar 2016, 21:11

Amtsgericht Köln: Sekundäre Darlegungslast in Filesharing Klagen


21:10 Uhr

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Bild

Rechtsanwalt Andreas Schwartmann

Robert-Perthel-Str. 45 | 50739 Köln
Tel: 0221-80137193 | Fax: 0221-80137206
E-Mail: info@rechtsanwalt-schwartmann.de | Web: rheinrecht.wordpress.com



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Wer geglaubt hat, die Tauschbörsen-Entscheidungen des BGH vom 11.06.2016 würden den Amts- und Landgerichten, die sich mit Filesharingklagen befassen müssen, die Arbeit erleichtern und als Blaupause für das Durchwinken von geltend gemachten Ansprüchen dienen, sieht sich eines Besseren belehrt. Das Amtsgericht Köln hat sich in einer von mir erstrittenen Entscheidung ausführlich mit der Rechtsprechung des BGH auseinandergesetzt und die von der Kanzlei c-law GbR angestrengte Klage auf Schadensersatz wegen angeblichen Anbietens des Filmes [Name] abgewiesen, weil die Beklagte darlegen konnte, dass sie während der vermeintlichen Tatzeit im Ausland war und der Internetanschluss von WG-Bewohnern genutzt worden war.

Das Gericht führt auf sieben Seiten ausführlich aus, wie es die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast sieht und dass die Beklagte ihnen nachgekommen ist und weder als Täterin noch als Störer in Anspruch genommen werden kann.

Das Urteil vom 15.02.2016 - 137 C 17/15 - im Volltext (noch nicht rechtskräftig): ...


... weiterlesen auf 'rheinrecht.wordpress.com'




AG Köln, Urteil vom 15.02.2016, Az.137 C 17/15 (Volltext)

  • (...) hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2016 durch den Richter [Name] für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Tatbestand

    Mit der nach Durchführung des Mahnverfahrens zunächst am 24.11.2014 bei dem Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt eingegangene Klage begehrt der Kläger von der Beklagten Lizenzschadensersatz und Abmahnkosten für eine streitige Urheberverletzung durch Filesharing.

    Von einem Internetanschluss wurde am 19.02.2014 der Film [Name] in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum kostenlosen Herunterladen angeboten.

    Mit Schreiben vom 05.03.2014 wandte sich der Kläger an die Beklagten und mahnte diese aufgrund dieser Urheberverletzung unter Zugrundelegung eines Gebührenstreitwertes von 1.735,00 EUR ab. Die hierdurch entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR verlangt dieser nunmehr von der Beklagten ersetzt. Darüber hinaus macht er einen Lizenzschaden von mindestens 735,00 EUR geltend.

    Der Kläger trägt vor, alleiniger Rechteinhaber des streitgegenständlichen Werks zu sein. Der Film sei unter der zutreffend und zuverlässig ermittelten und der Beklagten zuzuordnenden IP-Adresse im Wege des Filesharing durch diese zum Herunterladen angeboten worden; wegen der weiteren Einzelheiten seines Vortrages wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.


    Der Kläger beantragt die Beklagte zu verurteilen, an ihn
    • 1. einen Schadensersatz in Höhe von 735,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit sowie
      2. Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt.
    • die Klage abzuweisen.


    Sie bestreitet, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe sie sich im Ausland befunden. Es hatten neben ihrem Zwischenmieter auch zwei weitere Bewohner ihrer Wohngemeinschaft selbstständigen Zugriff auf den Router gehabt. Dieser sei ausreichend gesichert gewesen.


    Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.

    Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 13.07.2015 durch Vernehmung von Zeugen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 20.10.2015 (BI. 182 ff. d.A.) Bezug genommen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteilen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet, denn jedenfalls gelingt dem darlegungs- und beweisbelasteten (dazu unten) Kläger der Nachweis einer Urheberverletzung der Beklagten nicht, so dass ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) nicht besteht. Das Gericht geht nicht davon aus, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Film [Name] am 19.02.2014 in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum Herunterladen angeboten hat, so dass offenbleiben kann, ob der Kläger tatsächlich Rechteinhaber ist, bzw. die Ermittlung der IP-Adressen bzw. die Zuordnung zum Anschluss der Beklagten fehlerfrei erfolgt ist. Im Einzelnen gilt Nachfolgendes:

    Der BGH führt zuletzt im Urteil vom 11.06.2015 (Az. 1 ZR 75/14 "Tauschbörse III") aus:
    • "Die Klägerinnen tragen nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - 1 ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013. 799 - Morpheus; Urteil vorn 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200. 76 Rn. 14 - BearShare). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessualen Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN) (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Rn. 37, juris). Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Januar 2014, 1 ZR 169/12, BGHZ 200, 76 - BearShare) (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Leitsatz, juris)."
    Es stellt sich aber durchaus die Frage, ob diese Überlegungen im Ausgangspunkt zwingend sind und ob einer etwaigen sekundären Darlegungslast bereits dadurch genüge getan wird, dass (substantiiert) vorgetragen wird, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zum Internetanschluss neben dem Anschlussinhaber hatten (so wohl BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12. Rn. 18 juris: BGH. Urteil vorn 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Rn. 37. juris) oder, ob - Im Streitfall - auch diese Umstände seitens des Anschlussinhabers bewiesen werden müssen (so OLG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2013 - 1-6 U 205/12, 6 U 205/12 Rn. 38, juris; wohl eher auch BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08, Rn. 12, juris).

    Zunächst ist hierbei zu berücksichtigen, dass weder der Begriff der tatsächlichen Vermutung, noch der Begriff der sekundären Darlegungslast gesetzlich normiert sind. Zwar kennt das Gesetz den Fall der gesetzlichen Vermutung in Sinne des § 292 ZPO (so etwa in §§ 1253 Abs. 2, 1117 Abs. 3 BGB), mit der Konsequenz, dass mit Vorliegen der Voraussetzung einer Tatsachenvermutung, eine Umkehr der objektiven Beweislast einhergeht; es handelt sich also um eine echte Beweislastnorm. Der Vermutungsgegener hat hiernach den Hauptbeweis für das Nichtvorliegen der vermuteten Tatsachen zu führen. Allerdings besteht zutreffender weise Einigkeit darüber, dass § 292 ZPO auf tatsächliche Vermutungen weder unmittelbar noch entsprechend abwendbar ist (vgl. Laumen. MDR 2015, 1-6. m.w.N.). Tatsächlich ist die dogmatische Herleitung, der im Spannungsfeld zwischen Beweiswürdigung und Beweislast angesiedelten Rechtsfigur (ebenda), keinesfalls klar oder auch nur einheitlich in ihrer Ausprägung.

    So besteht zwar im Ausgangspunkt Einigkeit dahingehend, dass eine tatsächliche Vermutung auf Sätze der Lebenserfahrung zurückzuführen sein sol. Erforderlich sei ein Satz der alltäglichen Lebenserfahrung, dessen Wahrscheinlichkeit so hoch ist, dass er eine entsprechende Schlussfolgerung auch im konkreten Einzelfall zulässt (Laumen a.a.O. m.w.N.), wobei hierdurch jedoch der Tatrichter weder davon entbunden Ist zu prüfen, ob und welche Sätze der Lebenserfahrung er verwenden will, noch ob der Beweiswert eines bestimmten Erfahrungssatzes stark genug ist, um mit seiner Hilfe einen Beweis als geführt anzusehen, respektive ob die Gegenseite Tatsachen vorgetragen hat, die die Heranziehung des Erfahrungssatzes wieder infrage stellen können. Dies erscheint vorliegend durchaus kritisch, denn ob eine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber streitet, wenn doch nur allzu häufig neben diesem weitere Personen - oft Familienangehörige - den Anschluss nutzen können, erscheint zumindest bei nicht allein lebenden Personen fraglich.

    Ob der Vermutung, der Anschlussinhaber habe selbst eine solche Verletzung begangen, unter diesem Gesichtspunkt tatsächlich fundierte Erfahrungsgrundsätze zugrunde liegen, dürfte zumindest und auch bereits im Ausgangspunkt zu hinterfragen sein. Doch unterstellt eine gesetzliche Vermutung streite gegen den Anschlussinhaber. ist weiterhin fraglich, welche Rechtsfolgen hieraus erwachsen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist hierbei keinesfalls einheitlich.

    So soll eine Urkunde die tatsächliche Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich tragen, mit der Konsequenz, dass die Partei, die sich auf außerhalb des Urkundentextes hegende Umstände beruft, sowohl die Darlegungs- als auch die Beweislast für das Vorliegen trifft; insoweit handelt es sich also um eine echte Beweislastregel, die zur Umkehr der objektiven Beweislast führt (BGH, Urteil vom 05.072002 - V ZR 143/01, Rn. 7. juris m.w.N.). Bei der Verletzung vertraglicher Aufklärungs-, Hinweis- oder Beratungspflichten im Rahmen von Anwalts-, Notar- und Steuerberaterverträgen soll eine tatsächliche Vermutung für ein aufklärungsrichtiges Verhalten des Mandanten bestehen. Diese habe indes keine Beweislastumkehr zur Folge, sondern bilde einen Fall des - ebenfalls gesetzlich nicht normierten - Anscheinsbeweises, welcher durch einen Gegenbeweis entkräftet werden könne, nämlich durch den Nachweis von Tatsachen, die für ein atypisches Verhalten des Mandanten im Falle pflichtgemäßer Beratung sprechen (Laumen. a.a.O. m.w.N.). In vorliegenden Fallkonstellationen streite eine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber (9o.), mit der Konsequenz einer sekundären Darlegungslast, die indes weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers führe, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, Urteil vorn 08.01.2014 - I ZR 169/12 Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, Rn. 37.

    Im Schrifttum wird indes überwiegend jedweder Einfluss von tatsächlichen Vermutungen auf die Verteilung der objektiven Beweislast abgelehnt. In ihnen komme lediglich Erfahrungswissen zum Ausdruck, welches ausschließlich Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung erlangen könne und zwar entweder als bloßes Indiz oder - bei besonders starken Sätzen der Lebenserfahrung - als Anscheinsbeweis (Laumen, a.a.O. m.w.N.). Dieser Auffassung ist insoweit zuzuhalten, dass nicht ohne weiteres durch nicht normierte Erfahrungssätze einer Partei die Beweislast - die ihr grds. gesetzlich zukommt - ganz abgenommen oder sie von vornherein der anderen Partei auferlegt wird. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung sich faktisch an die Stelle des Gesetzgebers zu setzen.

    Insoweit ist es jedenfalls folgerichtig, dass den Anschlussinhaber keine Beweislast im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast trifft. Hat dieser Umstände dargetan, die es dem ursprünglich beweisbelasteten Anspruchsstellers ermöglichen, seinen Vortrag darzulegen und zu beweisen. ist es auch an diesem, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberverletzung sprechendenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Der Umstand, dass in den vorliegenden Fallkonstellationen es u.U. häufig dazu kommen mag, dass Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, führt nicht dazu, dass es zur Herstellung einer prozessualen Waffengleichheit erforderlich wäre, von der gesetzlichen Beweislastverteilung abzuweichen.

    Den hiernach erwachsenden Anforderungen der tatsächlichen Darlegung ist die Beklagte nachgekommen, indem diese substantiiert und unter Vorlage entsprechender Anlagen vorgetragen hat, dass sie selbst im Zeitpunkt der Verletzungshandlung und auch Ober einen erheblichen Zeitraum nicht in Deutschland gewesen ist, ihr WG-Zimmer vielmehr untervermietet hatte und neben diesem Untermieter auch zwei weitere Mitmieterinnen selbstständigen Zugriff auf den WLAN-Router hatten, wobei diese auf Nachfrage angegeben hatten, die streitige Urheberverletzung nicht begangen zu haben. Damit ist die Beklagte ihrer Darlegungslast zum Vortrag, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu (seinem) Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen" nachgekommen. Die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast dürfen hierbei nicht überspannt werden. Dies ergibt sich aus den einleitenden Satz des diesbezüglichen Absatzes des "BearShare"-Urteils, in dem klargestellt wird, "dass die sekundäre Darlegungslast (...) weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer Ober die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers führt, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen". Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser klarstellenden Einleitung veranlasst gesehen, obwohl in dem von ihm entschiedenen "BearShare"-Fall feststand, welche Person der Täter war. Insbesondere darf dem Inhaber eines Internetanschlusses kein Vortrag abverlangt werden, von dem kein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Demnach dürfen keine zu hohen Anforderungen an den Vortrag zum Internet-Nutzungsverhalten der Personen, die selbstständigen Zugang zum Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, gestellt werden. Es liegt auf der Hand, dass der Anschlussinhaber das Nutzungsverhalten anderer Personen mit selbstständigem Zugang zum Internetanschluss nicht konkret beschreiben, sondern dazu nur vage Angaben machen kann, die sich auf Zufallsbeobachtungen und Angaben dieser anderen Personen stützen müssen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen seiner Nachforschungspflicht ohnehin gehalten, diese anderen Personen zu der Rechtsverletzung zu befragen. Darauf, ob ihm von diesen Personen zutreffende Auskünfte erteilt werden, hat er wenig bis keinen Einfluss. Sollten ihm bezüglich der Rechtsverletzung unwahre Angaben gemacht werden, ist nicht zu erwarten, dass die Angaben, die er hinsichtlich des sonstigen Nutzungsverhaltens erhielte, weiteren Erkenntnisgewinn versprächen. Darüber hinaus wäre auch der Erkenntnisgewinn aus zutreffenden und umfangreichen Angaben zum Nutzungsverhaften eines Dritten sehr gering bis nicht existent: Genauso wenig, wie sich der Anschlussinhaber damit entlasten kann, er käme wegen seines Internet-Nutzungsverhalten nicht als Täter in Betracht können aus dem Internet-Nutzungsverhalten einer anderen Person zuverlässige Schlüsse auf dessen etwaige Täterschaft gezogen werden.

    Dem hiernach beweisbelasteten Kläger gelingt dieser Nachweis nicht, denn die benannten und vernommenen Zeuginnen gaben nachvollziehbar und übereinstimmend an, dass diese mit der Beklagten zusammen in einer Wohngemeinschaft gelebt haften und jeder Zugriff zum Internetanschluss über den passwortgesicherten Router hatten.

    Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. Ein derartiger Anspruch ergibt sich weder aus einer Täterschaft der Beklagten (s.o.) noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Da sich der Kostenerstattungsanspruch letztlich aus dem Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG ableitet, kann auch der Störer auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen werden. Zur Störerhaftung hat der Bundesgerichtshof in der "BearShare"-Entscheidung Folgendes ausgeführt (zitiert nach juris, Rn. 22):
    • "aa) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus."
    Vorliegend ergibt sich eine Störerhaftung nicht daraus, dass die Beklagte ihren Internet-Anschluss ihren Mitbewohnern bzw. ihrem Untermieter zur Verfügung gestellt hat, wobei dahinstehen mag, ob sie diese vor der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Filesharing hinsichtlich urheberrechtlich geschützter Werke belehrt hat. Auch insoweit wird auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs a.a.O. Bezug genommen:
    • "Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 41 Morpheus; BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216111, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013. 1612 - Kinderhochstühle im Internet II, mwN).

      [...]

      Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten nicht zuzumuten, seinen volljährigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und Ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend belehrt haben sollte.

      [...]"
    Das Gericht folgt diesen zutreffenden Ausführungen, wobei es davon ausgeht, dass dies nicht nur für volljährige Familienangehörige gilt. Es sind nach Auffassung des Gerichts keine Anhaltspunkte für eine solche Differenzierung erkennbar, denn die Frage, insbesondere der Eigenverantwortung hängt nicht entscheidend vom Verwandtschaftsgrad, sondern von der tatsächlichen Reife des Dritten ab.

    Der WLAN-Zugang der Beklagten war auch ausreichend gesichert, so dass ein der Beklagten zuzurechnender missbräuchlicher Zugriff durch einen unbekannten Dritten nicht in Betracht kommt. Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Zugang jedenfalls durch ein entsprechendes Passwort gesichert war. Dass die Beklagte hierzu keine weitergehenden Angaben zum Router-Typ bzw. der konkreten Sicherung machen konnte, ist vorliegend unbeachtlich, da unstreitig der Router nicht mehr vorhanden ist, so dass darüber hinausgehende Angaben nicht gemacht werden konnten. Eine Parteivernehmung der Beklagten konnte hiernach unterbleiben, da das Gericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme bereits hinreichend überzeugt ist, so dass eine Parteivernehmung bereits unzulässig gewesen wäre (vgl. Greger, in Zöller ZPO 29. Aufl. 2012 § 445 Rn. 4).

    Die Zinsforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Der Streitwert 950.00 EUR. (...)



AG Köln, Urteil vom 15.02.2016, Az.137 C 17/15

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Grundlagen Störerhaftung

#10553 Beitrag von Steffen » Samstag 20. Februar 2016, 12:42

AW3P: Grundlagen der Störerhaftung bei Filesharing Fällen. Eine laienhafte Sicht eines Nichtjuristen


12:40 Uhr

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Bild

Initiative AW3P

z.H. Herr Steffen Heintsch
An der Kirche 11 | 07343 Wurzbach/Thüringen
Telefon: +49 (0)36652 359741 (Festnetz) | Telefax: +49 (0)36652 359742
E-Mail: info@abmahnwahn-dreipage.de | Web: http://www.abmahnwahn-dreipage.de/
Blog-AW3P: http://www.aw3p.de/ | http://www.initiative-abmahnwahn.de/


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Die meisten abgemahnten Anschlussinhaber erhalten wahrscheinlich das erste Mal in ihrem Leben ein Abmahnschreiben von einem Anwalt. Natürlich ist man zunächst verwirrt und überfordert, wenn man sich das Schreiben durchliest. Es ein Mix an Emotionen, Ängste und Unverständnis. Nach ersten Informationen kommt dann immer die gleichen Meinungen, dass man doch unschuldig sei; der Abmahner doch erst einmal die Schuld beweisen muss; es die Unschuldsvermutung gibt; man kein Filesharing betreibt; den Film oder das Album im Regal und im original Stehen hat; diesen Schmarrn weder anhören noch sehen würde usw. usf. Spätestens beim Lesen des Abschnittes ...


Zitat aus einer Abmahnung
  • (...) Für sämtliche über ihren Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzungen haften Sie persönlich. (...) Es spielt auch keine Rolle, ob Sie persönlich oder eine andere Person aus Ihrer Sphäre - mit oder ohne Ihr Einverständnis - über Ihren Internetanschluss Bild- / Tonaufnahmen unserer Mandantschaft zum Download angeboten haben (...)
... ist auf einmal Schluss mit dem Verständnis. Wie kann es sein, das ich als Anschlussinhaber hafte, obwohl ich unschuldig bin, kein Filesharing vornahm?

Ich möchte kurz darauf eingehen, wie bei Filesharing die sogenannte Störerhaftung Einwirkungen auf eine Abmahnung hat.



Rechtsgrundlagen


1. Allgemein

§§ 1004, 823 ff. BGB i.V.m. den konkreten Schutzvorschriften

Hinweis
Der Begriff Störer im § 1004 Bürgerlichem Gesetzbuch (kurz: "BGB") deckt sich - nicht - mit dem im Urheberrecht.
  • Palandt: Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aflg. 2013, Eigentum. Titel 4. Ansprüche aus dem Eigentum, § 1004 Rn 12, 13:
    b) Rechtswidrigkeit. Der dem Eigentum Inhalt (§ 903 BGB) widersprechende Zustand muss rechtswidrig sein, nicht die dazu führende Handlung (BGH NJW-RR 03, 953; BayObLG FGPrax 95, 231). Die Rechtswidrigkeit wird in der Regel durch die Wirkung einer Handlung indiziert (BGH WM 71,278) und entfällt nicht dadurch, dass die Voraussetzungen der beeinträchtigten Wirkung einer Handlung erst nach ihrer Vornahme eintraten (BGH 135, 235).
    c) Verschulden nicht erforderlich (BGH 110, 313). Auch nicht Bewusstsein der Rechtswidrigkeit.


2. Urheberrecht
  • a) Strafbarkeit richtet sich nach § 106 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (kurz: "UrhG"), schützt dem Rechteinhaber vor unerlaubten Eingriffen in seinen Verwertungsrechten (Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe).

    b) Herunterladen (Download) von urheberrechtlich geschützten Werken
    - §§ 15 Abs. 1., 16 Abs. 1, 53 Abs. 1 UrhG - unerlaubte Vervielfältigung (rechtswidrig hergestellt; öffentlich zugänglich gemachte Vorlage) sowie § 108 UrhG (Abs. 1 Nr. 4 und 5 - Musik; Abs. 1 Nr. 7 - Film).

    c) Anbieten (Upload) von urheberrechtlich geschützten Werken
    - § 19a UrhG - öffentliches Zugänglichmachen i.V.m. §§ 15 Abs. 2, 52 Abs. 3 UrhG - öffentliches Zugänglichmachen ohne Erlaubnis des Rechteinhabers (RI) sowie § 108 UrhG (Abs. 1 Nr. 4 und 5 - Musik; Abs. 1 Nr. 7 - Film).


Definition

Regelmäßige Rechtsprechung des BGH zur Störerhaftung
  • (...) Wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (...)

Hinweis
  • a) kausal
    • - bestimmtes Verhalten für die Rechtswidrigkeit Bedingung
    b) adäquat
    • - Ursachen die dem Verhalten zugerechnet werden können (Adäquanztheorie)
      - Ursachen ohne das Verhalten nicht weggedacht werden kann (Äquivalenztheorie)

AW3P
  • (...) Störerhaftung ist die Unterbindung einer Urheberrechtsverletzung von einem bestimmten Internetzugang aus sowie die Erlangung von Schadensersatz. Liegt ein Fall der Störerhaftung vor, muss der eigentliche Täter nicht ermittelt werden. (...)

Das heißt, unabhängig von der Haftung für Täterschaft und / oder / bzw. Teilnahme kann auch derjenige als Störer zur Unterlassung und Beseitigung verpflichtet sein, der - ohne eigenes Verschulden - ["adäquat kausal"] an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer Urheberrechtsverletzung mitgewirkt hat, z.B. indem er die Verletzung durch Dritte ermöglicht hat.

Auf den ersten Blick erscheinen die Begriffserläuterungen für die Annahme einer Haftung erschreckend. Daher schränkt der Bundesgerichtshof (kurz: "BGH") diese Definition dahingehend ein, indem er sagt:
  • (...) Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. (...)

A und O = Prüfpflichten!


Und das ist das Komplizierte, was die meisten Betroffenen nicht verstehen. Es geht eben nicht um die Frage nach Unschuld oder Schuld, derjenige hat die Störerhaftung nicht begriffen. Es geht einzig allein um, kann der Verantwortliche - der abgemahnten Anschlussinhaber - seine mögliche Störer- und / oder / bzw. Täterhaftung entkräften. Denn der Anschlussinhaber [Verantwortlicher] eines Internetanschlusses hat die technische Voraussetzung für einen Urheberrechtsverstoß geschaffen. Ohne den lnternetanschluss ist ein Verstoß gegen das Urheberrecht über das Internet bzw. P2P-Netzwerk [Tauschbörse] nun einmal nicht möglich. Man wird in der Regel davon ausgehen können, dass die Vorhaltung eines Internetanschlusses auch willentlich geschieht.


In der Rechtsliteratur liest man,
  • (...) Statt der missverständlichen üblichen Einteilung scheint mir die folgende vorzugswürdig, ohne dass damit eine sachliche Abweichung von den Ergebnissen der hm [herrschenden Meinung] beabsichtigt ist.
    a) Tätigkeitsstörer
    b) Untätigkeitsstörer (...)
    Quelle: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2004 / Medicus, § 1004, Rn. 42

Hinweis
  • - Tätigkeits- bzw. Handlungsstörer = nimmt die Beeinträchtigung selbst vor!
    - Untätigkeits- bzw. Zustandsstörer = wer die Möglichkeit zur Beseitigung der Beeinträchtigung hat sowie dazu rechtlich verpflichtet ist, die Gefahrenquelle geschaffen oder übernommen hat bzw. die Störung typisch ist und damit gerechnet werden muss!
  • (...) als Störer haftet,
    - wer ein Rechtsgut beeinträchtigt (insbesondere das Eigentum),
    - wer die störende Handlung selbst vornimmt,
    - wer die Handlung nicht selbst vornimmt, aber beseitigen könnte, sofern die Störungsquelle allgemein gefahren erzeugt und die Störung typische Folge dieser Gefahren ist. (...)
    Quelle: "Lauterkeitsrecht: Das UWG in Systematik und Fallbearbeitung"; Seite 214; Prof. Pfeifer

Mehrheit von Störern
Allgemein hat jeder seinen eigenen Beitrag zu beseitigen (Bsp.: 2 Anschlussinhaber, WG)
  • a) unmittelbarer Störer = verursacht das Verhalten selbst
    b) mittelbarer Störer = verursacht das Verhalten nicht selbst, sondern veranlasste dieses über einen Dritten
Das heißt nichts anderes, bei der Störerhaftung geht um die Beziehung
  • a) Zurechnung / Verantwortlichkeit für fremdes Handeln
    b) Zurechnung / Verantwortlichkeit für eigenes Handeln

Im Mittelpunkt stehen dabei die Prüfpflichten des Anschlussinhabers, die trotz Zumutbarkeit nicht erfüllt werden.



Grundsatzentscheidungen des BGH zur Störerhaftung

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist das oberste Gericht in Deutschland auf dem Gebiet der ordentlichen Gerichtsbarkeit und damit letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren. Das bedeutet, man sollte sich bei der Beurteilung der Störerhaftung nicht an den Entscheidungen von Amtsgerichten leiten lassen - auch wen diese genehmer sind - sondern an den der Bundesrichter.


BGH - Urteil vom 12.05.2010 - Az. I ZR 121/08: "Sommer unseres Lebens"
  • Vorinstanzen:
    LG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.10.2007, Az. 2/3 0 19/07
    OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 01.07.2008, Az. 11 U 52/07
    - Haftungsfragen bei einem unzureichend gesicherten WLAN-Netzwerk

BGH - Urteil vom 15.11.2012 - Az. I ZR 74/12: "Morpheus"
  • Vorinstanzen:
    LG Köln, Urteil vom 30.03.2011, Az. 28 O 716/10
    OLG Köln, Urteil vom 30.09.2011, Az. 6 U 67/11
    OLG Köln, Urteil vom 23.03.2012, Az. 6 U 67/11
    - Haftungsfragen Eltern gegenüber minderjährige Kinder

BGH - Urteil vom 08.01.2014 - Az. I ZR 169/12: "BearShare"
  • Vorinstanzen:
    LG Köln, Urteil vom 24.11.2010, Az. 28 O 202/10
    LG Köln, Urteil vom 21.12.2010, Az. 28 O 202/10
    OLG Köln, Urteil vom 22.07.2011, Az. 6 U 208/10
    BVerfG, Beschluss vom 21.03.2012, Az. 1 BvR 2365/11
    OLG Köln, Urteil vom 17.08.2012, Az. 6 U 208/10
    - Haftungsfragen Eltern gegenüber volljährige Kinder

BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14: "Tauschbörse I"
  • Vorinstanzen:
    LG Köln, Urteil vom 31.10.2012, Az. 28 O 306/11
    OLG Köln, Urteil vom 20.12.2013, Az. 6 U 205/12
    - Haftungsfragen von Anschlussinhaber

BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 7/14: "Tauschbörse II"
  • Vorinstanzen:
    LG Köln, Urteil vom 02.05.2013, Az. 14 O 277/12
    OLG Köln, Urteil vom 06.12.2013, Az. 6 U 96/13
    - Haftungsfragen von Anschlussinhaber

BGH - Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14: "Tauschbörse III"
  • Vorinstanzen:
    LG Köln, Urteil vom 24.10.2012, Az. 28 O 391/11
    OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014, Az. 6 U 210/12
    - Haftungsfragen von Anschlussinhaber

Verhandlungstermine am 12. Mai 2016, 11.00 Uhr:
  • I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15
    - Haftung wegen Teilnahme an Internet-Tauschbörsen


Schwierig hierbei, dass der Bundesgerichtshof zwar eine (Grundsatz-) Entscheidung fällt, deren Auslegungen, z.B. hinsichtlich der Anforderungen der Nachforschungs- und Recherchepflichten, an den jeweiligen Gerichtsstandorten bundesweit unterschiedlich erfolgen.


Im Weiteren beziehe ich mich auf den Artikel in der Zeitschrift "ZUM 8/9/2014, Rechtsprechung, S.30 - 32

"Christian Weber (Frankfurt am Main): Anmerkung zu BGH Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare": Störerhaftung, tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast beim Filesharing"
  • (...) Der BGH hat in der Entscheidung die Störerhaftung in Bezug auf volljährige Familienmitglieder - wie dies bereits aufgrund der "Morpheus"-Entscheidung zu erwarten war - auf solche Fälle beschränkt, in denen der Anschlussinhaber Anhaltspunkte dafür hat, dass volljährige Familienmitglieder Rechtsverletzungen über seinen Internetanschluss begehen. Insoweit hat er hinsichtlich der Begrenzung der Störerhaftung klare Zumutbarkeitskriterien aufgestellt und damit in solchen Fällen - was zu begrüßen ist - für Rechtssicherheit gesorgt. (...)

    (...) Hinsichtlich der tatsächlichen Vermutung der Verantwortlichkeit und der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers bestätigt das Urteil die bisher in Filesharing-Fällen ergangene Rechtsprechung des BGH nicht nur, sondern führt diese fort und stellt sie hinsichtlich der nunmehr klaren Differenzierung zwischen tatsächlicher Vermutung und sekundärer Darlegungslast dogmatisch auf sichere Beine. (...)


Störerhaftung (Filesharing)

I. Tatsächliche Vermutung
  • - ist der AI selbst nicht Täter, muss er die gegen ihn streitende tatsächliche Vermutung entkräften.
    - Grundlage: Vermutung!
    Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der AI seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft - bewusst und alleine - kontrolliert
Hinweis
Wird die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig, wenn - wie beim BGH-Entscheid "BearShare" - der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.

Das heißt
  • a) der AI muss folglich seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten.
    b) wird die tatsächliche Vermutung vom AI nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der AI als (vermuteter) Täter für die Rechtsverletzung ist und somit haftbar (verschuldensunabhängig)

II. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung

Grundlage: Bewältigung von Wissens- bzw. Wahrnehmungsdefiziten
  • - kein typischer Geschehensablauf
    - die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger)
    - der Gegner der beweisbelasteten Partei (AI) hat - allein - über die die Kenntnisse über Tatumstände oder
    - kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit - zumutbarem - Aufwand verschaffen


Hinweis
Kommt der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen - auch wenn diese nicht bewiesenen sind - im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 138 Rn. 8 b u. Vor § 284 Rn. 34 c).



"Christian Weber (Frankfurt am Main): Anmerkung zu BGH Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare": Störerhaftung, tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast beim Filesharing"
  • (...) Hinsichtlich der tatsächlichen Vermutung der Verantwortlichkeit und der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers bestätigt das Urteil die bisher in Filesharing Fällen ergangene Rechtsprechung des BGH nicht nur, sondern führt diese fort und stellt sie hinsichtlich der nunmehr klaren Differenzierung zwischen tatsächlicher Vermutung und sekundärer Darlegungslast dogmatisch auf sichere Beine (...)


Fazit

BGH-Entscheid: "Tauschbörse III (Rdnr. 40, 42)
  • (...) Die Klägerinnen tragen nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare).

    Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast.

    Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

    Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. (...)

    In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.

    (...)

    Soweit die Revision geltend macht, Raum für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, wenn der Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, lässt sie außer Acht, dass es nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankommt. (...)


Zusammenfassung von richterlichen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast (bundesweit) in der Konstellation "Mitnutzer"

Hinweis
Für die Zusammenfassung ist die Frage nach sinnvoll oder nicht, nicht entscheidend!
  • a) Benennung der konkreten Zugriffsberechtigten im fraglichen Zeitraum (Log/Logs)
    • - mit Namen, Alter + Anschrift, Stellung /Verhältnis zum AI
      - hatten diese Benannten auch - tatsächlich - zum Tatzeitpunkt / Tatzeitpunkten Zugang.
    • aa) denklogisch:
      - war niemand zu Hause, wer kommt dann infrage!? (auch wenn sich diese Frage nur die südlichen Gerichte stellen)
    b) Art und Anzahl der PCs bzw. internetfähigen Endgeräte im Haushalt
    • - Wer benutzte welches internetfähige Endgerät
      - befindet sich die benannte Tauschbörsensoftware auf diesen
      - befindet sich der Streitgegenstand auf irgendeinem Rechner bzw. internetfähigen Endgerät
    c) Absicherung der PCs bzw. internetfähigen Endgeräte gegenüber unbefugten Zugriffen
    • - Antivirus, Firewall, eigenes Benutzerkonto mit eingeschränkten Rechten, Port-Sperrung, sicheres Passwort usw.
    d) Nutzungsverhalten der Zugriffsberechtigten
    • - sind diese in der Lage eine Tauschbörsensoftware zu installieren
      - sind diese in der Lage eine Tauschbörsensoftware zu (be-) nutzen
      - Vorlieben in puncto Musik, Filme oder Games - insbesondere gegenüber dem Streitgegenstand

    e) Art und Umfang der Absicherung des WLAN-Anschlusses gegenüber Eingriffen unbefugter Dritter
    • - Werkseitige (ausgelieferte) Passwörter sind mit Einrichtung des Netzwerkes
      • aa) zu ändern,
        ab) periodisch zu wechseln,
        ac) immer abwechslungsreich und schwierig zu wählen (alphanumerisch: im engeren Sinne entweder ein Buchstabe oder eine Ziffer. Im weiteren Sinne ist es eine Ziffer, ein Buchstabe oder ein Sonderzeichen (z.B. Punkt, Komma, Klammern)) sowie
        ad) muss der AI dieses Passwort auswendig kennen und den Nachweis (Zettel, Ausdruck) über das aufgeschriebene Passwort erbringen.
    f) Umfang der Nachforschungen bei den Zugriffsberechtigten in Form von Befragung
    • - Ergebnis - schriftlich - dokumentieren
      - wie reagierte der / die Befragte/n auf den "Vorwurf" der Begehung der Tat?
    • aa) Reagierte dieser "komisch" / widersprüchlich / lange nachdenkend / kooperativ usw.
      • - Verbot gegenüber minderjährigen Zugriffsberechtigten Internettauschbörsen zu nutzen, da man jetzt Kenntnis über einen Urheberrechtsverstoß hat
        - Onlineaktivität zum Tatzeitpunkt im Verlauf des Betriebssystems des jeweiligen Rechners
        - oder gar das Einräumen des Vorwurfs innerhalb der Recherchepflicht (beachte: dieses ist im Grundsatz vorab anwaltlich zu besprechen!)

Natürlich bin ich persönlich - kein - Anwalt. Punkt. Sicherlich ist die Menge an Informationen für einen unbedarften Leser wahrscheinlich auch viel zu viel und irritierend. Klar kann sich jeder Abgemahnte lieber an eine sich bewusst-vergleichende und aufgeblasene "Gerichtssaalbegleiterin Inge" halten, als an einem Profi, einem Anwalt. Es ist jedem sein Geld, was er in die Waagschale wirft.

Spätestens mit dem BGH-Entscheid "Tauchbörse III" wird wieder ersichtlich, dass unsere Auslegungen der BGH-Entscheide hinsichtlich Filesharing nicht so ganz zutreffend sind, wie wir diese so easy und polemisch in den Foren und diversen Blogs gern sehen.



Bild



Das A und O bilden die Prüfpflichten und ein substantiierter Sachvortrag, einmal zu Entkräftung der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft und andermal hinsichtlich der sekundären Darlegungslast.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Bild

Steffen Heintsch für AW3P

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





Schlagworte:
[/size]

denker75
Beiträge: 33
Registriert: Donnerstag 11. Juni 2015, 20:33

Plausibilität???

#10554 Beitrag von denker75 » Sonntag 21. Februar 2016, 20:50

@ LG München
Aus unerklärlichen Gründen hat das LG München das Merkmal der Plausibilität des Vortrages erfunden, damit der Darlegungspflichtige mit seinem Vortrag überhaupt zur Kenntnis genommen wird. Im Zivilprozess wird nur gefordert, dass der Vortrag substantiiert und schlüssig ist. Das hat aber mit Plausibilität nichts zu tun. Es ist nicht erforderlich, dass Vortrag (egal ob primär oder sekundär) auch plausibel sein muss, dass er vom Gericht zur Kenntnis zu nehmen ist. Es ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist.
Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ist für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung. Das Fehlen einer schlüssigen Erklärung spielt daher in aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des Prozessstoffs eine Rolle
(BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – IX ZR 208/13 –, Rn. 7)

Ob diese Tatsachen mit den vorgelegten schriftlichen Vertragsunterlagen zu vereinbaren und wie wahrscheinlich sie sind, ist keine Frage der Substantiierung des Vertrags des Klägers, sondern muss bei der abschließenden Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme entschieden werden, die erst erfolgen kann, wenn die vom Kläger angebotenen erheblichen Beweise erhoben sind (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – IX ZR 208/13 –, Rn. 9)
Ob etwas plausibel ist oder nicht, ist relevant für die Frage, ob der Beweis auch zur Überzeugung des Gerichts geführt werden kann. Nicht plausibler Vortrag kann leicht widerlegt werden. Zeugen mit nicht plausiblen Aussagen wird man nicht glauben.

Der BGH (Tauschbörse III u.a.) verlangt jedenfalls keinen plausiblen Vortrag im Rahmen der sekundären Darlegungslast. Vielleicht sollte das LG München doch mal die Revision zulassen. Den Verstoß gegen § 103 Abs. 1 GG kann man übrigens auch mit der Verfassungsbeschwerden rügen....

Oder man liest mal bei dem jungen Richterkollegen in Köln (AG Köln, Urteil vom 15.02.2016, Az.137 C 17/15 siehe oben) mal nach. Das Urteil verdient Beifall. Auch der Amtsrichter kann ZPO!!

VG
denker75

:rp

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Schema-F-Denken!!!!

#10555 Beitrag von Steffen » Sonntag 21. Februar 2016, 21:33

Ist der Gerichtsstandort München bajuwarisch anders als andere, oder ...


[quoteemdenker75]Oder man liest mal bei dem jungen Richterkollegen in Köln (AG Köln, Urteil vom 15.02.2016, Az.137 C 17/15 siehe oben) mal nach. Das Urteil verdient Beifall. Auch der Amtsrichter kann ZPO!![/quoteem]

Wir haben doch eigentlich ein ganz anderes Problem. Alle genehmen Urteile sind revolutionär, die Richter jung und in Saft und Kraft, ...
... alle Unangenehmen, sind unterhaltungsindustriefreundlich, die Richter antiquiert und mit dem Klägeranwalt alte Golfkumpels oder Porschefahrer.

Es ist aber schon immer so, das es zwischen den unterschiedlichen Gerichtsstandorten, manchmal sogar innerhalb der Einzelnen, zu Unterschieden im Ermessen kommen kann.



AG Köln, Urteil vom 15.02.2016, Az.137 C 17/15

Was ist denn da revolutionär. Der AI, WG, war ortsabwesend (nachweislich Ausland) und gut.

Nur kann das AG Köln nicht die Rechtsprechung des BGH umschmeißen. Was man auch nicht macht, sondern nur sehr, sehr umständlich beschreibt.

Reduziert man die Verteidigung des Beklagten gemäß BGH, bleibt übrig:
  • a) Entkräftung der tatsächlichen Vermutung (auch außerhalb Konstellation Mitnutzer)
    b) Nachkommen der sekundären Darlegungslast durch die Beklagten


Landgericht München I, Urteil vom 13.01.2016, Az. 21 S 1401/15

Ausgangslage Amtsgericht

In einem Klageverfahren vor dem Amtsgericht München (Urt. v. 19.12.2014, Az. 155 C 24102/12) bestritten 2 gemeinsame Anschlussinhaber (Ehepaar) ihre Täterschaft und trugen pauschal vor, dass ihre beide Kinder Zugriff auf das Internet gehabt hätten. Im Ergebnis der Recherche wurde der Streitgegenstand weder auf einen PC/Rechner gefunden; kein Mitnutzer räumte den Vorwurf ein; letztlich wurde die fehlerfreie Ermittlung und korrekte Zuordnung der IP-Adresse bestritten. Das Amtsgericht beauftragte diesbezüglich (mit Zustimmung beider Parteien) 2 unabhängige und vereidigte Sachverständige (Kosten 2 Gutachten: Auslagenvorschuss gesamt ca. 15.000,00 EUR). Die beiden Sachverständigen bestätigten in ihren Gutachten sowohl die Fehlerfreiheit der Ermittlungen als auch die korrekte Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss der beklagten Anschlussinhaber. Die Beklagten behaupteten jetzt - nach dem Ergebnis der beiden Gutachten -, dass ihre Kinder zur maßgeblichen Zeit vermutlich zu Hause gewesen seien sowie nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass die Kinder die Rechtsverletzung begangen hätten. Konkrete Anhaltspunkte für die Täterschaft eines der Kinder konnten die beiden Beklagten jedoch nicht aufzeigen.


Berufungsverfahren Landgericht

Wenn man dem Bericht: "AW3P: Grundlagen der Störerhaftung bei Filesharing Fällen. Eine laienhafte Sicht eines Nichtjuristen" Glauben schenkt, werden zur Rechtsverteidigung zwei Schritte, unabhängig von der möglichen Konstellation (Singlehaushalt, Mehrpersonenhaushalt, WG, Hotel usw.), notwendig.
a) Entkräftung der tatsächlichen Vermutung
b) Nachkommen der sekundären Darlegungslast durch die Beklagten

  • (...) Der Sachvortrag der Beklagten ist unplausibel, weil er darauf abzielt, dass weder die Beklagten oder ihre Kinder noch sonst Dritte für die Rechtsverletzung verantwortlich seien. (...)

    (...) Bei der - nunmehr unstreitig - vom Internetanschluss der Beklagten begangenen Rechtsverletzung ist es jedoch denklogisch nicht möglich, dass niemand für diese Rechtsverletzung verantwortlich ist. Der Sachvortrag ist daher nicht plausibel. (...)

    (...) Soweit die Beklagten zuletzt vortragen, sie konnten nicht ausschließen, dass eines ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen habe, handelt es sich um eine reine Spekulation ohne Tatsachenvortrag. (...)

M.M.n. ist dies - in diesem Fall - nachvollziehbar.

AI 1+ 2 = kein Täter + Kind 1 + 2 = kein Täter + Rechteverstoß aber unstreitig!
Wer war es dann?


Jeder sollte aber mitbekommen haben, das der Gerichtsstandort, sagen wir streng ermessend ist. Andere könnten sich hinreißen lassen und meinen: arschig. Aber es sollte bekannt sein:
  • (...) Die Beklagten sind daher bei Anlegung eines nach Auffassung der Kammer gebotenen strengen Maßstabs an den Detailgrad und die Plausibilität des Sachvortrags ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. (...)


Fazit

AG Köln ist m.M.n. eindeutig = kein Störer/kein Täter; LG München das glatte Gegenteil. Man kann aber eine nachweisliche Ortsabwesenheit, WG usw. nicht mit dem LG München-Fall vergleichen, wo einfach zu wenig angeboten wurde. Natürlich haben wir als Unbeteiligte und im ruhigen Zimmer zu einigen Rechts-fragen eine andere Sicht. Und wenn jetzt jemand AG Köln in de Himmel hebt und München abwärts, dann ist es jedem sein Ding.

VG Steffen

Bürgerrechtler
Beiträge: 141
Registriert: Montag 28. Juni 2010, 00:02
Wohnort: www.ccc.de
Kontaktdaten:

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10556 Beitrag von Bürgerrechtler » Donnerstag 25. Februar 2016, 19:30

Nur kurz mal was anderes nebenbei, weil ich auf AW3P nichts dazu fand:

Was bedeutet eigentlich »3 Page« oder »dreipage«? Wenn es um Pagen (Diener) ginge, müsste es ja »dreipagen« heißen; wenn es um pages (Seiten) ginge, müsste es ja »dreipages« heißen. Oder hat ein Mitgründer den Nachnamen »Page«? Und wozu die »3«?

Danke für Infos ...

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10557 Beitrag von Steffen » Freitag 26. Februar 2016, 00:20

Hallo @Bürgerrechtler,

als ich meine erste Homepage Online stellte (04/2007), war ich bei dem kostenlosen HP-Anbieter: "www.2page.de". Dieser hatte/hat drei Server: "zweipage.de", "dreipage.de" und "dreipage2.de".

Meine lag auf dem Server: "dreipage.de", so dass die Endung vorgeschrieben war, und ich mir als aussagekräftigen Zusatz: "Abmahnwahn" anheftete. Ergo: "www.abmahnwahn-dreipage.de". Dies ging auch 1 Jahr gut, als auch niemand so groß auf die HP kam und sie besuchte. Mit Zunahme der Besucher schaffte der Anbieter nicht mehr den Traffic (z.B. Download der UR-mod. UE); ich musste auch immer 25,- € hinlegen (1/2 Jahr) für Werbefreiheit; es war kein Platz für meinen Bedarf an Bilder, Seiten und PDF-Dokumente. So wurde - damals mit Uwe Berger (✝ 26.03.2012) - nach Strato gewechselt, wo ich seitdem sehr zufrieden bin. Wegen den Wiedererkennungswert, und da die Domain noch frei war, wählten wir bei Strato: "www.abmahnwahn-dreipage.de". Witzig, für die Domain wurde mir schon mehrmals eine hübsche Stange Geld angeboten, wenn ich sie denn verkaufe. Habe ich aber nicht. Heute wahrscheinlich auch nicht mehr, wo alles einschläft.

Mehr ist es nicht.

VG Steffen

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

AG Völklingen-Az. 5 C 300/14 (14)

#10558 Beitrag von Steffen » Freitag 26. Februar 2016, 09:51

Dr. Wachs Rechtsanwälte: Das Amtsgericht Völklingen wies eine unbegründete Filesharing Klage der MFA + Filmdistribution e.K., vertreten durch Baumgarten und Brandt, wegen unzureichender Aktivlegitimation ab. Dabei kam dem Gericht einiges spanisch vor.


09:50 Uhr


Wie die Hamburger Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte ...


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Bild

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


Dr. Wachs Rechtsanwälte
Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de


~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Zusammenstellung ausgewählter Entscheidungen
der Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte: Link


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


... informiert, hat das Amtsgericht Völklingen (Urt. v. 17.02.2016, Az. 5 C 300/14 (14)) eine unbegründete Filesharing Klage der MFA + Filmdistribution e.K., vertreten durch die Berliner Kanzlei Baumgarten und Brandt, wegen nicht ausreichender Aktivlegitimation abgewiesen. Durch die Firma Guardaley Ltd. wurde ein vermeintlicher Rechteverstoß hinsichtlich der Datei: "Klass.DVDRIP.(spanish)" dokumentiert. Der Beklagte bestritt, dass die Klägerin die Rechte an der spanischen Synchronfassung innehätte. Die Klägerin trug vor, dass es keine Rolle spielen würde, das im Dateinamen das Wort Spanisch befände. Der Dateiname erkläre nämlich nicht den Dateiinhalt, so dass oftmals deutsche Filme mit spanischen Untertiteln mit einem solchen Dateinamen benannt würden. Dem Amtsgericht kam dies alles spanisch vor und schaute tiefer in das Beweisangebot der Klägerin.





Amtsgericht Völklingen, Urteil vom 17.02.2016, Az. 5 C 300/14 (14)

  • (...) Urteil

    Im Namen des Volkes

    In dem Rechtsstreit

    [Name]
    Kläger

    Prozessbevollmächtigte: [Name]
    Geschäftszeichen: [Geschäfts-Zeichen]

    gegen

    [Name]
    Beklagter

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg
    Geschäftszeichen: [Geschäfts-Zeichen]


    hat das Amtsgericht Völklingen durch den Richter am Amtsgericht [Name] im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 20.01.2016 am 31.01.2016 für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Tatbestand

    Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines behaupteten Anbietens des zugunsten des Klägers urheberrechtlich geschützten Filmwerkes "[Name]" geltend.

    Mit Schriftsatz vom 05.10.2010 wurde der Beklagte von der Klägerin wegen einer im Internet begangenen Urheber- und Leistungsschutzrechtverletzung abgemahnt.

    Der Kläger behauptet, dass der Kläger Inhaber der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte des Filmwerks "[Name]" sei, da der Kläger die deutsche Synchronfassung des Films habe herstellen lassen. Damit habe der Kläger originär das ausschließliche Recht inne, die deutsche Synchronfassung des Films im Internet zu vertreiben. Der Beklagte habe das urheberrechtlich geschützte Recht des Klägers verletzt, indem der Beklagte eine voll funktionsfähige Version des Films anderen Nutzern durch Freigabe auf der Festplatte des Beklagten zum Download angeboten habe. Dies sei durch einen vom Kläger beauftragten unabhängigen Sicherheitsdienstleister festgestellt worden. Dieser Sicherheitsdienstleister, die Firma G., habe durch eine von diesem Unternehmen eigens entwickelte Software festgestellt, dass der Beklagte am 23.02.2010 um 02:xx:xx Uhr den Film "[Name]" als Datei anderen Nutzern zur Verfügung gestellt und zum Download angeboten habe. Damit habe der Beklagte das Filmwerk im Internet öffentlich zugänglich gemacht, so dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 UrhG zustehe. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin mit ihrer Abmahnung vom 05.10.2010 auch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert. Der Schadensersatzanspruch des Klägers aus Lizenzanalogie belaufe sich gemäß § 97 Abs. 2 UrhG auf mindestens 400,00 EUR. Tatsächlich liege der Schaden des Klägers aber deutlich über diesem Betrag. Auch sei der Beklagte verpflichtet, die dem Kläger entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung zu übernehmen. Dies deswegen, weil die Abmahnung des Klägers vom 05.10.2010 berechtigt gewesen sei. Auszugehen sei bezüglich der Kosten des Rechtsanwalts an sich von einem Streitwert in Höhe von 7500,00 EUR. Bei diesem Streitwert belaufe sich der vom Kläger für die Anwaltskosten zu zahlende Betrag auf 555,60 EUR.


    Der Kläger beantragt,
    • 1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2014 zu zahlen.
      2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2014 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    • die Klage abzuweisen.


    Er behauptet, dass der Kläger offenkundig nur noch aus mutmaßlichen Rechten an der Synchronfassung gegen den Beklagten vorgehe. Dies sei aus der Abmahnung so nicht ersichtlich gewesen. Nach der Abmahnung sei es nämlich so gewesen, dass der Kläger sich noch ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film berühmt habe. Im Ergebnis sei damit die Abmahnung unwirksam gewesen. Fraglich sei auch, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Werk überhaupt um die synchronisierte deutsche Sprachfassung gehandelt habe. Die Ermittlungstätigkeit der Firma G. werde mit Nichtwissen bestritten. Insbesondere werde von dieser Firma auch ein Upload überhaupt nicht überprüft. Da jedoch der hohe Streitwert und damit auch der Schadensersatzanspruch mit dem Verbreiten also mit einem Upload begründet werde, sei dies sehr problematisch. Ausdrücklich werde von dem Beklagten bestritten, den Film verbreitet zu haben. Zu dem behaupteten Zeitpunkt sei der PC des Beklagten auch ausgestellt gewesen. Hinzu komme, dass aus Sicht des Beklagten nur seine geschiedene Ehefrau als mögliche Täterin in Betracht komme. Ein Streitwert in Höhe von 7500,00 EUR sei übersetzt. Auch sei festzustellen, dass offensichtlich zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung bestehe, die weit unter dem eingeklagten Anwaltshonorar liege. Bezüglich des geltend gemachten Schadensersatzes sei festzustellen, dass der Kläger offensichtlich nur Rechte an der deutschen Synchronfassung besitze. Der Schadensersatzanspruch sei auch deswegen völlig überhöht. Insgesamt sei festzustellen, dass die Abmahnung unwirksam gewesen sei, dies insbesondere deshalb, weil dem Beklagten nicht sachlich und verständig das beanstandete Verhalten vermittelt worden sei. Auch sei ein Weg zur Vermeidung einer gerichtlichen Inanspruchnahme nicht sachlich aufgezeigt worden.


    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    Der Kläger ist nicht ausreichend aktivlegitimiert.

    Der Kläger hat mit seiner Anspruchsbegründung vorgetragen, dass die Klägerseite Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk sei, so dass der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 Urhebergesetz aktivlegitimiert sei.

    Dieses ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrecht wurde vom Kläger auch in der Abmahnung vom 05.10.2010 dargelegt.

    Offensichtlich ist ein derartiges ausschließliches Nutzungs- und Verwertungsrecht des Klägers an dem Film jedoch nicht gegeben.

    Der Kläger hat nämlich mit der Klagebegründung vom 30.09.2014 auch vorgetragen, dass vom Kläger (nur) die deutsche Synchronfassung des Films hergestellt worden sei. Damit habe die Klägerseite originär das ausschließliche Recht, die deutsche Synchronfassung des Films im Internet zu vertreiben.

    Damit besitzt der Kläger jedoch offensichtlich nur die Nutzungs- und Verwertungsrechte bezüglich der deutschen Synchronfassung des streitgegenständlichen Films.

    Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch nicht fest, dass der Beklagte tatsächlich dieses Recht des Klägers an der deutschen Synchronfassung des Films verletzt hat.

    Der Kläger hat nämlich selbst vorgetragen, dass die Firma G. bei ihren Ermittlungen festgestellt habe, dass am 23.02.2010 um 02:xx:xx Uhr die Datei "Klass.DVDRIP.(spanish)" über den Internetanschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurde.

    Damit handelt es sich bei dieser Datei jedoch offensichtlich nicht um die deutsche Synchronfassung des Films. Auf den entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 05.05.2015 hat die Klägerin zwar ausgeführt, dass es keine Rolle spiele, dass sich im Dateinamen das Wort Spanisch befinde. Der Dateiname erkläre nämlich nicht den Dateiinhalt, so dass oftmals deutsche Filme mit spanischen Untertiteln mit einem solchen Dateinamen benannt würden.

    Dies ist jedoch nach der Auffassung des Gerichts nicht überzeugend. Grundsätzlich obliegt es dem Kläger eines Rechtsstreits, seine Aktivlegitimation ausreichend darzulegen und unter Beweis zu stellen. Die Darlegungen des Klägers zu den Untertiteln und dem dann nicht geänderten Dateinamen sind nach der Auffassung des Gerichts wenig überzeugend. Insbesondere wurde für die entsprechende Behauptung aber auch kein Beweis angeboten.

    Hinzu kommt, dass der Kläger mit der Anspruchsbegründung behauptet hat, dass der Beklagte die Datei "Klass.DVDR1P.(spanish)" im Internet öffentlich gemacht habe, was durch die Firma G. zweifellos festgestellt worden sei. Dies wurde insbesondere mit dem Hashwert der Datei begründet. Als Beweis wurde hierzu insbesondere der Ausdruck der Dokumentation der observierten Daten (Anlage K 2) angeboten. Aus dieser Dokumentation folgt jedoch eine andere Datei ("Klass.Gerrnan.2007.DVDRIP.XVID-WOMBAT") mit einen im Übrigen auch vollständig anderem Hashwert.

    Im Ergebnis steht daher nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger die notwendige Aktivlegitimation für die von ihm behauptete Rechtsverletzung tatsächlich besitzt, so dass Schadensersatzansprüche ausscheiden.

    Unabhängig davon, dass deswegen auch die mit der Klage geltend gemachten Rechtsanwaltskosten bezüglich der Abmahnung nicht begründet sind, ist auch festzustellen, dass auch diese Abmahnung nicht ordnungsgemäß gewesen ist.

    Auch mit der Abmahnung vom 05.10.2010 wurden nämlich ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrechte des Klägers bezogen auf den Film Klass behauptet. Keineswegs wurde erwähnt, dass der Kläger die Nutzungs- und Verwertungsrechte offensichtlich nur bezüglich der deutschen Synchronfassung innehat. Damit wurde jedoch nach der Auffassung des Gerichts dem Beklagten eine Überprüfung der von ihm angeblich begangenen Rechtsverletzung nicht ausreichend ermöglicht.

    Auch vor diesem Hintergrund ist der Beklagte zur Übernahme der Abmahnkosten nicht verpflichtet.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 2. Alt, 711 ZPO.

    Der Streitwert des Verfahrens wird auf 955,60 EUR festgesetzt.


    Rechtsbehelfsbelehrung

    Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht Saarbrücken,
    Franz-Josef-Räder-Straße 15,
    66119 Saarbrücken.


    Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.


    [Name],
    Richter am Amtsgericht


    Ausgefertigt:

    [Dienstsiegel]

    [Name]
    Justizhauptsekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
    (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Steffen Heintsch für AW3P


Bild


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Völklingen, Urteil vom 17.02.2016, Az. 5 C 300/14 (14)

Bürgerrechtler
Beiträge: 141
Registriert: Montag 28. Juni 2010, 00:02
Wohnort: www.ccc.de
Kontaktdaten:

Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10559 Beitrag von Bürgerrechtler » Freitag 26. Februar 2016, 15:50

Hallo Steffen,
Steffen hat geschrieben:… war ich bei dem kostenlosen HP-Anbieter: "www.2page.de". Dieser hatte/hat drei Server: "zweipage.de", "dreipage.de" und "dreipage2.de" …
Danke . . .

Benutzeravatar
Steffen
Beiträge: 11292
Registriert: Freitag 6. März 2009, 23:56
Kontaktdaten:

Verjährung Filesharing

#10560 Beitrag von Steffen » Sonntag 28. Februar 2016, 11:36

Verjährung in Filesharing Fälle
und Hemmung der Verjährung durch einen Mahnbescheid



Initiative AW3P; 28.02.2016;



1) Maßgeblich §§ 199, 195 BGB (Regelverjährung = 3 Jahre)

I. Anspruch entsteht
  • Log: 'Datum xx.xx.xxxx'
und (nicht oder / bzw.)


II. RI letzte Kenntnis erlangt (Klardaten)
  • Providerauskunft (§ 101 Abs. 9 UrhG): 'Datum xx.xx.xxxx'

Berechnung:

a) Punkte zu I.) + zu II.) in einem Kalenderjahr
  • Punkt zu I.) + Punkt zu II.) +
    Zeit bis Jahresende (31.12.; 24:00 Uhr) +
    3 Jahre
    _____________________________________

    Verjährungszeitpunkt
    ====================

b) Punkt zu I.) + Punkt zu II.) fallen nicht in ein Kalenderjahr

Hinweis:
  • Hier maßgebend nur Punkt zu II.)

Berechnung:
  • Punkt zu II.) +
    Zeit bis Jahresende (31.12.; 24:00 Uhr) +
    3 Jahre
    _____________________________________

    Verjährungszeitpunkt
    ====================


2) Hemmung durch einen Mahnbescheid (kurz: MB)

Hemmung:
  • Verjährungsfrist wird unterbrochen; nach Wegfall der Gründe läuft die restliche Verjährungszeit weiter
  • (Wirksame; vgl. § 180 ZPO) Zustellung Mahnbescheid (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB); Frist = 1 Monat (alsbald / demnächst)


Berechnung (Regelfall):
  • Punkt zu I.) + Punkt zu II.) +
    3 Jahre +
    ......................................................................................................................................................................

    [col]Verjährungsunterbrechung mit Datum Zustellung MB +
    6 Monate (letzte verfahrensfördernde Handlung durch das Gericht/Partei) +
    |Unterbrechung der Verjährung
    [/col]
    ......................................................................................................................................................................

    Restzeit bis Jahresende (Datum Zustellung MB bis 31.12.; 24:00 Uhr) +
    _______________________________________________________________________

    Verjährungszeitpunkt
    ====================


3) Prüfung im Einzelfall
  • Für eine genaue Klärung im konkreten Einzelfall - muss - ein Anwalt beauftragt werden!
    • a) komplizierte Rechtsfrage
      b) Forum AW3P ist diese Prüfung nicht erlaubt (unerlaubte Rechtsberatung durch Nichtjuristen)


4) Verjährungsfrist - allgemein gemäß § 102 UrhG

1. § 102 Satz 1 UrhG = Abmahnkosten - 3 Jahre
  • a) unabhängig ihrer Rechtsgrundlage (§§ 97, 97a Abs. 3 UrhG) = drei Jahren (§ 195 BGB)
    b) Beachte: mögliche Unterschiede in den Höchstfristen (§ 199 BGB)
2. § 102 Satz 2 UrhG = (Rest-) Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung - 10 Jahre
  • a) Unabhängig von den Abmahnkosten
    b) Verletzung durch eine unerlaubte Handlung (schuldhaft, widerrechtlicher Eingriff in einen fremden Rechtskreis; § 852 BGB)
    c) ist im Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung, die der Schädiger aus der unerlaubten Handlung erlangt hat und von der deliktischen Verjährung ausgenommen.


5) Bekannte mögliche Berechnungsmodelle Beginn Verjährung (§ 199 BGB)
  • a) Mit Kenntnis des Namens des Anschlussinhabers b) Verjährung beginnt erneut, wenn Rechteinhaber Klageauftrag erteilt c) Mit Versendung der Abmahnung d) Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung gem. § 199 Abs. 5 BGB


6) Aufsatz zum Thema Verjährung in Filesharing Fälle:

Zeitschrift ZUM, 60. Jahrgang 2016, Heft 2, S. 192:
"Weber, Christian:
Die Verjährung von urheberrechtlichen Ansprüchen mit besonderem Augenmerk auf Fälle illegalen Filesharings -
Anmerkung zu LG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14"





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Steffen Heintsch für AW3P


Bild


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Antworten