Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10241 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. September 2015, 12:58

Hessischer Datenschutzbeauftragter:
Dynamische IP-Adresse ist nicht per se
ein personenbezogenes Datum



12:58 Uhr

  • (...) Der Datenschutzbeauftragte stellt in seinem Bericht drei Szenarien dar, wie die MAC- und IP-Adresse von Besuchern des Flughafens über WLAN-Hotspots erhoben werden können. Hierzu gehört gerade auch die Situation, dass die Fraport App nicht auf einem Gerät installiert ist und genutzt wird, sondern Besucher sich direkt mit einem WLAN-Hotspot verbinden. Dann bekommt der Nutzer eine dynamische IP-Adresse zugeteilt. Die Erfassung der dynamischen IP-Adresse stellt nach Auffassung des hessischen Datenschutzbeauftragten - kein datenschutzrechtliches Problem dar. (...)
... weiterlesen

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Quelle: delegedata.de

delegedata.de
Rechtsanwalt Dr. Carlo Piltz

E-Mail: piltz@delegedata.de
Telefon: 0163 / 7371489

dynamicduo
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10242 Beitrag von dynamicduo » Donnerstag 10. September 2015, 22:23

Hallo zusammen,

ist es möglich herrauszufinden, wann mein Abmahnanwalt die Verbindungsdaten vom meinem Provider bekommen hat }6&(

Abgemahnt wurde ich Anfang 2012. $UE$

Die Urheberrechtsverletzung soll ich Mitte 2011 begangen haben. Aktuell läuft gerade mein Wiederspruch vom Mahnbescheid

Nö ich nicht

Danke und Gruß
DD

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10243 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. September 2015, 23:36

[quoteemdynamicduo]Ist es möglich herauszufinden, wann mein Abmahnanwalt die Verbindungsdaten vom meinem Provider bekommen hat?[/quoteem]
Wenn es nicht im Abmahnschreiben steht, keine Akteneinsicht mit Erhalt Abmahnung beantragt wurde, auch nicht im Mahnbescheid enthalten ist, dann erst, wenn der Antragsteller seine Ansprüche begründet, sprich mit Erhalt Klageschrift.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10244 Beitrag von Steffen » Donnerstag 10. September 2015, 23:41

Schweiz aufgepasst: Fehlerhafte Abmahnungen aus Deutschland!


23:06 Uhr


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Rechtsanwalt Martin Steiger

Steiger Legal
St. Urbangasse 2
8001 Zürich
Schweiz
Telefon +41 44 533 13 60
Telefax +41 44 533 13 61
E-Mail: info@steigerlegal.ch

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Urheberrechtliche Abmahnungen aus Deutschland gelangen inzwischen in großer Zahl in die Schweiz. Immer mehr deutsche Abmahner lassen sich dabei nicht mehr von einem Rechtsanwalt vertreten, sondern verschicken Rechnungen per E-Mail und in mutmaßlich großer Zahl direkt an angebliche Urheberrechtsverletzer in der Schweiz.

Aufgrund der mutmaßlich großen Zahl von Abmahnungen kommt es immer wieder zu Fehlern:

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Im vorliegenden Beispiel erwähnte die Abmahnung eine Website unter der nationalen deutschen Top-Level-Domain.de, die in keinem Zusammenhang zum abgemahnten Unternehmen in der Schweiz steht. Es lohnt sich deshalb, Abmahnungen sorgfältig zu prüfen, bevor man - allenfalls mit Beratung oder Vertretung durch einen qualifizierten Rechtsanwalt - darauf reagiert.

Hingegen ist es nicht empfehlenswert, spontan mit einer E-Mail oder einem Telefonanruf an die Gegenseite auf eine Abmahnung zu reagieren. Abgemahnte riskieren damit, ihre Rechtsposition zu verschlechtern, gerade auch bei fehlerhaften oder unberechtigten Abmahnungen. Und auch bei berechtigten Abmahnungen kann sich die eigene Rechtsposition verschlechtern, wenn man mit unbedachten Äußerungen wie Erklärungen oder Entschuldigungen jenseits der Rechtslage an die Gegenseite gelangt.


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Autor: Rechtsanwalt Martin Steiger
Quelle: www.steigerlegal.ch
Link: https://www.steigerlegal.ch/2015/09/10/ ... t-fehlern/


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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10245 Beitrag von Steffen » Freitag 11. September 2015, 10:45

Amtsgericht Koblenz weist "BaumgartenBrandt" Klage ab,
da der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachkam,
die Zuordnung der IP dem Beweisverbot (Reseller) unterliegt,
sowie der Mahnbescheid die Verjährung nicht hemmen konnte




10:45 Uhr


Wie die Hamburger Kanzlei ...

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


Dr. Wachs Rechtsanwälte
Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de

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Zusammenstellung einiger aktuellen Entscheidungen
der Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte: Link

........................



... informiert, wurde mit Urteil des Amtsgericht (AG) Koblenz (Urt. v. 14.08.2015, Az. 411 C 2168/14) eine Filesharingklage der "KSM GmbH", vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", erfolgreich abgewiesen, da der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachkam, die Zuordnung der IP dem Beweisverbot (Reseller) unterliegt, sowie der Mahnbescheid die Verjährung nicht hemmen konnte.



Urteil
  • (...) hat das Amtsgericht Koblenz durch die Richterin am Landgericht Dr. "..." aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2015 für Recht erkannt:
    • 1. Die Klage wird abgewiesen.
      2. Die Klägerin trägt Kosten des Rechtsstreits.
      3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (...)
      4. Der Streitwert wird auf 955,60 EUR festgesetzt. (...)


Abmahnfall

Der beklagte Anschlussinhaber wurde wegen einen behaupteten Urheberrechtsverstoßes in einem P2P-Netzwerk (Film: "Midnight Chronicles") abgemahnt. Nachdem durch den Beklagten die Zahlung verweigert wurde und der durch die Klägerin beantragte und erlassene Mahnbescheid widersprochen, wurde nach Abgabe des streitigen Verfahrens die Ansprüche vor dem Amtsgericht Koblenz begründet. Der Beklagte beruft sich u.a. auf die Verjährung der Ansprüche.



Entscheidungsgründe


Beklagten haften nicht als Täter oder Störer
  • (...) Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. (...)

1. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass der Beklagte für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist.
  • a) Der Beklagte wurde seiner sekundären Darlegungslast gerecht und habe keine Tauschbörsen genutzt. Zudem hätten drei Kinder sowie seine Ehefrau jederzeit selbständigen Zugang. Sämtliche Familienmitglieder hätten jedoch die Rechteverletzung auf Nachfrage bestritten.

    b) Damit ist die tatsächliche Vermutung entkräftet. Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer sprechenden Umstände darzulegen und nachzukommen. Das hat die Klägerin nicht getan.
2. Zuordnung der IP-Adresse unterliegt dem Beweisverwertungsverbot (Reseller)

Hierzu vertritt das Amtsgericht Koblenz die Rechtsauffassung, dass die Zuordnung der IP unter einem Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des TKG und ohne insoweit hinreichende richterliche Genehmigung nach § 101 Abs. 9 UrhG erfolgte. Da der (End-) Vertragspartner des Beklagten - Reseller-Provider (Netzmieter) - nicht am Auskunftsverfahren beteiligt wurde, sondern nur der Backbone-Provider (Netzvermieter; Access-Provider), unterliegen die erlangten Daten einem Beweisverwertungsverbot.


3. Ansprüche sind gemäß § 195 BGB verjährt (3 Jahre)
  • a) Gemäß des § 105 BGB beträgt die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche drei Jahre. Eine Anwendung der 10-jährigen Verjährungsfrist auf Filesharingfälle ist nicht anwendbar.
    Die Verjährung begann am 31.12.210 und lief am 31.12.2013 ab.

    b) Die Verjährung wurde durch Zustellung des Mahnbescheides nicht gehemmt.
    • aa) Voraussetzung einer Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Ziffer 3 BGB = der Anspruch ist ausreichend individualisiert bezeichnet.
      - keine Voraussetzung dass zwischen den Parteien eine vertragliche Beziehung bestand
      - erforderlich das der Anspruch durch seine Kennzeichnung sich von anderen unterscheidet bzw. abgrenzt, damit der Schuldner diesen beurteilen kann und sich notfalls wehren
      - der Schuldner - nicht ein Außenstehender - muss mit Erhalt des Mahnbescheides erkennen, welche Ansprüche geltend gemacht werden
      - bei mehreren Einzelforderungen sind diese nachvollziehbar aufzuschlüsseln

      Ziel: Der Schuldner kann nur durch diese Voraussetzungen sich sachgerecht Entscheiden, ob er sich innerhalb der Widerspruchsfrist verteidigt, oder nicht.

      bb) Mahnbescheid wird im vorliegenden Fall den Anforderungen an eine hinreichende Individualisierung nicht gerecht.

      cc) Auch die bislang ergangene Rechtsprechung spricht nicht für die Annahme einer Hemmung der Verjährung im vorliegenden Fall.
      - zwischen den Parteien bestand - vor den Abmahnschreiben - keinerlei vertragliche Vereinbarungen oder sonstige konkrete Rechtsbeziehungen
      - Zeitraum zwischen Abmahnung und Zustellung Mahnbescheid = über 3 Jahre. Der Beklagte durfte davon ausgehen, das keine weitere Forderungen mehr gestellt werden, nachdem die Fristen im Abmahnschreiben fruchtlos abliefen. Es ist auch nicht mehr zumutbar, das der Beklagte sich on Detail erinnern muss.


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AG Koblenz, Urteil vom 14.08.2015, Az. 411 C 2168/14
Urteil im Volltext als PDF-Download (5,65 MB)

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AW3P (Nach-) Gedanken

Zuerst einmal Glückwunsch an den Beklagten und seinen Prozessbevollmächtigten, der Kanzlei "Dr. Wachs Rechtsanwälte". Macht es erneut deutlich, das man mit Erhalt einer Klageschrift bzw. Anspruchsbegründung nach einem widersprochenen Mahnbescheid einen "Anwalt seines Vertrauens" beauftragen sollte, statt einen fehlerbehafteten princess-shualen Nichtjuristen.


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Steffen Heintsch für AW3P

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AG Koblenz, Urteil vom 14.08.2015, Az. 411 C 2168/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10246 Beitrag von Steffen » Freitag 11. September 2015, 11:28

Markus Söder (CSU): "Das Land verändert sich grundlegend" "Kein Land ist so naiv und blauäugig"
  • Aber die Vernunft sagt, dass das langfristig Folgen haben wird. Wenn in diesem Jahr mehr Menschen zuwandern, als hier geboren werden, wirkt sich das auf die kulturelle Statik einer Gesellschaft aus. Ich glaube, dass sich Deutschland in diesen Tagen verändert.
Quelle: www.merkur.de





Anfänglich - Grundgesetz und Asylgesetz = bindend.

Jetzt stellen sich für mich doch die Fragen, neben der Finanzierung,

1. Ich hoffe nicht, das man Söder als Nazi abstempelt.

2. Was soll eine aktuelle Bundesregierung Vermischung der Flüchtlingsfrage mit der Notwendigkeit ausländischer Fachkräfte zur Sicherung der deutschen Wirtschaft?

Arbeitslosenzahlen: Bundesamt für Arbeit
Der Arbeitsmarkt im August 2015
a) Arbeitslose: 2.796.000
b) Unterbeschäftigung: 3.586.000

Sind wir Deutschen so doof, zu faul, oder was passiert mit den Arbeitslosen? Schicken wir diese nach Syrien?

Was passiert, wenn der Krieg in Syrien vorbei ist. Was passiert mit den willigen und Fachkräften, die in Deutschland eine zweite Heimat fanden? Syrien hat keine Fachkräfte mehr, die ein neues Syrien aufbauen. Armut europäisch vorprogrammiert.

c) Wenn Fachkräftemangel herrscht, warum werden dann andere Asyl Beantragende aus dem Balkan abgeschoben?

Oder geht es nur um Dumpingarbeiter. "Keine Deutsch, gute arbeite, für wenig Kohle!? - sonst ..."

3. Wenn Deutschland veraltet, ist Deutschland ein kinderfeindlicher und unsozialer Staat? Ich denke ja, ansonsten würden mehr Kinder geboren. Ich glaube nicht das alle den Kinderwunsch von der Kariere abhängig machen.


Politiker, williges Instrument der Wirtschaft ... aber, zur Bundestagswahl vergessen.


Steffen Heintsch

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10247 Beitrag von dynamicduo » Freitag 11. September 2015, 14:21

Steffen hat geschrieben:[quoteemdynamicduo]Ist es möglich herauszufinden, wann mein Abmahnanwalt die Verbindungsdaten vom meinem Provider bekommen hat?[/quoteem]
Wenn es nicht im Abmahnschreiben steht, keine Akteneinsicht mit Erhalt Abmahnung beantragt wurde, auch nicht im Mahnbescheid enthalten ist, dann erst, wenn der Antragsteller seine Ansprüche begründet, sprich mit Erhalt Klageschrift.

VG Steffen
Hallo Steffen,
stand weder im Abmahnschreiben noch im Mahnbescheid. Ok dann weiß ich Bescheid.

Grüße und Danke
DD

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10248 Beitrag von Steffen » Samstag 12. September 2015, 10:03

Anschlussinhaber kann sich
auf übernachtende Freunde
berufen, wenn es juckt



10:03 Uhr


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Rechtsanwalt Christian Solmecke

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de

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Wer wegen Filesharing abgemahnt worden ist, kann sich unter Umständen damit verteidigen, dass außer nahen Angehörigen auch nicht näher bezeichnete übernachtende Freunde Zugriff auf den Rechner gehabt haben. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichtes Stuttgart - Bad Cannstatt.

Vorliegend war der Inhaber eines Internetanschlusses wegen Filesharing abgemahnt worden, weil er das urheberrechtlich geschützte Filmwerk "Ab Heute Juckt das Fötzchen" über eine Tauschbörse zum Download angeboten haben soll. Schließlich verklagte der Rechteinhaber ihn auf Zahlung von Schadensersatz sowie der Erstattung der Abmahnkosten.

Doch der Anschlussinhaber wehrte sich. Er verteidigte sich damit, dass er die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe. Ihm sei der Umgang mit Tauschbörsen im Internet nicht geläufig. Darüber hinaus hätten sich im Haushalt 4 Computer befunden über die sein volljähriger Bruder, sein volljähriger Cousin sowie auch über Nacht bleibende Freunde Zugang zum Internet gehabt hätten. Er habe alle seine Nutzer hinreichend belehrt gehabt.

Das Amtsgericht Stuttgart - Bad Cannstatt wies die Klage des Rechteinhabers mit Urteil vom 13.08.2015 (Az. 8 C 1023/15) ab.



AG Stuttgart - Bad Cannstatt stellt keine strengen Anforderungen an subjektive Darlegungslast

Eine Heranziehung als Täter zum Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing scheidet aus, weil der Anschlussinhaber hinreichend die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes dargelegt hat. Hierzu reicht es aus, dass andere Personen wie über Nacht bleibende Freunde Zugang zum Anschluss gehabt haben und infolgedessen als Täter infrage kommen. Diese Darlegung reicht, um der subjektiven Darlegungslast Genüge zu tun.

Darüber hinaus scheitert die Störerhaftung bereits daran, dass volljährige Angehörige und auch Freunde normalerweise nicht vom Anschlussinhaber nicht belehrt werden brauchen.



Gericht verfügt über einschlägige Sachkunde im Filesharing Bereich

Interessant ist, dass das Gericht anscheinend über eine hochragende Sachkunde verfügt - was sehr zu begrüßen ist. Der Vorsitzende verweist in seiner Urteilsbegründung darauf, dass er über viele Jahre als selbstständiger Softwareentwickler, als Webdesigner sowie als Netzwerk- und Systemadministrator tätig gewesen ist.



Richter rüffelt fehlende technische Kenntnisse bei Kollegen

Der letzte Abschnitt der Urteilsbegründung ist besonders prägnant. Er lautet wie folgt:
  • (...) Das Gericht verkennt schließlich nicht, dass seine vorstehenden Ausführungen, wenn ihnen andere Gerichte folgen würden, das Abmahnwesen im Bereich des Urheberrechts weniger lukrativ machen und schließlich die effektive Verfolgung von Urheberrechtsverstößen in Tauschbörsen beeinträchtigen mögen. Hieraus kann jedoch nicht folgen, dass tatsächlich nicht entstandene - pönale - Schäden liquidiert werden und das Fehlen der unter Richtern wenig verbreiteten technischen Kenntnisse als Vehikel hierfür genutzt wird. (...)
(HAB)


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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... fen-62984/


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AG Stuttgart - Bad Cannstatt, Urteil vom 13.08.2015, Az. 8 C 1023/15



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The Grinch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10249 Beitrag von The Grinch » Sonntag 13. September 2015, 09:00

Der letzte Abschnitt ist ja mal endlos "Geil",
nur schade das sich den Schuh seine Richter-Kollegen kaum anziehen werden und immer weiter
die Sachverständigen-Keule auspacken (anstatt über das entsprechende Wissen selbst zu verfügen).

Bitte mehr davon.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10250 Beitrag von Steffen » Sonntag 13. September 2015, 11:07

Amtsgericht Bielefeld weist unbegründete"BaumgartenBrandt" Klage ab. BGH-Täterschaftsvermutung kann in einem Mehrpersonenhaushalt keinen
Bestand haben. Zweistufenzumutbarkeit zum Nutzungsverhalten.




11:05 Uhr


Wie die Hamburger Kanzlei ...

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


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Zusammenstellung einiger aktuellen Entscheidungen
der Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte: Link

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... informiert, wurde mit Urteil des Amtsgericht (AG) Bielefeld (Urt. v. 07.07.2015, Az. 42 C 459/14) eine Filesharingklage der "Hanaway Brown Limited (UK)", vertreten durch die Berliner Kanzlei "BaumgartenBrandt", erfolgreich abgewiesen, da der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast zumutbar nachkam.



Urteil
  • (...) hat das Amtsgericht Bielefeld durch die Richterin auf die mündlichen Verhandlung vom 16.06.2015 durch die Richterin am Amtsgericht "xxx" für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (...)


Abmahnfall

Der beklagte Anschlussinhaber wurde 12/2010 wegen einen behaupteten Urheberrechtsverstoßes in einem P2P-Netzwerk (Log.: 09/2010; Film: "Harry Brown") abgemahnt. Nachdem durch den Beklagten die Zahlung verweigert wurde und der durch die Klägerin am Amtsgericht Bielefeld Klage eingereicht (Gegenstandswert: 7.500,00 EUR, Schadensersatz: 400,00 EUR, Anwaltliche Gebühren: 555,60 EUR).

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin (Klägerin wird auf dem Cover nicht genannt) er selbst habe die vorgeworfene Rechtsverletzung nicht begangen; auf das Internet hatten seine Ehefrau und die volljährigen Kinder selbständigen Zugriff auf das Internet; sowie seien die Forderungen verjährt.

  • (...) Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen. (...)


Entscheidungsgründe

Der Beklagte haftet weder als Täter noch als Störer
  • (...) I. Die Klage ist unbegründet.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr von mindestens 400,00 EUR sowie auf Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten für die Abmahnung vom 14.12.2010 aus §§ 97, 97a UrhG.

    1. Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin hier ihre Aktivlegitimation bereits ausreichend dargelegt hat, steht eine Täterschaft des Beklagten vorliegend nicht fest. (...)

Das Amtsgericht Bielefeld stellt fest, das die Annahme des BGH-Erfahrungssatzes (BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az. I ZR 121/08 - "Sommer unseres Lebens"):
  • (...) Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zu­geteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (vgl. OLG Köln MMR 2010, 44, 45; GRUR-RR 2010, 173, 174). Dieser sekundären Darlegungslast (...)
in einem Mehrpersonenhaushalt keinen Bestand haben kann! In der heutigen Gesellschaft entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, das neben dem Anschlussinhaber auch sonstige Mitbewohner den Internetanschluss selbstständig nutzen, ohne dass der Anschlussinhaber die Art oder den Umfang kontrolliert, geschweige denn bestimmt.



Das Amtsgericht Bielefeld zur sekundären Darlegungslast

Der Beklagte kommt der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vollumfänglich nach, indem er vorträgt, dass er die behauptete Rechtsverletzung nicht begangen hat und der Internetanschluss im Haushalt noch von seiner Ehefrau und seinen volljährigen Kinder genutzt wird. Zu weiteren Nachforschungspflichten und Darlegungen war er nicht verpflichtet.


Zweistufenzumutbarkeit zum Nutzungsverhalten
  • 1. Tatsächlich möglich
    2. Rechtlich verlangbar

Zu 1. Tatsächlich möglich
  • Im Familienalltag wird die Internetnutzung nicht aufgezeichnet. Aufgrund des Zeitablaufes zwischen Abmahnung und Klage von mehr als einen Monat wird es in der Regel schwer erinnerlich sein.

Zu 2. Rechtlich verlangbar
  • a) Eine Ermittlung des Nutzungsverhalten kann nicht abverlangt werden, wenn zu den Mitnutzern ein Näheverhältnis i.S.d. § 383 ZPO besteht und der Anschlussinhaber daher aufgrund seines Zeugnisverweigerungsrecht nicht zur Mitteilung des Ermittlungsergebnis verpflichtet ist.
    b) Die sekundäre Darlegungslast erfasst ebenso die Pflicht des Behauptenden, diesen Sachverhalt gegebenenfalls auch zu beweisen. Die Beweislast hinsichtlich der anspruchsbegründeten Voraussetzungen bleibt bei der Klägerin.


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AG Bielefeld, Urteil vom 07.07.2015, Az. 42 C 459/14
Urteil im Volltext als PDF-Download (4,99 MB)

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AW3P Nachgedanken

Zuerst einmal Glückwunsch an den Beklagten und dem Prozessbevollmächtigten, die Kanzlei "Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg)". Macht es erneut deutlich, das man mit Erhalt einer Klageschrift bzw. Anspruchsbegründung nach einem widersprochenen Mahnbescheid einen "Anwalt seines Vertrauens" beauftragen sollte, statt einen fehlerbehafteten "princess-shualen" Nichtjuristen aus einem Forum, der letztendlich einen Hilfesuchenden auch nur an einen Anwalt weitervermittelt. Hier kann man anonyme Pfuscher und Neugierige selbst ausschließen.


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Steffen Heintsch für AW3P

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AG Bielefeld, Urteil vom 07.07.2015, Az. 42 C 459/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10251 Beitrag von Steffen » Dienstag 15. September 2015, 15:09

Amtsgericht München:
keine Störerhaftung Eltern
bei Zeugnisverweigerung



15:09 Uhr


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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies



Rechtsanwälte Knies & Albrecht
Widenmayerstraße 34
80538 München
Tel.: 089 - 47 24 33
Fax.: 089 - 470 18 11
Email: bernhard.knies@new-media-law.net
Web: www.new-media-law.net

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Prozesserfolg gegen "rka. Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR " am Amtsgericht München: Mit Urteil vom 27.02.2015 (Az. 264 C 19943/14) hat das Amtsgericht München eine Klage der "rka. Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR " im Namen eines von diesen vertretenen Computerspieleherstellers gegen einen von unserer Kanzlei vertretenen Anschlussinhaber abgewiesen.

Der 2011 von "rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR " abgemahnte Familienvater hatte sich im Prozess damit verteidigt, dass er zum Tatzeitpunkt in seiner Arbeitsstelle gewesen sei. Zuhause hätten auf dem gesicherten WLAN Anschluss seine Frau und seine beiden Kinder (seine Tochter und sein Sohn) Zugriff zu seinem Internet gehabt. Nach dem Eingang der Abmahnung habe er beide Kinder befragt, diese hätten den Verstoß jedoch nicht zugegeben. Er habe jedoch die Vermutung, dass es dennoch eines seiner beiden Kinder gewesen sei, für die es einen gewissen Reiz dargestellt haben könnte.

Das Amtsgericht hat geurteilt, dass der Beklagte hier mit seinen detaillierten Angaben seine sekundäre Darlegungslast erfüllt habe. Mit dieser sekundären Darlegungslast sei aber eine Umkehr der Beweislast eben gerade nicht verbunden. Deshalb obliege dem Anschlussinhaber nicht der Beweis des Gegenteils, in dem Sinne, dass er sich bei jedem über seinen Anschluss begangenen Verstoß vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren müsse.

Das Urteil des Amtsgerichts ist zu begrüßen. Es liegt auf einer Linie mit einem am 21.08.2015 gegen die Kanzlei "BaumgartenBrandt" am Amtsgericht Braunschweig erstrittenen Urteil, in dem ebenfalls trotz Zeugnisverweigerung der Kinder ein Prozesserfolg erzielt werden konnte.



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Autor: Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies
Quelle: www.new-media-law.net
Link: http://www.new-media-law.net/ag-muenche ... weigerung/


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AG München, Urteil vom 27.02.2015, Az. 264 C 19943/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10252 Beitrag von The Grinch » Mittwoch 16. September 2015, 05:39

WOW!
Und so ein Urteil aus München, den heiligen Gefilden der abmahnenden Anwälten.
Woher plötzlich dieser Sinneswandel der Münchner Richter?

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10253 Beitrag von Steffen » Mittwoch 16. September 2015, 09:55

Gewonnene Verfahren am AG München sind keine Seltenheit. Einfach mal die Suchfunktion des Forums benutzen (AG München). Das Problem sind eher die Berufungsgerichte (LG, OLG), die aus München "Fort Knox" machen.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10254 Beitrag von Steffen » Mittwoch 16. September 2015, 14:31

Amtsgericht Leipzig:
zur fehlenden Nutzungslizenz zur Bereitstellung einzelner Musiktitel
über das Internet zu kostenlosen Download für Jedermann



14:30 Uhr


Heute möchte ich eine eher nicht bekannte Entscheidung des Amtsgericht Leipzig vorstellen. Interessant aus dem Grund, das sich das Amtsgericht Leipzig mit der Streitfrage bei Filesharing auseinandersetzt, dass keine Lizenzgebühr geltend gemacht werden kann, da es so einen Vertrag nicht gäbe. Und natürlich hat die Beantwortung Einfluss auf eine mögliche dreijährige oder zehnjährige Verjährungsfrist für den Betroffenen und hat sich der Betroffene bereichert, oder nicht.


Urheberrecht - Bereicherungsanspruch
  • » Ein Bereicherungsanspruch richtet sich auf das, was der Verletzter durch den Gebrauch erlangt hat. Erlangt hat er regelmäßig die Nutzung. Da diese selbst nicht herausgegeben werden kann, ist der Wert (= objektiver Verkehrswert) zu ersetzen (§ 818 Abs. 2 BGB). Herauszugeben ist daher die übliche Lizenzgebühr. Insofern kommt es zu einer Überschneidung der Schadensersatzberechnungsmethoden der fiktiven Lizenzgebühr (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) mit der Herausgabeverpflichtung aufgrund der Bereicherungshaftung.

    Im Unterschied zum Schadensersatz, setzt der Anspruch auf Herausgabe kein Verschulden voraus.
    • a) Der Verletzer greift - ohne rechtlichen Grund - durch die unberechtigte Verwertung in den Zuweisungsgehalt des Rechts ein, dessen wirtschaftliche Verwertung dem Rechteinhaber vorbehalten ist.
      b) Der Anspruch ist darauf gerichtet, die durch die Verletzung Vorteilhaftere Vermögenssituation des Verletzers wieder rückgängig zu machen (auf (Ent-) Geld kommt es letztendlich nicht an) «


Die Hamburger Kanzlei "FAREDS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH" obsiegte in einem Filesharingverfahren am Amtsgericht Leipzig (Urt. v. 25.02.2015, Az. 103 C 5530/14). Hierbei wurde der Beklagte verurteilt an die Klägerin 415.70 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auf die kompletten Entscheidungsgründe möchte ich im Weiteren nicht näher eingehen. Diese kann jeder selbst nachlesen, insbesondere die Argumente zur sekundären Darlegungslast in puncto Erläuterungen zum Nutzungsverhalten.



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AG Leipzig, Urteil vom 25.02.2015, Az. 102 C 5530/14
Urteil im Volltext als PDF (2,99 MB)

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Kläger vertreibt keine Nutzungslizenzen zur Bereitstellung einzelner Musiktitel über das Internet zu kostenlosen Download für Jedermann

Viele kennen den aktuellen "Glaubenskrieg" zwischen den Lagern der dreijährigen und zehnjährigen Verjährungsfrist bei Filesharing und der resultierenden Frage, ob der Betroffene etwas erlangt, sich bereichert, hat. Für die Befürworter der dreijährigen Verjährungsfrist und verneinen, das der Betroffene etwas erlangt hat, möchte ich stellvertretend das Landgericht Bielefeld nennen.


Landgericht Bielefeld, Beschluss 06.02.2015, Az. 20 S 65/14
  • (...) Soweit die Klägerin hierzu auf das BGH-Urteil vom 27. Oktober 2011 (Az. I ZR 175/10; "Bochumer Weihnachtsmarkt") abstellt, verfängt dies nicht. Dort ging es in der Sache um eine unterlassene, aber grundsätzlich mögliche Einholung der Erlaubnis der dortigen Klägerin für die vorgenommene Nutzung von Musikwerken im Rahmen einer Freiluftveranstaltung, aufgrund derer im Wege des Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie die ersparte Tarifvergütung zu entrichten war. Grundlage dieser Entscheidung war jedoch, dass die Wahrnehmung der maßgeblichen Urheberrechte typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird, indem die Rechtswahrnehmung bei der Klägerin als Verwertungsgesellschaft zu lizenzieren war.

    Vorliegend liegen die tatsächlichen Verhältnisse allerdings grundlegend anders. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nach dem Vorbringen der Klägerin nicht. Vorliegend hätte der Beklagte daher - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - selbst dann, wenn er dies gewollt hätte, mit der Zedentin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung des gegenständlichen Filmwerks im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können. Auch liegt der Hauptzweck des typischen Nutzers einer Internettauschbörse darin, das Film- oder Musikwerk zu erhalten und nicht in dessen darüber hinausgehender Verbreitung. Hierfür wäre aber auch bei einer legalen Vorgehensweise gerade keine Lizenzgebühr, sondern allenfalls der übliche Verkaufspreis etwa einer DVD gezahlt worden. (...)

Anderweitige Entscheidungen (LG Köln, Beschl. v. 21.07.2015, Az. S 20/15; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 08.07.2015, Az. 2-06 S 21/14) werden dann schnell als Fehlurteile angeprangert oder mit mangelnder Sachkenntnis des Gerichts abgetan. Wobei bei Letzteren fraglich ist, wessen diese wirklich fehlt. Aber es ist einfacher, als sich damit offen und vor allem rechtskonform auseinanderzusetzen.



Das Amtsgericht Leipzig zu den fehlenden Nutzungsverträgen
  • (...) Den Klägern steht darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch zu, da die Klägerin im Wege der Lizenzanalogie ermittelt haben und danach steht den Klägern ein solcher Schadensersatzanspruch zu in Höhe eines Betrages, den die Kläger bei redlichen Erwerb der Nutzungslizenz vom Urheberrechtsverletzer erhalten hätte. (...)

    (...) Im vorliegenden Fall vertreibt die Kläger keine Nutzungslizenzen zur Bereitstellung einzelner Musiktitel über das Internet zu kostenlosen Download für Jedermann. (...)

    (...) Auf der Hand liegend ist dabei aber, dass bereits beim einmaligen Verkauf einer solchen Lizenz und der sich daran anschließenden rechtmäßigen Verbreitung über das Internet, Verkaufsmöglichkeiten des entsprechenden Tonträgers gleiches Inhaltes nahezu ausgeschlossen wären. Über das Internet werden vielmehr Musikdateien zum Download angeboten die jedoch, wie auch der Erwerb von Tonträgern, nur die private Nutzung, nicht hingegen die Verbreitung an Dritte gestatteten. Der Erwerb einer solchen Musikdatei für das Internet zur privaten Nutzung ist mit dem vorliegenden Fall jedoch nicht vergleichbar. Ein solcher Erwerb entspricht im Wesentlichen den Kosten des Kaufes eines Tonträgers. Der vorliegende Nutzungsumfang hat jedoch vielmehr den Wert des Tonträgers für eine unbestimmte Anzahl weltweiter Nutzer zu entsprechen. (...)

    (...) Unter Berücksichtigung dessen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für ein unbegrenzte weltweite und kostenlose Downloadmöglichkeit für ein komplettes Musikalbum vereinbart hätten, ist davon auszugehen, dass dieser Betrag nahezu den gesamten Erfolg eines Musikalbums erreichen müsste. (...)

    (...) Insoweit ist der Sachvortrag der Kläger zuzustimmen, dass die kostenlose Downloadmöglichkeit eines Musikalbums den Kauf des entsprechenden Tonträgers entbehrlich macht, zumal auf den Computer geladen gespeicherte Musik auch ohne nennenswerte Kosten auf CD vom jeweiligen Endverbraucher gebrannt werden könnte. (...)

Es bleibt deshalb weiterhin spannend, wie sich die Rechtsprechung hierzu weiterentwickeln wird, obwohl der Gesetzgeber diesbezüglich eigentlich eindeutig ist.



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Steffen Heintsch für AW3P

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AG Leipzig, Urteil vom 25.02.2015, Az. 102 C 5530/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10255 Beitrag von Steffen » Donnerstag 17. September 2015, 15:13

Tauschbörsen-Erfolg -
Keine Aktivlegitimation der KSM-GmbH.
Betroffene weilte im Urlaub und PC war
in Reparatur



15:15 Uhr



Ein weiterer Tauschbörsen-Erfolg gegen die Abmahnindustrie. Das AG Rostock wies die Klage der KSM-GmbH vertreten durch die Berliner Kanzlei Baumgarten Brandt zurück (Az. 48 C 138/14). Es konnte weder der behauptete Urheberrechtsverstoß bewiesen noch die Aktivlegitimation nachgewiesen werden. Zudem wären die Ansprüche verjährt gewesen.


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Rechtsanwalt Christian Solmecke

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Die KSM-GmbH, vertreten durch die Berliner Abmahn-Kanzlei Baumgarten-Brandt, mahnte unsere Mandantin im August 2010 ab. Sie soll im März 2010 um 1.00 Uhr nachts den Film "Snuff Massacre" in einer Tauschbörse heruntergeladen und Dritten zugänglich gemacht- und durch das Verbreiten des Filmes die Rechte der KSM-GmbH verletzt haben. In der Filesharing-Abmahnung wurden pauschal 850,00 EUR sowie die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung von unserer Mandantin gefordert.

Daraufhin gaben wir im Namen unserer Mandantin eine Unterlassungserklärung ab und verweigerten die Zahlung des geforderten Betrags. Gegen einen Mahnbescheid vom Januar 2014 erhoben wir Widerspruch.



Betroffene weilte im Urlaub und PC war in Reparatur

Mit der Klage vor dem AG Rostock verlangte Baumgarten nun die Zahlung von insgesamt rund 1.000,- EUR aufgrund der behaupteten Urheberrechtsverletzung.

Gemeinsam mit unserer Mandantin bestritten wir die Vorwürfe. Neben ihr hatten grundsätzlich auch ihr Ehemann sowie ihr volljähriger Sohn Zugriff auf das Internet. Zum von der Gegenseite angegebenen Tatzeitpunkt jedoch waren ihr Mann und Sie im Urlaub und der einzige PC nachweislich in Reparatur. Die vorgeworfene Tat konnte somit nicht passiert sein. Zudem waren wir der Ansicht, dass die Forderungen verjährt waren.



Die Urteilsgründe:

Keine Aktivlegitimation der KSM-GmbH

Das AG Rostock sah die Befugnis der KSM-GmbH, aus der behaupteten Urheberrechtsverletzung Ansprüche herleiten zu können, als nicht ausreichend dargelegt an. Das einfache Bestreiten der sogenannten Aktivlegitimation ist unserer Mandantin als Privatperson erlaubt. Nachforschungspflichten dürfen ihr nicht zugemutet werden. Schon das AG Düsseldorf hatte in einem Urteil 2014 (Az. 57 C 425/14) zutreffend festgestellt, dass es der Klägerseite (KSM GmbH) als professionellem Marktteilnehmer nicht erspart bleiben darf, Urkunden vorzulegen, woraus hervorzugehen hat, dass der Kläger auch tatsächlich berechtigt ist, den Anspruch im Einzelfall durchzusetzen.

An dieser Darlegung fehlte es. Auch ein Copyright Vermerk auf dem DVD-Cover bezeugt nicht die ausschließliche Rechteinhaberschaft der KSM-GmbH an dem Film "Snuff Massacre".



Urheberrechtsverstoß nicht bewiesen - Weder Täter- noch Störerhaftung gegeben

Zudem konnte nach Ansicht des AG Rostock die KSM-GmbH den Urheberrechtsverstoß nicht beweisen, denn neben unserer Mandantin hatten, wie erwähnt, auch ihr Ehemann und ihr Sohn unabhängigen und alleinigen Zugriff auf das Internet. In einem solchen Fall trifft nach Ansicht des BGH die Klägerin die volle Beweislast dafür, dass weder der Ehemann noch der Sohn zum angeblichen Tatzeitpunkt Internetzugriff hatten. Diesen Beweis konnte die KSM-GmbH nicht führen.

Auch als Störer haftet unser Mandant nicht. Es gab keine Anhaltspunkte für das Gericht, dass unsere Mandantin mit einer Urheberrechtsverletzung hätte rechnen müssen.



Anspruch verjährt

Auch wären die Ansprüche verjährt gewesen. Das Gericht geht zu Recht von einer dreijährigen Verjährungsfrist aus. Eine Hemmung der Frist durch den Mahnbescheid kommt nicht in Betracht, da die Ansprüche nicht hinreichend bestimmt waren.


Insgesamt ein weiteres erfreuliches Filesharing-Urteil. Das AG Rostock hat dabei zutreffend die unseres Erachtens nach wesentlichen Punkte aufgegriffen und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung richtig entschieden. Um weitere erfolgreiche Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei nachzuverfolgen, klicken Sie auf folgenden Link:
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Hier das Urteil im Volltext:
AG Rostock, Urt. v. 08.09.2015, Az. 48 C 138/14


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Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Quelle: www.wbs-law.de
Link: https://www.wbs-law.de/allgemein/tausch ... mbh-63081/


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AG Rostock, Urteil vom 08.09.2015, Az. 48 C 138/14

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10256 Beitrag von The Grinch » Freitag 18. September 2015, 06:31

Die Häufigkeit der Niederlagen von der Kanzlei Baumgarten Brandt sind ja frappierend,
stellt sich mir aber auch gleich die Frage nach der Sorgfaltspflicht dieser Kanzlei!
Treibt hier jemand eine Sau durchs Dorf um was zu erreichen?

Ein wenig deucht es mir das hier mit Mitteln jenseits der Gürtellinie gefochten wird,
um schwächelnde Umfaller doch noch zum Zahlen zu bewegen.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10257 Beitrag von Abmahnwahn-sinniger » Freitag 18. September 2015, 17:11

wann/wie kann man als Abgemahnter überhaupt die Aktivlegitimation einsehen, falls vorhanden..

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10258 Beitrag von Steffen » Freitag 18. September 2015, 20:27

Das wird in der Regel erst im Verfahren geklärt werden können. Man kann zwar mit Abmahnung Akteneinsicht beantragen, da dieses Verfahren ähnlich einer EV ist, gilt Glaubhaftmachung und der Anscheinsbeweis.

Und auch im Verfahren ist es auch mit Vorsicht genießen. Wenn das Gericht den p- und c-Vermerk i.V.m. einer eidsst. Versicherung als Aktivlegitimation ausreichend ansieht, und nicht weiter hinterfragt, hat man Pech.

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10259 Beitrag von maschine » Freitag 18. September 2015, 22:28

Nabend,

1. Post. Nur um zu wissen, ob ich hier richtig aufgehoben bin: Was soll der Poll bzgl. der Flüchtlingsproblematik? Ich habe keine Lust mit Aber-Nazis zu diskutieren.

Danke für eine Klarstellung!

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10260 Beitrag von Steffen » Samstag 19. September 2015, 02:24

Das schöne am Internet ist doch, das man seine eigene Meinung - öffentlich - kundtun kann, die wiederum ein anderer teilen (insgesamt, zum Teil), ablehnen (insgesamt, zum Teil), oder sich derer enthalten.

www.bamf.de:
  • Ein Ausländer, der in Deutschland Schutz vor Verfolgung sucht, muss sich als Asylsuchender melden.
Das ist gut, das ist richtig, das ist humanitär. Ausrufezeichen. Es darf aber - niemand - dieses für seine politischen und/oder/bzw. wirtschaftlichen Ziele und/oder/bzw. Interessen missbrauchen, egal wer.


VG Steffen

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