Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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muensteraner
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9121 Beitrag von muensteraner » Dienstag 7. Januar 2014, 21:39

einem Vertragspartner der nicht mehr existiert kann man auch keine Adressänderung mehr mitteilen. Wenn man stirbt muss man dem Vertragspartner auch nicht den Friedhof mitteilen, auf dem man begraben wurde. Mit der Liquidierung des Vertragspartners ist der Vertrag erloschen. Bei Rechteinhabern wie Warner Brothers, EMI, Sony würde ich jetzt nicht davon ausgehen, dass sie in den nächsten Jahren in Konkurs gehen :-;

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harryup
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9122 Beitrag von harryup » Mittwoch 8. Januar 2014, 10:33

Wieso wird immer und überall das Pferd von hinten aufgezäumt?
Warum wird nicht erst derjenige der den Stream unberechtigterweise zur Veröffentlichung und Streamingbereitstellt, also als Nichtrechteinhaber auftritt, von diesen juristischen Ordnungshütern ausfindig gemacht und angegangen?
Wieso wird immer der Endverbraucher, der die Rechtslage offensichtlich immer besser einschätzen können muß, in Regresse genommen?
Jedes öffentlich zur Verfügung gestellte Stream, ganz gleich von wem, hat erstmal vom zur Verfügung stellenden auf die Unbedenklichkeit der Veröffentlichung hin geprüft zu werden und nicht von demjenigen der es sich ansieht.!!
Gibt es dazu eigentlich nicht mal Anfragen an die Justiz?

Ganz armes Deutschland

muensteraner
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9123 Beitrag von muensteraner » Mittwoch 8. Januar 2014, 11:17

harryup hat geschrieben: Wieso wird immer und überall das Pferd von hinten aufgezäumt?
Warum wird nicht erst derjenige der den Stream unberechtigterweise zur Veröffentlichung und Streamingbereitstellt, also als Nichtrechteinhaber auftritt, von diesen juristischen Ordnungshütern ausfindig gemacht und angegangen?
Wieso wird immer der Endverbraucher, der die Rechtslage offensichtlich immer besser einschätzen können muß, in Regresse genommen?
Jedes öffentlich zur Verfügung gestellte Stream, ganz gleich von wem, hat erstmal vom zur Verfügung stellenden auf die Unbedenklichkeit der Veröffentlichung hin geprüft zu werden und nicht von demjenigen der es sich ansieht.!!
Gibt es dazu eigentlich nicht mal Anfragen an die Justiz?

Ganz armes Deutschland
Das wird auch. Die Betreiber von kino.to wurden verhaftet. Nur ist das weit schwieriger, weil die ihre IPs verstecken bzw irgendwo im Ausland sitzen. An die meisten kommen die nicht ran. Bei Streaming kommen sie auf legale Wiese auch nicht an die Nutzer der illegalen Plattformen ran. Bei Filesharing sitzt man allerdings richtig auf dem Präsentierteller, weil die IPs problemlos abzugreifen sind.
Nur die Verursacher zu finden und zum Schadensersatz heranzuziehen ist für Massenbamhner auch nicht lukrativ genug :-;

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9124 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Januar 2014, 15:59

Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle,
Nr. 005/2014 vom 08.01.2014


Bundesgerichtshof zur Haftung für illegales Filesharing
volljähriger Familienangehöriger


Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Die Klägerinnen sind vier führende deutsche Tonträgerhersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines Internetzugangs. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn.

Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben abmahnen; sie behaupteten, am 12. Juni 2006 seien über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen.

Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 Euro in Anspruch.

Der Beklagte macht geltend, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht. Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm "BearShare" Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 Euro zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht - jedenfalls nicht hinreichend - belehrt habe.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber - etwa aufgrund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12 - BearShare

LG Köln - Urteil vom 24. November 2010 - 28 O 202/10

ZUM-RD 2011, 111

OLG Köln - Urteil vom 22. Juli 2011 - 6 U 208/10

ZUM 2012, 583

BVerfG (Kammer), Beschluss vom 21. März 2012 - 1 BvR 2365/11

GRUR 2012, 601 = WRP 2012, 702

OLG Köln, Urteil vom 17. August 2012 - 6 U 208/10, juris

Karlsruhe, den 8. Januar 2014


Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501


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harryup
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9125 Beitrag von harryup » Mittwoch 8. Januar 2014, 17:34

ein salomonisches Urteil. Bravo, Störerhaftung baynay

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9126 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Januar 2014, 18:13

Entscheidung des BGH zum Filesharing:
Anschlussinhaber müssen ihre volljährigen
Familienmitglieder nicht belehren






Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29
50672 Köln
Fon: 0221 40067550
Fax: 0221 40067552
E-Mail: info@wbs-law.de
Web: www.wbs-law.de

_ __ _ __ _ __ _ __ _ __ _



Soeben hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung zur Haftung des Anschlussinhabers
für volljährige Familienmitglieder in Sachen Filesharing gefällt. Der BGH ist der Ansicht,
dass  
"der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen
Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den
Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht."


Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE vertritt
selbst tausende Filesharer und ist der Meinung:
"Diese BGH Entscheidung kann durchaus als Grundsatzurteil angesehen werden."

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass der Anschlussinhaber den
Familienmitgliedern aus Gründen der familiären Verbundenheit den Anschluss überlässt und
Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind:

"Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die
Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen
Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder
überwachen zu müssen;..."

Anders sieht es aus, wenn das volljährige Familienmitglied den Internetanschluss für
Rechtsverletzungen missbraucht und der Anschlussinhaber davon Kenntnis erlangt, etwa durch
eine Abmahnung. In diesem Fall muss der Anschlussinhaber erforderliche Maßnahmen zur
Unterbindung weiterer Rechtsverletzungen treffen.




Bild

RA Christian Solmecke:

"Die Entscheidung des BGH ist gut und richtig. Schade ist jedoch, dass der BGH in diesem
Zusammenhang nicht auf die komplizierten Fragen der Beweisführung in den
Filesharing-Verfahren eingeht. Diese sind hoch umstritten und bedürften einer eindeutigen
Rechtsprechung. Möglicherweise wird der Volltext der Entscheidung des BGH mehr Aufschluss
zu den Beweisfragen geben. Offen bleibt auch, ob eine ähnliche Bewertung auch bei der
Haftung des Anschlussinhabers für WG-Mitglieder gelten kann. Einige Gerichte haben bereits
angenommen, dass auch in diesem Fall eine Haftung ausscheidet. (Beispiel: LG Köln (Urteil
vom 14.03.2013, Az.: 14 O 320/12): Gegenüber seinen Untermietern treffen den Hauptmieter
und Anschlussinhaber ohne konkreten Anlass weder Prüfungs- und Kontrollpflichten noch
Belehrungspflichten.)

In Zukunft bleibt auch die Frage zu klären, wie der BGH die Haftungsfrage in Bezug auf die
Betreiber von Internetcafés, Hotels oder Gaststätten beantwortet. Auch hier besteht
weiterhin ein erheblicher Klärungsbedarf.

Heute ist ohne Zweifel eine sehr wichtige Entscheidung im Filesharing ergangen. Es besteht
jedoch weiterhin eine große Rechtsunsicherheit, die sich zu Lasten der Industrie und
Geschäftsinhaber auswirkt. Sehr positiv ist, dass der BGH seine Entscheidung auf alle
volljährigen Familienmitglieder bezieht, sodass nun eine Rechtssicherheit bezüglich der
Haftung für Ehegatten besteht."


Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs gibt es hier: Pressemitteilung

____________________________

Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke


Link:

http://www.wbs-law.de/abmahnung-filesha ... ren-49593/

_________________________________________________

muensteraner
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9127 Beitrag von muensteraner » Mittwoch 8. Januar 2014, 18:18

MP3-Konvertierungsdienst erwirkt Verfügung gegen Musikindustrie

Derzeit läuft es wirklich nicht gut für die Musikindustrie :-)

EndlessNameless
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9128 Beitrag von EndlessNameless » Mittwoch 8. Januar 2014, 21:22

Kann nochmal jemand erklären was das heutige Urteil bezüglich volljähriger Familienmitgliedern nun bedeutet? Angenommen der Anschlussinhaber hat die Tat nicht begangen, sondern ein volljähriges Familienmitglied, müsste dann nicht diesen Familienmitglied die Kosten tragen, bzw gehen die Abmahnanwälte dann nicht gegen dieses Familienmitglied vor?

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9129 Beitrag von Steffen » Mittwoch 8. Januar 2014, 22:01

Solange ein Täter namentlich benannt wird, kann der AI raus'sein. Man hält sich dann an den namentlich Benannten, denn er steht ja als Täter fest.

Wenn man aber (hier ist aber der Gesamtfall wichtig) seine Prüfpflichten als AI nachkommt und es weitere mögliche und nachvollziehbare Geschehensabläufe gibt - weitere Internetbenutzer, die als Täter infrage kämen - dann ist die Haftung des AI ausgeschlossen.

Und ohne Kenntnis einer P2P-Verletzung, muss man eben einen Volljährigen im Familienverbund nicht Ansatzlos überwachen.

Natürlich muss man jetzt den Volltext abwarten.

VG Steffen

kricke
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9130 Beitrag von kricke » Mittwoch 8. Januar 2014, 22:40

EndlessNameless hat geschrieben:Kann nochmal jemand erklären was das heutige Urteil bezüglich volljähriger Familienmitgliedern nun bedeutet? Angenommen der Anschlussinhaber hat die Tat nicht begangen, sondern ein volljähriges Familienmitglied, müsste dann nicht diesen Familienmitglied die Kosten tragen, bzw gehen die Abmahnanwälte dann nicht gegen dieses Familienmitglied vor?
Nur müssen sie es diesem erst mal beweisen.

Und wie soll das gehen ?
Er müßte das ja zugeben.
Wenn ich das richtig verstehe, reicht jetzt schon die Möglichkeit aus , das ein Familienmitglied die Tat begangen hat.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9131 Beitrag von Steffen » Donnerstag 9. Januar 2014, 04:37

Sicherlich sind hier einmal der betroffene AI und andermal sein Anwalt gefragt. Hier muss eben von Klageerwiderung (oder von Abmahnung) ein qualitativ guter Vortrag erfolgen. Nur hinstellen auf das BGH verweisen und sagen: Ich war es nicht, mein volljähriger Sohn - reicht eben nicht!

Das wie ist auch nicht Aufgabe eines Forums.

VG Steffen

Hoffnung
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9132 Beitrag von Hoffnung » Donnerstag 9. Januar 2014, 09:06

alles soweit richtg Herr Heintsch, aber ich frage jetzt mal so :

Die Abmahnanwälte haben ja auch erstmal keine Ahnung von dem "Einzelfall" darum soll man ja auch auf gar keinen Fall vorab etwas zur Sache sagen. WEnn ich mir nun die letzten Urteile wie

- verminderte Streitwerte
- kein fliegernder Gerichtsstand
- kein Haftung bei minderjährigen, volljährigen, Ehegatten (gemäß Prüfungspflicht usw....)
- keine Haftung bei nachweislicher Abwesenheit ( BGH "Sommer unseres Lebens")

Ab wann lohnt es sich denn jetzt überhaupt noch zu Klagen, wenn ich keine Ahnung von dem EInzelfall habe und ich schätze mal fast 50 % der abgemahnten unter einer dieser Konstellation fallen ? Ist das Risiko der Rechteinhaber in den letzten 1,5 Jahren nicht auch beträchtlich gestiegen eine Niederlage zu erleiden ? Bisher war das Risiko wohl eher auf unserer Seite, ich meine es hat sich ein wenig gedreht oder ?

Dreizack
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9133 Beitrag von Dreizack » Donnerstag 9. Januar 2014, 10:00

EndlessNameless hat geschrieben:Kann nochmal jemand erklären was das heutige Urteil bezüglich volljähriger Familienmitgliedern nun bedeutet?
Ich würde sagen: Alles! Mein Glauben an die Gerichte und an den Rechtsstaat ist teilweise wiederhergestellt und in diesem Land gibt es Hoffnung, dass die Vernunft obsiegt. Nach dem Urteil scheint zwischen dem Bundegerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht im Park und am Platz der Grundrechte die Sonne und im Karlsruher Zoo knutschen sich die Eisbären.
http://www.ki-werkstatt.com/Postkarte_E ... Karlsruhe/

Zunächst ist es nur ein Puzzlestück unter den vielen Gesetzesparagrafen, Urteilen und Beschlüssen. Wir haben gelernt, dass jeder Fall anders zu beurteilen ist und dass ein Urteil nicht den ganzen Abmahnwahn stoppen kann. Allerdings bedeutet dieses Urteil nach dem Wegfall des "fliegenden Gerichtsstands" ein weiterer fester Pflock, der das grenzenlose Ausufern der "Störerhaftung" in Filesharing-Prozessen verhindert. So haben Anschlussinhaber - solange sie nicht alleinstehend sind - bessere Chancen die schwachen aber dennoch vorhandenen Hinweise auf eine illegale Nutzung des Anschlusses auszuweichen. Wie oft hat Steffen hier in den letzten Jahren geschrieben? - Mach es euch nicht zu einfach. Die Störerhaftung fängt euch alle! Nun ist es etwas einfacher geworden.

In der mundlichen Verhandlung wurde erfrischend wenig über Paragrafen gestritten. Vielmehr wurde darüber diskutiert, was einem AI zumutbar ist. In der Presserklärung wird auf das "besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familenangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen" hingewiesen. Das sind schöne Sätze des Richters, die die Menschen nicht außer Acht lassen.

Gestern war der 8. Januar 2014. Verhandelt wurde ein Fall aus dem Jahr 2006: Bearshare, 3.749 Musikdateien, mit Befragung damals durch die Polizei. Die Abmahnung war ein Museumsstück, aber das Urteil hat heutige Relevanz.

Im Übrigen stimme ich Steffens vorsichtigen Wortern und Hoffnungs Einschätzung der neuen Bilanz zu.

lycander
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9134 Beitrag von lycander » Donnerstag 9. Januar 2014, 10:58

Hallo,
wie ist das denn wenn ein Vergleich ausgehandelt wird.
Was bekommt man als Abgemahnter? Gibts da einen Bescheid u.a. vom Gericht?
Was darf, muß in der kostenaufstellung des Abmahners vorhanden sein?
Welche Zahlungsziele gelten?

EndlessNameless
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9135 Beitrag von EndlessNameless » Donnerstag 9. Januar 2014, 17:16

Hoffnung hat geschrieben:
Die Abmahnanwälte haben ja auch erstmal keine Ahnung von dem "Einzelfall" darum soll man ja auch auf gar keinen Fall vorab etwas zur Sache sagen. WEnn ich mir nun die letzten Urteile wie

- verminderte Streitwerte
- kein fliegernder Gerichtsstand
- kein Haftung bei minderjährigen, volljährigen, Ehegatten (gemäß Prüfungspflicht usw....)
- keine Haftung bei nachweislicher Abwesenheit ( BGH "Sommer unseres Lebens")

Ab wann lohnt es sich denn jetzt überhaupt noch zu Klagen, wenn ich keine Ahnung von dem EInzelfall habe und ich schätze mal fast 50 % der abgemahnten unter einer dieser Konstellation fallen ? Ist das Risiko der Rechteinhaber in den letzten 1,5 Jahren nicht auch beträchtlich gestiegen eine Niederlage zu erleiden ? Bisher war das Risiko wohl eher auf unserer Seite, ich meine es hat sich ein wenig gedreht oder ?
Sehe ich genauso. Wenn ich das BGH Urteil also jetzt richtig verstanden habe dürfte doch die wahrscheinlichkeit das die Abmahner die Forderungen gegen AI´s bei denen mehr als ein Volljähriges Familienmitglied Zugriff aufs Internet hat (zumindest bei der ersten Abmahnung) ziemlich gering sein, oder übersehe ich hier etwas entscheidendes?
Und die Zahl auf die das zutrifft dürfte nicht gerade gering sein.

Sollte man dann nicht auch wieder mehr dazu übergehen zu sagen: Wer Geld von mir will muss mich verklagen (und erstmal gewinnen), anstatt sich sofort zu vergleichen und den Abmahnern so das Geld hinterherzuwerfen?

muensteraner
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9136 Beitrag von muensteraner » Donnerstag 9. Januar 2014, 17:39

lycander hat geschrieben:Hallo,
wie ist das denn wenn ein Vergleich ausgehandelt wird.
Was bekommt man als Abgemahnter? Gibts da einen Bescheid u.a. vom Gericht?
Was darf, muß in der kostenaufstellung des Abmahners vorhanden sein?
Welche Zahlungsziele gelten?
wenn du mit deinem Abmahner einen Vergleich aushandelst hat das Gericht nichts damit zu tun. Die Zahlungsziele und Zahlungsweise sind auch reine Verhandlungssache.

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9137 Beitrag von Steffen » Donnerstag 9. Januar 2014, 18:07

Matthias Lederer:
Wo ist der Schaden durch Filesharing?



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Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Univ. Matthias Lederer

Rechtsanwälte Dr. Altersberger und Kollegen
Fürstendamm 7
85354 Freising
Telefon: 08161 - 486 90
Telefax: 08161 - 923 42
E-Mail: info@rae-altersberger.de
Internet: internetrecht-freising.de


................................


Die seit Jahren mit Abmahnungen verfolgten Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen
basieren im Wesentlichen darauf, dass die jeweiligen Rechteinhaber als Wirkung von
Filesharing einen Schadenseintritt annehmen. So ist es nicht unüblich, dass die
einleitende Passage einer Abmahnung - gleich welche Kanzlei mit der Rechtsverfolgung
beauftragt ist - auf die angeblich massiven Schäden durch Filesharing hinweist. Vor allem
in Klageverfahren wird dies dann oft durch Verkaufsrückgänge zu belegen versucht: weil
zahlreiche Nutzer die betreffenden Werke in einer Tauschbörse beziehen anstatt diese zu
kaufen, sei ein umfangreicher Schaden für die Industrie und letztlich die Volkswirtschaft,
z.B. auch die Gefährdung von Arbeitsplätzen, entstanden.

Dieser Ansatz ist zweifelhaft. Bei genauerer Befassung mit dem Thema wird schnell
offensichtlich, dass dieser Ausgangspunkt für den Ausspruch von urheberrechtlichen
Abmahnungen an sich nur ein theoretisches Konstrukt ist und die Annahme eines Schadens
aufgrund von Filesharing wohl eher nicht der Realität entspricht, sondern andere Ursachen
hat (bzw. haben muss).

Grundsätzlich: wer ein Werk ohne Berechtigung (das heißt, ohne Erlaubnis des
Rechteinhabers) in einer Tauschbörse zur Verfügung stellt, handelt rechtswidrig. Denn er
macht das Werk unerlaubt öffentlich zugänglich, vgl. § 19a UrhG. Aus einer solchen
Rechtsverletzung folgen nach § 97 Abs. 2 UrhG auch Ansprüche auf Schadenersatz. Das
bedeutet: dem Grunde nach entsteht ein Anspruch auf Schadenersatz, fraglich ist allein, in
welcher Höhe, welchem Umfang der Anspruch zusteht. Insoweit ist zwischen dem
haftungsbegründenden und dem haftungsausfüllenden Tatbestand zu unterscheiden.

Für die Bemessung des Schadenersatzes stellt das Gesetz nach § 97 Abs. 2 UrhG drei
Möglichkeiten zur Verfügung: es kann auf den konkret entstandenen Schaden abgestellt
werden, es kann der Verletzergewinn berücksichtigt werden oder es kann der Schaden nach
der Lizenzanalogie berechnet werden. Für die nachfolgenden Überlegungen ist die Berechnung
des Verletzergewinns ohne Belang, es soll ausschließlich um den konkreten Schaden bzw. den
fiktiven Lizenzschaden gehen.

Üblicherweise wird bei urheberrechtlichen Abmahnungen der Schaden nicht konkret ermittelt.
Dies hat, so das meistens gebrachte Argument, vor allem den Grund, dass ein konkreter
Schaden schon aus technischen Gründen nicht ermittelt werden könne. Denn dazu müsste die
exakte Zahl der Rechtsverletzungen bekannt sein, es müsste bekannt sein, inwiefern
aufgrund dieser Rechtsverletzungen tatsächlich kein Kauf des betreffenden Werkes erfolgt
ist.

Meiner Auffassung nach hat die Ablehnung der Berechnung eines konkreten Schadens einen
anderen Grund: es gibt keinen Schaden durch Filesharing.

Tatsächlich gehe ich davon aus, dass die Nutzung von Tauschbörsen keinerlei, jedenfalls
keine messbaren, Schäden herbeiführt.

Verschiedene Studien haben bereits gezeigt, dass die Nutzung von Tauschbörsen nicht dazu
führt, dass weniger der betroffenen Werke gekauft werden. Im Gegenteil ist, gerade bei
"fleißigen" Tauschbörsennutzern, ein Anstieg des Konsums feststellbar.

Dies wird zum Beispiel gestützt durch eine Studie der EU-Kommission, die unter dem Titel
"Digital Music Consumption on the Internet: EvidencefromClickstream Data" durch das
Institute forProspective Technological Studies erhoben wurde.

Nach der vorgenannten Studie, basierend auf den Klickdaten von 16.000 Nutzern, lässt sich
festhalten, dass Filesharing keine digitalen Einkäufe ersetzt. Grundlage der Studie sind
dabei statistische Zusammenhänge zwischen den Klicks auf legale und denen auf illegale
Angebote. Dabei kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Filesharing nicht zu
Umsatzeinbrüchen führt, sondern im Gegenteil die Probanden die überwiegende Mehrheit der
Musik nicht legal gekauft hätten, wenn sie diese vorher nicht "illegal" herunterladen (und
"Probehören") hätten können.

Dieses Ergebnis wird von weiteren Studien gestützt.

So gelangt eine Studie der American Assembly-Stiftung, die unter dem Titel "Copy Culture
in the USA and Germany" erhoben wurde, zu dem Ergebnis, dass Filesharer bis zu 3-mal mehr
Musik kaufen als Personen, die der Internetwelt keine Musiktitel kostenfrei zur Verfügung
stellen.

Eine weitere Studie, an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Copenhagen
Business School unter dem Titel "Piracyand Movie Revenues: Evidencefrom Megaupload: A Tale
of the Long Tail?" erhoben, hat diesen Effekt anhand der Schließung des bekannten
Filehosters "Megaupload" im Januar 2012 untersucht.Laut den Autoren der Studie seien die
Einnahmen vieler Kinofilme seit Januar 2012, dem Zeitpunkt der Schließung von Megaupload,
messbar zurückgegangen. Lediglich wenige, sehr große Blockbuster-Produktionen seien nicht
von dem Effekt betroffen gewesen. 1.344 Filme in 49 Ländern wurden über einen Zeitraum von
fünf Jahren beobachtet. Die Studie unterstütze damit die Theorie, dass "Filesharing als
Mechanismus wirkt, der Informationen über eine Ware von Konsumenten mit niedriger
Zahlungsbereitschaft an Konsumenten mit hoher Zahlungsbereitschaft weitergibt."

Einen ähnlichen Effekt konnte auch der Wirtschaftsprofessor Robert Hammond von der North
Carolina State University mit seiner unter dem Titel "Profit Leak? Pre-Release File
Sharing and the Music Industry" erhobenenStudieermitteln. Dieser stellte fest, dass es
sich positiv auf die Absatzzahlen auswirken kann, wenn bereits vor der Veröffentlichung
"geleakte" Musikalben als illegale Downloads im Netz verfügbar waren.

Ich gehe vor diesem Hintergrund davon aus, dass ein Schaden aufgrund der Nutzung von
Tauschbörsen nicht entsteht, im Gegenteil: nach den genannten Studien liegt nahe, dass
Filesharing sogar einen gegenteiligen Effekt hat (und dementsprechend Verkaufsrückgänge
einen anderen Grund haben müssen, der aber an dieser Stelle nicht genauer dargestellt
werden soll).

Wenn ein konkreter Schaden nicht entsteht, so ist verständlich, dass der Schadensumfang
nicht hiernach berechnet wird bzw. berechnet werden kann. Darüber hilft nun die sog.
Lizenzanalogie hinweg: Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages
berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen,
wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.

Mit anderen Worten: unabhängig davon, ob überhaupt ein Schaden vorliegt, wird so getan,
als bestünde dieser Schaden in dem durch die nicht erteilte Lizenz entgangenen Gewinn für
die Erteilung der Lizenz.

Historisch betrachtet geht diese Methode der Schadensberechnung schon auf das
Reichsgericht zurück und ist in bestimmten Konstellationen durchaus sinnvoll. Ich hingegen
gehe davon aus, dass die Berechnung eines Schadens nach der Lizenzanalogie bei
Filesharing-Fällen unangemessen ist und auch von der Rechtsprechung abgelehnt werden
sollte.

Nach meiner Auffassung handelt es sich bei den verschiedenen Methoden der
Schadensberechnung nicht um eigenständige Berechnungsmethoden, sondern gerade soweit es um
die Lizenzanalogie geht lediglich um eine Bezifferungserleichterung. Mit anderen Worten:
bei § 97 Abs. 2 sind immer Satz 1 und Satz 3 der Vorschrift gemeinsam zu lesen, sprich
auch nach der Lizenzanalogie darf ein Schaden nur dann angenommen und ersetzt werden, wenn
konkret ein solcher vorliegt. Nur wenn Filesharing tatsächlich zu messbaren Schäden führt,
dann darf zur Erleichterung der Schadensberechnung auf die fiktive Lizenz abgestellt
werden.

Im Ergebnis würde dies dazu führen, dass spätestens im Prozess der Rechteinhaber
nachweisen müsste, dass Filesharing tatsächlich zu einem Schaden führt (was ich aufgrund
der genannten Studien zumindest für zweifelhaft halte). Nur wenn dies gelingt, kann der
Schadensumfang anschließend durch die fiktive Lizenz bestimmt werden.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass diese von mir vertretene Auffassung in der
Rechtsprechung überwiegend abgelehnt wird. Der BGH hat mehrfach entschieden, dass die drei
Methoden der Schadensberechnung nicht miteinander vermischt werden dürfen und jeweils
eigenständige Schadensberechnungen sind bzw. ermöglichen. Im Ergebnis bedeutet das, dass
es völlig egal ist, ob Filesharing tatsächlich zu einem Schaden führt: es wird einfach so
getan, als ob, und der Rechteinhaber kann sich bei Obsiegen im Prozess über einen
Schadenersatz freuen, der ihm rein tatsächlich wohl gar nicht zusteht.

Allerdings: nach meiner Auffassung ist auch dieses von der Rechtsprechung befürwortete
Ergebnis zu kurz gedacht. Dies ergibt sich direkt aus der gesetzlichen Regelung zur
Lizenzanalogie. Denn hiernach ist ja gerade darauf abzustellen, was die Parteien (also
Rechteinhaber und Rechtsverletzer) vereinbart hätten, wäre es zu einer Erteilung der
Lizenz gekommen.

Genau an dieser Stelle habe ich nun meine Zweifel: hätten verständige Parteien wirklich
Lizenzsummen in Höhe mehrerer hundert bis weit über tausend Euro vereinbart, wenn sie zum
einen gewusst hätten, dass durch Filesharing kein Schaden entsteht? Hätten die Parteien
nicht berücksichtigt, dass wenn Filesharing eine Rechtsverletzung darstellt, der
Rechteinhaber auch gegen alle anderen Rechtsverletzer vorgeht (bzw. vorgehen kann),
dementsprechend er auch mit jedem anderen Rechtsverletzer eine fiktive Lizenzvereinbarung
getroffen hätte?

Hierzu ein ganz einfaches Beispiel, in dem zur Vereinfachung von einem abgeschlossenen
Nutzerkreis in einer Tauschbörsensituation ausgegangen wird (was auch der Realität
entspricht, da nun einmal die Anzahl der maximal möglichen Nutzer in einer Tauschbörse
begrenzt ist): gehen wir davon aus, dass 100 Personen in einer Tauschbörse eine bestimmtes
Filmwerk untereinander tauschen. Jeder Nutzer stellt jedem anderen Nutzer Teile des
Filmwerks zur Verfügung und bezieht weitere Teile zugleich von wieder anderen Nutzern. Wir
nehmen jetzt an, dass wenn es diese Möglichkeit nicht geben würde, sämtliche Nutzer das
Werk kaufen würden und gehen dabei von einem Verkaufspreis von 10,00 Euro aus. Dann hätte
der Rechteinhaber insgesamt Einnahmen in Höhe von 1.000,00 Euro erzielen können.
Demgegenüber billigen die Gerichte im Rahmen der Lizenzanalogie ohne weiteres einen
Lizenzschaden in Höhe von z.B. 450,00 Euro zu, so z.B. wiederholt das Amtsgericht München.
Verfolgt der Rechteinhaber nun alle Nutzer der Tauschbörse - woran ihm ja gelegen sein
müsste, schließlich will er die illegale Verbreitung seines Werkes verhindern um Schäden
zu vermeiden - so käme er im Ergebnis auf "Einnahmen" in Höhe von 45.000,00 Euro. Das
entspricht einer Überkompensation von 44.000,00 Euro, die er im Verkauf nie hätte erzielen
können.

Dass dieses Ergebnis, insbesondere in Anbetracht der Überlegungen zu konkreten und
fiktiven Schäden, nicht richtig sein kann, bedarf an sich keiner weiteren Erläuterungen.

Da es sich bei der Berechnung des Schadens letztlich um einen dem Bereicherungsausgleich
ähnlichen Anspruch handelt (vgl. BGH, Urteil vom 06.03.1980, X ZR 49/78 - Tolbutamid),
wäre daher bei Anwendung der Lizenzanalogie zur Berechnung des Schadensumfangs nicht nur
auf das Interesse des jeweiligen Rechteinhabers, sondern auch auf die Seite des
Rechtsverletzers abzustellen. Das folgt ja gerade daraus, dass auf die fiktive
Vereinbarung zwischen den Parteien (und nicht ein einseitiges Diktat durch den
Rechteinhaber!) abgestellt werden muss, vgl. § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG.

Soweit es dann auf den vermögenswerten Vorteil, den jeder Nutzer der Tauschbörse durch die
"Verbreitung" des Werkes erlangt, geht, reduziert dieser sich letztlich auf die Ersparnis
des Kaufpreises.

Mit anderen Worten: sofern nach der Lizenzanalogie ein Schaden angenommen werden kann,
bemisst sich dieser richtigerweise auf denjenigen Betrag, der durch einen Verkauf des
Werkes als Gewinn erzielt werden hätte können. Dies sind nur Bruchteile der bislang in
allen bekannten Verfahren eingeforderten Schadenersatzbeträge.

Seit kurzem tragen wir diese Überlegungen umfangreich auch in den hier bearbeiteten
Klageerwiderungen vor - und haben dabei bereits erste Resonanzen in der Rechtsprechung
feststellen können. In einem aktuellen Verfahren vor dem AG Hamburg beispielsweise hat das
Gericht - zwar knapp, aber immerhin - die Klägerin per Verfügung darauf hingewiesen, dass
zum Vorliegen des Schadens aufgrund unserer Argumentation weiterer Vortrag notwendig ist.
Der weiteren Entwicklung sehen wir insoweit gespannt entgegen.



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Autor: Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Univ. Matthias Lederer

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lycander
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9138 Beitrag von lycander » Freitag 10. Januar 2014, 06:20

wenn du mit deinem Abmahner einen Vergleich aushandelst hat das Gericht nichts damit zu tun. Die Zahlungsziele und Zahlungsweise sind auch reine Verhandlungssache.[/quote]

Woher weiß ich dann das der Abmahner keine weiteren Kosten gelten macht?, Sollte es da nicht sowas wie ein Vertrag geben?
Was ist wenn ich die ausgehandelte Summe nicht zahlen will?

muensteraner
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Re: Deutschland - Allgemeiner Disskussions Thread

#9139 Beitrag von muensteraner » Freitag 10. Januar 2014, 07:14

lycander hat geschrieben: Woher weiß ich dann das der Abmahner keine weiteren Kosten gelten macht?, Sollte es da nicht sowas wie ein Vertrag geben?
Was ist wenn ich die ausgehandelte Summe nicht zahlen will?
soll diese Frage ein Witz sein ? Wieso willst du eine Summe aushandeln wenn du diese dann nicht zahlen möchtest ? Wenn du mit dem Abmahner einen Vegleich aushandelst musst du auch bezahlen. Andernfalls kann er das gerichtlich einklagen. Vertrag ist Vertrag. In diesem Vertrag legt man fest, dass mit der Vergleichssumme alle Forderungen abgegolten sind. Das steht übrigens alles schon vielfach im Forum.


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