Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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giand
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7201 Beitrag von giand » Donnerstag 2. Februar 2012, 14:27

es ist eine Freude so ein Urteil zu lesen.

FortyTwo
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7202 Beitrag von FortyTwo » Donnerstag 2. Februar 2012, 20:34

aganb hat geschrieben:Die Musikindustrie hat es verpasst sich in die heutige Internetwelt z.B. der P2P- oder B2B-Netze, Cloudspeichern, Blogs, Podcasts etc. einzubringen um davon zu partizipieren. Warum wollen sie nicht eigene Filesharing-Plattformen mit schneller Downloadrate aufbauen und z.B. drei Musiktitel zum Preis für zwei anbieten. Sie könnten sich so auch die teuren CD-Hüllen sowie Lagerplatz für die CDs sparen und damit die Marge erhöhen. Holt sich die Musikindustrie etwa keine Unternehmensberater zu Hilfe?

Die Musikindustrie hat zwar spät reagiert, aber es ist ja nicht so, dass Du keine Musik online kaufen kannst: Musicload, amazon, iTunes, da kannst Du einzelne Lieder oder ganze Alben bequem kaufen und sofort downloaden. Zugegeben, der Downloadpreis für ein ganzes Album ist noch zu hoch (vor allem im Vergleich mit dem gleichen Album auf CD), aber eine MP3-Single für 99 Cent ist doch ein fairer Preis.

Für die grassierende Kostenlosmentalität in den P2P-Kreisen sind aber selbst 99 Cent noch zu viel. Und da kann die Industrie auch mit keinem anderen Geschäftsmodell kommen: Kostenlos geklaut ist halt immer billiger als günstig gekauft.

FortyTwo
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7203 Beitrag von FortyTwo » Donnerstag 2. Februar 2012, 21:58

Mitleser hat geschrieben:
42 hat geschrieben:Kostenlos geklaut ist halt immer billiger als günstig gekauft.
"Turn Piracy Into Profit"* basierend auf selbst gestrickten Gesetzen ist kriminell! In meinen Augen bandenmäßiger Betrug - nur keiner rafft es...noch nicht!
Ich wiederhole mich diesbzgl. auch sehr gerne: Die wahren Verbrecher sind NICHT die Leute, die Nullen und Einsen privatkopieren! Und erst recht nicht irgendwelche ANSCHLUßINHABER!
Moment, ich bin wahrlich kein Befürworter der "Turn Priracy Into Profit"-Idee, ABER ich wehre mich gegen die Verharmlosung des privaten (aber dennoch illegalen) P2P von urheberrechtlich geschützen Werken. Ich sage auch nicht, dass ALLE Anschlussinahber "Verbrecher" sind, aber unschuldig sind die meisten aber auch nicht.
Mitleser hat geschrieben:
42 hat geschrieben:aber eine MP3-Single für 99 Cent ist doch ein fairer Preis.
Nicht nach dem betriebswirtschaftlichen Prinzip "Angebot und Nachfrage"!
Dummerweise greift das betriebswirtschaftliche Prinzip bei Diebstahl nicht! Und die "ehrlichen" Käufer müssen die Verluste aus den Diebstählen mittragen.
Mitleser hat geschrieben:EIN Taschengeld muss heutzutage zwischen Musik, Kino, Playstation, Wii, Smartphone-Apps (Handy-Rechnung im Allgemeinen), DVD, Blu Ray, Sky, T-Home Entertain... und so weiter aufgeteilt werden.
Und wenn das Taschengeld (oder Gehalt) nicht auseichend ist, müssen eben andere Wege gefunden werden, den Konsumbedarf doch noch decken zu können: "Ich will das, hab aber kein Geld mehr, also klau ich mir das."
Mitleser hat geschrieben:Und jetzt wäre es schön, wenn endlich wieder zurück zum Thema "Abmahnwahn" gefunden werden würde.
Sorry, aber wir sind doch mitten im Thema, denn dieses Vorgehen ist der eigentliche Ursprung des ganzen Abmahnwahns. Anstatt immer auf den Anwälten und den Urhebern rumzuhacken, sollte man sich vielleicht mal zuerst an die eigene Nase fassen, warum und wie es soweit kommen konnte - und mit dem illegalen Download beginnt die Geschichte nunmal.
Mitleser hat geschrieben:Wir wissen hier übrigens alle, daß wir ANSCHLUßINHABER ganz üble Verbrecher sind! Erzähl' 'mal 'was Neues...bitte! :lol: .
Hab ich nie behauptet!

FortyTwo
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7204 Beitrag von FortyTwo » Donnerstag 2. Februar 2012, 22:41

Mitleser hat geschrieben: [blink2]-->[/blink2] heise-online: "Schwierige Gegenwehr"
"Was die Staatsanwaltschaft Köln dem Gericht mitteilte, wirft ein völlig neues Licht auf die angeblich so beweissichere Datenerhebung. Bei einigen Verfahren habe „die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen deutlich über 50 Prozent aller angezeigten Fälle gelegen, bei einem besonders eklatanten Anzeigenbeispiel habe die Fehlerquote sogar über 90 Prozent betragen.“"
* 50% - 90% FEHLERQUOTE! Ich würde diesbzgl. 'mal die persönliche Meinung überdenken und an die Faktenlage anpassen!
Vorsicht! "Nicht zuzuordnende IP-Adressen von deutlich über 50%" bedeutet NICHT, dass 50% FEHLERHAFT zugeordnet wurden. Vielleicht sollte man zuerst einmal hinterfragen WARUM so viele IPs nicht aufgelöst werden konnten, bevor man vorschnell von Fehlern spricht.

Der Schluss, dass 50% nicht zuzuordnende IP-Adressen gleich bedeutet, dass 50%-90% fehlerhaft zugeordnet wurden ist mathematisch und inhaltlich völliger z.,z,, .


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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7206 Beitrag von aganb » Freitag 3. Februar 2012, 19:33

Mitleser hat geschrieben: Und wer schon mehr als einen Beitrag von mir gelesen haben sollte...
ich hab schon einige Beiträge von Dir gelesen. Allerdings bestimmt nicht alle. Ich befasse mich mit dem Thema erst seit ca. einem Jahr und kann nicht alles nochmal nachlesen was Du in den Jahren davor geschrieben hast. Deshalb war für mich die Diskussion sehr hilfreich um zu sehen wo ich wissensmäßig stehe. Danke an alle die hier noch einmal den Punkt "Ursprung des Abmahnwahns" aufgegriffen haben

Eine Frage hätte ich zu diesem Beitrag noch:
Mitleser hat geschrieben: .. der weiß auch daß ich die Fehler im Wesentlichen beim sog. "anti-piracy-Steuerspar-Briefkasten" sehe...
was meinst Du denn mit "anti-piracy-Steuerspar-Briefkasten"?

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7207 Beitrag von mik_schreiber » Samstag 4. Februar 2012, 10:32

Bzgl. der Loggerbuden habe ich auch eine Frage. Ich erinnere mich daran dass einer mal verurteil wurde weil er bewusst Material eingestellt hat um Missbrauch zu erzeugen. (war das nicht v. Gravenreuth?)

Wenn ich mir die Karlsruher Logger Guardaley ansehe, dann tauchen da viele Ungereimtheiten auf.
Mal abgesehen davon wie von Mitleser bereits geschrieben war die Gründung eine LTD mit Briefkasten in UK.
Wenn man aber genauer schau dann sieht man "Ben Perino" als Director, "Ben Perino" ist als Schauspieler bei "Heldenkampf in Stalingrad" und die Kanzlei Fare*s mahnt für die MIG Film den Heldenk(r)ampf ab. Angeblich beauftragt Fare*s in Hamburg wieder die Guardaley.

Es scheint dass sich das Geschäftsmodell langsam nachvollziehen lässt. Ein echtes Multitalent - Schauspieler - EDV Profi - Abmahnabzocker und Steuerspar Briefkasten

Wie hängt nun Hamburg, Karlsruhe und Böblingen zusammen?

Da gibt es doch einen Rechtsanwalt der aus der schwäbischen Ecke stammt, er ist seglerisch auf einer schnellen Jolle unterwegs.
http://www.smyv.de/attachments/File/Rede_Stefan.pdf" onclick="window.open(this.href); return false;
http://bit.ly/yk7fPv" onclick="window.open(this.href); return false;
Für Guardaley unterschreibt wiederum ein Daniel Arheidt (auch als Director aufgeführt) welcher auch aus der schwäbischen Ecke kommt.

Schon schliesst sich der Kreis

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Steffen
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7208 Beitrag von Steffen » Samstag 4. Februar 2012, 12:38

[quoteemmik_schreiber]Es scheint dass sich das Geschäftsmodell langsam nachvollziehen lässt. Ein echtes Multitalent - Schauspieler - EDV Profi - Abmahnabzocker und Steuerspar Briefkasten
Wie hängt nun Hamburg, Karlsruhe und Böblingen zusammen?[/quoteem]

Mal Hand hoch, ob nur eine Klage abgewiesen wurde betreffs S&P in Hamburg wegen der Ermittlung durch Guardaley? Man muss einfach sehen, die Entscheidung des LG Berlin, auf die Baxter als Anlage im US-amerikanischen Prozess hinwies, bezog sich nur auf BB und einer Äußerung zur Ermittlung.

Wo sind denn die ganzen Strafanzeigen, Einsätze der Steuer-GSG10 oder negativen Feststellungsklage die offen propagiert wurden?

Ich kenne keine! Ihr? Das ist alles Murks. Es ist doch dieselbe Situation wie damals bei Dr. K. Eine unbedachte Äußerung wurde aufgedeckt; Problem wurde behoben; aus die Maus; LG Berlin = Einzelfallentscheidung, - nicht - auf andere Fälle bzw. Auftraggeber anwendbar. Den Einzigen, den es noch interessiert, den Argument- und Zeugenlosen Abgemahnten.


VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7209 Beitrag von Waldschrat » Sonntag 5. Februar 2012, 08:25

Mistreaded hat geschrieben:Und wie auch schon gesagt, was hat die Loggerbude zu dem Zeitpunkt?

Mistreaded
die Behauptung, eine bestimmte IP Adresse im Zusammenhang mit Datentausch gesehen zu haben....
wie ein Anlieger, der baehauptet, das Auto mit der Nummer XX-YY 999 sei zu schnell gefahren und habe ihm den Schlaf geraubt. Wie er das festgestellt hat.... es wird behauptet mit exakten, 100 % sicheren Methoden

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7210 Beitrag von Steffen » Sonntag 5. Februar 2012, 17:27

(K)Ein Grund zur Belobigung des Amtsgerichts München


Sonntag, den 05.02.2012



Bild
Rechtsanwalt und Notar Volker Küpperbusch
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht


Kanzlei Dr. Stracke, Bielefeld
Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen
Rechtsanwälte und Notare

Marktstr. 7
33602 Bielefeld
Telefon: 0521/966-57-22
Telefax: 0521/966-5766
E-Mail: kuepperbusch@ra-stracke.de
Internet: Kanzlei Dr. Stracke, Bielefeld


__________________________________________________



Stellungnahme zum Artikel "Differenzieren und argumentieren lernen heißt
siegen lernen" und "Überraschende Tauschbörse von Argumenten"




I. Zur Überschrift

Schon die Überschrift der erweiterten Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Petring wirft erste Fragen auf. Der erste Artikel
beschäftigte sich mit einer Verhandlung vor dem Amtsgericht München, welche in einem Vergleich endete, dessen tatsächlicher
Inhalt nicht mitgeteilt sondern skizziert wird.

Ob dieser Vergleich ein Sieg oder eine Niederlage in wirtschaftlicher Hinsicht darstellt, insbesondere wenn man die Kosten
des eigenen Anwalts und die Reisekosten mitrechnet (es soll Kostenaufhebung vereinbart worden sein, jeder trägt also seine
Kosten selbst) bleibt offen.

Ein Vergleich jedenfalls ist grundsätzlich kein Sieg, sondern eine Vereinbarung, die zumindest teilweise auch eine Niederlage
darstellt.



II. Zur Verhandlungsführung des Amtsgericht München

Der Schreiber dieser Zeilen nimmt für sich in Anspruch, eine Vielzahl von Prozessen geführt zu haben, die sich sowohl mit
zivilrechtlichen Fragestellungen als auch mit urheberrechtlichen Fragestellungen befassten. Unter Anderem im letzten Jahr
Verhandlungen vor dem Landgericht Hamburg und dem Landgericht Berlin, die nicht in Vergleichen, sondern in klageabweisenden
Urteilen endeten.

In sämtlichen Prozessen waren die Richter selbstverständlich bereit, sich Argumente anzuhören. Dies ist keine Besonderheit,
sondern richterliche Pflicht und in einem Rechtsstaat zu erwarten. Nicht umsonst gibt es den Grundsatz rechtlichen Gehörs.

Die Tatsache, dass es im Hinblick auf das Amtsgericht München besonderer Erwähnung bedarf, dass dies dort auch so gehalten
wird, ist bereits bedenklich und zeigt ein gewisses Misstrauen in die dortige Rechtsprechung.

Es gab vor dem Bericht des Rechtsanwalts Dr. Petring mehrere Anlässe, die einen auch objektiven Anlass gaben, eine gewisse
Tendenz des Amtsgerichts München im Bereich Filesharingfälle festzustellen.

Dazu zählt insbesondere die Pressemitteilung des Amtsgerichts selbst, in welcher sich eine ausweislich des Urteils des BGH
vom 12.05.2010 "Sommer unseres Lebens" rechtlich völlig an der Sache vorbeigehende Vermischung von Täter- und Störerhaftung fand.
Link: http://www.justiz.bayern.de/gericht/ag/" onclick="window.open(this.href); return false; ... /index.php

Dort fand sich folgende erstaunliche Erkenntnis:
"Hatte er (der Anschlussinhaber) seinen Internetzugang nicht ausreichend gesichert, entsprach der Schutz zum Zeitpunkt der
Einrichtung auch nicht dem Stand der Technik, kann er auch auf Schadenersatz verklagt werden. Dieser bemisst sich im Regelfall
nach der ansonsten angefallenen Lizenzgebühr."

Dies ist falsch, zeigt aber die Tendenz des Amtsgerichts München in Urhebersachen eindrucksvoll auf. Natürlich kann er verklagt
werden. An sich schuldet der Störer aber gerade keinen Schadensersatz, die Klage wäre also zwingend abzuweisen.

Wenn Dr. Petring diesbezüglich die Worte prägt, "bange machen gilt nicht", so fragt sich, welchen Sinn solche Pressemitteilungen
eines Amtsgericht ansonsten haben sollten. Was veranlasst ein Amtsgericht zu Pressemitteilungen, deren rechtlicher Inhalt mit
dem einschlägigsten Urteil des BGH zu diesem Thema nicht in Übereinstimmung zu bringen ist? Eine aus meiner Sicht interessante
und völlig offene Frage.

Dr. Petring schließt zu diesem Thema selbst wie folgt:
"Schließlich verlangt eine differenzierte Betrachtung des Themas "Tauschbörsen vor Gericht" auch eine Differenzierung hinsichtlich
der jeweils geltend gemachten unterschiedlichen urheberrechtlichen Ansprüche: Wer vielleicht urheberrechtlich Unterlassung einer
zukünftigen öffentlichen Zugänglichmachung oder - davon zu unterscheiden - der zurechenbaren Ermöglichung  einer urheberrechtwidrigen
öffentlichen Zugänglichmachung durch Dritte - beanspruchen kann, dem steht dennoch keineswegs in jedem Fall der zusätzlich geltend
gemachte Anspruch auf Erstattung vermeintlich entstandener Rechtsanwaltskosten zu (oder in der verlangten Höhe zu). Und der kann
schon gar nicht in jedem Fall verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche (zumal in unangemessener Höhe) durchsetzen. Die
Abmahnungslobby vermischt in dem Zusammenhang gerne Täter- und Störerhaftung. Auch hier heißt es manches Mal: Differenzieren und
argumentieren lernen heißt siegen lernen."

Vor allen Gerichten in Deutschland ist zu verzeichnen, dass man sich zunehmend differenziert mit den Fragen nach berechtigten
Ansprüchen, Streitwerthöhen und der Frage nach Störer oder Täter einer Handlung auseinandersetzt. In München dagegen wird sogar
eine Pressemeldung verbreitet, die ausschließlich zu rechtlicher Verunsicherung betroffener Verbraucher führt und die Tendenz
zeigt, Störer- und Täterhaftung als gleich anzusehen.

Es ist also richtig, dass eine differenzierende Betrachtung vonnöten ist. Inwieweit man allerdings außerhalb von Vergleichsgesprächen
tatsächlich Gehör findet und welche Tendenz dem Grundsatz nach durch das Gericht gewählt wird, erscheint angesichts der Pressemeldung
in München und dortiger Verhandlungen zweifelhaft.

Insofern erscheint höchst fraglich, ob nicht die von Dr. Petring als so angenehm beschriebene Verhandlung tatsächlich der wirkliche
Einzelfall ist und teilweise darin begründet liegt, dass letztlich der Vergleich geschlossen wurde.

Interessant wird die Verhandlung in München vor allem, wenn ein Vergleichsschluss abgelehnt wird.

In zeitlicher Nähe zur beschriebenen Verhandlung habe ich eine völlig andere Erfahrung der Verhandlungsführung gemacht, wobei ich
nicht nur das eigene Verfahren geführt, sondern auch weitere 4 Verfahren als Zuschauer erleben konnte.

Hier bestätigte sich zwar, dass unterschiedlicher Vortrag zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Gleichsam bestätigte sich
die eher kritische Berichterstattung Dritter über Verfahren vor dem Amtsgericht München.

Innerhalb von Vergleichsgesprächen wurde stets - ausnahmslos - davon ausgegangen, dass die "Kostenerstattung" sowieso geschuldet
sei. Dabei wurden Argumente "ausgetauscht" bzw. vom Gericht eingeführt, die teilweise gleichen rechtlichen Gehalt wie die Presse-
mitteilung hatten. Ansonsten ging es stets fast nur noch um die Frage, wie hoch Schadensersatz zu zahlen sein wird.

Unangenehm wird die Sache dann, wenn sich ein Beklagter traut, den Vorschlag zur Zahlung abzulehnen. In diesem Fall versteht das
Gericht sich auch in der Ausschöpfung der "Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung", indem etwa 700 km entfernt wohnende Beklagte
persönlich geladen werden und gleichzeitig festzulegen, dass eine Vertretung nicht erfolgen können - man möge bitte zwingend selbst
erscheinen. Im konkreten Fall haben einige weitere Punkte der Verfügung und Äußerungen des Richters Anlass gegeben, den zuständigen
Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Dieser Antrag (der zweite in meiner ganzen beruflichen Laufbahn, in Urhebersachen
der erste) ist vom Amtsgericht München zurückgewiesen worden. Um ein kostenmäßig völlig unverhältnismäßiges Ausufern des Verfahrens
zu verhindern, wurde letztlich auch hier ein Vergleich geschlossen.

Diese Tendenz galt für alle Verfahren, denen ich auch als Zuschauer beiwohnen durfte. Bei allen Verfahren wurde ein Teil Schadensersatz
mit vereinbart, obwohl aus objektiver Sicht unter Berücksichtigung des Ausschlusses von Schadensersatz bei reiner Störerhaftung wohl
einige Male keiner geschuldet gewesen wäre. Unter Anderem einmal mit dem "Argument": "Dann war's eben der Ehepartner" - wohl kaum
rechtlich wirklich haltbar.

Hierzu stellt Rechtsanwalt Dr. Petring folgendes fest:
"Trotz der nicht selten geringen Substanz in der Abmahnung verlangen die für die "Rechte-Inhaber" agierenden Rechtsanwälte regelmäßig
vom Abmahnungsempfänger nicht nur oft unmögliche und/oder unzumutbare sachverhaltliche und technische Darlegungen unter dramatisierendem
Hinweis auf eine sogenannte "sekundäre Darlegungslast"; zusätzlich möchten die Formular-Juristen auch noch gerne die Beweislast
hinsichtlich der "festgestellten" Rechtsverletzung und hinsichtlich eines vermeintlichen "Verschuldens" dem Anschlussinhaber bzw. der
Anschlussinhaberin zuweisen. Um eine Angabe bzw. Zitierung "eindeutig" anwendbarer gerichtlicher Entscheidungen (s.o.) ist man dabei
zumeist nicht verlegen. Demgegenüber hängt die gerichtlich sorgfältig abzuwägende Verteilung der Darlegungslast und der davon zu
unterscheidenden Beweislast stattdessen stets von einer Vielzahl von konkreten Umständen bzw. Indizien des jeweiligen Einzelfalls ab.
Diese sind im Rahmen des prozessualen Vortrags argumentationsstark aufzuzeigen - das ist kein Durchmarsch, weder für die Kläger-, noch
für die Beklagten-Seite."

Betrachtet man die Klagen vor dem Amtsgericht München, so ist der Klagevortrag stets nahezu identisch.

Ohne ganz umfänglichen dezidierten und bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Sachvortrag in der Klageerwiderung ist tatsächlich in
München nichts zu erreichen. Das aber ist ausschließliche Aufgabe des Beklagten. Die Klage befasst sich regelmäßig mit Allgemeinerwägungen
angeblicher Schädlichkeit von Filesharing und enthält kaum tatsächlichen Einzelvortrag. Dieser wird von Abmahnern auch nicht verlangt.
Hier reicht zunächst einmal wie innerhalb der Abmahnung die wiederholte Verwendung von Allgemeinerwägungen, kombiniert mit eingefügten
Daten des Abgemahnten und angeblichen Verstoßzeiträumen.

Auch dezidierter Vortrag dagegen, wie er vor anderen Gerichten recht schnell zur Klageabweisung führt, wenn nicht vertiefender Vortrag
der Kläger folgt (siehe Landgericht Hamburg; Landgericht München, Landgericht Stuttgart, Landgericht und OLG Frankfurt) führt vor dem
Amtsgericht München bestenfalls dazu, sich "dezidiert damit auseinander zu setzen" oder dem Beklagtenvertreter zuzuhören ("in
Vergleichsverhandlungen eine Tauschbörse an Argumenten").

Für einen Beklagtenanwalt sollte es wiederum eine Selbstverständlichkeit sein, dezidiert und umfänglich nach den Regeln anwaltlicher
Kunst vorzutragen. Wer als Abgemahnter alleine sein Heil sucht, ist in solchen Fällen verloren. Der Glaube, das Gericht werde schon
erkennen, worum es geht, verkennt, dass ein Gericht im Zivilverfahren nur berücksichtigen darf, was als Sachverhalt in den Prozess
richtig und wahrheitsgemäß eingeführt (vorgetragen) wurde. Einen Vergleich bekommt man vielleicht sogar hin, aber kaum einen günstigen
und schon gar keinen Sieg. Weder in München, noch vor anderen Gerichten.


Betrachtet man aber etwa mal genauer, welche Abmahnungen etwa der Kanzlei Waldorf aus den Jahren 2007 und 2008 betroffen sind, so führt
dies zur Erkenntnis, dass man auf Seiten des Gerichts auch noch ganz anders damit umgehen könnte, wenn man denn kritischer betrachten
wollte. So hat schon das OLG Köln (Beschluss vom 20.05.2011 (Az. 6 W 30/11)) zu solchen Abmahnungen folgende Worte gefunden:
"Insoweit ist jedenfalls von einem gewerblich tätigen und rechtlich beratenen Gläubiger zu verlangen, dass er dem Schuldner keine
Hinweise erteilt, die den Schuldner von der Anerkennung des Anspruchs abhalten können. Geschieht dies gleichwohl, kann der Gläubiger -
nach objektiven Maßstäben - aus einer unterbliebenen Reaktion des Schuldners auf die Abmahnung nicht schließen, dass eine gerichtliche
Inanspruchnahme erforderlich ist. Der Senat verkennt nicht, dass diese Einschätzung bisher - wie die Antragstellerin dargelegt hat -
in der Literatur nicht vertreten worden ist. Es lässt sich den angeführten Literaturnachweisen jedoch nicht entnehmen, dass diese sich
mit den hier gegebenen Besonderheiten auseinandergesetzt haben. Dass Privatpersonen wegen Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen
werden, kommt nämlich erst in jüngerer Zeit in einem früher kaum vorstellbaren Umfang vor."

Dies bedeutet, dass es sich bei solchen Abmahnungen um eine Tätigkeit handelt, die nicht erforderlich und notwendig zur außergerichtlichen
Rechtsdurchsetzung ist, sondern vielmehr um dazu gerade nicht geeignete Leistungen. Wenn aber weder erforderliche noch angemessene
notwendige außergerichtliche Kosten anfallen, sind diese nicht erstattungsfähig, mal abgesehen von der weiterhin offenen Frage
tatsächlicher Zahlung von Rechteinhabern an Rechtsvertreter.

(Vergleichbar auch die Entscheidung OLG Düsseldorf vom 14.11. 2011, Az. I-20 W 132/11 - unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung)

Mit solchen Argumenten etwa findet man bisher beim Amtsgericht München kein Gehör.



III. Schlussfolgerung

Im Ergebnis nach langem Kampf in einem Urteil ausnahmsweise aus der Schadensersatzhaftung herauszukommen ist eben sowenig ein Sieg wie
ein Vergleichsschluss und ganz sicher kein Beleg für die Fairness oder die Tendenz eines Gerichtes, vor allem nicht, wenn wie üblich
hoch eingeklagt wird und/oder die Kosten des Beklagten die dieser selbst zu tragen hat, den Nutzen (Senkung des Betrages durch Vergleich
oder Teilabweisung) wieder aufzehren.

Mir ist kein Fall persönlich bekannt, in dem vor dem Amtsgericht München ein Abgemahnter wirklich gewonnen und nicht nur einen Vergleich
geschlossen hätte, was aus wirtschaftlichen Gründen angesichts der ansonsten drohenden Vorgehensweise häufig Sinn macht.

Die furchtbare Folge des fliegenden Gerichtsstandes - explosionsartig anwachsenden Kosten für weit entfernt wohnende Abgemahnte - zeigt
hier ihre volle Wirkung, wenn erstmal zur Vergleichsverhandlung geladen wird, dann nach Ablehnung zur zweiten Verhandlung und ansonsten
vor allem der Wink mit dem erforderlichen Gutachten (Zitat des Richters: "5.000 Euro wird das schon kosten") erfolgt. "Günstig" wirkt
sich für solches Vorgehen auch die Randlage des Gerichts in München aus, viele Abgemahnte müssen weit reisen, das macht die Erzeugung
wirtschaftlichen Drucks auf Abmahnerseite leichter.

Die Tatsache, dass ein Gericht sich Argumente auch des Beklagten anhört, ist für einen Rechtsstaat ein Mindestmaß an Selbstverständlichkeit
und nicht der geringste Grund, ein solches Gericht gesondert lobend zu erwähnen. Wenn das Gericht dezidierte Urteile unter Berücksichtigung
des gesamten Vortrages und der Prüfung der Richtigkeit beiderseitigen Vortrages und umfänglicher manches mal auch rechtlich schwieriger
Begründung findet, ist dies eine andere Qualität und verdient besondere Erwähnung.

Die Tatsache, dass die lobenden Worte über ein Gericht wiederholt wurden, weil dieses zuzuhören oder "Argumente auszutauschen" bereit war,
bedurfte aus meiner Sicht einer Erwiderung. Die umfassende Gewährung rechtlichen Gehörs sollte auch in Filesharingfällen eine Selbstver-
ständlichkeit gerichtlicher Verfahren sein bzw. werden.



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Autor: Volker Küpperbusch
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7211 Beitrag von Kryder » Montag 6. Februar 2012, 15:12

Hallo

Ich habe nun auch eine Abmahnung bekommen und die üblichen Schritte eingeleitet.
Jetzt wollte ich mal Fragen ob es bekannt ist, in welchem Zeitraum diese Abmahnungen überhaupt kommen können.
In meinem Fall war es im Sommer letzten Jahres. Kann es eigentlich passieren das irgendwann eine Abmahnung z.b. aus dem Jahr 2009 oder 2008 oder noch früher ins Hause kommt ???
Gibt es da eine gesetzliche Regelung wie lange man da Abmahnen kann ????

MFG Kryder

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7212 Beitrag von Steffen » Montag 6. Februar 2012, 15:27

"Der kleine Urheber hat doch nichts von einer Verschärfung"

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Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) ist ein völkerrechtliches Abkommen, das von den USA und Japan
initiiert wurde. Den Vertrag, der internationale Standards zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen und
Produktpiraterie setzen soll, haben inzwischen die meisten der 27 EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet. ACTA baut
auf dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen) auf, das
vor allem durch die Patentierung von Saatgut und Medikamenten in die Kritik geriet. Gegen ACTA regt sich nun
auch in Deutschland Widerstand. So rufen beispielswiese Anonymous, die Grünen sowie die Piratenpartei im Februar
zu Aktionen und Demonstrationen auf. Aktiv daran beteiligt sich auch Bruno Kramm, Mitbegründer der Elektro-Wave-
Band "Das Ich" und Inhaber des Indie-Labels "Danse Macabre". 


Süddeutsche.de: Sie haben das Anonymous-Video zum ACTA-Protest synchronisiert. Wie kamen Sie auf die Idee?





Bruno Kramm: Ich habe mich gefragt, warum in Deutschland auch in den Medien wenig über ACTA informiert und
diskutiert wird, warum so wenige Menschen über das Anti-Piraterie-Abkommen Bescheid wissen, das im Gegensatz
zu den US-amerikanischen Varianten SOPA und PIPA (Stop Online Piracy Act und Protect IP Act; Anm. d. Red.)
weltweit in Kraft treten soll. Da habe ich mir das Anonymous-Video genommen, es synchronisiert und es wieder
bei Youtube hochgeladen.


Weiterlesen auf Süddeutsche.de - Digitalblog

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7213 Beitrag von Steffen » Montag 6. Februar 2012, 15:33

[quoteemKryder]Gibt es da eine gesetzliche Regelung wie lange man da Abmahnen kann?[/quoteem]
Ja - 3 Jahre (siehe §§ 195, 199 BGB)!

VG Steffen

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7214 Beitrag von Steffen » Montag 6. Februar 2012, 16:48

Aufruf!


Das Berliner Stadtmagazin zitty sucht Abgemahnte aus Berlin und Umgebung,
die für einen Zeitschriftartikel zum Thema Abmahnungen Rede und Antwort stehen.

Abmahnende Kanzlei/Rechteinhaber/Werk sind dabei egal.

Bitte bei Frau Franziska Felber melden:
E-Mail: franziska.felber@googlemail.com


Mitmachen und gut oder weiter in den Foren mutig meckern!



SH für die Initiative AW3P

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7215 Beitrag von ironmaiden » Montag 6. Februar 2012, 21:14

Hier nun die Beschreibung der Verhandlung vom 26.1.12 am LG München.

Der Bericht kommt leider etwas verspätet, da ich kurz nach der Verhandlung krank geworden bin.

Noch ein paar Worte zum Umfag des Berichts: Ich habe in der Verhandlung viele Seiten mitgeschrieben und die wollte ich zuerst so wortgetreu wie möglich in Word abtippen. Ich habe aber schnell gemerkt, dass es oft über Absätze hinweg unnütze informationen gibt (zuerst die Frage des Anwalts, dann Nachfrage des einen Richters dann Nachfrage des 2. Richters usw. , bis am Ende die Antwort gegeben wurde), die einen Leser vermutlich sehr schnell lnagweilen würden.

Dennoch ist der Bericht länger als die aus den AG Verhandlungen, da auch die Verhandlung deutlich länger als 30 min. dauerte.

Falls der Bericht die eine oder andere Fragen aufwirft, können die ja gerne gestellt werden, ich werde dann versuchen, diese so gut wie möglich (anhand der umfangreichen mitschrift) zu Beantworten.

===============================================

Klägerin war in diesem Fall nicht die notleidende Musik- oder Erotikindustrie, sondern eine abgemahnte Anschlussinhaberin, die die Rechtmäßigkeit der Abmahnung (durch NZGB verschickt) bestritt, da sie einen 0-upload oder „leecher“ client benutzt hatte. Somit konnte sie auch die ihr zur Last gelegte Verbreitung des Films über Ihren Internetanschluss ausschließen.

In der Verhandlung ging es dann auch um Berichte über diesen Prozess und um Spendengelder, durch die der Prozess zustandekam. Offensichtlich ist es die Klage, von der in dem Heise Artikel http://www.heise.de/newsticker/meldung/ ... 51257.html die Rede ist.

Die Klägerin selbst war nicht anwesend und wurde durch RA D. vertreten. Für die Beklagte – ein Rechteinhaber aus der Erotikbranche - waren 2 Anwälte der Abmahnkanzlei NZGB sowie ein eigener Sachverständiger vor Ort. Dass die Beklagte gleich mit 3 Personen vertreten war, dürfte aufgrund der Prominenz dieses Falles (siehe heise – und Andeutung des Richters) wenig verwunderlich sein. Genauso wenig verwunderlich war dann auch die an Haarspalterei grenzende Akribie, mit der die Abmahnkanzlei an diesem Tag agiert hat und jedes Wort der Klägerin und des Zeugen auf die Goldwaage legte.

Auf der Tagesordnung stand eine Zeugenvernehmung - befragt wurde der Ehemann der abgemahnten Anschlussinhaberin, der gleichzeitig auch eine treibende Kraft in diesem Rechtsstreit ist, da auf seinem Computer der leecher-client installiert war.

Am Anfang diskutierten die Parteien über Overhead-Daten beim Quellenaustausch, die sich aus den Konfigurationseinstellungen des verwendeten Emule Clients ergeben. Da die Emule Software des Ehemanns keinen Upload ermöglicht, macht sich die Abmahnkanzlei den Quellenaustausch zunutze und vertrat nun die Auffassung, dass „die geflossenen Overhead-Daten beim „Quellenaustausch“ bewiesen, das auch ein „Leecher Client“ an Urheberrechtsverletzungen beteiligt ist, da er Informationen zu anderen verfügbaren Quellen in das Tauschnetz weitergibt.“

Die Klägerin entgegnete, dass diese Overhead Werte von 30 GB ausschließlich durch eigene Dateianfragen entstanden seien, und zwar über einen Betriebszeitraum von vielen Monaten.

Diese Erklärung schien die Richter jedoch wenig zu beeindrucken, wenngleich er zugeben musste, das diese Frage „eigentlich nur durch ein weiteres Gerichtsgutachten zu klären sei“.

Der Gutachter auf der Beklagtenseite setzte nach und argumentierte, „das die Datei unter der IP Adresse heruntergeladen wurde, sei ja auch vom Sachverständigen Gutachten bestätigt worden, und außerdem wurde der Anschluss der Abgemahnten mehrfach zu unterschiedlichen IP Adressen und unterschiedlichen Werken identifiziert. Und wenn die Datei da war, dann nimmt sie auch am Quellenaustausch teil.“

Der Einwand der Klägerin, „dass die fragliche Datei gar nicht geloggt werden konnte da sämtliche Dateien im Leecher-Client komplett unsichtbar seien und das daher die Richtigkeit der Daten, die von der Logfirma an den Sachverständigen übergeben wurden, angezweifelt werde muss“, wurde vom Richter damit kommentiert dass „es ja durchaus sein könnte, dass zu dieser Zeit der modifizierte Client nicht installiert war, sondern ein normaler Client, oder dass der Leecher-Client einfach nicht „richtig“ konfiguriert war und deshalb die Datei auch anzeigte wurde. Desweiteren sei es „durch das Gutachten des unabhängigen Gerichtssachverständigen als nachgewiesen und gesichert anzusehen, dass die Dateien auf dem Rechner der Klägerin gedownloadet wurden, und auch zu den Folgeversionen der Software liegen Gutachten vor, in denen ebenfalls die Funktionsfähigkeit der Software bestätigt wird.“

Ob es sich hierbei um Partei oder Gerichtsgutachten handelte, wurde leider nicht gesagt.

Nach diesem ersten Feuergefecht zwischen Klägerin und Beklagter wurde nun der Zeuge in den Verhandlungsraum gerufen und zur Wahrheitspflicht sowie über sein Zeugnisverweigerungsrecht aufgeklärt. Da er der Ehemann der Klägerin ist, könne er die Aussage jederzeit verweigern, aber auch, wenn er sich selbst belasten würde.

Die Befragung des Zeugen schließlich erstreckt sich über einen Zeitraum von fast 3 Stunden und beginnt mit harmlosen Fragen nach Emule Versionsnummern und Besonderheiten des Leecher-Client, auf die der Zeuge ausnahmslos bereitwillig Auskunft gibt. Er bestätigt mehrmals, dass sein Client nach außen unsichtbar gewesen sei und zu jeder Zeit der Upload vollständig blockiert war, und der Overhead deshalb ausschließlich durch Dateianfragen, nicht jedoch durch Quellenaustausch entstanden sein könnte.

Anschliessend wurden am Richterpult Unterlagen und Screenshots mit den Einstellungen des Clients diskutiert. Die sehr analytischen und durchdachten Nachfragen der Richter gingen immer mehr in den technischen Bereich. Schließlich wurde der Zeuge durch immer weitere und tiefergehende Techniknachfragen der Negele Anwälte mit vermeintlichen „Widersprüchen“ konfrontiert, wodurch dieser immer mehr unter Druck geriet. Mehrmals schaltete sich der Anwalt der Klägerin ein , wurde vom Richter aber wiederholt zurückgewiesen, was umso erstaunlicher war, da sich die (Suggestiv-)Fragen der Beklagten auf schon mehrere Jahre zurückliegende Details, Sachverhalte oder Webseiteneinträge bezogen und dem Zeuge teilweise völlig unbekannt waren.

Der „Höhepunkt“ der Befragung war schließlich erreicht, als die Beklagtenseite der Klägerin eine Fallschausage nachwies, da der Zeuge in der Vernehmung dem Richter mitteilte, dass er nur ein Notebooks besaß - in einem vorangegangen Schriftstück jedoch „von zwei Notebooks im Haushalt“ die Rede gewesen war.

Dass nur eines der Notebooks in Gebrauch war interessierte den Richter jedoch genauso wenig wie der Klarstellungsversuch des Anwaltes D., den der Richter mit den Worten abschmetterte: „es ist zwar nett, wenn Sie assistieren Herr D., aber könnten Sie das bitte für sich behalten!“

Um die Fehleranfälligkeit des Loggens zu untermauern beschrieb der Zeuge dann noch, dass er seine Emule Installation einmal in ein Forum hochgeladen hatte, von wo sie auch von 30 Leuten heruntergeladen wurde. Diese haben dann denselben Client mit dem gleichen Userhashwert wie er selbst gehabt.

An das Forum konnte er sich aber nicht mehr erinnern, und die Richter meinten, dass es auch merkwürdig sei eine bestehende Installation samt Userhash zu kopieren, statt die Software einfach selbst neu zu installieren.

Am Ende der Vernehmung war der Zeuge wegen den bohrenden Nachfragen sichtlich eingeschüchtert. Auf Nachfrage der Negele Anwälte wollte er sogar zuerst Auskunft über die Inhalte der von ihm heruntergeladenen Filme geben, was der Richter dann schließlich doch noch mit Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht einbremste - und dem Kommentar: „Ich habe Ihnen zwar gesagt, Sie müssen nichts sagen, mit was Sie sich belasten könnten, aber sie sagen ja andauernd Sachen, mit denen Sie sich belasten, da das alles strafbar ist […].“

Und auch wenn der Richter am Ende des Verfahren zwar betonte, das er in dieser Angelegenheit noch keine Entscheidung getroffen habe, hat auch in diesem Fall die Seite der abgemahnten Filesharerin gegenüber der bis ins Detail vorbereiteten Beklagtenseite alles andere als einen professionellen Eindruck gemacht.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7216 Beitrag von muhski » Dienstag 7. Februar 2012, 00:09

Just for the news
Torrentfreak weist auf eine spannende Verteidigungsstrategie in einem Porno-Filesharing-Copyrightverfahren hin.

Und zwar darf laut US-Verfassung der Congress Copyright-Gesetze machen, um Werke zu schützen, die den wissenschaftlichen Fortschritt oder nützliche Künste befördern. Die Angeklagte sagt jetzt, obszönes Material diene offensichtlich weder dem einen noch dem anderen und beruft sich dabei auf alte Rechtsprechung in Kalifornien. Wenn sie damit durchkommt, dann würde sie nicht nur freigesprochen sondern die Pornoindustrie würde ihre Abmahnrechte verlieren. Besser noch: die Pornoindustrie selber hat in vielen Fällen die Abmahnrechte für teuer Geld an Anwaltskanzleien verscherbelt, die damit jetzt massenhaft das Internet abmahnen. Die Pornoindustrie kriegt von den Erlösen gar nichts, dafür haben sie halt einen Haufen Geld für den Verkauf gekriegt. Wenn die Frau jetzt durchkommt, dann trifft das also eher die Abmahnindustrie als die Pornoindustrie. Die wären natürlich auch unglücklich, weil man dann legal ihre Erzeugnisse kopieren dürfte, und ausgerechnet in Kalifornien wäre so ein Urteil schmerzhaft, weil dort der Großteil der US-Pornos hergestellt werden.

Das Gerichtsverfahren wird also für diverse Leute sehr spannend.
http://blog.fefe.de/?ts=b1cefed6
http://torrentfreak.com/you-cant-copyri ... ts-120206/
.-:;

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7217 Beitrag von Steffen » Dienstag 7. Februar 2012, 04:37

Aufruf!


Das Berliner Stadtmagazin zitty sucht Abgemahnte aus Berlin und Umgebung,
die für einen Zeitschriftartikel zum Thema Abmahnungen Rede und Antwort stehen.

Abmahnende Kanzlei/Rechteinhaber/Werk sind dabei egal.

Bitte bei Frau Franziska Felber melden:
E-Mail: franziska.felber@googlemail.com


Mitmachen und gut oder weiter in den Foren mutig meckern!



SH für die Initiative AW3P

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7218 Beitrag von goodbyeing » Dienstag 7. Februar 2012, 10:48

Danke für den Bericht, er gibt die Stimmung im Gerichtssaal wahrscheinlich gut wieder.

Wer glaubt, es werden Freundlichkeiten ausgetauscht wird schnell eines Anderen belehrt werden.

Allerdings bin ich auf das Urteil gespannt, weil auch ich frage mich, was das für ein "Sachverständiger" war. Sachverständiger darf sich in Deutschland jeder nennen. Bisher kam das nicht so viel bei raus, wenn man genauer hinschaut.

Und wenn das Gericht schon was von Musterprozess hört, runzeln die schnell die Stirn. Die Äusserungen lassen - wenn sie richtig wiedergegeben sind - nichts Gutes erahnen.

Und ein Richter, der dem Zeugen noch auf den Weg gibt, er solle lieber nichts sagen, weil er sich ja sonst selbst bezichtige wenn ein Zeuge schon ordentlich "bearbeitet" wurde bedarf bereits während der Verhandlung konkreter Erwiderung.

Alles in Allem wahrscheinlich kein wirklich guter Verlauf.
ironmaiden hat geschrieben:Hier nun die Beschreibung der Verhandlung vom 26.1.12 am LG München.

Der Bericht kommt leider etwas verspätet, da ich kurz nach der Verhandlung krank geworden bin.



Klägerin war in diesem Fall nicht die notleidende Musik- oder Erotikindustrie, sondern eine abgemahnte Anschlussinhaberin, die die Rechtmäßigkeit der Abmahnung (durch NZGB verschickt) bestritt, da sie einen 0-upload oder „leecher“ client benutzt hatte. Somit konnte sie auch die ihr zur Last gelegte Verbreitung des Films über Ihren Internetanschluss ausschließen.

In der Verhandlung ging es dann auch um Berichte über diesen Prozess und um Spendengelder, durch die der Prozess zustandekam. Offensichtlich ist es die Klage, von der in dem Heise Artikel http://www.heise.de/newsticker/meldung/" onclick="window.open(this.href); return false; ... 51257.html die Rede ist.

Die Klägerin selbst war nicht anwesend und wurde durch RA D. vertreten. Für die Beklagte – ein Rechteinhaber aus der Erotikbranche - waren 2 Anwälte der Abmahnkanzlei NZGB sowie ein eigener Sachverständiger vor Ort. Dass die Beklagte gleich mit 3 Personen vertreten war, dürfte aufgrund der Prominenz dieses Falles (siehe heise – und Andeutung des Richters) wenig verwunderlich sein.

Ob es sich hierbei um Partei oder Gerichtsgutachten handelte, wurde leider nicht gesagt.


Anschliessend wurden am Richterpult Unterlagen und Screenshots mit den Einstellungen des Clients diskutiert. Die sehr analytischen und durchdachten Nachfragen der Richter gingen immer mehr in den technischen Bereich. Schließlich wurde der Zeuge durch immer weitere und tiefergehende Techniknachfragen der Negele Anwälte mit vermeintlichen „Widersprüchen“ konfrontiert, wodurch dieser immer mehr unter Druck geriet. Mehrmals schaltete sich der Anwalt der Klägerin ein , wurde vom Richter aber wiederholt zurückgewiesen, was umso erstaunlicher war, da sich die (Suggestiv-)Fragen der Beklagten auf schon mehrere Jahre zurückliegende Details, Sachverhalte oder Webseiteneinträge bezogen und dem Zeuge teilweise völlig unbekannt waren.

Dass nur eines der Notebooks in Gebrauch war interessierte den Richter jedoch genauso wenig wie der Klarstellungsversuch des Anwaltes D., den der Richter mit den Worten abschmetterte: „es ist zwar nett, wenn Sie assistieren Herr D., aber könnten Sie das bitte für sich behalten!“


Am Ende der Vernehmung war der Zeuge wegen den bohrenden Nachfragen sichtlich eingeschüchtert. Auf Nachfrage der Negele Anwälte wollte er sogar zuerst Auskunft über die Inhalte der von ihm heruntergeladenen Filme geben, was der Richter dann schließlich doch noch mit Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht einbremste - und dem Kommentar: „Ich habe Ihnen zwar gesagt, Sie müssen nichts sagen, mit was Sie sich belasten könnten, aber sie sagen ja andauernd Sachen, mit denen Sie sich belasten, da das alles strafbar ist […].“

Und auch wenn der Richter am Ende des Verfahren zwar betonte, das er in dieser Angelegenheit noch keine Entscheidung getroffen habe, hat auch in diesem Fall die Seite der abgemahnten Filesharerin gegenüber der bis ins Detail vorbereiteten Beklagtenseite alles andere als einen professionellen Eindruck gemacht.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7219 Beitrag von giand » Dienstag 7. Februar 2012, 12:43

goodbyeing hat geschrieben:Alles in Allem wahrscheinlich kein wirklich guter Verlauf.

ja denke ich auch....aber man kann ja in die Revision gehen......
anschließend Privat Insolvenz z.,z,,


Ich verstehe nur die Äußerungen der Richter nicht....die Schüchtern ein, beeinflussen Zeugen und Diskriminieren AW.

Bei "unserer Abmahnung" war es die AI definitiv nicht. Wir werden durch alle Instanzen gehen wenn die Klage kommt(vielleicht lerne ich dann @Ironmaiden kennen :hl ).
Es kommen 2 Leute evtl in Frage(die haben aber kein P2P gemacht) sie sind über 18 und wurden von der AI belehrt und gelegentlich überprüft....da kann das Gericht sich ja was aussuchen....beide haben nichts....also geht zum Schluss alles auf Staatskosten.

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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#7220 Beitrag von Steffen » Dienstag 7. Februar 2012, 17:13

Gerichtsbericht @ironmaiden, LG München am 26.01.2012
Link: http://abmahnwahn-dreipage.de/forum/vie ... 661#p19661
Zuerst einmal vielen Dank an @ironmaiden für die Berichterstattung. Auch hier gilt das gleiche, wie
bei allen Berichten über Klageverfahren am AG München, es ist und bleibt der Bericht von @ironmaiden
und spiegelt seine eigene Meinung, Einschätzung und Standpunkt wieder.

Es war keine Verhandlung im Sinne einer mündlichen Verhandlung, sondern ein vom Gericht anberaumter
Termin zur Beweisaufnahme. Hier sollten noch bestimmte Sachverhalte geklärt werden.

Leider, und hier werden wieder sehr viel unzufrieden sein, bitte ich um Verständnis, das keine tief-
gründigeren Erklärungen zum Termin der Beweisaufnahme oder detaillierte Gegendarstellungen zum Gerichts-
bericht von @ironmaiden erfolgen werden, da wir uns immer noch in einem laufenden Verfahren befinden.


Kurzfassung:
  • 1. Es erfolgen jetzt noch einige Schriftsätze von den Parteien zur Klärung/Richtigstellung usw. ver-
    schiedenster Sachverhalte bis zum 29.02.2012. Reicht die Summe der Beweisaufnahme dem Gericht zur
    Urteilsfindung, wird ein Termin bekanntgegeben (ca. 2 Monate).
    2. Reicht die Summe der Beweisaufnahme nicht zur Urteilsfindung, gibt es jetzt eine prozessuale
    Besonderheit. Eine Beisitzende Richterin verlässt das LG München. Das bedeutet, es muss der neu
    nachrückende Richter/‘in in den Fall eine gewisse Zeit zur Einarbeitung gewährt werden. Hier kann
    man im unglücklichsten Fall von vielleicht 1 - 1 ½ Jahren ausgehen.

    Hinweis:
    Hierauf haben wir aber keinen Einfluss und bis dahin wird auch keinerlei Gutachten veröffentlicht,
    um den Ausgang des laufenden Verfahrens - nicht - zu gefährden. Wir werden aber (in Absprache mit
    Rechtsanwalt Herrn D.) jede neue Information - wie immer - sofort weitergeben.
SH für die Initiative AW3P

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