Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

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ichzahldochnix
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Re: Deutschland - Allgemeiner Diskussions Thread

#10941 Beitrag von ichzahldochnix » Samstag 31. Dezember 2016, 17:48

Edit:
Daher werde ich heute gegen 24 Uhr auch die Herren Rechtsanwälte Negele und Co. sowie die emsigen und phantasievollen Herren von Debcon grüßen.

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Steffen
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AG Leipzig, Az. 117 C 4856/15

#10942 Beitrag von Steffen » Samstag 31. Dezember 2016, 18:36

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer musste in einem aktuellen Filesharing Verfahren eine Niederlage vor dem Amtsgericht Leipzig hinnehmen. Unsere Mandantin konnte diese Urheberrechtsverletzung gar nicht begangen haben.



18:35 Uhr



Waldorf Frommer hatte an unserer Mandantin eine Abmahnung wegen Filesharing geschickt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag von der Tele München Fernseh GmbH & Co. Produktionsgesellschaft. Waldorf Frommer warf unserer Mandantin vor, dass sie den Film "Tödliches Kommando - The Hurt Locker" illegal verbreitet hat. Hierzu sollte sie ihren Internetanschluss in einer Mietwohnung in Dresden benutzt haben.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Bild

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.



WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de




Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ter-70828/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploa ... 856-15.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Doch unsere Mandantin bestritt dies und weigerte sich zu zahlen. Daraufhin verklagte Waldorf Frommer sie auf die Zahlung von 600,00 EUR Schadensersatz. Ferner sollte sie für die angeblich entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aufkommen.



Filesharing: Abgemahnte hatte Anschluss ihrem Nachmieter überlassen

Doch Waldorf Frommer scheiterte damit vor dem Amtsgericht Leipzig. Das Gericht wies die Klage mit Urteil vom 25.11.2016 (Az. 117 C 4856/15) ab. Denn nach den Feststellungen der Richterin hatte unsere Mandantin zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung keinen Zugriff mehr auf den ermittelten Anschluss gehabt. Denn sie war fast zwei Wochen vorher aus ihrer Mietwohnung ausgezogen und hatte sie samt Anschluss und Router ihrem Nachmieter überlassen. Dies konnte sie vor allem durch Vorlage der Kündigung sowie einer Anmeldebescheinigung nachweisen. Infolgedessen konnte sie kein Filesharing begangen haben.



Fazit:

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Leipzig zeigt, dass sich Abgemahnte nicht durch eine Abmahnung einschüchtern lassen sollten. Dies gilt auch, wenn sie von einer bekannten Abmahnkanzlei wie Waldorf Frommer stammt. Häufig stellt sich heraus, dass der abgemahnte Anschlussinhaber gar kein Filesharing begangen hat. Dies gilt auch, wenn ein Anschluss von mehreren Familienmitgliedern oder den Mitgliedern einer Wohngemeinschaft genutzt wird. In manchen Fällen ermittelt der Rechteinhaber auch den falschen Anschlussinhaber. Wir konnten bereits in einigen Verfahren vor Gericht nachweisen, dass es zu einem Ermittlungsfehler gekommen ist. Von daher sollten Sie sich an einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale wenden. (HAB)






AG Leipzig, Urteil vom 25.11.2016, Az. 117 C 4856/15


  • (...) Ausfertigung


    Amtsgericht Leipzig

    Zivilabteilung I

    Aktenzeichen: 117 C 4856/15

    Verkündet am: 25.11.2016

    [Name], Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle



    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    - Beklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,



    [/b]wegen Urheberrecht[/b]


    hat das Amtsgericht Leipzig durch Richterin am Amtsgericht [Name] am 25.11.2016

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



    Beschluss:
    Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand:

    Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Verwendung geschützter Bild- / Tonaufnahmen über sogenannte Tauschbörsen (P2P- bzw. Filesharing Netzwerke) sowie einen Kostenersatz wegen der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend.

    Die Klägerin wertet nationale und internationale Bild- / Tonaufnahmen aus. Sie hat der Beklagten keinerlei Verwertungsrechte eingeräumt. Die ipoque GmbH ist von der Klägerin ständig beauftragt die illegale Verbreitung ihrer urheberrechtlich geschützten Bild- / Tonaufnahmen in Tauschbörsen zu ermitteln und die zur Durchsetzung entsprechender Ansprüche erforderlichen Daten zu sichern, die hierfür das Peer-to-Peer Forensic System ("PFS") verwendet. Dabei wurde festgestellt, dass am [Datum] der Film "[Name]" über die IP-Adresse [IP] zum Download angeboten wurde Über die IP-Adresse und die jeweiligen IP-Ports [Ports] wurde auf Grund des Gestattungsbeschlusses vorn zuständigen Internetprovider als Anschlussinhaber die Beklagte unter der Adresse [Straße, Nr.] Dresden, mitgeteilt.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.12.2012 wurde die Beklagte zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadenersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Die Beklagte hat sich daraufhin uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen verpflichtet. Zahlungen wurden trotz Mahnungen nicht geleistet.

    Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte für die illegale Vervielfältigung sowie das illegale Angebot zum Herunterladen des urheberrechtlich geschützten Films in der Tauschbörse BitTorrent verantwortlich sei. Sie behauptet sie habe sämtliche exklusiven Verwertungsrechte (§§ 16,17,19a UrhG) an dem Film mit dem Titel "[Name]. Sie habe zwar die Rechte für die DVD Auswertung an ihre 100 % Tochter [Name] vergeben und die Rechte für die Kinoauswertung an ihre Tochter [Name]. Die exklusiven Rechte aus § 19a UrhG seien bei der Klägerin verblieben, diese somit Inhaberin der exklusiven Online-Rechte. Lizenzen würden von der Klägerin nicht vergeben. Die elektronische Verbreitung würde ausschließlich über kostenpflichtige Portale lizenziert. Eine Lizenz für einen aktuellen Spielfilm würde regelmäßig nicht weniger als 50% von 11,76 EUR betragen und könne je nach Laufzeit, Bekanntheit und Aktualität des Werkes sowie entsprechende Bildqualität auch bei bis zu 65 % von 14,28 EUR liegen.

    Der Schaden sei nach der Berechnungsmethode Lizenzanalogie zu schätzen und betrage mindestens den beantragten Pauschalbetrag. Bei der Berechnung der Rechtsverfolgungskosten sei ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR in jedem Fall angemessen, die Begrenzung des § 97a Abs. 3 S.2 UrhG n.F. sei nicht anwendbar.



    Die Klägerin beantragt,
    1. Die Beklagte wird verurteilt ein die Klägerin einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2015 zu zahlen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.03.2015 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie bestreitet die Rechtsinhaberschaft der Klägerin und dass das streitgegenständliche Werk im Rahmen eines Filesharing-Netzwerks über den Internetanschluss der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden sei, da die Zuordnung auf eine fehlerhafte Ermittlungstätigkeit oder aber auf Fehler bei der Ermittlung des Anschlussinhabers durch den Provider zurückzuführen sei. Die Beklagte bestreitet, dass die verwendetet Software fehlerfrei funktioniere und ist der Auffassung, dass eventuell heruntergeladene Bruchteile der angeblich gefundenen Datei nicht zur Identifizierung ausreichen würden.



    Die Beklagte behauptet,
    dass sie selbst die vorgeworfene Rechtsverletzung nicht begangen habe und hierfür auch nicht verantwortlich sei. Sie sei am [Datum] aus der Wohnung in der [Anschrift] in Dresden ausgezogen, habe das dazu bestehende Mietverhältnis gekündigt und den Telefonanschluss mit dem Router dem Nachmieter , dem Zeugen [Name] überlassen. Zugang zu der Wohnung und dem Anschluss habe sie danach nicht mehr gehabt und diesen nicht mehr genutzt. Als die Beklagte noch in der Wohnung gewohnt hatte sei der Anschluss WPA2 verschlüsselt gewesen mit einem Passwort bestehend aus 16 Zeichen Auch dieses sei dem Nachmieter mitgeteilt worden. Die Beklagte bestreitet die behauptete Lizenzierungspraxis und die Höhe der branchenüblichen Lizenzgebühren.


    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugeneinvernahme. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2016 Bezug genommen.

    Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist zulässig

    Das Amtsgericht Leipzig ist gemäß den §§ 12,13, ZPO, §§ 104,104a,105 UrhG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über die Organisation der Justiz / Sächsische Justizorganisationsverordnung vom 29.11.2014) örtlich zuständig.

    Die Klage ist jedoch unbegründet.

    Der Klägerin steht kein Anspruch auf Schadensersatz und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach §§ 97 Abs.2, 97a , 19a UrhG zu, da nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte die Rechtsverletzung begangen hat und auch nicht, dass sie als Anschlussinhaberin für diese verantwortlich ist.

    Die Rechtsinhaberschaft der Klägerin und somit ihre Aktivlegitimation ist nach der Überzeugung des Amtsgerichts Leipzig gegeben. Diese beruht auf den Angaben des Zeugend [Name], der bekundete, dass die [Name] die Produzentin des Films "[Name]" ist , welche auch von den Schauspielern, Autoren, Regisseuren usw. alle Recht an dem Film erworben und auf das Mutterunternehmen, die [Name] übertragen hat. Die Klägerin hat in einem Lizenzvertrag mit der [Name] alle Auswertungsrechte an dem streitgegenständlichen Film übertragen erhalten, einschließlich der Rechte aus § 19a UrhG. Mit beinhaltet in diesem Lizenzvertrag war die Versicherung des Vertragspartners Inhaber aller Auswertungsrechte zu sein. In diesem Zusammenhang wurden auch Dokumente übergeben, aus denen hervorgeht, dass die [Name] Hersteller des Films ist, und auch eine "[Name]", welche unterschrieben und zertifiziert ist. Bei den Rechten, die die [Name] der Klägerin eingeräumt hat handelt es sich um ausschließliche Rechte bezogen auf das deutschsprachige Europa, einschließlich Deutschland. Der Zeuge hat weiter erklärt, dass es bei dem streitgegenständlichen Werk noch den besonderen Umstand gab, dass die Lizenzgeberin selbst Pirateriemaßnahmen ergreifen wollte und sich die Vertragspartner darauf verständigten, dass die Klägerin ausschließlich die Nutzungsrechte in Deutschland geltend machen darf. Dem Zeugen waren diese Einzelheiten bekannt, da er den Lizenzvertrag selbst gelesen und mit ihm gearbeitet hat insbesondere bei der Meinungsverschiedenheit wegen der Pirateriemaßnahmen. Seine Aussagen waren glaubwürdig , nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Anhaltspunkte an seinen Angaben zu zweifeln sieht das Gericht keine.

    Das Gericht sieht es auch als erwiesen an, dass das geschützte streitgegenständliche Werk über die IP-Adresse [IP] und die Ports [Ports] am [Datum], und über den Port [Port]am [Datum] zum Download angeboten wurde.

    Hierzu hat der Zeuge [Name] überzeugend und nachvollziehbar angegeben, dass mit Hilfe des PFS Rohdaten übermittelt und abgespeichert werden, indem mit Peer-to-Peer Monitoren, auf denen eine Software aufgespielt ist (client ), sich mit vielen anderen Teilnehmern in virtuellen Räumen getroffen wird um Daten auszutauschen, wobei die Clients so programmiert sind, dass sie keine Daten des geschützten Werkes senden, sondern nur empfangen können. In die Programme werden dazu Informationen , wie z.B. die technische Bezeichnung einer bestimmten Datei, im vorliegenden Fall des Films "[Name]", eingegeben , sodass sie danach in den Tauschbörsen suchen können. Die Informationen werden gesondert durch Suche nach Illegalen Kopien und dem Vergleich mit dem Original ermittelt. Eine komplette illegale Kopie wird der ipoque GmbH auch zur Verfügung gestellt, die dann mit dem in den Tauschbörsen gefundenen Werk verglichen wird auf der BIT-Ebene. Die gesamte Kommunikation mit dem anbietenden Monitor wird aufgezeichnet und mit einem Zeitstempel versehen, der mit der gesetzlichen Zeit in Deutschland auf 10 Millisekunden übereinstimmt. Hierzu wird ein Abgleich mit der technisch physikalischen Bundesanstalt in Braunschweig durchgeführt. Danach erfolgt eine Analyse bei der eine Datenbank darüber erstellt wird, was zu einem bestimmt Zeitpunkt im Hinblick auf verschiedene Kommunikationen mit Monitoren in der Tauschbörse geschehen ist. Von den Analysen werden Reports in elektronischer Form erstellt mit den Ergebnissen, bei denen auch die IP-Adresse des sendenden Monitors enthalten ist. Mit diesen Informationen werden dann die Auskünfte von dem Provider, hier Kabel Deutschland eingeholt. Die Zuverlässigkeit und das fehlerfreie Arbeiten des Systems bei vielfachen Überprüfungen durch Sachverständige immer wieder bestätigt worden.

    Ein Vergleich der ermittelten Daten mit den Daten, die der Auskunft von [Provider]zu Grunde lagen und in dieser mit beinhaltet sind zeigt, dass der Filehashwert, die IP-Adresse , die Zeiten und die Ports übereinstimmen, so dass auch davon auszugehen ist, dass die Adresse des Anschlusses richtig ermittelt wurde.

    Zur Überzeugung des Gerichts konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Film über die IP-Adresse [IP] in der Tauschbörse allen dortigen Teilnehmern zugänglichen gemacht hat oder als Anschlussinhaberin dafür verantwortlich ist.

    Auf Grund der vorgelegten Kopie ihrer Kündigung der Wohnung [Anschrift], und der Anmeldebescheinigung , sowie den Aussagen der Zeugen [Name] und [Name]das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht mehr unter der Anschrift [Anschrift] wohnhaft war und ihren Anschluss inklusive Router und Passwort dem Nachmieter [Name] überlassen hatte.

    Die eingereichten Dokumente weisen den Umzug der Beklagten zum [Datum] aus. Die beiden Zeugen bestätigten dies und bekundeten glaubhaft, dass der Zeuge erden Anschluss und den Router übernommen hat. Da die Beklagte in die neue Wohnung mit dem Zeugen [Name] einzog und der dortige Anschluss auf diesen lief ist nachvollziehbar, dass die Beklagte ihren Anschluss dem Freund ihres Lebensgefährten , dem Zeugen [Name] überließ, zumal es nach der Erklärung der Beklagten, die durch die Zeugenaussagen bestätigt wurde, Probleme mit einer vorzeitigen Kündigung bei Kabel Deutschland gab. Dort wurde der Zeuge als Bevollmächtigter in den Vertrag aufgenommen und von ihm dann auch die Kosten gezahlt. Die Zeugen erklärten auch, dass die Beklagte danach keinen Zugang mehr zu dem Anschluss hatte und diesen auch nicht wieder nutzte, damit ist auch der streitgegenständliche Zeitpunkt eingeschlossen. Dies ist glaubwürdig , da nicht die Beklagte, sondern deren Lebensgefährte und der Nachmieter nach den Angaben der Zeugen befreundet waren. Die Beklagte hatte nach dem Umzug keinen Einfluss mehr auf den Anschluss oder dessen Benutzung.

    Sie hat diesen Geschehensablauf substantiiert dargelegt, so dass der Klägerin der tatsächliche Anschlussinhaber bekannt wurde . Der Vortrag war auch durch Zeugen überprüfbar, welche ihn bestätigten.

    Die Nebenentscheidungen basieren auf den §§ 91, 708 Nr. 11. 711 ZPO



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat schriftlich bei dem

    Landgericht Leipzig
    Harkortstraße 9
    04107 Leipzig


    einzulegen und innerhalb von zwei Monaten zu begründen.

    Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

    Die Berufung wird durch Einreichen einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufungsschrift muss enthalten:

    1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
    2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

    Mit der Berufung soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    Die Parteien müssen sich für die Berufung durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

    Dieser hat die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung zu unterzeichnen.

    Die Berufung kann durch den Rechtsanwalt auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden.

    Gegen die Festsetzung des Streitwertes findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder wenn die Beschwerde in dieser Entscheidung zugelassen wurde.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat eingelegt wird.

    Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

    Die Beschwerde ist bei dem

    Amtsgericht Leipzig
    Bernhard-Göring-Straße 64
    04275 Leipzig


    einzulegen.

    Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn die Niederschrift rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.

    Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden.



    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Leipzig, Urteil vom 25.11.2016, Az. 117 C 4856/15,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR,
Klage Waldorf Frommer,
sekundäre Darlegungslast,
Nachmieter,
Wohngemeinschaft,
WG

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Steffen
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Statistik 2016

#10943 Beitrag von Steffen » Sonntag 1. Januar 2017, 10:23

Initiative AW3P:
Die Filesharing Statistik
für das Jahr 2016



10:20 Uhr


Die Zeit vergeht rasant, ehe man sich versieht, ist das Jahr 2016 wieder Geschichte. Die Initiative AW3P möchte kurz und knapp sowie aus ihrer subjektiven Sicht heraus versuchen 2016 zu resümieren.


.........................


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Antistatist!? Antistatistik!? Natürlich ist diese Formulierung durchaus provokant ausgewählt. Einzelne "Foren-Experten" wollen sogar aus diesem Logo und der gewählten Schriftart meine politische Ausrichtung ableiten. Wie lebensnah! Es wird von meiner Seite aus keine tiefgründige wissenschaftlich fundierte Statistik geben. Nicht nur, weil ich diesbezüglich nicht ausreichend qualifiziert bin, sondern da hierzu zu wenige empirische Daten vorhanden sind. Auf die Nennung diverser Zahlen möchte ich dennoch nicht verzichten, diese werden für den einen oder anderen vielleicht doch von Interesse sein, oder auch nicht.






AW3P Zahlensalat



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Besucher der Homepage


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Top Tag Besucher: 20.01.2015[/b]






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Musterschreiben einer "mod. UE"


Word-Dokument


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HJ 2014: 12.068
2014: 18.245
HJ 2015: 4.756
2015: 9.546
HJ 2016: 4.259
2016: 8.186



PDF-Format


Bild


HJ 2014: 16.037
2014: 44.840
HJ 2015: 10.090
2015: 19.722
HJ 2016: 4.952
2016: 10.001




PDF: "Wegweiser Inkasso"


Bild


HJ 2014: 16.381
2014: 28.689
HJ 2015: 4.445
2015: 8.934
HJ 2016: 3.111
2016: 7.853








Klagezahlen

Mit der Veröffentlichung dieser Zahlen sind regelmäßig zwei Extreme ersichtlich. Einerseits wird den Zahlen keinerlei Glauben geschenkt, da ja weit mehr Klageverfahren bundesweit geführt werden. Anderseits wird messerscharf in den Foren geschlussfolgert, dass die daraus resultierende bzw. berechnete Klagewahrscheinlichkeit (bis 1.000 Stellen hinter dem Komma) - keinen - Anlass zur Sorge bietet.

Natürlich - und dies betone ich immer und immer wieder - stellen diese Zahlen nicht die Gesamtzahlen der geführten Klageverfahren bundesweit bei Filesharing-Fällen dar, sondern nur die mitgeteilten Zahlen - 27 - von insgesamt - 54 - auf AW3P aktuell gelisteten Kanzleien. Es gibt bundesweit weit mehr Anwaltskanzleien die Filesharing-Fälle übernehmen sowie Betroffene, die sich allein (mit ohne Anwalt) verteidigen. Hierbei werden diese obsiegen, anerkennen, versäumen, oder sich außergerichtlich bzw. gerichtlich vergleichen - ohne - in dieser Antistatistik erfasst zu sein.

Selbstverständlich werden die übermittelten Informationen vertraulich behandelt, nach der Zusammenfassung die zugesandten E-Mails gelöscht und nur die Gesamtzahlen - ohne - namentliche Spezifizierung veröffentlicht. Ich bedanke mich bei allen Kanzleien, die ihre Zahlen freundlicherweise mitgeteilt haben.


Des Weiteren gilt der umgemünzte Grundsatz: "iudex non calculat" - "der Richter rechnet nicht".



.................



Kanzleien

2011: 21
2012: 42
HJ 2013: 35
2013: 34
HJ 2014: 37
2014: 33
HJ 2015: 44
2015: 47
HJ 2016: 40
2016: 27


.................



Mandate

2011: 13.784
2012: 15.652
HJ 2013: 7.425
2013: 12.854
HJ 2014: 4.660
2014: 10.469
HJ 2015: 4.416
2015: 10.901
HJ 2016: 4.851
2016: 7.020


.................



Vergleichsbereitschaft (Mandanten)

2011: 0
2012: 42,60 %
HJ 2013: 41,45 %
2013: 36,00 %
HJ 2014: 23,05 %
2014: 20,78 %
HJ 2015: 3 - 10 % - größere Kanzleien; 30 - 80 % - kleinere Kanzleien
2015: 20 - 30 %
HJ 2016: 42,33 %
2016: 30% (gerichtlich: 55%)


.................



Wöchentlicher Durchschnitt - Anrufe von Abgemahnte

2014: 1-2
HJ 2015: 3 - 5
2015: 1 - 3
HJ 2016: 3 - 5
2016: 3


.................



Negative Feststellungsklage

2011: 0
2012: 0
HJ 2013: 0
2013: 0
HJ 2014: 0
2014: 5 (4 Sonstige, 1 WF)
HJ 2015: 5 (5 Debcon)
2015: 8 (5 Debcon, 3 Sonstige)
HJ 2016: 0
2016: 0


.................



Einstweiliges Verfügungsverfahren (EV)

2011: 0
2012: 27 (27 Sonstige)
HJ 2013: 19 (10 Selig, 5 Sch./Sch., 2 Nimrod, 1 Goethe, 1 Sonstige)
2013: 13 (10 Selig, 3 Sch./Sch.)
HJ 2014: 4 (1 Fareds, 1 Sch./Sch., 1 c-law, 1 WSYCR)
2014: 7 (4 Fareds, 1 Sch./Sch., 1 c-law, 1 WSYCR)
HJ 2015: 2 (1 WF, 1 S&P)
2015: 2 (1 WF, 1 S&P)
HJ 2016: 0
2016: 0


.................



Beschwerdeverfahren

2011: 0
2012: 7 (7 Sonstige)
HJ 2013: 5 (2 Sonstige, 1 WF, 1 Negele, 1 U+C)
2013: 7 (6 § 101 IX UrhG, 1 Streitwert)
HJ 2014: 2 (§ 101 IX UrhG)
2014: 2 (2 Sonstige (§ 101 X UrhG))
HJ 2015: 4 (2 Sonstige, 1 WF, 1 rka.)
2015: 4 (2 Sonstige, 1 WF, 1 rka.)
HJ 2016: 0
2016: 4
  • 4 Sonstige
[/b]

.................



Mahnbescheid (MB)

2011: 124 (124 Sonstige)
2012: 495 (495 Sonstige)
HJ 2013: 599 (307 Sonstige, 153 WF, 44 Rasch, 39 rka., 36 Sch./Sch., 8 Fareds, 4 Schröder, 2 Haas (infoscore, S&W), 2 Condor (BB), 1 Debcon, 1 Goethe, 1 S&P, 1 Es.Ka.We.)
2013: 2.016 (1.379 Sonstige, 164 WF, 131 Wulf, 72 BB, 55 Rudolph, 44 Negele, 42 Fareds, 38 Sch./Sch., 37 rka., 35 Rasch, 4 Edelmaier, 3 S&P, 2 adebio, 2 Schroeder, 2 Selig, 1 Schmietenknop, 1 Europa, 1 Wehrl, 1 Sebastian, 1 Es.Ka.We., 1 CSR)
HJ 2014: 482 (159 Sonstige, 101 WF, 67 Wulf, 43 BB, 29 Rudolph, 23 Debcon, 21 Fareds, 15 Sch./Sch., 10 Edelmaier, 5 Negele, 3 CSR, 2 U+C, 2 S&P, 1 Haas, 1 Sebastian)
2014: 1.060 (681 Sonstige, 139 WF, 82 Fareds, 42 BB, 28 Sch./Sch., 27 Sebastian Wulf, 18 Inkasso, 11 Negele, 9 rka., 7 CSR, 5 S&P, 4 Condor, 4 c-law, 2 U+C, 1 WSYCR)
HJ 2015: 441 (340 Sonstige, 40 WF, 30 BB, 12 Sch./Sch., 6 Fareds, 4 Rasch, 4 Sebastian, 4 rka., 1 c-law)
2015: 765 (630 Sonstige, 46 WF, 32 BB, 17 Fareds, 14 Sch./Sch., 10 Debcon, 7 rka., 5 Rasch, 2 S&P, 2 Sebastian)
HJ 2016: 1.155 (1.050 Sonstige, 71 WF, 11 BB, 9 rka., 4 Negele, 3 S&S, 2 Fareds, 2 c-law, 1 Nimrod, 1 WSYCR, 1 DS)
2016: 1.503
  • 1.385 Sonstige,
  • 109 WF,
  • 3 rka.,
  • 3 Fareds,
  • 3 Negele
[/b]

.................



Vollstreckungsbescheid (VB)

2011: 0
2012: 22 (22 Sonstige)
HJ 2013: 3 (2 Fareds, 1 Rasch)
2013: 31 (16 Sonstige, 6 WF, 3 BB, 3 Wulf, 2 Fareds, 1 U+C)
HJ 2014: 38 (20 Sonstige, 5 BB, 4 Debcon, 3 Rudolph, 3 Wulf, 3 Sch./Sch.)
2014: 61 (30 Sonstige, 14 BB, 10 Inkasso, 2 Fareds, 1 Schroeder, 1 Sch./Sch., 1 c-law, 1 Condor, 1 Wulf)
HJ 2015: 22 (19 Sonstige, 2 Sebastian, 1 Fareds)
2015: 50 (43 Sonstige, 4 Sebastian, 2 WF, 1 Debcon)
HJ 2016: 22 (20 Sonstige, 2 WF)
2016: 25
  • 24 Sonstige,
  • 1 WF
[/b]

.................



Unterlassungsklage

2011: 0
2012: 19 (19 Sonstige)
HJ 2013: 7 (2 Sch./Sch., 2 Sonstige, 1 Rasch, 1 WF, 1 Schröder)
2013: 10 (5 WF, 2 Sonstige, 1 Rasch, 1 Schroeder, 1 S&P)
HJ 2014: 5 (4 Sonstige, 1 Rasch)
2014: 8 (4 Sonstige, 2 WF, 1 Rasch, 1 Negele)
HJ 2015: 7 (7 Sonstige)
2015: 7 (7 Sonstige)
HJ 2016: 5 (4 Sonstige, 1 Negele)
2016: 2
  • 2 Sonstige
[/b]

.................



Amtsgericht (AG)

2011: 165 (165 Sonstige)
2012: 498 (498 Sonstige)
HJ 2013: 238 (85 WF, 48 Rasch, 30 rka., 29 Sonstige, 27 Sch./Sch., 7 Schroeder, 3 Fareds, 2 CSR, 2 S&P, 2 Es.Ka.We., 2 ZD, 1 Lexius)
2013: 641 (189 WF: 189, 173 Sonstige, 120 Sch./Sch., 72 Rasch, 33 rka., 13 Marquort, 9 Schroeder, 8 BB, 5 Negele, 4 Fareds, 3 Es.Ka.We., 2 Kornmeier, 2 Condor, 2 CSR, 2 Nimrod, 2 Lexius, 1 S&P, 1 ZD)
HJ 2014: 237 (72 Sch./Sch., 55 WF, 34 BB, 34 Sonstige, 18 Rasch, 6 Fareds, 5 rka., 5 Negele, 3 Wulf, 2 CSR, 1 Debcon, 1 Sebastian, 1 S&P)
2014: 1.062 (340 Sonstige, 269 BB, 252 Sch./Sch., 95 WF, 28 rka., 18 Rasch, 10 Schalast, 8 Negele, 8 S&P, 7 CSR, 6 Debcon, 5 Sebastian Wulf, 5 Fareds, 3 Nimrod, 2 Inkasso, 2 Kornmeier, 2 Bindhardt, 1 U+C, 1 Es.Ka.We. Schwrz.)
HJ 2015: 525 (333 Sonstige, 95 BB, 51 WF, 18 Rasch, 14 Sch./Sch., 6 rka., 2 Focus, 2 c-law, 1 Fareds, 1 Kornmeier, 1 Munderloh, 1 Sebastian)
2015: 964 (381 Sonstige, 370 BB, 85 WF, 31 rka., 25 NZGB, 24 Rasch, 22 Sch./Sch., 12 Nimrod, 9 S&P, 3 Sebastian, 1 Fareds, 1 c-law)
HJ 2016: 384 (240 Sonstige, 72 WF, 25 rka., 14 Negele, 9 BB, 8 Rasch, 7 Sch./Sch., 4 c-law, 3 DS, 1 Sarwari, 1 S&P)
2016: 304
  • 246 Sonstige,
  • 23 WF,
  • 9 Rasch,
  • 9 Negele,
  • 6 rka.,
  • 2 Sarwari
  • 2 DS,
  • 2 BB,
  • 1 Sch./Sch.,
  • 1 SKW Schw.,
  • 1 Nimrod,
  • 1 c-law,
  • 1 S&P
[/b]

.................



Landgericht (LG)

2011: 5 (5 Sonstige)
2012: 57 (57 Sonstige)
HJ 2013: 98 (90 Sonstige, 4 WF, 2 Rasch, 1 Schroeder, 1 rka.)
2013: 13 (6 Sonstige, 5 Rasch, 1 rka., 1 WF)
HJ 2014: 12 (10 Sonstige, 1 WF, 1 Nimrod)
2014: 69 (51 Sonstige, 7 Rasch, 4 WF, 4 BB, 2 rka., 1 Sch./Sch.)
HJ 2015: 61 (41 Sonstige, 14 BB, 2 WF, 2 Rasch, 1 Negele, 1 rka.)
2015: 131 (95 Sonstige, 27 BB, 4 Rasch, 2 WF, 1 NZGB, 1 rka., 1 Nimrod)
HJ 2016: 88 (61 Sonstige, 16 BB, 6 rka., 3 WF, 1 Negele, 1 Rasch)
2016: 60
  • 55 Sonstige,
  • 2 BB,
  • 2 rka.,
  • 1 WF
[/b]

.................



Oberlandesgericht (OLG)

2011: 1 (1 Sonstige)
2012: 12 (12 Sonstige
HJ 2013: 9 (8 Sonstige, 1 Rasch)
2013: 1 (1 Rasch)
HJ 2014: 4 (4 Sonstige)
2014: 4 (4 Sonstige)
HJ 2015: 9 (9 Sonstige)
2015: 6 (5 Sonstige, 1 Rasch)
HJ 2016: 6 (6 Sonstige)
2016: 8
  • 8 Sonstige
[/b]

.................



Bundesgerichtshof (BGH)

2011: 0
2012: 2 (2 Sonstige)
HJ 2013: 2 (2 Sonstige)
2013: 2 (2 Sonstige)
HJ 2014: 2 (2 Sonstige)
2014: 1 (1 Sonstige)
HJ 2015: 1 (1 Rasch)
2015: 1 (1 Sonstige)
HJ 2016: 2 (2 Sonstige)
2016: 2
  • 2 Sonstige
[/b]

.................



Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

2011: 0
2012: 0
HJ 2013: 9 (9 Sonstige)
2013: 0
HJ 2014: 0
2014: 1 (1 Sonstige)
HJ 2015: 0
2015: 5 (5 Sonstige)
HJ 2016
2016: 0


.................





Kurz und knapp:


(...) Weitere Klagen werden - nach Widersprüchen gegen Mahnbescheide - noch Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres erwartet. Neue Abmahnungen haben - im Vergleich zu den Jahren 2010-2013 - stark abgenommen und Anfragen wegen neuer Abmahnungen betreffen größtenteils solche der Kanzlei Waldorf Frommer oder auch der FAREDS Rechtsanwälte. (...)

Rechtsanwalt Dr. Ole Damm (Hamburg)




(...) Viele Entscheidungen des BGH machen die Rechtslage nicht einfacher. Optisch waren die Entscheidungen des BGH aus dem Mai sehr Abmahnerlastig. Bei genauerem Hinschauen allerdings haben auch die Abmahner teilweise Steine statt Brot bekommen. In der Praxis ist die Rechtslage in weiten Teilen jetzt geklärt. Das große Geld wird auch deshalb nach meiner Einschätzung nicht mehr zu verdienen sein, was sich daran zeigt, dass nur noch wenige Kanzleien auf Abmahnerseite nennenswert aktiv sind. Wir wünschen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein schönes - für die Nichtanwälte gerichtsfreies - gesundes neues Jahr 2017. (...)

Rechtsanwalt und Notar Volker Küpperbusch (Bielefeld)




(...) Insgesamt ist eine deutliche Verunsicherung zu spüren, vor allem, nachdem nunmehr der BGH entschieden hat, dass die Restschadenersatzansprüche nach UrhG auch bei Filesharing-Sachen erst nach 10 Jahren verjähren und für 1 Tonaufnahme bereits ein Schadenersatzanspruch von 2.000,00 EUR begründet sei sowie ein Unterlassungsstreitwert von 10.000,00 EUR. Es scheint in Zeiten von Netflix & anderen Live-Streaming Diensten zum Glück die Zahl der Tauschbörsen-Nutzer für Filme & Musikalben zurückzugehen. Hiermit ist vermutlich auch der Rückgang von Abmahnungen zu erklären. (...)

Rechtsanwältin Stefanie Hagendorff (Friedrichsdorf (Taunus))




(...) Durch die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung haben sich die Fronten verhärtet. Denn für beide Seiten gibt es positive wie auch negative Signale aus Karlsruhe. Für die Abmahner hat sich zwar das Prozessrisiko erhöht, weil unter anderem die Anforderungen an die sog. sekundäre Darlegungslast konkretisiert worden sind. Auch ist die Haftungssituation nunmehr geklärt, wenn der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nicht nur Familienmitgliedern, sondern auch Dritten überlässt. Und selbst der seltene Fall, dass ein Anschluss nachweislich "gehackt" wurde, ist ausgeurteilt. Allerdings haben sich die Hoffnungen auf eine kurze Verjährungsfrist und auf geringe Schadensersatzforderungen im Rahmen der Lizenzanalogie für die Abgemahnten nicht erfüllt. Im Jahr 2017 dürfte die Abmahnerseite genauso stetig als auch konzentriert wie in 2016 agieren. Die "Hochzeiten" der Filesharing-Abmahnungen ist vorbei, doch ganz klar nicht beendet.

Rechtsanwalt Jean Paul P. Bohne, LL.M. (Düsseldorf)




(...) Auch wenn die Gesamtzahl der Abmahnungen (wie schon in den Vorjahren) weiter zurückgegangen ist, ist das gesamte Niveau nach wie vor sehr hoch. Die geforderten Summen liegen weiterhin zwischen 800,00 - 1.000,00 EUR. Hauptbestandteil der Forderungen sind jetzt Schadensersatzansprüche. Die geforderten Rechtsanwaltsgebühren werden meist freiwillig auf ca. 150,00 EUR gedeckelt. (...)

Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M. (Köln)









Rechtsprechung


Aus Sicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung heraus, war es ein durchaus spannendes Jahr.



2016:
  • BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 272/14
  • BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 1/15 - "Tannöd"
  • BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 43/15
  • BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 44/15
  • BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch"
  • BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 86/15 - "Silver Linings Playbook"
  • BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15 - (keine Pressemitteilung, noch kein Volltext)
  • BGH, Urteil vom 24.11.2016 - I ZR 220/15 - "WLAN-Schlüssel" (noch kein Volltext)


Ausblick 2017:
  • 30. März 2017, 09.00 Uhr, in Sachen I ZR 19/16 (Bundesgerichtshof zur Nennung des Angehörigen beim Filesharing über einen Familienanschluss)




BGH, Urteil vom 24.11.2016, I ZR 220/15: "WLAN-Schlüssel"

Natürlich eine nachvollziehbare Entscheidung, die aber für Filesharing Fälle begrenzt anwendbar sein wird. Denn der BGH geht zunächst einmal von der Vermutung aus, dass der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Wenn es sich hierbei um einen unbekannten Dritten handeln soll, der den Router gehackt hat, dann müssen die konkreten Umstände dargelegt werden, unter denen sich der Dritte den unberechtigten Zugang verschafft hat. Das ist im Zweifel kaum möglich. Im vorliegenden Fall wird sich der BGH mit dieser Frage vermutlich nicht näher befasst haben, weil er insoweit auf die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen zurückgegriffen hat und an diese auch gebunden ist.





BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 272/14, I ZR 1/15 - "Tannöd", I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 - "Everytime we touch", I ZR 86/15 - "Silver Linings Playbook"

Hier wurden nachfolgende Schwerpunkte durch die Volltextveröffentlichung sichtbar.
  • 1. Gegenstandswertberechnung mit doppelter Lizenzgebühr hält rechtliche Nachprüfung nicht stand
    • a) es ist der Einzelfall entscheidend und darf nicht pauschalisiert werden
      • aa) Art des Verstoßes
        aaa) Gefährlichkeit und
        aab) Schwere
      b) Aktualität und Popularität des Werk
      • aa) Umfang der bislangen Auswertung durch den RI
    2. § 97a Abs. 2 UrhG a.F. ist auf Filesharing nicht anwendbar

    3. (Rest-) Schadensersatz verjährt nach 10 Jahren

    4. Anschlussinhaber ist nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine volljährigen Besucher und Gäste zu belehren.

    5. Täterschaftsvermutung/sekundäre Darlegungslast wird weiter präzisiert
    • a) Anschlussinhaber ist zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat.
      b) Anschlussinhaber wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast erst dann gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen
    6. Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache
    • a) die Überzeugung von der Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache setzt keine absolute oder unumstößliche Gewissheit voraus, da eine solche nicht zu erreichen ist. Es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen






BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15

Das bislang merkwürdigste Urteil in puncto Filesharing (weder eine öffentliche Urteilsverkündung mit kurzer mündlicher Begründung, noch eine offizielle Pressemitteilung des BGH selbst). Trotz fehlender Urteilsverkündung zum Termin wollen viele Anwälte und ein "Foren-Experte" Indizien einer Beweiserleichterung in kommenden Filesharing Verfahren sehen. Die durch den BGH-Entscheid "Sommer unseres Lebens" begründete Täterschaftsvermutung, an die weiter in "Morpheus" festgehalten und in "BearShare" sowie "Everytime we touch" präzisiert wird, soll nun einmal vom BGH selbst abgegangen werden.

Hier ist jeder gut beraten - als Lehre der Pressemitteilung zu "Sommer unseres Lebens" - die Volltextveröffentlichung zu I ZR 154/15 abzuwarten und dann seine - ellenlangen - Schlussfolgerungen kund zu tun.



Der BGH stellt in "Everytime we touch" seine Aufgaben klar und unstreitig fest und dar:

1. Aufgabe des Tatrichter
  • a) Der Tatrichter ist grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er Indizien, aus denen Rückschlüsse auf den unmittelbaren Beweistatbestand gezogen werden können, im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst.
2. Aufgabe des BGH
  • a) Revisionsrechtlich ist seine Würdigung darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat.
Das bedeutet, der BGH wird die tatrichterliche Würdigung (Beweisaufnahme/Zeugen) nicht ersetzen (wollen)! Über alles andere sollte man mit der Volltextveröffentlichung analysieren und diskutieren.








Trend in Klagen

Aktuell werden einige Trends in Klageverfahren ersichtlich.




1. Die Kanzlei Waldorf Frommer (München) fährt ab 2016 einen härteren Kurs


a) Erhöhung des Schadensersatz

Wurden noch vor und mit Inkrafttreten des GguGpr (09.10.2013; BGBl 2013 I, 3714) für beispielsweise einen Film 450,00 EUR verlangt, erhöhte dieser sich stetig bis 2015 über 600,00 EUR auf 700,00 EUR. 2016 werden aktuell 1.000,00 EUR verlangt.


b) Erhöhung der außergerichtlichen Vergleichssumme

Nachfolgendes stellt meine Meinung dar. Es ist ersichtlich, dass die offensichtliche (Billig-) Strategie der Abgemahnten: "mod. UE - Nichtzahlen - günstiger außergerichtliche Vergleich mit MB" (mit oder mit ohne Anwalt; ca. 650,00 EUR - Abmahnung + ca. 255,00 EUR - Kosten Mahnbescheid) Seiten des Abmahners Einhalt geboten werden soll. 2016/2017 werden wohl nur noch mit Erhalt eines Mahnbescheid Vergleiche mit ca. 1.300,00 EUR möglich sein.

Der Grundgedanke ist rein kaufmännisch gesehen nachvollziehbar. Eine große Zahl der Nichtzahler wird sich wohl zukünftig gründlicher überlegen, ob man mit einer eventuellen außergerichtlichen Vergleichsentscheidung bis zum Mahnbescheid abwartet, oder nicht.





2. Unterschiedliche Handhabung mit Abmahnungen nach dem Inkrafttreten des GguGpr

Mit den 09.10.2013 trat das GguGpr in Kraft und brachte u.a. Änderungen im § 97a UrhG.

§ 97a UrhG a.F. (bis 09.10.2013)
  • (...) (1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.
    (2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro. (...)

§ 97a UrhG n.F. (ab 09.10.2013)
  • (...) (1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
    (2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher Weise
    1. Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
    2. die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
    3. geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzuschlüsseln und
    4. wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
    Eine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam.
    (3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte
    1. eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und
    2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.
    Der in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsan-spruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.
    (4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt. (...)



Hierbei sind zwei Trend erkennbar, die ich an Hand der Kanzleien Sarwari und Waldorf Frommer deutlich machen möchte.



1. Klage mit Aufwendungsersatz + Schadensersatz Abmahnung gem. § 97a UrhG n.F.

Abmahnung Kanzlei Sarwari Rechtsanwälte:

a) Aufschlüsselung der Kosten gem. § 97a Abs. 2 UrhG:
Lizenzschaden: 600,00 EUR
Beweiserhebung gem. § 101 Abs. 9 UrhG: 57,17 EUR
Aufwendungsersatz: 215,00 EUR (Gegenstandswert: 1.000,00 EUR gem. § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG + 657,17 EUR gem. BT-Drucksache 17/13057, S. 29)

aa) Zusatz
  • (...) 2. (...) Der Gegenstandswert für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistung beschränkt sich gem. § 97 a Abs. 3 UrhG für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch auf 1.000,00 EUR. Die Geltendmachung des Lizenzschadensersatzes und der Ermittlungskosten erhöhen den Gegenstandswert entsprechend. Wir weisen darauf hin, dass diese Beschränkung lediglich für de Gebührenberechnung der außergerichtlichen Tätigkeit gilt. Wird der Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend gemacht, beträgt der Gegenstandswert auch nach neuer Gesetzeslage weiterhin 20000,00 EUR (LG Berlin, Beschluss vorn 25.10.2013, AZ 15 0 517/13; LG Frankfurt a. M., Beschluss vorn 23.10.2013, AZ 2-03 0 399/13). (...)
b) pauschaler Abgeltungsbetrag i.H.v. 650,00 EUR


Klage

Wertersatz: 600,00 EUR
Aufwendungsersatz: 215,00 EUR






2. Klage mit vollen Gebühren

Abmahnung Waldorf Frommer:

a) Aufschlüsselung der Kosten gem. § 97a Abs. 2 UrhG:
Lizenzschaden: 700,00 EUR
Aufwendungsersatz: 215,00 EUR (Gegenstandswert: 1.000,00 EUR gem. § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG + 657,17 EUR gem. BT-Drucksache 17/13057, S. 29)

aa) Zusatz
  • (...) Sollte eine einvernehmliche Einigung scheitern und eine gerichtliche Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruches erforderlich werden, wird unsere Mandantschaft vor Gericht darlegen und beweisen, dass ein Streitwert von EUR 1.000,00 unbillig ist. Dies würde zu einem deutlich höheren Aufwendungsersatzanspruch führen. (...)
Klage

Wertersatz: 1.000,00 EUR
Aufwendungsersatz: ca. 506,00 EUR

Waldorf Frommer unterscheidet hierbei zwischen Außergerichtlich und Gerichtlich.


Hierzu gilt,

a) Die Vorschrift des § 97a Abs. 3 UrhG gilt nur für die Abmahnung, also nur für den Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung. Die Vorschrift deckelt den Gegenstandswert nur für die außergerichtliche Streitbeilegung, nicht für nachfolgende Gerichtsverfahren. Das scheint in der juristischen Literatur unstreitig zu sein. (Die Deckelung gilt zudem nur für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten durch den Abgemahnten, während der Gegenstandswert im Verhältnis Kanzlei - Auftraggeber höher sein kann.)
b) Dass der Gegenstandswert doch höher sein kann, wird durch § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG klargestellt (Öffnungsklausel: "unbillig"). Dass sich die Kanzlei bereits in der Abmahnung einen entsprechenden Vortrag vor Gericht vorbehält, ist daher nicht zu beanstanden.

Das heißt, es kann sich der Wert im Verhältnis Kanzlei - Auftraggeber höher darstellen, und dann muss die Kanzlei aufgrund ihrer Pflichten gegenüber dem Auftraggeber sogar dafür sorgen, dass dieser höhere Abmahnaufwendungen als nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG erstattet bekommt, damit er nicht auf einem Teil der Kosten sitzen bleibt.








Forenwelt


Die Prognosen bewahrheiten sich. Die große verschworene "Gemeinschaft" der Filesharing Abgemahnten, die "Forenwelt", ist zum Dahinsiechen verdammt. Diskussionen bzw. Postings von Neu- sowie Altabgemahnten sind extrem rückläufig und nur zu Stoßzeiten (Erhalt eines Mahnbescheides bzw. Klage) ersichtlich. Sicherlich ist die mittlerweile angebotene Informationsvielfalt so groß, dass kein Registrieren und keine Anmeldung erforderlich sind, um sein Anliegen zu erläutern und zur Diskussion zu stellen. Aber, durch den Rückgang der versendeten Abmahnungen bundesweit verliert ein Forum zum Thema Filesharing-Abmahnung an öffentlichen Interesse.


Bild

Bewertungskriterium
Ein "Knallfrosch" ist grün hinter den Ohren und wie ein kleines gefaltetes Papier. Er besteht aus einer einzigen Ladung, die durch mehrfaches Knicken und Falten in mehrere Ladungen aufgeteilt wird. Eine Zündschnur, die den - im wahrsten Sinn des Wortes - Knallkörper vom Anfang bis zum Ende durchläuft, zündet diese nacheinander. Konstruktionsbedingt springt der Knallfrosch dann unkontrolliert und wirr im Forum umher. Knallfrösche knallen in der Regel nicht mehr laut, sondern puffen eher beleidigenden Rauch absondernd und springen nur wenig, da diese viel weniger Substanz enthalten als frühere Varianten. Die Zündschnur entzündet zudem oft nicht alle der geringen Ladungen.




Es ist im Gegenzug ein Zuwachs an verbalen Beleidigungen deutlich, was eine Rückentwicklung im ursprünglichen Sinn und der Qualität eines Forums bedeutet (Neandertaler-Trend).

Es werden jetzt nur noch Neuabgemahnte erwartet, die eine Abmahnung nach dem Inkrafttreten des GguGpr erhielten.


Resümee:
  • 1. die jährlich anzahlmäßig versendeten Abmahnungen sind rückläufig,
    2. abgemahnt (und geklagt) wird,
    • a) in großer Anzahl
      - 1 Kanzlei mit der entsprechenden wirtschaftlichen Klientel (Münchner Kanzlei "Waldorf Frommer")
      b) in geringer "Anzahl"
      - wenige Kanzleien (wie z.B. "rka.-RAe", "Nimrod", "FAREDS", "Schutt, Waetke"; "Daniel Sebastian", "c-Law", "Yussof Sarwari" usw.)



Steffen Heintsch in eigener Sache

2016 hatte ich mein 10-jähriges Jubiläum im Engagement gegen den Abmahnwahn und zur Hilfe, Unterstützung und Aufklärung von Filesharing-Abgemahnte. Danke für die insgesamt drei Glückwünsche, was für mich eine ungeheure Motivation für weitere 10 Jahre darstellt.


Bericht:
Steffen Heintsch: 14.12.2006 - 14.12.2016 - Az. 2006-9132-187439 - 10 Jahre Abmahnwahn - ganz ohne Therapie!








Summa summarum

2017 wird in vieler Hinsicht ein spannendes Jahr. Viele werden kämpfen, um ihre guten Vorsätze entweder schnell zu vergessen oder zumindest versuchen diese umzusetzen. Im März steht ein spannender BGH-Termin betreffs Filesharing an. Und natürlich und insbesondere die anstehende Bundestagswahl, wo man unsere Politiker einmal in 4 Jahren vor den Discounter Volksnah stehen sieht.

Ich würde mir wünschen, dass ...
  • a) die Politik die Bedürfnisse des Volkes statt der Lobby versteht
    b) sich eine echte Alternative zu den vergreisten und "satten" Politikern und ihren (Wahl-) Versprechen formiert.
    c) die "Gutmenschen" und "Wutbürger" ihre Argumente sachlich wechseln, Kritik und Meinungsfreiheit für - alle - gilt
    d) man global und gemeinsam die Ursachen und Folgen von aktuelle Kriegen und Terror beseitigt, statt diese direkt / indirekt zu unterstützen ...
Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.



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Frohes Neues Jahr 2017 Bilder - GBPicsOnline



In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern ein erfolgreiches, abmahnfreies, vor allem gesundes neues Jahr 2017.




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Ihr Steffen Heintsch für AW3P





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Initiative AW3P
z.H. Herr Steffen Heintsch
An der Kirche 11 | 07343 Wurzbach/Thüringen
Telefon: +49 (0)36652 359741 (Festnetz) | Telefax: +49 (0)36652 359742

E-Mail: info@abmahnwahn-dreipage.de

Web:
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#10944 Beitrag von Steffen » Montag 2. Januar 2017, 15:23

Rechtsanwalt Andreas Schwartmann (Köln): Amtsgericht Hannover weist Klage der M.I.C.M., vertreten durch die Kanzlei Negele Zimmel Greuter Beller, ab


15:20 Uhr


Die Firma M.I.C.M. hatte meine Mandantin wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung auf Zahlung von 1.151,80 EUR vor dem Amtsgericht Hannover verklagt. Meiner Mandantin wurde vorgeworfen, den Film "Dark Knight XXX" unerlaubt über eine Tauschbörse weiterverbreitet zu haben.



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Rechtsanwalt Andreas Schwartmann

Robert-Perthel-Str. 45 | 50739 Köln
Tel: 0221-80137193 | Fax: 0221-80137206
E-Mail: info@rechtsanwalt-schwartmann.de | Web: https://rheinrecht.wordpress.com/



Bericht

Link:
https://rheinrecht.wordpress.com/2017/0 ... -i-c-m-ab/



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Meine Mandantin war sich allerdings keiner Schuld bewusst und bestritt den Vorwurf. Sie legte dar, dass außer ihr auch noch ihr Sohn und ihr Ehemann Zugriff auf den Internetanschluss hatten und diesen regelmäßig eigenständig nutzten.

Die Klägerin wurde vertreten durch die Kanzlei Negele, Zimmel, Greuter, Beller. Zur mündlichen Verhandlung über die Klage erschien für die Gegenseite jedoch niemand, so dass die Klage mittels Versäumnisurteil abgewiesen wurde.

Dagegen wurde kein Einspruch eingelegt. Das Versäumnisurteil wurde also rechtskräftig.

Auf Klägerseite verlegte man sich nun darauf, die Klage auf den Sohn meiner Mandantin zu erweitern. Denn schließlich hätte die beklagte Anschlussinhaberin ja behauptet, dass auch der Sohn Zugang zum Internet gehabt habe.


Das Amtsgericht Hannover wies nun auch diese Klageerweiterung ab:
  • "Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil sie die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung seitens des Beklagten zu 2. nicht beweisen konnte. Da der Beklagte zu 2. nicht Anschlussinhaber war, bestand keine tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft, selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Rechtsverletzung unter Verwendung des streitgegenständlichen Anschlusses begangen wurde. (...) Die Klägerin war verpflichtet, hinsichtlich der Täterschaft des Beklagten zu 2. den Vollbeweis zu erbringen. Geeignete Beweisantritte hierzu hat sie nicht vorgetragen."




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Hannover, Urteil vom 15.12.2016, Az. 419 C 14172/15,
Klage Negele - Zimmel - Greuter - Beller,
Rechtsanwalt Andreas Schwartmann,
Versäumnisurteil,
Klageerweiterung,
sekundäre Darlegungslast

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#10945 Beitrag von Steffen » Dienstag 3. Januar 2017, 15:20

Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Zweifelhafte Sippenhaft am Amtsgericht Charlottenburg


15:20 Uhr


In einem aktuellen Filesharing Fall hat das Amtsgericht Charlottenburg ein fragwürdiges Urteil zugunsten der Abmahnindustrie gesprochen. Ein Familienvater darf nicht für Frau und Kinder in Sippenhaft genommen werden.



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E-Mail: info@wbs-law.de | Web: www.wbs-law.de





Bericht

Link:

https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... urg-70839/



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Der Familienvater hatte eine Filesharing Abmahnung von einer Hamburger Anwaltskanzlei erhalten. Die Abmahnanwälte warfen ihm im Auftrage ihres Rechteinhabers vor, dass er das Computerspiel "Risen 2" illegal über eine Tauschbörse verbreitet hat. Weil er nicht zahlen wollte, verklagte ihn die Abmahnkanzlei auf Zahlung von 697,40 EUR Schadensersatz. Ferner sollte er für die Abmahnkosten in Höhe von 550,60 EUR aufkommen.



Vater soll für Leugnen seiner Angehörigen haften

Obwohl wir das Amtsgericht Charlottenburg darauf hingewiesen haben, dass es sich um einen Familienanschluss handelt, verurteilte es ihn mit Urteil vom 20.12.2016 (Az. 214 C 103/16). Der Anschlussinhaber soll als Täter auf Schadensersatz haften, obwohl seine Angehörigen ebenfalls Zugang auf seinen Anschluss gehabt haben. Das Amtsgericht Charlottenburg begründete dies damit, dass Ehefrau und seine beiden Kinder die Begehung von Filesharing geleugnet haben. Darüber hinaus zog das Gericht in auf Ersatz der Störerhaftung heran, obwohl er sein minderjähriges Kind belehrt hatte.



Filesharing: Angehörige brauchen sich nicht selbst zu verpfeifen

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg ist nach unserer Auffassung nicht der gesetzlichen Beweislastverteilung vereinbar. Hiernach braucht der Anschlussinhaber lediglich darzulegen, dass seine Angehörigen möglicherweise die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung begangen haben. Hierzu reicht es auch, dass er ihnen den Zugriff gestattet hat. Er braucht hingegen nicht den wirklichen Täter zu überführen. Denn das Verpfeifen von Angehörigen ist nicht zumutbar. Dies hat der Bundesgerichtshof kürzlich in einem von uns geführten Verfahren klargestellt (BGH -Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15). Ebenso wenig darf von nahen Angehörigen erwartet werden, dass sie sich selbst des Filesharing bezichtigen. Genau das verlangt das Amtsgericht Charlottenburg hier aber.



Keine Störerhaftung bei ordnungsgemäßer Belehrung

Darüber hinaus geht das Gericht hier nicht darauf ein, dass der Vater seiner Belehrungspflicht gegenüber seinem minderjährigen Sohn nachgekommen ist. Gegenüber volljährigen Angehörigen besteht normalerweise keine Belehrungspflicht. Denn die Musikindustrie ist hier nicht der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nachgekommen. (HAB)





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AG Charlottenburg, Urteil vom 20.12.2016, Az. 214 C 103/16,
Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte,
Klage .rka Rechtsanwälte,
sekundäre Darlegungslast

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#10946 Beitrag von Steffen » Donnerstag 5. Januar 2017, 16:01

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR (Köln):
Filesharing Niederlage vor dem Amtsgericht Köln
für Waldorf Frommer -
Ermittlungsfehler war möglich -
keine "echte" Mehrfachzuordnung!




16:00 Uhr



Wenn ein Provider zweimal eine IP-Adresse demselben Anschlussinhaber zuordnet, kann ihm dabei schnell ein Filesharing Ermittlungsfehler passieren. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichtes Köln.



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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesh ... ich-70879/



Urteil im Volltext:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ag_koeln ... 61215.html



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Eine Abmahnkanzlei hatte den Inhaber eines Internetabschlusses wegen Filesharing abgemahnt. Sie warf ihm vor, dass er den Film "Seelen" über eine Tauschbörse verbreitet hat. Die Kanzlei berief sich darauf, dass der Provider die ermittelte IP-Adresse zweimal seinem Anschluss zugeordnet hat. Die sei an einem Tag um 02.39 Uhr und um 09.59 Uhr geschehen.

Aus diesem Grunde sollte der Anschlussinhaber 600,00 EUR Schadensersatz zahlen. Ferner sollte er die Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR ersetzen. Doch der abgemahnte Anschlussinhaber weigerte sich zu zahlen. Er berief sich vor allem darauf, dass es hier zu einem Ermittlungsfehler gekommen ist.



Filesharing Ermittlungsfehler bei zweifacher Zuordnung einer IP-Adresse

Das Amtsgericht Köln wies die Klage des Rechteinhabers mit Urteil vom 15.12.2016 (Az. 148 C 389/16) ab. Denn der Rechteinhaber hatte nicht nachgewiesen, dass die festgestellte Urheberrechtsverletzung durch den Anschlussinhaber erfolgt ist.

Hierzu reicht die Ermittlung einer einzigen IP-Adresse innerhalb eines Zeitraums von mehreren Stunden nicht aus. Das gilt vor allem dann, wenn der Provider diese kurz hintereinander zweimal dem gleichen Anschlussinhaber zugeordnet hat.

Dies begründete das Amtsgericht Köln damit, dass es hier schnell ein Ermittlungsfehler unterläuft. Das kann dadurch geschehen, dass die IP-Adresse falsch erfasst wird. Oder dem Internetprovider unterläuft ein Zuordnungsfehler. Dies ist einmal technisch bedingt möglich. Darüber hinaus hält das Amtsgerichtes Köln auch für möglich, dass das Personal des Providers die Auskunft bewusst manipuliert hat.



Fazit:

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Köln zeigt, dass viele Gerichte gegenüber der Abmahnindustrie kritischer geworden sind. Sie nehmen ihr nicht ab, dass Ermittlungsfehler ausgeschlossen sind. Hier kommt es zu beträchtlichen Fehlerquoten, die zum Teil über 50% liegen. Von daher sollten Sie sich bei einer Abmahnung durch einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale beraten lassen. In vielen Fällen werden Unschuldige wegen Filesharing abgemahnt. (HAB)





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AG Köln, Urteil vom 15.12.2016, Az. 148 C 389/16,
Ermittlungsfehler,
Rechtsanwalt Christian Solmecke,
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Klage Waldorf Frommer,
keine "echte" Mehrfachzuordnung,
zweifacher Zuordnung einer IP-Adresse

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#10947 Beitrag von Steffen » Freitag 6. Januar 2017, 17:49

AG Charlottenburg, Urteil vom 20.12.2016, Az. 214 C 103/16




  • (...) Beglaubigte Abschrift

    Amtsgericht Charlottenburg



    Im Namen des Volkes

    Urteil



    Geschäftsnummer: 214 C 103/16

    verkündet am : 20.12.2016
    [Name], Justizbeschäftigte


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin,

    - Prozessbevollmächtigte: [Name], -


    gegen


    [Name],
    Beklagten,

    - Prozessbevollmächtigte: [Name], -



    hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 214, auf die mündliche Verhandlung vom 06.12.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

    für Recht erkannt:
    • 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.253,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2016 zu zahlen. Wegen der weitergehenden Zinsförderung wird die Klage abgewiesen.

      2. Die durch die Anrufung. des Amtsgerichts Mitte entstandenen Kosten hat die Klägerin zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreites hat der Beklagte zu tragen.

      3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollsteckbar.


    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Ansprüche wegen einer Urheberrechtsverletzung.

    Die Klägerin ist führende Produzentin und Vermarkterin digitaler Unterhaltungsprodukte und weltweit aktiv. Der Beklagte ist Inhaber des Internetanschlusses einer Dreizimmerwohnung in der [Anschrift]. Das dazugehörige WLAN war in der Zeit vom 10. - 15.01.2013 durch ein individuelles Passwort (WPA2) verschlüsselt. Der Beklagte ist verheiratet und hat eine minderjährige Tochter und einen Sohn, der zur streitgegenständlichen Zeit Minderjährig war.

    Ermittlungen der von der Klägerin beauftragten [Name] führten zu dem Ergebnis, dass über den Internetanschluss des Beklagten Dateien des Computerspiels [Name] zum Herunterladen angeboten wurden. Die [Name] ging so vor, dass das Spiel über das Internet heruntergeladen und mit Hilfe einer EDV-Software ermittelt wurde, über welche IP-Adressen Bestandteile des Spiels zur Verfügung gesteift wurden. Mithilfe des Hashwerts glich sie die 'einzelnen Dateien . mit der Originaldatei ab; Zusätzlich wurde mit Hilfe eines sogenannten "Fingerprinting-Verfahrens" überprüft, ob die heruntergeladene und die Originaldatei tatsächlich identisch waren. Dazu wurde das Spiel vollständig heruntergeladen und von zwei Mitarbeitern unabhängig überprüft. Anschließend wurde von der Beklagten ein Auskunftsverfahren nach § 101 UrhG eingeleitet. Das LG Köln genehmigte die Herausgabe der Nutzerdaten.

    Mit Schreiben vom 21.02.2013 warf die Klägerin dem Beklagten vor, über seinen Internetanschluss das Computerspiel [Name] illegal im Internet zum Herunterladen anzubieten. Sie mahnte den Beklagten darin ab und forderte ihn unter Fristsetzung bis zum 04.03.2012 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.

    Die Klägerin trägt vor, an dem Spiel [Name] die exklusiven Lizenzrechte in Deutschland zu besitzen. Sie behauptet, das Spiel sei von der [Name] entwickelt worden. Die Rechte an dem Spiel seien ihr durch Vertrag übertragen worden. Zur Begründung ihrer Rechteinhaberschaft meint die Klägerin, die Vermutung des § 10 UrhG greife vorliegend. Sie behauptet, über den Internetanschluss des Beklagten seien im Zeitraum 10.- 15.01.2013 Dateien mit dem Spiel zum Herunterladen angeboten worden. Die [Name] habe an den fünf Tagen das Anbieten zu 51 Einzelzeitpunkten mit zahlreichen, dem Beklagten zuzuordnenden IP-Adressen festgestellt.

    Unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung meint sie, es spreche eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten. Den Beklagten treffe die sekundäre Darlegungslast aufzuzeigen, wer zum Tatzeitpunkt Zugang zu seinem Internetanschluss hatte und als Täter in Betracht kommt. Dazu müsse der Beklagte solche Personen namentlich nennen und durch Erklärungen über ihr Nutzerverhalten u.Ä. darlegen, warum sie als Täter in Betracht kommen. Zu diesem Zweck sei der Beklagte,zu Nachforschungen verpflichtet. Sie meint, ihr stehe ein Schadensersatzanspruch. i.H.v. 697,40 EUR aus § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG zu. Ferner behauptet die Klägerin, ihr seien Abmahnkosten in Höhe von 550,60 EUR entstanden. Sie trägt vor, das sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Rechtlich ist sie der Auffassung, ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergebe sich aus § 97 UrhG, aus §§ 683, 670 BGB sowie aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. Die Höhe folge einem Gegenstandswert i.H.v. 8:000,00 EUR. Sie sei objektiv berechtigt gewesen zur Abmahnung, weil ein materieller Unterlassungsanspruch bestanden habe.



    Die Klägerin beantragt,
    den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.253,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sei 03.05.2015 zu zahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte behauptet, in der Wohnung mit seiner Ehefrau und zwei Kindern zu wohnen. Seine Tochter und Ehefrau hätten jeweils über ein eigenes Notebook, sein Sohn über einen eigenen PC verfügt, mit dem alle eigenständig das Internet genutzt hätten. Seine beiden Kinder, die jeweils eigene Zimmer bewohnen, würden das Internet eigenständig und vornehmlich für soziale Medien nutzen. Für Spiele würden sie die Playstation nutzen: Er habe seine Kinder vor dem 10.01.2013 belehrt, keine Tauschbörsen über das Internet zu nutzen. Es habe keine Anzeichen gegeben, dass seine Frau oder die Kinder das Internet zu illegalen Zwecken genutzt hätten. Nach Erhalt der Abmahnung habe er seine Kinder gefragt, ob sie das Spiel zum Herunterladen angeboten hätten, was beide abgestritten hätten. Der Kläger trägt jedoch vor, es könne nicht ausgeschlossen werden; dass seine Kinder das Spiel tatsächlich aber angeboten hätten. Der Beklagte meint, er habe alles Zumutbare getan. Die vom Kläger geltend gemachte tatsächliche Vermutung einer Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers greife nach BGH-Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 - "BearShare") nur, wenn die Person allein lebe. Die Vermutung gelte nicht, wenn der Zugang ungesichert oder bewusst Dritten überlassen worden sei Nach Auffassung des Beklagten reiche es, dass der Anschlussinhaber das darlege. Beweispflichtig sei er nicht. Von dieser Rechtsauffassung sei der BGH auch in jüngerer Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I"; BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14 - "Tauschbörse II"; BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14 - "Tauschbörse III") nicht abgewichen. Eine Nachforschungspflicht durch Befragung bestehe nur in Bezug auf eine abstrakte Zugriffsmöglichkeit Dritter. Der Beklagte meint, seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen zu sein durch Benennung seiner Familienangehörigen und ihrer technischen Zugangsmöglichkeiten. Gegen Belehrungspflichten habe er auch nicht verstoßen, da diese abstrakt gegenüber Erwachsenen gar nicht bestünden. Anhaltspunkte habe .es keine gegebenen. Sein damals minderjährigen Sohn habe er ausdrücklich belehrt. Der Beklagte meint, es bestehe ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der herausgegebenen Nutzerdaten. Durch das Urteil des LG Köln sei nur der Telekom AG erlaubt worden, die Daten herauszugeben. tatsächlich sei seit 2010 jedoch die Telekom GmbH der Internetprovider. ihr sei nicht gestattet gewesen, die Daten herauszugeben. Ferner trägt der Beklagte vor, das von der [Name] angewendete Verfahren sei nicht fehlerfrei. Er behauptet, nur aus einem Bruchteil des Spiels lasse sich nicht ermitteln, dass das ganze Spiel bei einem Nutzervorhanden sei. Nach seiner Auffassung sei ein solcher Bruchteil, sogenannter Chunk, urheberrechtlich nicht geschützt. Überdies behauptet er, Hashwerte seien oft falsch zugewiesen. Weil in der Abmahnung nur fünf Zeitpunkte genannt waren, behauptet der Beklagte, die weiteren von der Klägerin genannten Zeitpunkte seien nicht im beschriebenen Verfahren ermittelt worden. Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs ist der Beklagte der Auffassung; die Klägerin müsse für eine Lizenzanalogie die tatsächliche Lizenzierungspraxis darlegen. Die Klägerin müsse auch konkret darlegen, welcher Schaden ihr entstanden sei beispielsweise durch Angaben, wie viele Personen auf die Datei zugegriffen hätten. Die Abmahnkosten, deren Anfallen der Beklagte ausdrücklich bestreitet, seien gem. § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG, der auch Altfälle erfasse, an einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR zu bemessen.


    Die Klägerin meint, der Beklagte sei seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Er habe lediglich allgemeine Aussagen zu seiner Familiensituation getroffen. Die Klägerin behauptet, weder die Ehefrau und die beiden Kinder hätten das Spiel zum Herunterladen angeboten, sondern der Beklagte. Hilfsweise trägt die Klägerin vor, der Sohn habe das Spiel angeboten. Dafür, meint sie, hafte der Beklagte gem. § 832 8G8.

    Es wurde Beweis erhoben gem. Beschluss vom 19.07.2016., Bl. 148 d. A., durch Vernehmung der Zeugin [Name]. Wegen des. Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 16.08.2016, Bl. 160 d. A. verwiesen. Ferner wurde Beweis erhoben gem. Beschluss vom 16.08.2016, Bl. 160 d. A., durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Zeugenaussage vom 20.09.2016, Bl. 170 d. A., verwiesen. Es wurde Beweis erhoben gem. Beschluss vom 01.11.2016, Bl. 198 durch Vernehmung der Zeugen [Namen]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 01.11.2016, Bl. 198 d. A. sowie vom 06.12.2016, BI.209 verwiesen.




    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 697,40 EUR aus § 97 Abs. 2 8. 3 UrhG gegen den Beklagten.

    Sie hatte die entsprechenden Nutzungsrechte an dem Spiel [Name]. Nach dem Vortrag der Klägerin wurde das Spiel von der [Name] unter dem Label [Name] entwickelt. Die Klägerin hat hier erfolgreich Beweis erbracht durch die Zeugenaussage des Geschäftsführers der Komplementärin der [Name] der den Vortrag der Klägerin bestätigt. Die klare Beweisfrage, wurde hier gem. § 377 Abs. 3 ZPO ausreichend schriftlich beantwortet.
    Ferner behauptet die Klägerin, ihr seien die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Spiel vertraglich eingeräumt worden. Hierzu legt sie den Vertrag mit der [Name] sowie
    eine Ablichtung der CD-ROM vor. Die Klägerin kann sich hier, wie der Beklagte zurecht meint, nicht auf die Vermutungswirkung des § 10 UrhG berufen, weil dieser ausweislich seines Abs. 3 nur im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und bei Unterlassungsansprüchen gilt, Ein Indizienbeweis bleibt in jeden Fall aber möglich (BGH, Urteil vom 11.06.2016, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I", Rn. 20). Der vorgetragene Vertragsinhalt sowie die CD-Aufschrift reichen meines Erachtens aus, um die ausschließlichen Nützungsrechte ausreichend darzulegen. Der Beklagte müsste konkret einen dieser Inhalte bestreiten. Sein pauschales Bestreiten der Rechte der Klägerin genügt nicht.

    Die Klägerin legt überzeugend Schritt für Schritt dar, wie der Anschluss. des Beklagten ermittelt wurde und dass nicht nur eine, sondern mehrere IP-Adressen festgestellt wurden, die dem Beklagten zuzuordnen waren. Unter diesen besonderen Umständen bestehen an der Ermittlung keine Zweifel. Eine Fehlzuordnung liegt außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, nachdem der Provider auf Grund voneinander unabhängiger Abfragen für jede der verschiedenen IP-Adressen einen. Anschluss benannt hat. (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013, Az. 6 11 93/13, Juris ). Ohne besondere Anhaltspunkte ist von der Richtigkeit der Angaben des Internetproviders auszugehen (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14 - "Tauschbörse I").

    Darüber hinaus macht der Beklagte ein Beweisverwertungsverbot geltend, was die Providerauskunft angeht. An dem Verfahren vor dem LG Köln war die Deutsche Telekom AG beteiligt. Der Beklagte behauptet, seit 01.04.2010 wickele hingegen die Deutsche Telekom GmbH alle Privatkundengeschäfte ab. Ein konkreter Vortrag, dass nicht die Deutsche Telekom AG Vertragspartner des Beklagten ist, hat er nicht erbracht. Ferner käme es darauf nicht an, wenn es sich um verbundene Unternehmen handelt.

    Der Vortrag des Beklagten, die genutzten Hashwerte seien teils fehlerhaft, mag inhaltlich richtig sein, ist aber unbeachtlich. Nach dem klägerischen Vortrag wurde zusätzlich das sogenannte "Fingerprinting-Verfahren" durchgeführt. Insbesondere die unabhängige Überprüfung durch zwei Mitarbeiter hätte Fehler bei den Hashwerten aufgedeckt.

    Ebenso unbeachtlich ist der Einwand des Beklagten, aus einzelnen Bruchteilen lasse sich nicht schließen, dass von seinem Anschluss aus die gesamte Datei zugänglich gemacht wurde. Zwar ist es richtig, dass Bruchteile regelmäßig schon anderen Nutzern angeboten werden, während der eigene Herunterladevorgang noch läuft, das Spiel also noch' nicht vollständig auf dem eigenen Rechner gespeichert, ist. Darauf kommt es aber letztlich nicht an, denn auch einzelne sogenannte "Chunks" sind urheberrechtlich geschützt (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19114 - "Tauschbörse I", Rn. 27).

    Die Täterschaft des Beklagten ist anzunehmen, da das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon ausgeht, dass ein Dritter für die Rechtsverletzung verantwortlich sein könnte, vgl. BGH, Urteil vom 12.05.201, I ZR 48/15 - "Every time we touch".

    Der Beklagte behauptet im Rahmen. seiner sekundären Darlegungslast, dass er mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern zum streitgegenständlichen Zeitpunkt in der Wohnung gewohnt und jeder eigenständig Zugang zum Internet gehabt habe.

    Die entscheidende Frage ist , ob sich daraus auch ergibt, dass jemand von ihnen als Täter in Betracht kommt. Dafür spricht allgemein die Möglichkeit der Täterschaft bei Zugang zum Internet. Die beiden Kinder waren auch in einem Alter, in dem man solche Spiele spielt, und nach dem Vortrag des Beklagten und der Zeugin spiele. Dagegen ist jedoch hervorzuheben, dass sie ebenfalls nach dem Vortrag des Beklagten und der Zeugin eine Spielekonsole hatten und gerade nicht Computerspiele spielten.

    Nach der Beweisaufnahme ist nicht die Annahme gerechtfertigt, dass einer der Familienangehörigen die Tat begangen hat. Alle drei Zeugen haben eindeutig ausgesagt; dass sie keine Tauschbörse benutzt und das Spiel [Name] nicht zum Download angeboten haben. Grund zum Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen hat das Gericht nicht.

    Die Klägerin beruft sich auf die Lizenzanalogie aus § 97 Abs. 3 S. 3 UrhG, um einen Schaden i.H.v. 697,40 EUR geltend zu machen. Das ist für ein gängiges Computerspiel ein angemessener Betrag, vgl. BGH "Every time we touch" a.a.O. 200,00 EUR für ein einzelnes Musikstück.

    Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. 550,60 EUR aus § 97a Abs. 3 UrhG. Da eine Täterschaft des Beklagten bejaht wird, haftet er auch auf Ersatz der Abmahnkosten.

    Die Klägerin behauptet, dass ihr Abmahnkosten i.H.v. 550,60 EUR angefallen sind. Der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin tatsächlich diese Aufwendungen gehabt habe. Insbesondere seien solche Beauftragungen in der Regel mit der Vereinbarung verbunden, dass im Falle einer später erhobenen Klagen keine Kosten für die Abmahnung an den Rechtsanwalt zu zahlen seien. Der Beklagte meint, die Klägerin müsse nachweisen, dass hier eine solche Absprache nicht getroffen worden sei. Der Anspruch aus § 97a Abs. 3 UrhG setzt voraus, dass der Berechtigte tatsächliche Aufwendungen hatte. Das muss er im Bestreitensfall - wie hier - beweisen. Die Rechtsauffassung des Beklagten geht fehl, dass der Berechtige von vornherein das Nichtvorliegen einer solchen Sondervereinbarung darlegen und beweisen müsse, denn es spricht keine Vermutung, dass die Beauftragung zur Abmahnung eine solche'Absprache enthält. Es bleibt jedoch beim Grundsatz, dass die Klägerin für alle anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist. Nach dem Bestreiten des Beklagten müsste die Klägerin Beweis antreten, dass die Kosten tatsächlich. angefallen sind.

    Ferner wendet sich der Beklagte gegen die Höhe der Abmahnkosten. Die Klägerin hatte einen Gegenstandswert von 8.000,00 EUR angesetzt. Der Beklagte hingegen meint, § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG gelte auch für den vorliegenden Fall.

    § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG wurde aber erst durch. Gesetz vom 01.10.2013 eingeführt, während das Abmahnschreiben bereits am 04.03.2013 und somit vor dessen Inkrafttreten abgefasst wurde. Der Gegenstandswert für die Abmahnung entspricht dem Streitwert der Hauptsache (Beck'scher OK-Reber, UrhG, § 97a, Rn. 26). Es gilt daher insoweit das oben Genannte hinsichtlich Höhe des 'Verkaufpreises und Anzahl der Vorgänge, die zu Grunde zu legen 'sind. 8.000,00 EUR als Gegenstandswert für ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel erscheint angemessen, vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 1/15 -"Tannöd", 10.000,00 EUR für einen Film.

    Die Zinsen folgen aus den:§§.291, 288 Absatz 1 ZPO. Eine vorherige Mahnung nach Zugang der ersten Rechnung ist nicht vorgetragen, so dass von Verzugseintritt nicht ausgegangen werden kann. Die Voraussetzungen des § 286 Absatz 3 ZPO sind nicht vorgetragen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Absatz 11. S.1., 281 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S.1 ZPO.




    Rechtsbehelfsbelehrung

    Gegen die Entscheidung. können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.


    1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

    Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen

    oder

    Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.


    2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

    Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen:

    Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.


    3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

    Die Berufung muss schriftlich durch' Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

    Landgericht Berlin
    Littenstraße 12-17
    10179 Berlin


    eingelegt werden.

    Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die'Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

    Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von ihrer Rechtsanwältin/ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

    Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.


    4. Welche Fristen sind zu beachten?

    Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

    Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

    Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.


    [Name]


    Für die Richtigkeit der Abschrift Berlin, den 20.12.2016

    [Dienstsiegel]

    [Name]
    Justizbeschäftigte

    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne Unterschrift gültig.




    Hinweis zur Sicherheitsleistung

    Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten. Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts

    - in Berlin nur bei dem

    Amtsgericht Tiergarten,
    Turmstraße 91,
    10559. Berlin


    - auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

    Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

    Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

    Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (...)




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AG Augsburg, Az. 18 C 2074/15

#10948 Beitrag von Steffen » Samstag 7. Januar 2017, 08:45

Kanzlei Andresen (Landsberg am Lech): Filesharing Sieg gegen Kanzlei Negele vor dem Amtsgericht Augsburg


08:45 Uhr


Auf dieses Verfahren und die zu Gunsten meines Mandanten zu berücksichtigenden Argumente bin ich bereits in dem Beitrag "Filesharing Verfahren Negele RAe" eingegangen.

Das Urteil des AG Augsburg, mit dem die Filesharing-Klage abgewiesen wurde, liegt nunmehr vor. Es ist noch nicht rechtskräftig - die Kanzlei Negele hat Berufung eingelegt.



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Bild

Rechtsanwältin Frauke Andresen



Kanzlei Andresen

Rudolf-Diesel-Str. 7 | 86899 Landsberg am Lech
E-Mail: kanzlei.andresen(at)gmail.com | Web: http://von-wegen-abmahnung.de/
Tel.: 08191/6474513 | Fax: 08191/6474514



Bericht

Link:
http://von-wegen-abmahnung.de/blog/file ... lei-negele



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Mit der Klage wird meinem Mandanten eine Urheberrechtsverletzung zu einem konkreten Zeitpunkt unterstellt - und zwar am 16.08.2012 um 14:17:01 Uhr. Zu dieser Zeit war er nachweislich nicht zu Hause, sein Computer war ausgeschaltet und auch über kein anderes seiner internetfähigen Endgeräte bestand Zugang zu seinem Netzwerk. Zu diesem konkreten Zeitpunkt war aber seine Mutter zu Hause und hatte Zugriff auf sein Netzwerk.


Im Verfahrensverlauf wurden von beiden Parteien weitere Beweise vorgelegt
  • ein Ermittlungsdatensatz der Klägerseite, mit dem nachgewiesen werden sollte, dass der Uploadvorgang fast durchgehend über zwei Tage aufrecht erhalten worden sein soll und
  • ein Routerprotokoll des im Haushalt des Beklagten genutzten Routers, mit dem nachgewiesen wurde, dass kein internetfähiges Endgerät aus dem Haushalt meines Mandanten über den gesamten, durch die Klägerseite dokumentierten, Zeitraum mit dem Netzwerk verbunden war.
Daraus ergab sich bereits erstinstanzlich ein interessanter Aspekt: Beschränkt man sich auf den konkret in der Klage angegebenen Zeitpunkt, wurde nachgewiesen, dass mein Mandant nicht der Täter sein kann. Ein abweichender Geschehensablauf ergibt sich daraus, dass seine Mutter zu diesem Zeitpunkt Zugriff auf das Netzwerk hatte. Würdig man aber den gesamten Zeitraum, gibt es zwei weitere Möglichkeiten - die behauptete Rechtsverletzung wurde durch einen Hacker begangen oder die IP-Adresse wurde fehlerhaft ermittelt.

Das AG Augsburg bezieht sich im Urteil in erster Linie auf die Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes durch die Zugriffsmöglichkeit der Mutter meines Mandanten.






AG Augsburg, Urteil vom 26.11.2015, Az. 18 C 2074/15


  • (...) IM NAMEN DES VOLKES

    In dem Rechtsstreit


    KIaus Buttgereit BB Video- Produktions- und Vertriebsgesellschaft mbH (...)
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Negele, Zimmel, Greuter, Beller (...)

    gegen


    (...)
    - Beklagter -

    Prozessbevollmächtigte : Rechtsanwältin Andresen Frauke, Rudolf-Diesel-Straße 7, 86899 Landsberg am Lech, (...)


    wegen Forderung


    erlässt das Amtsgericht Augsburg durch den Richter am Amtsgericht (...) am 26.11.2015 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2015 folgendes

    Endurteil

    Die Klage wird abgewiesen.
    Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



    Tatbestand:

    Die Klägerin ist Inhaberin von Nutzungs- und Verwertungsrechten von Filmwerken.

    Der Beklagte hat unter der IP-Adresse (...) einen Internetanschluss. Der genutzte WLAN Router ist ausreichend verschlüsselt. Der Internetanschluss wird au:h von seiner Mutter, der Zeugin (...), genutzt, welche u.a. einen Laptop hat.

    Am 16.08.2012 um 14:17:01 Uhr wurde über die Internetadresse des Beklagten eine Datei mit dem Info-Hashwert 0E1A485AAC8F310D89647C7931D1D07ED3042AA2 zum Download angeboten. Die Klägerin mahnte den Beklagten wegen eines behaupteten Urheberrechtsverstoßes am 18.09.2012 durch Anwälte ab. Der Beklagte gab am 24.09.2012 die Unterlassungserklärung ab, ohne die geforderten Abmahngebühren sowie den geforderten Schadenersatz zu zahlen.

    Die Klägerin behauptet, sie habe die Verwertungsrechte an dem urheberrechtlich geschützten pornografischen Film "Sexkontakte einfach mal fremdficken Sexdates". Der Beklagte selbst habe über die lnternettauschbörse BitTorrent am 16.08.2012 um 14:17:01 Uhr diesen Film zum Download angeboten.

    Soweit der Beklagte behaupte, er könne es nicht ausschließen, dass seine Mutter den vorgeworfenen Download vorgenommen hat, sei er seiner sekundären Darlegungslast in nicht ausreichender Weise nachgekommen. Aus der von dem Beklagten vorgelegten Log-Datei seines Routers ergäbe sich, dass ein behaupteter Hacker-Angriff nicht vorgelegen habe. lm übrigen würde der Beklagte im Fall der Täterschaft der Mutter nach den Grundsätzen der Störerhaftung haften.



    Die Klägerin behauptet,
    einen Schadensersatzanspruch gemäß der Lizenzanalogie in Höhe von 1.500,00 EUR zu haben, den sie vorliegend mit einem Teil von 500,00 EUR einklagt. Unter Zugrundelegung der Rechtsanwaltsgebühren für die erfolgte Abmahnung in Höhe von 651,80 EUR beantragt die Klägerin:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.151,80 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.



    Der Beklagte beantragt,
    Klageabweisung.

    Der Beklagte behauptet, der von der Klägerin ermittelte Info-Hashwert repräsentiere den Film "10 Deutsche Sexdates" und nicht den streitgegenständlichen Film. Der streitgegenständliche Film sei urheberrechtlich nicht geschützt. Die ermittelte Datei sei nicht mit dem streitgegenständlichen Film abgeglichen worden.

    Der Beklagte bringt vor, er sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht zu Hause, anwesend sei jedoch seine Mutter gewesen. Er könne die Täterschaft seiner Mutter nicht ausschließen. Er gehe allerdings davon aus, dass ein Hacker-Angriff stattgefunden habe. Bei dem von ihm verwendeten Router sei eine Sicherheitslücke bekannt. Ein Hacker habe wohl unter seiner IP-Adresse den streitgegenständlichen Download vorgenommen. Aus der Log-Datei seines Routers ergäbe sich, dass kein internetfähiges Endgerät aus dem Haushalt zum streitgegenständlichen Zeitpunkt mit dem Internet verbunden gewesen sei.

    Bezüglich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

    Das Gericht hat den Beklagten persönlich angehört.

    Es hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin (...). Bezüglich der Aussage der Zeugin wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.10.2015 verwiesen.



    Entscheidungsgründe:


    I.

    Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Abmahnkosten und keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer täterschaftlich begangenen Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten.


    1.

    Nach der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Beklagte am 16.08.2012 den streitgegenständlichen Film über eine Internettauschbörse zum Download angeboten hat.


    a)

    Nach Auffassung des Gerichts spricht schon keine Vermutung der Täterschaft für den Beklagten. Zwar ist dieser Inhaber des streitgegenständlichen Internetanschlusses. Dieser Anschluss wird jedoch unstreitig auch durch die Mutter des Beklagten mit deren Laptop genutzt. Bei einem Mehrpersonenhaushalt besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass bei freiem Zugriff der dem Haushalt angehörigen Personen auf den Internetanschluss der Anschlussinhaber eine Urheberrechtsverletzung täterschaftlich begangen hat.

    Dementsprechend hat die Mutter des Beklagten in ihrer Zeugenaussage angegeben, dass sie den Internetanschluss regelmäßig mit ihrem iPhone und ihrem Laptop nutzt.


    b)

    Selbst wenn man von einer sekundären Darlegungslast des Beklagten ausgehen würde, hätte der Beklagte diese vorliegend erfüllt.

    Die sekundäre Darlegungslast erfordert, dass der Anschlussinhaber Tatsachen vorträgt, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass die Urheberrechtsverletzung von einer anderen Person begangen wurde.

    Hier hat der Beklagte unter Angabe des Namens und der Anschrift seiner Mutter vorgetragen, dass diese seinen Internetanschluss mit ihren internetfähigen Geräten nutze und zum streitgegenständlichen Zeitpunkt alleine zu Hause war. Die Klägerin wurde somit in die Lage versetzt, durch Benennung der Mutter als Zeugin ihrer Beweispflicht der täterschaftlich begangenen Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten nachzukommen.

    Nicht entscheidend ist, dass der Beklagte selbst eine Urheberrechtsverletzung durch seine Mutter für weniger wahrscheinlich hält, als einen Hackerangriff. Die ernsthafte Möglichkeit einer täterschaftlichen Begehung durch die Mutter wurde - zur Überzeugung des Gerichts - dargelegt, auch wenn der Beklagte selbst nicht daran glaubt.


    2.

    Die Klägerin konnte ihrer Beweispflicht nicht nachkommen.

    Die von der Klägerin benannte Zeugin (...) wurde einvernommen. Die Zeugin bestätigte, dass sie zum streitgegenständlichen Zeitpunkt zu Hause war. Sie gab an, sie habe dies im Nachhinein in ihrem Kalender nachgeschaut. Da nachmittags eine Handwerksfirma im Haus war, könne sie mit Sicherheit sagen, dass auch sie zu Hause gewesen war. Sie habe neben einem Handy auch einen Laptop. Sie nutze grundsätzlich den Internetanschluss ihres Sohnes. Auf konkrete Nachfrage des Gerichts, ob sie sich damals einen Pornofilm heruntergeladen habe, gab die Zeugin an, sie mache nunmehr von ihrem sachlichen Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Auch auf spätere Nachfrage des Klägervertreters machte die Zeugin (...) von ihrem sachlichen Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

    Bei diesem Sachverhalt hält es das Gericht für möglich, dass - unterstellt, es habe kein Hackerangriff stattgefunden - der streitgegenständliche Urheberrechtsverstoß durch die Mutter und nicht durch den Beklagten begangen wurde.

    Das Gericht hat berücksichtigt, dass grundsätzlich Urheberrechtsverstöße durch das Herunterladen von pornografischen Filmen im Rahmen von Tauschbörsen nicht nur von Söhnen (eher öfter), sondern auch von Müttern (eher seltener) begangen werden. Die Zeugnisverweigerung durch die Mutter kann sowohl auf die Täterschaft des Beklagten, den die Mutter durch die wahrheitsgemäße Aussage, dass sie den Verstoß nicht begangen hat, nicht belasten will, als auch auf die Täterschaft der Mutter, die sich nicht selbst belasten will, hindeuten.

    Bei dieser Sachlage ist der Klägerin der Nachweis, dass der Urheberrechtsverstoß durch den Beklagten in Täterschaft begangen wurde, nicht geglückt.


    II.

    Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Rechtsanwaltskosten wegen der Abmahnung aufgrund Störerhaftung.

    Eine Störerhaftung des Beklagten würde voraussetzen, dass diesem bezüglich eines unterstellten Urheberrechtsverstoßes ein Vorwurf gemacht werden kann.

    Unstreitig hat der Beklagte seinen Router ausreichend verschlüsselt. Darüber hinaus besteht keine Verpflichtung des Beklagten, Maßnahmen gegenüber seiner Mutter zu ergreifen, um einen Urheberrechtsverstoß zu verhindern, solange dieser keinen Hinweis auf die Vornahme eines solchen hat.


    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.


    IV.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO. (...)


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AG Augsburg, Urteil vom 26.11.2015, Az. 18 C 2074/15,
Klage Negele - Zimmel - Greuter - Beller,
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Rechtsanwältin Frauke Andresen,
Kanzlei Andresen,
sekundäre Darlegungslast,
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LG Berlin - Az. 15 S 10/16

#10949 Beitrag von Steffen » Samstag 7. Januar 2017, 11:20

Landgericht Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.12.2016: Wird die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht geschildert, bedarf es nicht einmal einer Beweisaufnahme. Die bloße theoretische Möglichkeit des Zugriffs Dritter genügt nicht. Der Anschlussinhaber haftet!



11:15 Uhr



In einem Hinweisbeschluss hat das Landgericht Berlin erneut die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshof konsequent angewandt. Gut, aus unserer Experten-Sicht wohl eher nicht i.V.m. dass der Gerichtsstandort Berlin sich als "München 2.0" outet usw. usf.

In diesem Berufungsverfahren wird das Urteil des Erstgericht angegriffen und das Landgericht Berlin findet hier klare Worte, so wörtlich: "das Amtsgericht hat den Umfang der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers verkannt, weil die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs Dritter nicht genügt."

Und es ist leider so, dass noch sehr viele Betroffene und Anwälte dem Trugschluss unterliegen, dass mit einer pauschalen Benennung von Mitnutzern i.V.m. keinen weiteren Sachvortrag (Recherche, Nachforschung) die Anforderungen des Bundesgerichtshofes genüge getan wurde.



Das Landgericht Berlin zur Verletzungshandlung bei illegalen Filesharing

Wie der BGH in der "Tauschbörse III" Entscheidung ausführt, besteht "die relevante Verletzungshandlung in der Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit für Dritte und nicht in dem Absenden und Empfangen eines Dateifragments im Zweipersonenverhältnis. Daraus ergibt sich, dass eine eigenständige Verwertungshandlung im Sinne von §§ 85 Abs. 1, 19a UrhG vorliegt, wenn die Zugriffsmöglichkeit für Dritte eröffnet wird. Entsprechendes folgt aus §§ 69b, 19a UrhG für Computerprogramme.



Das Landgericht Berlin zum Sachvortrag des Beklagten

Es genügt aber nicht bloß anzugeben, wer im Haushalt lebt und/oder ebenfalls den Internetzugang nutzen konnte. Erforderlichenfalls sind eigene Ermittlungen des Anschlussinhabers vorzunehmen, welcher Rechner zur Tatzeit online war und/oder ein Tauschbörsenprogramm installiert hatte. Die Befragung der Zugangsberechtigten ohne Verifikation deren Angaben ist nicht ausreichend. Der Anschlussinhaber muss vielmehr Tatsachen vortragen, die eine bestimmte andere Person ernstlich als Täter in Betracht kommen lassen. Wer sich nicht erkundigt, bestreitet unzulässig ins Blaue hinein. Lediglich nahe stehende Personen wie Familienangehörige müssen nicht "ans Messer" geliefert werden.



Das Landgericht Berlin zum Paragraf 383 ZPO

Paragraf 383 ZPO steht aber einer weitergehenden prozessualen, Würdigung eines Stillschweigens grundsätzlich nicht entgegen; als Prozesspartei unterliegt der Beklagte vielmehr der prozessualen Wahrheitspflicht und den aus einem Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht von potentiellen Zeugen folgenden allgemeinen Beweislast- und Prozessrisiken, welche bei einer Verweigerung der Mitwirkung dennoch prozessual etwa über eine Vermutungswirkung gegen ihn als Anschlussinhaber wirken können. Es ist also die Entscheidung der beklagten Partei, ob sie zumutbare Nachforschungen in ihrem Haushalt anstellt und das Ergebnis in den Prozess einführt oder sie die prozessuale Konsequenzen trägt, indem sie untätig bleibt bzw. zum Schutz der Familie schweigt.

Sagt er indes nichts oder nichts Hinreichendes, was der Klägerin einen spiegelbildlichen Beweisantritt ermöglichte, bleibt es bei der Vermutungswirkung zulasten des Anschlussinhabers als Täter.



Das Landgericht Berlin rügt die Beweisaufnahme des Tatrichter

Die Beweisaufnahme des Amtsgerichts mittels Vernehmung der Zeugin scheiterte, weil sich die Zeugin auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO berief. Es hatte dabei Irrtümlich die Klägerin in der Beweispflicht gesehen, obwohl der Beklagte zuvor seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt hatte. Er hätte vielmehr besondere Umstände schlüssig vortragen müssen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs (nämlich Anschlussinhaber = Täter) ergeben solle, die gegebenenfalls vom Beweisgegner (Anschlussinhaber) zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden müsste.



Das Landgericht Berlin zu neuen bzw. widersprüchlichen Sachvortrag

Es stellte indes bereits eine unglaubliche Schutzbehauptung dar, wenn der Beklagte mehr als drei Jahre nach seiner ersten Einlassung nunmehr mit seiner Ehefrau einen angeblich tatnäheren Dritten präsentiert. Letztlich hat der Beklagte aber keinen greifbar anderen Täter als sich selbst zu liefern vermocht. Denn seine Ehefrau hat sich zu der Tat nicht bekennen wollen. Insoweit ist der Beklagte mithin darlegungs- und beweispflichtig geblieben.

Nach alledem verbleibt es daher bei der Anscheinswirkung zulasten des Anschlussinhabers, mithin der Beklagten als Täter. Einer Beweisaufnahme bedarf es daher nicht. Der Beklagte handelte auch schuldhaft, jedenfalls wenigstens fahrlässig, denn aufgrund der damaligen Presseberichterstattung war die Rechtswidrigkeit des Uploads im Filesharing allgemein bekannt gemacht, so dass Schadensersatz wegen der Rechtsverletzung verlangt werden kann.



Das Landgericht Berlin verneint Anwendung § 97a Abs. 2 UrhG a.F.

Entgegen weit verbreiteter Auffassung ist der Anspruch auf Erstattung der erwachsenen Abmahnkosten nicht durch § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum 08.102013 geltenden Fassung auf 100,00 EUR begrenzt. Die Kammer schließt sich insoweit vollinhaltlich den Ausführungen des OLG München zu Filesharing-Sachverhalten an, denen sich der BGH in der "Tannöd" Entscheidung jüngst, im Ergebnis angeschlossen hat.



Das Landgericht Berlin zur Verjährung bei Filesharing Fälle


a) Restschadensersatzanspruch:

Auf den Lizenzschaden findet § 852 BGB mit einer zehnjährigen Verjährung Anwendung (vgl. BGH "Everytime wie touch" - a.a.O., Rn. 93, 97: jedenfalls als Restschadensersatzanspruch; GRUR 2012, 715; - "Bochumer Weihnachtsmarkt" - Rn: 41 a. E. nach juris).



b) Aufwendungsersatz:

Die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruches nach § 97a UrhG wegen der anwaltlichen Abmahnkosten begann erst mit Erledigung des anwaltlichen Abmahnauftrages, da die Honorarforderung erst damit fällig geworden ist, nach § 8 RVG. Die Antwortfrist für den Beklagten lief bis zum 30.01.2012. Der abmahnende Rechtsanwalt musste den Fristablauf abwarten. Denn erst damit war die Angelegenheit abgeschlossen.

Der Beklagte kann der Erforderlichkeit der ersetzt verlangten Aufwendungen auch nicht entgegen halten, dass der Honoraranspruch verjährt sei und die Klägerin sich ihren Prozessbevollmächtigten gegenüber darauf berufen könnten und müssten. Der im Jahr 2012 entstandene Vergütungsanspruch ist nicht verjährt, weil die Klägerin ihn mit den Aufträgen zur Beantragung eines Mahnbescheids Ende 2014 und zur Weiterverfolgung im Streitverfahren anerkannt haben.



Das Landgericht Berlin zu den Kosten des Auskunftsverfahren als Schadensersatz

Der Beklagte hat die anteiligen Vorkosten der drei Verfahren vor dem Landgericht Köln als Schadensersatz (Rechtsverfolgungskosten) zu leisten.







LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.12.2016, Az. 15 S 10/16


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -



    Landgericht Berlin



    Beschluss



    Geschäftsnummer: 15 S 10/16, 08.12.2016
    224 C 392/15 Amtsgericht Charlottenburg


    In dem Rechtsstreit


    [Name]./. [Name]



    hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin am 08.12.2016 durch den Richter am Landgericht [Name] als Vorsitzendem und die Richter am Landgericht Dr. [Name] und [Name]

    beschlossen:


    Als Ergebnis der Vorberatung wird mitgeteilt:


    (...)


    Abgesehen davon dürfte die Berufung Erfolg haben:

    Denn das Amtsgericht hat den Umfang der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers verkannt, weil die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs Dritter nicht genügt.

    Klagegegenstand ist hierbei auch eine angebliche Verletzungshandlung vom 08.12.2011 um 09:26:47 Uhr.

    Wie der BGH in der "Tauschbörse III" Entscheidung (GRUR 2016, 191 Rn. 56 nach juris: für Tonträger) ausführt, besteht "die relevante Verletzungshandlung in der Eröffnung der Zugriffsmöglichkeit für Dritte ... und nicht in dem Absenden und Empfangen eines Dateifragments im Zweipersonenverhältnis. Daraus ergibt sich, dass eine eigenständige Verwertungshandlung im Sinne von §§ 85 Abs. 1, 19a UrhG vorliegt, wenn die Zugriffsmöglichkeit für Dritte eröffnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 19/14, Rn. 64 - "Tauschbörse I" - für Tonträgerhersteller)." Entsprechendes folgt aus §§ 69b, 19a UrhG für Computerprogramme.

    Der Beklagte haftet nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch als Täter, denn er ist seiner Nachforschungspflicht nicht gerecht geworden.

    Der Beklagte ist danach passivlegitimiert.

    Einen Hackerzugriff schließt der Beklagte wegen hinreichender Sicherungsmaßnahmen selbst aus.

    Der BGH hat in Leitsatz c) seiner "BearShare" Entscheidung (GRUR 2014, 675) ausgeführt: Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (Fortführung von BGH, Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 - "Sommer unseres Lebens" -; Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 - "Morpheus" -). Es genügt aber nicht bloß anzugeben, wer im Haushalt lebt und/oder ebenfalls den Internetzugang nutzen konnte. Erforderlichenfalls sind eigene Ermittlungen des Anschlussinhabers vorzunehmen, welcher Rechner zur Tatzeit online war und/oder ein Tauschbörsenprogramm installiert hatte (vgl. BGH GRUR 2016, 191 - "Tauschbörse III" - Rn. 41 nach juris; KG, Beschluss vom 25.04.2013 - Az. 24 W92/12 und Az. 99/12 -). Die Befragung der Zugangsberechtigten ohne Verifikation deren Angaben ist nicht ausreichend. Der Anschlussinhaber muss vielmehr Tatsachen vortragen, die eine bestimmte andere Person ernstlich als Täter in Betracht kommen lassen (vgl. BGH - "Tauschbörse III" - a.a,o. Rn. 42). Wer sich nicht erkundigt, bestreitet unzulässig ins Blaue hinein (vgl. Kammer, Beschluss vom 29.07.2014 - Az. 15 S 15/14 -). Lediglich nahe stehende Personen wie Familienangehörige müssen nicht "ans Messer" geliefert werden (Kammer, Beschluss vom 17.10.2014 - Az. 15 S 17/13 -).

    § 383 ZPO steht aber einer weitergehenden prozessualen, Würdigung eines Stillschweigens grundsätzlich nicht entgegen; als Prozesspartei unterliegt der Beklagte vielmehr der prozessualen Wahrheitspflicht und den aus einem Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht von potentiellen Zeugen folgenden allgemeinen Beweislast- und Prozessrisiken, welche bei einer Verweigerung der Mitwirkung dennoch prozessual etwa über eine Vermutungswirkung gegen ihn als Anschlussinhaber wirken können. Es ist also die Entscheidung der beklagten Partei, ob sie zumutbare Nachforschungen in ihrem Haushalt anstellt und das Ergebnis in den Prozess einführt oder sie die prozessuale Konsequenzen trägt, indem sie untätig bleibt bzw. zum Schutz der Familie schweigt (Kammer, Hinweisbeschluss vom 28.07.2015 - Az.15 S 5/15 -).

    Sagt er indes nichts oder nichts Hinreichendes, was der Klägerin einen spiegelbildlichen Beweisantritt ermöglichte (hierzu jüngst OLG München, WRP 2016, 385 - "Loud" - Rn. 34 nach juris), bleibt es bei der Vermutungswirkung zulasten des Anschlussinhabers als Täter.

    Diesen Anforderungen werden die Einlassungen des Beklagten, die das Amtsgericht bis auf folgende Ergänzungen zutreffend wiedergegeben hat, indes nicht gerecht:
    Nachdem er mit Anwaltsschreiben vom 23. Januar 2012 noch vortragen ließ:"... der betreffende Internetanschluss ... wurde an fraglichem Tage nicht mit Wissen und Einverständnis von anderen Personen genutzt.", heißt es in der Klageerwiderung vom 15.10.2015, es habe - auch zu den angeblichen Tatzeiten - eine Zugangsmöglichkeit und -gelegenheit seiner Ehefrau [Name] (Zeugin) bestanden. Später ergänzte er: "seine Gattin nutze die Möglichkeiten des Internets u.a. um sich in sozialen Medien zu bewegen und täglich Nachrichten aus aller Welt zu erlangen; ferner (sei sie) sehr kunst- und kulturbegeistert" (Schriftsatz vom 18.01.2016). Seine Ehefrau habe Ende 2011 auf seinen Vorhalt hin sowohl die Kenntnis von einem Computerspiel "[Name]" als auch dessen Zugänglichmachung mittels Filesharing-Programm "ausdrücklich verneint".

    Ihre Angaben hat der Beklagte, der ihr offenbar Glauben schenken will, indes nicht überprüft. Wegen der Abmahnung hatte er aber Veranlassung, den von ihr mitgenutzten Computer auf Filesharing-Software, eine Vervielfältigung der streitgegenständlichen Spielesoftware sowie das Router-Protokoll auf auffälligen Upload-Datenverkehr zu den angeblichen Tatzeiten zu überprüfen. Das hat er unterlassen. Da sich das streitgegenständliche Computerspiel überwiegend an männliche, erwachsene Konsumenten (USK 18) richtet, gehört der Beklagte - anders als seine Ehefrau - selbst zur Kernzielgruppe. Er hat sich aber nicht dazu erklärt, ob er selbst im Besitz einer Vervielfältigung des Computerspiels etwa in Form der Original-DVD ist oder selbst Filesharing-Software installiert hatte.

    Die Beweisaufnahme des Amtsgerichts mittels Vernehmung der Zeugin scheiterte, weil sich die Zeugin auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO berief. Es hatte dabei Irrtümlich die Klägerin in der Beweispflicht gesehen, obwohl der Beklagte zuvor seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt hatte. Er hätte vielmehr besondere Umstände schlüssig vortragen müssen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs (nämlich Anschlussinhaber = Täter) ergeben solle, die gegebenenfalls vom Beweisgegner (Anschlussinhaber) zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden müsste (vgl. OLG München a.a.O., Rn. 34 nach juris).

    Es stellte indes bereits eine unglaubliche Schutzbehauptung dar, wenn der Beklagte mehr als drei Jahre nach seiner ersten Einlassung nunmehr mit seiner Ehefrau einen angeblich tatnäheren Dritten präsentiert. Letztlich hat der Beklagte aber keinen greifbar anderen Täter als sich selbst zu liefern vermocht. Denn seine Ehefrau hat sich zu der Tat nicht bekennen wollen. Insoweit ist der Beklagte mithin darlegungs- und beweispflichtig geblieben.

    Ob der Beklagte oder andere Personen zur Talzeit zu Hause waren, ist hingegen irrelevant, da die gängige Filesharing-Software die Gegenwart des Nutzers nicht erfordert (vgl. OLG München a.a.O., Rn.45 nach juris).

    Nach alledem verbleibt es daher bei der Anscheinswirkung zulasten des Anschlussinhabers, mithin der Beklagten als Täter. Einer Beweisaufnahme bedarf es daher nicht. Der Beklagte handelte auch schuldhaft, jedenfalls wenigstens fahrlässig, denn aufgrund der damaligen Presseberichterstattung war die Rechtswidrigkeit des Uploads im Filesharing allgemein bekannt gemacht, so dass Schadensersatz wegen der Rechtsverletzung verlangt werden kann.

    Deshalb war sowohl die anwaltliche Abmahnung berechtigt, so dass die dadurch geltend gemachten Anwaltskosten nach § 97a Abs. 1 S. 3 UrhG 2008 - die gesetzliche 1,3 Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 W-RVG zu einem Gegenstandswert von 22.500,00 EUR deckelt die Klägerin aufgrund Gebührenvereinbarung mit ihrem Prozessbevollmächtigten auf 368,00 EUR - von dem Beklagten zu erstatten sind, wobei der ursprüngliche Freistellungsanspruch nach § 250 S. 2 BGB infolge fruchtloser Fristsetzung zur Zahlung sich in einen Geldanspruch umgewandelt hat (vgl. BGH WW 1992, 222; 1999, 1542; 2004, 1868; OLGR Rostock 2009, 134), als auch ist ein Schadensersatzanspruch nach der sog. Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 UrhG begründet, denn die eigenen Verwertungsmöglichkeiten und Absatzwege der Lizenznehmerin werden nicht nur spürbar beeinträchtigt, sondern das Nachfrageninteresse auf den kostenlosen Download via Filesharing umgeleitet und dort gesättigt. Für diesen Fall der Marktverstopfung erscheint es gerechtfertigt gemäß § 287 ZPO ebenfalls auf die Schadensberechnung der Lizenzanalogie zurückzugreifen. Für ein Computerspiel ist der geltend gemachte Lizenzschaden von 500,00 EUR nach ständiger Rechtsprechung der Berliner Urheberrechtskammern angemessen, zumal bei einem Upload in Filesharing-Netzwerken mit einer Vervielfachung des Verletzungspotentials bei zahlreichen dort zu erwartenden Vervielfältigungen mittels Upload anderer User zu rechnen ist, was dem Beklagten zuzurechnen ist (Kammer, Urteil vom 03.11.2015 - Az. 15 S 5/15 -; Urteil vom 08.04.2016 - Az. 15 S 27/15 -; so jetzt auch BGH, Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 48/15 - "Everytime we touch" - in Form eines sog. Restschadensersatzanspruch zum Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Dispositionsbefugnis, Rn. 93 nach juris, auch wenn "die Erteilung einer Lizenz in dieser Konstellation tatsächlich nicht in Betracht kommt, steht der Bemessung des Wertersatzes mittels einer sogenannten fiktiven Lizenz nicht entgegen, weil es sich hierbei um einen normativen Maßstab handelt, der nicht voraussetzt, dass es bei korrektem Verhalten des Verletzers tatsächlich zum Abschluss eines Lizenzvertrags gekommen wäre", Rn. 97 nach juris). Erstveröffentlichung des Computerspiels war erst am 26.08.2011 gewesen, mithin knapp drei Monate vor der ersten Verletzungshandlung.

    Entgegen weit verbreiteter Auffassung ist der Anspruch auf Erstattung der erwachsenen Abmahnkosten nicht durch § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum 08.102013 geltenden Fassung ,auf 100,00 EUR begrenzt. Die Kammer schließt sich insoweit vollinhaltlich den Ausführungen des OLG München (WRP 2016, 385 Rn. 50ff. nach juris) zu Filesharing Sachverhalten an, denen sich der BGH in der "Tannöd" Entscheidung (Urteil vom 12.05.2016 - I ZR 1/15 - Leitsatz 3 und Rn. 53ff. nach juris) jüngst, im Ergebnis angeschlossen hat.

    Die Kosten des Auskunftsverfahrens (49,60 EUR) sind schlüssig vorgetragen (Tabellenwerk in der Anspruchsbegründung, Seite 11 f.). Der Beklagte hat die anteiligen Vorkosten der drei Verfahren vor dem Landgericht Köln als Schadensersatz (Rechtsverfolgungskosten) zu leisten (vgl. BGH GRUR 2014, 1239 - "Deus Ex" - Rn. 18 nach juris).

    Die Ansprüche sind auch nicht verjährt.

    Auf den Lizenzschaden findet § 852 BGB mit einer zehnjährigen Verjährung Anwendung (vgl. BGH "Everytime wie touch" - a.a.O., Rn. 93, 97: jedenfalls als Restschadensersatzanspruch; GRUR 2012, 715; - "Bochumer Weihnachtsmarkt" - Rn: 41 a. E. nach juris). Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG und Bereicherungsanspruch nach §§ 812, 818 BGB (Eingriffskondiktion) bestehen nebeneinander (vgl. § 97 Abs. 3 UrhG), gehen beide auf den sog. Lizenzschaden, d. h. die übliche Lizenzgebühr (vgl. BGH - "Everytime we touch" - a.a.0., Rn. 97 a. E.; GRUR 1982, 301, 303 - "Kunststoffhohlprofil II" - nach juris), und unterliegen selbstständig der Verjährung. Für die Bereicherung aus unerlaubter Handlung gilt die längere Frist des § 852 BGB. Dass die Klägerin das Geschäftsmodell des Filesharing gar nicht betreibt, und deshalb bei ihr kein tarifiertes Lizenzmodell existiert, steht der Anwendung der Grundsätze der sog. Lizenzanalogie nicht entgegen (vgl. BGH - "Everytime we touch" - a.a.O.).

    Die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruches nach § 97a UrhG wegen der anwaltlichen Abmahnkosten begann erst mit Erledigung des anwaltlichen Abmahnauftrages, da die Honorarforderung erst damit fällig geworden ist, nach § 8 RVG. Die Antwortfrist für den Beklagten lief bis zum 30.01.2012. Der abmahnende Rechtsanwalt musste den Fristablauf abwarten. Denn erst damit war die Angelegenheit abgeschlossen. Die Verjährung wäre erst mit Vollendung des 31.12.2015 eingetreten, ist aber rechtzeitig durch die Zustellung der Anspruchsbegründung gehemmt worden, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO. Die Die Anspruchsbegründung ist rechtzeitig vor Fristablauf am 19.09.2015 zugestellt worden.

    Der Beklagte kann der Erforderlichkeit der ersetzt verlangten Aufwendungen auch nicht entgegen halten, dass der Honoraranspruch verjährt sei und die Klägerin sich ihren Prozessbevollmächtigten gegenüber darauf berufen könnten und müssten. Der im Jahr 2012 entstandene Vergütungsanspruch ist nicht verjährt, weil die Klägerin ihn mit den Aufträgen zur Beantragung eines Mahnbescheids Ende 2014 und zur Weiterverfolgung im Streitverfahren anerkannt haben (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB; vgl. OLG Köln, Urteil vom 20.12.2013 - Az. 6 U 205/12 -, Rn. 52 nach juris).

    Die Kammer sieht einer abschließenden Stellungnahme binnen eines Monats entgegen. (...)





~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.12.2016, Az. 15 S 10/16,
Vorinstanz: AG Charlottenburg, Az. 224 C 392/15,
sekundäre Darlegungslast,
Nachforschungspflichten,
Zeugnisverweigerungsrecht,
bloßes Bestreiten,
Verjährung

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#10950 Beitrag von Steffen » Sonntag 8. Januar 2017, 13:52

Immer wieder tun wir Betroffene und sog. Foren-Experten uns mit der Darlegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Filesharing Fälle schwer.


Im Mahnbescheid oder Klage wird das Doppelte gefordert, dass ist doch Abzocke!?

Da sollen gegen einen Mahnbescheid widersprochen werden, nur weil der Abmahner im Gegensatz zum Abmahnschreiben jetzt das Doppelte geltend macht. Solche Foren-Empfehlungen sind nicht nur sachlich falsch, sondern einfach - vorsätzlich - dumm. Hier muss man einiges beachten. Im Zivilrecht ist es durchaus eine gängige Vorgehensweise, dass dem Gegner - zu einer schnellen und unkomplizierten außergerichtlichen Streitniederlegung - ein geminderter Betrag (sog. pauschaler Abgeltungsbetrag) vorgeschlagen wird.


Beispiel:

Im Abmahnschreiben wird - neben der UVE - dem Abgemahnten zwar vorgetragen, was man für volle Gebühren im Gerichtsfall verlangen könnte, aber zur schnellen und unkomplizierten Streitniederlegung wird ein geminderter Betrag angeboten.

Das bedeutet,
a) es handelt sich nicht um die vollen möglichen Gebühren, sondern man verlangt einen geringeren Pauschalbetrag, mit dem - alle - Forderungen und Ansprüche abgegolten wären
aa) Hier wird der Verdacht nach Abzocke laut, da ja niemand und noch freiwillig auf die volle Summe verzichtet und sich mit einem kleineren Betrag zufrieden gibt
ab) im Zivilrecht ist dieses aber eingängige Vorgehensweise, dass zu einer schnellen und unkomplizierten Streitniederlegung eben ein "Betrag X minus" angeboten wird
b) man kann dieses pauschale Vergleichsangebot entweder annehmen, ablehnen oder dem Gegner seinerseits ein neues Angebot unterbreiten
aa) wird das Vergleichsangebot abgelehnt, werden im Gerichtsfall (Mahnbescheid / Leistungsklage) jetzt aber die - vollen - Gebühren geltend gemacht


=> Abmahnschreiben (Film, § 97a UrhG n.F. - mit Öffnungsklausel: unbillig)):
1. Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (kurz: "UVE")
2. pauschaler Abgeltungsbetrag i.H.v. 800,- €


=> Abgabe mod. UE i.V.m. Zahlungsverweigerung


=> Verjährung Filesharing (vgl. BGH I ZR 48/15, Urt. v. 12.05.2016 "Everytime we touch")
- allgemein -:
a) Aufwendungsersatz (bzw. vorgerichtlichen Anwaltsgebühren) [+ *Teil-Schadensersatz aus Abmahnung] als Abmahnkosten:
3 Jahre - Beginn am Ende des Jahres: Erhalt Abmahnschreiben
b) Rest-Schadensersatz (bzw. Wertersatz):
10 Jahre - Beginn am Ende des Jahres: Log.

* Hierauf gehe ich nicht näher ein, da es zu Umfangreich würde


=> Mahnbescheid

Beachte:
- jetzt würden (gerichtlich) die vollen Gebühren geltend gemacht!

Aufwendungsersatz: 859,80 €
Teilschadensersatz: 640,00 € +
_______________________________
Zwischensumme: 1.500,00 €

MB:
Gerichtskosten: 35,50 €
Rechtsanwalt: 115,00 €
Auslagenpauschale: 20,00 € +
______________________________________
Zwischensumme (ohne Zinsen): 170,50 €

Gesamt: 1.670,50 € (ohne Zinsen, kämen
noch obendrauf und richten sich nach
Datum Abmahnschreiben):
======================================


Jetzt zu sagen, dass allein aus diesen Grund man den MB widersprechen soll = rechtsirrig, spiegelt aber unsere zum Teil beschränkte "Argumentations"-Welt wieder.





Die müssen mir beweisen, dass ich es als Anschlussinhaber auch war!

Hier gibt seit der berühmt berüchtigten Täterschaftsvermutung des Bundesgerichtshof (kurz: "BGH") die meisten Unstimmigkeiten und Fehleinschätzungen.

Beachte:
Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung müssen alle gleich - eigentlich nur die beauftragten Anwälte - zurechtkommen!

Man muss im Zivilrecht hier von der Beweislage bzw. Beweislast ausgehen und deren eventuellen Umverteilung bzw. Beweiserleichterung in bestimmten Sachverhalten (Sonderfall: Filesharing Fälle). Die Ansprüche des Rechteinhabers (kurz: "RI") richten sich in erster Linie gegen den Verletzer, also denjenigen, der die Rechtsverletzung als Täter - selbst, gemeinsam mit anderen oder mittelbar über unselbstständig handelnde Dritte - begeht.

Das bedeutet,
a) der Abmahner (allgemein) hat die Täterschaft des beklagten Anschlussinhabers (kurz: "AI") darzulegen und ggfs. zu beweisen.
aa) in erster Linie mit der ermittelten, zur Auskunft beantragten und gestatteten (P2P) IP-Adresse, sowie vom Provider zugeordneten sowie an den Abmahner übermittelten Person hinter der (P2P) IP-Adresse
aaa) mehr hat er nicht aufgrund der P2P-Technologie
aab) RI hat aber ein legitimes Recht, Verstöße gegen sein Werk in einer Tauschbörse zu ahnden
ab) Natürlich gehören hier notfalls Gutachten zur Software bzw. eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiter der Logfirma dazu.

Hinweis:
a) IP-Adresse = Indiz, dass die ermittelte, zur Auskunft beantragte und gestattete (P2P) IP-Adresse, sowie vom Provider zugeordnete sowie an den Abmahner übermittelte Person hinter der (P2P) IP-Adresse richtig ist.
b) eine eventuelle Fehlerhaftigkeit bei der Beweiserhebung (Ermittlung, Übertragung, Beantragung, Gestattung, Zuordnung, Übermittlung, Abmahnung) ist bei einem Bestreiten - vom Bestreitenden - zu beweisen! Ein bloßes Bestreiten wird als Behauptung ins Blaue hinein gewertet und ist unbeachtlich.
c) Bei der Ermittlung unterscheidet man zwischen Einfachermittlung und Mehrfachermittlung
aa) Einfachermittlung
=> ein Datensatz mit einer IP-Adresse und ein Datum - hier sind die Argumentationen nach einer Fehlerhaftigkeit am Größten und eine resultierende Klageabweisung möglich
ab) Mehrfachermittlung
=> mehr als ein Datensatz mit mehr als einer IP-Adresse und Daten - hier gehen die Gerichte von keiner Fehlerhaftigkeit aus, dies wäre (ohne beweise durch den Abgemahnten) lebensfremd

Hinweis: AG Köln, Urteil vom 15.12.2016, Az. 148 C 389/16 (noch nicht rechtskräftig + außerhalb von Köln kann anders ermessen werden!)
=> keine echte Mehrfachermittlung bei ein und dieselbe IP-Adresse und zwei Daten

b) da aber
aa) der echte Täter nicht ermittelbar ist (IP-Adresse führt nur zum Provider und seinem zum Vorwurf zugeordneten Kunden = AI)
ab) der Abmahner die echte Situation am jeweiligen zugeordneten Internzugang nicht selbst kennt,
gibt es eine Art Beweiserleichterung für den Abmahner.
  • (...) Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (...)
Die - tatsächliche - Vermutung einer Täterschaft des AI beruht nämlich nicht auf einer gesetzlichen Wertung, sondern wie der Beweis des ersten auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Diese Annahme wird erschüttert, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt.

Das heißt,
dem Abgemahnten obliegt eine sog. sekundäre Darlegungslast, um seine vermutetet Täterschaft zu erschüttern.

Warum?

Steht der Beweisführer - wie der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers - außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Prozessgegner (zur Vermeidung der Geständnisfiktion aus § 138 Abs. 3 ZPO) im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden.




Zusammenfassung:

Dogmatische BGH-2 Säulen-Verteidigung: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast


1. Tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers

Grundlage: Vermutung bzw. Anscheinsbeweis!
a) wenn Anschlussinhaber selbst nicht der Täter muss er seiner - vermutete - Verantwortlichkeit für den Vorwurf entkräften

Definition Anscheinsbeweis
»Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft - bewusst und alleine - kontrolliert«

Beachte
Wird mittels Sachvortrag die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig höchstrichterlich dann, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung
a) nicht hinreichend gesichert war
b) bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde

Das heißt,
a) der Anschlussinhaber muss seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten und als möglicher Täter infrage kommen könnten, oder das sein Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war
b) wird die tatsächliche Vermutung vom Anschlussinhaber nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der Anschlussinhaber verantwortlich für die Rechtsverletzung gemacht werden kann und somit als Täter haftbar (verschuldensunabhängig)

Hinweis
a) in einem sog. Single-Haushalt oder bei fehlenden Mitnutzern i.V.m. einem hinreichend gesicherten Internetanschluss wird der Anscheinsbeweis bestehen bleiben.
b) In einem Haushalt mit mehreren Anschlussinhabern ist die tatsächliche Vermutung nicht automatisch entkräftet
c) es gilt der vertragliche Anschlussinhaber



2. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Grundlage: Bewältigung von Wissens-, Wahrnehmungs- sowie Informationsdefiziten i.V.m. Substantiierung
a) kein typischer Geschehensablauf (typischen Lebenssachverhalt) ausreichend
b) die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger) ;
c) der Gegner der beweisbelasteten Partei (Anschlussinhaber) hat - allein - über die die Kenntnisse über Tatumstände und kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit - zumutbarem - Aufwand verschaffen

Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung!

Das heißt
a) Beweislast bleibt beim Kläger; der Anschlussinhaber muss nicht beweisen, das er nicht verantwortlich für den Vorwurf ist
b) bei Mitnutzer ist ein pauschaler Sachvortrag zur theoretischen Möglichkeit,
aa) des Internetzugriffs
ab) eines Tauschbörsenbesuches
- nicht - ausreichend
c) es kommt - konkret - auf die Situation am Internetzugang zum Vorwurf an;
d) kommt der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen - auch wenn diese nicht bewiesenen sind - im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen;
e) Kommt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nach, ist es wieder an den Kläger, darzulegen und vor allem zu beweisen, wer der wahre Täter ist


AW3P Leseempfehlung:
  • a) ZUM 2014, Heft 8/9, Rechtsprechung, S.710 ff.
    "Christian Weber (Frankfurt am Main): Anmerkung zu BGH Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 - "BearShare": Störerhaftung, tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast beim Filesharing"
    b) ZUM 2016, Heft 4, Rechtsprechung, S. 380 ff.
    "Weber, Christian/Dombrowski, Jörg: sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing - zugleich Anmerkung zu BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 Tauschbörse III"
    c) Rechtsanwälte Knies & Albrecht, New-Media-Law.net, Online-Aufsatz
    "Dr. Bernhard Knies: Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung"
    d) BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15: "Everytime we touch"
    • 1) AI ist zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat.
      2) AI wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast erst dann gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen


Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Gerichtsstandorten und in den letzten Jahren. Es schießen sich aber immer mehr Gerichte (auch Erstgerichte) der höchstrichterlichen Rechtsprechung an. Letztendlich ist sowieso nur der Tatrichter entscheidend. Es sind aber gewisse Trends erkennbar.


1. AI verneint eigene Störer-/Täterhaftung und benennt Mitnutzer
=> diese Mitnutzer machen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht - nicht - Gebrauch und verneinen ebenfalls in Rahmen der Gerichtsvernehmung ihre Täterschaft. Hier kommt dann die Täterschaft meist auf den AI zurück. Warum?


BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12: "BearShare":

Der AI genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt,
=> ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
UND (nicht oder/bzw.)
=> als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen


2. AI verneint eigene Störer-/Täterhaftung und benennt Mitnutzer
=> diese Mitnutzer machen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Hier ist dann die tatsächliche Vermutung meist durchbrochen.
Aber, ... ein gewisses aber ist meist dabei, denn ein Zivilstreit ist außer dem konkreten Einzelfall von vielen weiteren Faktoren abhängig. So sagt z.B aktuell das Landgericht Berlin, dass wenn niemand als Täter infrage kommt - die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht geschildert wird, bedarf es nicht einmal einer Beweisaufnahme. Sogar das Zeugnisverweigerungsrecht kann dann zu Ungunsten des Beklagten ausgelegt werden. Moment! Es gibt ja den zukunftsgerichteten BGH- Entscheid vom 06.10.2016 (I ZR 154/15), wo widersprüchliche oder falsche Zeugenaussagen nicht gegen die Beklagte verwendet werden darf. Richtig, selbst wenn man jetzt diesen BGH-(Einzel-)Fall auf den LG Berlin-Fall anwendet, dann muss man (brutal) sehen: auch wenn der BGH dies in dem noch nicht veröffentlichten Volltextveröffentlicht aussagt, kommt es auf den jeweiligen Tatrichter an, was dieser ermisst. Punkt.

Wer jetzt denkt, was ich mit diesem Posting ausrücken will, sollte lieber einen Anwalt konsultieren. Ein Zivilstreit in puncto Filesharing Abmahnung wird immer komplizierter und umfangreicher sowie sind die BaumgartenBrandt-08/15-Klagezeiten schon lange vorbei. Dies sollte jeder begreifen, egal ob Foren-Experte, Abgemahnter oder Anwalt.

Zukünftig wird keiner mehr sich auf einen pauschalen Vortrag und einer theoretischen Möglichkeit mehr ausruhen dürfen. Es sollte sich jeder im Klaren sein, das der Schlüssel des Sieges nur noch über einmal einen qualitativen Vortrag und andermal von der Qualifikation seines Anwaltes bei Filesharing Klagen abhängen wird. ... Und natürlich wird man manchmal nicht umhinkommen entweder einen Täter namentlich zu präsentieren oder sich zu vergleichen.

Dieses sollte allen als Denkanregung und zum Diskussionsanfang animieren.



VG Steffen

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#10951 Beitrag von Steffen » Mittwoch 11. Januar 2017, 00:14

JurPC: AG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2016, Az. 121 C 339/16 (09) - Zur Darlegungs- und Beweislast beim Filesharing - NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR verlieren


00:10 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Prof. Dr. Maximilian Herberger (mh)



JurPC Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht

Patrickstr. 43 | 65191 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 957820 | Telefax: 0611 / 9578228
E-Mail: mail@jurpc.de | Web: http://www.jurpc.de/




Bericht:

Link:
http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170004

Urteil als PDF:
http://pdf.makrolog.de/pdf-repository/2 ... d=20170004



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~





AG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2016, Az. 121 C 339/16 (09)


  • (...) - Ausfertigung -


    121 C 339/16 (09)



    verkündet am: 07.12.2016
    Dr. [Name], Richter am Amtsgericht



    Amtsgericht Saarbrücken


    Urteil

    Im Namen des Volkes




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    Klägerin

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    gegen


    [Name],
    Beklagter

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat das Amtsgericht Saarbrücken durch den Richter am Amtsgericht Dr.[Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2016

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerseite.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerseite kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 Prozent des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn die Beklagtenseite leistete zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.



    Tatbestand


    1.

    Die Parteien streiten um Kostenerstattung und Schadensersatz aus einer Urheberrechtsverletzung.

    Die Klägerin ist Herausgeberin und Vertreiberin von Unterhaltungsmedien mit Sitz in [Name]. Sie firmierte unter "[Name] & [Name] GmbH". Sie hat den Titel "[Name]" veröffentlich. Das Computerspiel wurde von der tschechischen Firma [Name] entwickelt und einschließlich der Onlinerechte für den deutschsprachigen Raum in exklusiver Form an die Klägerin lizenziert.

    Die Klägerin mahnte die Beklagtenpartei mit anwaltlichem Schreiben wegen unberechtigter Nutzung des Computerspiels im Wege des BitTorrent Filesharing ab, forderte die Beklagtenpartei zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtung auf sowie zur Leistung von Schadensersatz und zur Erstattung der ihr entstandenen Anwaltskosten. Wobei ihr ein vermindertes Vergleichsangebot auf Zahlung von insgesamt 850,00 EUR zur Abgeltung aller geldwerten Ansprüche angeboten wurde.

    Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten gaben eine entsprechende Unterlassungserklärung ab.

    Die Klägerin macht folgende Gebühren geltend: 1.157,00 EUR aus einem Gegenstandswert von 30.000,00 EUR berechnet nach einer 1,5 Geschäftsgebühr nach VV RVG Nummer 2300 zzgl. einer Pauschale für Post und Telekommunikation, insgesamt 1.157,00 EUR.


    2.

    Die Klägerin behauptet, über die Internetadresse des Beklagten sei das gegenständliche Spiel im Rahmen einer BitTorrent Börse zu den Zeitpunkten 18.11.2012, 07:11 Uhr, 06:00 Uhr , 09.42 Uhr, 19:00 Uhr und 19.11.2012, 00.36 Uhr 30 zum Download angeboten worden. Der Beklagte sei der Täter dieser Urheberrechtsverletzung. Die Firma [Name] UG habe die oben ersichtlichen Daten protokolliert, daraus seien die genauen Zeiten und der Gegenstand der Vertragsverletzung sowie die IP-Adresse, von der die Verletzung ausgegangen sei, erkennbar. Das Landgericht Köln habe dem Internetprovider der Beklagtenpartei die Sicherung und Auskunft der Verkehrsdaten zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs der Klägerin gemäß § 101 Abs. 9 Urheberrechtsgesetz aufgegeben.
    Der Internetprovider Deutsche Telekom AG habe nach Erlass der Gestattungsanordnung die vorstehenden Datensätze dem Internetanschluss der Beklagtenpartei zugeordnet.

    Weiter hält sie eine fiktive Lizenzgebühr für die weltweiten und zeitlich unbeschränkten Onlinenutzungsrechte in Höhe von wenigstens 510,00 EUR für angemessen. Das Spiel sei mit über 750.000 verkauften Einheiten und einer über ein Jahr dauernden Platzierung in den Top 100 der Computerspielecharts äußert erfolgreich gewesen.



    Die Klägerin beantragt,
    1. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen
    Zentralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen.
    2. Die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der den Betrag von 510,00 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit indes nicht unterschreiten sollte.
    3. Festzustellen, dass der mit Antrag zu 2 gelten gemachte Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzliche begangenen, unerlaubten Handlung resultiert.


    3.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte behauptet, er lebe in Hausgemeinschaft mit seiner Ehefrau sowie mit seiner Tochter und deren Ehemann, dem Zeugen[Name]. Ca. 3 Wochen nach Erhalt der Abmahnung habe der Beklagte den Internetzugang für seine Tochter und den Schwiegersohn gesperrt und habe diese angewiesen, sich einen eigenen Internetanschluss zu besorgen, was dann auch geschehen sei. Er habe sowohl seine Tochter, als auch den Zeugen [Name] ebenso wie seine Ehefrau [Name] befragt. Keiner habe die Täterschaft eingeräumt. Auch habe er seine eigenen Rechner hinreichend untersucht. Eine BitTorrent Software oder Schadprogramme habe er dabei nicht festgestellt. Er sei sachkundig, nachdem er zehn Jahre lang Mitinhaber einer Computergeschäfts gewesen sei. Seine Software kaufe er typischerweise.


    4.

    Das Gericht hat mündlich verhandelt, den Beklagten informatorisch angehört, die Zeugen [Name], [Name] und [Name] vernommen. Auf die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I.

    Die Klage ist zulässig aber unbegründet.


    1.

    Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadenersatz aus Urheberrecht.

    Die klagende Partei konnte der beklagten Partei nicht die Täterschaft einer Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 2 UrhG in dem Sinne nachweisen, dass sie vorsätzlich oder fahrlässig das dem Urheberrecht verwandte Schutzrecht für Filmhersteller dadurch verletzt hat, dass sie dem ausschließlichen Recht der klagenden Partei auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zuwider gehandelt hat. Die klagende Partei konnte nicht nachweisen, dass die beklagte Partei das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich gemacht hätte, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich war.


    aa)

    Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, tragen die Rechteinhaber "nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte zu 1 Täter oder Teilnehmer der von ihnen behaupteten Urheberechtsverletzung ist." (BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 -, juris - "Morpheus", Rn. 32).


    bb)

    Ihrer Darlegungslast ist die klagende Partei zwar nachgekommen, nachdem sie vortrug, die Rechtsverletzung sei über den Anschluss des Beklagten erfolgt. Mehr kann ein Rechteinhaber typischerweise im ersten Schritt nicht vortragen, denn ihm ist der Blick in die familiären und Wohnverhältnisse eines Anschlussinhabers verwehrt.


    cc)

    Aus dem Sachvortrag des Beklagten folgt kein Geständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO.

    Zwar nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, dass den in Anspruch genommenen Inhaber eines DSL-Anschlusses eine sekundäre Darlegungslast trifft, wenn - nach den üblichen prozessual Regeln des Zivilprozesses - feststeht, dass eine Rechtsverletzung über seinen Anschluss erfolgte:

    • "16 cc) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 12 - "Sommer unseres Lebens"); dieser hat er jedoch entsprochen.

      17 (1) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 ZR 140/10, GRUR 2012, 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 - Vorschaubilder 11, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen den primär darlegungsbelasteten Klägerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung seines Internetanschlusses erfüllt.

      18 (2) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 04.11.2013 , Az. 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG München 1, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH, Urteil vom 11.04.2013 - I ZR 61/12, "TranspR" 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München 1, MMR 2013, 396)." (BGH, GRUR 2013, 511Rn. 33 f. - "Morpheus")."
    (BGH, Urteil vom 08.012014 - I ZR 169/12 juris - "BearShare", Rn. 16-18)


    Der in Anspruch Genommene genügt also seinen Pflichten nur, wenn er (1) die zugangsberechtigten Personen benennt, die (2) als Täter in Betracht kommen, und (3) die Nachforschungen wie im Transportrecht anstellt. Dabei sind die Einzelheiten rechtlich umstritten.

    Der Beklagte hat im konkreten Fall indes nicht im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO die Forderung anerkannt. Insbesondere hat er - wie im Transportrecht - die erforderlichen Nachforschungen angestellt, um seiner sekundären Beweislast und Darlegungslast zu genügen.

    Er hat alle anderen erwachsenen Hausgenossen befragt. Zudem hat der Beklagte alle erwachsenen Hausgenossen namentlich benannt. Der Vertreter der Klägerseite hatte nicht zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung und Vernehmung der vom beklagten benannten Zeugen Gelegenheit, alle Beteiligten mit eigenen Fragen zu behelligen. Das Gericht geht davon aus, dass in dieser Situation die sekundäre Darlegungslast insoweit gewahrt ist. Wenn nämlich ein Inhaber eines Internetanschlusses alle erwachsenen Hausgenossen namentlich benennt und als Zeugen aufbietet, die zu jener Zeit Zugriff auf den Internetanschluss hatten, hat er insoweit (und vorbehaltlich der Untersuchung der Rechner) seiner Pflicht genüge getan.

    Auch in Bezug auf die Untersuchung der vorhandenen Rechner hat er seiner Pflicht genügt, indem er die im Transportrecht erforderlichen Untersuchungen unternommen hat. So hat er seinen eigenen Rechner und die ihm zugänglichen Rechner untersucht. Der Rechner seiner Tochter und seines Schwiegersohns waren ihm nicht zugänglich. Diese Personen hat er indes angesprochen. Auch hat der Zeuge [Name] angegeben, er habe seinen eigenen Rechner angeschaut. Daraus ist zu schließen, dass der Beklagte dem Zeugen [Name] nahegelegt hat, seinen Rechner zu untersuchen. Im Verhältnis zwischen Eltern und erwachsenen Kindern ist nicht mehr zu erwarten.

    Im Übrigen erscheint in Anbetracht der Ausführungen zum Zeugen [Name] ein möglicher Verstoß gegen seine diesbezügliche Aufklärungspflicht auch nicht kausal.


    dd)

    Die klagende Partei wäre im Übrigen auch ihrer o.g. Beweislast nicht nachgekommen.


    (1)

    Zwar greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung gegen den Inhaber eines Internetanschlusses:

    • "Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 - "Sommer unseres Lebens"). Da die Beklagten Inhaber des Internetanschlusses sind, über den die Musikstücke nach Darstellung der Klägerinnen in Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht wurden, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie für die von den Klägerinnen behauptete Verletzung ihrer Rechte verantwortlich sind."
    (BGH, Urteil vom 15.11.2012 - I ZR 74/12 juris - "Morpheus", Rn. 33)."


    Nach Auffassung des erkennenden Gerichts greift diese Vermutung grundsätzlich Platz, und zwar unabhängig davon, ob der Internetanschluss von einer alleinstehenden Person, in einer Familie oder in einer Wohngemeinschaft betrieben wird.


    (2)

    Der Beklagtenseite ist es indes gelungen, die Vermutung zu entkräften. Der Vollbeweis der Ausnahme von der Vermutung hat dabei der beklagten Partei oblegen. Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden:

    • "Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 und 13 - "Sommer unseres Lebens") oder - wie hier - bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, GRUR 2013, 511Rn. 33 f. - "Morpheus")."
    (BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 juris - "BearShare", Rn. 15)


    Aus dieser Formulierung blieb offen, welche Partei notfalls welche Behauptung beweisen muss.

    Nach der vom Bundesgerichtshof in "Morpheus" (aao) gewählten Formulierung "tatsächliche Vermutung" kann es sich bei dieser Beweiserleichterung für den Rechteinhaber nicht lediglich um eine wegen typischen Geschehensablaufs nach allgemeiner Lebenserfahrung vorliegende Anscheinsbeweisregel handeln, deren Eingangstatsache die Inhaberschaft eines Internetanschlusses ist.

    Die Regeln für den Beweis prima fade (z. B. bei Thomas / Putzo, ZPO, § 286, Rn. 12 ff.) können also nicht unmittelbar gelten. Der Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, dass die gegnerische Partei konkrete Tatsachen behauptet und nötigenfalls beweist (BGHZ 8, 239), aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs ergibt (vgl. BGH VersR 1995, 723 zur Frage der Ernsthaftigkeit). Alternativ können die Eingangstatsachen des Anscheinsbeweises bestritten werden.

    Aus der im Vergleich zum Anscheinsbeweis stärkeren "Vermutung" folgt jedenfalls, dass die Anforderungen für eine Erschütterung diejenigen für eine Erschütterung des Beweis des ersten Anscheins nicht unterschreiten dürfen. Damit ist ausgeschlossen, dass die in Anspruch genommene Partei die Vermutung durch den bloßen streitigen Vortrag von alternativen Umständen entkräften kann. Allerdings erfordert die Entkräftung der Vermutung nicht zwingend den Vollbeweis des Gegenteils - also die Widerlegung der Täterschaft - nach § 286 Abs. 1 ZPO.

    Es bedarf und genügt zur Erschütterung der Vermutung, dass die in Anspruch genommene Partei Beweis dafür führt, dass eine Ausnahme vorliegt. Den Unterschied zwischen Vermutung und Beweis des ersten Anscheins sieht das Gericht darin, dass nicht jede ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen abweichenden Verlaufs zur Entkräftung der Vermutung ausreicht; vielmehr bedarf es hierzu des Vollbeweises einer Ausnahme, also einer die Vermutung ausschließenden Situation, wie sie durch die Rechtsprechung definiert wurden. Das erkennende Gericht versteht den Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 08.01.2014 - I ZR 169/12 -, juris - "BearShare", Rn. 15) so, dass bislang nur die Zurverfügungstellung an konkret in Betracht kommende Dritte und die unzureichende Absicherung des WLAN solche die Vermutung ausschließende Ausnahmen darstellen.



    (3)

    Dieser Nachweis ist der Beklagtenseite gelungen.

    Aufgrund der Beweisaufnahme stand im Sinne des § 286 ZPO fest, dass wenigstens der Zeuge [Name] konkret als Täter in Betracht kam.

    Der Zeuge [Name] hatte konkreten Zugriff. Er hatte nach Aussage der Zeugin um, des Zeugen [Name] selbst sowie gemäß der persönlichen Einlassung des Beklagten in der Zeit um den möglichen Verstoßtermin konkreten Zugriff auf das Internet über den Anschluss des Beklagten. Entsprechend der Rechtssprechung des Oberlandesgerichts Köln zur Frage, ob es denn erheblich sei, dass der Beklagte zum exakten Zeitpunkt der Zuwiderhandlung Zuhause war, ist dies auch für die Widerlegung der Vermutung nicht erforderlich. Erforderlich ist es vielmehr lediglich, dass der erwachsene Hausgenosse in einer Zeit, in der realistischerweise eine Programmierung eines laufenden Rechners erfolgen kann, Zuhause war. Der Zeuge [Name] war nach seiner eigenen Aussage grundsätzlich an diesem Tag und in dieser Woche Zuhause. Er hat an diesem Tag grundsätzlich im Hause des Beklagten gelebt. Der Zeuge [Name] hat auch angegeben, an diesem Tag das Internet benutzt zu haben. Er hat auch das WLAN-Passwort des Beklagten mit dessen Zustimmung.

    Der Zeuge [Name] war auch nicht als Täte auszuschließen, im Gegenteil. In der Einvernahme widersprachen sich die Zeugen [Name] und [Name]. Einer von beiden muss gelogen haben. Während die Zeugin man min angab, auf dem gemeinsam genutzten Rechner (gemeinsam mit ihrem Ehemann) habe es Spiele wie German Truck Simulator oder Ähnliches nicht gegeben, auch nicht Landwirtschaftssimulator, gestand der Zeuge [Name] dies freimütig ein. Er gab auch an, er habe auf irgendeiner Seite, möglicherweise "Bild.de" die entsprechende Software (also Landwirtschaftssimulator oder German Truck Simulator) heruntergeladen. Belege für diese Behauptung konnte er indes nicht vorlegen. Insbesondere hatte er keine Kaufbelege oder Ähnliches für einen verifizierten Kauf über eine Onlineplattform. Interessant an dieser Aussage war, dass seine Ehefrau, die Zeugin [Name], keine solchen Spiele auf dem Rechner des Zeugen wahrgenommen haben wollte. Es klingt jedoch unglaubwürdig, dass der Zeuge [Name] das Spiel German Truck Simulator bei der Bildzeitung heruntergeladen haben will, aber auch zur Zeit der Abmahnung den Beklagten, der ihn darauf angesprochen hat, nicht über diesen Umstand informiert haben soll.

    Der Zeuge [Name] kommt somit konkret als Täter in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Vermutung in dieser Situation nicht. Denn der Zeuge [Name] hatte konkret Zugriff und kam als Täter konkret in Betracht. Auf die anderen Familienmitglieder kommt es insoweit nicht mehr an; Frau und Tochter des Beklagten waren als Täter aber eher auszuschließen.


    (4)

    Die Täterschaft des Beklagten ist auch außerhalb der Vermutung nicht im Sinne des § 286 ZPO belegt.


    2.

    Der Beklagte haftet auch nicht als Störer; es gab keine Anzeichen dafür, dass der Internetanschluss des Beklagten nicht hinreichend gesichert war oder dass dieser Hinweise auf frühere Verstöße von Familienmitgliedern hatte. Insbesondere stand nach der Beweisaufnahme fest, dass der Beklagte seinen WLAN-Anschluss mit WPA 2 verschlüsselt hat. Das haben alle Zeugen ausgesagt. Hieran gab es auch keine Zweifel. Weiterhin besteht nach gefestigter Rechtssprechung zwischenzeitlich gegenüber erwachsenen Hausgenossen keine besondere Belehrungspflicht mehr. Eine vorherige Abmahnung des Beklagten ist von Seiten der Klägerin nicht behauptet worden, so dass auch keine weiteren Pflichten aus vorangegangenen Abmahnungen oder Urheberrechtsverletzungen bestehen.


    3.

    Die weiteren Ansprüche teilen das Schicksal der Hauptforderung.



    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.



    III.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 713 ZPO.



    IV.

    Der Streitwert beträgt für den Antrag Ziffer 1 1.099,00 EUR. Für den Antrag Ziffer 2 510,00 EUR, der Antrag Ziffer 3 ist im Antrag Ziffer 1 und 2 enthalten und rechtfertigt keine Erhöhung des Streitwertes.



    Dr. [Name],
    Richter am Amtsgericht (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



AG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2016, Az. 121 C 339/16 (09),
sekundäre Darlegungslast,
"Euro Truck Simulator 2",
JurPC,
Klage NIMROD Rechtsanwälte,
Klage NIMROD,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
Rechtsanwalt Wolfgang Kuntz,
Kanzlei Valentin & Kollegen (Saarbrücken)

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2017, KW 02

#10952 Beitrag von Steffen » Freitag 13. Januar 2017, 23:55

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


DER Wochenrückblick........................Bild......................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2017, KW 02..................................Initiative AW3P.........................09.01. - 15.01.2017

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Querbeet





1. BGH, Beschluss vom 27.10.2016, I ZR 90/16


Quelle: juris.bundesgerichtshof.de
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=1



  • (...) BUNDESGERICHTSHOF

    BESCHLUSS

    I ZR 90/16


    vom

    27. Oktober 2016

    in dem Rechtsstreit

    Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und Feddersen

    beschlossen:

    Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ­ 3. Zivilkammer ­ vom 24. März 2016 unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M. S. wird zurückgewiesen.



    Gründe:



    I.


    Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für das Filmwerk "Little Ashes". Sie nimmt die Beklagte auf Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch, weil nach den von der Klägerin beauftragten Ermittlungen dieser Film am 21. März 2010 von dem Anschluss der Beklagten auf der Tauschbörse "Lime Wire 0.0.0.2" zum Download angeboten wurde.

    Die Beklagte hat behauptet, ihr sei im Tatzeitpunkt eine andere IP-Adresse statisch zugeordnet gewesen. Außerdem hat sie sich auf Verjährung berufen.

    Das Amtsgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, die Beklagte habe nicht ihrer sekundären Darlegungslast genügt, zu anderen Personen vorzutragen, die selbständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Sie habe auch keine konkreten Fehler der Klägerin bei der Ermittlung der IP-Adresse vorgetragen. § 852 BGB müsse auf Filesharing-Fälle Anwendung finden, so dass der Klägerin auch nach Verjährung ihres Schadenersatzanspruchs Wertersatz nach den Grundsätzen einer angemessenen Lizenzgebühr zustehe.



    II.

    Der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

    Das Landgericht hat die Zulassung der Revision mit der unter den Instanzgerichten bestehenden Uneinigkeit über die Anwendbarkeit von § 852 BGB in Filesharing-Fällen begründet. Nach Verkündung des Urteils des Landgerichts hat der Senat diese Frage jedoch im Sinne der vom Landgericht befürworteten Antwort entschieden (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 95 bis 98 - Everytime we touch). Danach kann der Restschadensersatzanspruch aus § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB in Fällen des widerrechtlichen Zugänglichmachens eines urheberrechtlich geschützten Werks über eine Internettauschbörse mittels einer fiktiven Lizenz berechnet werden.

    Im Übrigen lässt das Urteil des Landgerichts keine Rechtsfehler erkennen, die geeignet wären, eine Erfolgsaussicht des beabsichtigten Revisionsverfahrens zu begründen.



    Büscher

    Schaffert

    Kirchhoff

    Löffler

    Feddersen



    Vorinstanzen:
    AG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.03.2015, Az. 32 C 2882/14 (84)
    LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.03.2016, Az. 2-3 S 26/15 (...)





2. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Oberlandesgericht Brandenburg: Zum fliegenden Gerichtsstand bei Persönlichkeitsverletzungen im Internet


OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2016, Az. 1 U 6/16



Quelle: Online & Recht
Link: http://www.online-und-recht.de/urteile/ ... -20161128/








3. Justiz in Baden-Württemberg: Das Kriterium der Notwendigkeit im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO darf bei der Abrechnung von Reisekosten nicht zu einer Schlechterstellung von außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwälten führen


LG Heilbronn Beschluss vom 21.10.2016, Az. 8 Qs 31/16


Quelle: lrbw.juris.de
Link: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_re ... w&nr=21705








4. Kanzlei Dr. Bahr (Hamburg): Landgericht Trier - Spielsüchtiger hat keinen Schadensersatz-Anspruch gegen Spielhallen-Betreiber

LG Trier, Urteil vom 07.12.2016, Az. 5 O 139/16
  • (...) Die Gefahr, die rationale Kontrolle über bestimmte Handlungen zu verlieren, gehöre zur menschlichen Natur. (...)

Quelle: Kanzlei Dr. Bahr
Link: http://www.dr-bahr.com/news/spielsuecht ... eiber.html




exceptio probat regulam in casibus non exceptis -
die Ausnahme bestätigt die Regel in den nicht ausgenommenen Fällen


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5. Justillon - Kuriose Rechtsnachrichten: 10 Typen von Anwälten

  • (...) 1) Der Stratege - Patronus tragicus
    2) Der Kämpfer - Patronus pugnax
    3) Der Unseriöse - Patronus cupidus
    4) Der Anfänger - Patronus incertus
    5) Der Erfolgreiche - Patronus felix
    6) Der Promi - Patronus gloriosus
    7) Der Lockere - Patronus relaxatus
    8) Der Unsichere - Patronus desperatus
    9) Der Skrupellose - Patronus sine scrupulis
    10) Das Arbeitstier - Patronus industrius (...)

Quelle: Justillon.de
Autor: Julie Tiltmann (Webseite: http://anwalt-kg.de)
Link: http://justillon.de/2017/01/10-typen-von-anwaelten/








6. Kostenlose URTEILE: Geltendmachung der Post- und Telekommunikationspauschale durch Rechtsanwalt setzt nicht Vorliegen von tatsächlich angefallenen Kosten voraus


AG Winsen, Beschluss vom 27.12.2015, Az. 18 II 531/11

  • (...) Ein Rechtsanwalt kann die Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) unabhängig davon geltend machen, ob tatsächlich Kosten angefallen sind. Eine andere Ansicht ist mit dem Begriff der Pauschale und den Intentionen des Gesetzgebers nicht vereinbar. Dies hat das Amtsgericht Winsen entschieden. (...)

Quelle: Kostenlose-Urteile.de
Link: http://www.kostenlose-urteile.de/AG-Win ... s23689.htm








7. Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Erledigung der negativen Feststellungsklage durch Anspruchsverzicht - Billigkeitserwägungen im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO


OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.12.2016, Az. 6 U 185/16

  • (...) Leitsatz:
    1.Das rechtliche Interesse für die Feststellung, dass dem Beklagten ein bestimmter Anspruch nicht zusteht, entfällt, wenn der Beklagte auf diesen Anspruch förmlich verzichtet. Dies gilt jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen unabhängig davon, ob der Kläger diese Verzichtserklärung annimmt.
    2.Im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO kann es der Billigkeit entsprechen, dem Beklagten die erstinstanzlichen Kosten und dem Kläger die Kosten der Berufung aufzuerlegen, wenn das erledigende Ereignis bereits in erster Instanz eingetreten ist und der Kläger die Erledigungserklärung erst im Berufungsverfahren abgibt. (...)

Quelle: Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank
Link: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7735013











Gerichtsentscheidungen



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  • AG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2016, Az. 121 C 339/16 (09) [Nimrod verlieren, sek. Darlegungslast (Mitnutzer)]
[/b]




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  • LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.12.2016, Az. 15 S 10/16 [Hinweisbeschluss zur sekundären Darlegungslast]
[/b]







JurPC Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht (Wiesbaden)


AG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2016, Az. 121 C 339/16 (09)


JurPC: AG Saarbrücken, Urteil vom 07.12.2016, Az. 121 C 339/16 (09) - Zur Darlegungs- und Beweislast beim Filesharing - NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR verlieren



Quelle: JurPC
Urteil als PDF: http://pdf.makrolog.de/pdf-repository/2 ... d=20170004








Landgericht Berlin


LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.12.2016, Az. 15 S 10/16


Landgericht Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.12.2016: Wird die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht geschildert, bedarf es nicht einmal einer Beweisaufnahme. Die bloße theoretische Möglichkeit des Zugriffs Dritter genügt nicht. Der Anschlussinhaber haftet!

  • (...) Es genügt aber nicht bloß anzugeben, wer im Haushalt lebt und/oder ebenfalls den Internetzugang nutzen konnte. Erforderlichenfalls sind eigene Ermittlungen des Anschlussinhabers vorzunehmen, welcher Rechner zur Tatzeit online war und/oder ein Tauschbörsenprogramm installiert hatte. Die Befragung der Zugangsberechtigten ohne Verifikation deren Angaben ist nicht ausreichend. Der Anschlussinhaber muss vielmehr Tatsachen vortragen, die eine bestimmte andere Person ernstlich als Täter in Betracht kommen lassen. Wer sich nicht erkundigt, bestreitet unzulässig ins Blaue hinein. (...)

Quelle: Blog AW3P
Link: http://aw3p.de/archive/2156










Forenwelt



Denkanregung!

  • (...) Immer wieder tun wir Betroffene und sog. Foren-Experten uns mit der Darlegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Filesharing Fälle schwer.

    1. Im Mahnbescheid oder Klage wird das Doppelte gefordert, dass ist doch Abzocke!?
    2. Die müssen mir beweisen, dass ich es als Anschlussinhaber auch war! (...)

Quelle: Forum AW3P
Urteil als PDF: https://abmahnwahn-dreipage.de/forum/vi ... 506#p46506







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Steffen Heintsch für AW3P



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LG Magdeburg, Az. 7 S 83/16

#10953 Beitrag von Steffen » Dienstag 17. Januar 2017, 17:18

WALDORF FROMMER: Landgericht Magdeburg zum Nachweis der Rechteinhaberschaft mittels Zeugenbeweis - Nachweis der fehlenden Täterschaft der Mitnutzer führt zur Haftung des Anschlussinhabers


17:15 Uhr



Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützte Filmaufnahmen. In diesem Verfahren hatte das Amtsgericht Magdeburg die Klage zuvor mit der Begründung abgewiesen, den zur bestehenden Rechteinhaberschaft der Klägerin angebotenen Zeugen nicht hören zu müssen. Denn, so das Amtsgericht, der Nachweis der Rechteinhaberschaft könne allein durch die Vorlage der Vertragswerke geführt werden.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... sinhabers/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... _83_16.pdf




Autorin:

Rechtsanwältin Carolin Kluge



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Das Landgericht sah dies erwartungsgemäß anders und lud den von der Klägerin angebotenen Zeugen, um sich selbst ein Bild machen zu können. Die Aktivlegitimation der Klägerin stand nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Landgerichts fest:
  • "Zu Unrecht stellt die Beklagte zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage. Zur Rechteinhaberschaft und damit zur Aktivlegitimation der Klägerin hat die Kammer Beweis erhoben durch Vernehmung von [...]. Der Zeuge, der als Justitiar für die Klägerin tätig ist, hat der Kammer alle Einzelheiten des Rechteerwerbs überzeugend dargelegt.

    Er hat der Kammer im Einzelnen geschildert, dass er die Übertragung der Verwertungsrechte selbst verhandelt habe und dass er insbesondere auch den Vertrag gesehen habe, mit dem die Rechte zur Verwertung dieses Films von der Produktionsgesellschaft auf die Klägerin übertragen worden sind. Schließlich hat der Zeuge auch nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Grund auf der Hülle der DVD die Bezeichnung [...] enthalten ist. Es handele sich um ihre 100%ige Tochterfirma, die lediglich den Vertrieb der Datenträger für sie übernommen habe. Mit dieser Sublizenz sei jedoch keinerlei Rechteinhaberschaft auf ihre Tochter übergegangen.

    Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass der Zeuge die Vorgange zu dem Rechteerwerb zutreffend geschildert hat seine Ausführungen waren glaubhaft. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge nicht die Wahrheit gesagt haben konnte, hat die Kammer nicht gewonnen."
Die Beklagte hatte in diesem Verfahren zudem in erster Instanz schriftsätzlich darauf hingewiesen, dass ihre Familienangehörigen als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen sollten. Die Tochter sowie der Ehemann wurden daher zwar nicht in erster, jedoch in zweiter Instanz als Zeugen gehört. Beide Mitnutzer kamen jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Landgerichts nicht als Täter der Rechtsverletzung in Betracht.

Das Landgericht Magdeburg sah daher ihm Ergebnis die Täterschaft der Beklagten als erwiesen an:
  • "Nach Maßgabe dieser Grundsätze haftet die Beklagte der Klägerin als Täterin für die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung. Denn sie hat gerade nicht dargelegt und bewiesen, dass zum Verletzungszeitpunkt (auch) andere Personen selbstständig Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, so dass - nach wie vor - eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass sie für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Hiervon ist die Kammer schon aufgrund der Anhörung der Beklagten überzeugt. [...] Ist aber - wie hier - der Beklagten der Vortrag und der Beweis einer zum Verletzungszeitpunkt möglichen Täterschaft eines Dritten nicht gelungen, so haftet der Anschlussinhaber allein deshalb, weil seine Täterschaft vermutet wird."
Auch dem weiteren Einwand der Beklagten, angesichts einer vermeintlich nicht hinreichenden Konkretisierung der Forderung im Mahnbescheid sei die Regelverjährungsfrist von drei Jahren überschritten, vermochte das Landgericht nicht zu folgen.
  • "Sowohl der Schadenersatzanspruch als auch die als Hauptforderung daneben geltend gemachten Abmahnkosten sind so präzise beschrieben, dass die Beklagte keinem Irrtum darüber unterliegen konnte, um welche Forderung es sich handelt."
Da die Beklagte auch die Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung nicht ausreichend substantiiert bestritten hatte, hob das Landgericht Magdeburg das erstinstanzliche Urteil auf und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes, der entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten beider Instanzen.





LG Magdeburg, Urteil vom 23.11.2016, Az. 7 S 83/16

  • (...) - Abschrift -

    Landgericht Magdeburg

    Geschäfts-Nr.: 7 S 83/16
    150 C 1102/15 Amtsgericht Magdeburg

    Verkündet am: 23.11.2016
    [Name], Justizangestellte
    als Urkundsbeamtin/beamter der Geschäftsstelle



    Im Namen des Volkes!

    Urteil




    [Name],
    Klägerin und Berufungsklägerin

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    Beklagte und Berufungsbeklagte

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht [Name] und den Richter am Landgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 02.11.2016

    für Recht erkannt

    1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 17.02.2016 (Az 150 C 1102/15 (150)) abgeändert und wie folgt neu gefasst
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.106,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.06.2014 zu zahlen
    3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen 4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar



    Gründe:


    I.

    Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte durch unerlaubte Verwertung in sogenannten Tauschbörsen geltend.

    Die Klägerin behauptet, Inhaberin der Verwertungsrechte des Films [Name] zu sein. Die Klägerin lasst Rechtsverletzungen in Tauschbörsen systematisch von der "ipoque GmbH" ermitteln. Ermittlungen dieses Unternehmens ergaben in fünf Fällen eine Zuordnung zu der IP-Adresse der Beklagten.

    Mit Schreiben vom [Datum] mahnte die Klägerin die Beklagte erfolglos ab und verlangte von ihr die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Mit Schreiben vom [Datum] gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, ohne allerdings die ihr gegenüber geltend gemachten Abmahnkosten zu begleichen.

    Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne von der Beklagten Schadensersatz in einer Mindesthöhe von 600,00 EUR verlangen. Daneben könne sie von ihr die Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung beanspruchen. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten sei sie auch Rechteinhaberin des gegenständlichen Filmes. Soweit auf der Hülle des Films der Copyright-Vermerk [Name] enthalten sei, so beruhe dies allein darauf, dass sie die Rechte zur DVD-Auswertung an ihre 100%ige Tochter [Name] übertragen habe Die Beklagte habe zudem ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt Auch sei die IP-Adresse der Beklagten zutreffend ermittelt worden. In einer Vielzahl bereits durchgeführte gerichtlicher Beweisaufnahmen sei die Zuverlässigkeit der Ermittlungen des hier beauftragten Unternehmens durch Sachverständige bestätigt worden Hinzu komme, dass im folgenden Fall bei der Beklagten am [Datum] fünf Datensatze unter vier unterschiedlichen IP-Nummern festgestellt worden seien.


    Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an sie angemessenen Schadensersatz, dessen Hohe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.06.2014 sowie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.06.2014 zu zahlen.


    Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
    die Klage abzuweisen

    Zur Begründung hat sie zunächst die Einrede der Verjährung erhoben. Sie gehe davon aus, dass im vorliegenden Fall die Regelverjährung von drei Jahren Anwendung finde. Der im Jahre 2014 erlassene Mahnbescheid habe die Verjährung nicht unterbrechen können, weil die klägerische Forderung in diesem Mahnbescheid nicht hinreichend konkret erkennbar sei. Die mit Mahnbescheid geltend gemachte Forderung weiche von der außergerichtlichen Forderung ab Darüber hinaus werde die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Zwar sei sie im Jahre [Jahreszahl] Inhaberin des betreffenden Internetanschlusses gewesen sei. Es habe sich um einen Internetanschluss mit Router gehandelt, der ordnungsgemäß mittels WPA-2-Verschlusselung geschützt worden sei. Neben ihr hatten diesen Internetanschluss auch weitere Familienmitglieder genutzt, und zwar konkret ihr Ehemann [Name] sowie ihre Tochter [Name]. Sie führt weiter aus, dass für ihre Tochter ein eigenes Endgeräte zur Verfügung gestanden habe. Sämtliche Familienmitglieder seien vor der erstmaligen Nutzung ihres Computeranschlusses ausdrücklich darüber belehrt worden, dass sie keine Internettauschbörsen nutzen sollten Die Befragung der Familienmitglieder habe ergeben, dass sie keine Tauschbörsen genutzt hatten Auch ihre Haftung als Störer komme nicht in Betracht, sie habe ihren Anschluss vor dem illegalen Zugriff Dritter geschützt und habe die weiteren Nutzer sowohl belehrt als auch regelmäßig kontrolliert. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass es auch zu einem Fehler bei der Ermittlung des Anschlussinhabers gekommen sei Es sei bekannt, dass die Fehlerquote hierbei sehr hoch sei Schließlich sei der geltend gemachte Schadensbetrag überhöht und auch die Anwaltskosten konnten in der Höhe nicht geltend gemacht werden.

    Mit Urteil vom 17.02.2016 wies das Amtsgericht Magdeburg die Klage ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Klägerin ihre Aktivlegitimation nicht ausreichend dargelegt und bewiesen habe. Insbesondere könne sie den Beweis ihrer Rechteinhaberschaft nicht durch den von ihr angebotenen Zeugenbeweis fuhren.

    Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 22.02.2016 zugestellt wurde, legte sie am 16.03.2016 Berufung ein. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ging die Berufungsbegründung der Klägerin am 29.04.2016 beim erkennenden Gericht ein, in der die Klägerin im Wesentlichen ausführte, dass das Amtsgericht nicht berechtigt gewesen sei, die Klage aufgrund unsubstantiierten Vortrags zur Rechteinhaberschaft ohne Beweisaufnahme abzuweisen Der von ihr benannte Zeuge sei unter anderem zum Beweis für solche Tatsache angeboten worden, aus denen sich die Inhaberschaft der für den streitgegenständlichen Film maßgebenden exklusiven Rechte gemäß § 19a UrhG ergebe. Im übrigen wiederholte und verteidigte sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.


    Die Berufungsklägerin beantragt,
    unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Magdeburg vom 17.02.2016 (Az 150 C 1102/15 (150)) die Beklagte zu verurteilen,
    1. einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.06.2014 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.06.2014 zu zahlen.


    Die Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen

    Zur Begründung hat sie das erstinstanzliche Urteil verteidigt und im Urigen auf ihre Ausführungen der ersten Instanz Bezug genommen.

    Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name] sowie [Name] und [Name]. Darüber hinaus hat die Kammer die Beklagte persönlich angehört Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.11.2016 Bezug genommen.

    Bezug genommen wird hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im übrigen auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlage. Alle diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung


    II.

    Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

    Im Ergebnis der Beweisaufnahme war das angegriffene Urteil des Amtsgerichts Magdeburg abzuändern und die Beklagte war antragsgemäß zu verurteilen.

    Der rechtliche Anknüpfungspunkt für eine Haftung der Beklagten auf Schadensersatz dem Grunde nach ergibt sich aus § 97 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Gemäß § 97 Abs 1 Satz 1 UrhG kann derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung, in Anspruch genommen werden. Gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet, wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt.

    Nach Maßgabe dieser Vorschriften haftet die Beklagte der Klägerin aus der hier gegenständlichen Urheberrechtsverletzung dem Grunde nach auf, Schadensersatz Denn sie hat das Urheberrecht der Klägerin verletzt Hiervon ist die Kammer insbesondere aufgrund der Beweisaufnahme letztlich überzeugt.

    Zu Unrecht stellt die Beklagte zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage. Zur Rechteinhaberschaft und damit zur Aktivlegitimation der Klägerin hat die Kammer Beweis erhoben durch Vernehmung von [Name]. Der Zeuge, der als Justitiar für die Klägerin tätig ist, hat der Kammer alle Einzelheiten des Rechteerwerbs überzeugend dargelegt. Er hat der Kammer im Einzelnen geschildert, dass er die Übertragung der Verwertungsrechte selbst verhandelt habe und dass er insbesondere auch den Vertrag gesehen habe, mit dem die Rechte zur Verwertung dieses Films von der Produktionsgesellschaft auf die Klägerin übertragen worden sind. Schließlich hat der Zeuge auch nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Grund auf der Hülle der DVD die Bezeichnung [Name] enthalten ist. Es handele sich um ihre 100%ige Tochterfirma, die lediglich den Vertrieb der Datenträger für sie übernommen habe. Mit dieser Sublizenz sei jedoch keinerlei Rechteinhaberschaft auf ihre Tochter übergegangen.

    Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass der Zeuge die Vorgänge zu dem Rechteerwerb zutreffend geschildert hat Seine Ausführungen waren glaubhaft Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge nicht die Wahrheit gesagt haben könnte, hat die Kammer nicht gewonnen.

    Diese, der Klägerin an dem Film [Name] zustehenden Rechte, hat die Beklagte verletzt. Zwar trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese fuhrt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vortragt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zur Nachforschung verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchsstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter als Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzustellen und nachzuweisen (so etwa BGH, Urteil vom 11.06.2015 - I ZR 75/14 -, zitiert nach Juris).

    Nach Maßgabe dieser Grundsatze haftet die Beklagte der Klägerin als Täterin für die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung. Denn sie hat gerade nicht dargelegt und bewiesen, dass zum Verletzungszeitpunkt (auch) andere Personen selbstständig Zugang zu ihrem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, so dass nach wie vor - eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass sie für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Hiervon ist die Kammer schon aufgrund der Anhörung der Beklagten überzeugt. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, dass auch ihre Tochter und ihr Ehemann grundsätzlich Zugang zu dem fraglichen Internetanschluss gehabt hätten. Im Rahmen ihrer Anhörung hat sie allerdings sowohl in Bezug auf ihre Tochter als auch in Bezug auf ihren Ehemann angegeben, dass sie sich weder bei ihr noch bei ihm vorstellen könne, dass sie zum einen in der Lage seien, so einen Vorgang technisch umzusetzen Zum anderen könne sie sich nicht vorstellen, dass sie überhaupt auf die Idee kamen, sich einen Film im Internet illegal zu beschaffen. Hieraus ergibt sich, dass schon aus der Sicht der Beklagten selbst ein Dritter, der theoretisch Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hat, als Täter nicht in Betracht kommt. Sie selbst vermag nicht überzeugend darzulegen, welcher Dritte als potenzieller Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt.

    Schließlich hat auch die Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name] nicht den Beweis ihrer - der Zeugen - Täterschaft erbracht Beide haben überzeugend und nachvollziehbar geschildert, dass sie den fraglichen Film nicht heruntergeladen haben. Die Kammer hatte keine Anhaltspunkte dafür, dass einer der von ihr vernommenen Zeugen die Unwahrheit gesagt hat.

    Ist aber - wie hier - der Beklagten der Vortrag und der Beweis einer zum Verletzungszeitpunkt möglichen Täterschaft eines Dritten nicht gelungen, so haftet der Anschlussinhaber allein deshalb, weil seine Täterschaft vermutet wird.

    Ohne Erfolg macht die Beklagte in diesem Zusammenhang auch geltend, dass möglicherweise ihr Anschluss fehlerhaft ermittelt worden sei, weil die zur Ermittlung der jeweiligen IP-Adressen eingesetzte Software fehleranfällig sei. Dies ist im vorliegenden Fall deshalb unbeachtlich, weil der Anschluss der Beklagten nicht nur einmal, sondern im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Urheberrechtsverletzung bei fünf unterschiedlichen Datensätzen unter vier unterschiedlichen IP-Adressen ermittelt wurde Dieser Umstand schließt es nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeit nahezu aus, dass die Ermittlung des Anschlusses der Beklagten fehlerhaft erfolgt ist.

    Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist die Forderung der Klägerin auch nicht verfahrt. Die Beklagte beanstandet in diesem Zusammenhang lediglich, dass der ihr zugestellt Mahnbescheid die bis zum 31.12.2014 laufende Verjährungsfrist nicht unterbrochen habe, weil der geltend gemachte Anspruch darin nicht hinreichend eindeutig beschrieben werde. Am 13.09.2014 wurde der Beklagten ein Mahnbescheid zugestellt, in dem der geltend gemachte Anspruch wie folgt beschrieben ist.
    • "1. Schadenersatz aus Unfall/Vorfall gem Schadenersatz wg UrhR-Verletzung gemäß Schreiben vom [Datum]
      2. Rechtsanwaltskosten aus UrhR-Verletzung gemäß Schreiben vom [Datum]."
    Sowohl der Schadenersatzanspruch als auch die als Hauptforderung daneben geltend gemachten Abmahnkosten sind so präzise beschrieben, dass die Beklagte keinem Irrtum darüber unterliegen konnte, um welche Forderung es sich handelt Nach ihrer eigenen Auskunft handelt es sich hierbei um die erste ihr gegenüber ausgesprochene Abmahnung. Sie selbst hat zum Ausdruck gebracht, dass sie "fix und fertig" war, als die Abmahnung bei ihr einging. Es war ihr unzweifelhaft daher möglich zu erkennen, welche Forderung genau die Klägerin geltend macht.

    Nicht zu beanstanden ist auch der von der Klägerin im Wege der Lizenzanalogie geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Hohe von 600,00 EUR. Diesen Betrag halt die Kammer angesichts Tatsache, dass es sich um einen Film mit internationalem Erfolg unter Mitwirkung namhafter Schauspieler handelt, für angemessen.

    Gemäß § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG kann die Klägerin von der Beklagten auch die geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR verlangen Dabei ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihrer Abmahnung einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zugrunde gelegt hat Auf der Basis dieses Gegenstandswerts hat die Klägerin die Aufwendungen für die ausgesprochene Abmahnung zutreffend berechnet.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr 10, 713 ZPO.


    [Name] [Name] [Name] (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Magdeburg, Urteil vom 23.11.2016, Az. 7 S 83/16,
Vorinstanz: AG Magdeburg, Urteil vom 17.02.2016, Az. 150 C 1102/15,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
sekundäre Darlegungslast,
Zeugenbeweis,
Nachweis der Täterschaft

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Steffen
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AG Augsburg, Az. 72 C 822/16

#10954 Beitrag von Steffen » Donnerstag 19. Januar 2017, 17:45

WALDORF FROMMER: Widersprüchlicher Vortrag - Amtsgericht Augsburg verurteilt Anschlussinhaber antragsgemäß zur Zahlung von 1.106,00 EUR wegen illegaler Tauschbörsennutzung (Verteidigung ohne Anwalt)



17:40 Uhr


Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung abgestritten und zudem behauptet, dass er keine Internet-Tauschbörse genutzt habe. Eine fallbezogenen Auseinandersetzung mit der konkreten Rechtsverletzung - streitgegenständlich war die illegale Tauschbörsennutzung bezüglich eines kompletten Musikalbums - erfolgte indes nicht. Vielmehr wurde an der Sache vorbei argumentiert, er habe weder "Filme gestreamt, noch jemals heruntergeladen oder angeboten". Zudem sei er zum Tatzeitpunkt auf einer Geburtstagsfeier gewesen.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ennutzung/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 822_16.pdf




Autor:

Rechtsanwalt David Appel




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Zum Tatzeitpunkt hätten jedoch auch seine Ehefrau und sein volljähriger Sohn uneingeschränkten und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss nehmen können. Auf Nachfrage habe weder die Ehefrau noch der Sohn des Beklagten die Begehung der Tat zugegeben.

Bei der sodann durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes gaben beide Zeugen an, dass sie das streitgegenständliche Musikalbum nicht über eine Tauschbörse angeboten hätten. Zwar gab der Sohn des Beklagten an, den Künstler und das Musikalbum zu kennen, jedoch habe er dieses nicht über illegales Filesharing bezogen.

In Widerspruch zum Vortrag des Beklagten gab die Ehefrau des Anschlussinhabers an, dass sie mit ihrem Mann am Tag der Rechtsverletzung zum "Fliegenfischen" gewesen sei. Sie seien morgens losgefahren und erst am Abend nach Hause zurückgekommen.

Das Amtsgericht Augsburg hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und den Anschlussinhaber antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, der Rechtsverfolgungskosten sowie der gesamten Verfahrenskosten in Höhe von über 1.500,00 EUR verurteilt.

In seiner Begründung führte das Amtsgericht Augsburg wörtlich aus:
  • "Der Beklagte hat bestritten, einen Film gestreamt oder heruntergeladen zu haben. Streitgegenständlich ist der Urheberrechtsverstoß hinsichtlich eines Musikalbums. Hierzu hat er überhaupt nicht Stellung genommen. Er ist auch seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Insbesondere hat er die beiden anderen Familienmitglieder nicht einmal ernsthaft als Täter in Betracht gezogen. Zudem ist seine Einlassung unglaubwürdig, nachdem er schriftsätzlich behauptete, am [...] auf einer Geburtstagsfeier in [...] gewesen zu sein. Seine Ehefrau hingegen gab an, an dem Tag, dem Geburtstag ihres Ehemannes, morgens losgefahren zu sein zum Fliegenfischen in [...] und erst abends nach Hause gekommen zu sein."
Nach Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes des Beklagten scheiden beide Personen als Täter der Rechtsverletzung aus, so das Gericht in seinen Entscheidungsgründen.

Im Hinblick auf den eingeklagten Lizenzschadensersatz und den geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung führte das Gericht wie folgt aus:
  • "Nach § 97 Abs. 2 S.3 UrhG schuldet der Beklagte daher Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung nach Lizenzanalogie. Der Schadensersatzanspruch kann auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
    Jeder Abruf führt über die Filesharingprogramme zu einer ungeschützten lawinenartigen Weiterverbreitung. Die verlangten 600,00 EUR sind angemessen, da diese Summe bereits bei 100 Downloads erreicht wird. [...] Bei einem Album kann ohne Weiteres von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ausgegangen werden (z.B. LG München, Az. 21 O 13175/13). Die unter der Mittelgebühr von 1,3 hegende verlangte Gebühr von 1,0 ist nicht zu beanstanden. Die vorgerichtlichen Kosten sind nach der bis 01.08.2013 geltenden RVG-Gebührentabelle netto in der Klage richtig berechnet."





AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -


    Amtsgericht Augsburg


    Az. 72 C 822/16



    IM NAMEN DES VOLKES


    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter -


    wegen Urheberrecht


    erlässt das Amtsgericht Augsburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2016 folgendes

    Endurteil

    1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR Schadensersatz sowie 506,00 EUR Abmahnkosten nebst Zinsen aus 1.106,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.12.2015 zu zahlen.
    2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.



    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.



    Tatbestand

    Die Klägerin macht Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten geltend gegen den Beklagten als Anschlussinhaber.

    Die Klägerin verfügt als Tonträgerherstellerin über das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung für das Album von [Name] mit dem Titel [Name] (Bonus- DVD mit insgesamt 17 Titeln, Anlage K1).

    Dieses Album wurde nach dem Ermittlungssystem der Fa. ipoque GmbH über die Tauschbörse BitTorrent am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse [IP] ungenehmigt über Filesharing zum Download bereitgestellt. Die Auskunft nach § 101 IX UrhG ergab, dass der Beklagte Anschlussinhaber bezüglich der für die Tatzeit ermittelten IP-Adresse ist ( Anlage K 4-1).

    Der Beklagte wurde abgemahnt mit Anwaltsschreiben vom [Datum] (Anlage K4-1). Mit Mail vom 10.12.15 an seinen Anwalt wurde dem Beklagten zuletzt eine Zahlungsfrist zum 17.12.15 gesetzt.

    Hinsichtlich des Klägervortrages zur Lizenzpraxis sowie der Preise der Musikportale wird auf Seite 4 und 5 der Klage Bezug genommen. Ausgehend von einem gemittelten Downloadverkaufspreis von 9,00 EUR erhielte die Klägerin mit Verletzerzuschlag durchschnittlich 6,05 EUR.

    Hinsichtlich des Gegenstandswerts verlangt die Klägerin aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR eine 1,0 Gebühr zzgl. Postpauschale, mithin 506,00 EUR.


    Die Klägerin beantragt:
    Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite
    1. ein angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.12.2015 sowie
    2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit 18.12.2015 zu zahlen.


    Der Beklagte beantragt:
    Klageabweisung.

    Der Beklagte bestreitet seine Täterschaft.

    Er habe keine Kenntnis von einem Filesharing-Netz. Er habe weder Filme gestreamt noch heruntergeladen oder angeboten.

    Er habe sich zum Tatzeitpunkt auf einer Geburtstagsfeier in [Name Ort 1] befunden. Sein PC sei während seiner Abwesenheit abgeschaltet gewesen. Zum Tatzeitpunkt hatten seine Ehefrau, die Zeugin [Name], sowie sein Sohn [Name], geboren [Datum], uneingeschränkten und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt. Beide hätten über einen eigenen PC verfügt. Er vermute, dass einer der beiden Zeugen für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei, zugegeben habe die Tat auf Nachfragen des Beklagten keiner der Zeugen.

    Nachdem gegenüber dem volljährigen Kind und der Ehefrau keine Belehrungs- und Überwachungspflichten bestünden entfalle auch eine Störerhaftung.


    Das Gericht hat die beiden Zeugen [Name] und [Name] uneidlich zu einer behaupteten Täterschaft vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet, §§ 97, 97a I S 2 UrhG. Der Beklagte hat das Urheberecht der Klägerin schuldhaft verletzt.


    1.

    Es spricht die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, des Beklagten. Ihn eine sekundäre Darlegungslast. Er muss vortragen, wer selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatte und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Er ist im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet und zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Mit der pauschalen Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf seinen Internetanschluss wird er den an die Erfüllung der sekundären Darlegungs- und Beweislast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht (BGH, 12.05.2016, I ZR 48/15 - Everytime we touch, Leitsatz und Rn 37 bei Beck).

    Der Beklagte hat bestritten, einen Film gestreamt oder heruntergeladen zu haben. Streitgegenständlich ist der Urheberrechtsverstoß hinsichtlich eines Musikalbums. Hierzu hat er überhaupt nicht Stellung genommen.

    Er ist auch seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Insbesondere hat er die beiden anderen Familienmitglieder nicht einmal ernsthaft als Täter in Betracht gezogen.

    Zudem ist seine Einlassung unglaubwürdig, nachdem er schriftsätzlich behauptete, am [Datum] auf einer Geburtstagsfeier in [Name Ort 1] gewesen zu sein. Seine Ehefrau hingegen gab an, an dem Tag, dem Geburtstag ihres Ehemannes, morgens losgefahren zu sein zum Fliegenfischen in [Name Ort 2] und erst abends nach Hause gekommen zu sein.

    Nach der Vernehmung der beiden Zeugen scheiden zur Überzeugung des Gerichts die Zeugen zudem als Täter aus.


    2.

    Nach § 97 Abs. 2 S.3 UrhG schuldet der Beklagte daher Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung nach Lizenzanalogie. Der Schadensersatzanspruch kann auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.

    Jeder Abruf führt über die Filesharingprogramme zu einer ungeschützten lawinenartigen Weiterverbreitung. Die verlangten 600,00 EUR sind angemessen, da diese Summe bereits bei 100 Downloads erreicht wird.


    3.

    Nach § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG in der bis 8.10.13 gültigen Fassung kann, soweit die Abmahnung berechtigt ist, der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.

    Die Abmahnung war hier berechtigt.

    Die Beschränkung nach Abs 2 greift hier nicht, da beim Filesharing keine nur unerhebliche Rechtsverletzung vorliegt. Denn von einer unerheblichen Rechtsverletzung ist nur auszugehen, wenn die Rechtsverletzungen sich nach Art und Ausmaß auf einen eher geringfügigen Eingriff in die Rechte des Abmahnenden beschränken und deren Folgen durch die schlichte Unterlassung beseitigt werden können (Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 3 A. 2009, § 97 UrhG , Rn 36) Angesichts der zahlenmäßig unbegrenzten Möglichkeit des Downloads des geschützten Werks beim Filesharing liegt für den Abmahnenden kein geringfügiger Eingriff vor.

    Die gesetzliche Beschränkung des Gegenstandswerts nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG der neuen Fassung ist auf den Altfall nicht anwendbar.

    Bei einem Album kann ohne Weiteres von einem Gegenstandswert von 10 000,00 EUR ausgegangen werden (z.B. LG München, Az. 21 0 13175/13). Die unter der Mittelgebühr von 1,3 liegende verlangte Gebühr von 1,0 ist nicht zu beanstanden. Die vorgerichtlichen Kosten sind nach der bis 010.8.2013 geltenden RVG- Gebührentabelle netto in der Klage richtig berechnet.


    Zinsen: §§ 286, 288 BGB


    Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

    Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

    Landgericht München I
    Prielmayerstraße 7,
    80335 München


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

    Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat

    Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Augsburg
    Am Alten Einlaß 1
    86150 Augsburg


    einzulegen

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.


    gez. [Name],
    Richterin am Amtsgericht


    Verkündet am 16 12.2016
    gez.[Name] JSekrAnw'in
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16,
Klage Waldorf Frommer,
Rechtsanwalt David Appel,
sekundäre Darlegungslast,
pauschalen Behauptung,
theoretische Möglichkeit,
Waldorf Frommer Rechtsanwälte,
Selbstverteidiger,
Verteidigung ohne Anwalt,
widersprüchliche Aussagen

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AG Bochum, Az. 66 C 10/17

#10955 Beitrag von Steffen » Freitag 20. Januar 2017, 21:23

NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Wird derselbe Anschluss mehrfach erfasst, reicht ein pauschales Bestreiten der Ermittlungsergebnisse nicht aus


21:20 Uhr


Wird derselbe Anschluss durch ein Ermittlungsunternehmen mehrfach erfasst, reicht eine einfaches Bestreiten des Beklagten - dieses Ermittlungen seinen korrekt - nicht aus.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR


Emser Straße 9 | 10719 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 544 61 793 | Fax: +49 (0) 30 544 61 794
E-Mail: info@nimrod-rechtsanwaelte.de | Internet: www.nimrod-rechtsanwaelte.de




Bericht

Link:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2017/0 ... 66-c-1017/


Beschluss als PDF:
https://nimrod-rechtsanwaelte.de/wp-con ... _10_17.pdf



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Da das Amtsgericht Bochum zunächst einen Beweisbeschluss erlassen hatte, nachdem die Klägerin die Korrektheit der Ermittlungen durch Sachverständigengutachten zu beweisen hätte, schlosse es sich nunmehr der Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte an und kündigte durch Hinweisbeschluss an, den Beweisbeschluss aufheben zu wollen. Eine Beweiserhebung sei nicht notwendig, da der Beklagte die Ermittlungsergebnisse nicht substantiiert bestritten hat.



Ähnlich urteilte zuvor schon das Landgericht Leipzig:
  • "Der Kläger hat eine Kette aus eidesstattlicher Versicherungen eines Mitarbeiters des Ermittlungsunternehmens, der Angabe der Verletzungshandlung in Bezug auf eine mit dem bestimmten Hashwert benannte Datei mit dem Werk über den bestimmten P2P-Client und die Zuordnung zu der jeweiligen IP-Adresse nebst Tatzeitpunkten nachgewiesen, ferner deren Zuordnung zum Internetanschluss des Beklagten im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG. In der Gesamtbetrachtung dieser Indizien bestehen keine Zweifel für das Begehen der streitgegenständlichen Verletzungshandlung über den Internetanschluss des Beklagten. Gegenteiliges hat dieser zu beweisen."

    (LG Leipzig, Urteil vom 16.12.2016, Az. 05 S 332/16)
Diese Entscheidung ist nur konsequent. Hat der Rechteinhaber nachgewiesen, dass der Ermittlungsdienstleister mehrere Verstöße feststellen konnte, die durch den Provider dem selben Anschluss zugeordnet wurden, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass einem zuvor unbekannten Anschlussinhaber unterschiedliche IP-Adressen mehrmals innerhalb eines kurzen Zeitraums falsch zugeordnet werden, erst recht, wenn diese sich auf die gleiche Rechtsverletzung beziehen. In Deutschland gibt es ca. 30 Millionen Internetanschlüsse (vgl. Pressemitteilung Nr. 464 des Statistischen Bundesamtes).





AG Bochum, Beschluss vom 03.01.2017 Az. 66 C 10/17


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    66 C 10/17

    Amtsgericht Bochum



    Beschluss


    In dem Rechtsstreit


    [Name] gegen [Name]



    wird dem Beklagten eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung gesetzt, zum Schriftsatz vom 03.01.2017 Stellung zu nehmen.

    Es wird nach Dezernatswechsel auf folgendes hingewiesen:

    Es ist beabsichtigt, den Beweisbeschluss aufzuheben. Eine Beweiserhebung über die korrekte Ermittlung der IP Adresse ist nicht beabsichtigt. Aufgrund der Mehrfachermittlung der IP Adresse zu vier verschiedenen Zeitpunkten reicht das pauschale Bestreiten des Beklagten, diese sei nicht korrekt ermittelt worden, nicht aus.

    Den Parteien wird aufgegeben, binnen 2 Wochen mitzuteilen, ob sie mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gern. § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden sind. Nach fruchtlosem Fristablauf wird Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.



    Bochum, 11.01.2017
    Amtsgericht


    [Name]
    Richterin am Amtsgericht (...)




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


AG Bochum, Beschluss vom 03.01.2017, Az. 66 C 10/17,
NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR,
Klage NIMROD,
IP-Ermittlung,
Mehrfachermittlung

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Wochenrückblick

#10956 Beitrag von Steffen » Samstag 21. Januar 2017, 09:34

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


Der Wochenrückblick........................Bild........................Filesharing Fälle


-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ausgabe 2017, KW 03....................................Initiative AW3P.........................16.01. - 22.01.2017

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------







Fragen Sie Doktor Wachs!


In der wöchentlichen Zusammenfassung zum Thema: "Filesharing Abahnungen" wird ab sofort eine neue Rubrik vorgestellt. Hierbei werden allgemeine (kurze) Rechtsfragen rund zu diesem Thema an den Hamburger Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs gestellt.

Natürlich können und sollen interessierte Leser mir ihre Fragen per E-Mail

steffen@abmahnwahn-dreipage.de

zusenden, die ich dann Herrn ...



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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs


Dr. Wachs Rechtsanwälte
Osterstraße 116 | 20259 Hamburg
Telefon: 040 411 88 15 70
Fax: 040 411 88 15 77 | 040 444 65 51 0
E-Mail: info@dr-wachs.de | Web: www.dr-wachs.de


... zur Beantwortung weiterleite.









............................................Bild


AW3P: Herr Doktor Wachs. In vielen Gerichtsentscheidungen liest man, dass der Kläger die Freistellung seiner Rechtsanwaltsgebühren beantragt bzw. dass ein Freistellungsanspruch sich in einen Zahlungsanspruch verwandelt. Was bedeutet dies beides genau?



-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-?-



Doktor Wachs: Das ist eher eine formal juristische Frage, die mit den Anträgen in der Klage zusammenhängt. Der klagende Rechteinhaber hat "zunächst" nur den Anspruch von den Kosten für die Erstellung der Abmahnung, die er seinem Rechtsanwalt zahlen muss, freigestellt zu werden. In diesem Zusammenhang wird gern von Seiten der verteidigenden Anwälte eingewandt, dass diese Summe dann bereits geleistet sein müsste etc.

Diese Problematik stellt sich aber nicht, weil mit endgültiger Zahlungsverweigerung durch den Adressaten der Abmahnung sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt.

Das LG Köln hat mit Urteil vom 21.04.2010, Az 28 O 596/09 dies einmal gut dargestellt:
  • "Der Anspruch besteht auch auf Zahlung und nicht auf Freistellung, weil der Beklagte bestreitet, dass die Anwaltsgebühren von der Klägerin bereits an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt worden seien. Nach § 257 BGB umfasst die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz auch die Verpflichtung zur Freistellung hierfür eingegangener Verbindlichkeiten (BGH NJW-RR 2005, 887). Zwar geht nach § 250 Satz 2 BGB der Befreiungsanspruch nach § 257 BGB erst dann in einen Geldanspruch über, wenn der Geschädigte erfolglos eine Frist zur Herstellung (hier: Freistellung) mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Einen Befreiungsanspruch hat die Klägerin bislang nicht geltend gemacht; sie verlangt vielmehr Zahlung. Allerdings wandelt sich der nach § 257 BGB bestehende Befreiungsanspruch auch dann in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH NJW 2004, 1868 m. w. N.). Die ist der Fall, da der begründete Klageabweisungsantrag ein solches Verweigern darstellt (zum Filesharing: OLG Köln, Az. 23.12.209 - Az. 6 U 101/09; allg. BGH NJW-RR, 1987, 43; BGH NJW 1999, 1542)"
Zusammengefasst: Der Freistellungsanspruch würde mehr Raum eröffnen in das Innenverhältnis zwischen Kläger und abmahnendem Anwalt Einsicht zu nehmen, dies wird aber nach endgültiger Zahlungsverweigerung und die Umwandlung in den Zahlungsanspruch negiert.









Querbeet




1. MIR: kino.to und kinox.to - Verurteilung wegen Betriebs der Videostreaming-Plattformen rechtskräftig


BGH, Beschluss vom 11.01.2017, 5 StR 164/16

Vorinstanz:

LG Leipzig, Urteil vom 14.12.2015 , Az.11 KLs 390 Js 9/15



Quelle: MIR 2017, Dok. 004, Rz. 1
Link: http://medien-internet-und-recht.de/vol ... ok_id=2798








2. Bundesgerichtshof: Handlungspflichten eines Unterlassungsschuldners


BGH, Beschluss vom 29.09.2016, I ZB 34/15
  • (...) Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs müsse nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen könne, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar sei, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Er habe zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er sei jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekomme, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen müsse und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten habe. (...)

Quelle: Juris BGH
Link: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=1








3. Bundesverfassungsgericht: Kein Verbot der NPD wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele


BVerfG, Urteil vom 17.01.2017, 2 BvB 1/13



Quelle: BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - Rn. (1-1010)
Link: http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 00113.html








4. Donald Trump ist 45. Präsident der USA



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Foto: Google Plus


  • Slogan:
    "Amerika zuerst - Amerika zuerst."
  • Regeln:
    "Kauft amerikanisch und stellt amerikanisch an."
  • Versprechen:
    "Wenn Amerika vereint ist, ist es nicht aufzuhalten. Zusammen werden wir Amerika wieder groß machen."
[/b]



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Foto: www.direktzu.de/seehofer


Horst Seehofer (Bayerischer Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender):
  • (...) Ich finde, wir sollten uns als Deutsche um ein vernünftiges Verhältnis zu den Vereinigten Staaten kümmern. Nach meiner Erfahrung führt der Dialog auch zu mehr gegenseitigem Verständnis. Wir brauchen die Amerikaner, und die Amerikaner brauchen uns.

    Trump sei in einer demokratischen Wahl gewählt worden, das müsse man respektieren. Auch er selbst sei so groß geworden in der Politik, dass man die Entscheidungen der Bürger respektiert, und nicht erst dann den Respekt walten lässt, wenn einem eine Entscheidung auch gefällt. (...)

Quelle: Frankenpost
Link: http://www.frankenpost.de/region/bayern ... 32,5327025










Gerichtsentscheidungen



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  • LG Magdeburg, Urteil vom 23.11.2016, Az. 7 S 83/16 [WF gewinnen; Aktivlegitimation, Täterschaftsvermutung]
  • AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16 [WF gewinnen; Beklagter ohne Anwalt]
  • AG Bochum, Beschluss vom 03.01.2017 Az. 66 C 10/17 [NIMROD; Hinweisbeschluss Gericht; Mehrfachermittlung]
[/b]






WALDORF FROMMER Rechtsanwälte (München)


1. LG Magdeburg, Urteil vom 23.11.2016, Az. 7 S 83/16


WALDORF FROMMER: Landgericht Magdeburg zum Nachweis der Rechteinhaberschaft mittels Zeugenbeweis - Nachweis der fehlenden Täterschaft der Mitnutzer führt zur Haftung des Anschlussinhabers



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... sinhabers/






2. AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16

WALDORF FROMMER: Widersprüchlicher Vortrag - Amtsgericht Augsburg verurteilt Anschlussinhaber antragsgemäß zur Zahlung von 1.106,00 EUR wegen illegaler Tauschbörsennutzung (Verteidigung ohne Anwalt)



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... ennutzung/








NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin)


AG Bochum, Beschluss vom 03.01.2017 Az. 66 C 10/17


NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Wird derselbe Anschluss mehrfach erfasst, reicht ein pauschales Bestreiten der Ermittlungsergebnisse nicht aus



Quelle: NIMROD Rechtsanwälte Aktuell
Link: https://nimrod-rechtsanwaelte.de/2017/0 ... 66-c-1017/










Forenwelt



Aktuelle Verteidigungsargumente (, der anderen Art)



1. Es reicht nur zu sagen, dass man es selbst nicht war und Mitnutzer vorhanden sind, die ihrerseits den Vorwurf leugnen!
  • Ist aber der Beklagten der Vortrag und der Beweis einer zum Verletzungszeitpunkt möglichen Täterschaft eines Dritten nicht gelungen, so haftet der Anschlussinhaber allein deshalb, weil seine Täterschaft vermutet wird.

    LG Magdeburg, Urteil vom 23.11.2016, Az. 7 S 83/16




2. Das Amtsgericht Köln sagt aber, dass alle IP-Ermittlungen fehlerhaft wären!

  • Aufgrund der Mehrfachermittlung der IP Adresse zu vier verschiedenen Zeitpunkten reicht das pauschale Bestreiten des Beklagten, diese sei nicht korrekt ermittelt worden, nicht aus.

    AG Bochum, Beschluss vom 03.01.2017 Az. 66 C 10/17
  • Ohne Erfolg macht die Beklagte in diesem Zusammenhang auch geltend, dass möglicherweise ihr Anschluss fehlerhaft ermittelt worden sei, weil die zur Ermittlung der jeweiligen IP-Adressen eingesetzte Software fehleranfällig sei. Dies ist im vorliegenden Fall deshalb unbeachtlich, weil der Anschluss der Beklagten nicht nur einmal, sondern im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Urheberrechtsverletzung bei fünf unterschiedlichen Datensätzen unter vier unterschiedlichen IP-Adressen ermittelt wurde Dieser Umstand schließt es nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeit nahezu aus, dass die Ermittlung des Anschlusses der Beklagten fehlerhaft erfolgt ist.

    LG Magdeburg, Urteil vom 23.11.2016, Az. 7 S 83/16




3. Anwalt ist überbewertet - Hoch das Foren-Shual!

  • Zudem ist seine Einlassung unglaubwürdig, nachdem er schriftsätzlich behauptete, am [Datum] auf einer Geburtstagsfeier in [Name Ort 1] gewesen zu sein. Seine Ehefrau hingegen gab an, an dem Tag, dem Geburtstag ihres Ehemannes, morgens losgefahren zu sein zum Fliegenfischen in [Name Ort 2] und erst abends nach Hause gekommen zu sein.

    AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16






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Steffen Heintsch für AW3P



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AG Hamburg, Az. 25b C 20/16

#10957 Beitrag von Steffen » Mittwoch 25. Januar 2017, 23:42

Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg beschließt, dass die sekundäre Darlegungslast keine vorgerichtliche, Schadensersatzpflichten auslösende Antwortpflicht eines Filesharing Abgemahnten begründet


23:45 Uhr



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs



Dr. Wachs Rechtsanwälte

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____________________________


Bericht auf AW3P:


Link:

https://aw3p.de/archive/2220



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Durch AW3P vorliegenden Informationen wurde bekannt, dass die Hamburger Kanzlei Dr. Wachs Rechtsanwälte vor dem Amtsgericht Hamburg gegen die Universal Musik GmbH, vertreten durch die Hamburger Kanzlei Rasch Rechtsanwälte, eine Klagerücknahme für ihre Mandantin erstritt. Die Ausführungen des Amtsgericht Hamburg zur sekundären Darlegungslast (vorgerichtlich / gerichtlich) der Beklagten sind diesbezüglich lesenswert.




AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Amtsgericht Hamburg




    Beschluss



    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin -

    Prozessbevollmächtigte: [Name],


    gegen


    [Name],
    - Beklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg,



    beschließt das Amtsgericht Hamburg - Abteilung 25b - durch den Richter am Amtsgericht Dr. [Name] am 10.10.2016:
    • 1. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
      2. Der Streitwert wird auf 3.405,40 EUR festgesetzt.

    Gründe:

    Die Entscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Klage ist zurückgenommen worden.

    Für eine anderslautende Entscheidung zu Lasten der Beklagten besteht dogmatisch kein Raum. Durch eine Abmahnung allein entsteht zwischen dem Abmahnenden und dem privaten Abmahnungsempfänger - anders als im Wettbewerbsrecht (dazu BGH, GRUR 1990, 381, 382 "Antwortpflicht des Abgemahnten") - keine Sonderrechtsbeziehung (so OLG Hamburg, 27.08.2013, Az. 5 W 88/12 - unveröffentlichter PKH-Beschwerdebeschluss; 02.02.2015, Az. 5 W 47/13 - juris Rn. 16 f.; AG Hamburg, 03.07.2015, Az. 36a C 134/14 - juris, Rn. 32; Forch, GRURPrax 2014, 367). Es fehlt an einer der wettbewerbsrechtlichen vergleichbaren Sonderbeziehung eigener Art. Eine solche ergibt sich bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten und den dabei im Regelfall gegebenen Interessenüberschneidungen aus der nach Treu und Glauben gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen auch des anderen Teils (BGH, GRUR 1990, 381, 382 - "Antwortpflicht des Abgemahnten"; vgl. auch Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 31. Aufl., § 12 UWG Rn.1.161f).

    Eine derartige Sonderbeziehung besteht hier indes nicht. Die Beklagte steht weder in einem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin, noch handelte sie überhaupt im geschäftlichen Verkehr, sondern als Privatperson (so ausdrücklich in einem ähnlichen Fall OLG Hamburg, 27.08.2013, Az. 5 W 88/12 - unveröffentlichter PKH-Beschwerdebeschluss; darauf verweisend AG Hamburg, 03.07.2015, Az. 36a C 134/14 - juris, Rn. 32; a.A. für den Fall, dass eine Störerhaftung festgestellt wird, OLG Köln, 09.09.2010, Az. 6 W 114/10 - juris, 20.05.2011, Az. 6 W 30/11 - juris; 22.07.2011; Az. 6 U 208/10 - juris; LG Hamburg, 04.04.2014, Az. 310 0 409/11 - juris).

    Zum anderen kann aus der sekundären Darlegungslast keine vorgerichtliche, Schadensersatzpflichten auslösende Antwortpflicht außerhalb einer Täter- oder Störerhaftung begründet werden. Die an bloßen Billigkeitsgesichtspunkten orientierte, auf § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestützte Rechtsprechung des Amtsgericht München, auf die sich die Klägerin beruft, überzeugt das erkennende Gericht nicht. Denn die den Anschlussinhaber in Filesharing Sachverhalten regelmäßig treffende sekundäre Darlegungslast ist ein rein prozessrechtliches Institut, welches weder vorprozessuale Rechte und Pflichten noch daraus resultierende Schadensersatzansprüche begründen kann. Es kann demnach auch nicht auf eine angeblich vergleichbare Lage bei der gestuften Auskunfts- und Leistungsklage abgestellt werden, denn es bestand keine vorprozessuale Auskunftspflicht, und im Übrigen hat die Klägerin einen solchen Auskunftsanspruch auch nicht geltend gemacht.

    Überdies fehlt es auch an einem sachlichen Grund für eine Überwälzung der gesamten Prozesskosten billigkeitshalber auf die Beklagte, denn die Klägerin ist keineswegs recht- und schutzlos gestellt. Es ist ihr nämlich unbenommen, die tatsächliche Täterin in Anspruch zu nehmen. Zudem fehlt es hier auch an den tatsächlichen Voraussetzungen einer (auch nur anteiligen) Kostentragungspflicht der Beklagten: Diese hatte nämlich auf die Abmahnung der Klägerin geantwortet und im Schreiben vom 09.01.2013 ihre Ortsabwesenheit mitgeteilt. Für eine Verpflichtung, auf eine unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt berechtigte Abmahnung eine umfassende Auskunft geben zu müssen, vermag das erkennende Gericht in einer derartigen Situation keine Grundlage zu erkennen.



    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen die Entscheidung kann sofortige Beschwerde (im Folgenden: Beschwerde) eingelegt werden.

    Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.

    Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert der. Hauptsache 600,00 EUR übersteigt. Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

    Amtsgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    oder bei dem

    Landgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eines der genannten Gerichte. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei einem der oben genannten Gerichte eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

    Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
    Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

    Die. Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

    Amtsgericht Hamburg
    Sievekingplatz 1
    20355 Hamburg


    einzulegen.

    Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

    Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.


    gez.

    Dr. [Name]
    Richter am Amtsgericht



    Für die Richtigkeit der Abschrift Hamburg, 11.10.2016
    [Name], JHSekr'in
    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


    Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
    - ohne Unterschrift gültig (...)


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16,
sekundäre Darlegungslast,
Klage Rasch Rechtsanwälte,
Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs,
Dr. Wachs Rechtsanwälte,
Antwortpflicht Abgemahnter

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LG München I, Az. 21 S 21085/15

#10958 Beitrag von Steffen » Freitag 27. Januar 2017, 00:10

WALDORF FROMMER: Das Landgericht München I hebt Urteil des Amtsgericht München auf und verurteilt Beklagten in Filesharingverfahren nach Sachverständigengutachten - strenge Anforderungen an sekundäre Darlegungslast



00:10 Uhr



Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Das Landgericht München hat ein Urteil des Amtsgerichts München aufgehoben, in welchem die Klage einer Rechteinhaberin trotz Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme zunächst abgewiesen wurde.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... undaere-d/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 085_15.pdf





Autorin:

Rechtsanwältin Carolin Kluge



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der beklagte Anschlussinhaber hatte erstinstanzlich nahezu sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen bestritten. Dies führte dazu, dass in dem über Jahre andauernden Rechtsstreit eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme - mit der entsprechenden Kostenfolge - durchgeführt werden musste.

Unter anderem wurden ein Sachverständigengutachten sowie Ergänzungsgutachten zur Frage der Korrektheit der streitgegenständlichen Ermittlungen eingeholt sowie ein Ortstermin durchgeführt. Im gesamten Verlauf des Rechtsstreits war das Amtsgericht München der Ansicht, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt. Dieser hatte insoweit vorgetragen, dass zum Tatzeitpunkt auch weitere Familienmitglieder auf den Internetanschluss zugreifen konnten; er selbst sei "nicht zu Hause" gewesen.

Einen Täter habe er jedoch nicht ermitteln können. Kurz vor Abschluss des Verfahrens in erster Instanz änderte jedoch das Amtsgericht München aufgrund eines Richterwechsels seine Meinung und wies die Klage überraschend ab.

Die Berufung der Klägerin vor dem Landgericht München I hatte nunmehr vollumfänglich Erfolg und das Urteil wurde zugunsten der Rechteinhaberin abgeändert.


Zur Fehlerfreiheit der Ermittlungen führt das Landgericht München I in seiner Entscheidung aus:
  • "Das Amtsgericht München hat über die Ermittlung der IP-Adresse durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Die Kammer ist von der Richtigkeit der dadurch gewonnenen Erkenntnisse überzeugt, da bei doppelter Überprüfung eindeutig die IP-Adresse [...] des Beklagten als Verursacher der Rechtsverletzung ermittelt werden konnte.
    [...]
    Die Tests kamen jeweils zu dem Ergebnis, dass das benutzte "PFS-System" der Firma ipoque GmbH fehlerfrei arbeitet und sowohl die Übermittlung der fraglichen Dateien eindeutig nachgewiesen werden kann, als auch der dabei erforderliche Netzverkehr korrekt und in Echtzeit aufgezeichnet wurde. [...] Anhaltspunkte für Manipulationen waren nicht ersichtlich, insbesondere zeigte sich das System gegenüber manuell manipulierten (Zeit-) Einstellungen robust und lieferte trotzdem korrekte Ergebnisse. Hinweise für Fehler im genutzten System PFS oder andere Manipulationen sind für das Gericht nicht ersichtlich."
Im Ergebnis hat der Beklagte, so das Landgericht München I, den strengen Vorgaben des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts nicht genügt. Der Sachvortrag ließe nach Auffassung der Kammer bereits keine Rückschlüsse auf die Tatbegehung durch einen Dritten zu.


Auch genüge die bloße Nachfrage, insbesondere bei den erwachsenen Söhnen, den Nachforschungspflichten nicht:
  • "Der Beklagte hat sich hier darauf beschränkt, seine Angehörigen zur Verletzungshandlung zu befragen, was naturgemäß keine weiterführenden Erkenntnisse außer dem bei Jugendlichen nicht ungewöhnlichen Abstreiten der Tatbegehung erbracht hat. Weitergehende Nachforschungsmaßnahmen wie ein Auslesen des Routers oder eine Überprüfung der Rechner im Hinblick auf eine vorhandene Filesharingsoftware und auffindbare Spuren des Werks, wie sie nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht fordert (vgl. BVerfG, 2 BvR 1797/15, BeckRS 2016, 53290), hat der Beklagte nicht unternommen, geschweige denn deren Ergebnis mitgeteilt."
Das Landgericht München I hat die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten im Ergebnis als nicht widerlegt angesehen, das klageabweisende Urteil aufgehoben und den Beklagten nach Antrag verurteilt.

Der Beklagte hat nunmehr - neben den klageweise geltend gemachten Ansprüchen - auch Verfahrenskosten von über 10.000,00 EUR zu tragen.






LG München I, Urteil vom 14.12.2016, Az. 21 S 21085/15


  • (...) - Beglaubigte Abschrift -

    Landgericht München I
    Az. 21 S 21085/15
    111 C 29433/12 AG München




    IM NAMEN DES VOLKES!

    URTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsklägerin -

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name]
    - Beklagter und Berufungsbeklagter -

    Prozessbevollmächtigte:
    [Name],


    wegen Forderung


    erlässt das Landgericht München I, 21 Zivilkammer, durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], die Richterin am Landgericht [Name] und den Richter am Landgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016 am 14.12.2016 folgendes



    Endurteil:


    I.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2015, Az. 111 C 29433/12, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 450,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.08.2012 sowie weitere 206,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.08.2012 zu zahlen.



    II.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte



    III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.




    Gründe:



    I.

    Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2015, Az. 111 C 29433/12, Bezug genommen.

    Die Klägerin greift mit ihrer Berufung das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich an und verfolgt dessen Abänderung.

    In der Berufungsinstanz macht die Klägerin geltend, das Erstgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz in Hohe von 450,00 EUR und Ersatz der vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 206,00 EUR nicht bestünden.

    Das Ersturteil nehme unzutreffender Weise an, dass der Beklagte nicht als Täter der Verletzungshandlung hafte, da dieser darlegen könne, dass noch andere Personen als Täter für die konkrete Verletzungshandlung vom [Datum] in Betracht kämen.

    Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte lediglich pauschal eine abstrakte Nutzungsmöglichkeit seines Internetanschlusses durch Dritte schildere, ohne konkrete verletzungsbezogenen Äußerungen zu treffen, die den Schluss nahelegten, dass ausschließlich eine dritte Person als Täter in Betracht komme Dies sei nicht ausreichend, um der dem Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast nachzukommen.

    Die Äußerung des Beklagten, "nicht ortsanwesend" gewesen zu sein, sei zu pauschal, ebenso wie die Behauptung des Beklagten, zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung seien alle Familienmitglieder zu Hause gewesen und hatten das Internet nutzen können Dies könne keine Anhaltspunkte liefern, die gegen eine (Mit-) Täterschaft des Beklagten sprachen. Der Beklagte dürfe seine eigene Täterschaft nicht mit dem Verweis auf andere Nutzungsberechtigte abstreiten, wenn er deren Täterschaft mit seinem Vorbringen ebenfalls ausschließe.

    Außerdem habe der Beklagte keine ausreichenden Nachforschungen angestellt, um den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln Vielmehr habe er es bei einem einmaligen Nachfragen bei allen Familienmitgliedern belassen und behauptet, weitere Nachforschungen seien unmöglich und somit unnötig Ein plausibler Vortrag zu den konkreten Umständen der Verletzungshandlung sei nicht erfolgt.



    Die Klägerin beantragt,
    1. Die Beklagte und Berufungsbeklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgericht München vom 23.10.2015 zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.08.2012 zu zahlen, sowie
    2. 206,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 10.08.2012 zu zahlen.

    Hilfsweise das Endurteil des Amtsgerichts München vom 23.10.2015, Az. 111 C 29433/12, aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs 2 ZPO an das Amtsgericht München zurückzuverweisen.



    Der Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen

    hilfsweise. die Revision für den Beklagten zuzulassen.

    Der Beklagte erwidert, die durch die Klägerin angegriffene Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts sei im Ergebnis zu Recht ergangen. Die Klage sei unbegründet, da der Klägerin weder Ansprüche auf Lizenzschaden noch auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten zustunden.

    Der Beklagte ist der Ansicht, nicht als Täter zu haften. Ihn treffe keine sekundäre Darlegungslast, da diese nur dann bestehe, wenn sich die Klägerin auf die gesetzliche Vermutung der Täterschaft des Inhabers des Internetanschlusses, von dem die Verletzungshandlung begangen worden sei, berufen dürfe Dies sei gerade nicht der Fall, da der Internetanschluss ein Familienanschluss sei und somit bewusst Dritten zur Nutzung überlassen wurde, was die gesetzliche Vermutung - die sich nur auf die alleinige Nutzung des Anschlussinhabers beziehe - ausschließe.

    Er habe alles ihm Mögliche zur Ermittlung des Täters getan, da er seine Familienmitglieder ausreichend befragt und das Ergebnis dieser Befragung mitgeteilt hatte Weitere Nachforschungen seien aufgrund des langen Zeitraums zwischen Verletzungshandlung am [Datum] und der Abmahnung durch die Klägerin am 18.11.2009 nicht mehr möglich gewesen.

    Auch habe der Beklagte keine Belehrungs- und Überwachungspflichten gegenüber seinen volljährigen Familienmitgliedern.

    Das Sachverständigengutachten ermögliche keine Rückschlüsse auf die Täterschaft des Beklagten, da die Verletzungshandlung im Jahr [Jahreszahl] begangen worden sei und der Sachverständige lediglich die technischen Anlagen des Jahres 2014 habe begutachten können Ein Rückschluss auf die Umstande im Jahr Insel nicht möglich.

    Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsatze der Parteivertreter nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



    II.


    1.

    Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.


    2.

    Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus §§ 97 Abs. 2 Satz 1, Abs 1, 85, 19a UrhG in Höhe von 450,00 EUR gegen den Beklagten zu.


    a)

    Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin bezüglich des Tonträgerherstellerrechts, so dass ihr nach §§ 85, 19a UrhG das alleinige Recht der öffentlichen Zugänglichmachung an dem Musikalbum [Name] der Musikgruppe [Name] zusteht. Sie leitet ihr Recht von der [Name] ab, für die entsprechend Anlage K1 der auf den körperlichen Vervielfältigungsstücken vorhandene Copyright-Vermerk streitet (§§ 85 Abs 4 i.V m 10 Abs. 1 UrhG) Die Rechteeinräumung ergibt sich aus der Aussage des erstinstanzlich vernommen Zeugen [Name] (Bl. 198/199 d A ), der bestätigt hat, dass zwischen der [Name] und der Klägerin ein sog. Repertoireaustauschvertrag bzw. Intercompanyvertrag besteht und das streitgegenständliche Album [Name] diesem Repertoireaustauschvertrag unterfällt, so dass damit auch das Tonträgerherstellerrecht an diesem Album eingeräumt worden ist.


    b)

    Dieses Recht wurde dadurch widerrechtlich verletzt, dass das Musikalbum am [Datum] auf der Filesharing-Plattform "BitTorrent" unautorisiert zum Download angeboten wurde, da das Musikalbum dadurch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist Ein dementsprechendes Recht war dem Beklagten nicht eingeräumt, ebenso wenig bestand eine Ausnahme nach § 44a UrhG.


    c)

    Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts München ist der Beklagte als Täter anzusehen Der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast ist er nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.


    (1)

    Die Verletzungshandlung wurde über den Internetanschluss des Beklagten begangen.


    (a)

    Das Amtsgericht München hat über die Ermittlung der IP-Adresse durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben Die Kammer ist von der Richtigkeit der dadurch gewonnenen Erkenntnisse überzeugt, da bei doppelter Überprüfung eindeutig die IP-Adresse [IP] des Beklagten als Verursacher der Rechtsverletzung ermittelt werden konnte. Dabei wurden im Rahmen mehrerer Tests Transaktionen, wie sie auf Filesharing Plattformen betrieben werden, simuliert.

    Die Tests kamen jeweils zu dem Ergebnis, dass das benutzte "PFS-System" der Firma ipoque GmbH fehlerfrei arbeitet und sowohl die Übermittlung der fraglichen Dateien eindeutig nachgewiesen werden kann, als auch der dabei erforderliche Netzverkehr korrekt und in Echtzeit aufgezeichnet wurde Im Rahmen des Sachverständigengutachtens vom 15.10.2013 konnten dabei die Originalaufzeichnungen des Netzverkehrs aus dem Jahre [Jahreszahl] rearchiviert und unabhängig überprüft werden.

    Dadurch konnte festgestellt werden, dass am [Datum] von der IP Adresse des Beklagten [Name] ein Dateiordner mit dem Hashwert [Hash] nicht nur angeboten, sondern auch übertragen wurde. Dieser Hashwert entspricht dem Wert des zur Überprüfung überlassenen Musikalbums [Name] der Musikgruppe [Name].

    Das Gericht geht deshalb davon aus, dass inhaltlich alle 28 Musiktitel des in Frage stehenden Musikalbums übertragen werden konnten, da schon kleinste Veränderungen der Datei auch den Hashwert verändern wurden. Bei einem am 03.12 2014 durchgeführten Ortstermin bei der Firma ipoque GmbH in Leipzig konnte zuverlässig ermittelt werden, dass die dem Sachverständigen zur Bearbeitung überlassenen Kopien den Originaldateien vollständig entsprachen. Auch von einer ordnungsgemäßen Archivierung der Daten wird ausgegangen, da sich die einzelnen Magnetbänder in einem abgeschlossenen Stahlschrank in einem verschlossenen Raum mit beschränktem Zutritt befanden. Anhaltspunkte für Manipulationen waren nicht ersichtlich, insbesondere zeigte sich das System gegenüber manuell manipulierten (Zeit-) Einstellungen robust und lieferte trotzdem korrekte Ergebnisse Hinweise für Fehler im genutzten System PFS oder andere Manipulationen sind für das Gericht nicht ersichtlich.


    (b)

    Für die richtige Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten besteht ein Anscheinsbeweis, da dieser zwei Mal unabhängig als der Anschluss beauskunftet wurde, von dem die Rechtsverletzung ausging. Wird das Anbieten desselben Werks unter dynamischen IP-Adressen jeweils demselben zuvor unbekannten Anschlussinhaber zugeordnet, so liegen Fehler bei der Zuordnung so fern, dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (vgl. OLG Köln, MMR 2012, 549). Gegenbeweis anzutreten hat der Beklagte keinerlei Versuche unternommen.


    (2)

    Den Beklagten trifft daher nach der Rechtsprechung eine sekundäre Darlegungslast (BGH GRUR 2016, 1280, Rn. 34 - "Everytime we touch"). Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast muss der Beklagte nachvollziehbar vortragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH GRUR 2016, 1280, Rn 34 - "Everytime we touch"). Bloß pauschale Behauptungen, dass der Internetanschluss grundsätzlich auch von Dritten genutzt werden kann, reichen dazu nicht aus, da es lediglich auf den konkreten Zeitpunkt der Verletzungshandlung ankommt, so dass darzulegen ist, dass genau zu diesem Zeitpunkt Dritte den Internetanschluss genutzt haben und somit als Täter der Verletzungshandlung in Betracht kommen (OLG München WRP 2016, 385, Rn 41 - "Loud").

    Nach dem Vortrag des Beklagten kommt kein Dritter ernsthaft als alleiniger Täter der Verletzungshandlung in Betracht. Zwar wird der Internetanschluss von allen Familienmitgliedern genutzt, das Nutzerverhalten der einzelnen Personen lasst aber keine Rückschlüsse auf mögliche Aktivitäten auf Filesharing-Plattformen zu Der Beklagte gab an, seine Ehefrau nutze das Internet in erster Linie für Einkäufe im Internet, seine volljährigen Sohne hauptsachlich im Rahmen ihres Studiums oder für soziale Medien. Zum Nutzerverhalten der noch minderfahrigen Tochter selbst äußert sich der Beklagte gar nicht Aus diesem Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine dieser Person als alleiniger Täter in Betracht kommt.

    Auch die vermeintliche Ortsabwesenheit des Beklagten steht seiner täterschaftlichen Haftung nicht entgegen, da Musikdateien über einen mit dem Internet verbundenen Rechner auch bei Abwesenheit des Nutzers zum Download bereitgestellt werden können (vgl. BGH, GRUR 2016, 176, Rn 52 - "Tauschbörse I"; BGH GRUR 2016, 1280, Rn 54 - "Everytime we touch").

    Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Beklagte auch ihm zumutbare Nachforschungen anstellen, um den Tathergang und ernsthaft in Betracht kommende Täter zu ermitteln (BGH GRUR 2016, 1289, Rn 28 - "Silver Linings Playbook", BGH GRUR 2016, 1280, Rn 33 - "Everytime we touch"). Die Ergebnisse dieser Nachforschungen sind mitzuteilen (OLG München WRP 2016, 385, Rn. 36 - "Loud"). Der grundrechtliche Schutz des Familienfriedens nach Art 6 GG steht dieser Nachforschungspflicht nicht entgegen, da kein schrankenloser Schutz gegen jede Beeinträchtigung familiarer Belange gewahrt wird. Vielmehr sind auch gegenläufige Belange der Klägerin, die ihrerseits in Art 14 GG verankert sind, zu berücksichtigen. Andernfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzungen durch von Familien genutzten Internetanschlüsse ihre Anspruche regelmäßig nicht durchsetzen (OLG München WRP 2016, 385, Rn. 41 - "Loud").

    Der Beklagte hat sich hier darauf beschränkt, seine Angehörigen zur Verletzungshandlung zu befragen, was naturgemäß keine weiterführenden Erkenntnisse außer dem bei Jugendlichen nicht ungewöhnlichen Abstreiten der Tatbegehung erbracht hat. Weitergehende Nachforschungsmaßnahmen wie ein Auslesen des Routers oder eine Überprüfung der Rechner im Hinblick auf eine vorhandene Filesharingsoftware und auffindbare Spuren des Werks, wie sie nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht fordert (vgl. BVerfG, 2 BvR 1797/15, BeckRS 2016, 53290), hat der Beklagte nicht unternommen, geschweige denn deren Ergebnis mitgeteilt Aufgrund der nicht erfüllten sekundären Darlegungslast, greift - unabhängig von der Frage, ob er den Anschluss anderen Personen zur Nutzung überlassen oder diesen nicht ausreichend gesichert hat - die tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft (BGH GRUR 2016, 1280, Rn 34 - "Everytime we touch").


    d)

    Auf eine Störerhaftung des Beklagten und die Frage von Aufklärungspflichten gegenüber volljährigen oder minderjährigen Familienmitgliedern kommt es nicht an, da eine Haftung des Beklagten als Täter feststeht.


    e)

    Die tatsächliche Höhe des entstandenen Schadens ist im Rahmen des § 287 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu beachten, dass in Filesharing-Netzwerken in sehr kurzer Zeit sehr große Schaden entstehen können, da ein rechtswidriger Download durch eine unbegrenzte Anzahl andere Nutzer erfolgen kann. Das Album [Name] würde entsprechend der inhaltlich unstreitigen Anlage K 9 in bekannten Musikdownloadportalen wie z.B iTunes oder Amazon mindestens 6,99 EUR kosten Das Gericht schatzt, dass es durchaus zu ca. 5 bis 10 Downloads pro Minute, in einem Zeitraum von ca. 6,5 Minuten also ca. 50 Downloads kommen kann, so dass ein Schadensersatzanspruch in Hohe von 450,00 EUR vor diesem Hintergrund angemessen erscheint.


    3.

    Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 18.11.2009 aus § 97a Abs 1 Satz 2 (in der vom 01.09.2008 bis 08.10.2013 geltenden Fassung) UrhG zu.


    a)

    Die Abmahnung der Klägerin nach § 97a Abs 1 Satz 2 UrhG war berechtigt, da der Beklagte der Klägerin, wie oben dargestellt, als Täter auf Schadensersatz aus §§ 97 Abs 2 Satz 1, Abs 1, 85, 19a UrhG haftet.


    b)

    Die Höhe bemisst sich nach Nr 2300 Anlage I RVG bei einem Streitgegenstandswert von 10.000,00 EUR. Eine Gebühr betrug im Jahre [Jahreszahl] 486,00 EUR. Die Klägerin hat nur einen Gebührenwert von 1,0 inklusive Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR eingeklagt, woran das Gericht nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gebunden ist. Somit kann die Klägerin Zahlung in Hohe von insgesamt 506,00 EUR verlangen. Da der Beklagte davon bereits 300,00 EUR gezahlt hat, steht der Klägerin ein weiterer Zahlungsanspruch nur in Höhe von 206,00 EUR zu.


    c)

    Ein Anspruch auf Verzinsung in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs 2 Nr. 1 BGB.



    III.


    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs 1, 97 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr 11, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs 2 Nr. 1 ZPO hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Nr 2 ZPO erfordern Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung unter Anwendung der vom BGH zuletzt in den Entscheidungen vom 12.05.2016 (BGH GRUR 2016, 1280 - "Everytime we touch"; BGH GRUR 2016, 1289 - "Silver Linings Playbook" und BGH GRUR 2016, 1275 - "Tannöd") aufgestellten Grundsatze.

    Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 26 Nr 8 EGZPO nicht statthaft.



    gez.
    [Name]
    Vorsitzender Richter am Landgericht


    gez.
    [Name]
    Richterin am Landgericht

    gez.
    [Name]
    Richter am Landgericht




    Verkündet am 14 12.2016.

    gez.
    [Name] JAng
    Urkundsbeamte(r) der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG München I, Urteil vom 14.12.2016, Az. 21 S 21085/15,
Vorinstanz: AG München, Urteil vom 23 10.2015, Az. 111 C 29433/12,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Waldorf Frommer,
WALDORF FROMMER Rechtsanwälte,
Rechtsanwältin Carolin Kluge,
Mehrfachermittlung,
Sachverständiger,
Sachverständigengutachten,
Ortstermin,
ipoque GmbH;
PFS-System,
sekundäre Darlegungslast,
theoretische Möglichkeit,
pauschales Bestreiten,
Nachforschungspflicht,
Artikel 6 Grundgesetz,
Art. 6 GG

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#10959 Beitrag von Steffen » Samstag 28. Januar 2017, 00:05

WALDORF FROMMER: Das Landgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaber - pauschale Verweise auf unberechtigte Nutzung des Internetanschlusses oder Spekulationen zu Dritten reichen nicht aus



00:05 Uhr



Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Das Landgericht Leipzig hat in diesem Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Leipzig bestätigt und den Beklagten wegen des illegalen Angebotes eines Filmwerks zur Zahlung von Schadensersatz, Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen verurteilt.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



WALDORF FROMMER Rechtsanwälte


Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de




Bericht


Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nicht-aus/


Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-conte ... 144_16.pdf





Autorin:

Rechtsanwältin Carolin Kluge




~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~



Der Beklagte hatte sich insbesondere damit verteidigt, dass er die Rechtsverletzung nicht begangen habe und zum Tatzeitpunkt auch nicht zu Hause gewesen sei. Zwei seiner Mitbewohner hätten eigenständig auf seinen Internetanschluss zugreifen können. Zudem hatte der Beklagte die Fehlerfreiheit der Ermittlungsergebnisse bestritten und auch auf mögliche Dritte verwiesen, die sich theoretisch Zugriff auf den Internetanschluss hätten verschaffen können.

Bereits das Erstgericht hielt diesen Vortrag für zu pauschal, um die sekundäre Darlegungslast des Inhabers eines Internetanschlusses als erfüllt anzusehen.

Das Landgericht Leipzig hat die rechtliche Bewertung des Erstgerichts nunmehr ausdrücklich bestätigt und unter anderem die Einwände des Beklagten gegen die Ermittlungsergebnisse als nicht hinreichend konkret zurückgewiesen. Insoweit heißt es in den Gründen:
  • "Die Klägerin hat die Rechtsverletzung durch Angabe der Tatzeit, des Hashwertes der Datei zum streitgegenständlichen Film, der IP-Adresse des Anschlusses, über den die Rechtsverletzung nach ihren Ermittlungen begangen worden ist, sowie ferner durch die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzten IP-Adresse dargelegt.

    Sie hat zudem beschrieben, dass sie die Daten über das PFS der Firma ipoque GmbH hat ermitteln lassen. Die Zuverlässigkeit der Identifizierung und die Richtigkeit der Zuordnung hat der Beklagte lediglich pauschal bestritten. Da er keine fallbezogene Fehleranfälligkeit der Software zu Ermittlung und Dokumentation der Rechtsverletzung aufgezeigt hat, ist sein Bestreiten unerheblich (OLG Köln, Urteil vom 02.08 2013, Az. 6 U 10/13 Tz. 18). [...] Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass die ermittelte IP-Adresse nach Auskunft des zuständigen Internet-Providers zum ermittelten Tatzeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war, der dessen Inhaber ist."
Das Landgericht stellte zudem klar, dass der Beklagte Nachforschungen hätte anstellen müssen. Der bloße Verweis auf Dritte reiche nicht aus, um der Täterhaftung zu entgehen:
  • "Der Anschlussinhaber ist im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet, ob andere und wenn ja welche andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetzugang gehabt hätten und als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O, Tz 18). Allein die Behauptung einer Möglichkeit, wie hier, des Zugriffs durch Dritte genügt gerade nicht [...]"
Das Gericht bestätigte auch die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes sowie der anwaltlichen Abmahnkosten. Dabei erachtet das Gericht insbesondere den in Ansatz gebrachten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR als angemessen.






LG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016, Az. 05 S 144/16



  • (...) Ausfertigung

    Landgericht Leipzig

    Zivilkammer



    Aktenzeichen: 05 S 144/16[/u][/b]
    Amtsgericht Leipzig, 102 C 5298/15

    Verkündet am: 30.11.2016
    [Name], Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
    Justizangestellte




    IM NAMEN DES VOLKES

    ENDURTEIL




    In dem Rechtsstreit


    [Name],
    - Klägerin und Berufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,



    gegen


    [Name],
    - Beklagter und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigter:
    [Name],


    wegen Forderung



    hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch Richter am Landgericht [Name] als Einzelrichter


    für Recht erkannt:


    1.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 10.02.2016 (Az. 102 C 5298/15) wird zurückgewiesen.


    2.

    Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.


    3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


    4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Beschluss:

    Der Streitwert wird auf 1.006,00 EUR festgesetzt



    Gründe:



    I.

    Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug auf das angefochtene Urteil vom 10.02.2016 (Bl. 170 d.A.). genommen. Im Übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EG ZPO abgesehen.

    Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Die Klägerseite hat eine schriftliche Vollmacht ihres Geschäftsführers zu Protokoll gereicht (Bl. 256 d.A.).

    Das Amtsgericht hat der auf den Vorwurf des illegalen Filesharing gestützten Zahlungsklage insgesamt stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 600,00 EUR Schadensersatz und noch 406,00 EUR Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe seine Täterschaft nicht hinreichend bestritten. Als vorgerichtlicher Streitwert seien 10.000,00 EUR angemessen. Der lizenzanalog berechnete Schaden könne auf 600,00 EUR festgesetzt werden.

    Das Urteil ist dem Beklagten am 12.02.2016 zugestellt worden. Er legte dagegen mit beim Landgericht Leipzig am 11.03.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung ein, die er mit Schriftsatz vom 11.04.2016 auch begründet hat.

    Er ist der Auffassung, die Klägerin habe keine Prozessvollmacht vorlegen können, weswegen die Klage unzulässig sei. Überdies sei ihre Aktivlegitimation nicht bewiesen worden. Der Beklagte sei weder Täter noch Störer, er habe zum Tatzeitpunkt in einer Wohngemeinschaft gelebt, beide Mitbenutzer hätten Internetzugang gehabt.

    Die Klägerin verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Der Beklagte habe jedenfalls seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt und keine ernsthaften Nachforschungen angestellt.



    II.


    1.

    Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).


    2.

    Die Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten zu.


    a)

    Die Klage ist zulässig. Die Prozessvollmacht der Klägervertreter ist nach § 80 ZPO gegeben und nachgewiesen, da die Klägerin die Erteilung einer Vollmacht durch eine Vollmachtskette, ausgehend von ihrem Geschäftsführer, unter Vorlage von Originalvollmachten, zuletzt in der Verhandlung vom 09.11.2016, nachgewiesen hat.


    b)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 600,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.


    aa)

    Der streitgegenständliche Film genießt nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG urheberrechtlichen Schutz. Von der Aktivlegitimation der Klägerin im Hinblick auf exklusive Nutzungsrechte für die Auswertung im Internet (§ 19a UrhG) ist die Kammer aufgrund der glaubhaften Aussage des glaubwürdigen Zeugen [Name] überzeugt. Dabei ist sich die Kammer eines Eigeninteresses des Zeugen, bedingt durch seine Stellung als Angestellter der Klägerin, bewusst. Dennoch war die Aussage insgesamt widerspruchsfrei, plausibel, detailliert und nicht zuletzt daher glaubhaft.


    bb)

    Der Beklagte ist auch passivlegitimiert.


    (1)

    Die Klägerin hat die Rechtsverletzung durch Angabe der Tatzeit, des Hashwertes der Datei zum streitgegenständlichen Film, der IP-Adresse des Anschlusses, über den die Rechtsverletzung nach ihren Ermittlungen begangen worden ist, sowie ferner durch die Zuordnung der für die Begehung der Rechtsverletzung genutzten IP-Adresse dargelegt. Sie hat zudem beschrieben, dass sie die Daten über das PFS der Firma ipoque GmbH hat ermitteln lassen. Die Zuverlässigkeit der Identifizierung und die Richtigkeit der Zuordnung hat der Beklagte lediglich pauschal bestritten. Da er keine fallbezogene Fehleranfälligkeit der Software zu Ermittlung und Dokumentation der Rechtsverletzung aufgezeigt hat, ist sein Bestreiten unerheblich (OLG Köln, Urteil vom 02 08 2013, Az. 6 U 10/13 Tz. 18, zitiert nach juris).

    Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass die ermittelte IP-Adresse nach Auskunft des zuständigen Internet-Providers zum ermittelten Tatzeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war, der dessen Inhaber ist.


    (2)

    In dieser Eigenschaft besteht zu Lasten des Beklagten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er als Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen, die über den Anschluss begangen worden sind, als Täter (und nicht nur als Störer) verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12, Tz. 33, zitiert nach Juris, zuletzt Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15, Tz. 40 bis 44; 50 - "Everytime we touch", zitiert nach Juris, ebenso schließlich BVerfG, Beschluss vom 23.09.2016, Az. 2 BvR 2193/15, Tz. 24; ferner BVerfG, Beschluss vom selben Tag, Az. 1797/15, Tz. 18, zitiert nach der Homepage des BVerfG).

    Beruft sich der Anschlussinhaber darauf, dass dritte Personen Zugang zum Anschluss gehabt hätten, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 08.01.2014, Az. I ZR 169/12, Tz. 10 - "BearShare"). Diese sekundäre Darlegungslast muss erfüllt werden, um die tatsächliche Vermutung zu entkräften. Das setzt voraus, dass der Inhaber eine ernsthafte Möglichkeit aufzeigt, wonach allein ein Dritter und nicht auch er selbst den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung benutzt hat (BGH, a a.0., Tz 34). Der Anschlussinhaber ist im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet, ob andere und wenn ja welche andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetzugang gehabt hätten und als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O., Tz 18). Allein die Behauptung einer Möglichkeit, wie hier, des Zugriffs durch Dritte genügt gerade nicht (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14 - "Tauschbörse III", zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 12 05 2016, Az. I ZR 48/15 - "Everytime we touch", zitiert nach juris).

    Eine derartig konkrete, sowohl werk- als auch datumsbezogene sekundäre Darlegung hat der Beklagte nicht vorgelegt. Auch die ihm obliegende Nachforschungspflicht ist nicht erfüllt, indem er keine näheren Angaben etwa zum Nutzungsverhalten seiner Mitbewohner gemacht hat.


    cc)

    Als Rechtsfolge schuldet der Beklagte Schadensersatz, der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden kann (§§ 249 ff. BGB; 287 ZPO). Denn die Anspruchstellerin war nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme rechtlich in der Lage, die genutzte Lizenz auch zu erteilen. Die zu schätzende Schadenshöhe (600,00 EUR) für ein Filmwerk entspricht ständiger Rechtsprechung der Kammer.


    c)

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten ferner Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich durch Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten in begehrter Höhe gemäß § 97a Abs. 1 UrhG a.F.


    aa)

    Für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung zu Grunde zu legen. Die Beschränkung der einklagbaren Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. findet vorliegend keine Anwendung. Bei der hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer so genannten Tauschbörse handelt es sich um eine erhebliche Rechtsverletzung, da das Angebot zum unentgeltlichen Download unbegrenzt ist und durch eine unkontrollierte Verbreitung im Internet die Rechte des Urhebers oder der Verwerter massiv beeinträchtigt werden.

    Der von der Klägerin zu Grunde gelegte Gegenstandswert der Abmahnung in Höhe von 10.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Das Unterlassungsbegehren ist ausgehend vom Interesse des Anspruchsinhabers zu bewerten. Der von der Klägerin gegebene Wert ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechungspraxis in ähnlich gelagerten Fällen angemessen, die Berechnung einer Geschäftsgebühr mit einer 1,0-Gebühr gemäß Nr. 2300 VVRVG sowie gemäß Nr 7002 RVG ist nicht zu beanstanden.


    bb)

    Erfüllung (§ 362 BGB) in Höhe von 100,00 EUR ist unstreitig.



    III.


    1.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. § 93 ZPO kommt schon deshalb nicht zu Gunsten des Beklagten im Hinblick auf die Vorlage des Vollmachtsnachweises erst in zweiter Instanz zur Anwendung, da die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift (sofortiges Anerkenntnis) nicht vorliegen.


    2.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.


    3.

    Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache zum einen keine grundsätzliche Bedeutung hat und zum anderen weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, da zwischenzeitlich eine konkrete und gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung der entscheidungserheblichen Fragen vorliegt (s.o.).

    Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO



    [Name],
    Richter am Landgericht



    Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift:
    Leipzig, 30 11.2016

    [Name],
    Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (...)



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

LG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016, Az. 05 S 144/16,
Vorinstanz: AG Leipzig, Urteil vom 10.02.2016, Az. 102 C 5298/15,
Klage Waldorf Frommer,
Berufung Abgemahnter,
sekundäre Darlegungslast,
pauschales Bestreiten,
Nachforschungspflichten,
theoretische Möglichkeit,
Originalvollmacht

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Steffen
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Wochenrückblick

#10960 Beitrag von Steffen » Samstag 28. Januar 2017, 04:41

------------------------------------------------------ - Abmahnwahn Deutschland - Filesharing - --------------------------------------------


Der Wochenrückblick........................Bild........................Filesharing Fälle


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Ausgabe 2017, KW 04....................................Initiative AW3P.........................23.01. - 29.01.2017

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.................................................Bild



AW3P: Herr Doktor Wachs. In Ihrem Artikel: "Waldorf Frommer und rka Klagen 2017: Wir helfen wieder" (Link: http://www.dr-wachs.de/blog/2017/01/07/ ... en-wieder/) schreiben Sie wörtlich: "Die Wahrscheinlichkeit, dass aus den .rka-RAe- / Waldorf Frommer-Mahnbescheiden nun Klagen resultieren werden, liegt bei 90 %." Mit dem BGH-Entscheid "Everytime we touch" steht nun - die Hoffnung stirbt zuletzt - für alle fest, dass der Rest-Schadensersatzanspruch innerhalb 10 Jahren auch bei Filesharing Fälle verjährt. Besteht die Möglichkeit das Kanzleien, wie z.B. .rka-RAe und Waldorf Frommer, diesen Rest-Schadensersatzanspruch innerhalb der 10 Jahren noch separat gerichtlich geltend machen - bei z.B. Zahlungsverweigerer - oder ist dieses de facto undenkbar?



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Doktor Wachs: Wie ich schon in dem zitierten Artikel darstellte, geht das Gerücht um, dass Waldorf Frommer entsprechende Test-Verfahren schon angestoßen hat. Die reinen Schadensersatzansprüche haben sich in den letzten Monaten sowohl in den Forderungen als auch in den Gerichtsentscheidungen eher erhöht, so dass sich die Verfahren auch bei reinen Schadensersatzklagen durchaus rentieren.

Besonders da Waldorf Frommer Klageverfahren mittlerweile ähnlich industrialisieren konnte wie früher Abmahnungen. Hinzu kommt, dass Waldorf Frommer auch zu den wenigen Kanzleien gehören, die wohl noch einige Jahre auf hoher Schlagzahl operieren werden. Ich rechne dennoch nicht mit einer großangelegten Klagewelle für Verfahren aus 2012 oder 2013, die bisher nicht verklagt wurden. Allerdings denke ich tatsächlich, dass die 2016 Abgemahnten deutlich länger fürchten müssen, doch noch verklagt zu werden.

Die gerichtliche Auseinandersetzung wird klar die Regel, was Mahnbescheide angeht. Wer nach dem Mahnbescheid noch hofft, dass der Kelch an ihm vorübergeht wird (sehr) überwiegend enttäuscht werden.



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Querbeet



1. Udo Vetter: Kurioser Fall mit Bildungseffekt - Kein Schadensersatz wegen schneebedeckten Hundehaufen


AG München, Urteil vom 13.04.2016, Az. 171 C 15877/15
  • (...) Das Amtsgericht München hat entschieden, dass Schadensersatz wegen Beseitigung von Hundekot auf einem Grundstück in der Regel erst verlangt werden kann, wenn der Hundebesitzer zuvor zur Beseitigung des Kots aufgefordert worden ist. (...)

Quelle: Blog. Rechtsanwalt Udo Vetter
Link: http://www.lawblog.de/index.php/archive ... ngseffekt/







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2. Lexetius.com: Behauptungen von Tatsachen - ohne - genaue Kenntnis


BGH, Beschluss vom 11.10.2016, VI ZR 547/14
  • (...) Eine darlegungsbelastete Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (vgl. Senatsurteil vom 24.06.2014 - VI ZR 560/13, NZG 2014, 949, 952). Dabei muss, wenn das Zustandekommen bestimmter Abreden behauptet wird, nicht unbedingt zu Einzelheiten der Umstände dieser Abrede vorgetragen werden (vgl. Senatsurteil vom 04.07.2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286, 3287). Es hängt vom Einzelfall ab, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen noch weiter substantiieren muss. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrages sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben (vgl. Senatsurteil vom 15.05.2001 - VI ZR 55/00, NJW-RR 2001, 1294, 1295). (...)

Quelle: lexetius.com
Link: http://lexetius.com/2016,3892








3. Anne-Kathrin Renz: Foodporn - Genießt das Essen Urheberrechtsschutz - Kann das Fotografieren und Teilen verboten werden?
  • (...) Foodporn ist das Fotografieren und Teilen von Kalorienbomben auf Facebook, Instagram, Twitter & Co. Besonders Schmackhaftes wird von den Usern meist mit der Handykamera abfotografiert und fleißig hochgeladen, gehashtaggt, geliked und geteilt. Kann das Fotografieren und Teilen verboten werden? Mittlerweile kommt es immer häufiger vor: In einigen Restaurants gibt es Schilder, auf denen das Instagrammen oder Facebooken der Mahlzeiten verboten wird. Darf der Koch überhaupt ein Verbot aussprechen? (...)

Quelle: Rechtsanwältin Anne-Kathrin Renz (Saarbrücken)
Link: https://renz-recht.de/2017/01/24/foodpo ... htsschutz/







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4. Jan B. Heidicker: Abmahnung Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet Verwendung Creative Commons-Bildern


Abmahnung Rechtsanwalt Lutz Schroeder für den Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet (VSGE) aus Berlin - Creative Commons-Lizenz Deed
  • (...) Unserer Mandantschaft wird insofern vorgeworfen, im Rahmen der Verwendung des Fotos die diesbezüglichen Lizenzbedingungen nicht genutzt zu haben. So sei unter der Lizenzbedingung "Creative Commons Deed" die Verwendung des Bildes nur unter der Voraussetzung erlaubt, das der Urheber des Fotos so angegeben wird, wie er auch auf der Plattform Flickr.com sich bezeichnet. Des Weiteren sei Voraussetzung, dass ein entsprechender Link auf dessen Flickr-Seite gesetzt wird. Darüber hinausmüsse ein Link zur Lizenz angegeben werden, damit andere Nutzer sich ebenfalls über den Inhalt der Lizenz informieren können. (...)

Quelle: Rechtsanwalt Dipl.Jur. Jan B. Heidicker auf Anwalt.de
Link: https://www.anwalt.de/rechtstipps/abmah ... 97095.html








5. Waldorf Frommer: Landgericht Köln bestätigt Forderungen in Tauschbörsenverfahren in ständiger Rechtsprechung
  • (...) In den von der Kanzlei WALDORF FROMMER betreuten Berufungsverfahren spricht das Landgericht Köln den verletzten Rechteinhabern kontinuierlich die bereits in erster Instanz beantragen Forderungen zu. Kürzungen der Ansprüche durch das Amtsgericht stellen daher lediglich einen kurzfristigen, aber im Ergebnis kostenintensiven Teilerfolg dar.


    Beschlüsse im Original:

Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... sprechung/










Gerichtsentscheidungen



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  • AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16 [Klagerücknahme Rasch; Gericht zur sek. Darlegungslast]




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  • LG München I, Urteil vom 14.12.2016, Az. 21 S 21085/15 [WF gewinnen Berufung; kommt niemand als Täter in Betracht, geht die Täterschafts-Vermutung auf den Beklagten über (i.V.m. Sachverständigengutachten)]
  • LG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016, Az. 05 S 144/16 [Beklagter verliert Berufung gegen WF; sek. Darlegungslast]







Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg)


AG Hamburg, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 25b C 20/16


Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg beschließt, dass die sekundäre Darlegungslast keine vorgerichtliche, Schadensersatzpflichten auslösende Antwortpflicht eines Filesharing Abgemahnten begründet



Quelle: Blog Initiative AW3P
Link: https://aw3p.de/archive/2220









WALDORF FROMMER Rechtsanwälte (München)


1. LG München I, Urteil vom 14.12.2016, Az. 21 S 21085/15


WALDORF FROMMER: Das Landgericht München I hebt Urteil des Amtsgericht München auf und verurteilt Beklagten in Filesharingverfahren nach Sachverständigengutachten - strenge Anforderungen an sekundäre Darlegungslast



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... undaere-d/








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2. LG Leipzig, Urteil vom 30.11.2016, Az. 05 S 144/16


WALDORF FROMMER: Das Landgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaber - pauschale Verweise auf unberechtigte Nutzung des Internetanschlusses oder Spekulationen zu Dritten reichen nicht aus



Quelle: Waldorf Frommer News
Link: http://news.waldorf-frommer.de/waldorf- ... nicht-aus/










Forenwelt



Rasch mahnt wieder illegales Filesharing ab?



Rasch mahnt i.A. Universum das Album "Metallica - Hardwired ... To Self-Destruct" ab


"celticfrost" im WBF (Werbe- und Beleidigungsforum)
  • (...) ich habe heute ein Schreiben von genannter Kanzlei erhalten, in dem mir vorgeworfen wird, dass ich Songs des neuen Metallicaalbums öffentlich zugänglich gemacht haben soll Es wird ein einziger Tatzeitpunkt genannt und betont, dass dieser zwei Tage vor Veröffentlichung des Albums lag.
    (...)
    Es wird mir angeboten, die Angelegenheit in einem außergerichtlichen Vergleich durch Zahlung von 2.500,00 EUR beizulegen, außerdem wird natürlich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt.
    (...)



Kommentar AW3P:

Sicherlich werden hier anzahlmäßig keine großen Abmahnungen durch die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte versendet. Nur sollte man beachten, dass man ein Album illegal in einer Tauschbörse herunterlädt und anderen anbietet - vor - dem offiziellen Veröffentlichungsdatum (sog. Preview-Version). Natürlich sind die Rechteinhaber hierbei interessiert gegen diese User rechtlich vorzugehen und sicherlich auch mit härteren Strafen.

Das bedeutet, diese Abmahnungen sollten ernst genommen werden. Und als kleines kostenfreies Fazit für 2017:

»Lieber 19,99 € bei Amazon, als 2.500, € beim Anwalt!«





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Steffen Heintsch für AW3P



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